OGH 4Ob11/13s

OGH4Ob11/13s19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Christof Joham, Rechtsanwalt in Henndorf, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr und Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Aufhebung eines Kaufvertrags und Zahlung von 11.148,31 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 8. Oktober 2012, GZ 1 R 138/12x‑34, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. Mai 2012, GZ 6 Cg 188/10y‑28 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird teils bestätigt und teils dahin abgeändert, dass sie in der Hauptsache insgesamt wie folgt lautet:

„1. Der zwischen der klagenden und der beklagten Partei am 31. Juli 2010 geschlossene Kaufvertrag betreffend den PKW Audi Avant, Baujahr 2002, Fahrgestellnummer *****, wird aufgehoben.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 10.716,55 EUR samt 6,5 % Zinsen seit 8. August 2010 binnen 14 Tagen zu bezahlen, davon 9.900 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des oben genannten Fahrzeugs.

3. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 431,76 EUR samt Zinsen wird abgewiesen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 12.024,30 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin 1.357,30 EUR Umsatzsteuer, 3.880,50 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte kaufte im Februar 2010 in der Schweiz einen PKW Audi A4, Erstzulassung 2002, mit einem Kilometerstand von etwa 150.000. Das Fahrzeug hatte vorne und hinten elektrische Fensterheber, auch bei den hinteren Türen waren Lautsprecher eingebaut. Nach diversen Reparaturen in einer Fachwerkstatt und Einholung eines Gutachtens nach § 57a KFG erhielt das Fahrzeug eine Einzelgenehmigung für Österreich.

Im Mai 2010 kaufte der Beklagte einen weiteren Audi A4, der allerdings bei den hinteren Türen weder elektrische Fensterheber noch Lautsprecher hatte. Danach tauschte er aus nicht festgestellten Gründen die hinteren Türinnenverkleidungen der beiden Fahrzeuge aus, sodass es beim früher gekauften PKW dort nur mehr manuelle Fensterheber und keine Lautsprecher gab. Dabei baute er dort, ohne dass ihm das aufgefallen wäre, auch die Steuergeräte für die Zentralverriegelung aus. Dass sich die hinteren Türen deswegen nicht mehr sperren ließen, bemerkte er nicht.

Im Juli 2010 bot der Beklagte den im Februar 2010 erworbenen PKW auf einer Internetplattform zum Verkauf an. Der Kläger wurde darauf aufmerksam und rief den Beklagten an. Dieser bestätigte einen „tadellosen Zustand“, verwies auf die Überprüfung nach § 57a KFG und sagte, dass „alles passe“. Etwa eine Woche später suchte der Kläger den Beklagten auf. Nach einer Probefahrt erklärte der Beklagte, dass das Fahrzeug „vorschadensfrei“ sei. Er pries die Musikanlage als „toll“ an; die Parteien sprachen aber nicht darüber, wie viele Lautsprecher im Auto vorhanden waren. Der Kläger wunderte sich, dass ein so teures Fahrzeug hinten nur manuelle Fensterheber habe. Der Beklagte antwortete, dass das „bei Audi halt so sei“; dass er die Türverkleidungen ausgetauscht hatte, erwähnte er nicht. Bei der Besichtigung durch den Kläger war das Fahrzeug unversperrt abgestellt. Der Kläger überprüfte die Zentralverriegelung nicht, darüber wurde nicht gesprochen.

Die Streitteile einigten sich auf einen Kaufpreis von 9.900 EUR, Gewährleistung wurde im schriftlichen Kaufvertrag ausgeschlossen. Nach Zahlung des kreditfinanzierten Kaufpreises holte der Kläger das Fahrzeug am 7. August 2010 beim Kläger ab. Schon auf der Heimfahrt fiel ihm auf, dass die Zentralverriegelung nur die Vordertüren sperrte. Dies teilte er dem Beklagten noch am selben Abend mit. Der Beklagte antwortete, er könne sich das „nicht vorstellen“, worauf der Kläger ankündigte, das Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen. Dort und bei einem Automobilklub gelang es zunächst nicht, die Ursache für den Fehler zu finden; erst in einer anderen Werkstatt wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass elektrische Teile fehlten. Diese Information gab er dem Beklagten weiter. Dieser klärte ihn nun über den Austausch der Türverkleidung auf und bot an, diesen durch Wiedereinbau der Steuergeräte, der Lautsprecher und der elektrischen Fensterheber rückgängig zu machen. Der Kläger lehnte dies ab, weil er Bedenken hatte, dass der Beklagte dazu in der Lage sei. Hätte der Kläger gewusst, dass der Beklagte am Fahrzeug Veränderungen vorgenommen hatte, hätte er es nicht gekauft.

