Normen
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020040047.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Die Steiermärkische Landesregierung erteilte der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 1. September 2016 unter Vorschreibung von Auflagen und Befristungen die UVP-rechtliche Genehmigung für das Vorhaben „Verhüttungsanlage M [...] in Z [...]“. Dieses sieht die Errichtung und den Betrieb einer Erzverhüttungsanlage auf dem Gelände eines ehemaligen Dampfkraftwerkes vor. Das 14 ha große Betriebsgelände liegt in der Industriezone der Stadtgemeinde Z.
2 1.2. Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden mit Erkenntnis vom 2. August 2018 als unbegründet ab und bewilligte (in Erledigung der erhobenen Beschwerden) das beantragte Vorhaben mit der Maßgabe einer Reihe von Ergänzungen und Änderungen des behördlichen Spruches.
3 In seiner Begründung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich nach dem ergänzenden Beschwerdeverfahren, den von der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Projektänderungen und den zusätzlichen Auflagen keine erheblichen Umweltauswirkungen ergeben hätten. Es traf dabei unter anderem Feststellungen zum Vorhaben sowie zu den Fachbereichen Immissionschemie und Gewässerökologie, Schallemissionen, Luftreinhaltetechnik, Umweltmedizin und Naturschutz.
Das Bundesverwaltungsgericht kam insgesamt zum Ergebnis, dass die wasser-, naturschutz- und luftreinhalterechtlichen Vorgaben bzw. Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt seien. Das Genehmigungsverfahren habe zudem ergeben, dass ‑ insbesondere auch auf Grund der im behördlichen und gerichtlichen Verfahren erlassenen Nebenbestimmungen ‑ Emissionen und Abfälle nach dem Stand der Technik begrenzt worden seien und die Immissionsbelastung von den zu schützenden Gütern möglichst gering gehalten werde. Gesundheits- und Eigentumsgefährdungen bzw. unzumutbare Belästigungen von Nachbarn würden ebenso vermieden werden wie erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen. Die zusätzlichen Genehmigungskriterien des § 17 Abs. 2 UVP‑G 2000 seien daher eingehalten.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdeverfahrens sei auch nicht von so schweren Umweltbeeinträchtigungen auszugehen, dass zusätzliche Auflagen bzw. eine Abweisung des Vorhabens nach § 17 Abs. 5 UVP‑G 2000 gerechtfertigt wären.
4 1.3. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019 wurde ‑ unter anderem auch von einigen der revisionswerbenden Parteien ‑ die Wiederaufnahme des (mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2018 abgeschlossenen) Verfahrens beantragt. Dies begründeten sie damit, dass nun der „Prüfbericht der [...] GmbH“ vorliege und mit diesem Beweismittel eine Tatsache, nämlich der Asbestgehalt jenes Gesteines, das in der gegenständlichen Anlage zur Verarbeitung komme, bewiesen werde.
Das Bundesverwaltungsgericht wies diesen Antrag mit Erkenntnis vom 21. August 2019 ab. Dagegen wurde die beim Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2020/04/0113 bis 0120 protokollierte außerordentliche Revision erhoben.
5 1.4. Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2019 stellten die revisionswerbenden Parteien einen weiteren (den nunmehr gegenständlichen) Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
6 1.5. Die gegen das in der Sache ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2018 (siehe Rn. 2 ff) erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof zwischenzeitlich mit Beschluss vom 22. Dezember 2020, Ra 2018/04/0169 bis 0172, wegen Nichtvorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zurückgewiesen.
7 2.1. Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag vom 13. Dezember 2019 wurde damit begründet, dass nunmehr eine (in Kooperation mit der mitbeteiligten Partei an der Montanuniversität Leoben erstellte) Diplomarbeit vorliege, die sich mit der Geologie des „Kraubather Ultramafitkomplexes“ befasse. Am Rand des Untersuchungsgebietes der Diplomarbeit befänden sich die beiden Steinbrüche, aus denen die mitbeteiligte Partei ihr Rohmaterial für die Verhüttung beziehen werde. Die überwiegende Mehrzahl der in der Diplomarbeit untersuchten Proben zeige das Vorhandensein von Tremolit und Anthophyllit. Beide seien Asbeste der Stoffgruppe der Amphibole, die bekanntlich krebserregender als Weißasbest (Chrysotil) seien. Auch sehr häufig trete das Mineral Antigorit auf, das, wenn es bei mechanischer Belastung zerfalle, ebenfalls krebserregend sei und in der kanzerogenen Wirkung mit dem gefährlichsten Asbest Krokydolith zu vergleichen sei.
