UVP-G 2000 §17 Abs1
UVP-G 2000 §17 Abs2
UVP-G 2000 §17 Abs3
UVP-G 2000 §17 Abs4
UVP-G 2000 §17 Abs5
UVP-G 2000 §18b
UVP-G 2000 §2 Abs2
UVP-G 2000 §20 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs1
UVP-G 2000 §3 Abs2
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §5
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z1
VwGVG §32 Abs1 Z2
VwGVG §32 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W270.2204219.5.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Günther GRASSL als Vorsitzenden und die Richterin MMag. Dr. Gabriele FISCHER-SZILAGYI als Beisitzerin und den Richter Mag. Karl Thomas BÜCHELE als Beisitzer über den Antrag der XXXX auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.07.2020, Zl. W2204219-1/158E, abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Genehmigung für Errichtung und Betrieb der Vorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (mitbeteiligte Partei: XXXX , diese vertreten durch die Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/2) beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit an das Bundesverwaltungsgericht gerichteter Eingabe vom 22.08.2022 begehrte die Antragstellerin die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis dieses Gerichts vom 22.07.2020, Zl. W2204219-1/158E, betreffend die Genehmigung der Vorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (im Folgenden: UVP-G 2000) abgeschlossenen Verfahrens. Sie führte darin im Wesentlichen aus, dass ihr mit anonymer Briefsendung Unterlagen übermittelt worden seien. Nach dem Inhalt dieser wäre das Verfahren sowohl aufgrund eines falschen Zeugnisses i.S.d. § 32 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz 2014 (im Folgenden: VwGVG) als auch aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen bzw. Beweismittel i.S.d. § 32 Abs. 1 Z 2 leg. cit. wiederaufzunehmen.
2. Die mitbeteiligte Partei trat mit Stellungnahme vom 30.09.2022 (im Folgenden: Stellungnahme) dem Antrag auf Wiederaufnahme entgegen.
II. Feststellungen:
Zum wiederaufzunehmenden Verfahren
1.1. Am 25.06.2014 beantragte die mitbeteiligte Partei unter Einschluss entsprechender Projektunterlagen, insbesondere einer Vorhabensbeschreibung sowie einer Umweltverträglichkeitserklärung, die Genehmigung der Errichtung und des Betriebs des Vorhabens „Stadtstraße Aspern“, dieses enthaltend im Kern ein Straßenbauvorhaben, nach dem UVP-G 2000.
1.2. Die Antragstellerin erstattete eine Stellungnahme zu dem öffentlich aufgelegten Vorhaben.
1.3. Mit Bescheid vom 12.06.2018 genehmigte die belangte Behörde die Errichtung und den Betrieb des gegenständlichen Vorhabens nach Maßgabe der mit amtlichem Sichtvermerk versehenen Projektunterlagen sowie unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen gemäß UVP-G 2000 sowie unter Mitanwendung materienrechtlicher Vorschriften wie dem IG-L oder dem ForstG (im Folgenden: Genehmigungsbescheid). Die belangte Behörde erklärte auch drei Dokumente („Stellungnahmebände“), in welchen eine Auseinandersetzung mit den zahlreichen Einwendungen bzw. Stellungnahmen erfolgte, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung zum Bescheidbestandteil.
In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde aus, dass Anlagen oder Eingriffe im Bereich der Lavaterstraße sowie der Süßenbrunner Straße (im Folgenden: Maßnahme Lavaterstraße und Maßnahme Süßenbrunner Straße) nicht Genehmigungsgegenstand seien.
1.4. Gegen diesen Bescheid wurden mehrere Beschwerden erhoben, u.a. auch von der Antragstellerin. Weder in den Beschwerden noch sonst im weiteren Beschwerdeverfahren wurde von einer Partei vorgebracht, dass die Maßnahmen Süßenbrunner Straße und Lavaterstraße Teil des zur Genehmigung beantragten Vorhabens sein müssten.
1.5. Mit Erkenntnis vom 22.07.2020, Zl. W2204219-1/158E, erteilte das Bundesverwaltungsgericht unter Abänderung des Genehmigungsbescheids die Genehmigung für Errichtung und Betrieb des Vorhabens, welches aus seiner Sicht aus den Vorhaben „Stadtstraße Aspern“ und „Anschlussstelle Seestadt Ost“ (im Folgenden auch: genehmigte Vorhaben) bestand.
1.6. Die dagegen von der Antragstellerin und weiteren Parteien eingebrachten Revisionen wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 01.06.2021, Zl. Ro 2020/06/0011 bis 0090, zurückgewiesen.
1.7. Auch eine weitere erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30.09.2021, Zl. Ro 2021/06/0009, zurückgewiesen und die Behandlung einer ebenfalls gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 12.10.2020, Zl. E 2971/2020-7, abgelehnt.
1.8. Die Antragstellerin war im Zeitpunkt der Stellung des Genehmigungsantrags anerkannte Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000. Diese Anerkennung ist nach wie vor aufrecht.
1.9. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.07.2020, Zl. W2204219-1/158E, wurde der Antragstellerin am 29.07.2020 zugestellt.
Zu den antragsgegenständlichen Beweismitteln
2.1. In einem vom 21.12.2016 datierenden Schreiben des XXXX XXXX als Leiter der Gruppe XXXX in der Magistratsdirektion der XXXX , Geschäftsbereich XXXX , XXXX , an die damalige Stadtbaudirektorin der XXXX XXXX – nachfolgend auch als „Schreiben 1“ bezeichnet – informierte Ersterer über ein „letztes politisches Abstimmungsgespräch“ zum eingereichten Vorhaben Stadtstraße und den Umgang mit „angedachten“ Änderungen gegenüber diesem. Er berichtete darüber, dass eine Abteilung des Magistrats der XXXX beauftragt gewesen wäre, eine Risikoabschätzung im Hinblick auf die möglichen Varianten von Änderungen im Bereich Süßenbrunner Straße und Lavaterstraße im Hinblick auf die Variante „Einreichung im laufenden UVP-Verfahren“ und der Variante „nachgeschaltetes Verfahren nach § 18b UVP-G 2000“ zu erstellen. Eine weitere Magistratsabteilung sei beauftragt gewesen, dazu entsprechende Terminpläne vorzubereiten.
XXXX führte in der Folge aus, dass für die Änderungen betreffend die Kreuzung Stadtstraße-Lavaterstraße (also die Maßnahme Lavaterstraße) eine nachträgliche Beantragung einer geringfügigen Abweichung im Abnahmeverfahren und für die Änderungen betreffend die Kreuzung Stadtstraße-Süßenbrunner Straße (also die Maßnahme Süßenbrunnerstraße) ein nachgeschaltetes Verfahren nach § 18b UVP-G 2000 empfohlen werde. Begründend wurde ausgeführt, dass bei einem nachgeschalteten Verfahren nach § 18b UVP-G 2000 der Bau nach Rechtskraft sofort begonnen werden könne und der Terminplan gegenüber einer Einreichung im laufenden UVP-Verfahren um ungefähr ein Jahr verkürzt sei. Zur Variante „Einreichung im laufenden UVP-Verfahren“ legte XXXX auch dar, dass diese Änderungen der Verkehrszahlen bzw. der Verkehrsverteilung sowie zu den Immissionen erfordern würde. Auch in anderen Verfahren müssten „vermutlich“ Verkehrszahlen geändert werden.
Dem Schreiben waren als Beilagen mögliche Zeitpläne für die beschriebenen Varianten sowie die Darstellung von Vor- und Nachteilen der Einreichung der Maßnahme Lavaterstraße im Abnahmeverfahren oder in einem Verfahren nach § 18b UVP-G 2000 sowie der Maßnahme Süßenbrunner Straße im laufenden Verfahren oder in einem Verfahren nach § 18b leg. cit. angeschlossen.
