VwGH Ra 2015/07/0071

VwGHRa 2015/07/007131.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2015, Zl. W193 2010441- 1/3E, betreffend ersatzlose Aufhebung eines Bescheides in einer Angelegenheit des UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde S, 2. W eGen mbH in S, beide vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, 3. T-T, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
UVPG 2000 §19 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb idF BGBl 2001/I/109;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §109 Abs1;
WRG 1959 §109;
WRG 1959 §17;

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass die Beschwerde der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juni 2014 als unbegründet abgewiesen wird.

Begründung

In Bezug auf die Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, und Ra 2014/07/0002 bis 0003, und vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/07/0070, verwiesen.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die drittmitbeteiligte Partei einen Ausbau des bestehenden Kraftwerks K zu einer Kraftwerksgruppe plante; diese Genehmigung wäre nur nach positivem Abschluss einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) möglich. Dieses Projekt konkurrierte insoweit mit einem von den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien verfolgten Kraftwerksprojekt an der G Ache, als sich beide Projekte nebeneinander nicht verwirklichen ließen.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Fortwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 2. Dezember 2013 wurde der Antrag der drittmitbeteiligten Partei auf Widerstreit als unzulässig zurückgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Revision der drittmitbeteiligten Partei wurde mit hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 7. April 2014 beantragten die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien, das UVP-Verfahren der drittmitbeteiligten Partei aufgrund der rechtskräftigen Widerstreitentscheidung des BMLFUW einzustellen und den Bewilligungsantrag zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2014 sprach sich die drittmitbeteiligte Partei gegen diesen Antrag aus und vertrat die Ansicht, die UVP-Behörde habe das Verfahren fortzusetzen. Der Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Einstellung des UVP-Genehmigungsverfahrens bzw. auf Zurückweisung des UVP-Genehmigungsantrags sei unzulässig, weil ein solches Antragsrecht keiner Verfahrenspartei zukomme. Es werde daher der Antrag gestellt, den Einstellungs- und Zurückweisungsantrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien als unzulässig zurückzuweisen oder als inhaltlich unbegründet abzuweisen.

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 wurde diesem Antrag der drittmitbeteiligten Partei (auf Zurückweisung der Anträge der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien) Folge gegeben und die Anträge der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Einstellung des UVP-Verfahrens und auf Zurückweisung des Bewilligungsantrages als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien Beschwerde und brachten vor, sie hätten den Antrag auf Einstellung des UVP-Verfahrens und auf Zurückweisung des Genehmigungsantrags stellen müssen, weil die drittmitbeteiligte Partei davon ausgehe, das UVP-Verfahren sei weiter fortzuführen. Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien hätten das Widerstreitverfahren "gewonnen" und die Parteistellung im UVP-Verfahren resultiere daraus, dass eine solche erforderlich sei, um die aus ihrer Stellung als obsiegende Widerstreitwerber resultierenden Rechte durchzusetzen. Das Verfahren in Bezug auf das unterlegene Projekt dürfe nicht einfach weiter geführt werden, als hätte es nie eine Widerstreitsituation gegeben. Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien verwiesen unter anderem auf § 109 Abs. 1 WRG 1959 und der dieser Bestimmung immanenten Verpflichtung, die jeweiligen Bewilligungsverfahren bis zur letztinstanzlichen Widerstreitentscheidung zu unterbrechen und nach Vorliegen einer solchen Entscheidung in Bezug auf das unterlegene Projekt nicht fortzusetzen. Daraus ergebe sich ein Rechtsanspruch auf Einstellung des UVP-Verfahrens bzw. auf Zurückweisung des UVP-Bewilligungsantrags.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 26. März 2015 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien statt und behob den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 ersatzlos. Die ordentliche Revision wurde nicht als zulässig erklärt.

Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung ging das BVwG nach Darlegung der eigenen Zuständigkeit davon aus, dass die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien zur Erhebung einer Beschwerde berechtigt gewesen seien und diese daher zulässig erscheine. Dies wurde unter anderem aus § 8 AVG, § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 und aus Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG abgeleitet.