Drei der verwendeten Proben habe die mitbeteiligte Partei dem Diplomanden zur Verfügung gestellt. Im Zuge der Diplomarbeit seien Lösungsversuche mit Salzsäure an unterschiedlichen Gesteinsproben durchgeführt worden. Salzsäure komme auch als Lösungsmittel bei der Verhüttung in der Anlage der mitbeteiligten Partei zum Einsatz. Die Ergebnisse der Diplomarbeit würden eindeutig das Vorhandensein von Termolit, Antophyllit und Antigorit zeigen. Relevante Mengen von diesen würden auch den Produktionsprozess der Anlage der mitbeteiligten Partei überstehen. Es sei davon auszugehen, dass der Verhüttungsprozess die gefährlichen Stoffe nicht eliminieren werde.
Bei der Diplomarbeit handle es sich um ein Beweismittel, das erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen sei. Aus der Diplomarbeit gehe hervor, dass der gesamte Verhüttungsprozess ungenügend betrachtet worden sei und zumindest weitere Auflagen zur Vermeidung von Faseremissionen erforderlich gewesen wären. Ferner sei davon auszugehen, dass es in den Verkaufsprodukten der mitbeteiligten Partei zu einer Anreicherung von Asbestfasern und von Antigorit kommen werde, weil diese Stoffe den Produktionsprozess „überleben“ würden.
Schließlich wird im Wiederaufnahmeantrag auf ein Schreiben des Univ.‑Prof. Dr. V vom 23. September 2019 „Zur Frage der Asbestführung des Kraubather Ultrabasits“ verwiesen. Daraus gehe klar hervor, dass asbestfreie Zonen jederzeit in asbestreiche Zonen übergehen könnten und keine Vorhersage möglich sei. Die vorliegende Untersuchung gäbe selbstverständlich auch das Material der Steinbrüche wieder. Der mitbeteiligten Partei müsse auf Grund der Diplomarbeit klar sein, dass die asbestösen Stoffe in relevanten Mengen vorkämen und diese durch den Verhüttungsprozess auch angereichert würden. Zudem hätte die mitbeteiligte Partei das Vorhaben als IPPC‑Anlage für die Verarbeitung von Asbest einreichen müssen.
8 2.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18. Februar 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht diesen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
9 In seiner Begründung hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass mit dem Vorbringen bzw. den vorgelegten Beweismitteln zum Wiederaufnahmeantrag keine neuen Tatsachen vorgebracht worden seien, die zu einem mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich im Hauptteil des Spruches anderslautenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts führen würden. Selbst wenn angenommen werde, das Eingangsmaterial zur Anlage der mitbeteiligten Partei enthalte Asbest in hoher Konzentration, so ändere sich nichts an der damaligen Annahme des Bundesverwaltungsgerichts. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass ‑ wie schon in der Begründung des Erkenntnisses vom 2. August 2018 festgehalten ‑ eine Emission von Asbestfasern weder projektbedingt vorgesehen noch in relevanter Konzentration nach den Gutachten der Amtssachverständigen wahrscheinlich sei. Zur Absicherung seien bereits von der UVP-Behörde entsprechende Auflagen vorgeschrieben worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe diese Auflagen ergänzt, etwa durch die Nebenbestimmung 140a, wonach der Roherzbunker bei Anlieferung abzusaugen sei, die Abluft sodann im Entstaubungsraum gesammelt und gereinigt abgeleitet werden müsse. Weiters sei die Auflage 138 neu formuliert worden. Damit gelangten bei Anlieferung keine Stäube ins Freie. Wie schon im Erkenntnis vom 2. August 2018 ausgeführt, werde dadurch verhindert, dass bei Anlieferung des Roherzes in den Roherzbunker belasteter Staub ins Freie gelange. Mit diesen Auflagen der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts sei auch bei Verarbeitung von asbesthaltigem Gestein davon auszugehen, dass relevante Emissionen vermieden und das „Überleben“ von allfälligen asbesthaltigen oder diesen gleichkommenden Fasern rechtzeitig erkannt würden und diese gereinigt werden könnten.
