Spruch:
I.1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei wird zurückgewiesen, soweit damit die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses zur Zulässigkeit der Klagsänderung zwecks neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht bekämpft wird.
I.2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei wird im Übrigen mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
I.3. Der außerordentliche Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II. Den Rekursen der erst-, zweit- und drittbeklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin zeichnete Aktien der Erstbeklagten im Rahmen der Kapitalerhöhungen vom Mai/Juni 2006 (242.424 Stück zum Ausgabebetrag von 8,25 EUR/Stück, also um 1.999.998 EUR) und vom April/Mai 2007 (196.088 Stück zum Ausgabebetrag von 10,20 EUR/Stück, also um 2.000.097,60 EUR) im Gesamtbetrag von 4.000.095,60 EUR. Damals unterhielt die Klägerin bei der Zweitbeklagten ein Wertpapierdepot. Der Drittbeklagte hatte in den genannten Zeiträumen die Funktionen des Vorstands sowohl der Erst- als auch der Zweitbeklagten inne.
Die Klägerin macht gegen die drei zur ungeteilten Hand in Anspruch genommenen Beklagten Schadenersatzansprüche aus mehreren Rechtsgründen geltend. In der Klage stellte sie zunächst klar, sie begehre Schadenersatz primär in Form der Naturalrestitution: Gegen die Rückgabe der gezeichneten Aktien seien die drei Beklagten solidarisch verpflichtet, die von der Klägerin bei den beiden Kapitalerhöhungen insgesamt gezahlten Ausgabebeträge samt den seither aufgelaufenen Zinsen zu ersetzen. Dennoch lautete das Urteilsbegehren auf eine uneingeschränkte solidarische Leistungspflicht der Beklagten von 4.000.095,60 EUR samt gestaffelten Zinsen. Zusammengefasst lauten die Vorwürfe der Klägerin in der Klage, die Darstellung der Tätigkeit, Strategie und Risikofaktoren in den Kapitalerhöhungsprospekten 2006 und 2007 sei unrichtig, in jedem Fall irreführend, verkürzt oder verklausuliert gewesen, was auch für die Jahresabschlüsse 2005/2006 und 2006/2007 gelte. Nach der Darstellung in beiden Prospekten sollte der Emissionserlös zur Finanzierung der weiteren Expansion in das Portfolio und zur Stärkung der Kapitalbasis für den bestehenden Geschäftsbetrieb der Erstbeklagten verwendet werden. Deren Unternehmensgegenstand sei die Entwicklung und der Ankauf von Immobilien vornehmlich im zentral- und osteuropäischen Raum, nicht jedoch der einer Finanzierungsgesellschaft. Die Klägerin sei daher davon ausgegangen, in die Erstbeklagte als Immobiliengesellschaft zu investieren, die ausschließlich Immobilieninvestitionen in osteuropäischen Märkten tätige. Tatsächlich sei aber der Emissionserlös immer mehr und massiver, hochspekulativ und riskant für unbesicherte Darlehen der Erstbeklagten an die Konzernmutter und nahe stehende Personen eingesetzt worden: Aus den Mitteln der Kapitalerhöhung 2006 seien 412,5 Millionen EUR und vom Erlös der Kapitalerhöhung 2007 von 2,8 Milliarden EUR der überwiegende Teil zur Finanzierung von verbundenen, assoziierten oder angeblich fremden Unternehmen verwendet worden, während für Immobilienprojekte kaum etwas übrig geblieben sei. Im Prospekt 2006 sei überdies der Anstieg der Verwaltungsgebühren für den von der Erst- mit der Zweitbeklagten geschlossenen Managementvertrag von 4,6 Millionen EUR auf 15,5 Millionen EUR unerwähnt geblieben; ebenso im Prospekt 2007 der weitere Anstieg auf 47,1 Millionen EUR und die Verlängerung dieses mit 31. 12. 2008 endenden, immer teurer werdenden Managementvertrags knapp nach der Kapitalerhöhung 2007 um 10 Jahre. Hätte die Klägerin um den tatsächlichen Stand der Erstbeklagten und von der tatsächlichen Verwendung der Emissionserlöse gewusst, hätte sie keine der beiden Kapitalerhöhungen gezeichnet und keine Aktien erworben.
Die Klägerin gründete die Haftung der Erstbeklagten auf die Verletzung der Prospektpflichten nach § 11 KMG. Für diesen Verstoß hafte auch die Zweitbeklagte als Emissionsbank. Aufgrund der Personenidentität im Vorstand in der Person des Drittbeklagten erfolge eine wechselseitige Wissenszurechnung zwischen Erst- und Zweitbeklagter. Die Zweitbeklagte hafte auch als Anlageberaterin und Depotbank der Klägerin sowie wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Sie habe es trotz Kenntnis des Umstands, dass die Klägerin überwiegend in Aktien der Erstbeklagten investiert habe, unterlassen, auf eine sinnvollere Risikostreuung hinzuweisen; vielmehr habe sie zur Zeichnung beider Kapitalerhöhungen ausdrücklich geraten und unter anderem durch den Drittbeklagten immer wieder auf die Sicherheit des Investments hingewiesen, nicht jedoch auf die Risken sowie die Änderung der Geschäftspolitik und -tätigkeit der Erstbeklagten. Der Drittbeklagte habe als Vorstand eine vielfache Verletzung des § 255 AktG wegen unrichtiger Wiedergabe, Verschleierung und Verheimlichung der Verhältnisse der Erstbeklagten und verbundener Unternehmen sowie relevanter Umstände zu verantworten. Wegen der Verletzung dieses Schutzgesetzes auch zugunsten der Aktionäre und Anleger treffe die Haftung ihn persönlich, aber auch die Gesellschaft, für die er gehandelt habe. Schließlich habe er die Veranlagung höchstpersönlich empfohlen und später vom Verkauf der Aktien trotz eines ersten Kursverfalls abgeraten.
Die Beklagten bestritten mit zahlreichen Argumenten und wendeten unter anderem jeweils Unschlüssigkeit des Klagebegehrens ein, weil das Urteilsbegehren eine Bereitschaft zur Rückstellung der bezogenen Aktien nicht enthalte.
Daraufhin modifizierte die Klägerin das Urteilsbegehren durch Aufnahme der Einschränkung der Leistungspflicht der Beklagten Zug um Zug gegen Herausgabe der Aktien. Weiters brachte sie vor, in den Kapitalmarktprospekten 2006 und 2007 habe sich kein Hinweis gefunden, dass seit 2004, wie sämtlichen Beklagten bekannt gewesen sei, mit Geldern der Erstbeklagten und ihrer Mehrheitsgesellschafterin nicht nur Konzernfinanzierung betrieben, sondern auch eigene Aktien der Erstbeklagten in großem Umfang ohne Hauptversammlungsbeschluss oder Genehmigung, ohne Offenlegung und ohne Information der Öffentlichkeit und der Aktionäre angekauft worden seien. Vom Emissionserlös 2006 seien dafür 500 Millionen EUR und von jenem 2007 900 Millionen EUR verwendet worden. Entgegen der Angaben in den Prospekten sei es auch nicht zur kurzfristigen Veranlagung des Emissionserlöses gekommen, sondern zur Gewährung langfristiger Darlehen. Der Erwerb der eigenen Aktien sei im bewussten und gewollten Zusammenwirken der Erst- und der Zweitbeklagten mit dem Zweck der Kursmanipulation erfolgt; ohne diese Eigenkäufe hätte sich der Aktienkurs nicht in die tatsächlich erreichte Höhe entwickelt, weshalb die sich daran orientierenden Zeichnungsbeträge 2006 und 2007 überhöht gewesen seien. Die Erstbeklagte habe es weiters unterlassen, Wertberichtigungen ihrer Darlehensforderungen gegenüber Konzernunternehmen wegen deren unterbliebener Rückforderung vorzunehmen; statt dessen sei ‑ zumindestens irreführend ‑ von kurzfristigen Treuhanddarlehen die Rede gewesen. Sämtliche Angaben der Erst- und des Drittbeklagten gegenüber (dem Vertreter) der Klägerin, wonach die Erstbeklagte ein konservativer, betont sicherheitsorientiert agierender Investor sei und bleibe, seien daher unrichtig und wahrheitswidrig gewesen. Tatsächlich habe die Erstbeklagte auf Initiative und Weisung des Drittbeklagten rechtswidrige Aktienspekulations- und Finanzierungsgeschäfte betrieben. Der Zweitbeklagten sei bekannt gewesen, dass der Aktienkauf durch die Klägerin keine risikolose Veranlagung in eine Immobiliengesellschaft darstelle; deshalb sei sie als depotführende Bank der Klägerin gegenüber zur umfangreichen Aufklärung sowie zum Abhalten von der Zeichnung beider Kapitalerhöhungen verpflichtet gewesen. Wegen der Identität des Vorstands der Erst- und der Zweitbeklagten habe letztere die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Prospektangaben und der darin enthaltenen Jahresabschlüsse der Erstbeklagten gekannt und hafte deshalb als Finanzintermediär nach § 11 Abs 1 Z 3 KMG.