Nach Darstellung des Entscheidungsspielraumes des § 28 Abs. 2 VwGVG vertrat das BVwG unter Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung die Ansicht, im Falle der Zurückweisung eines Antrags (durch die Behörde) sei Sache der Beschwerdeentscheidung nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Es sei ihm daher verwehrt, den unterinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern. Verfahrensgegenständlich erscheine daher lediglich die Frage, ob die Zurückweisung des Antrags der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Einstellung des UVP-Verfahrens und auf Zurückweisung des Bewilligungsantrages wegen Unzulässigkeit rechtmäßig gewesen sei oder nicht.

Dazu verwies das BVwG zum einen auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, aus dem unter anderem hervorgehe, dass der Widerstreit formell zugunsten des Projekts der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien entschieden worden sei. Das UVP-Bewilligungsverfahren dürfe nicht fortgesetzt werden und der Bewilligungsantrag sei zurückzuweisen, wobei diese Rechtsfolge für UVP-pflichtige Vorhaben ebenfalls gelte. An die Rechtswirkung der Zurückweisung des Widerstreitantrags sei auch die UVP-Behörde gebunden. Sohin erscheine der Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien, das UVP-Verfahren der drittmitbeteiligten Partei aufgrund der rechtskräftigen Widerstreitentscheidung des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 einzustellen und den Bewilligungsantrag zurückzuweisen, als zulässig. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, den Bewilligungsantrag der drittmitbeteiligten Partei zurückzuweisen. Sie wäre daher auch verpflichtet gewesen, dem genannten Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien vom 7. April 2014 stattzugeben.

Weil sich das Erkenntnis nicht auf Beweismittel stütze, welche den Parteien nicht zugänglich seien, sei kein Parteiengehör zu gewähren gewesen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil zur relevanten Rechtsfrage, ob das UVP-Genehmigungsverfahren aufgrund des Bescheides des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 eingestellt werden müsse, bereits umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung und Literatur bestehe, der im verfahrensgegenständlichen Falle zweifellos gefolgt werden könne. Eine neuerliche Befassung des Verwaltungsgerichtshofes mit dieser Rechtsfrage erscheine nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft außerordentliche Revision wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG nennt er in der Amtsrevision mehrere Punkte.

So sei ua die Parteistellung des obsiegenden Widerstreitwerbers im UVP-Verfahren (über das unterlegene Projekt) fraglich. Aus der Klassifizierung des wasserrechtlichen Widerstreitverfahrens als ein Vorfragen- bzw. Vorverfahren ziehe das BVwG die Schlussfolgerung, dass das Einbringen von Anträgen an die UVP-Behörde auch für obsiegende Widerstreitparteien zulässig sei. Diese aus § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 gewonnene Begründung sei aber nicht nachvollziehbar. Ob außer dem Genehmigungswerber einer anderen Person ein Erledigungsanspruch oder ein Anspruch auf Einstellung des Verfahrens zukomme, sei ebenfalls fraglich.

Schließlich sei auch das Verhältnis zwischen einem entschiedenen Widerstreitverfahren gemäß § 109 Abs. 1 WRG 1959 und dem UVP-G 2000 nur zum Teil höchstgerichtlich geklärt. So fehle es an Rechtsprechung, welche konkreten rechtlichen Konsequenzen ein bei der Wasserrechtsbehörde entschiedenes Widerstreitverfahren, das auf ein dem UVP-G 2000 unterliegendes Verfahren Bezug nehme, für das diesbezüglich bei der UVP-Behörde anhängige Genehmigungsverfahren nach sich ziehe. Außerdem sei auch dem Begründungserfordernis zum Ausschluss der ordentlichen Revision nicht entsprochen worden, zumal das BVwG nur floskelhaft Rechtsprechung zitiert habe.

Dazu erstatteten die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Ansicht vertraten, die außerordentliche Revision sei weder zulässig noch inhaltlich begründet. Das BVwG habe ihrer Beschwerde zu Recht stattgegeben. Sie beantragten die Zurückweisung der außerordentlichen Revision, in eventu deren Abweisung, jeweils unter Kostenersatz.

