AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W123.2129025.3.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX geb. XXXX alias XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch die BBU – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.05.2021, Zl. 1111858109-191311618, nach Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.08.2021, Zl. 1111858109-191311618, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 18.04.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 26.02.2019, gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
2. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 18.10.2019, W195 2129025-2/7E (in der Folge auch: Vorerkenntnis bzw. Vorverfahren), als unbegründet ab.
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er wegen seines politischen Engagements für die BNP in Bangladesch verfolgt worden sei und unter anderem politisch motivierte Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden seien sowie ein aufrechter Haftbefehl gegen ihn bestehe, als nicht glaubhaft zu bewerten sei.
3. Am 23.12.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
4. Am selben Tag fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Befragt nach den Gründen für die neuerliche Asylantragstellung und nach Veränderungen seit der Rechtskraft des bereits entschiedenen Verfahrens, gab der Beschwerdeführer an, dass er homosexuell sei. Nach seiner negativen Entscheidung sei er psychisch zerbrochen und habe seine Familie gesagt, dass er zurückkehren müsse. Die Familie sage jedoch, dass sie nicht schaffen würden, das Strafverfahren gegen ihn einzustellen. Vor kurzem sei auch eine Pfändungsexekution betrieben worden. Seine Familie setze ihn unter Druck und lasse ihn wissen, dass er schon alt sei und endlich heiraten müsse. Er wolle aber keine Frau heiraten, weil er stehe auf Männer und habe hier einen Partner kennengelernt, mit dem er in einer homosexuellen Beziehung sei. Wenn sein Partner ihn berühre, „erglühe“ er. Er könne nicht ohne ihn leben. Außerdem sei eine Anzeige aufgrund des digitalen Sicherheitsgesetzes gegen ihn eingebracht worden, weil er auf Facebook regierungs- und religionsfeindliche Texte geschrieben habe. Nachdem die Polizei den Beschwerdeführer bei einer Hausdurchsuchung nicht gefunden habe, sei sein älterer Bruder am 04.12.2019 verhaftet worden. Die Polizei verhöhne seine Familienmitglieder. „Örtliche Leute“ würden seine Familie schimpfen und sagen, dass der Beschwerdeführer ein Ungläubiger sei, der im Ausland gegen die Religion schimpfe und homosexuell geworden sei. Seine Familie habe ihr Gesicht in der Gesellschaft verloren, weil er so sei. Er wolle nicht, dass diese noch mehr Schwierigkeiten bekomme.
3. Am 29.09.2020 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:
„[…]
F: Werden Sie von heimatlichen Behörden, Polizei, Gericht, Staatsanwaltschaft gesucht?
A: Ja, ich wurde bereits öfters von der Polizei gesucht, es gab einige Durchsuchungen, ich wurde darüber auch informiert. Am 04.12.2019 kamen Beamte und haben nach mir gesucht und da sich mich nicht vorgefunden haben, haben sie meinen Bruder festgenommen und meine Angehörigen nach mir befragt. Ich wurde nach dem digitalen Sicherheitsgesetz im Bangladesch angezeigt und meine Angehörigen haben gesagt, dass sie nicht wissen, wo ich bin. Ich habe auf Facebook verschieden Einträge gemacht und daraufhin wurde mein Bruder am 04.12.2019 festgenommen und daraufhin gab es in der Polizeistation einen Eintrag in das tägliche polizeiliche Tagesjournalbuch.
[…]
FLUCHTGRUND
F: Sie haben bereits am 18.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser Antrag wurde abgewiesen und ist in Rechtskraft erwachsen. Warum stellen Sie nunmehr einen Asyl-Folgeantrag? Nennen Sie mir bitte Ihre Fluchtgründe!
A: Ich bin homosexuell. Gegen mich wurde in Bangladesch nach dem digitalen Sicherheitsgesetz ein Verfahren eingeleitet. Es gab diesbezüglich ein Protokolleintrag. XXXX Mitarbeiter bedrohen meine Familienangehörigen und setzen Sie verschiedenen Strafverfahren aus. Aus der Ortschaft hat ein politischer Führer der XXXX namens XXXX , Vater XXXX am 14.08.2018 gegen mich ein Strafverfahren eingeleitet wegen Schutzgelderpressung mit dem Vorwurf, dass ich und drei bis vier weitere unbekannte Personen von ihm 200 000 Taka erpresst hätten und 87.000 Taka tatsächlich von seinem Handel weggenommen hätten. Dieses Strafverfahren läuft immer noch. Weil ich in diesem Strafverfahren keinen Vertreter habe, und keinen Rechtsanwalt sich um das Verfahren kümmern möchte, läuft es immer noch. Ich wurde in diesem Verfahren als Haupttäter bezichtigt und weil wegen diesem Verfahren ein Haftbefehl ausgestellt ist, geht die Polizei regelmäßig meine Familie belästigen. Außerdem wurde das Verfahren eingeleitet, weil ich homosexuelle Einträge auf Facebook gemacht habe und die islamische Religion beleidigt hätte. Meine Familienangehörigen werden deshalb beschimpft. Es ist gesellschaftlich verachtet, meine Familie hat mich auch als Sohn schon verstoßen. Ich bin angeblich ein im Ausland aufhältiger Kafir (Ungläubiger, Relgionsfeind) und mache deswegen diese schlimmen Sachen. Meine Familienangehörigen werden bedroht, dass wenn sie weiterhin mit mir Kontakt haben, sie von der Gesellschaft verstoßen werden. Ich wäre gegen die Religion geben sie an. Der XXXX , das ist ein XXXX , XXXX Führer aus der Ortschaft und sehr eng mit dem örtlichen Parlementsabgeordnete der XXXX befreundet. Dieser Parlamentsabgeordnete ist persönlich zu meiner Familie gekommen und beleidigte sie deshalb. Ich war dann gezwungen, die homosexuellen Einträge wegen all diesen Bedrohungen zu löschen. Es wurde auch versucht, mein Facebook Account zu hacken aber ich durch erneute Passwörter mein Facebook immer wieder hergestellt. Dadurch wurde in meiner persönlichen Freiheit und Meinungsfreiheit in den sozialen Medien sowie Facebook verletzt. Wenn ich jemals zurückkehre, hätte ich nie diese persönliche Freiheit oder Meinungsfreiheit. Ich könnte nie nach meinem Belieben etwas eintragen. In Bangladesch hätte ich als homosexuelle Person keine persönliche Freiheit oder könnte meine Meinung nach meinem Belieben äußern. Homosexuellen wird der Finger gezeigt, sie werden missachte und manchmal kommt mir vor, dass wir homosexuelle als andere Spezies angesehen werden, als wären wir keine Menschen. Wir werden in jeglichem Sektor diskriminiert. Ich hätte nirgend diese persönliche Freiheit wie hier. Auch nahestehende Personen vom Freundeskreis sind manchmal bei gewissen Sachen abweisend. Wir sind als homosexuelle noch nicht ganz akzeptiert in der Gesellschaft. Wenn zB jemand etwas braucht und wir helfen, dann merkt man aber, dass sie trotzdem sich unwohl fühlen bei gewissen Sachen von uns. Ich weiß, dass wir mit anderen Augen gesehen werden. Ich habe Angst, dass ich nie eine Familie bei einer Rückkehr gründen könnte, die Gesellschaft würde mich verachten und meine Familie hat mich auch verstoßen. Wenn ich zurückkehre, würden Sie noch mehr Probleme haben.
