OGH 12Os27/13g

OGH12Os27/13g6.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sattlberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert K***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 erster Satz StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Robert K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Robert K***** und Semsudin L***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 20. Juni 2012, GZ 16 Hv 95/10h‑316, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Robert K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche der Angeklagten Semsudin L***** und Hido S***** und Freisprüche dieser Angeklagten und des Angeklagten Robert K***** sowie Freisprüche der Angeklagten Nermin S***** und Alois Lö***** enthaltenden Urteil wurde ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Interesse ‑ der Angeklagte Robert K***** der Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 erster Satz StGB (A./I./ und II./) und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 erster Fall StGB (B./I./1./ und 2./ und C./1./und 2./) sowie mehrerer Vergehen der organisierten Schwarzarbeit als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 153e Abs 1 Z 1 StGB (D./II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in G*****

A./ als leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB) nachgenannter juristischer Personen Bestandteile deren Vermögens beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Unternehmensgläubiger vereitelt, wobei er einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar

I./ als faktischer Geschäftsführer der Sc***** GmbH in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit deren handelsrechtlichem Geschäftsführer Semsudin L***** in der Zeit von 10. August 2005 bis 3. März 2006 durch Behebungen von Bargeld von den Geschäftskonten in der Höhe von insgesamt 47.432,62 Euro und dessen Verwendung für unternehmensfremde Zwecke, und

II./ als faktischer Geschäftsführer der Ku***** GmbH in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit deren handelsrechtlichem Geschäftsführer Franjo Ke***** in der Zeit von 13. April bis 4. September 2006 durch Bargeldbehebungen von den Geschäftskonten und Entgegennahme von Erlösen aus Verrechnungsschecks in der Höhe von insgesamt 163.640,79 Euro und Verwendung dieser Geldbeträge für unternehmensfremde Zwecke;

B./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

I./ nachgenannte Personen mit dem Vorsatz, sich und Dritte, nämlich Verantwortliche von auf eigene Rechnung im Baugewerbe tätigen Arbeiterpartien, durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, zur Anmeldung dieser Personen und zur Abstandnahme der Geltendmachung und Einhebung der „aus den Anmeldungen resultierenden“ Beiträge zur Sozialversicherung und Zuschläge nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungsgesetz bei den tatsächlichen Dienstgebern, nämlich den Verantwortlichen dieser auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien, somit zu Handlungen und Unterlassungen verleitet, die die St***** als berechtigten Sozialversicherungsträger sowie die Bauarbeiter‑, Urlaubs- und Abfertigungskasse in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1./ als faktischer Geschäftsführer der Sc***** GmbH in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit deren handelsrechtlichem Geschäftsführer Semsudin L***** durch die Vorgabe, Dienstgeberin der zur Anmeldung gebrachten Dienstnehmer wäre die Sc***** GmbH, während diese Dienstnehmer jedoch bloß zum Schein auf die genannte Gesellschaft angemeldet wurden und in Wahrheit in auf eigene Rechnung im Baugewerbe tätigen Arbeiterpartien organisiert und beschäftigt waren, nämlich (zusammengefasst wiedergegeben) jeweils in zahlreichen Angriffen

a./ (aa./ bis ee./) Verantwortliche der St***** in der Zeit von 3. Oktober 2005 bis 9. Mai 2006 durch die Anmeldung von insgesamt 34 Dienstnehmern, nämlich Bauarbeitern der von Musamedin Z*****, Enver Ze*****, Zijad M***** und weiteren, bislang unbekannten Personen geführten, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien, wobei er einen Schaden in Form von unberichtigt aushaftenden Beiträgen zur Sozialversicherung in der Höhe von insgesamt 49.470,50 Euro herbeiführte,

b./ (aa./ bis cc./) Verantwortliche der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse in der Zeit von 3. Oktober 2005 bis 27. Februar 2006 durch die Anmeldung von insgesamt 13 Dienstnehmern, nämlich Bauarbeitern der von Musamedin Z***** und weiteren, bislang unbekannten Personen geführten, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien, wobei er einen Schaden in Form von unberichtigt aushaftenden Zuschlägen nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungsgesetz in der Höhe von insgesamt 10.851,42 Euro herbeiführte,