Es sei auch gesichert, dass allfällige asbesthaltige Fasern im Abwasserbereich erkannt würden. Den Bereich Abwasserchemie habe der gerichtlich bestellte Sachverständige Ass.‑Prof. Dr. K eingehend auf die im Prozess möglichen Abwasseremissionen geprüft und eine Eigen- und Fremdüberwachung vorgeschrieben. Damit könnte ein allfälliges „Überleben“ von asbesthaltigen Fasern auch im Bereich der Abwassertechnik erkannt werden. Ebenso sei in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Einbringung von erzhaltigem Gestein mit dem Sachverständigen für Luftreinhaltetechnik ausführlich diskutiert worden. In Bezug auf das Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag, das Vorhaben sei zwingend als IPPC‑Anlage für die Verarbeitung von Asbest zu klassifizieren, könne auf den erstinstanzlichen Bescheid und dessen Spruchpunkt und Begründung zum Gewerberecht verwiesen werden. Demnach sei der gegenständliche Betrieb als IPPC‑Anlage klassifiziert worden.
Insgesamt liege somit das Tatbestandselement des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nicht vor. Die Diplomarbeit bzw. die weiteren fachlichen Stellungnahmen seien nicht geeignet, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeizuführen.
Eine mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil die Sachlage auf Grund der Aktenlage geklärt erschienen sei und die zu beantwortende Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vorliege, rechtlicher Natur sei. Die revisionswerbenden Parteien hätten keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Schließlich falle ein Wiederaufnahmeverfahren selbst grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC.
10 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 4. In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe im angefochtenen Erkenntnis lediglich auf zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Aus diesen beiden Entscheidungen ergebe sich aber gerade das Gegenteil. Es dränge sich generell der Verdacht auf, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nicht mit dem vorliegenden Wiederaufnahmegrund auseinandergesetzt habe. Manche der revisionswerbenden Parteien hätten bereits einmal einen Wiederaufnahmeantrag in dem Verfahren gestellt. Wenn man die beiden Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vergleiche, so seien diese quasi wortident, obwohl der nunmehrige Wiederaufnahmegrund sich auf eine gänzlich andere Grundlage stütze: eine im Wissen und mit Willen der mitbeteiligten Partei erstellte Diplomarbeit, aus der sich eindeutig ergebe, dass das in der Verhüttungsanlage verarbeitete Material stark asbesthaltig sei sowie asbestförmig zerbrechenden Antigorit enthalte und dass durch den in der Diplomarbeit untersuchten Bearbeitungsprozess der mitbeteiligten Partei die Asbeste (Tremolit und Anthophyllit) bzw. der asbestförmig zerbrechende Antigorit die Bearbeitung überstehen würden. Entgegen der Ausführung des Bundesverwaltungsgerichts liege dem zweiten Wiederaufnahmeantrag kein Prüfbericht wie beim ersten Wiederaufnahmeverfahren zugrunde, sondern eine Diplomarbeit. Diese zeige eindeutig auf, dass eine Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht gegeben gewesen sei.
14 Die mitbeteiligte Partei habe die Ergebnisse dieser ‑ in ihrem Auftrag erstellten ‑ Diplomarbeit bewusst bereits im Einreichprojekt und in der Umweltverträglichkeitserklärung zurückgehalten. Weder den revisionswerbenden Parteien noch ihrer anwaltlichen Vertretung sei ein „derart dreistes Vorgehen“ bekannt, geschweige denn liege eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Frage eines Wiederaufnahmeantrages bei einer derartigen Fallkonstellation vor. In diesem Zusammenhang werde ausdrücklich auf den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 VwGVG „Erschleichung eines Erkenntnisses durch falsches Zeugnis“ verwiesen.
Bis dato seien nur Beweismittel vorgelegen, die nicht aus der Sphäre der mitbeteiligten Partei stammten. Durch die nun vorliegende Diplomarbeit, deren Veröffentlichung zumindest im Wissen der mitbeteiligten Partei hintangehalten worden sei, gäbe es aber gerade ein Beweismittel aus der Sphäre der mitbeteiligten Partei selbst. Schon aus diesem Grund, weil eben keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer derartigen Fallkonstellation vorliege, sei die Revision zulässig.