F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
A: Nein.
[…]
F: Seit wann sind Sie homosexuell?
A: Als ich 16 oder 17 Jahre alt war, da wusste ich das ich schwul bin.
V: Ihre Angaben sind nicht nachvollziehbar. Weshalb haben Sie dies dann nicht bereits in Ihrem Vorverfahren erwähnt? Warum stellen Sie den Asylantrag derart verspätet?
A: Beim ersten Asylantrag habe ich um politischen Schutz angesucht, da ich wegen eines Strafverfahrens verfolgt wurde, ich war politisch für die BNP tätig, deswegen habe ich nicht um Asyl wegen Homosexualität angesucht.
[…]
F: Möchten Sie Ihr geschildertes Fluchtvorbringen ergänzen?
A: Ich würde sofort am internationalen Flughafen in Dhaka verhaftet werden von der Polizei oder sonstigen Einheiten, weil gegen mich ein Haftbefehl besteht, und außerdem würde ich mindestens 21 Tage in Quarantäne gehalten werden wegen der Korona Epidemie. Hierbei würde ich all meine persönlichen Daten wie auch mein Facebook Profil bekannt geben müssen, und würden sie diese Informationen und Einträge benutzen, um mich zu verurteilen. Es gibt sowieso schon Strafverfahren gegen mich, weil meine Familie mich ausgestoßen hat, könnte ich in diesen Korona Zeiten keine Unterkunft beziehen, weil ich für die Miete kein polizeiliches Leumundszeugnis vorlegen kann. Die Polizei würde mich verhaften, wenn ich so etwas verhaften.
F: Sie werden hiermit auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Haben Sie weitere Fluchtgründe?
A: Ich möchte noch etwas sagen, weil ich homosexuell bin, werden die Leute eine Anzeige gegen mich erstatten, die Leute aus der Ortschaft sind sowieso schon wütend auf mich. Wenn ich zurückkehre könnte ich weder zu ihrer Familie noch zu Verwandten oder sonst eine Mietunterkunft beziehen. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe.
F: Können Sie an einem anderen Ort in Ihrem Herkunftsstaat Unterkunft beziehen?
A: Nein, ich kann sonst nirgends Unterkunft beziehen. Es sind alle Türen für mich geschlossen, es bleibt nur mehr die Straße für mich übrig.
F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?
A: Ich würde am Flughafen verhaftet werden wegen den Strafverfahren würde ich verurteilt werden. Bei diesen falschen Strafverfahren würde ich meine Unschuld nicht beweisen können. Ich werde überall verfolgt, mein Leben würde zunichte gehen und außer dem Tod bleibt mir nichts.
[…]
F: Möchten Sie noch etwas angeben? Haben Sie noch Fragen zu Ihrem Asylverfahren?
A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen oder zu fragen.
[…]“
Abschließend ist in der Niederschrift festgehalten, dass der Beschwerdeführer die Unterschrift verweigert und behauptet habe, dass er zu wenig hinsichtlich seines angeblichen Lebensgefährten mitgeteilt habe. Diesem Anliegen könne nicht entsprochen werden, weil nach Ansicht der Behörde ausreichend ermittelt worden sei.
4. In der Stellungnahme vom 16.11.2020 brachte der Beschwerdeführer zu seiner Einvernahme am 29.09.2020 vor, dass er das Einvernahmeprotokoll nicht unterschrieben habe, weil viele Sachen nicht aufgeschrieben und er laut beschimpft worden sei. Sein Partner und er hätten bemerkt, dass sie oft dieselben Fragen gestellt bekommen hätten, aber nicht alle aufgeschrieben worden seien. Ferner beantragte er, eine neuerliche Einvernahme vor der belangten Behörde mit einer separaten Person als Schriftführer sowie mit Audio-/Videoaufnahme, zu welcher der Beschwerdeführer seine Rechtsvertretung mitnehmen würde und ihm die Mitnahme einer Vertrauensperson gewährt werden möge. Zudem beantragte er seine derzeitigen und ehemaligen Mitbewohner als Zeugen zum Beweis seiner Homosexualität sowie die Übersetzung seiner Beweismittel und allfälliger Echtheitsprüfung mit Hilfe eines Vertrauensanwaltes oder eines länderkundlichen Sachverständigen. Zudem wurde die Beziehung eines Sachverständigen für Sexualkunde oder einer ähnlichen relevanten wissenschaftlichen Disziplin hinsichtlich seiner Homosexualität sowie eines Sachverständigen für Virologie oder einer ähnlichen wissenschaftlichen Disziplin für die Beurteilung der Situation der Ansteckungsgefahr der jeweiligen Virenstämme in Bangladesch beantragt. Außerdem stellte er einen Antrag auf die Gewährung von Akteneinsicht, die Heranziehung eines nicht zu hohen Maßstabs bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit meines Fluchtgrundes betreffend juristische Angelegenheiten sowie eine weitere 5-wöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich des Länderberichts zu Bangladesch.
5. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer postalisch am 22.12.2020 das Länderinformationsblatt zu Bangladesch und forderte ihn auf, das von ihm vorgelegte Konvolut an Beweismitteln auf Relevanz zu prüfen und innerhalb einer Frist von zwei Wochen ins Deutsche übersetzt der Behörde erneut vorzulegen.
6. Am 19.01.2021 brachte der Beschwerdeführer ein weiteres Konvolut an Beweismittel bei der belangten Behörde ein.
7. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage betrage (Spruchpunkt VI.).
6. Mit Schriftsatz vom 07.07.2021 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde und regte an, den Bescheid im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung aufgrund gravierender Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben oder abzuändern. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer mehrere unzulässige Fragen zu sexuellen Praktiken gestellt worden seien und er sich in der Folge geweigert habe, die Niederschrift zu unterzeichnen. Trotz Meldung der Fragen an die Direktion der belangten Behörde, sei keine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers erfolgt. Der damalige Partner des Beschwerdeführers, Herr XXXX (in der Folge: T), sei zeitgleich in dessen Asylverfahren einvernommen und unter anderem zur Partnerschaft mit dem Beschwerdeführer befragt worden. Dabei sei der Partner nicht unter sanktionierbarer Wahrheitspflicht als Zeuge im Verfahren des Beschwerdeführers befragt worden und habe der zuständige Referent den Partner des Beschwerdeführers nie gesehen und nicht befragt, sondern werde nur die Niederschrift der Einvernahme als Beweismittel herangezogen. Auch habe sich die belangte Behörde nicht mit der vorgelegten Mitgliedskarte der Homosexuellen Initiative (in der Folge: HOSI) Wien auseinandergesetzt. Nicht nachvollziehbar sei auch der Vorhalt, dass der Beschwerdeführer erst nach Rückübersetzung die „Verfahrensführung“ bemängelt habe, weil er muttersprachlich nicht Deutsch spreche und daher erst nach Übersetzung äußern könne, ob er mit der Niederschrift einverstanden sei. Nur wegen ähnlicher Antworten auf ähnliche Fragen durch ein Paar, könne auch nicht der beweiswürdigende Schluss gezogen werden, dass diese „einstudiert und abgesprochen“ seien.
7. Mit der oben im Spruch genannten Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde vom 07.07.2021 im Hinblick auf alle Spruchpunkte abgewiesen.
8. Mit Schriftsatz vom 13.09.2021 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht und verwies darin vollinhaltlich auf die Ausführungen der Beschwerde, welchen auch in der Beschwerdevorentscheidung nicht ausreichend entgegengetreten werde.
9. Die mündliche Verhandlung am 03.05.2022 wurde wegen gesundheitlicher Probleme des Beschwerdeführers vertragt.
10. Mit dem Schriftsatz vom 27.05.2022 legte der Beschwerdeführer Urkunden bezüglich seiner Teilnahme an einem Fernseh-Interview und Screenshots des Chatverlaufs mit T vor. Ferner wurde die Einsichtnahme in den Chatverlauf des Beschwerdeführers mit T im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die Einsichtnahme in das Fernseh-Interview des Beschwerdeführers sowie die Einvernahme eines Mitbewohners des Beschwerdeführers zum Beweis für seine sexuelle Orientierung und die von ihm geführte Liebesbeziehung. Außerdem wurde unter auszugsweiser Zitierung des Länderinformationsblattes zu Bangladesch und unter Hinweis auf diesbezügliche Rechtsprechung ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen seiner homosexuellen Orientierung eine asylrelevante, objektiv begründete Furcht vor Verfolgung in Bangladesch habe und ihm daher der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen sei. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zur politischen Verfolgung finde Deckung in den Länderinformationen.
11. Am 09.06.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer sowie der von ihm beantragte Zeuge vernommen und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Frist bis zum 23.06.2022 zur Abgabe einer Stellungnahme zur aktuellen Version des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation „Bangladesch“ vom 05.07.2021 (Version 4) eingeräumt wurde.
12. Im Schreiben vom 23.06.2022 brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Beschwerdeführer gleichbleibende und glaubhafte Angaben zu seiner Homosexualität und seiner Liebesbeziehung getätigt, eine Vielzahl unbedenklicher Beweismittel zum Beweis für sein Vorbringen vorgelegt und auch der Zeuge das Vorbringen des Beschwerdeführers bestätigt habe. Zum weiteren Beweis der Homosexualität des Beschwerdeführers wurde ein Schreiben des Partners des Beschwerdeführers vorgelegt und dessen Vernehmung als Zeuge beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und bekennt sich zur Religionszugehörigkeit des Islam.
Der Beschwerdeführer ist in Bangladesch, Distrikt XXXX , Bezirk XXXX , Ort XXXX , geboren und aufgewachsen. Er besuchte in seiner Heimat 12 Jahre die Schule und arbeitete in Bangladesch 2 Jahre als Koch.
Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Die Eltern sowie die Geschwister (4 Brüder und 1 Schwester) des Beschwerdeführers leben in Bangladesch im Heimatort des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer erfuhr im Zuge seines letztens Kontakts zu seiner Familie im Jahr 2021, dass sein Vater an einer Augenerkrankung litt und seine Mutter Asthma hat. Es ist im Verfahren nicht hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer eine Wiederaufnahme des Kontakts zu seinen in Bangladesch lebenden Verwandten nicht möglich wäre.
