VwGH Ra 2016/07/0013

VwGHRa 2016/07/001331.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der T-T in I, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2015, Zl. W193 2010441- 1/3E, betreffend ersatzlose Behebung eines Bescheides in einer Angelegenheit des UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde S, 2. W eGen mbH, beide in S, beide vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, in 8010 Graz, Hilmgasse 10), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs6 Z1;
UVPG 2000;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §109;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
UVPG 2000;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WRG 1959 §109;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 In Bezug auf die Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, und Ra 2014/07/0002 bis 0003, verwiesen.

2 Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Revisionswerberin einen Ausbau des bestehenden Kraftwerks K zu einer Kraftwerksgruppe plante; diese Genehmigung wäre nur nach positivem Abschluss einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) möglich. Dieses Projekt konkurrierte insoweit mit einem von den mitbeteiligten Parteien verfolgten Kraftwerksprojekt an der G Ache, als sich beide Projekte nebeneinander nicht verwirklichen ließen.

3 Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Fortwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 2. Dezember 2013 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Widerstreit als unzulässig zurückgewiesen.

4 Eine gegen diesen Bescheid erhobene Revision der Revisionswerberin wurde mit hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, als unbegründet abgewiesen.

5 Mit Schriftsatz vom 7. April 2014 beantragten die mitbeteiligten Parteien, das UVP-Verfahren der Revisionswerberin aufgrund der rechtskräftigen Widerstreitentscheidung des BMLFUW einzustellen und den Bewilligungsantrag zurückzuweisen.

6 Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 wurden die Anträge der mitbeteiligten Parteien auf Einstellung des UVP-Verfahrens und auf Zurückweisung des UVP-Bewilligungsantrages als unzulässig zurückgewiesen.

7 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 26. März 2015 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien statt und behob den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. Juni 2014 ersatzlos. Die ordentliche Revision wurde nicht als zulässig erklärt.

8 Das BVwG vertrat den näher begründeten Standpunkt, der Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Zurückweisung des UVP-Bewilligungsantrags der im Widerstreit unterlegenen Revisionswerberin wäre zulässig gewesen. Die Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, dem genannten Antrag der mitbeteiligten Parteien vom 7. April 2014 stattzugeben.

9 Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 144 B-VG Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 23. November 2015, Zl. E 1022/2015-15, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab.

10 Nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Dezember 2015, E 102272015-17, erhob die Revisionswerberin die hier vorliegende außerordentliche Revision.

11 Darin bringt sie unter dem Punkt "Rechtsschutzbedürfnis (Beschwer)" vor, sie habe mit Schriftsatz vom 21. April 2015 den ursprünglichen (und dem Widerstreitverfahren zu Grunde gelegenen) Genehmigungsantrag für das Vorhaben AK K soweit eingeschränkt, als dieses mit dem Konkurrenzprojekt der mitbeteiligten Parteien in Widerspruch gestanden sei. Die Antragseinschränkung sei mit dem Hinweis darauf erfolgt, dass das Vorhaben später - nach rechtskräftiger Entscheidung über das Projekt KW Gurgler Ache der mitbeteiligten Parteien - wieder auf die ursprüngliche Einreichung ausgedehnt werde. Trotz der zwischenzeitig erfolgten Antragseinschränkung im UVP-Genehmigungsverfahren sei sie durch das angefochtene Erkenntnis des BVwG nach wie vor beschwert. Die Frage, ob den mitbeteiligten Parteien ein Antragsrecht auf Zurückweisung des UVP-Genehmigungsantrages zukomme, stelle sich nämlich unverändert.

12 Die belangte Behörde verwies in ihrer Revisionsbeantwortung auf ihre zu Ra 2015/07/0071 (Amtsrevision gegen dasselbe Erkenntnis des BVwG) erstattete Revisionsbeantwortung und legte ihr ihren Bescheid vom 15. September 2015 bei, mit dem sie den Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien auf Zurückweisung des modifizierten (eingeschränkten) Genehmigungsantrages und auf Verfahrenseinstellung abgewiesen hatte.