Alle drei Beklagten erhoben Widerspruch wegen der Änderung des Klagebegehrens, das durch Umstellung auf Naturalrestitution von einem Leistungs- in ein Rechtsgestaltungsbegehren, also in ein aliud verwandelt worden sei; die Erstbeklagte widersprach auch der Erweiterung des Zinsenbegehrens. Nur die Zweitbeklagte erblickte eine Klagsänderung auch darin, dass die Klägerin den weiteren Klagsgrund Kursmanipulation als neuen Tatbestand einführen wolle. Im Übrigen bestritten die Beklagten erneut umfangreich.
In der vorbereitenden Verhandlung modifizierte die Klägerin neuerlich das Klagebegehren, und zwar durch Staffelung des Zinsenbegehrens für die Erst- und Zweitbeklagte sowie für den Drittbeklagten durch Aufgabe des Verlangens nach Naturalrestitution, weil diese „angesichts der Verstöße des Drittbeklagten nicht in Frage komme“. Die Klägerin begehrt daher vom Drittbeklagten die Zahlung von 4.000.095,60 EUR zur ungeteilten Hand mit den beiden anderen Beklagten. Die Klägerin trug ergänzend vor, es stehe der Verdacht des Betrugs nach § 146 StGB im Raum, nicht nur durch die Erstbeklagte, sondern auch durch die Zweitbeklagte, die wegen der an sie geleisteten Provisionszahlungen an den Kapitalerhöhungen in hohem Maß verdient habe, und auch durch den Drittbeklagten, der daraus entsprechende Bonuszahlungen lukriert habe. Die Erstbeklagte wäre spätestens Ende 2007 verpflichtet gewesen, den Verlust aus den Aktienkäufen von rund 270 Millionen EUR im Rahmen einer ad hoc-Mitteilung zu veröffentlichen, weshalb sie auch wegen dieses Verstoßes hafte; auch die Zweitbeklagte hätte die Klägerin darüber aufklären müssen. Die Klägerin habe bis zum Herbst 2008 keine Ahnung von den tatsächlichen Vorgängen gehabt. Sie sei in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit der Kapitalmarktprospekte und der Jahresabschlüsse sowie die Richtigkeit der öffentlichen Darstellung und Werbung der Erstbeklagten getäuscht worden. Die konkreten Beratungen der Klägerin durch die Zweitbeklagte seien unter anderem durch den Drittbeklagten erfolgt, der persönliches Vertrauen (des Vertreters) der Klägerin in Anspruch genommen habe. Er sei auch für die Erstellung der Prospekte und Jahresabschlüsse als Vorstand der Erstbeklagten verantwortlich gewesen und habe entsprechende Äußerungen getätigt.
Die Beklagten bestritten, ohne (weitere) Einwendungen im Sinn des § 235 ZPO zu erheben.
Das Erstgericht erklärte mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluss, die „Klagsänderung“ nicht zuzulassen. Das ursprüngliche Klagebegehren wies es ab. Seine Beweisaufnahme beschränkte sich auf den Urkundenbeweis. Es stellte (nur) fest, dass die Klägerin Teile der mit der Kapitalerhöhung 2006 erworbenen Wertpapiere veräußerte und damit Gewinne erzielte. Es qualifizierte die (erste) Umstellung des Klagebegehrens als qualitative Änderung in ein Rechtsgestaltungsbegehren, die nicht zuzulassen sei, weil dies zu einer umfassenden Erschwerung des Verfahrens führen würde. Es bleibe auch zum geänderten Begehren unklar, wie die Klägerin die angebotene Gegenleistung durch Rückübertragung der Wertpapiere den drei Beklagten anbiete.
In der Sache habe es die Klägerin unterlassen, Umstände geltend zu machen, die im Zeitpunkt des Ankaufs der Aktien für ihre Kaufentscheidung relevant gewesen seien, und Vorbringen zur Kausalität zu erstatten. Ereignisse, die nach Zeichnung der Kapitalerhöhungen stattgefunden hätten, könnten für die Kaufentscheidung nicht ausschlaggebend gewesen sein. Eine Naturalrestitution scheitere auch, soweit die Aktien nicht mehr vorhanden seien. Von der Klägerin sei auch nicht dargelegt worden, wie die Naturalrestitution bei mehreren Beklagten stattzufinden habe, wo doch ihre Leistung unteilbar sei. Trotz Aufforderung des Gerichts habe die Klägerin daher die Klage nicht schlüssig stellen können.
Die Klägerin erhob Rekurs und Berufung. Die zweite Instanz gab beiden Rechtsmitteln Folge. Als Rekursgericht behob sie den erstgerichtlichen Beschluss „im Umfang der Zurückweisung der Klagseinschränkung (Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung)“ ersatzlos; „im Übrigen“ hob sie diesen Beschluss zwecks neuerlicher Entscheidung durch das Erstgericht auf. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ sie mangels Rechtsfragen erheblicher Bedeutung nicht zu. Als Berufungsgericht hob sie das angefochtenen Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Der Rekurs wurde für zulässig erklärt.
Die vom Erstgericht ausgesprochene Nichtzulassung der Klagsänderung sei insoweit verfehlt, als sie die eine Klagsänderung gar nicht bewirkende Klagseinschränkung auf die Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung umfasse, und deshalb ersatzlos zu beheben. Die Aufnahme der Zug‑um‑Zug‑Verpflichtung bedeute nämlich ein Minus gegenüber dem Begehren auf uneingeschränkte Leistung. Dieses sei auch nicht in ein Rechtsgestaltungsbegehren gewandelt worden, weil in der Naturalrestitution nur eine Art des Schadenersatzes nach § 1323 ABGB zu erblicken sei. Dem erstgerichtlichen Beschluss lasse sich nicht entnehmen, in welchem Umfang das im Schriftsatz ON 6 enthaltene umfangreiche Tatsachenvorbringen als Änderung des Klagegrundes erachtet werde (und nicht als zulässige Adaptierung der Klagserzählung). Insoweit ziehe daher die pauschale Nichtzulassung „der (welcher ?)“ Klagsänderung einen Begründungsmangel nach sich, der zur Aufhebung zwecks neuerlicher Entscheidung führen müsse.
