VwGH 91/07/0032

VwGH91/07/003210.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla, Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde der F in D, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Jänner 1991, Zl. III/1-27.835/18-90, betreffend Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: J in D), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §109;
WRG 1959 §17 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 lita;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §109;
WRG 1959 §17 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. Mai 1990 erteilte die Bezirkshauptmannschaft (BH) auf Grund einer am 28. März 1990 durchgeführten Bewilligungsverhandlung gemäß den §§ 9, 11, 12, 13, 21, 55 Abs. 3, 105, 111 Abs. 1, 111 Abs. 4 und 112 WRG 1959 dem Mitbeteiligten (MP) die wasserrechtliche Bewilligung für den Betrieb einer Wasserkraftanlage mit Entnahme des Triebwassers im Ausmaß von max. 400 l/s aus der K im Bereich der Parzelle Nr. 227/1, KG D, und für eine extensiv betriebene Fischteichanlage mit zwei Teichen, wobei die hiefür erforderliche Wasserentnahme aus dem Oberwerkskanal der Wasserkraftanlage erfolgen sollte. Begründend führte die Behörde aus, das Verfahren habe ergeben, daß das Vorhaben weder öffentliche Interessen beeinträchtige noch bestehende Rechte verletze, über einen in diesem Zusammenhang zu sehenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 26. März 1990 auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens zwischen der gegenständlichen Bewerbung des MP und einer Bewerbung der Beschwerdeführerin vom 5. März 1990 um wasserrechtliche Bewilligung sei mit gesondertem Bescheid der BH vom 8. Mai 1990 entschieden worden (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 91/07/0004). Sonstige Einwände seien gegen das vorliegende Projekt nicht erhoben worden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG wegen Unzulässigkeit zurück. Dies begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß sie mit ihrem Bescheid vom 12. Dezember 1988 die Widerstreitentscheidung der BH vom 27. Jänner 1988, mit der dem damaligen Bewilligungsansuchen des MP gegenüber der damaligen Bewerbung der Beschwerdeführerin der Vorzug gegeben worden sei, gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die BH zurückverwiesen habe. Beiden Verfahrensparteien in der Folge seitens der BH erteilten Aufträgen zur Verbesserung ihrer Projekte sei nur der MP nachgekommen, während das nicht fristgemäß eingebrachte Ansuchen der Beschwerdeführerin als zurückgezogen gegolten habe. Nach Anberaumung einer für den 28. März 1990 festgesetzten wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung für das Projekt des MP habe die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 5. März 1990 die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für ein von ihr gleichzeitig der Behörde vorgelegtes Wasserkraftnutzungsprojekt an besagtem Gerinne begehrt. Die von der Behörde vorgenommene Prüfung des Vorhabens der Beschwerdeführerin habe ergeben, daß die Projektsunterlagen den Anforderungen des § 103 WRG 1959 nicht genügten. Insbesondere hätten die Projektsunterlagen lediglich einen Lageplan, einen technischen Bericht und eine hydrologische Beurteilung der Wasserführung der K beinhaltet. Die Unzulänglichkeit der Projektunterlagen sei der Beschwerdeführerin unter Erteilung eines auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Verbesserungsauftrages mitgeteilt worden. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin weitere Unterlagen beigebracht, die am 15. Mai 1990 bei der BH eingelangt seien. Im gemäß § 109 WRG 1959 maßgeblichen Zeitpunkt der über das Vorhaben des MP durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung vom 28. März 1990 sei sohin ein den Anforderungen des § 103 WRG 1959 entsprechendes Projekt der Beschwerdeführerin nicht vorgelegen. Die BH habe daher zu Recht kein Widerstreitverfahren eingeleitet. Daraus folge, daß die Beschwerdeführerin im das Vorhaben des MP betreffenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung nicht besitze.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Parteistellung gemäß § 8 AVG verletzt. Weiters sei sie "durch den angefochtenen Bescheid in dem mir durch §§ 109 WRG gewährleisteten Recht auf Einleitung des Widerstreitverfahrens und den damit im Zusammenhang stehenden Rechten" verletzt. Dies gelte "insbesondere betreffend die Abweisung des Antrages, meinem Wasserbauvorhaben den Vorzug einzuräumen".