Der Beschwerdeführer reiste erstmals im April 2016 nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 26.02.2019 abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen erlassen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.10.2019, rechtskräftig seit 19.10.2019, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörige, bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und geht weder einer legalen erwerbsmäßigen Beschäftigung nach, noch ist er ehrenamtlich tätig. Er arbeitete zeitweise als Zeitungszusteller, legte eine mit der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung bedingte Einstellungszusage vor und verfügt über ein A2-Deutschzertifikat. Der Beschwerdeführer ist Mitglied im Verein QueerBase und war Mitglied im Verein HOSI Wien. Es liegen keine sonstigen integrationsbegründenden Merkmale im Bundesgebiet vor.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er in Bangladesch einer asylrelevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder im Falle seiner Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre.
Der Beschwerdeführer konnte insbesondere nicht glaubhaft machen, dass er homosexuell sei.
Es konnte zudem nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung nach Bangladesch in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder eine Rückkehr nach Bangladesch für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.
Im Fall seiner Rückkehr nach Bangladesch verfügt der Beschwerdeführer zudem über die Möglichkeit, außerhalb seines Heimatortes zu leben und einer Beschäftigung nachzugehen. Gründe, die erkennen ließen, dass dem Beschwerdeführer, der in Bangladesch sozialisiert, im erwerbsfähigen Alter, männlich und arbeitsfähig ist sowie über Schulbildung und Arbeitserfahrung verfügt, die Aufenthaltnahme in einem anderen Teil Bangladeschs nicht zumutbar wäre oder er dort kein Fortkommen hätte, sind nicht hervorgekommen.
Auch die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie bildet kein Rückkehrhindernis. Der Beschwerdeführer ist körperlich gesund und gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Bangladesch eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.
1.3. Zum Herkunftsstaat:
Auszug Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 05.07.2021 (Version 4)
COVID-19
Letzte Änderung: 08.06.2021
Der Regierung wird vorgeworfen, dass die Vorbereitung auf die Viruserkrankung im Inland inadäquat gewesen sind. COVID-19-Testungen waren zunächst nur in der Hauptstadt Dhaka möglich gewesen. Anfang April 2020 nahmen Diagnostikeinrichtungen am Rajshahi Medical College und am Cox's Bazar Medical College ihre Tätigkeiten auf und testen seitdem Bewohner ihrer jeweiligen Regionen auf eine Infektion mit COVID-19. Mit Ende März 2020 erließ die Regierung weitreichende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das Transportwesen, Einkaufsmöglichkeiten, behördliche Dienste und anderes wurden auf das nötigste reduziert. Von den erlassenen Kontakt- und Arbeitsbeschränkungen ist ein Großteil der bangladeschischen Bevölkerung betroffen. Viele stehen dadurch vor unmittelbar existenzbedrohenden finanziellen Risiken. Viele Großaufträge beispielsweise im Bereich der Textilindustrie wurden zurückgezogen. Diese Maßnahmen bedeuteten einen Wegfall der Einkommensgrundlage von 4,1 Millionen Textilarbeitern, die zu den Geringverdienern in Bangladesch zählen. Einige Textilfabriken stellten jedoch ihre Produktion teilweise auf die Herstellung von Atemschutzmasken und Schutzanzügen um. Lokale Initiativen von einkommensstärkeren Personen versuchen, die Grundversorgung von einkommensschwächeren Familien durch die Verteilung von Lebensmitteln in den jeweiligen Anwohnergebieten aufrecht zu erhalten. Auch die Regierung hat erste staatliche Entlastungsprogramme in die Wege geleitet. Darunter Programme zur finanziellen Unterstützung der in der Landwirtschaft Tätigen oder für Personen, die in extremer Armut leben (GIZ 11.2020; vgl. ÖB 9.2020). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).
Die bangladeschische Regierung hat im April 2020 Hilfspakete mit einem Volumen in Höhe von 12 Milliarden USD beschlossen. Die Konjunkturmaßnahmen zielen unter anderem auf eine Stützung von für die Wirtschaft bedeutende Industriezweige wie die Textil- und Bekleidungsherstellung sowie den Agrar- und Nahrungsmittelsektor ab (GTAI 21.9.2020a). Der durch die Regierung verhängte umfassende Lockdown war de facto jedoch immer brüchig und wurde einmal mehr und einmal weniger eingehalten. Am 30.5.2020 wurde der Lockdown wieder aufgehoben, da eine weiter Fortsetzung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war (ÖB 9.2020).
Das ohnehin schwache Gesundheitssystem Bangladeschs ist mit der Pandemie völlig überlastet (ÖB 9.2020). Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen. Landesweit sind etwas mehr als knapp 1.000 Intensivbetten verfügbar. Davon sind 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet. Während es in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten gibt, stehen in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine zur Verfügung (GTAI 21.9.2020b).
Eine weitere Problemstellung für das Land stellen die zahlreichen Rückkehrer aus den Ländern des Nahen Ostens aufgrund des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs dar. Viele bringen so das Virus auf ihrem Heimweg mit ins Land. Da viele Migranten aus Bangladesch im Nahen Osten im Zuge der COVID-Krise ihre Arbeit verloren haben und ausgewiesen wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem vermehrten Aufkommen von AsylwerberInnen aus Bangladesch in (West-)Europa zu rechnen (ÖB 9.2020).
COVID-19 erhöht Risiken im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt und setzen Frauen und Kinder zusätzlichen Bedrohungen aus (iMMAP 3.2021).
Die Behörden gehen gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten (HRW 20.5.2021; vgl. AI 19.5.2021). Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020). Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021).
Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im April 2021 Tagen stark angestiegen, wurden die Anfang April 2021 eingeführten Abriegelungsmaßnahmen, die auch die Schließung von Geschäften beinhaltet, aufgrund der sich verschlechternden Situation weiter verschärft (BAMF 12.4.2021).
Das Außenministerium des Landes bestätigt Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Massenimpfprogrammes wegen einem Fehlen an den dafür notwendigen Impfstoff-Dosen. Bisher hat Bangladesch erst 7 Millionen Dosen (darüber hinaus schenkte Indien 3,2 Millionen Dosen separat) einer vertraglich mit Indien vereinbarten Menge von 30 Millionen Dosen des vom Serum Institute of India hergestellten Oxford AstraZeneca-Impfstoffs erhalten (AnAg 22.5.2021).