Auch die Sachentscheidung sei aufzuheben, weil die (bekämpfte) Feststellung ziffernmäßig nicht präzisierter Teilverkäufe die gänzliche Klagsabweisung nicht trage. Soweit die Klägerin nämlich die erworbenen Aktien noch halte, entspreche das Begehren auf Naturalrestitution der aktuellen Rechtsprechung. Soweit bereits ein Verkauf erfolgt sei, müsse aber nach Maßgabe einer Differenzrechnung ein Geldleistungsbegehren erhoben werden. Es bedürfe daher präziser Feststellungen dahin, welche Aktien die Klägerin noch halte und welche sie schon verkauft habe, wonach auch die allfällige Unterscheidbarkeit von anderen Aktien der Erstbeklagten zu beurteilen sei. Es erscheine zweifelhaft, ob es sich bei der Zug-um-Zug-Übergabe einer Vielzahl von Aktien um eine unteilbare Leistung handle. Es sei auch § 8 Abs 1 EO nicht zu entnehmen, dass eine Exekution bei einer Mehrheit von Verpflichteten zwangsläufig fehlschlagen müsse. Bedenken gegen die Exequierbarkeit des angestrebten Titels bestünden daher nicht. Mit den Parteien werde im fortgesetzten Verfahren die Wertentwicklung einer allfälligen hypothetischen Alternativanlage durch die Klägerin zu erörtern sein. Naturalrestitution scheitere auch nicht am damit verbundenen Erwerb eigener Aktien. Unschlüssigkeit mangels Behauptung konkreter Umstände, die im Zeitpunkt des Ankaufs der Aktien für die Kaufentscheidung relevant gewesen seien, sei wegen ausreichendem Vorbringen zu verneinen, allerdings habe das Erstgericht keine Feststellungen dazu getroffen. Eine Beurteilung des Klagebegehrens sei daher derzeit weder dem Grunde noch der Höhe nach möglich, was zur Aufhebung und Zurückverweisung führen müsse.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil es an gesicherter höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Begehren auf Naturalersatz unter Berücksichtigung des Aspekts der hypothetischen Alternativveranlagung und zur Frage fehle, ob bei der Veräußerung der erworbenen Aktien erzielte Kursgewinne bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen seien.
Gegen die Beschlüsse der zweiten Instanz richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der Erst- und Zweitbeklagten sowie die Rekurse aller Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin erstattete Revisionsrekurs- und Rekursbeantwortungen.
I.1. Soweit das Rekursgericht dem Erstgericht eine neuerliche Beschlussfassung über den Widerspruch der Zweitbeklagten gegen die Einführung des neuen Tatbestands Kursmanipulation durch die Klägerin (in ON 6) aufgetragen hat, ohne den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen, kommt § 527 Abs 2 ZPO zur Anwendung, wonach ein solcher jedenfalls unzulässig ist (RIS-Justiz RS0043986 [T8]). In diesem Umfang ist das Rechtsmittel der Zweitbeklagten zurückzuweisen.
I.2. Die ersatzlose Behebung des erstgerichtlichen Beschlusses, soweit davon die (noch aufrechte) Modifizierung des Urteilsbegehrens gegenüber den Erst- und Zweitbeklagten erfasst ist, stellt einen abändernden Beschluss dar (RIS-Justiz RS0039437), der nach Maßgabe des § 528 ZPO bekämpft werden kann. Den Erst- und Zweitbeklagten gelingt es allerdings nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Verneinung einer Klagsänderung durch das Rekursgericht stellt nämlich schon deshalb keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar, weil die Klägerin schon am Beginn der Klage unmissverständlich klargestellt hat, sie begehre Schadenersatz in Form der Naturalrestitution und verlange gegen Rückgabe der gezeichneten Aktien den Ersatz der Ausgabebeträge samt Zinsen von allen Beklagten zur ungeteilten Hand. Das Unterlassen der Aufnahme eines Zug‑um‑Zug‑Zusatzes in das Urteilsbegehren stellt daher einen offenbaren Irrtum bei der Fassung des Klagebegehrens dar, dessen Sanierung keine Änderung des Streitgegenstands bewirkt (Klicka in Fasching/Konecny² § 235 ZPO Rz 16).
Gesonderte Kosten für die Revisionsrekursbeantwortungen der Klägerin wurden nicht verzeichnet.
Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
II. Die Rekurse der Beklagten sind zulässig, weil vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht (ausreichend) behandelte Rechtsfragen zu beantworten sind. Sie sind im Ergebnis jedoch nicht berechtigt, weil es bei der Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils zu bleiben hat.
II.1.1. Die Berechtigung des gegenüber der erstbeklagten AG erhobenen Begehrens auf Schadenersatz durch Naturalrestitution wegen Verletzung der Prospektpflicht (§ 11 KMG) oder sekundärmarktrechtlicher Informationspflichten (zB § 48d BörseG) hängt grundsätzlich davon ab, ob dem aktienrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, wie dies von der Erstbeklagten im Rekurs unter Berufung auf § 52 (Verbot der Einlagenrückgewähr), § 65 (Verbot des Erwerbs eigener Aktien) und § 47a AktG (Gebot der Gleichbehandlung aller Aktionäre) geltend gemacht wird.
Der Oberste Gerichtshof hat zwar in der Entscheidung 3 Ob 75/06k eine unter anderem gegen die emittierende AG erhobene Klage auf Bezahlung des Gesamtkaufpreises für Aktien gegen Abtretung der Ansprüche aus den Zwischenscheinen über diese Aktien wegen Prospekthaftung nach § 11 KMG für berechtigt erachtet, ohne die dargestellten aktienrechtlichen Fragen zu thematisieren. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen erfolgte bisher in der Judikatur nicht.
In der österreichischen Lehre werden sehr unterschiedliche Standpunkte vertreten. Überwiegend wird ein Vorrang der Prospekthaftungsansprüche angenommen, weil ein Konflikt mit §§ 52 ff AktG gar nicht vorliege, da der Aktionär bei Befriedigung von Prospekthaftungsansprüchen nicht als solcher, sondern wie ein schadenersatzberechtigter Gläubiger behandelt werde und diese daher gar nicht causa societatis geleistet würden (Reich-Rohrwig, Grundfragen der Kapitalerhaltung [2004] 362 ff); die Leistung an den Aktionär stelle keine verbotene, sondern eine sachlich (betrieblich) gerechtfertigte Zahlung dar (Kalss/Oppitz/Zollner Kapitalmarktrecht I [2005] § 11 Rz 47). Nach einigen Meinungen soll die Befriedigung der Schadenersatzansprüche aber nur aus frei ausschüttbaren Mitteln, also aus Gewinn(‑vorträgen) und freien Rücklagen zulässig sein (Kalss/Oppitz/Zollner aaO; Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2004] § 52 Rz 5; Zivny, KMG [2007] § 11 Rz 60; Lorenz in Zib/Russ/Lorenz, KMG [2008] § 11 Rz 31 f; Sauer in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG [2003] § 52 Rz 17). Es soll auch § 225e Abs 3 iVm § 225j Abs 2 AktG analog angewendet werden (Doralt/Winner in MünchKomm AktG² [2008] § 57 Rz 259 f), um Schadenersatz ohne Schmälerung des Nettoaktivvermögens durch Ausgabe eigener Aktien oder von Aktien, die aus einer Art nominellen Kapitalerhöhung stammen, an die Neuaktionäre zu leisten. Dem gegenüber wird auch ein Vorrang der Kapitalerhaltungsregeln vertreten (zuletzt Gruber, Kapitalmarktinformationshaftung der AG und Kapitalerhaltungsgrundsatz, JBl 2007, 2 ff [I], 90 ff [II]).
Die jüngste Auseinandersetzung mit diesem Fragenkomplex stammt von Rüffler (Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation und Kapitalerhaltung in der AG, FS Straube [2009] 113 ff). Er plädiert für den Vorrang der Schadenersatzansprüche des Anlegers, regt jedoch eine Differenzierung zwischen Klein- und Großanlegern an (ähnlich Reich-Rohrwig aaO 365 f).
II.1.2. Der erkennende Senat schließt sich der überwiegenden Meinung zum Vorrang der Prospekthaftungsansprüche an.