Auch die drittmitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Ansicht vertrat, dass kein Rechtsanspruch der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Zurückweisung des UVP-Genehmigungsantrags bestehe. Sie berief sich diesbezüglich auf eine verfassungskonforme Interpretation der §§ 17 und 109 WRG 1959. Sie stellte ausschließlich einen Antrag auf Kostenersatz.

Die belangte Behörde beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache und zwar insofern, als die Beschwerde der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien gegen ihre Entscheidung abgewiesen werde, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses. Unter anderem wies die belangte Behörde darauf hin, dass die drittmitbeteiligte Partei zwischenzeitig mit Schreiben vom 21. April 2015 den UVP-Genehmigungsantrag soweit eingeschränkt habe, als dies zur Errichtung und zum uneingeschränkten Betrieb des Projekts der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien erforderlich sei.

Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien erstatteten eine ergänzende Stellungnahme vom 24. August 2015 und legten mit einer weiteren Stellungnahme vom 21. Oktober 2015 dem Verwaltungsgerichtshof eine ergänzende Urkunde vor.

Die drittmitbeteiligte Partei hatte gegen das Erkenntnis des BVwG vom 26. März 2015 gemäß Art. 144 B-VG Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.

Mit Beschluss vom 23. November 2015, Zl. E 1022/2015-15, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab. Nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Dezember 2015, E 102272015-17, erhob die drittmitbeteiligte Partei ihrerseits eine zu Ra 2016/07/0013 protokollierte, außerordentliche Revision gegen das hier bekämpfte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts.

Zur Revision der drittmitbeteiligten Partei wird auf den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2016/07/0013, verwiesen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Amtsrevision erwogen:

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Zl. Ra 2014/02/0114, mwN).

2. Eine der Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, die der Amtsrevisionswerber nennt, bezieht sich auf das Verhältnis zwischen einem entschiedenen Widerstreitverfahren gemäß § 109 Abs. 1 WRG 1959 und dem UVP-G 2000. Der Revisionswerber vertrat die Ansicht, es fehle an Rechtsprechung dazu, welche konkreten rechtlichen Konsequenzen ein bei der Wasserrechtsbehörde entschiedenes Widerstreitverfahren, das auf ein dem UVP-G 2000 unterliegendes Verfahren Bezug nehme, für das diesbezüglich bei der UVP-Behörde anhängige Genehmigungsverfahren habe.

Auch die drittmitbeteiligte Partei argumentiert damit, dass die Zurückweisung des Widerstreitantrages der drittmitbeteiligten Partei durch den Bescheid des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 keine Rechtswirkungen für das UVP-Verfahren mit sich brächte. Die Rechtsfolgen des Bescheides des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 seien nicht klar bzw. einer materiellen Vorzugserklärung nicht gleichzuhalten.

2.1. Der Revisionswerber verkennt, dass es zu dieser Problematik bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt, die gerade zu dem hier verfahrensgegenständlichen Fall und zu dieser Frage ergangen ist. So hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, klar zum Ausdruck gebracht, dass die Zurückweisungsentscheidung des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 inhaltlich einer Vorzugserklärung des Projekts der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien gleichzuhalten ist. Während bei einer Vorzugserklärung die Rechtsfolge der mangelnden Bewilligungsfähigkeit des nicht zum Zug gekommenen Projektes klar geregelt ist, fehlen solche Anordnungen im Zusammenhang mit Projekten wie dem der drittmitbeteiligten Partei, die sich nicht einmal für einen Vergleich im Rahmen eines Widerstreitverfahrens eigneten. In einem solchen Fall - so der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis - müssten aber die Rechtsfolgen die gleichen sein wie im Fall der ausdrücklichen Vorzugserklärung. Eine bescheidmäßige Zurückweisung des Widerstreitantrags mangels Vorliegens eines geeigneten Projekts ist daher einer materiellen Vorzugserklärung des gegnerischen Projektes gleichgestellt.