2./ als faktischer Geschäftsführer der Ku***** GmbH in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit deren handelsrechtlichem Geschäftsführer Franjo Ke***** durch die Vorgabe, Dienstgeberin der zur Anmeldung gebrachten Dienstnehmer wäre die Ku***** GmbH, während diese Dienstnehmer jedoch bloß zum Schein auf die genannte Gesellschaft angemeldet wurden und in Wahrheit in auf eigene Rechnung im Baugewerbe tätigen Arbeiterpartien organisiert und beschäftigt waren, nämlich (zusammengefasst wiedergegeben) jeweils in zahlreichen Angriffen

a./ (aa./ bis ee./) Verantwortliche der St***** in der Zeit von 23. März bis 7. August 2006 durch die Anmeldung von insgesamt 83 Dienstnehmern von von Enver Ze*****, Hido S*****, Musamedin Z***** und Zijad M***** und weiteren, bislang unbekannten Personen geführten, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien, wobei er einen Schaden in Form von unberichtigt aushaftenden Beiträgen zur Sozialversicherung in der Höhe von insgesamt 213.256,30 Euro herbeiführte,

b./ (aa./ bis ee./) Verantwortliche der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse in der Zeit von 20. März bis 7. August 2006 durch die Anmeldung von insgesamt 70 Dienstnehmern, nämlich Bauarbeitern der von Zijad M*****, Hido S*****, Enver Ze*****, Musamedin Z***** und weiteren, bislang unbekannten Personen geführten, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien, wobei er einen Schaden in Form von unberichtigt aushaftenden Zuschlägen nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungsgesetz in der Höhe von insgesamt 153.311,22 Euro herbeiführte;

C./ nachgenannte Personen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die nachgenannte Unternehmen am Vermögen schädigten, und zwar

1./ am 5. Dezember 2005 Verantwortliche des A***** durch die Vorgabe eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Sc***** GmbH, welches am 30. November 2005 durch Kündigung seitens des Dienstgebers beendet worden wäre, wobei er am 6. März 2006 das Arbeitsverhältnis wieder aufnehmen könnte, während er in Wahrheit selbst faktischer Geschäftsführer dieses Unternehmens war, wobei er eine inhaltlich unrichtige Arbeitsbestätigung der Sc***** GmbH vorlegte, somit unter Verwendung eines falschen Beweismittels zur Auszahlung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 5. Dezember 2005 bis 9. April 2006 in Höhe von insgesamt 2.793,51 Euro,

2./ am 6. September 2006 Verantwortliche der I***** GmbH durch die Vorgabe, im Rahmen seiner Beschäftigung bei der Ku***** GmbH nicht den vollständigen Lohn erhalten zu haben, während er in Wahrheit selbst faktischer Geschäftsführer dieses Unternehmens gewesen war, zur Auszahlung eines Betrags von 9.668 Euro;

D./II./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in der Zeit von 10. April bis 7. August 2006 als faktischer Geschäftsführer der Ku***** GmbH in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit deren handelsrechtlichem Geschäftsführer Franjo Ke***** zur Ausführung der zu D./I./ geschilderten strafbaren Handlungen des Hido S***** ‑ nämlich der Anwerbung von sieben Bauarbeitern einer von ihm geführten, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartie, die bloß zum Schein bei der Ku***** GmbH zur Sozialversicherung angemeldet waren, in der Zeit von 10. April bis 7. August 2006 zur unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung ‑ dadurch beigetragen, dass er die Scheinanmeldungen zur Sozialversicherung von in Wahrheit in auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien organisierten und beschäftigten Bauarbeitern auf die angeführte Gesellschaft zwecks Verschleierung der wahren Dienstgeber dieser Bauarbeiter vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Robert K***** mit einer auf Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der nachgenannten Beweisanträge (ON 311 S 25 ff, 31 ff; ON 315 S 8 und 9) Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt:

1./ Beischaffung des „Finanzaktes“ der Sc***** GmbH und Vernehmung des dafür zuständigen Finanzbeamten als Zeugen zum Beweis dafür, dass „Semsudin L***** alleiniger Geschäftsführer der genannten Gesellschaft und der Angeklagte Robert K***** lediglich einfacher Büroangestellter war“,