Gruber (aaO, 11 f und 13) und Rüffler (aaO, 115 f und 122 f) haben zutreffend aufgezeigt, dass weder die Lex‑posterior‑Regel noch die Lex‑specialis‑Regel bei der Lösung des Konflikts der europarechtlichen (ProspektRL und TransparenzRL gegenüber der KapitalRL) und der nationalen Normen (§ 52 AktG zu § 11 KMG) weiterhelfen.
Entscheidend sind die Wertungen der maßgeblichen Normen, die gegenüber zu stellen sind. Das KMG will den Anlegerschutz durch ausreichende Informationen, die dem Anleger eine sachgerechte Entscheidung ermöglichen, und durch Haftpflichten gewährleisten (Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht VI² [2007], Rz 1/2 mwN). Die kapitalmarktrechtlichen Normen, deren Anwendbarkeit hier in Frage steht, schützen also die ausdrücklich so bezeichneten (potentiellen) Anleger durch Normierung von ihnen gegenüber einzuhaltenden Verhaltenspflichten und behandeln den Aktionär somit wie einen Drittgläubiger (zumal Prospekthaftungsansprüche nur neuen Aktionären zustehen können [§ 11 Abs 5 KMG]). Dem gegenüber wird das Verbandsmitglied im Gesellschaftsrecht als Risikoträger angesehen, dessen Interessen hinter jenen der Drittgläubiger nachrangig sind. Unter anderem § 11 KMG schafft somit ein Recht, das Gläubigerrechten zweifellos näher steht als Aktionärsrechten. Dagegen lassen sich daher auch nicht jene Einwände erheben, die gegen die Liquidierung von Schäden aus der Verletzung von Aktionärsrechten sprechen. Die als schadenersatzberechtigter Gläubiger erhobenen Prospekthaftungsansprüche und deren Befriedigung stellen daher gar keinen Tatbestand der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG dar, weil sie nicht causa societatis erfolgen (in diesem Sinn auch BGH, ZIP 2005, 1270, wonach die Ersatzforderungen der Anleger nicht auf ihrer mitgliedschaftsrechtlichen Sonderbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger beruhen); es ist daher auch nicht geboten, die Schadenersatzansprüche des als Drittgläubiger zu behandelnden Aktionärs auf das ausschüttbare Vermögen zu beschränken (Rüffler aaO, 124 f; Reich-Rohrwig aaO, 364); aus diesem Grund stellt sich das Problem der Gleichbehandlung der „Aktionäre“ nach § 47a AktG ebenfalls nicht.
Das AktG sieht selbst den Erwerb eigener Aktien als unmittelbar tatbestandsmäßig im Sinn des § 52 AktG an, indem es in § 52 Satz 2 AktG die Zahlung des Erwerbspreises beim Erwerb eigener Aktien dann vom Verbot ausnimmt, wenn dieser Erwerb ausnahmsweise nach §§ 65 und 66 AktG zulässig ist. Daraus folgt, dass §§ 65 ff AktG gegenüber § 52 AktG Ausnahmevorschriften sind. Diese sind hier nicht mehr zu prüfen, weil schon der Grundtatbestand des § 52 AktG nicht erfüllt ist (Rüffler aaO, 122 und 125).
II.1.3. Zu Recht hat Gruber (aaO, 91 f) auf das Spannungsverhältnis zwischen der kapitalmarktrechtlichen Haftung und den allgemein akzeptierten Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft und den fehlerhaften Beitritt hingewiesen. Haftungsansprüche wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation, insbesondere die Prospekthaftung, seien ihrem Wesen nach Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten, die wegen des typischerweise gegebenen Willensmangels einer Irrtumsanfechtung sehr nahe stünden. Nach der Lehre vom fehlerhaften Verband und vom fehlerhaften Beitritt könnten aber Mängel des Gesellschafts- oder des Zeichnungsvertrags nicht mit Wirkung ex tunc (durch Irrtumsanfechtung) geltend gemacht werden, sondern nur als ex nunc wirkende Auflösungsgründe; Schadenersatzansprüche des Aktionärs gegen die AG seien ausgeschlossen. Wenn der Aktionär als Anleger im Weg der Prospekthaftung den für die Aktien bezahlten Erwerbspreis samt Spesen und Zinsen gegen Rückgabe der Aktien erhalte, führe dies zu einem widersprüchlichen Ergebnis; ein solches würde in aller Regel auch die ‑ in diesem Zusammenhang verpönte ‑ Irrtumsanfechtung und der daraus sich ergebende Bereicherungsanspruch nach § 877 ABGB bringen.
Mängel des Gesellschaftsvertrags können regelmäßig nur für die Zukunft, somit mit Wirkung ex nunc, geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0018376). Es würde zu unerträglichen Ergebnissen führen, eine derart auf Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft, für die die Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und vor allem gemeinschaftlich das Risiko getragen haben, ohne weiteres mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streichen und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden hätte. Ein solches Rechtsverhältnis, beurteilt an seinen typischen Erscheinungsformen, verdient daher bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund geltend gemacht wird, im Interesse der Gesellschaft Bestandschutz, sofern nicht ausnahmsweise die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter schutzwürdiger Personen unvertretbar ist (4 Ob 233/00v = SZ 73/163; vgl Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht [2008] Rz 1/71). Rüffler (aaO, 126 f) zeigt dazu zutreffend auf, dass ein Schadenersatzanspruch, der dazu führt, dass die Aktien gegen Bezahlung des Erwerbspreises zurückgegeben werden, keine Rückabwicklung ex tunc bedeutet, weil der Aktionär bis zur Rückgabe der Aktien Gesellschafter bleibt, und auch keine Rückabwicklungsschwierigkeiten im Innenverhältnis bewirkt. Dennoch wird den Drittgläubigern nachträglich zwar kein Haftungssubjekt entzogen, wohl aber Vermögen zugunsten eines Aktionärs. Von der auch hier greifenden, dem Gesellschaftsrecht immanenten Teleologie, dass die Interessen des Verbandsmitglieds hinter jenen der Gläubiger zurückzutreten haben, werden aber nur die mit der Mitgliedschaft, mit der Stellung als Aktionär oder dem Beitritt selbst im Zusammenhang stehenden Ansprüche erfasst, nicht jedoch jene, die dem Aktionär als Gläubiger der Gesellschaft eingeräumt werden (oder Drittgläubigerrechten eher angenähert sind als Aktionärsrechten). Da ‑ wie bereits dargelegt ‑ die kapitalmarktrechtlichen Normen den „Anleger“ durch Normierung von ihm gegenüber einzuhaltenden Verhaltenspflichten schützen und den Aktionär somit wie einen Drittgläubiger behandeln, steht die Lehre vom fehlerhaften Verband/Beitritt auch der Geltendmachung von kapitalmarktrechtlichen Schadenersatzansprüchen nicht entgegen.
II.1.4. Der an Reich-Rohrwig (aaO, 365 f) anknüpfenden Anregung von Rüffler (aaO, 127 f), aus der Wertung der Ausnahmen von der Prospektpflicht nach § 3 Abs 1 Z 9 (Mindestanlagebetrag oder Mindeststückelung 50.000 EUR) und Z 11 KMG (Angebot ausschließlich an qualifizierte Anleger), Großanleger und qualifizierte Anleger würden vom Gesetz als nicht schutzwürdig angesehen werden, abzuleiten, diesen komme der Vorrang des Kapitalmarktrechts nicht zugute, weil sie eher als Verbandsmitglieder gesehen würden, ist nicht zu folgen. Die Befreiung von der Prospektpflicht führt nur dazu, dass bei Inanspruchnahme dieser Ausnahmebestimmung eine Prospekthaftung nicht entstehen kann. Ein Ausschluss von Prospekthaftungsansprüchen eines Großanlegers oder eines qualifizierten Anlegers, der eine prospektpflichtige Emission zeichnet, ist aber dem KMG nicht zu entnehmen (so auch Gruber aaO, 16; siehe auch Kalss/Oppitz/Zollner aaO, § 11 Rz 13), weshalb es bei der unbeschränkten Möglichkeit jedes Aktionärs zu bleiben hat, im KMG vorgesehene Schadenersatzansprüche gegen die AG geltend zu machen.