Dem zitierten hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014 ist auch zu entnehmen, dass die maßgebliche rechtliche Folge des einer Vorzugsentscheidung gleichzuhaltenden Bescheides des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 für den nicht bevorzugten Wasserbau der drittmitbeteiligten Partei darin liege, dass das UVP-Bewilligungsverfahren in jenem Umfang, in dem es das obsiegende Vorhaben ver- oder behinderte, nicht fortgesetzt werden dürfe und der unterlegene Antrag - weil er sich wegen seiner Unbestimmtheit nicht einmal für einen Widerstreit eignete - daher zurückzuweisen sei. Der Zweck des Widerstreitverfahrens, auch wenn er im vorliegenden Fall zwischen einem UVP-pflichtigen und einem nicht UVP-pflichtigen Verfahren abgewickelt wird, würde sonst ad absurdum geführt.

2.2. Das WRG 1959 sieht eine Aussetzung der widerstreitenden Bewilligungsverfahren nur für die Dauer des Widerstreitverfahrens selbst vor, nicht aber für die anschließende Phase des Bewilligungsverfahrens über das obsiegende Projekt. Für beide Projekte laufen mit dem rechtkräftigen Ende des Widerstreitverfahrens daher die entsprechenden projektsbezogenen Entscheidungsfristen. Während das obsiegende Projekt einem Bewilligungsverfahren zu unterziehen ist, in dem auch die Entscheidungspflicht geltend gemacht werden kann, wäre der Bewilligungsantrag betreffend das - das obsiegende Vorhaben ver- oder behindernde - unterlegene Projekt im hier vorliegenden Fall zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers und der drittmitbeteiligten Partei sind im vorliegenden Fall die konkreten rechtlichen Konsequenzen des von der Wasserrechtsbehörde entschiedenen Widerstreitverfahrens, das auf ein dem UVP-G 2000 unterliegendes Verfahren Bezug nimmt, für das diesbezüglich bei der UVP-Behörde anhängige, im Widerstreitverfahren unterlegene Genehmigungsverfahren daher bereits geklärt. In diesem Zusammenhang zeigt die Revision somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

2.3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Einschränkung des unterlegenen Antrags auf den Projektsteil, der das obsiegende Vorhaben nicht behindert, dazu führt, dass der ursprüngliche Antrag, der im Widerstreitverfahren unterlag, nicht mehr besteht und daher auch nicht mehr anhängig ist.

Die obgenannten Rechtsfolgen beziehen sich naturgemäß nur auf den im Widerstreitverfahren unterlegenen Antrag. Eine Antragsänderung im genannten Umfang stellt im Zusammenhang mit dem Bewilligungsverfahren der drittmitbeteiligten Partei eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes dar.

3. Eine weitere Frage, die die Revision als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bezeichnet, bezieht sich auf die Zulässigkeit des Antrags der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Einstellung des UVP-Verfahrens und auf Zurückweisung des (ursprünglichen) UVP-Genehmigungsantrages.

3.1. Bevor diese Frage näher geprüft werden kann, ist zuerst zum Verständnis des angefochtenen Erkenntnisses Folgendes auszuführen:

Das BVwG hat mit dem angefochtenen Erkenntnis der Beschwerde der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien stattgegeben und den bekämpften Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 (womit der Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien als unzulässig zurückgewiesen worden war) ersatzlos aufgehoben. Aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses geht - im Unterschied zu dem Erkenntnis des BVwG, das dem hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/07/0070, zu Grunde lag - ohne Zweifel hervor, dass nach Ansicht des BVwG nunmehr eine Sachentscheidung über den Einstellungs- bzw. Zurückweisungsantrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien zu treffen sei, weil sich deren Antrag - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - sehr wohl als zulässig erweise.

Die ersatzlose Behebung der Antragszurückweisung hat daher angesichts dieser Begründung zur Folge, dass die belangte Behörde diesen Antrag nun nicht mehr zurückweisen kann. Das BVwG überband damit der Verwaltungsbehörde die Ansicht, der Antrag wäre zulässig und es wäre darüber eine Sachentscheidung zu treffen. Dies wäre aber nur dann rechtmäßig, wenn den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien ein Recht auf Zurückweisung des Bewilligungsantrags im UVP-Verfahren bzw. auf Verfahrenseinstellung zukäme.