2.2. Der Rechtsvertreter der XXXX beantwortete mit vom 19.10.2017 datierenden Schreiben an den Gruppenleiter der Magistratsdirektion der XXXX , Geschäftsbereich XXXX , XXXX , Gruppe XXXX , eine Frage zu den Konsequenzen einer Einreichung eines geänderten Vorhabens unmittelbar nach Erlassung des Bescheids durch die Wiener Landesregierung (dieses Schreiben wird nachfolgend auch als „Schreiben 2“ bezeichnet). Aus seiner Sicht drohten bei Nichtabwarten der Rechtskraft des Genehmigungsbescheids, die gegenständlich erst mit Erlassung eines Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts eintritt, aus juristischer Sicht massive Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren, weil auch zu prüfen sei, ob durch die Änderung noch dasselbe Vorhaben vorliege oder ob es sich dabei um ein „Aliud“ handle und insbesondere ein Umsetzungswille auch für den Fortgang des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht gegeben sein müsse. Durch die Einreichung eines anderen Vorhabens könne dieser als weggefallen betrachtet werden. Er wies auch auf die damit einhergehende massive Verfahrensverzögerung hin.
2.3. In einem weiteren – nachfolgend auch als „Schreiben 3“ bezeichneten – Schreiben von XXXX XXXX als Gruppenleiter der Magistratsdirektion der XXXX , Geschäftsbereich XXXX , XXXX , Gruppe XXXX , vom 13.06.2018 an die Geschäftsgruppe XXXX zu Handen von XXXX verwies dieser auf sein Schreiben vom 21.12.2016 und teilte mit, dass der Rechtsvertreter der XXXX von der Einreichung eines Änderungsverfahrens vor Rechtskraft des Bescheides für das aktuelle UVP-Projekt abrate.
Bei einer Zurückweisung des Genehmigungsantrags für die Stadtstraße durch das Bundesverwaltungsgericht drohe ein mehrjähriger Stillstand, weil das Verfahren negativ und damit endgültig beendet wäre. Jeder Projektaufschub würde jedoch Valorisierungskosten von ungefähr sechs Millionen Euro pro Jahr erzeugen. Der XXXX schlussfolgerte, dass ein nachgeschaltetes Änderungsverfahren gemäß § 18b UVP-G 2000 nur für den Bereich Süßenbrunner Straße erforderlich sei und aufgrund des Verfahrensrisikos erst nach Rechtskraft des Bescheids zur Genehmigung des aktuellen Projektes bei der Behörde eingereicht werden solle. Davon unbenommen sei eine interne Weiterentwicklung von Projektvarianten zur Vorbereitung einer Entscheidungsfindung. Die XXXX werde eine Projektänderung Süßenbrunner Straße daher erst nach Rechtskraft des UVP-Bescheides einbringen.
2.4. Die Zustellung der neuen Beweismittel an die Antragstellerin erfolgte am 10.08.2022. Das Briefkuvert, welches die Dokumente enthielt, wurde am 09.08.2022 zur Post gegeben.
III. Beweiswürdigung:
1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akt zum gegenständlichen Verfahren sowie aus dem Akt zum Verfahren W270 2204219-1.
2. Die Feststellungen betreffend die Bescheidbegründung zu den Maßnahmen Süßenbrunner Straße und Lavaterstraße folgen dabei aus dem dem Genehmigungsbescheid beigeschlossenen bzw. zum Bestandteil dieses erklärten Stellungnahmeband Nr. 1 (siehe auf den S. 106, 114, 117 und 346 der Bescheidurkunde).
3. Sämtliche festgestellte Tatsachen können als unstrittig gesehen werden.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
1. Rechtslage:
1.1. § 32 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 i.d.F. BGBl. I Nr. 2/2017, lautet samt Überschrift:
„Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“
1.2. Das UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 80/2018, lautet in den hier relevanten Vorschriften auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) …
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
…
Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.
(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 5 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, die Abs. 7 und 8 sind anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
(3) … (10)…
Änderungen
§ 3a. (1)…
(2)… (6)…
(7) Die Genehmigung der Änderung hat auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs. 1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist.
…
Einleitung der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 5. (1) Der Projektwerber/die Projektwerberin eines Vorhabens, für das gemäß §§ 3 oder 3a eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, hat bei der Behörde einen Genehmigungsantrag einzubringen, der die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen und die Umweltverträglichkeitserklärung in der jeweils erforderlichen Anzahl enthält. Diese Dokumente sind, soweit technisch möglich, elektronisch einzubringen. Nicht als erforderlich gelten Nachweise über Berechtigungen, soweit diesbezüglich in einer Verwaltungsvorschrift die Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat auch anzugeben, ob und in welcher Weise er/sie die Öffentlichkeit vom Vorhaben informiert hat. Projektunterlagen, die nach Auffassung des Projektwerbers/der Projektwerberin Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind besonders zu kennzeichnen.
(2) Fehlen im Genehmigungsantrag Unterlagen gemäß Abs. 1 oder sind die Angaben in der Umweltverträglichkeitserklärung unvollständig, so hat die Behörde, auch wenn sich dies erst im Zuge des Genehmigungsverfahrens ergibt, dem Projektwerber/der Projektwerberin gemäß § 13 Abs. 3 AVG unverzüglich die Ergänzung des Genehmigungsantrages oder der Umweltverträglichkeitserklärung aufzutragen. Bei Erteilung eines Verbesserungsauftrages sind allfällige gemäß § 4 ergangene Stellungnahmen der Behörde sowie gemäß § 6 Abs. 2 erfolgte Abstimmungen zwischen Behörde und Projektwerber/Projektwerberin zu berücksichtigen. Die Behörde kann festlegen, dass bestimmte Angaben und Unterlagen, die nicht für die Abschätzung der Umweltauswirkungen notwendig sind, erst in einem späteren Verfahrensstadium nachgereicht werden können.
(3) … (7)…
…
Entscheidung
§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(3) Für Vorhaben der Z 9 bis 11 und Z 16 des Anhanges 1 sind an Stelle des Abs. 2 die Kriterien des § 24f Abs. 1 und 2 anzuwenden. Gleiches gilt für Vorhaben der Z 14, sofern sie Flughäfen gemäß § 64 des Luftfahrtgesetzes, BGBl. Nr. 253/1957, betreffen; für diese Vorhaben der Z 14 sowie für Vorhaben der Z 9 bis 11 des Anhanges 1 sind weiters die Bestimmungen des § 24f Abs. 15 Satz 1 und 2 sowie die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes anzuwenden.
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen, insbesondere auch für Überwachungsmaßnahmen für erhebliche nachteilige Auswirkungen, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge, ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen. Die Überwachungsmaßnahmen sind je nach Art, Standort und Umfang des Vorhabens sowie Ausmaß seiner Auswirkungen auf die Umwelt angemessen festzulegen, die aufgrund der mitanzuwendenden Verwaltungsvorschriften notwendigen Maßnahmen sind hierbei zu berücksichtigen.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
(6) … (10) …
…
Änderung des Bescheides vor Zuständigkeitsübergang
§ 18b. Änderungen einer gemäß § 17 oder § 18 erteilten Genehmigung sind vor dem in § 21 genannten Zeitpunkt unter Anwendung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 17 zulässig, wenn
1. sie nach den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung dem § 17 Abs. 2 bis 5 nicht widersprechen und
2. die von der Änderung betroffenen Beteiligten gemäß § 19 Gelegenheit hatten, ihre Interessen wahrzunehmen.
Die Behörde hat dabei das Ermittlungsverfahren und die Umweltverträglichkeitsprüfung insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf ihre Zwecke notwendig ist.
…
Abnahmeprüfung
§ 20. (1) … (3)…
(4) Im Abnahmebescheid ist die Beseitigung festgestellter Abweichungen aufzutragen. Die Behörde kann jedoch in Anwendung des § 18 Abs. 3 nachträglich geringfügige Abweichungen genehmigen, sofern den betroffenen Parteien gemäß § 19 Abs. 1 Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben wurde.