15 Zum Entfall der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bringt die Revision vor, dass nicht nachvollziehbar sei, wie bei der konkreten Fallkonstellation davon ausgegangen werden könne, dass die Sachlage auf Grund der Aktenlage geklärt wäre. Darüber hinaus sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlung auch bei strittigen Rechtsfragen unberücksichtigt geblieben. Unzweifelhaft erweise sich die Sachlage gerade nicht auf Grund der Aktenlage als geklärt, weil durch die Diplomarbeit die gesamte Aktenlage in Hinblick auf die Thematik Asbest widerlegt worden sei. Aus der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung ergebe sich auch nicht, dass generell im Zuge eines Wiederaufnahmeantrages eine Verhandlung nicht stattzufinden habe, wie es im angefochtenen Erkenntnis offenbar glaubhaft gemacht werden soll. Die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts sei schon dem Ansatz nach verfehlt und nicht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu bringen.
16 5.1. Will sich eine revisionswerbende Partei mit ihrem Vorbringen auf ein Abweichen von der Rechtsprechung berufen, muss sie konkret darlegen, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von welcher Rechtsprechung abweicht. Es ist konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen das Verwaltungsgericht sich von einer bestimmt bezeichneten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (vgl. etwa VwGH 5.3.2021, Ra 2018/04/0117, mwN).
17 Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision nicht gerecht. Sie behauptet zwar mehrmals ein Abweichen von der Rechtsprechung, ohne dabei jedoch die betreffenden Entscheidungen zu bezeichnen oder auf deren Inhalt Bezug zu nehmen. Folglich bleibt auch offen, inwiefern sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entfernt haben soll.
18 Wenn die Revision mit der Rüge, das angefochtene Erkenntnis sei quasi wortident mit einer anderen ‑ die Wiederaufnahme ebenso abweisenden ‑ Entscheidung und das Bundesverwaltungsgericht habe sich gegenständlich nicht mit dem vorgebrachten Wiederaufnahmegrund auseinandergesetzt, obwohl der nunmehrige Wiederaufnahmegrund sich auf eine gänzlich andere Grundlage stütze, einen Begründungsmangel (und damit ein Abweichen von der Rechtsprechung) aufzuzeigen versucht, übersieht sie, dass dem ‑ das Verfahren abschließende ‑ Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2018 die Auffassung zugrunde liegt, es würden auf Grund der vorgeschriebenen Auflagen selbst bei Verarbeitung von asbesthaltigem Gestein relevante Emissionen vermieden und das „Überleben“ von allfälligen asbesthaltigen oder diesen gleichkommenden Fasern rechtzeitig erkannt und könnten diese gereinigt werden.
19 Mit dieser ‑ nicht zu beanstandenden ‑ Begründung (vgl. dazu den in Rn. 6 erwähnten Zurückweisungsbeschluss VwGH 22.12.2020, Ra 2018/04/0169 bis 0172) hat das Bundesverwaltungsgericht schon im Genehmigungsverfahren ergänzende Ermittlungen bezüglich einer möglichen Asbesthaltigkeit des verarbeiteten Gesteins für nicht geboten erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich dabei unter anderem auf die zur Absicherung vorgesehenen Auflagen zum Monitoring sowie die ergänzend vorgeschriebene Auflage 140a, die verlangt, dass der Roherzbunker bei Anlieferung von Material abgesaugt werden muss und die Abluft sodann im Entstaubungssystem zu sammeln und gereinigt abzuleiten ist. Darüber hinaus sei ‑ so das Bundesverwaltungsgericht ‑ durch die Neuformulierung der Auflage 138 gesichert, dass bei Anlieferung keine Stäube ins Freie gelangten.
20 5.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund nur dann tauglich, wenn es nach seinem objektiven Inhalt abstrakt geeignet ist, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf die sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildet, stützt oder die zumindest zu der Beweiswürdigung des Ergebnisses der Entscheidung geführt haben (vgl. VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0046, mwN).
21 Ausgehend davon ist dem Bundesverwaltungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages damit begründete, dass weder die nunmehr vorliegende Diplomarbeit noch die weitere fachliche Stellungnahme „Zur Frage der Asbestführung des Kraubather Ultrabasits“ vom 23. September 2019, die jeweils die Asbesthaltigkeit des verarbeiteten Gesteins belegen sollten, geeignet seien, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeizuführen.