Der Kläger verwendete den PKW nicht, sondern stellte ihn in der Garage seiner Eltern ab. Dafür zahlte er ihnen 250 EUR. Für die Kreditaufnahme wendete er 294 EUR auf, für die Anmeldung des Fahrzeugs 172,55 EUR. Darüber hinaus hatte er weitere Unkosten von 100 EUR. Seine Lebensgefährtin brachte ihn zum Abschluss des Kaufvertrags und zur Abholung des Fahrzeugs zum Beklagten. Nach den Feststellungen des Erstgerichts trat sie dem Kläger ihre (nach dem amtlichen Kilometergeld berechneten) „Fahrtkosten“ von 431,76 EUR ab. Der Kredit des Klägers ist mit 6,5% verzinst.

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Vertrags wegen Irrtums sowie die Zahlung von 11.148,31 EUR samt 6,5 % Zinsen ab 8. August 2010 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Er stützt sich auf Arglist und einen vom Beklagten veranlassten Geschäftsirrtum. Der Beklagte habe ihm den Umstand verschwiegen, dass es sich beim Fahrzeug um ein „Bastlerauto“ mit schwerwiegenden Mängeln, insbesondere bei der Zentralverriegelung, gehandelt habe. Er habe suggeriert, dass sich das Fahrzeug im Wesentlichen in unverändertem Werkszustand befunden habe. Hätte er von den Basteleien des Beklagten gewusst, hätte er den Kaufvertrag nicht geschlossen. Nach Erkennen der Mängel habe der Beklagte nur angeboten, die fehlenden Teile (Lautsprecher, Türsteuergeräte) selbst wieder einzubauen, die Behebung durch eine Fachwerkstatt habe er verweigert. Der Kläger habe eine Reparatur durch den Beklagten abgelehnt, weil dieser beim Austausch der Türverkleidung und dem Ausbau der elektrischen Anlagen dilettantisch vorgegangen sei. Der Klagebetrag setze sich zusammen aus dem Kaufpreis, Unkosten des Klägers (Kreditaufnahme 294 EUR, Anmeldung 172,55 EUR, Garagierungskosten 250 EUR, „pauschale“ Unkosten 100 EUR) und den Fahrkosten seiner Lebensgefährtin, die ihn zwei Mal zum Beklagten gebracht habe (431,76 EUR). Die diesbezüglichen Ansprüche habe sie ihm abgetreten.

Der Beklagte wendet ein, er sei in Bezug auf die Zentralverriegelung nicht arglistig gewesen; ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er sie beim Austausch der Türverkleidung deaktiviert habe. Er habe angeboten, die elektrischen Fensterheber, die Steuergeräte für die Zentralverriegelung und die Lautsprecher wieder einzubauen. Damit hätte der Kläger alles bekommen, worauf er Anspruch gehabt habe; andere Mängel habe das Fahrzeug nicht gehabt. Schadenersatzansprüche scheiterten am fehlenden Verschulden; zudem habe die Lebensgefährtin des Klägers keine Ansprüche gegen den Beklagten gehabt, die sie dem Kläger hätte abtreten können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es die Zug-um-Zug-Verpflichtung auf die Rückzahlung des Kaufpreises von 9.900 EUR beschränkte. Der Kläger habe über die stillschweigend vereinbarte Verkehrstüchtigkeit des Fahrzeugs geirrt, die wegen der nicht funktionierenden Zentralverriegelung nicht gegeben gewesen sei. Diesen Irrtum habe der Beklagte zumindest fahrlässig veranlasst. Der Kläger könne den Vertrag daher anfechten, weiters habe er Anspruch auf Schadenersatz.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und ließ die Revision zunächst nicht zu.