2./ Beischaffung des „Finanzaktes“ der Ku***** GmbH und Vernehmung des dafür zuständigen Finanzbeamten als Zeugen zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte Robert K***** lediglich einfacher Büroangestellter dieser Gesellschaft und keineswegs deren faktischer Geschäftsführer war“,

3./ Beischaffung des „Finanzaktes“ des Unternehmens Z***** und Vernehmung deren Geschäftsführers Musamedin Z***** als Zeugen zum Beweis dafür, dass „zwischen der Firma Z***** und Semsudin L***** aus steuerlichen Gründen Scheinverträge abgeschlossen wurden, damit der steuerliche Gewinn der genannten Gesellschaft gemindert wird“,

4./ „Überprüfung sämtlicher Konten der Sc***** GmbH durch einen Sachverständigen aus dem Buchfach zum Beweis dafür, dass die Firma Z***** aufgrund der oben angeführten Scheinverträge insgesamt 150.000 Euro an die Sc***** GmbH überwiesen hat, wobei Semsudin L***** diesen Betrag behob und nach Abzug einer Provision wieder an Musamedin Z***** zurückzahlte und nicht, wie Semsudin L***** angegeben hat, an den Angeklagten Robert K***** ausfolgte“,

5./ Beischaffung des „Steueraktes“ der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH sowie „Überprüfung des Auftragsvolumens durch einen Sachverständigen, woraus sich ergeben werde, dass es die Aufträge dieser beiden Gesellschaften niemals erlaubten, dass ein Betrag von 150.000 Euro, wie von Semsudin L***** angegeben, behoben werden konnte, und dieser Betrag, wie oben ausgeführt, aufgrund von Scheinverträgen auf die Konten der beiden Gesellschaften überwiesen worden sei“,

6./ Beischaffung „sämtlicher Akten“ der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH bei der Gebietskrankenkasse und „Überprüfung durch einen Sachverständigen, woraus sich ergeben werde, dass die Sc***** GmbH zum 30. November 2006 keine wesentlichen Schulden hatte und sämtliche offenen Beträge bei der St***** und beim Finanzamt erst nach dem angeblichen Ausscheiden des Angeklagten Robert K***** aus der Sc***** GmbH entstanden sind“,

7./ „Überprüfung jener Akte beim Insolvenzausgleichsfonds, die von den Mitarbeitern der Sc***** GmbH aufgrund deren Anträgen angelegt worden sind und aus denen sich ergeben werde, dass sämtliche Dienstnehmer der Sc***** GmbH ihre Ansprüche erst ab 1. Dezember 2005 nach dem Ausscheiden des Erstangeklagten gestellt haben und nur der Zweitangeklagte Semsudin L***** Geschäftsführer der Sc***** GmbH gewesen sei“,

8./ Beischaffung der „Exekutionsakten hinsichtlich des Erstangeklagten und des Zweitangeklagten, woraus sich ergeben werde, dass gegen den Erstangeklagten im Gegensatz zum Zweitangeklagten keine Exekutionen anhängig sind“,

9./ „Vernehmung sämtlicher bei der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH angemeldeten Arbeiter im Beisein eines Sachverständigen, um abzuklären, welche Beträge die Arbeiter erhalten haben und wer diese Beträge ausbezahlt hat, dies zum Beweis dafür, dass der Angeklagte Robert K***** lediglich einfacher Büroangestellter und kein faktischer Geschäftsführer gewesen ist“,

10./ „Überprüfung des Finanzaktes der Sc***** GmbH durch einen Sachverständigen hinsichtlich der Aufträge nach dem 30. November 2006, wodurch sich ergeben werde, dass sämtliche von der Sc***** GmbH durchgeführten Aufträge, so es überhaupt welche gegeben habe, ausschließlich nur durch den Zweitangeklagten Semsudin L***** aufgenommen und durchgeführt worden sind“,

11./ „Überprüfung der Schadensbeträge betreffend die Sc***** GmbH und die Ku***** GmbH durch einen Sachverständigen, woraus sich ergeben werde, dass der in der Anklage angeführte Schaden überhaupt nicht gegeben ist“, sowie

12./ „Feststellung des tatsächlichen Geschäftsführers und Chefs der Firma Sa***** allenfalls durch Polizeibeamte und Überprüfung, welche Aufträge dieses Unternehmen der Sc***** GmbH erteilt habe und welche Auftragsvolumen diese Aufträge gehabt hätten. Diese Prüfung werde ergeben, dass der Zweitangeklagte Semsudin L***** der tatsächliche Geschäftsführer der Sc***** GmbH und der Angeklagte Robert K***** lediglich einfacher Büroangestellter war“.