II.2. Sowohl die Erst- als auch die Zweitbeklagte machen in ihren Rekursen die Unschlüssigkeit der gegen sie gerichteten Klagebegehren geltend. Dazu wird erwogen:
II.2.1. Die Klägerin nimmt diese beiden Beklagten unter anderem nach § 11 Abs 1 KMG in Anspruch, wodurch eine besondere Prospekthaftungsregelung geschaffen wurde. Danach haftet jeder Anleger für den Schaden, der ihm im Vertrauen auf die Prospektangaben oder die sonst nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Angaben (§ 6 KMG), die für die Beurteilung der Wertpapiere oder Veranlagungen erheblich sind, nach Z 1 der Emittent für durch eigenes Verschulden oder durch Verschulden seiner Leute oder sonstiger Personen, deren Tätigkeit zur Prospekterstellung herangezogen wurde, erfolgte unrichtige oder unvollständige Angaben; nach Z 3 haftet auch derjenige, der im eigenen oder im fremden Namen die Vertragserklärung des Anlegers entgegengenommen hat und der Vermittler des Vertrags, sofern die in Anspruch genommene Person den Handel oder die Vermittlung von Wertpapieren oder Veranlagungen gewerbsmäßig betreibt und sie oder ihre Leute die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben im Sinn der Z 1 oder der Kontrolle gekannt haben oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt haben. Die Haftung nach Z 3 besteht nur gegenüber jenem Anleger, dessen Vertragserklärung ein Haftungspflichtiger entgegengenommen oder dessen Erwerb von Wertpapieren oder Veranlagungen er vermittelt hat. Sie erfordert also ein Vertragsverhältnis zwischen dem Anleger und dem gewerbsmäßigen Veräußerer/Vermittler. Die Haftung nach § 11 KMG greift aber auch zwischen dem Emittenten (hier: der Erstbeklagten) und jenem Anleger (hier: der Klägerin) ein, der das Wertpapier bei einer Bank (hier: der Zweitbeklagten) erworben hat (Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht VI², Rz 1/73). Die Haftung wird an die im Rahmen des Gesamteindrucks zu beurteilende Fehlerhaftigkeit der Prospektangaben geknüpft, die für die Anlageentscheidung wesentliche Punkte betreffen muss (Kalss/Oppitz/Zollner aaO, § 11 Rz 16; vgl auch 6 Ob 2100/96h = RIS-Justiz RS0108624). Dazu sind auch die Angaben darüber zu zählen, zu welchem Zweck das aufgebrachte Kapital eingesetzt werden soll (Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht VI², Rz 1/30). Dadurch, dass die Haftung nur eingreift, wenn dem Anleger der Schaden im Vertrauen auf die Prospektangaben entstand, ist klargestellt, dass der Prospektmangel für den eingetretenen Schaden kausal sein muss, also die unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospektangaben Grundlage der Disposition des Anlegers waren. Auf die Gründe, warum das Wertpapier oder die Veranlagung tatsächlich Verluste eingebracht hat, kommt es aber nicht an (Kalss/Oppitz/Zollner aaO, § 11 Rz 24).
II.2.2. Die Klägerin behauptete schon in ihrer Klage, nach der Darstellung in beiden Prospekten habe der Emissionserlös zur Finanzierung der weiteren Expansion in das Portfolio und zur Stärkung der Kapitalbasis für den bestehenden Geschäftsbetrieb der Erstbeklagten mit dem Unternehmensgegenstand Entwicklung und Ankauf von Immobilien verwendet werden sollen. Tatsächlich sei aber der Emissionserlös sowohl aus 2006 als auch 2007 immer mehr und massiver, hochspekulativ und riskant für unbesicherte Darlehen der Erstbeklagten an die Konzernmutter und nahe stehende Personen verwendet worden. Die Klägerin unterstellt der Erstbeklagten damit (erkennbar), sie hätte schon vor den Kapitalerhöhungen die Absicht gehabt, Emissionserlöse abweichend von der Darstellung in den Prospekten zu verwenden (was auch dem Verständnis des Klagsvorbringens durch die Erstbeklagte entspricht: ON 4 S 6 = AS 149). Damit hat die Klägerin in ausreichendem Maß eine schuldhafte unrichtige Erstellung der Kapitalmarktprospekte durch die Erstbeklagte (ihre Leute) behauptet. Mit dem weiteren Klagsvorbringen, die Klägerin habe auf die Richtigkeit der erwähnten Prospektangaben vertraut und sei deshalb davon ausgegangen, in die Erstbeklagte als Immobiliengesellschaft zu investieren, die ausschließlich Immobilieninvestitionen tätige; sie hätte sich bei Kenntnis über die tatsächliche Verwendung der Emissionserlöse an den beiden Kapitalerhöhungen nicht beteiligt, wurde auch ausreichend die Kausalität des Prospektmangels für die Anlageentscheidung dargetan. Dass es sich bei der Frage der Verwendung der Emissionserlöse um für die Anlageentscheidung unwesentliche Umstände handeln würde, behaupten nicht einmal die Beklagten.
Da es auf die Gründe, warum das Wertpapier oder die Veranlagung tatsächlich Verluste eingebracht hat, für die Beurteilung der Haftung nach § 11 KMG nicht ankommt, bedurfte es der von der Erst- und der Zweitbeklagten vermissten Behauptungen der Klägerin zum Einfluss der angeblichen Prospektmängel auf die Kursentwicklung der Aktie der Erstbeklagten nicht.
Soweit die Zweitbeklagte einwendet, es fehle an Vorbringen der Klägerin, das eine Beurteilung der von der Klägerin verlangten Solidarhaftung der Erst- und der Zweitbeklagten zulasse, genügt ein Hinweis auf § 11 Abs 3 KMG, der für den Fall, dass die Haftung mehrere Haftpflichtige trifft, deren Haftung zur ungeteilten Hand vorsieht.
Da die Klägerin schließlich auch vorbrachte, die Leute der Zweitbeklagten in der Person unter anderem des Drittbeklagten als Vorstand sowohl der erst- als auch der zweitbeklagten AG hätten von der Unrichtigkeit der Prospektangaben Kenntnis gehabt, lässt sich die von ihr relevierte Haftung der Erst- und der Zweitbeklagten nach § 11 KMG dem Grund nach schon aus den Klagsbehauptungen ableiten, weshalb die Schlüssigkeit der Klage insoweit gegeben ist. Einer diesbezüglichen Beurteilung auch des weiteren und jenes Vorbringens der Klägerin, das (nur) von der Zweitbeklagten als Klagsänderung qualifiziert wurde, bedarf es daher an dieser Stelle nicht.
Ob die Behauptungen der Klägerin auch das erhobene Klagebegehren auf Naturalrestitution (in der Fassung der vorbereitenden Verhandlung) gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten rechtfertigen können, ist im Folgenden gesondert zu prüfen.
II.3. Die Erst- und die Zweitbeklagte beharren in ihren Rekursen auf dem Standpunkt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Naturalrestitution, und zwar aus mehreren Gründen: Die Erstbeklagte sieht den Grund dafür im Fehlen eines Vertragsverhältnisses zur Klägerin. Die Zweitbeklagte vermisst Behauptungen der Klägerin zur hypothetischen Alternativveranlagung bei zutreffenden Prospektangaben/zutreffender Aufklärung; weiters erblickt sie in der Naturalrestitution eine unteilbare Leistung und erachtet sie mit einer Anteilshaftung der Beklagten für unvereinbar. Beide Beklagte gehen von der Untunlichkeit der Naturalrestitution wegen der Problematik der Überkompensation bei Tragung des allgemeinen Marktrisikos durch die Beklagten und der Notwendigkeit der Berücksichtigung einer hypothetischen Alternativveranlagung aus.