Es liege ein beachtlicher wesentlicher Geschäftsirrtum vor. Der Kläger habe dem Beklagten durch den Hinweis auf die erfolgte Überprüfung nach § 57a KFG (zumindest) die Verkehrstauglichkeit des Fahrzeugs zugesagt. Diese sei nicht vorgelegen, weil die hinteren Türen nicht verschließbar gewesen seien. Darin liege ein schwerer Mangel iSv § 57a KFG. Den insofern bestehenden Irrtum des Beklagten habe der Kläger veranlasst; der Beklagte hätte den Vertrag in Kenntnis der vom Kläger vorgenommenen Umbauten nicht geschlossen. Andere Umstände, die eine Irrtumsanfechtung ermöglichten, lägen hingegen nicht vor. Insbesondere könne der Käufer eines acht Jahre alten Fahrzeugs nicht davon ausgehen, dass Reparaturen ausschließlich in autorisierten Werkstätten durchgeführt worden seien. Das Klagebegehren sei allerdings trotz des vom Kläger verursachten Irrtums nicht berechtigt. Der Vertragspartner des Irrenden könne das Geschäft aufrecht erhalten, indem er dem Irrenden rechtzeitig das gewähre, was dieser infolge seines Irrtums zu erhalten erwartet habe. Dafür genüge, dass der Vertragspartner unmittelbar nach der Behauptung des Irrtums verbindlich erkläre, den Irrenden klaglos zu stellen. Dies treffe im vorliegenden Fall zu: Der Anspruch des Klägers habe lediglich darin bestanden, das zu erhalten, was er bei Vertragsabschluss zu erhalten vermeint habe, hier also ein Fahrzeug, das auch über verschließbare hintere Türen verfüge. Diesen Zustand herzustellen habe der Beklagte zugesagt, nachdem ihm der Kläger die Ursache des Versagens der Zentralverriegelung mitgeteilt habe. Damit habe er den Kläger klaglos gestellt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich eine mit einem Zulassungsantrag nach § 508 ZPO verbundene Revision des Klägers. Er beantragt die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung und macht insbesondere geltend, dass eine Reparatur durch den Beklagten angesichts von dessen fehlender Sachkunde unzumutbar sei; durch das Angebot eines neuerlichen Umbaus in Eigenregie werde er daher nicht klaglos gestellt. Diese Argumentation veranlasste das Berufungsgericht zur nachträglichen Zulassung des Rechtsmittels.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Er bestreitet insbesondere das Vorliegen eines wesentlichen, also zur Vertragsaufhebung berechtigenden Geschäftsirrtums des Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf; sie ist abgesehen von einem geringen Teilbetrag berechtigt.

1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen eines beachtlichen Geschäftsirrtums treffen zu.

1.1. Geschäftsirrtum ist der Irrtum über die Natur des Geschäfts, dessen Inhalt (Gegenstand) oder eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft oder die Identität des Geschäftspartners, also über Punkte, die Inhalt des Rechtsgeschäfts sind (RIS-Justiz RS0014910; zuletzt etwa 4 Ob 65/10b = EvBl 2011/3, 8 Ob 25/10z = EvBl 2011/4, 4 Ob 174/11h = EvBl‑LS 2012/128; alle mwN). Analog zum Gewährleistungsrecht gelten als Inhalt einer Erklärung jene Eigenschaften des Vertragsgegenstands, die üblicherweise bei entsprechenden Geschäften vorausgesetzt werden, außerdem solche, die besonders bedungen wurden (2 Ob 176/10m = immolex 2011, 280 [Prader] = wobl 2012, 204 [Limberg] mwN). Beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs von einem gewerblichen Verkäufer wird ‑ außer bei einer anderen Vereinbarung ‑ die Verkehrstauglichkeit als gewöhnlich vorausgesetzt angesehen (RIS-Justiz RS0110191, vgl auch RIS-Justiz RS0018502).

Im konkreten Fall lag zwar kein Kauf von einem gewerblichen Verkäufer vor; der Beklagte hatte jedoch zugesichert, dass das Fahrzeug in Ordnung sei, und er hatte den Kläger auch auf die Überprüfung nach § 57a KFG hingewiesen. Damit hatte er die Verkehrstauglichkeit zugesichert. Der Kläger durfte daher aufgrund des Vertrags (auch) mit einer funktionierenden Zentralverriegelung rechnen. Sein insofern bestehender Irrtum war somit ein Geschäftsirrtum.