Um eine Übertragung von den als ansteckender eingestuften Varianten des COVID-19-Virus aus Indien zu verhindern, wurden Flüge abgesagt und Grenzen geschlossen (TG 5.5.2021).
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 9.2020). Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist nicht ausreichend (AA 21.6.2020).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen sowie Folter (USDOS 30.3.2021). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2.000 Mitglieder der RABs (Rapid Action Battalion (RAB), Spezialkräfte für u.a. den Antiterrorkampf wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keinen diesbezüglichen Verurteilungen wegen diverser Vergehen (ÖB 9.2020).
Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Frauen, Kinder, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen. Die Regierung von Bangladesch versäumt es, einen angeforderten Folgebericht zur Überprüfung ihrer Praktiken durch den Ausschuss gegen Folter vorzulegen (HRW 13.1.2021).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Nichtsdestotrotz stellt eine wissenschaftliche Studie vom Mai 2020 fest, dass 2,2 Millionen Strafverfahren gegen Menschen mit Behinderungen anhängig sind. So wird resümiert, dass Menschen mit Behinderungen "die am meisten gefährdeten unter den Gefährdeten" sind. Über Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und andere Minderheiten, insbesondere im privaten Bereich, wird berichtet (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung nutzt weiterhin den Digital Security Act (DSA) 2018, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Trotz wiederholter Aufrufe der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen, die umstrittenen und strafenden Bestimmungen des DSA aufzuheben, wurde das Gesetz nicht abgeändert. Offiziellen Statistiken zufolge wurden zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Etwa 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert (AI 7.4.2021).
Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 3.3.2021). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt sind. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von "Wegschauen" über Annahme von Bestechungsgeldern für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern, bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 30.3.2021).
SOGI - Sexuelle Orientierung und Genderidentität
Letzte Änderung: 16.06.2021
[…]
Homosexuelle Handlungen sind illegal und können wegen „Geschlechtsverkehr entgegen der natürlichen Ordnung“ nach § 377 des „Bangladesh Penal Code, 1860“ (BPC) mit lebenslangem Freiheitsentzug (HRW 13.1.2021; ILGA 12.2020), mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren, inklusive der Möglichkeit einer Geldstrafe, bestraft werden (ILGA 12.2020; vgl. AA 21.6.2020). Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ (ÖB 9.2020). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 3.3.2021).
Mitglieder der LGBTI-Gemeinschaft (Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersex) erhielten Drohbotschaften per Telefon, SMS und über soziale Medien und berichten, dass die Polizei das Gesetz als Vorwand benutzt, um LGBTI-Personen sowie feminine Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, zu schikanieren (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 21.6.2020).
Homosexualität ist gesellschaftlich absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt. Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Diskriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zum Mord zu rechnen (ÖB 9.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Ein strafrechtliches Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen wird selten durchgesetzt, aber gesellschaftliche Diskriminierung bleibt die Norm, und jedes Jahr werden dutzende Angriffe LGBTI- Personen gemeldet. Nach der Ermordung von Xulhaz Mannan, einem prominenten LGBTI Aktivisten, durch militanten Islamisten im Jahr 2016 befinden sich einige LGBTI Personen im Exil (FH 3.3.2021).
Bei einem durch das Human Rights Forum Bangladesh (HRFB) eingereichten Bericht beim UN-Ausschuss gegen Folter vom 29.6.2019 wurden für den Zeitraum 2013 bis 2018 insgesamt 434 Beschwerden wegen schikanöser Behandlungen oder Misshandlungen angeführt. Davon betrafen 294 Fälle Angriffe gegen Angehörige sexueller Minderheiten (HRFB 22.6.2019).
[…]
LGBT-Organisationen, insbesondere für Lesben, sind selten (USDOS 11.3.2020). Es gibt keine NGO für sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität in Bangladesch, dafür aber NGOs wie „Boys of Bangladesh“, die „Bhandu Social Welfare Society“ und Online-Gemeinschaften wie „Roopbaan“, das lesbische Netzwerk „Shambhab“ und „Vivid Rainbow“ (ILGA 3.2019).
Die Nationale Menschenrechtskommission bildet ein Komitee, das sich mit Fragen für marginalisierte Gruppen, einschließlich Transgender, befasst, und der Nationale Lehrplan- und Schulbuchausschuss von Bangladesch stimmte zu, Fragen des dritten Geschlechts in den Lehrplan der Sekundarschule aufzunehmen (HRW 13.1.2021). Im September 2020 kündigte das staatliche Statistikamt Bangladesch an, dass die Volkszählung 2021 Hijra als Kategorie des „dritten Geschlechts“ einschließen wird (USDOS 30.3.2021).
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, AA 21.6.2020). Ausgenommen davon sind jedoch zwei sensiblen Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT) und die Rohingya-Lagern in Cox's Bazar (USDOS 30.3.2021). Auch wurden im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie durch die Regierung einige Bewegungseinschränkungen angeordnet, deren Umfang und Dauer begrenzt sind (FH 3.3.2021).
Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020).
Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 9.2020; vgl. FH 3.3.2021; AA 21.6.2020). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerungen bei der Reisepassausstellung (ÖB 9.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB 9.2020).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formular (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 9.2020; vgl. AA 21.6.2020). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden.Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 21.6.2020).
Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien. Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein (ÖB 9.2020).
Grundversorgung
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 21.6.2020). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 Prozent der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar (DB 1.10.2019). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verschärfte sich die Situation. Gemäß Schätzungen der Bangladesh Economic Association verloren etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020). Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene (DB 1.10.2019).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund sechs Prozent gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 4.5.2021). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (GIZ 3.2020b; vgl. CIA 24.5.2021). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 Prozent des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 Prozent aller Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftete 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 4.5.2021).
Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. „BRAC“, „Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, „Bangladesh Migrant Centre“, „Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „Bangladesh Migration Development Forum“ (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 21.6.2020).
Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 500.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten) (ÖB 9.2020). Der Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung der durch Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch geleistet wird, beträgt mehr als 10 Prozent (GIZ 3.2020b). Das entspricht etwa 13 - 16 Mrd. USD (ÖB 9.2020; vgl. GIZ 3.2020b, CIA 24.5.2021).
Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2019 gem. Weltbank bei lediglich 4,2 Prozent jedoch mit verdeckter, weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association allerdings ca. 36 Mio. Menschen während des Lockdown ihre Arbeit. Darüber hinaus mussten zehntausende Bangladeshi, die im Ausland beschäftigt waren, in ihre Heimat zurückkehren, nachdem sie ihre Arbeitsplätze verloren hatten. Vor allem in der Landwirtschaft (19 Prozent des BIP und mehr als 65 Prozent der Beschäftigten) ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Mio. gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht. Staatlichen Angestellten, Mitgliedern der Sicherheitskräfte, sowie staatlichen und privaten Lehrern ist die Bildung von Gewerkschaften oder der Beitritt zu solchen, aufgrund deren starker Politisierung, explizit verboten (ÖB 9.2020).
Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 Prozent aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b). Für ca. 85 Prozent der Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeiten, gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung (ÖB 9.2020).
Die Menschen sind auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen. Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft (ÖB 9.2020).
Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten (finanzielle Alphabetisierung) (IP 6.3.2018).
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Bereitstellung der Gesundheitsfürsorge liegt im Verantwortungsbereich der Regierung (DFAT 22.8.2019). Eine gesetzliche Krankenversicherung existiert nicht. Stattdessen gilt die Grundversorgung in der Regel als kostenlos, d.h. staatlich finanziert (GIZ 8.2020d).
Die medizinische Versorgung in Bangladesch entspricht nicht europäischen Standards und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch nicht damit vergleichbar. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend (AA 28.7.2020; vgl. DFAT 22.8.2019, AA 21.6.2020). Wegen des Mangels an medizinischen Personal und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden (AA 28.7.2020; vgl. ÖB 9.2020). Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten und von schlechter Qualität (ÖB 9.2020; vgl. DFAT 22.8.2019). Die Krankenhäuser verfügen insgesamt nur über rund 1.000 Intensivstationsbetten (GTAI 21.9.2020b). Davon sind lediglich 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet (GTAI 21.9.2020b). Während in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten zu Verfügung stehen, sind in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine Intensivbetten vorhanden (GTAI 21.9.2020b). Es herrscht ein eklatanter Mangel an medizinischen Personal. Schätzungsweise lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 9.2020). In der Praxis stellen der Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einen erheblichen Teil der Gesundheitsdienste zur Verfügung (DFAT 22.8.2019).
Die COVID-19-Pandemie stellte eine enorme Belastung für das Gesundheitssystem des Landes dar. Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen (GTAI 21.9.2020b).
Durch die Coronakrise gerät das seit Jahrzehnten unterfinanzierte staatliche Gesundheitswesen in Bangladesch enorm unter Druck (GTAI 21.9.2020b), der Mangel an verfügbaren und zugänglichen kritischen Gesundheitsdiensten führte zu einer großen öffentlichen Gesundheitskrise im ganzen Land. Viele öffentliche und private Krankenhäuser wiesen Patienten mit COVID-19-Symptomen aus Angst vor einer Infektion ab, obwohl Kapazitäten zur Verfügung standen. Diese Praxis führte zum Tod von Hunderten von Menschen (AI 7.4.2021).
In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden. Wohlhabende Bangladeschis und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (AA 21.6.2020). Lokale Kliniken gibt es auf Gemeinde- oder Dorfebene. Diese Einrichtungen unterstützen größere Distrikt- oder Zentralkrankenhäuser (DFAT 22.8.2019). Obwohl eine rudimentäre, kostenlose medizinische Versorgung durch staatliche Gesundheitsstationen verfügbar sein soll (AA 21.6.2020), berichten Patienten, dass sie im Allgemeinen für einen Zugang zu medizinischen Leistungen zahlen müssen. Die Beratungsgebühren sind oft exorbitant und für die Armen unerschwinglich. Ärzte neigen Berichten zufolge auch dazu, ihre Kunden "übermäßig zu behandeln" und unnötige Tests anzuordnen, um ihr Einkommen zu erhöhen (DFAT 22.8.2019). So ist der Großteil der armen Landbevölkerung auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 9.2020).
Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (AA 21.6.2020).
Ärztlichen Auskünften zufolge sind, im Gegensatz zu ambulanten Behandlungen, längerfristige psychologische und psychiatrische Behandlungen und Betreuungen in Bangladesch nur schwer zu gewährleisten (AA 21.6.2020) und stellen sich unzureichend dar (USDOS 30.3.2021). Nach Erfahrungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind diese Behandlungen sehr teuer. In ländlichen Gebieten sind sie nicht möglich (AA 21.6.2020). Vor allem NGOs und Entwicklungshilfeinstitutionen sind um Verbesserungen der medizinischen Versorgung bemüht, z.B. durch Impfprogramme für Kinder gegen weit verbreitete Krankheiten wie Tuberkulose. Bangladesch hat nur eine niedrige Rate an HIV/Aids-Infizierten, gilt aber als potenziell stark gefährdetes Land (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 21.6.2020; vgl. ÖB 9.2020). So muss allgemein auf die Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden (ÖB 9.2020). Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereit stellen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen (USSSA 3.2019).
[…]
Rückkehr
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 21.6.2020) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 21.6.2020). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr, auch wenn es keine Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt. Politisch motivierte Gewalt beschränkt sich in den meisten Fällen auf Einschüchterungen. Während des Ausnahmezustandes verweigerte die Regierung jedoch temporär einigen Parteiführern die Wiedereinreise nach Bangladesch. Durch den neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima im Land merklich verschlechtert (ÖB 9.2020).