II.3.1.1. Sowohl bei der Haftung des Emittenten und/oder des Vermittlers für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben nach § 11 KMG (9 Ob 85/09d = JBl 2010, 713 [P. Bydlinski]; 3 Ob 75/06k = ecolex 2007, 28 [Wilhelm]; Kalss/Oppitz/Zollner aaO, § 11 Rz 21; Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht VI², Rz 1/72 und 1/82; Lorenz aaO, Rz 26) als auch bei der Haftung wegen Verstößen gegen sonstige kapitalmarktrechtliche Informationspflichten (Kalss/Oppitz/Zollner aaO, § 19 Rz 4 f und 33), aber auch bei der Haftung wegen fehlerhafter Anlageberatung ist dem Anleger der Vertrauensschaden zu ersetzen; er ist also so zu stellen, wie er stünde, wenn ihm die zutreffenden Informationen erteilt worden wären (RIS-Justiz RS0108267; im Ergebnis ebenso P. Bydlinski, Haftung für fehlerhafte Anlageberatung: Schaden und Schadenersatz, ÖBA 2008, 159 [164]). Die von der Klägerin gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten herangezogenen Haftungsgrundlagen sind daher insofern gleich zu behandeln.
Nach herrschender Ansicht ist ein realer Schaden des Anlegers bereits dann anzunehmen, wenn die Zusammensetzung seines Vermögens nach dem schadensbegründenden Ereignis nicht seinem Willen entspricht (RIS-Justiz RS0022537 [T12]; P. Bydlinski, ÖBA 2008, 159 [161]; Koziol, Zum Ersatzanspruch unzulänglich aufgeklärter Anleger, FS Picker [2010], 523 [528]; Leupold/Ramharter, Anlegerschaden und Kausalitätsbeweis bei risikoträchtiger hypothetischer Alternativanlage, ÖBA 2010, 718 [722]; Wendehorst, Anlageberatung, Risikoaufklärung und Rechtswidrigkeitszusammenhang, ÖBA 2010, 562 [567]), und zwar unabhängig davon, ob es (bereits) zu einem Wertverlust gekommen ist und für welchen Zeitraum die Vermögensanlage gedacht war (P. Bydlinski, ÖBA 2009, 146 [Entscheidungsanmerkung]). Die Klägerin, die behauptet, sie hätte sich bei Kenntnis über die tatsächliche Verwendung der Emissionserlöse an den beiden Kapitalerhöhungen nicht beteiligt, hat damit schlüssig den Eintritt eines realen Schadens in diesem Sinn dargetan.
Für diese Fälle hat der Oberste Gerichtshof bereits den Anspruch des Anlegers auf Naturalrestitution (§ 1323 ABGB) in der Gestalt anerkannt, dass er Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere Anspruch auf Rückzahlung der zu deren Erwerb gezahlten Kaufpreise (abzüglich erhaltener Zinsenzahlungen) hat (RIS-Justiz RS0108267 [T5] = 10 Ob 11/07a = ÖBA 2008, 732; 3 Ob 40/07i = JBl 2008, 49 [Mader]; vgl auch 8 Ob 123/05d = SZ 2006/28). Diesen Anspruch macht auch die Klägerin geltend und entspricht damit der (nur) nach § 11 Abs 6 KMG vorgesehenen Deckelung des Ersatzes mit dem Erwerbspreis zuzüglich Spesen und Zinsen ab Zahlung des Erwerbspreises (sofern das schädigende Verhalten nicht auf Vorsatz beruht).
II.3.1.2. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Schadensberechnung sämtliche Auswirkungen auf das Vermögen des Geschädigten berücksichtigt werden müssen, weshalb die Schadensfeststellung nicht im Zeitpunkt der Schädigung abzuschließen ist, sondern spätere Auswirkungen in die Betrachtung einbezogen werden müssen. Es ist daher eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Im Rahmen einer Differenzrechnung muss der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis ermittelt und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abgezogen werden (RIS-Justiz RS0030153 [T1 und T11]), dies in der Regel bezogen auf den Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (8 Ob 123/05d).
Konsequent und zu Recht verlangt die Lehre auch im Rahmen der Naturalrestitution schon aus Kausalitätsgründen die Berücksichtigung des hypothetischen Verlaufs der Disposition des Anlegers ohne die Fehlberatung und der weiteren Entwicklung seines Vermögens (P. Bydlinski, ÖBA 2008, 159 [160 und 162 ff]; Koziol, FS Picker, 536 ff; Leupold/Ramharter, ÖBA 2010, 718 [720]; Ramharter, Aktuelle Fragen der Anlageberatungshaftung, Zak 2009, 403 [405]; vgl auch Wilhelm, Zu Haftungsbegründung und Haftungsausfüllung beim Anlegerschaden, ecolex 2010, 232 [233]). Auch bei der Berechnung des von der Klägerin begehrten Geldersatzes im Rahmen der Naturalrestitution muss daher auf den hypothetischen Verlauf Bedacht genommen werden, weil ein Zustand herbeizuführen ist, wie er ohne das schädigende Ereignis im Zeitpunkt der Beurteilung der Ersatzleistung, also bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz, bestanden hätte (so schon 5 Ob 317/60 = EvBl 1960/364, 631 = RIS-Justiz RS0030449).
Hätte nämlich die Klägerin bei korrekter Information zwar vom Aktienkauf Abstand genommen, jedoch ein anderes Wertpapier erworben und wäre es inzwischen auch zu Wertverlusten bei diesem Papier gekommen, so würde der Anleger durch die Rückerstattung des vollen Kaufpreises gegen Rückgabe der erworbenen Papiere insofern einen Vorteil gegenüber der hypothetischen Entwicklung erlangen, als die bei den hypothetischen Käufen sonst entstandenen Verluste nicht berücksichtigt würden. Anders wäre die Lage nur, wenn der Anleger ausnahmsweise bei korrekter Information keine Wertpapiere erworben, sondern das Geld auf ein Sparbuch gelegt und jedenfalls keine Kursverluste erlitten hätte (Koziol, FS Picker, 537). Allein bei Zutreffen dieser Umstände wäre also der volle Erwerbspreis an die Klägerin zurückzuerstatten. Es ist daher im Zuge der Kausalitätsprüfung zu klären, wie der ordnungsgemäß informierte/aufgeklärte Anleger disponiert hätte.
Grundsätzlich hat der Geschädigte nicht nur den Eintritt des behaupteten Schadens und dessen Höhe, sondern auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen (RIS-Justiz RS0022862). Auch die Beweislast, dass bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten (RIS-Justiz RS0022900 [T5] und [T11]). Dass die Beweiserleichterungen für den Geschädigten im Arzthaftungsrecht nicht für den Beweis der Kausalität einer Aufklärungspflichtverletzung für den Schaden anzuwenden sind, hat der Oberste Gerichtshof bereits ‑ unter Ablehnung gegenteiliger Lehrmeinungen ‑ in einer Vielzahl von Entscheidungen ausgesprochen (vgl nur 6 Ob 104/06x mwN = JBl 2008, 450), und zwar ausdrücklich auch Anlegern gegenüber (RIS-Justiz RS0106890 [T9]; 5 Ob 106/05g). Daran ist ‑ ungeachtet weiterer kritischer Lehrmeinungen (B. C. Steininger, ÖBA 2006, 61 [Entscheidungsanmerkung], P. Bydlinski, ÖBA 2008, 159 [165 ff]; Koziol, FS Picker, 539 ff; Wilhelm, ecolex 2010, 232 [233]) ‑ unter Aufrechterhaltung der bisherigen Argumente festzuhalten (in diesem Sinn jüngst speziell zu § 11 KMG: Gruber/Zahradnik, Zum Kausalitätsbeweis bei der Prospekthaftung, RdW 2010, 619 [620]). Der Problematik der Beweisbarkeit des bloß hypothetischen Kausalverlaufs trägt die Judikatur ohnehin dadurch Rechnung, als daran nicht so strenge Anforderungen gestellt werden können wie bei der Schadenszufügung durch positives Tun. Denn die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht tatsächlich stattgefunden hat. Dem Schädiger steht der Nachweis offen, dass ein anderer Verlauf wahrscheinlicher sei (RIS-Justiz RS0022900 [T1 und T14]).