13 Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- oder Abweisung der Revision beantragten und darauf verwiesen, gegen den genannten Bescheid der belangten Behörde vom 15. September 2015 Beschwerde an das BVwG erhoben zu haben.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen oder denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Der vorliegenden Revision fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis und damit an der Berechtigung zu ihrer Erhebung.

16 Die Revisionswerberin hat ihren Antrag auf Genehmigung (nach dem UVP-G 2000) des Vorhabens AK K in der Zwischenzeit soweit eingeschränkt, als dieses mit dem Konkurrenzprojekt der mitbeteiligten Parteien in Widerspruch gestanden ist. Damit liegt aber ein anderer Antrag vor, als derjenige, der in das Widerstreitverfahren einbezogen wurde und dort unterlag. Daraus folgt, dass der Antrag, der dem ins Widerstreitverfahren einbezogenen UVP-Verfahren zu Grunde lag und um dessen Zurückweisung (und Verfahrenseinstellung) es den mitbeteiligten Parteien im hier vorliegenden Verfahren ging, nicht mehr aufrecht ist.

17 Durch die genannte Einschränkung liegt der im Widerstreitverfahren unterlegene Antrag nicht mehr vor; diesbezüglich ist kein Verfahren anhängig. Eine Entscheidung darüber war daher im Zeitpunkt der Revisionserhebung nicht (mehr) möglich.

18 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der derart eingeschränkte Antrag nach der Entscheidung über das Projekt der mitbeteiligten Parteien - nach den Angaben der Revisionswerberin - wieder auf seinen ursprünglichen Inhalt "erweitert" werden soll. Darin liegt keine unzulässige Bedingung der vorgenommenen Antragsmodifikation, sondern lediglich die Ankündigung einer potentiellen weiteren Antragsänderung.

19 Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb trotz dieser Antragseinschränkung ein Rechtsschutzbedürfnis der Revisionswerberin in Bezug auf das angefochtene Erkenntnis, dem allein Bedeutung für den ursprünglichen, nicht eingeschränkten Antrag zukommt, weiterhin bestünde.

20 Um ein (noch aufrechtes) Rechtsschutzbedürfnis annehmen zu können, ist es erforderlich, dass die Revisionswerberin durch die für den Fall der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung im VwGG allein vorgesehene Aufhebung rechtlich besser gestellt wäre, weil Entscheidungen von bloß abstrakt-theoretischer Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu treffen sind. Insoweit besteht daher eine Einschränkung der Kontrolle von Verwaltungshandeln durch den Verwaltungsgerichtshof. Nur ein Verwaltungsakt, der (noch) in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, muss von diesem bekämpfbar und letztlich vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überprüfbar sein (vgl. unter vielen die hg. Beschlüsse vom 15. September 2011, 2006/04/0108, vom 27. Jänner 2011, 2009/21/0163, und vom 29. September 2009, 2008/21/0646).

21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 18. Februar 1999, 98/07/0015) ist nur derjenige legitimiert, gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, dessen Rechtstellung je nachdem eine verschiedene ist, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, weil der Verwaltungsgerichtshof zu einer lediglich abstrakt-theoretischen Prüfung der Gesetzmäßigkeit bekämpfter Bescheide nicht berufen ist. Diese Überlegungen gelten gleichermaßen für die Zulässigkeit einer Revision.

22 Auf eine solche abstrakt-theoretische Prüfung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses liefe jedoch die meritorische Erledigung der vorliegenden Revision hinaus, weil das UVP-Verfahren über den im Widerstreitverfahren unterlegenen Antrag bereits infolge der Antragseinschränkung nicht weitergeführt werden kann.

23 Die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses könnte die Rechtsstellung der Revisionswerberin daher nicht verbessern, weshalb es an einem Rechtsschutzinteresse und damit auch an der Zulässigkeit der Revision mangelt.

24 Ergänzend wird auf das über eine Amtsrevision ergangene, ebenfalls das angefochtene Erkenntnis des BVwG betreffende hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2015/07/0071, verwiesen.

25 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 31. März 2016

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