3.2. Von diesem Recht ist die - vom BVwG in seiner Begründung als Argument ins Treffen geführte - Befugnis zur Erhebung einer Beschwerde an das BVwG zu unterscheiden.

Das Recht zur Beschwerdeerhebung, auf das der Teil der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, der sich auf die Parteistellung bezieht, ebenfalls abstellt, war für die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien schon deshalb gegeben, weil sie Adressaten des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 waren, mit dem ihre verfahrensauslösenden Anträge zurückgewiesen wurden. An der Beschwerdelegitimation der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien im Verfahren vor dem BVwG war daher nicht zu zweifeln.

Die Beschwerdelegitimation der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien hat mit der Frage, ob ihnen die genannten verfahrensgegenständlichen Antragsrechte im UVP-Verfahren über das Projekt der drittmitbeteiligten Partei überhaupt zukämen, aber nichts zu tun.

3.3. Diese Frage ist vielmehr vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum wasserrechtlichen Widerstreitverfahren zu lösen. Dass ein Widerstreit zwischen einem UVP-pflichtigen und einem wasserrechtlich zu bewilligenden Vorhaben nach den Regeln des Widerstreitverfahrens im WRG 1959 durchzuführen ist und dass einer Widerstreitentscheidung in einer solchen Konstellation auch die dortigen Rechtswirkungen zukommen, haben beide Höchstgerichte bereits ausgesprochen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2012, B 563/11, VfSlg 19677, und - darauf bezugnehmend - das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033).

3.3.1. Nach § 102 Abs. 1 lit a WRG 1959 ist der Antragsteller Partei des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens; nach § 102 Abs. 1 lit b WRG 1959 sind Parteien auch diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen. Nach § 19 Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 haben die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt, Parteistellung.

3.3.2. Vor dem Hintergrund der im WRG 1959 geregelten Parteistellung wies der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 2006, 2006/07/0031, darauf hin, dass nach § 102 Abs. 1 lit b WRG 1959 Parteien diejenigen seien, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machten. Der Wortlaut dieser Bestimmung lasse nicht erkennen, ob sich die Parteistellung auf das Verfahren über den Antrag auf Widerstreitentscheidung oder darüber hinaus auch auf das Bewilligungsverfahren für das Konkurrenzprojekt beziehe. Eine Beschränkung auf das Verfahren über den Antrag auf Widerstreitentscheidung scheide aus, da sich die Parteistellung des Antragstellers in diesem Verfahren schon aus § 102 Abs. 1 lit a WRG 1959 ergebe. Auf der anderen Seite wäre eine uneingeschränkte Parteistellung dessen, der einen Antrag auf Widerstreitentscheidung gestellt hat, im Bewilligungsverfahren des Konkurrenten mit Sinn und Zweck des Widerstreitverfahrens nicht vereinbar.

§ 102 Abs. 1 lit b WRG 1959 sei daher dahin auszulegen, dass dem Antragsteller jedenfalls Parteistellung insoweit zukomme, als dies erforderlich sei, um die aus seiner Antragstellung resultierenden Rechte durchzusetzen. Dazu zählte die Parteistellung in einem Wiederaufnahmeverfahren. Bestätigt werde dieses Ergebnis durch den Umstand, dass - bereits vor der Einfügung der Bestimmungen über die Parteistellung derjenigen, die einen Widerstreit geltend machten, im § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 durch die WRG Novelle BGBl 2001/I/109 - der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Auffassung vertreten hätte, dass dann, wenn die Behörde zu Unrecht ein Widerstreitverfahren unterlassen und einem der konkurrierenden Bewerber die wasserrechtliche Bewilligung erteilt habe, der andere Bewerber die Möglichkeit hätte, diesen Bewilligungsbescheid zu bekämpfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1992, 91/07/0032, VwSlg 13592/A).