Auch ergeben sich im Zusammenhang wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs und einer damit einhergehenden Rücksendung vieler tausender ArbeiterInnen in ihre Heimat Probleme für das Land. Auf Grund der beengten Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ihren Gastländern sind diese ArbeiterInnen besonders vom Virus betroffen und bringen das Virus auf ihrem Heimweg mit nach Hause (ÖB 9.2020). Berichten zufolge verhafteten die Regierungsbehörden zwischen Juli und September [2020] zwischen 250 und 370 rückkehrende Wanderarbeiter aus Südostasien und dem Nahen Osten unter dem Vorwurf, "das Ansehen (Bangladeschs) beschädigt zu haben" (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 30.9.2020). Anfang Oktober wurde durch das Oberste Gericht eine Polizeistation in Dhaka angewiesen, vor Gericht die rechtlichen Grund für die Inhaftierung der Migranten zu erklären. Etwa 80 der inhaftierte Arbeitsmigranten wurden im Oktober 2020 gegen Kaution freigelassen (USDOS 30.3.2021).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der "International Organization for Migration" (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 21.6.2020). Bei oppositioneller Betätigung kommt es darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von Regierung oder Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition (ÖB 9.2020).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 21.6.2020).
[…]
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes. Ergänzend wurde Einsicht genommen in die wesentlichen Aktenbestandteile der beim Bundesverwaltungsgericht geführten Beschwerdeverfahren zu den Zahlen W195 2129025-2 (Verfahren betreffend den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz), W195 2213081-1 (Verfahren betreffend den ersten Antrag des T auf internationalen Schutz) sowie W195 2213081-2 (Verfahren betreffend den Folgeantrag des T).
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Herkunft, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen im Herkunftsstaat und in Österreich gründen sich auf seine diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in dem Beschwerdeschriftsatz und in der mündlichen Verhandlung. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Hinsichtlich der Geschwister des Beschwerdeführers wird nicht übersehen, dass diese nach den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 29.09.2020 teilweise in anderen Staaten lebten (vgl. AS 158). Zumal der Beschwerdeführer zuletzt in der mündlichen Verhandlung allerdings schilderte, dass er in Bangladesch seine Eltern und seine Geschwister gehabt habe sowie Brüder, die noch in Bangladesch seien, seine Familie versorgen und alle in einem Großhaus leben würden (vgl. S 4 in OZ 11), war davon auszugehen, dass seine Geschwister in Bangladesch leben.
Der festgestellte Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung am 14.06.2022, wonach keine chronischen Krankheiten oder Leiden vorlägen (vgl. S 2 in OZ 11). Die Verhandlung vom 03.05.2022 musste zwar wegen gesundheitlicher Probleme des Beschwerdeführers (Bauchkrämpfe und Diarrhoe) vertagt werden (vgl. S 2 in OZ 7). Es sind im Verfahren jedoch keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich nach wie vor gesundheitlichen Einschränkungen unterliege oder medizinischer Behandlungsbedarf bestehe. Der Beschwerdeführer äußerte auch keinerlei Rückkehrgefährdung im Zusammenhang mit seiner physischen Gesundheit. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung psychische Probleme äußerte (vgl. S 21 in OZ 11, „[…] Seitdem ich die Ladung vom BVwG erhalten habe, habe ich psychischen Stress, dass ich doch nach Hause abgeschoben werde. Ich habe auch Depressionen. Das habe ich immer schon gehabe. […]“), ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer lediglich zwei Überweisungen an einen Facharzt für Psychologie/Neurologie – und zwar vom 11.09.2020 wegen einer Posttraumatischer Belastung sowie vom 07.06.2022 wegen einer Belastungsreaktion zum Zweck einer fachärztlichen Begutachtung und eines Therapievorschlags – und eine Terminvereinbarung in einer psychologischen Praxis für den 21.07.2022 wegen einer „Diagnostik“ vorlegte (vgl. Beilagen zur VH-Schrift). Einen fachärztlichen Befund, der eine entsprechende psychische Beeinträchtigung des Beschwerdeführers belegen würde, wurde nicht vorgelegt. Im Übrigen wäre aber auch bei Vorliegen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers angesichts der Länderfeststellungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat eine ausreichende medizinische Versorgung erhalten könnte, zumal diese in Bangladesch – wenn auch nicht auf europäischen Niveau – grundsätzlich gewährleistet ist. Zudem bestehen in Dhaka wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist zwar den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten. Jedoch ist der Beschwerdeführer arbeitsfähig und verfügt über Familienangehörige in Bangladesch, von denen er eine finanzielle Unterstützung erwarten könnte. Somit ist auch davon auszugehen, dass er Zugang zu einer allenfalls notwendigen medizinischen Behandlung hätte.
Da keine sonstigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers vorgebracht wurden, gelangte das Bundesverwaltungsgericht auch zu der Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf COVID-19 keiner Risikogruppe angehört.
2.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes konnte der Beschwerdeführer weder eine Verfolgung aus politischen Gründen noch sein Fluchtvorbringen, homosexuell zu sein und deshalb einer asylrelevanten Gefahr bei einer Rückkehr nach Bangladesch ausgesetzt zu sein, glaubhaft machen.
2.2.2. Zur vorgebrachten politischen Verfolgung ist darauf hinzuweisen, dass sein Vorbringen zur politischen Verfolgung wegen seines Engagement für die BNP bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.10.2019, W195 2129025-2/7E, zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz als nicht glaubhaft beurteilt wurde und damit eine bereits entschiedene Sache vorliegt. So bestätigte der Beschwerdeführer auch, dass das behauptete Verfahren wegen Schutzgelderpressung bereits Gegenstand dieses Verfahrens gewesen sei (vgl. S 5 in OZ 11, arg. „R: Nunmehr ein paar Fragen zum ursprünglichen Fluchtgrund. Ist es richtig, dass das Verfahren gegen Sie wegen Schutzgelderpressung am 14.08.2018 eingeleitet wurde? BF: Es wurde falsch protokolliert. Es wurde am 19.08.2018 in meiner Abwesenheit eingeleitet. R: Haben Sie in Ihren EV vor dem BFA bzw. vor dem BVWG über diese Einleitung des Verfahrens berichtet? BF: Ja. R: D. h. das war schon Gegenstand im Vorverfahren? BF: Ich glaube schon.“); dies ist auch dem Vorerkenntnis zu entnehmen (vgl. S 38 des Vorerkenntnisses). Zudem war auch der vorgebrachte Haftbefehl bereits Inhalt des Vorverfahrens (vgl. S 37 des Vorerkenntnisses).