1.2. Für das Veranlassen eines Irrtums iSv § 871 ABGB genügt ein adäquat ursächliches Verhalten des anderen (RIS-Justiz RS0016195; Bollenberger in KBB3 § 871 Rz 14), absichtliche oder zumindest fahrlässige Irreführung ist nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0014921, RS0016188). Auch am Vorliegen dieser Voraussetzung besteht hier kein Zweifel, war der Irrtum des Klägers doch ohne jeden Zweifel durch die Zusicherung der Verkehrstauglichkeit veranlasst.

2. Nicht von den Feststellungen gedeckt ist demgegenüber die Auffassung des Berufungsgerichts, der von ihm als beachtlich angenommene Irrtum des Klägers sei auch wesentlich, berechtige diesen also ‑ vorbehaltlich einer Klaglosstellung ‑ zur Anfechtung des Vertrags.

2.1. Ein Irrtum ist wesentlich, wenn der Erklärende ohne ihn das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, er ist unwesentlich, wenn das Geschäft mit anderem Inhalt abgeschlossen worden wäre (RIS-Justiz RS0082957 [insb T4]). Maßgebend ist der hypothetische Parteiwille; wenn dieser nicht festgestellt werden kann, ist auf die objektive Verkehrsanschauung abzustellen (RIS-Justiz RS0016201; vgl auch RS0016237).

2.2. Im vorliegenden Fall ist nur erwiesen, dass der Kläger den Vertrag nicht geschlossen hätte, wenn er vom Umbau durch den Beklagten gewusst hätte. Das war aber nicht der Gegenstand des vom Berufungsgericht angenommenen Geschäftsirrtums, der sich ausschließlich auf die Funktionsfähigkeit der Zentralverriegelung bezog. Dass der Kläger das Fahrzeug nicht ‑ also auch nicht zu einem geringeren Preis oder nach einer Reparatur ‑ gekauft hätte, wenn er von diesem Mangel gewusst hätte, steht nicht fest; denkbar wäre daher auch das Vorliegen eines unwesentlichen Irrtums, der nur zur Vertragsanpassung berechtigte. Mangels jeder Feststellung (auch Negativfeststellung) zum hypothetischen Parteiwillen in Bezug auf den vom Berufungsgericht angenommenen Irrtum liegt ein sekundärer Feststellungsmangel vor, der an sich zur Aufhebung in die erste Instanz führen müsste. Erst in einem weiteren Schritt stellte sich dann gegebenenfalls die Frage, ob das Reparaturangebot des Beklagten eine taugliche Klaglosstellung im Sinn der vom Berufungsgericht zitierten Judikatur anzusehen wäre.

3. Allerdings hat sich der Kläger in erster Instanz auch auf Arglist des Beklagten berufen. Damit dringt er durch.

3.1. List iSv § 870 ABGB ist bewusste Täuschung und setzt daher ein ‑ für den Irrtum kausales ‑ vorsätzliches Verhalten des Irreführenden voraus (RIS-Justiz RS0014821). Der Vorsatz muss sich allerdings nur auf die Irreführung beziehen, nicht auch auf einen dadurch verursachten Schaden (RIS-Justiz RS0014833; zuletzt etwa 1 Ob 85/11y = ÖBA 2012, 319). Arglist berechtigt auch zur Anfechtung wegen eines dadurch verursachten Motivirrtums (RIS-Justiz RS0014807); Voraussetzung ist lediglich die Kausalität des Irrtums für den Vertragsabschluss (RIS-Justiz RS0014790, RS0014821 [T3]). Schweigen kann insbesondere dann den Tatbestand der Arglist erfüllen, wenn der Schweigende gegen eine ihm obliegende Aufklärungspflicht verstößt (RIS-Justiz RS0014817). Eine solche Aufklärungspflicht besteht, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (RIS-Justiz RS0014811; RS0014790 [T4, T8]).