Einem Beweisantrag muss (neben Beweismittel und Beweisthema) stets zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO) und inwieweit dieses, sofern es nicht offensichtlich ist, für die Schuld‑ oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 327 f, 330 mwN; RIS‑Justiz RS0118444). Den erstbezeichneten Anforderungen werden, nach der jeweiligen Diktion und Zielrichtung einer Erkundungsbeweisführung, sämtliche, den letzteren überdies die unter den Punkten 3./ bis 6./ und 8./ angeführten Beweisanträge nicht gerecht. Zu den Beweisanträgen 1./ und 2./ führte der Verteidiger auf Befragen der Vorsitzenden zur Eignung der genannten Beweismittel zur Klärung der jeweiligen Beweisthemen sogar aus, dies „werde sich aus dem Akt ergeben“.

Schließlich wurden die in der Beschwerde relevierten Beweisanträge auf

‑ „Überprüfung der Bankkonten der Sc***** GmbH durch einen Sachverständigen, wann und welche Beträge auf deren Konto geflossen sind“,

‑ „Überprüfung der Konten der Ku***** GmbH danach, wann und durch wen die Behebungen vorgenommen worden sind“,

‑ „Überprüfung der Akten bei der Gebietskrankenkasse hinsichtlich der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH durch einen Sachverständigen, woraus sich ergeben werde, dass der Angeklagte Robert K***** keine Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse durchgeführt hat“, und

‑ „Vernehmung jener vernehmenden Polizeibeamten, die den Angeklagten Robert K***** dringend verdächtigten, er sei faktischer Geschäftsführer der Firma T***** gewesen“ (Punkte 8./, 9./, 13./ und 18./ des Schriftsatzes ON 310),

in der Hauptverhandlung nicht gestellt. Das auf diese Beweisanträge bezughabende Beschwerdevorbringen entbehrt daher der für eine taugliche Rüge aus Z 4 unabdingbaren Voraussetzung eines Antrags oder nach Art von Anträgen substantiierten Widerspruchs in der Hauptverhandlung (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 302).

Die Mängelrüge (Z 5) verfehlt ihr Ziel.

Die Rüge einer unterbliebenen Erörterung (Z 5 zweiter Fall) von Angaben des Zeugen Dario M***** des Inhalts, „dass der Zweitangeklagte (Semsudin L*****) der Chef war“, beruht auf aktenfremden Prämissen, weil der Zeuge im Gegenteil vielmehr deponierte, er wisse nicht, wer der „Chef“ der Sc***** GmbH gewesen sei (ON 305 S 37).

Das weitere Beschwerdevorbringen, das Erstgericht habe auch die Aussagen aller anderen im Urteil angeführten Zeugen dahin gänzlich unrichtig in dieses aufgenommen, weil diese den Angeklagten Robert K***** nicht be‑ sondern entlasteten, „wobei die einzelnen Namen hier nicht angeführt sein müssen, dies ergibt sich bereits, wenn man die Entscheidungsgründe des Urteils mit den Protokollen vergleicht“, entbehrt einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (§ 285a Z 2 StPO).

Auch die Rüge einer unterbliebenen Berücksichtigung von „im Gerichtsakt erliegenden Telefonüberwachungsprotokollen“ verfehlt mangels gebotener Bezeichnung von (exakten) Fundstellen in den (hier dreizehnbändigen) Akten (RIS‑Justiz RS0124172 [T4, T5]) und der erforderlichen Darlegung, weshalb die unterlassene Erörterung einer für den Prozessstandpunkt des Beschwerdeführers günstigeren Feststellung über entscheidende Tatsachen im Wege stand (RIS‑Justiz RS0116767), die prozessförmige Ausführung.