Die belangte Behörde hat ebenso wie der MP eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 WRG 1959 gebührt, wenn verschiedene Bewerbungen (§ 109) um geplante Wasserbenutzungen in Widerstreit stehen, jener der Vorzug, die dem öffentlichen Interesse (§ 105) besser dient.

Gemäß § 109 Abs. 1 leg.cit. ist, wenn widerstreitende (§ 17), auf entsprechende Entwürfe (§ 103) gestützte Bewerbungen um wasserrechtliche Bewilligung vorliegen und keiner offenkundig der Vorzug gebührt, das Verfahren nach Durchführung der Amtshandlung im Sinne der §§ 104 und 106 vorerst auf die Frage des Vorzuges zu beschränken.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen sind Ansuchen, die einer bereits in Behandlung gezogenen Bewerbung widerstreiten (Abs. 1), nur dann zu berücksichtigen, wenn sie noch vor Abschluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz - wenn jedoch das Verfahren gemäß Abs. 1 zunächst auf die Frage des Vorzuges beschränkt war, noch vor Abschluß der mündlichen Verhandlung hierüber - bei der Wasserrechtsbehörde geltend gemacht werden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die vom MP einerseits und von der Beschwerdeführerin andererseits zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereichten Vorhaben der Wasserkraftnutzung der K im gegenständlichen Bereich so gestaltet sind, daß das eine nicht ausgeführt werden kann, ohne daß dadurch die Ausführung des anderen vereitelt wird. Ob bei einer solchen Situation die Wasserrechtsbehörde verpflichtet ist, ein Widerstreitverfahren einzuleiten, hängt - wie sich aus den zitierten Gesetzesstellen ergibt - auch davon ab, ob beide Bewerbungen rechtzeitig in auf entsprechende Entwürfe gestützter Form (§ 103) der Behörde vorliegen. Im erstinstanzlichen Bescheid sind keine Ausführungen über die Gründe enthalten, aus denen sich die BH in der Lage gesehen hat, ohne Durchführung eines Widerstreitverfahrens, aber auch - wie sich aus dem gesamten Aktenvorgang ergibt - ohne über das Ansuchen der Beschwerdeführerin zu entscheiden, dem Vorhaben des MP die wasserrechtliche Bewilligung zu erteilen. Der Hinweis auf die bescheidmäßige Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens kann nicht als Entscheidung über ihr Vorhaben angesehen werden. Die - von der belangten Behörde verneinte - Parteistellung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren hängt aber auch nicht davon ab, ob sie als Partei genannt oder ausdrücklich behandelt wurde. Vielmehr kommt es darauf an, ob sie durch diese Bewilligung in ihren Rechten berührt wird.

Im Beschwerdefall steht die Realisierung des einen Projektes der des anderen entgegen. Im Hinblick auf das bei der BH anhängige Bewilligungsansuchen der Beschwerdeführerin, welches sie über Aufforderung der BH innerhalb der hiefür eingeräumten Frist durch Nachreichung ergänzender Projektsunterlagen verbessert hat, war diese Behörde - sofern sie nicht die Voraussetzungen für die Durchführung eines Widerstreitverfahrens für gegeben erachtete - gehalten, spätestens gleichzeitig mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eines der beiden einander widersprechenden Vorhaben eine (naturgemäß abweisliche) Entscheidung über das andere Vorhaben zu treffen. Dies hat die BH nicht getan, sondern sie hat, ohne zu einer Entscheidung über das Ansuchen der Beschwerdeführerin zu gelangen, dem Vorhaben des MP die wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Dadurch allein hat sie in Rechte der Beschwerdeführerin als Antragstellerin eingegriffen. Somit war die Beschwerdeführerin aber auch berechtigt, gegen den dem MP erteilten wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid Berufung zu erheben.

Darüber hinaus ist nicht zu übersehen, daß selbst für den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen für die Bewilligung ihres Vorhabens - daß dies nicht der Fall wäre, hat die BH ja nicht ausgesprochen - diese nur dann erteilt werden könnte, wenn auch die Voraussetzungen für die Einräumung der für die Beseitigung des dem MP erteilten Wasserbenutzungsrechtes erforderlichen Zwangsrechte - für die die Beschwerdeführerin entschädigungspflichtig wäre - gegeben wären.

Da die belangte Behörde demgegenüber von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgehend die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen hat, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des geltend gemachten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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