Den Geschädigten trifft daher die Behauptungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er bei korrekter Information die tatsächlich gezeichneten Wertpapiere nicht erworben hätte, sondern auch dafür, wie er sich bei korrekter Information hypothetisch alternativ verhalten und sich so sein Vermögen entwickelt hätte; auch dafür kommt ihm zugute, dass nicht so strenge Anforderungen an die Beweisbarkeit des bloß hypothetischen Kausalverlaufs zu stellen sind (so auch Leupold/Ramharter, ÖBA 2010, 718 [729]).
Jedenfalls in Konstellationen wie der vorliegenden, in der großvolumige Veranlagungen in eine „einzige“ Aktie durch eine Privatstiftung zu beurteilen sind, ist es ausgeschlossen, bloß aus dem Klagebegehren zu Gunsten der Klägerin zu erschließen, sie hätte alternativ jedenfalls eine Veranlagung der Gelder unterlassen oder nur völlig risikolos investiert. (Für eine solche Unterstellung bieten auch die Rechtsmittelgegenschriften der Klägerin keinen Anlass.) Es ist vielmehr an der Klägerin gelegen, zur Begründung ihres auf den ungekürzten Erwerbspreis gerichteten Ersatzbegehrens entweder konkret zu behaupten, dass und aus welchen Gründen sie bei korrekter Information keine andere Veranlagung vorgenommen hätte, oder substantiiert vorzubringen, dass und warum sie mit welcher hypothetischen Alternativveranlagung keine Kursverluste erlitten hätte. Nur aus solchen Tatsachenbehauptungen ließe sich nämlich die Verursachung des als Schaden verlangten Betrags durch fehlerhafte Information seitens der Erst- und der Zweitbeklagten schlüssig ableiten; die Behauptung allein, bei korrekter Information hätte die Klägerin von der Zeichnung der Aktien bei den beiden Kapitalerhöhungen Abstand genommen, reicht dafür nicht aus, weil die für die Beurteilung der Kausalität des Schadens wesentliche Frage offen bleibt, wie die Klägerin mit den Anlagebeträgen ohne Verletzung von Informationspflichten verfahren wäre.
An der Behauptungs- und Beweislast der Klägerin für die genannten Kriterien ändert sich auch dann nichts, wenn man diese Frage allein der Schadenshöhe zuordnet. Der Geschädigte ist ja nach ständiger Judikatur auch für die Höhe des Schadens behauptungs- und beweispflichtig (RIS-Justiz RS0022862), daher auch für die Schadensberechnung (3 Ob 304/02f = JBl 2004, 114).
Das Klagsvorbringen zur gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten begehrten Naturalrestitution erweist sich somit derzeit als unzureichend und deshalb als unschlüssig. Es bedarf einer Vervollständigung durch die Klägerin im fortzusetzenden Verfahren.
II.3.2. Der Einwand der Erstbeklagten, ihr gegenüber scheitere eine Naturalrestitution daran, dass sie in keinem Vertragsverhältnis zur Klägerin stehe, ist unbegründet. Für den schadenersatzrechtlichen Grundsatz, dass sich der Schadenersatzanspruch primär auf Naturalersatz richtet, macht es nämlich keinen Unterschied, ob der Schaden durch deliktisches Handeln oder durch Vertragsverletzung zugefügt wurde (RIS-Justiz RS0030047; vgl auch Graf, ecolex 2010, 665 [Entscheidungsanmerkung]; Kalss/Oppitz/Zollner, aaO, § 19 Rz 5).
II.3.3. Soweit die Zweitbeklagte eine anteilige Haftung der Erst- und der Zweitbeklagten unterstellt, setzt sie sich über § 11 Abs 3 KMG hinweg. Warum die Übergabe von insgesamt 438.512 Aktien durch die Klägerin eine gegenüber den beiden solidarisch haftenden Beklagten eine unteilbare Leistung darstellen soll, vermag die Zweitbeklagte nicht nachvollziehbar darzustellen (vgl dazu Wilhelm, ecolex 2010, 234, der eine solidarische Verpflichtung zur „Redintegration“ von Emittent, Berater und sonstigen Irrtumsveranlassern nach § 11 KMG bejaht; vgl weiters 3 Ob 75/06k).
Wegen der Solidarhaftung muss es auch gar nicht zwingend zu einer Übergabe an beide Beklagte kommen. Käme es dennoch zur bloßen Teilzahlung durch die Erst- oder die Zweitbeklagte, hätten die §§ 1415, 1416 ABGB Anwendung zu finden. Die Klägerin hätte die der Teilzahlung entsprechende Zahl der Aktien ‑ ermittelt anhand des jeweiligen Zeichnungsbetrags (2006: 8,25 EUR/Stück und 2007: 10,20 EUR/Stück) ‑ zu übergeben. Restbeträge, die den jeweiligen Aktienwert nicht mehr entsprechen würden, gingen zu Lasten der Beklagten.
II.3.4. Dass die begehrte Naturalrestitution durch Zahlung des Erwerbspreises gegen Übertragung der jeweils erworbenen Aktien zwingend deren Halten durch die Klägerin voraussetzt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Da es um die Entschädigung eines Anlegers aus einem konkreten Anlageerwerb geht, ist die verlangte Naturalrestitution nur dann möglich, wenn der Anleger die im Zuge dieses Anlagegeschäfts erworbenen Wertpapiere noch hält; es genügt also nicht ‑ bezogen auf die vorliegende Konstellation ‑, die Übergabe irgendwelcher Aktien der Erstbeklagten anzubieten. Vielmehr sind nur die bei den Kapitalerhöhungen 2006 und 2007 übernommenen Aktien zurückzugeben (sofern sich die Vorwürfe der Klägerin als berechtigt erweisen sollten). Das erfordert deren Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit im Vermögen der Klägerin, weshalb es einer entsprechenden Darstellung durch die Klägerin und einer Spezifizierung im Urteilsbegehren bedarf. Auch die Zug‑um‑Zug-Leistung der betreibenden Partei muss nämlich im Sinn des § 7 Abs 1 EO genau bezeichnet sein (RIS-Justiz RS0002046; RS0002042; RS0001518 [T1]; Jakusch in Angst, EO § 8 Rz 3 und § 7 Rz 37). Die Spezifizierbarkeit der bei der konkreten Veranlagung erworbenen Wertpapiere ist schon deshalb notwendig, um sicherzustellen, dass der Anleger nicht einen Vermögensverlust aus dem Kauf gleichartiger Wertpapiere (zum Beispiel Aktien derselben Kapitalgesellschaft), die er trotz korrekter Information gezeichnet und deren Wert/Kurs sich ungünstig entwickelt hat, im Weg der Naturalrestitution eines anderen Wertpapiergeschäfts, das zwar wegen fehlerhafter Information zustande gekommen, dennoch aber wegen (rechtzeitigen) Verkaufs der Wertpapiere unter Realisierung von Kursgewinnen erfolgreich verlaufen ist, ungerechtfertigt überwälzen kann.
Sollte der Klägerin die ausreichende Spezifikation nicht (mehr) möglich sein, muss die begehrte Naturalrestitution als unmöglich angesehen und das darauf gerichtete Begehren abgewiesen werden.