Dies trifft des Weiteren auch auf den ‑ entsprechende Beweisergebnisse nicht einmal behauptenden ‑ Beschwerdeeinwand zu, das Erstgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Zweitangeklagte Semsudin L***** sowie Franjo Ke***** unmittelbar bei Beginn der polizeilichen Erhebungen nach Kroatien geflohen seien, während der Erstangeklagte K***** in Österreich verblieben sei, weil er ein reines Gewissen hatte.

Wenn die Mängelrüge vermeint, bei objektiver Betrachtung erscheine es „geradezu unnatürlich“, dass der als intelligent beschriebene Erstangeklagte sowohl Semsudin L***** (hinsichtlich der Sc***** GmbH) als auch Franjo Ke***** (in Betreff der Ku***** GmbH) die alleinige Zeichnungs‑ und Behebungsberechtigung hinsichtlich der von ihnen eröffneten Geschäftskonten überlassen hätte (vgl US 21, 26 f), zumal er „hinsichtlich der Geldbehebungen“ diesen dann „hilflos ausgeliefert gewesen“ wäre, kritisiert sie die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Auch die Beschwerdeeinwände einer mangels „vorhandener Beweismittel“ offenbar unzureichenden Begründung von Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (Z 5 vierter Fall) verfehlen die gebotene Orientierung an den Entscheidungsgründen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394); nach diesen wurden nämlich die Sachverhaltsgrundlagen für die Urteilsannahme, der Beschwerdeführer sei faktischer Geschäftsführer (auch) der Ku***** GmbH gewesen, aus den auf den US 55 bis 60 aufgelisteten Beweisergebnissen sowie jene einer (nach der Diktion der Beschwerde „widmungswidrigen“, gemeint:) unternehmenszweckfremden Verwendung von Vermögen der Ku***** GmbH aus den Angaben des Mitangeklagten Hido S***** sowie der Zeugen Dario M*****, Zijad M***** und Dr. Norbert Sch***** (US 64 ff, 69, 76 f) logisch und empirisch einwandfrei abgeleitet.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit eigenständigen Schlussfolgerungen aus isoliert betrachteten Verfahrensergebnissen, ohne solcherart aber ‑ für eine prozessförmige Darstellung der Rüge erforderlich ‑ ins Treffen geführte aktenkundige Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung, erhebliche Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffengerichts (US 53 ff) zu messen (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 487 mwN), auf Aktenbasis keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zur Stellung des Beschwerdeführers als faktischer Geschäftsführer der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH hervorzurufen.

Die Geltendmachung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den zum Tatsächlichen getroffenen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei. Unerheblich ist dabei, ob die mit dem Gesetz zu vergleichenden Feststellungen einwandfrei zustande gekommen oder dargestellt sind oder erheblichen Bedenken begegnen (RIS-Justiz RS0099810, Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) beschränkt sich jedoch darauf, die erstgerichtlichen Feststellungen zur Stellung des Nichtigkeitswerbers als faktischer Geschäftsführer der Sc***** GmbH und der Ku***** GmbH infolge seines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieser Gesellschaften (US 21; 27, 29) als „im Beweisverfahren gar nicht gedeckt“ zu bestreiten und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

„Dass sämtliche Anhalts‑ (gemeint offenbar: Anklage‑)Punkte in Ideal‑ bzw Realkonkurrenz zueinander stehen und daher lediglich der führende Tatbestand ‑ dies wäre §§ 146, 147 StGB ‑ für die Beurteilung herangezogen werden dürfte, sodass sämtliche weiteren Tatbestände den §§ 146, 147 StGB untergeordnet seien und daher diesbezüglich kein Grund bestehe, eine weitere strafrechtliche Qualifikation vorzunehmen“, wird von der Subsumtionsrüge (Z 10) bloß begründungslos behauptet und nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet. Damit wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund jedoch nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§ 285a Z 2 StPO; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588, § 285d Rz 12 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Überstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu ergangen Äußerung der Verteidigung bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Anzumerken bleibt, dass die Unterstellung der dem Angeklagten Semsudin L***** zu B./I./1./ angelasteten Taten auch unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB mangels Feststellungen zur Benützung eines dort bezeichneten Täuschungsmittels (in Betreff des Angeklagten Robert K***** siehe dagegen den Schuldspruch C./1./) zwar rechtlich verfehlt ist, für eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO aber mangels eines daraus resultierenden Nachteils für den Angeklagten keinen Anlass bietet. Denn die verfehlte Subsumtion war weder strafsatzbestimmend (siehe § 147 Abs 3 StGB) noch wirkte sie sich mangels erschwerender Wertung bei der Strafzumessung (US 92 f) nachteilig aus. Mit Blick auf die dem Oberlandesgericht obliegende Entscheidung (auch) über die diesen Angeklagten betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft wird darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht an die verfehlte Subsumtion (dem Berufungswerber zum Nachteil gereichend) nicht gemäß § 295 Abs 1 erster Satz StPO gebunden ist (RIS‑Justiz RS0118870; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 27a, § 295 Rz 15 mwN).