3.2. Im vorliegenden Fall antwortete der Beklagte dem Kläger auf dessen Frage nach den manuellen Fensterhebern, dass dies „bei Audi halt so sei“. Er gab ihm damit zu verstehen, dass es sich bei diesen Fensterhebern und damit bei der gesamten hinteren Türinnenverkleidung um den Originalzustand des Fahrzeugs handle. Das war bewusst wahrheitswidrig, weil der Beklagte diese Verkleidung selbst ausgetauscht hatte und daher wusste, dass es sich nicht um den Originalzustand handelte. Zudem hätte der Beklagte den Kläger zumindest nach dessen konkreter Frage redlicherweise darüber aufklären müssen, dass er ‑ als Nichtfachmann ‑ die Türverkleidung ausgetauscht hatte. Damit hat der Beklagte arglistig gehandelt und dadurch den Irrtum des Klägers hervorgerufen, dass sich die Türinnenverkleidung im Originalzustand befinde und nicht von einem Nichtfachmann ausgetauscht worden sei. Dieser Irrtum, dessen Qualifikation als Motiv- oder Geschäftsirrtum im Anwendungsbereich des § 870 ABGB unerheblich ist, war nach den Feststellungen des Erstgerichts kausal für den Vertragsabschluss. Damit ist der Kläger zur Anfechtung des Vertrags berechtigt.

3.3. Hat jemand einen anderen durch List irregeführt, kann er das Geschäft nicht dadurch aufrecht erhalten, dass er es so gelten lässt, wie es der Irrende schließen wollte, wenn er nicht getäuscht worden wäre (RIS‑Justiz RS0014786; nur für einen hier nicht vorliegenden Fall differenzierend zuletzt 1 Ob 27/97w = SZ 70/96). Auf dieser Grundlage ist das Angebot des Beklagten, einen Rückumbau vorzunehmen, von vornherein unerheblich. Daran änderte sich im konkreten Fall nichts, wenn man entgegen der zitierten Rechtsprechung auch bei List eine Möglichkeit zur Klaglosstellung annehmen wollte, wie sie in Fällen eines nicht arglistig veranlassten Geschäftsirrtums besteht (RIS‑Justiz RS0016244, RS0014917). Da Gegenstand des arglistig herbeigeführten Irrtums das Nichtvorliegen eines den Originalzustand verändernden Umbaus durch einen Nichtfachmann war, hätte eine Klaglosstellung ‑ wenn überhaupt ‑ nur durch das Angebot eines Rückumbaus in einer Fachwerkstätte erfolgen können.

3.4. Auf dieser Grundlage bestehen das Rechtsgestaltungsbegehren und das Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu Recht.

4. Das weitere Zahlungsbegehren ist nach § 874 ABGB zu beurteilen. Der Beklagte hat dem Kläger das negative Vertragsinteresse, also den durch die Irreführung und das dadurch veranlasste Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrags verursachten Schaden zu ersetzen (RIS-Justiz RS0014882, RS0016294). Das sind hier die Kosten der Kreditaufnahme, der Anmeldung und der Garagierung sowie die vom Beklagten nicht in Zweifel gezogenen sonstigen Unkosten des Klägers. Hingegen hat der Kläger zu den Fahrtkosten seiner Lebensgefährtin kein schlüssiges Vorbringen erstattet. Denn er hat nicht dargelegt, weshalb sie insofern einen Anspruch gegen den Beklagten haben sollte, den sie dem Kläger abtreten könnte. Da der Beklagte in erster Instanz auf diese Unschlüssigkeit hingewiesen hat, kommt eine Aufhebung zu deren Erörterung nicht in Betracht.

5. Auf dieser Grundlage hat die Revision beim Rechtsgestaltungsbegehren zur Gänze und beim Zahlungsbegehren im Ausmaß von 10.716,55 EUR Erfolg. Insofern ist die stattgebende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. In Bezug auf das Mehrbegehren von 431,76 EUR (Fahrtkosten der Lebensgefährtin) ist die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts ‑ wenngleich aus anderen Gründen ‑ zu bestätigen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO. Der Kläger ist nur mit einem geringfügigen Teil seiner Forderung unterlegen, der zudem keinen besonderen Verfahrensaufwand hervorgerufen hat. Der Beklagte hat ihm daher die gesamten Verfahrenskosten zu ersetzen.

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