II.4.1. Der Drittbeklagte macht in seinem Rekurs Aktenwidrigkeit geltend, weil das Berufungsgericht alle drei Beklagten so behandelt habe, als gelte ihnen gegenüber das gleiche Klagebegehren; es habe die zweite Klagsänderung in der vorbereitenden Verhandlung übersehen. Dem ist zwar zuzustimmen, die Folge davon ist aber nur, dass der Oberste Gerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung das aktuelle Klagebegehren gegenüber dem Drittbeklagten zugrunde zu legen hat (vgl RIS-Justiz RS0110055).
II.4.2. Die Rechtsrüge des Drittbeklagten zielt primär darauf ab, dass die nunmehr auf Geldersatz gegen ihn gerichtete Schadenersatzklage unzulässig sei, weil die Klägerin weder die Aktien veräußert habe noch Naturalrestitution begehre und ihre Aktien Zug um Zug anbiete; auf diese Unschlüssigkeit habe er schon in erster Instanz hingewiesen.
Die Haftung des Drittbeklagten gründet die Klägerin im Wesentlichen auf die Verletzung der Strafbestimmung des § 255 AktG (unrichtige Wiedergabe, Verschleierung oder Verschweigung der Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verbundener Unternehmen durch unter anderem ein Mitglied des Vorstands), auf unrichtige Anlageberatung unter Inanspruchnahme des persönlichen Vertrauens des Vertreters der Klägerin, auf seine Verantwortlichkeit für die Erstellung der fehlerhaften Prospekte und Jahresabschlüsse sowie auf betrügerische Handlungen im Zuge der Kapitalerhöhungen. Der Kern aller dieser Vorwürfe liegt also (ebenso) in der Unterlassung korrekter Information, die Ursache für die Käufe der Aktien gewesen sei, die nicht den Vorstellungen der Klägerin entsprochen hätten. Auch gegenüber dem Drittbeklagten macht die Klägerin daher den Vertrauensschaden geltend.
Während sie ursprünglich (schon in der Klage) auch diesem gegenüber die Naturalrestitution durch Übergabe der Aktien gegen Leistung des vollen Erwerbspreises verlangte (vgl Punkt I.2. dieser Entscheidung), nahm sie in der vorbereitenden Verhandlung die (einzige) Änderung des Klagebegehrens im Sinn des § 235 ZPO dadurch vor, dass sie nunmehr die unbedingte Verpflichtung des Drittbeklagten zu einer Geldleistung im Ausmaß des vollen Erwerbspreises begehrte. Das blieb vom Drittbeklagten unwidersprochen, weshalb nunmehr ein Begehren auf Ersatz des rechnerischen Schadens zu beurteilen ist. Die Berechnung dieses Schadens blieb die Klägerin allerdings gänzlich schuldig, sodass auch dazu das Klagsvorbringen unschlüssig ist.
Dieses Urteilsbegehren widerspricht aber auch der herrschenden Ansicht, dass ein Ersatz des nach der Differenzmethode ermittelten rechnerischen Schadens (des Vermögensschadens) in Geld erst nach einem Verkauf der Wertpapiere begehrt werden kann (RIS-Justiz RS0120784 [T4], zuletzt 4 Ob 28/10m; P. Bydlinski, ÖBA 2008, 159 [163]; Koziol, FS Picker, 526; Ramharter, Zak 2009, 403 [405]; aA Schobel/Parzmayr, Anlegerschaden und Schadensberechnung, ÖBA 2010, 165 [170 ff]). Einen Verkauf der Aktien hat die Klägerin aber nicht behauptet und könnte dies auch nicht, ohne mit dem Klagebegehren gegenüber der Erst- und der Zweitbeklagten in Widerspruch zu geraten, in dem ja die Übertragung der Aktien durch die Klägerin bei Zahlung vorgesehen ist. Schon daraus folgt, dass die Klägerin nicht beide Begehren parallel aufrecht erhalten kann. Vielmehr muss sie sich entscheiden, ob sie den realen oder den rechnerischen Schaden ersetzt verlangt. Auf eine endgültige Wertlosigkeit der Aktien wegen Unverkäuflichkeit (vgl 4 Ob 28/10m = ecolex 2010, 664 [Graf]; Leopold/Ramharter, ÖBA 2010, 718 [719]) hat sich die Klägerin nicht berufen.
Der Drittbeklagte verweist daher im Rekurs zu Recht auf die Unbegründetheit des gegen ihn erhobenen unbedingten Geldleistungsbegehrens.
II.4.3. Die Anleitungspflicht des § 182a ZPO idF ZVN 2002 ist insofern als erweitert anzusehen, als nun auf ein verfehltes Klagebegehren, das nicht dem offenkundig verfolgten Rechtsschutzziel der Partei entspricht, aufmerksam zu machen und der Klägerin Gelegenheit zu geben ist, ihr Klagebegehren auch dann zu ändern, wenn dies eine Klagsänderung darstellt (RIS-Justiz RS0120057).
Der Drittbeklagte hat zwar bereits in seiner Klagebeantwortung darauf hingewiesen, dass der Klägerin mangels Veräußerung der Aktien kein Geldleistungsanspruch zustehe (ON 3 S 2 = AS 83). Allerdings war schon damals ‑ wie zu Punkt I.2. dieser Entscheidung dargelegt wurde ‑ tatsächlich ein Naturalrestitutionsbegehren Gegenstand der Klage, sodass dieser Einwand ins Leere ging und kein Anlass für die Klägerin bestand, sich damit auseinander zu setzen. Nach der Änderung des Klagebegehrens in der vorbereitenden Verhandlung wiederholte der Drittbeklagte ‑ entgegen seinen Ausführungen im Rekurs ‑ diesen Einwand nicht, sondern erachtete die Klage aus anderen Gründen als unschlüssig (vgl ON 16 S 21 = AS 449). Ob vor dem Erstgericht anlässlich der Erörterung in der vorbereitenden Verhandlung (ON 16 S 17 = AS 445) die Problematik angesprochen wurde, lässt sich dem Verhandlungsprotokoll nicht entnehmen, weil der konkrete Gegenstand der Erörterung nicht wiedergegeben ist und auf das Geldleistungsbegehren in der Begründung des Ersturteils gar nicht Bezug genommen wurde. Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass nach wie vor Erörterungsbedarf zu dem verfehlten Klagebegehren gegenüber dem Drittbeklagten besteht, weshalb eine Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof dem Verbot von Überraschungsentscheidungen nach § 182a ZPO widerspräche. Der Klägerin ist auch insoweit Gelegenheit zur Sanierung zu geben.
II.4.4. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Solidarhaftung des mit einem Geldleistungsbegehren in Anspruch genommenen Drittbeklagten gemeinsam mit den beiden anderen Beklagten, von denen Naturalrestitution verlangt wird, nicht möglich ist. Um Gesamtschuld annehmen zu können, bedarf es einer Identität der geschuldeten Leistung (Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 888 Rz 2; P. Bydlinski in KBB³ § 891 ABGB Rz 2), die für die beiden unterschiedlichen Begehren zu verneinen ist (2 Ob 253/59 = RZ 1959, 157 = RIS-Justiz RS0026593; Apathy/Riedler in Schwimann³ § 888 ABGB Rz 3; Gamerith in Rummel³, § 888 ABGB Rz 3; aA Perner in Klang/Fenyves/Kerschner/Vonkilch³ § 888 ABGB Rz 12 und § 891 FN 38).
II.5. Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht durch das Berufungsgericht erweist sich daher als zutreffend. Im fortgesetzten Verfahren, in dem die beiden Kapitalerhöhungen sowie die weiters behaupteten Verstöße getrennt und selbständig zu beurteilen sein werden, werden daher zunächst die aufgezeigten Unzulänglichkeiten des Klagsvorbringens und der Klagebegehren zu erörtern sein. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Sanierung zu geben sein. Erst nach deren Erfolg werden die notwendigen Beweise unter Berücksichtigung des wechselseitigen Vorbringens aufzunehmen sein.
Die Kostenentscheidung zum Rekursverfahren gründet sich auf § 52 ZPO.
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