Zu den Schuldsprüchen der Angeklagten Robert K***** und Hido S***** wegen mehrerer Vergehen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 1 StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (D./ I./ und II./), wird zur Klarstellung Folgendes angemerkt (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

1./ Die Feststellung, wonach die tatsächlich von Hido S***** als Partieführer beschäftigten sieben Bauarbeiter unter Angabe eines falschen Dienstgebers, nämlich der Ku***** GmbH, zum Schein zur Sozialversicherung angemeldet wurden (US 43 f, 48), hindert die Tatbildverwirklichung des § 153e Abs 1 Z 1 StGB nicht. Denn das Vorliegen einer „erforderlichen“ Anmeldung zur Sozialversicherung richtet sich danach, ob die Anmeldepflichten des § 33 ASVG (wonach, hier von Interesse, „die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte […] Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben“) erfüllt wurden. Dies trifft somit nicht zu, wenn zu den von der Meldepflicht nach den §§ 33, 34 ASVG umfassten Umständen ‑ hier der Person des tatsächlichen (vgl § 539a ASVG) Dienstgebers ‑ falsche Angaben gemacht werden (Meissnitzer, JBl 2013, 468 [470], unter Hinweis auf Reindl-Krauskopf und andere, Endbericht zum Forschungsprojekt „Sozialbetrug, auch im Zusammenhang mit Lohn‑ und Sozialdumping“ [2012], 183 f; vgl auch 15 Os 87/12a, JBl 2013, 464).

2./ Auch gegen die Annahme echter Konkurrenz der Hido S***** mit Beziehung auf einerseits die Anwerbung von sieben Bauarbeitern zur unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung und andererseits die Bestimmung des Robert K***** und des Franjo Ke***** zur ihn (in Ansehung der Vereitelung der Einhebung von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen) begünstigenden betrügerischen Scheinanmeldung dieser Dienstnehmer bei der Gebietskrankenkasse und der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse angelasteten strafbaren Handlungen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 1 StGB (D./I./) und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (B./II./), sowie der Robert K***** ‑ korrespondierend ‑ mit Beziehung auf die Scheinanmeldung dieser Dienstnehmer zur Last gelegten strafbaren Handlungen der organisierten Schwarzarbeit als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 153e Abs 1 Z 1 StGB (D./II./) und des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, (insoweit) 147 Abs 2, 148 erster Fall StGB (B./I./2./a./cc./ und 2./b./cc./) bestehen keine Bedenken.

Denn von § 153e StGB unter dem Gesichtspunkt der Pönalisierung organisierter Schwarzarbeit geschütztes Rechtsgut sind nicht allein (mit Blick auf den Entgang von Beitrags‑ und Zuschlagszahlungen) Vermögensinteressen von Sozialversicherungsträgern, sondern darüber hinaus auch ‑ zufolge des Entgangs von Abgaben ‑ Fiskalinteressen der öffentlichen Hand und zudem Wettbewerbsinteressen redlich agierender Unternehmer sowie der Dienstnehmerschutz vor ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und dem Verlust von Beitragszeiten für die Pensionsversicherung (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153e Rz 2).

Organisierte Schwarzarbeit ist daher gegenüber Betrug (in der hier vorliegenden Fallkonstellation) nicht materiell subsidiär (zum Begriff vgl Ratz in WK2 Vor §§ 28‑31 Rz 36 ff; vgl neuerlich 15 Os 87/12a, JBl 2013, 464).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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