(5) … (6) …“
2. Vorbringen der Parteien:
2.1.1. Die Antragstellerin brachte in ihrem Antrag auf Wiederaufnahme im Wesentlichen vor, dass aus den mit diesem vorgelegten Urkunden hervorgehe, dass für die Maßnahme Lavaterstraße als wesentlichen Teil des Vorhabens Stadtstraße Aspern bereits zum Zeitpunkt des verwaltungsbehördlichen und -gerichtlichen Verfahrens eine konkrete Verwirklichungsabsicht seitens der mitbeteiligten Partei bestanden habe und dieser Vorhabensteil wissentlich dem Genehmigungsverfahren entzogen worden sei. Die Maßnahme Lavaterstraße sei bereits im Einreichprojekt – wenngleich mit dem Vermerk „nicht Gegenstand der Einreichung“ – eingezeichnet gewesen. Bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren sei das diskutiert und eine konkrete Verwirklichungsabsicht von der mitbeteiligten Partei abgestritten worden. Die Antragstellerin verwies dabei auf Vorbringen ihres Vertreters in einer Tagsatzung der mündlichen Verhandlung im verwaltungsbehördlichen Verfahren, wobei dieser die Frage nach einem zukünftigen Verwirklichungswillen gestellt habe. Sie weist auch auf die Antwort eines Vertreters der mitbeteiligten Partei hin, wonach es für die Lavaterstraße „keine Planungen“, sondern „bloß Überlegungen“ gebe.
2.1.2. Im Schreiben 1 sei nun im Gegensatz dazu die Absicht dokumentiert, die Maßnahme Lavaterstraße zur – aus Sicht der mitbeteiligten Partei als „Antragstellerin und als Behörde“ –Vermeidung von Verfahrensrisiken als geringfügige Änderung bei der Abnahmeprüfung nachzureichen.
2.1.3. Abgesehen davon, dass der dehnbare Begriff „geringfügig“ erfahrungsgemäß Missbrauchspotenzial biete, seien geringfügige Änderungen dazu da, im späteren Projektablauf auftretenden Anpassungsbedarf ohne neues (Änderungs-)Verfahren vorzunehmen, nicht jedoch um bereits bekannte Projektanpassungswünsche dem Verfahren zu entziehen und nach hinten in einen Bereich nach der Genehmigung zu verlagern, wo nicht mehr so genau mit Öffentlichkeitsbeteiligung hingesehen werden könne und die Möglichkeiten der Parteien, effektiv ihre Rechte zu wahren, eingeschränkt seien.
2.1.4. Die Antragstellerin verwies auch noch auf eine Empfehlung zur weiteren Vorgangsweise betreffend die Maßnahme Lavaterstraße sowie die Maßnahme Süßenbrunner Straße im Schreiben 1 und auf einen diesem Schreiben beigelegten Zeitplan sowie eine Risikoanalyse samt Darstellung von Vorteilen bei Einreichung der zweiten Maßnahme im laufenden Verfahren. Man sei sich – so die Antragstellerin – „offenbar“ der Problematik des Vorgehens bewusst gewesen. Als Vorteil der Vorgehensweise bei der ersteren Maßnahme werde angeführt, dass die Änderung im Zuge des Baus der Stadtstraße ohne zusätzliches Verfahren als nachträgliche Genehmigung im Abnahmeverfahren realisiert werden könne.
2.1.5. Die Antragstellerin führte in ihrer Antragsbegründung in der Folge noch eine Reihe weiterer „Indizien“ – darunter etwa einen Medienbericht, eine Präsentation einer Entwicklungsgesellschaft zur Stadtentwicklung oder Angaben in der Umweltverträglichkeitserklärung zu einem anderen Vorhaben – an, wonach es keinen Hinweis darauf gebe, dass die mitbeteiligte Partei ihre Ansicht geändert habe und keine Verwirklichungsabsicht der Maßnahme Lavaterstraße mehr hege.
2.1.6. Aus dem Schreiben 3 und der darin ausgeführten Vorgangsweise zur Projektänderung Süßenbrunner Straße gehe hervor, welchen Charakter die „Befehlsketten“ in der XXXX offenbar tatsächlich haben, dass die Magistratsdirektion/ XXXX der bestimmende Faktor sei und die im Schreiben 1 ausgesprochene „Empfehlung“ mehr als eine bloße Empfehlung sei.
2.1.7. Zum Schreiben 2 führte die Antragstellerin insbesondere ins Treffen, dass das rechtzeitige Hervorkommen dieser Informationen jedenfalls dazu geführt hätte, dass im Hauptteil des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides bzw. des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses die Maßnahme Lavaterstraße mitbewilligt oder dieser die Bewilligung versagt worden wäre. Auch werde von einer „möglichen Zurückweisung“ ausgegangen. Es werde zwar – so die Antragstellerin außerdem – die Einschätzung zu einem möglichen „aliud“ nicht geteilt, doch sei davon auszugehen, dass eine zusätzliche Anschlussstelle neue, ansonsten nicht berücksichtigte Beeinträchtigungen durch Lärm, Erschütterungen etc. bzw. eine neue Betroffenheit oder Verschlechterungen auslöse und auch zu entsprechenden verfahrensrechtlichen Konsequenzen im Spruch eines Bescheides oder Erkenntnisses führen müsse.
2.2.1. Die mitbeteiligte Partei hielt dem in der Stellungnahme insbesondere entgegen, dass die Qualifikation der Maßnahme Lavaterstraße im Verfahren bereits mehrfach vorgebracht worden sei. Ein von der Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht zu beurteilendes Vorhaben werde durch den Antrag bestimmt. Für die genehmigten Vorhaben liege eine rechtskräftige Genehmigung vor. Eine zeitgleiche Errichtung der Maßnahme Lavaterstraße sei nicht geplant gewesen. Bei zeitlich auseinanderfallenden Projekten sei dann von keinem einheitlichen Vorhaben auszugehen, wenn die Planungsstadien derart divergieren, dass eine zeitgleiche Beurteilung der Umweltauswirkungen nicht möglich sei. Auch im Interesse einer seriösen Bewertung der vorhabensbedingten Umweltauswirkungen seien potentielle zukünftige Projekte, für die keine detaillierten Planungsunterlagen vorliegen, nicht als Vorhabensbestandteil zu qualifizieren. Die vorgelegten internen rechtlichen Erwägungen bezüglich der optimalen und rechtskonformen Gestaltungen der Genehmigungsverfahren ließen nicht auf ein einheitliches Vorhaben schließen.
2.2.2. Es seien nur verschiedene Optionen rechtlich aufbereitet worden. Insbesondere hinsichtlich des Schreibens 2 könne die Schlussfolgerung der Antragstellerin nicht nachvollzogen werden, weil lediglich die allgemeinen Rahmenbedingungen und Grenzen von Änderungsverfahren dargestellt worden seien. Zudem obliege es im Fall von Vorhabensänderungen dem Projektwerber, eine Änderungsgenehmigung zu erwirken. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Änderungsverfahren seien normativ determiniert und würden den Schutz der betroffenen Interessen gewährleisten. Selbst die unterlassene Durchführung eines gebotenen Änderungsverfahrens oder eine falsche Vorhabensabgrenzung hätten keine Auswirkungen auf die erteilte Genehmigung, sondern wären lediglich mit der Konsequenz verbunden, dass für einen Teil des Projekts keine Bewilligung vorläge. Eine Versagung der Genehmigung komme aufgrund einer unsachgemäßen Abgrenzung des Vorhabens nicht in Betracht.
2.2.3. Eine Umgehung der UVP-Pflicht sei schon deshalb ausgeschlossen, weil – wie auch vom Vertreter der Antragstellerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden sei – im UVP-Verfahren eine fachkundige Auseinandersetzung mit den umweltrelevanten Auswirkungen der Maßnahme Lavaterstraße erfolgt sei.
Fokus der internen Diskussion sei lediglich die konkrete Ausgestaltung der eigentlichen Kreuzungssituation mit der Lavaterstraße gewesen, nicht jedoch die Umgestaltung bzw. der Ausbau der Lavaterstraße selbst. Insofern würden die schematischen Darstellungen der Lavaterstraße in den nun vorgelegten Unterlagen nicht den Rahmen der damaligen Diskussionen abbilden. Dies überrasche nicht, als die Antragstellerin die Unterlagen aus dem Zusammenhang gerissen vorgelegt habe. Insofern sei im Schreiben 2 die Fragestellung nicht einmal abgebildet. Die Auswirkungen der Kreuzungen mit der Lavaterstraße seien im UVP-Verfahren geprüft worden, in der internen Korrespondenz seien lediglich allfällige Änderungen auf der Stadtstraße im Kreuzungsbereich im Hauptfokus gestanden. Diese Änderungen seien, sofern sie „spruchreif“ würden, einer gesonderten Prüfung auf ihr rechtliches Schicksal, wie dem Bestehen einer UVP-Pflicht oder dem Erfordernis auf Abänderung der Bewilligung, zu unterziehen.
2.2.4. Die mitbeteiligte Partei führte auch noch ins Treffen, dass die Ausführungen der Antragstellerin unter Verweis auf die Entwicklungsgesellschaft sich auf Ereignisse im Jahr 2022 beziehen würden und somit als nova producta im Wiederaufnahmeverfahren nicht zu berücksichtigen seien. Doch würde diese rezente Darstellung auch zeigen, dass die Planungen rund um die Lavaterstraße noch „im Fluss“, also noch nicht auf technischer Planungsebene ausgearbeitet seien.
3. Erwägungen:
3.1. Das Verfahren, hinsichtlich dessen die Wiederaufnahme begehrt wird, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.07.2020, Zl. W2204219-1/158E, rechtskräftig abgeschlossen und der Antragstellerin auch zugestellt. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erhobenen Beschwerde ab und der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobenen Revisionen zurück (vgl. VwGH 28.04.2015, Ro 2015/18/0001). Die Voraussetzung eines abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG liegt damit vor.
3.2. Die Antragstellerin war als anerkannte Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 Partei im durchgeführten UVP-Verfahren. Die Prozessvoraussetzung der Parteistellung gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG hinsichtlich der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.02.2019, Ra 2018/10/0095) ist sohin erfüllt.
3.3. Gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden.
3.4. Die von der Antragstellerin gemeinsam mit dem Antrag auf Wiederaufnahme vorgelegten Dokumente wurden an diese unter Berücksichtigung des ebenfalls vorgelegten Poststempels am 09.08.2022 versandt und am 10.08.2022 zugestellt. Der am 22.08.2022 beim Bundesverwaltungsgericht einlangende Wiederaufnahmeantrag ist daher fristgerecht gestellt. Da das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W2204219-1/158E am 22.07.2020 erlassen wurde, ist auch die dreijährige Frist zur Stellung eines Antrags auf Wiederaufnahme noch nicht abgelaufen.
3.5. Jeder Wiederaufnahmewerber hat den Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, in seinem Antrag aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen (etwa VwGH 04.03.2020, Ra 2020/18/0069). Nach Ablauf der zweiwöchigen Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeantrags dürfen weder die Wiederaufnahmegründe ausgetauscht noch neue Wiederaufnahmegründe geltend gemacht werden. Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme an die von der Partei fristgerecht vorgebrachten Gründe gebunden (VwGH 25.06.2019, Ra 2019/10/0061).
3.6. Ausgehend von § 32 Abs. 4 VwGVG ist nur die Antragstellerin Partei des Wiederaufnahmeverfahrens. Doch ist auch die XXXX , der durch die Verfügung der Wiederaufnahme des abgeschlossenen Verfahrens ein Verlust eines ihr verliehenen Rechts drohen würde, als Partei des Wiederaufnahmeverfahrens anzusehen (vgl. in diesem Zusammenhang Müller in Köhler/Brandtner/Schmelz, VwGVG [2020], § 28 VwGVG Rn. 48, mit weiteren Hinweisen einschlägiges Schrifttum).
3.7. Vor diesem Hintergrund ist der Wiederaufnahmeantrag als zulässig, jedoch nicht berechtigt anzusehen. Dazu nun im Einzelnen:
Zur Erfüllung von § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG
3.7.1. Der Wiederaufnahmegrund der gerichtlich strafbaren Handlung nach § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG hat absoluten Charakter. Es kommt daher nicht darauf an, ob ohne das verpönte Verhalten voraussichtlich ein anders lautender Bescheid ergangen wäre bzw. ob die Behörde im neuen (wieder aufgenommenen) Verfahren zu einer anders lautenden Entscheidung gelangen wird (vgl. VwGH 14.09.2021, Ra 2019/07/0063, m.w.N.). Die gerichtlich strafbare Handlung muss jedoch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens begangen worden sein, also das Erkenntnis im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht herbeigeführt haben, und dementsprechend kausal dafür gewesen sein (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 32 VwGVG, Anm. 8).
3.7.2. Nicht gefordert ist, dass die Straftat von der betroffenen Partei gesetzt wurde. Wer die strafbare Handlung begangen hat, eine Verfahrenspartei, ein Zeuge, ein Sachverständiger, ist für die Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Bedeutung (vgl. VwGH 18.10.2012, 2009/22/0084). Auch setzt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG und § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht voraus, dass die Person, zu deren Gunsten sich die eine Wiederaufnahme rechtfertigende gerichtlich strafbare Handlung (z.B. Urkundenfälschung) ausgewirkt hat, diese Tat gesetzt, veranlasst oder (zumindest) Kenntnis davon gehabt hat (VwGH 18.02.2002, 99/10/0238; 30.08.2005, 2003/01/0416). Es kommt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs überdies nicht darauf an, ob und gegebenenfalls welche Rolle die begünstigte Partei bei der gerichtlich strafbaren Handlung gespielt hat (VwGH 18.02.2002, 99/10/0238), insbesondere auch nicht, ob sie in „Irreführungsabsicht“ gehandelt hat und der Bescheid „erschlichen“ wurde (VwGH 30.08.2005, 2003/01/0416; vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rn. 9).
3.7.3. Es ist nicht erforderlich, dass das Vorliegen der gerichtlich strafbaren Handlung durch eine gerichtliche Verurteilung erwiesen ist, vielmehr hat das Verwaltungsgericht diese Frage als Vorfrage zu beurteilen. Bei Wiederaufnahme des Verfahrens muss das Verwaltungsgericht die strafbare Handlung als erwiesen annehmen, ein bloßer Verdacht hingegen reicht für die Wiederaufnahme nicht aus. Vielmehr muss feststehen, dass die objektive und subjektive Tatseite der gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt sind (vgl. VwGH 19.04.1994, 93/11/0271 und VwGH 14.09.2021, Ra 2019/07/0063, m.w.N.). Das falsche Zeugnis muss also auf Vorsatz beruhen (vgl. VwGH 25.05.2022, Ra 2022/02/0084, Rn. 25, m.w.N.).
3.7.4. Die Antragsbegründung liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass es – schon hinsichtlich der objektiven Tatseite der einschlägigen Delikte gemäß den §§ 288 und 289 StGB – zu einer Falschaussage eines Zeugen, einer Auskunftsperson oder der Erstattung eines falschen Befunds oder eines falschen Gutachtens durch einen Sachverständigen gekommen wäre.
3.7.5. Auch sonst lassen sich die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe nicht unter einen anderen Tatbestand von § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG subsumieren (zur Bindung nur an die geltend gemachten Wideraufnahmsgründe, nicht aber an die Subsumption unter einen Wiederaufnahmetatbestand vgl. VwGH 16.09.2010, 2010/09/0073). Insbesondere ist auch ein Erschleichen nicht ersichtlich:
3.7.6. Im Gegensatz zur gerichtlich strafbaren Handlung kann von einem „Erschleichen“ der Entscheidung nur dann gesprochen werden, wenn diese seitens der Partei durch eine verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung veranlasst wurde, wenn also die Entscheidung derart zustande gekommen ist, dass von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht und diese Angaben dann der Entscheidung zugrunde gelegt worden sind, wobei das Verschweigen wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (vgl. VwGH 17.06.2021, Ra 2020/04/0047, m.w.N.). Von einem Verschweigen von Tatsachen kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn die Partei zu deren Bekanntgabe verpflichtet war, sie aber absichtlich geheim hält (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rn. 13).
3.7.7. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs kann eine Erschleichung nur von der Partei oder ihrem Vertreter vorgenommen werden, weil im Tatbestand „Erschleichen“ ein „Sichzuwenden“ liegt, wofür jedenfalls die Behörde (das Verwaltungsgericht) oder ein Dritter nicht in Betracht kommt. Dabei muss die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht auf die Angaben der Partei angewiesen sein und ihr/ihm nicht zugemutet werden können, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht verabsäumt, von den ihr/ihm im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides i.S.d. § 69 Abs. 1 Z 1 AVG bzw. des Erkenntnisses i.S.d. § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG zu werten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rn. 12).
3.7.8. Hat die Partei aber schon den Bescheid der Verwaltungsbehörde erschlichen und wurde dieser vom Verwaltungsgericht bestätigt, ist davon auszugehen, dass auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erschlichen wurde, sofern nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren besondere Umstände, wie z.B. die Möglichkeit des Gerichts, im Zuge des ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens die Unrichtigkeit der Angaben zu erkennen, dagegensprechen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 Rn. 13).
3.7.9. Aus der Antragsbegründung ergeben sich für das Bundesverwaltungsgericht weder objektiv unrichtige Angaben noch, dass dadurch der Entscheidungswille der Behörde oder des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der genehmigten Vorhaben beeinflusst wurde. Auch die von der Antragstellerin ins Treffen geführte Passage in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung im verwaltungsbehördlichen Verfahren vom 01.12.2017 bestätigt, dass – wie dies auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben nicht anders hervorgeht – hinsichtlich der Anschlussstelle Lavaterstraße zwar Überlegungen zur Einreichung zur Genehmigung seitens der mitbeteiligten Partei vorlagen, jedoch noch keine konkreten Planungen, etwa die Erstellung konkreter technischer Planungsunterlagen, für diese aufgenommen wurden.
3.7.10. Es ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass bei allfälliger Beantragung einer Änderungsgenehmigung nach § 18b UVP-G 2000 wiederum ein vollständiges UVP-Genehmigungsverfahren zu den Vorhabensänderungen durchzuführen ist. Im Rahmen dieses Verfahrens erhalten neue Beteiligte jedoch die Gelegenheit, ihre Rechte wahrzunehmen. Auch im Wege der Genehmigung ausschließlich als geringfügig zu bewertender Änderungen im Rahmen einer Abnahmeprüfung nach § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 ist den betroffenen Nachbarn gem. § 18 Abs. 3 leg. cit. Gelegenheit zur Wahrung ihrer Interessen zu gewähren (s. dazu ausführlich unter IV.3.8.25. ff).
Zur Erfüllung von § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG
3.8.1. Der relative Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens bereits vorhanden waren und deren Verwertung der Partei jedoch ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde („nova reperta“), nicht jedoch, wenn es sich um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt („nova producta“ bzw. „nova causa superveniens“). Dieser Wiederaufnahmegrund ermöglicht nicht die neuerliche Aufrollung eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens in Fragen, die im früheren Verfahren hätten vorgebracht werden können. Der Wiederaufnahmegrund des Hervorkommens neuer Tatsachen oder Beweismittel kann von vornherein nur ein Umstand sein, der den Sachverhalt betrifft, der dem das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheid bzw. Erkenntnis zugrunde gelegt wurde. Eine in einem anderen Verfahren geäußerte Rechtsansicht kann niemals einen solchen Wiederaufnahmegrund darstellen. Auch das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Verfahrensmängel oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen seien, bildet keinen Wiederaufnahmegrund nach dieser Bestimmung (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 24.06.2022, Ra 2020/06/0121, m.w.N.).
3.8.2. Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt u.a. die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH vom 19.04.2007, 2004/09/0159). Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Verwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH 22.10.2020, Ra 2018/11/0126, und VwGH 14.04.2021, Ra 2020/18/0526, m.w.N.).
3.8.3. Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhaltes die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0510).
3.8.4. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 ist, dass die Partei daran, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel nicht geltend gemacht werden konnten, kein Verschulden trifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG – dem § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 beinahe wortgleich nachgebildet ist und auf die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 regelmäßig verweist (vgl. etwa VwGH 20.03.2019, Ra 2019/20/0096) – ist unter Verschulden im Sinne der Bestimmung Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB zu verstehen. Richtmaß für die Beurteilung des Verschuldens ist der Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70, Rn. 37). Es kommt dabei auch nicht auf den Grad des Verschuldens an, sondern es genügt auch leichte Fahrlässigkeit (VwGH 19.03.2003, 2000/08/0105; 14.12.2015, Ra 2015/09/0076).
3.8.5. Hat die Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit möglich gewesen wäre, liegt ein ihr zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (vgl. VwGH 20.05.2021, Ra 2021/21/0026). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dient die Wiederaufnahme eines Verfahrens nämlich nicht dazu, Versäumnisse einer Partei während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).
3.8.6. Grundsätzlich ist es Sache eines Wiederaufnahmewerbers darzutun, dass die von ihm behaupteten neuen Tatsachen oder Beweismittel im Verwaltungsverfahren ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten (dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 70, Rn. 38 unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).
Es kann fallbezogen jedoch dahinstehen, ob man in der Antragsbegründung, insbesondere in der Darlegung, wonach der Antragstellerin am 10.08.2022 per anonymer Briefsendung die nun vorgelegten Schreiben übermittelt wurden, eine Dartuung des Fehlens jeglichen Verschuldens, dass diese Schreiben nicht auch bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren vorgelegt hätten werden können, erblickt. So kommt diesen Beweismitteln, wie im Folgenden aufzuzeigen ist, nicht die Eignung zu, voraussichtlich eine im Spruch anderslautende Genehmigungsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu bewirken:
3.8.7. Zusammengefasst geht es der Antragstellerin erkennbar darum, mit den Ausführungen in den vorgelegten Schreiben Beweis dafür zu liefern, dass die mitbeteiligte Partei bereits vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts den Willen hatte, die Maßnahmen Lavaterstraße und Süßenbrunner Straße zu verwirklichen. Dies in Zusammenhang mit dem von ihr auch vertretenen Standpunkt, wonach diese Maßnahmen (Teil des) Genehmigungsgegenstand(s) des wiederaufzunehmenden Verfahrens hätten sein müssen.
3.8.8. Gemäß § 5 Abs. 1 UVP-G 2000 hat ein Projektwerber/eine Projektwerberin eines Vorhabens, für das gemäß §§ 3 oder 3a leg. cit. eine UVP durchzuführen ist, bei der Behörde einen Genehmigungsantrag einzubringen, der die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen und die Umweltverträglichkeitserklärung in der jeweils erforderlichen Anzahl enthält. § 2 Abs. 2 erster Satz UVP-G 2000 definiert ein Vorhaben als die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann dabei nach § 2 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
3.8.9. In seinem Erkenntnis vom 08.09.2021, Ra 2018/04/0191, fasste der Verwaltungsgerichtshof die bis dahin wesentliche Rechtsprechung zum Begriff eines Vorhabens nach § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 wie folgt zusammen:
„10 2.1. Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist die Prüfung der Umweltverträglichkeit des zur Bewilligung eingereichten Vorhabens. Was unter einem Vorhaben im Sinn des UVP-G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 UVP-G 2000. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits klargestellt, dass der Begriff des Vorhabens im Sinn dieser Bestimmung weit zu verstehen ist. Der weite Vorhabensbegriff des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 erfordert es, ein oder mehrere Projekt(e) in seiner (ihrer) Gesamtheit und unter Einbeziehung jener Anlagen und Anlagenteile, die für sich nicht UVP-pflichtig wären, zu beurteilen. Es ist auf den räumlichen und sachlichen Zusammenhang der einzubeziehenden Anlagen oder Eingriffe abzustellen; liegt ein solcher Zusammenhang vor, ist von einem Vorhaben auszugehen (vgl. VwGH 19.12.2013, 2011/03/0160, mwN).
Durch die Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass sich das Vorhaben nicht auf die jeweilige technische Anlage beschränkt, sondern auch alle mit dieser in ihrem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen umfasst (vgl. VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0012, mwN) bzw. ein Vorhaben auch mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen kann, wenn diese als räumlich zusammenhängende Projekte in einem engen funktionellen Zusammenhang stehen (vgl. VwGH 28.4.2016, Ra 2015/07/0175, mwN).
Auf eine Personenidentität der Projektwerber kommt es dabei nicht an (vgl. VwGH 11.5.2017, Ra 2017/04/0006), zumal auch Projekte verschiedener Projektwerber ein einheitliches Vorhaben bilden können (vgl. Schmelz/Schwarzer, UVP-G [2011] § 2 Rz. 27, mwN); dies vor allem in Hinblick darauf, dass Projekte verschiedener Projektwerber bei der Beurteilung der UVP-Pflicht unter Umständen gemeinsam zu betrachten sind, um den unionsrechtlich determinierten Zielen der UVP gerecht zu werden (vgl. Madner, Umweltverträglichkeitsprüfung, in: Holoubek/Potacs [Hrsg.] Öffentliches Wirtschaftsrecht II [2019] 1213 [1236] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH; sowie zu den unionsrechtlichen Bedenken, Teile eines Gesamtprojekts durch Aufsplittung auf mehrere Betreiber einer UVP zu entziehen, siehe weiterführend Piska, Vorhabensbegriff und Antragstellung im UVP-Verfahren, in: FS Funk [2003] 371 [374]).
Ein zeitlicher Zusammenhang mehrerer Vorhabensteile muss zwar nicht zwingend vorliegen, damit diese als einheitliches Gesamtprojekt anzusehen sind (vgl. Ennöckl/N. Raschauer/Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3 [2013] § 2 Rz. 15), doch kann der sachliche Zusammenhang sehr wohl die zeitliche Komponente einschließen (vgl. Schmelz/Schwarzer, UVP-G [2011] § 2 Rz. 25).
11 Weiters gilt es im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Umfang des Vorhabens prinzipiell durch den Antragsteller im Genehmigungsantrag definiert wird (vgl. Lampert, UVP-G [2020] § 2 Rz. 26 mwN). In einem Projektgenehmigungsverfahren ist Gegenstand des Verfahrens die Beurteilung des in den Einreichplänen und sonstigen Projektunterlagen dargestellten Projekts (vgl. zum Bauverfahren zuletzt VwGH 15.3.2021, Ra 2020/05/0011, mwN). Allerdings steht - aus den oben bereits dargelegten Gründen - das Vorliegen mehrerer selbständiger Anträge der Annahme eines einheitlichen Vorhabens im Sinn des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 nicht hindernd entgegen.
12 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, kann die Frage, ob der von § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 geforderte sachliche (funktionelle) Zusammenhang vorliegt, nicht allgemein, sondern nur individuell von Fall zu Fall beurteilt werden, weswegen auch stets auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist (vgl. erneut VwGH Ra 2015/07/0175).
Bei den dabei anzustellenden Sachlichkeitsüberlegungen gilt es darauf Bedacht zu nehmen, ob das Vorhaben in technischer und betrieblicher Hinsicht für sich bestehen kann bzw. ob das Vorhaben für sich allein „verkehrswirksam“ ist (vgl. etwa in Zusammenhang mit der Stückelung eines Straßenbauvorhabens VwGH 25.11.2008, 2008/06/0026, oder eines Eisenbahnprojektes VwGH 25.8.2010, 2007/03/0027). Ein funktioneller Zusammenhang zwischen den betroffenen Vorhaben wird etwa dann angenommen, wenn ein einheitlicher Betriebszweck vorliegt oder die Verwirklichung des einen Vorhabensteils die Verwirklichung des anderen erfordert (vgl. dazu die in VwGH 8.10.2020, Ra 2018/07/0447, genannten Beispiele). Hingegen bildet ein für sich nicht UVP-pflichtiges Vorhaben dann keine Einheit mit einem anderen Projekt, wenn es (auch) einen mit jenem nicht zusammenhängenden Zweck verfolgt und keinen engeren Zusammenhang mit jenem aufweist, als er bei bloßen, nicht UVP-pflichtigen Vorarbeiten zu sehen ist (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/07/0447, mwN).
13 Der weite Vorhabensbegriff des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Verkleinerung eines UVP-pflichtigen Vorhabens mit dem Ziel, mit dem Vorhaben in einem sachlichen und räumlichen Zusammenhang stehende Vorhabensteile vorweg realisieren zu können, verhindert werden soll. In gleicher Weise sollen Vorhabensteile nicht durch Einschränkung des Antrags der UVP entzogen werden, um sie später ohne Anwendung des UVP-Regimes umsetzen zu können (vgl. Lampert, UVP-G [2020] § 2 Rz. 27).“
3.8.10. Abgesprochen werden kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur über etwas, das überhaupt beantragt wurde; insofern ist die UVP-Behörde an den Inhalt des Antrages gebunden. Es ist ihr verwehrt, einseitig von diesem Inhalt abzuweichen. Der Antrag bestimmt sohin die Sache des Genehmigungsverfahrens (vgl. VwGH 06.07.2010, 2008/05/0115).
3.8.11. Zur Antragstellung als Genehmigungswerber ist nur der Projektwerber, nicht eine mitbeteiligte Partei oder ein sonstiger Interessent legitimiert. Personen, die offenkundig kein Interesse an der Projektrealisierung haben, kommen nicht als Antragsteller in Betracht. Somit haben andere Parteien oder Beteiligte nicht die Möglichkeit, die Einleitung eines UVP-Verfahrens und damit die Durchführung eines UVP-Verfahrens zu erzwingen (vgl. Schmelz/Schwarzer, Kommentar UVP-G [2011], § 5, Rn. 9, unter Hinweis auf die Entscheidung VwGH 2003/10/0232, in welcher der Verwaltungsgerichtshof, wenn dort auch nur obiter, aussprach, dass das UVP-G 2000 etwa Nachbarn kein Antragsrecht auf Durchführung einer UVP einräume).
3.8.12. Vom Antragsgegenstand (bzw. Genehmigungsgegenstand) ist der Beurteilungsgegenstand zu unterscheiden. Dieser erfordert – neben bestehenden Vorhaben – auch die Einbeziehung von anderen Vorhaben, die entweder bereits genehmigt sind oder deren Verwirklichung konkret absehbar ist, sofern die Auswirkungen dieser Vorhaben sich mit jenen des Vorhabens überlagern oder Wechselwirkungen nach sich ziehen. Als Beurteilungsgegenstand kann daher allgemein jener Raum verstanden werden, für den entsprechend der fachlichen Beurteilung erhebliche Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden können (vgl. Altenburger in Altenburger [Hrsg.], Kommentar Umweltrecht2, Bd. I, UVP-G, Rn. 8).
3.8.13. Zu Anträgen auf Feststellung, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist, spricht der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von der Entscheidung VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066, aus, dass – neben den eingereichten Projektunterlagen – auch der Wille des Projektwerbers, ein Vorhaben in gewisser Weise auszuführen, maßgeblich ist. Bei Wegfall eines derartigen „Verwirklichungswillens“ fällt für ihn auch die Voraussetzung zur Erlassung eines auf § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 basierenden Feststellungsbescheids weg (vgl. zum Ganzen auch etwa VwGH 11.05.2017, Ra 2017/04/0006, Rn. 26, m.w.N.). In einer Entscheidung betreffend ein Genehmigungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof zuletzt erwogen, dass allein aufgrund der Stellung mehrerer Genehmigungsanträge für – sich auch wechselseitig in der Realisierbarkeit ausschließende – Vorhaben am selben Standort noch nicht vom Wegfall des „Errichtungswillens“ für eines der Vorhaben ausgegangen werden dürfe, sondern dies näher abzuklären wäre (vgl. VwGH 21.07.2022, Ro 2021/04/0025, m.w.N.; überhaupt dazu, dass Inhalt und Umfang eines Vorhabens u.a. durch den Willen des Projektwerbers bestimmt werden vgl. VwGH 08.09.2021, Ra 2018/04/0180, Rn. 17, zum Starkstromwegerecht, mit Hinweisen auch auf Entscheidungen zum Gewerbe- und zum Baurecht). Dies kann so verstanden werden, dass bei – entsprechend festgestelltem – Wegfall dieses Willens für ein Vorhaben auch im UVP-Genehmigungsverfahren der diesbezügliche Genehmigungsantrag als zurückgezogen anzusehen wäre.
3.8.14. Auch Schmelz/Schwarzer betonen, dass dem Genehmigungsantrag wesentliche Bedeutung zukomme, zumal das UVP-G die UVP in das Genehmigungsverfahren integriere. Die Umschreibung des Vorhabens im Genehmigungsantrag gebe aus ihrer Sicht die äußersten Grenzen des Vorhabens und des Verfahrensgegenstands, und damit auch die Reichweite der Entscheidungskonzentration, vor. Seien diese Grenzen jedoch zu eng gezogen, sei der Genehmigungsantrag zurückzuweisen (zum Ganzen Schmelz/Schwarzer, a.a.O., § 2, Rn. 36). Auch für Altenburger richtet sich der Antragsgegenstand nach der Einreichung des Projektwerbers. Die Behörde könne nicht mehr genehmigen als beantragt wurde. Wenn der Projektwerber eine Genehmigung für Teile des Projekts, die nach Ansicht der Behörde damit untrennbar verbunden sind, allerdings nicht beantrage, so wäre ein entsprechender Verbesserungsauftrag zu erteilen (vgl. Altenburger, a.a.O., § 5, Rn. 8).
3.8.15. Wie auch die mitbeteiligte Partei ausführt, hat sich die belangte Behörde mit dem Argument, dass die Maßnahmen Lavaterstraße und Süßenbrunner Straße in die im wiederaufzunehmenden Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht genehmigten Vorhaben (bzw. eines dieser) aufzunehmen wären, auseinandergesetzt. Sie hat im Übrigen auch ausgeführt, dass die Maßnahmen als Teil des Beurteilungsgegenstands bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens behandelt wurden.
3.8.16. Selbst bei – bei der Prüfung der begehrten Wiederaufnahme zu unterstellender – Glaubwürdigkeit der Schreiben (d.h. der darin erkennbaren Tatsachenausführungen), insbesondere des Schreibens 1, wäre bei Heranziehung dieser als Beweismittel nur festzustellen, dass die mitbeteiligte Partei, jedenfalls im Zeitpunkt der letzten Korrespondenz, den grundsätzlichen Willen hat(te), die Maßnahmen Lavaterstraße und Süßenbrunner Straße zu verwirklichen.
Den Schreiben 2 und 3 sind nur rechtliche Überlegungen insbesondere zu den möglichen rechtlichen Sichtweisen, auch des Bundesverwaltungsgerichts, und Konsequenzen unterschiedlicher Vorgehensweisen bei der Einreichung der dargestellten Maßnahmen zur Genehmigung bzw. auch ein darauf aufbauender Vorgehensvorschlag gerichtet an einen Entscheidungsträger zu entnehmen.
3.8.17. Auch wenn man sich – entgegen der bei falscher Vorhabensabgrenzung bloß eine fehlende Bewilligung für einen Teil des Vorhabens erblickenden Rechtsansicht der mitbeteiligten Partei – der Meinung Altenburgers und Schmelz/Schwarzers zu den Konsequenzen hinsichtlich eines im Genehmigungsantrag zu eng abgegrenzten Vorhabens, etwa dem Bedarf an der Aufforderung zur Verbesserung des Genehmigungsantrags, anschließen würde, sind die Ausführungen in den Schreiben nicht geeignet, voraussichtlich ein anderslautendes Ergebnis herbeizuführen.
3.8.18. So ist es nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 insbesondere nicht unsachlich, ein Linienvorhaben wie ein Straßenbauvorhaben unter gewissen Bedingungen auch stückweise zur Genehmigung einzureichen. Aus den nun vorgelegten Schreiben zeigt sich dahingehend nicht, dass das vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.07.2020 genehmigte Vorhaben nicht (bereits für sich genommen) bestehen könne oder nicht verkehrswirksam wäre.
3.8.19. Überdies ist – worauf die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme im Ergebnis offenkundig hinweisen möchte – festzuhalten, dass aus den vorgelegten Schreiben keine Tatsachenfeststellungen abzuleiten wären, wonach die Maßnahmen Lavaterstraße und Süßenbrunner Straße bereits das (Planungs-)Stadium eines konkreten Projekts erreicht haben. Auch ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar, so man dies überhaupt hinsichtlich eines zur UVP-Genehmigung eingereichten Vorhabens (zusätzlich) als erforderlich sieht, dass ein Wille der mitbeteiligten Partei zur Errichtung (bzw. der Verwirklichung) einer bereits solcherart konkretisierten Planung gegeben war (vgl. zur Projektabsicht auch bei Lampert, Kommentar UVP-G [2020], § 3, Rn. 158, unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Vorliegen eines Projekts). Vielmehr zeigt sich aus den Schreiben, dass verschiedene Überlegungen der möglichen Realisierung der erwähnten Maßnahmen, insbesondere zu deren zeitlichen Umsetzung, angestellt wurden. Ohne entsprechend bereits konkretisierte Planungen kann aber ein Projekt im Genehmigungsantrag nicht als i.S.d. § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 zu eng abgegrenzt (hinsichtlich bestimmter Anlagen, Eingriffe oder sonstiger, zu diesen gehörigen Maßnahmen) angesehen werden.
Auch die den Schreiben 2 und 3 zu entnehmenden Erwägungen zu möglichen rechtlichen Risiken verschiedener Vorgangsweisen – wie etwa eine Zurückweisung durch das Bundesverwaltungsgericht wegen der Ansehung als aliud – bei einer späteren Einreichung der Maßnahmen Lavaterstraße und Süßenbrunner Straße zur Genehmigung würden, auch wenn man dies als materielle Wahrheit feststellte, noch nicht den Schluss zulassen, dass diese Maßnahmen aufgrund ihrer Konkretisierung bereits als Teil des zur Genehmigung eingereichten Projekts zu qualifizieren wären.
3.8.20. Zu den weiteren von der Antragstellerin vorgebrachten „Indizien“ für einen Verwirklichungswillen (siehe Antrag auf Wiederaufnahme S. 4 f), nämlich etwa einer Begehung zum „Stadtentwicklungskonzept Hausfeld“ vom 01.04.2022, oder deren Folgetermin am 29.06.2022, eines „Profil Faktenchecks“ zur Stadtstraße Aspern von 22.10.2021 und auch eines aktuell in der öffentlichen Auflage befindlichen UVP-Verfahrens „Oberes Hausfeld“ ist auszuführen, dass es sich dabei um erst nach der Entscheidung eingetretene bzw. entstandene Beweismittel handeln würde. Für die Wiederaufnahme i.S.d. § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 eignen sich jedoch nur solche Beweismittel, die bereits bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens vorhanden waren und deren Verwertung der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde. Erst nach Abschluss des Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ermöglichen – worauf die mitbeteiligte Partei zu Recht hinweist – die Wiederaufnahme nicht.