22 5.3. Daraus folgt zudem, dass auch die in der Revision vorgebrachte Rüge der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verfängt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht (ungeachtet eines Parteienantrages) von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist zwar durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl. VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007, mwN). Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten eines Verwaltungsgerichtes (§ 24 Abs. 4 VwGVG 2014) aber nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist. Auch das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände etwa dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder „hoch-technische“ Fragen („exclusively legal or highly technical questions“) betrifft (vgl. zu alldem zuletzt etwa VwGH 2.4.2021, Ra 2018/07/0358, mwN).
Im vorliegenden Fall haben die revisionswerbenden Parteien zur Frage der Asbesthaltigkeit des verarbeiteten Gesteins mit einer Diplomarbeit und einer weiteren fachlichen Stellungnahme „Zur Frage der Asbestführung des Kraubather Ultrabasits“ zwar ein Tatsachenvorbringen erstattet. Können aber ‑ wie vom Bundesverwaltungsgericht angenommen ‑ selbst bei einer Verarbeitung von asbesthaltigem Gestein durch die vorgeschriebenen Auflagen relevante Emissionen vermieden und das „Überleben“ von allfälligen asbesthaltigen oder diesen gleichkommenden Fasern rechtzeitig erkannt und diese gereinigt werden, so erweist sich dieses Tatsachenvorbringen im vorliegenden Fall als nicht entscheidend; damit wurde kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen im Sinn der oben dargelegten Rechtsprechung erstattet. Insoweit begegnet die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, der entscheidungsrelevante Sachverhalt sei festgestanden und die zu klärende Frage sei rein rechtlicher Natur, weshalb ausnahmsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben könne, keinen Bedenken. Dass sich im vorliegenden Zusammenhang eine Rechtsfrage besonderer Komplexität stellen würde, die eine mündliche Verhandlung gebietet, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. dazu etwa die Judikaturnachweise bei Schneider, § 24 VwGVG, in: Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz [2021] Rz. 26).
23 5.4. Soweit die Revision in Ihrem Zulässigkeitsvorbringen auf § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang von einem „Erschleichen eines Erkenntnisses durch falsches Zeugnis“ spricht, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein solches „Erschleichen“ einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts dann vorliegt, wenn dieses derart zustande gekommen ist, dass beim Verwaltungsgericht von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann der Entscheidung zugrunde gelegt worden sind. Die Verschweigung wesentlicher Umstände ist dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen (vgl. VwGH 9.8.2018, Ra 2018/22/0076, sowie B. Müller, § 32 VwGVG, in: Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz [2021] Rz. 14, und Reisner, § 32 VwGVG, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler [Hrsg.] Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] Rz. 17).
Der Wiederaufnahmegrund der Erschleichung hat absoluten Charakter, weshalb es daher grundsätzlich keiner Ermittlungen zur Frage der Relevanz des als Wiederaufnahmegrund herangezogenen Verhaltens bedarf. Allerdings muss den zu beurteilenden unrichtigen (bzw. verschwiegenen) Angaben wesentliche Bedeutung zukommen (vgl. erneut VwGH Ra 2018/22/0076, mwN).
24 Letzteres trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Ausgehend von der Begründung des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis vom 2. August 2018, wonach auf Grund der vorgeschriebenen Auflagen selbst bei einer Verarbeitung von asbesthaltigem Gestein relevante Emissionen vermieden und das „Überleben“ von allfälligen asbesthaltigen oder diesen gleichkommenden Fasern rechtzeitig erkannt und diese gereinigt werden könnten, kommt der Diplomarbeit keine wesentliche Bedeutung im Sinn der dargelegten Rechtsprechung zu.
25 5.5. Soweit sich die Revision schließlich auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beruft, ist darauf zu verweisen, dass das bloße Fehlen einer solchen Rechtsprechung nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision führt (vgl. die Nachweise bei Thienel, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwaltungsgerichtsbarkeit ZVG 2018, 180 [189]). Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert insoweit etwa die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.6.2019, Ro 2018/07/0046).
26 Dem entspricht die vorliegende Revision nicht. Sie führt lediglich aus, dass mit der Diplomarbeit, deren Veröffentlichung zumindest im Wissen der mitbeteiligten Partei hintangehalten worden sei, nunmehr gerade ein Beweismittel aus der Sphäre der mitbeteiligten Partei selbst vorliege und keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur einer „derartigen Fallkonstellation“ bestehe. Der Revision ist jedoch nicht zu entnehmen, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof hier in Zusammenhang mit einer Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG zu beantworten hätte.
27 6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. Juni 2021
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