Dass die Parteistellung von gegnerischen Bewilligungswerbern soweit reicht, um die aus ihrer Antragstellung resultierenden Rechte durchzusetzen, wurde auch im hg. Erkenntnis vom 19. November 2009, 2007/07/0156, betont. Auch dem dortigen Beschwerdeführer wurde im Verfahren über das gegnerische Projekt jedenfalls Parteistellung insoweit zuerkannt, als dies erforderlich war, um die aus seiner Antragstellung resultierenden Rechte durchzusetzen. Daraus folgte das Recht, den Bewilligungsbescheid des gegnerischen Projekts zu bekämpfen, wenn die Behörde zu Unrecht ein Widerstreitverfahren unterlassen und dem konkurrierenden Bewerber die wasserrechtliche Bewilligung erteilt hatte.

3.3.3. Diese Rechtsprechung erging zum Vorliegen zweier (oder mehrerer) konkurrierender wasserrechtlicher Bewilligungsverfahren. Aber auch im hier vorliegenden Fall der Konkurrenz zwischen einem wasserrechtlichen Verfahren und einem UVP-Verfahren hat nichts anderes zu gelten.

Es versteht sich von selbst, dass die Erteilung einer Bewilligung des unterlegenen Projekts (hier nach dem UVP-G 2000) Rechte der Antragsteller des obsiegenden Projekts beeinträchtigte. Eine solche, wenn auch rechtswidrige Bewilligung für das unterlegene Projekt gestaltete die Rechtslage und stünde gegebenenfalls einer Bewilligung für das obsiegende Projekt im Wege.

Kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum WRG 1959 einem konkurrierenden Bewilligungswerber das Recht zur Bekämpfung der Bewilligung des Projektes des Gegners zu, so gilt dies ebenfalls in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation, in der es um ein UVP-bewilligungspflichtiges und ein wasserrechtlich bewilligungspflichtiges Projekt geht. Den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien kommt daher das Recht zur Bekämpfung der UVP-Bewilligung zu, weil diese in ihre Rechte (als im Verhältnis beider Projekte bevorzugtes Wasserbauprojekt) eingriffe.

Eine solche (wohl rechtswidrige) Bewilligung des unterlegenen Projektes lag und liegt aber nicht vor. Der Umstand allein, dass - im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses - über den Antrag auf Genehmigung des unterlegenen Projektes im UVP-Verfahren noch nicht entschieden worden und das UVP-Verfahren weiterhin anhängig war, verletzte noch keine Rechte der gegnerischen Parteien, steht er doch einem zügigen Weiterführen und einem Abschluss des Verfahrens über das obsiegende Projekt nicht entgegen.

In dieser - im hier relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses gegebenen - Phase des UVP-Verfahrens wurden daher Rechte der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien nicht beeinträchtigt. Ein Antragsrecht auf Zurückweisung des UVP-Bewilligungsantrages oder auf Einstellung des Verfahrens (es kann dahingestellt bleiben, ob ein solches Recht überhaupt bestünde) kommt ihnen nach diesen Überlegungen nicht zu.

Das BVwG hätte daher die Beschwerde der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien abweisen und dadurch die Zurückweisung ihrer Anträge durch die belangte Behörde aufrecht erhalten müssen. Die ersatzlose Behebung des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 erweist sich somit als rechtswidrig.

4. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dieser Fall liegt hier vor.

Die Beschwerden der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014, mit dem ihre Anträge auf Zurückweisung des UVP-Antrags bzw. auf Einstellung des UVP-Verfahrens zurückgewiesen wurden, waren daher abzuweisen.

Damit wird die Zurückweisung der Anträge der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien durch die belangte Behörde aufrecht erhalten.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht bei Berücksichtigung der zwischenzeitigen Antragseinschränkung durch die drittmitbeteiligte Partei, die dazu geführt hat, dass der ursprüngliche (unterlegene) Antrag nicht mehr aufrecht ist. Ein Antrag auf Zurückweisung eines in dieser Form nicht mehr anhängigen UVP-Antrags bzw. auf Einstellung des diesbezüglichen Verfahrens wäre ebenfalls zurückzuweisen.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG war der Spruch des in Revision gezogenen Erkenntnisses somit entsprechend abzuändern.

Wien, am 31. März 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte