VwGH Ra 2018/10/0095

VwGHRa 2018/10/009527.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des M W in P, vertreten durch Mag. Dr. Ingeborg Kristen, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 19. April 2018, Zl. LVwG-AV-772/005-2014, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens i. A. einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Melk; mitbeteiligte Partei: U G in W, vertreten durch Mag. Martina Gaspar, Rechtsanwältin in 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 7), den Beschluss gefasst:

Normen

ApG 1907 §10 Abs2 Z3;
AVG §69;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z1;
VwGVG 2014 §32;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100095.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40, jeweils binnen zwei Wochen, bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Erkenntnis vom 28. November 2016 erteilte das Verwaltungsgericht der Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke an einem bestimmten Standort in P, wobei es eine Beschwerde des Revisionswerbers (des Betreibers der "S-Apotheke") abwies. Dem lag im Kern die Auffassung des Verwaltungsgerichtes zugrunde, der vom Revisionswerber betriebenen Apotheke verbleibe auch bei Errichtung der neu beantragten öffentlichen Apotheke noch ein Versorgungspotential von über 5.500 weiterhin zu versorgenden Personen (§ 10 Abs. 2 Z 3 Apothekengesetz).

2 Revisionen gegen dieses Erkenntnis wurden mit hg. Beschluss vom 23. Mai 2017, Ro 2017/10/0017, Ra 2017/10/0053, zurückgewiesen.

3 1.2. Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2018 beantragte der Revisionswerber die Wiederaufnahme des Konzessionsverfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG und bezog sich dazu im Wesentlichen darauf, dass das Verwaltungsgericht in dem genannten Erkenntnis von einer Verfügungsbefugnis der Mitbeteiligten über das Grundstück Nr. EZ KG für das zu errichtende Apothekenlokal ausgegangen sei. Diese Auffassung habe das Verwaltungsgericht auf eine im Verfahren vorgelegte Erklärung der L. GmbH vom 7. November 2016 gestützt, wonach diese Gesellschaft der Mitbeteiligten eine befristete Option für die Errichtung einer Apotheke im Ausmaß von ca. 300 m2 an der Anschrift (Grundstück Nr. EZ KG) bis 30. Juni 2017 einräume.

4 In einem Gespräch mit einem der Geschäftsführer der L. GmbH am 8. Februar 2018 habe der Revisionswerber erfahren, dass das gesamte Areal des Grundstücks Nr. zum Zeitpunkt der Erteilung der genannten Option aufrecht an die Fa. Li. vermietet gewesen sei bzw. auch nach wie vor vermietet sei. Daraus folge, dass die Mitbeteiligte zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung über keine Betriebsstätte verfügt habe.

5 1.3. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. April 2018 wies das Verwaltungsgericht den Wiederaufnahmeantrag des Revisionswerbers gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG - mit näherer Begründung -

ab.

6 Der Konzessionsinhaber einer bereits bestehenden Apotheke habe überdies - so das Verwaltungsgericht weiter - in der Frage, ob ein Konzessionswerber die in Aussicht genommene Betriebsstätte glaubhaft gemacht habe, kein Mitspracherecht (Hinweis u.a. auf VwGH 21.5.2008, 2007/10/0029, VwSlg. 17.458A). Wenn dem Konzessionsinhaber einer bestehenden Apotheke allerdings insofern generell kein Mitspracherecht zustehe, dann müsse sich dies auch auf allfällige Wiederaufnahmegründe erstrecken.

7 Die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Verwaltungsgericht nicht zu.

8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 3.1. Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich zunächst - bereits in ihren Zulässigkeitsausführungen - gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, aus der eingeschränkten Rechtsstellung des Konzessionsinhabers einer bereits bestehenden Apotheke im Zusammenhang mit der Glaubhaftmachung der in Aussicht genommenen Betriebsstätte durch den Konzessionswerber folge, dass sich diese auch auf allfällige Wiederaufnahmsgründe erstrecken müsse. Nach der auch im Zusammenhang mit § 32 Abs. 1 VwGVG maßgeblichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 69 Abs. 1 AVG sei Voraussetzung für die zulässige Stellung eines Wiederaufnahmeantrages die Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren.

12 Der Revisionswerber sei somit zur Stellung des Wiederaufnahmeantrags - und zur Einbringung der vorliegenden Revision - berechtigt gewesen.

13 3.2. Mit diesem Vorbringen ist der Revisionswerber allerdings nicht im Recht:

14 Der gegenständliche Antrag des Revisionswerbers zielte - unter Berufung auf § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG - auf eine Wiederaufnahme des abgeschlossenen Apothekenkonzessionsverfahrens ab, in welchem der Revisionswerber als Inhaber einer bestehenden öffentlichen Apotheke Partei gewesen war. § 32 VwGVG entspricht inhaltlich weitgehend § 69 AVG. Insofern kann auf das bisherige Verständnis des § 69 AVG zurückgegriffen werden (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0116, mwN).

15 Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrages ist schon nach der bisherigen Judikatur zu § 69 AVG zum einen die Parteistellung im wiederaufzunehmenden Verfahren; darüber hinaus bleibt der Wiederaufnahmeantrag aber auch Parteien des wiederaufzunehmenden Verfahrens versagt, wenn der Antrag nicht der Verfolgung der der betreffenden Partei zustehenden materiellen Rechte zu dienen geeignet ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz 49 unter Hinweis auf VwGH 11.10.1977, 2333/76 = VwSlg. 9.404A).

16 Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der hg. Rechtsprechung dem Konzessionsinhaber einer bereits bestehenden Apotheke im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in der Frage, ob die in Aussicht genommene Betriebsstätte glaubhaft gemacht wurde, kein Mitspracherecht zukommt (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis 2007/10/0029, mwN).

17 Selbst wenn bei Erteilung der Apothekenkonzession zu Unrecht davon ausgegangen worden sein sollte, der Konzessionswerber sei über die für die gegenständliche Betriebsstätte vorgesehene Liegenschaft verfügungsberechtigt, könnte der Inhaber einer bestehenden öffentlichen Apotheke dadurch in seinen Rechten nicht verletzt sein (vgl. VwGH 23.10.1995, 95/10/0003 = VwSlg. 14.347 A, oder 6.5.1996, 95/10/0072, mwN).

18 Da sich der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag des Revisionswerbers, welcher die Verfügungsbefugnis der Mitbeteiligten über die von dieser benannte Betriebsstätte thematisiert, außerhalb der dem Revisionswerber im Apothekenkonzessionsverfahren eingeräumten Parteistellung bewegt, war dieser zur Stellung des Wiederaufnahmeantrags nicht berechtigt.

19 Die vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen VwGH 16.6.2009, 2005/10/0107 = VwSlg. 17.709 A, und 31.3.2016, Ra 2015/07/0071= VwSlg. 19.336 A, betrafen jeweils mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Konstellationen.

20 Dadurch, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers mit dem angefochtenen Beschluss abgewiesen - und nicht zurückgewiesen - hat, konnte der Revisionswerber in Rechten nicht verletzt werden.

21 3.3. Von dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers (betreffend die Glaubhaftmachung der Betriebsstätte im Apothekenkonzessionsverfahren und deren Bedeutung) hängt die Revision nicht ab, weil dem Revisionswerber insoweit - nach dem Gesagten - kein Mitspracherecht eingeräumt ist.

22 4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 27. Februar 2019

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