3.8.21. Soweit die Beschwerdeführerin mit dem Antragsvorbringen, dass der dehnbare Begriff „geringfügig“ erfahrungsgemäß „Missbrauchspotenzial“ biete und auch „bereits bekannte Projektanpassungswünsche“ nicht dem Verfahren in einen Bereich entzogen werden sollte, wo dann nicht mehr so genau mit Öffentlichkeitsbeteiligung hingesehen werden könne und die Möglichkeiten der Parteien effektiv ihre Rechte zu wahren eingeschränkt seien, versucht eine Umgehungsabsicht aufzeigen, ist ihr Folgendes zu entgegnen:
3.8.22. Zwar steht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinter dem Begriff des „Vorhabens“ nach § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 und seinem in der Rechtsprechung geprägten Verständnis auch das Ziel, die Umgehung der UVP durch Aufteilung eines Gesamtvorhabens auf einzelne Teile zu verhindern. Unsachliche Dispositionen auf Projektwerberseite sollen nicht eine Flucht aus der UVP ermöglichen (vgl. zu alldem etwa VwGH 28.04.2016, Ra 2015/07/0175, Rn. 23).
3.8.23. Wie bereits ausgeführt hielt die höchstgerichtliche Rechtsprechung insbesondere zur Zulässigkeit der „Stückelung“ spezifisch von Linieninfrastrukturvorhaben – wozu auch das im wiederaufzunehmenden Verfahren genehmigte Vorhaben gehört – fest, dass für die Frage, ob ein eingereichter Teilabschnitt für sich genommen ein Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 darstellt, die Sachlichkeit der Abgrenzung und der Umstand maßgeblich sind, ob der Grund für die Stückelung lediglich die Vermeidung eines Verfahrens nach dem UVP-G 2000 ist. Das Kriterium, wonach die Abgrenzung eines zur Bewilligung eingereichten Teilabschnitts eines Linienvorhabens von den übrigen Teilabschnitten dieses Vorhabens auf einer sachlichen Rechtfertigung beruhen muss, ist auch für die Beurteilung der Frage maßgeblich, ob die Bewilligung dieses Vorhabens zu Recht in einem vereinfachten Verfahren nach dem UVP-G 2000 erfolgt ist (vgl. zu allem VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0035, m.w.N.).
3.8.24. Für das Bundesverwaltungsgericht ist erstens kein grundsätzliches Missbrauchspotenzial hinsichtlich der Beurteilung zu erkennen, ob eine Abweichung gegenüber dem genehmigten Konsens noch als „geringfügig“ zu sehen ist. Auch die Antragstellerin substantiiert ein solches Potenzial nicht näher.
3.8.25. Zweitens setzt eine nachträgliche Genehmigung geringfügiger Abweichungen neben der Wahrung der Interessen der Parteien nach § 19 Abs. 1 leg. cit. die Erfüllung der in § 18 Abs. 3 UVP-G 2000 vorgesehenen Voraussetzungen voraus. Die Änderungen können somit nur dann genehmigt werden, wenn sie nach den Ergebnissen der UVP dem § 17 Abs. 2 bis 5 UVP-G 2000, also sowohl den mitanzuwendenden materienrechtlichen Vorschriften wie auch den im UVP-G 2000 selbst angeordneten Genehmigungsvoraussetzungen, nicht widersprechen.
3.8.26. Die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzung ist aufgrund der Ergebnisse eines ergänzten Ermittlungsverfahrens und – soweit notwendig – einer ergänzten UVP zu prüfen (vgl. zu den gleich gestalteten Voraussetzungen einer Genehmigung eines [Änderungs-]Vorhabens nach § 18b UVP-G 2000 VwGH 16.11.2022, Ro 2022/06/0018, Rn. 10). Auch darf die Erleichterung des § 20 Abs. 4 UVP-G 2000 nicht dazu führen, dass den von den Abweichungen Betroffenen Rechte vorenthalten werden, die sie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens geltend machen könnten (vgl. VwGH 03.10.2018, Ra 2018/07/0421, m.w.N.).
Die Ergänzung der UVP kann dabei auch eine – im erforderlichen Ausmaß – Ergänzung der Öffentlichkeitsbeteiligung erfordern, auch soweit dies über den ohnedies zu beteiligenden Kreis der Parteien hinausgeht (dazu neuerlich VwGH Ro 2022/06/0018, Rn. 8, unter Hinweis etwa auf die zu den „Ergebnissen der UVP“ zählenden Stellungnahmen der Öffentlichkeit).
3.8.27. Die dargestellten Voraussetzungen gelten aber angesichts des gleichgestalteten Rechtsrahmens auch für eine Genehmigungserteilung nach § 18b UVP-G 2000.
3.8.28. Folglich trifft es nicht zu, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung oder die Möglichkeiten der Parteien, die ihnen jeweils zukommenden Rechte zu wahren, gegenüber einem Verfahren nach den §§ 5 und 17 UVP-G 2000 (in unangemessener Weise) eingeschränkt wären. Damit ist aber auch keine Umgehung der – sich unbestritten von anderen anlagenrechtlichen Vorgaben zur Sachverhaltsermittlung und Genehmigungsfähigkeit für ein Vorhaben unterscheidenden – besonderen Vorkehrungen für die Genehmigung eines Vorhabens nach dem UVP-G 2000 indiziert. Dies unterscheidet die gegenständliche Konstellation auch von einem Fall, bei dem herkommt, dass eine UVP und somit insbesondere die Verpflichtung zur Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteiligung wie auch die Möglichkeit zur Inanspruchnahme (zusätzlicher bzw. erweiterter) Parteienrechte vermieden werden sollen (vgl. dazu etwa VwGH 31.07.2007, 2006/05/0221).
3.8.29. Bei Gesamtbetrachtung all der vorstehenden Erwägungen kommt den vorgelegten Beweismittel nicht die Eignung zu, voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruchs anders lautende Entscheidung herbeizuführen.
Zur Erfüllung sonstiger Gründe des § 32 Abs. 1 VwGVG
3.9. Die Begründung des Wiederaufnahmeantrags lieferte auch keine Anhaltspunkte für die Erfüllung eines anderen in § 32 Abs. 1 VwGVG genannten Grunds.
4. Ergebnis:
4.1. Nach den von der Antragstellerin vorgetragenen Gründen ist kein Grund für eine Wiederaufnahme des mit dem Genehmigungsbescheid abgeschlossenen Verfahrens erfüllt.
4.2. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG abzuweisen.
5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
5.1. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von keiner Partei beantragt.
5.2. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn es, was in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht, dies für erforderlich hält, dennoch von Amts wegen eine Verhandlung durchzuführen (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 19.06.2020, Ro 2019/11/0017, Rn. 24, m.w.N.). Überdies ist bei der Entscheidung über die Durchführung oder Nichtdurchführung einer Verhandlung zu beachten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Verfahren über die Wiederaufnahme eines Verfahrens grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC fällt (vgl. VwGH 29.05.2017, Ra 2017/16/0070).
Fallbezogen sah sich das Bundesverwaltungsgericht nicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung veranlasst:
5.3. So konnte die entscheidungsrelevante Tatsachenlage als geklärt bzw. unstrittig gesehen werden. Für die Beurteilung, ob aus der Begründung des Wiederaufnahmeantrags sowie der von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben die Erfüllung eines Grunds i.S.d. § 32 Abs. 1 VwGVG folgt, waren nur Rechtsfragen zu lösen – insbesondere betreffend die Eignung der vorgelegten Beweismittel zur voraussichtlichen Herbeiführung eines anderslautenden, die wiederaufzunehmende Rechtssache erledigenden Spruchs. Eine, auch übermäßige, Komplexität dieser Rechtsfragen, wie man sie etwa in Zusammenhang mit der Frage nach der vollständigen Umsetzung von Unionsrecht in das nationale Recht sehen kann, war dabei nicht erkennbar (vgl. dazu VwGH 18.10.2022, Ra 2022/04/0108, Rn. 23, m.w.N., auch – wenn auch in Zusammenhang mit insbesondere Art. 6 EMRK, VwGH 20.12.2021, Ra 2021/06/0110, Rn. 13, m.w.N.).
Zu Spruchpunkt B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu die in der Begründung zu Spruchpunkt A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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