2.2.3. Zudem behauptete der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren, dass ein Strafverfahren nach dem digitalen Sicherheitsgesetz gegen ihn eingeleitet worden sei. Während der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde im September 2020 noch meinte, dieses sei erst „vor einiger Zeit“, glaublich im Juni oder im Juli, eingeleitet worden (vgl. AS 165), behauptete er in der mündlichen Verhandlung, dass dies bereits am 02.12.2019 (vgl. S 5 in OZ 11) gewesen sei.
2.2.4. Dies betreffe nach den Schilderungen des Beschwerdeführers einerseits eine Anzeige wegen (angeblicher) Falschaussagen und regierungskritischer Postings auf Facebook (vgl. AS 165). Dazu führte er gegenüber der belangten Behörde im Zusammenhang mit den von ihm am 23.01.2020 eingebrachten Beweismitteln (vgl. AS 83 ff.) aus, dass er bedroht worden sei, weil er ein regierungsfreundliches Facebook-Posting kritisch kommentiert habe (vgl. AS 166). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch selbst an, dass aus den Fotos keine konkrete Bedrohung gegen ihn ersichtlich sei (vgl. S 6 in OZ 11). Dem Bundesverwaltungsgericht erschließt sich allerdings nicht, weshalb der Beschwerdeführer bloß Screenshots des politischen Profils vorlegte, nicht jedoch einen seines Kommentars oder der darauf erfolgten Antwort, mit der er bedroht worden sei und aus der er die gegen ihn gerichtete Gefährdung ableitet.
Darüber hinaus bejahte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, als Fluchtgrund nur seine Homosexualität geltend zu machen und gab an, dass er politisch nicht aktiv sei (vgl. S 4 in OZ 11, arg. „R: Machen Sie heute nur noch den Fluchtgrund wegen Ihrer Homosexualität geltend oder jenen der politischen Verfolgung? BF: Ja, Homosexualität. R: Nur? BF: Ja, politisch bin ich überhaupt nicht aktiv. Ich hatte politische Probleme, aber Hauptgrund ist meine Homosexualität.“).
2.2.5. Andererseits betreffe das Verfahren „homosexuelle Einträge“ auf Facebook (vgl. S 5 in OZ 11). Zu den vom Beschwerdeführer behaupteten Facebook-Postings über Homosexualität ist zunächst darauf hinzuweisen, dass er diese nach seinem eigenen Vorbringen bereits alle gelöscht habe (vgl. S 14 in OZ 11). Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer die Posts nicht unter seinem echten Namen, sondern unter dem Namen „ XXXX “ verfasst (vgl. S 14 in OZ 11). Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass seine Familie oder andere Personen in Bangladesch wissen sollten, dass diese vom Beschwerdeführer stammen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angibt, dass einige aus seiner Gegend in Bangladesch gewusst hätten, dass er das sei, und seine Freunde ihn nicht erkennen würden, wenn er alles unter einem falschen Namen publizieren würde (vgl. S 15 in OZ 11), ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, der nicht einmal in Österreich offen zu seiner sexuellen Orientierung steht (siehe dazu unten), sich unter einem in seiner Heimat bekannten Namen öffentlich auf Facebook für Homosexuelle ausspricht und sich outet (vgl. S 14 in OZ 11). Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass alleine aufgrund des Profilbildes der Account des Beschwerdeführers von ihm bekannten Personen gefunden und ihm zugeordnet werden könnte.
Zudem ist der von ihm geschilderte Eintrag betreffend „ XXXX “ (vgl. S 14 in OZ 11) in dem vorgelegten Konvolut an Beweismitteln nicht ersichtlich. Außerdem legte der Beschwerdeführer lediglich ein unter dem Namen „ XXXX “ verfasstes Posting vor, welches „Had a good time“ lautet, und aus dem ersichtlich ist, dass er mit T in der „ XXXX “ war (vgl. 213). Auch wenn die Zielgruppe dieser Örtlichkeit homosexuelle Personen sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer aus diesem Grund in Bangladesch eine asylrelevante Verfolgung drohe, zumal nicht anzunehmen ist, dass dies in seiner Heimat bekannt ist.
2.2.6. Den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismitteln lässt sich nach der Übersetzung des Dolmetschers ferner entnehmen, dass auch sein Vater und weitere Verwandte angezeigt worden seien (vgl. AS 157). Zudem schilderte der Beschwerdeführer dazu vor der belangten Behörde, dass auch gegen seine Familie im Jahr 2019 ein Strafverfahren eingeleitet worden sei (vgl. AS 164 f.). Befragt, warum seine Familienangehörigen trotz der Anzeige in Bangladesch leben könne und ausgerechnet der Beschwerdeführer nicht, behauptete dieser in der Beschwerdeverhandlung im auffälligen Gegensatz zu seiner Darstellung vor der belangten Behörde, dass seine Eltern nicht als Beschuldigte geführt und nicht von den Behörden verfolgt worden seien, sondern es nur Belästigungen und eine Verfolgung durch muslimische Fundamentalisten gegeben habe (vgl. S 5 in OZ 11). Auch auf Vorhalt dieses Widerspruchs mit den vorgelegten Urkunden konnte der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Begründung nennen (vgl. S 5 in OZ 11, arg. „R: Wieso steht dann der Name Ihres Vaters in der Anzeige? BF: Überall in den Urkunden in Bangladesch steht immer „Sohn des …“ drinnen. R: In den Beweisstücken steht auch drinnen „Anzeige gegen den Vater und den Bruder“ sowie „Anklageschrift gegen den Vater und nahe Verwandte“. Was sagen Sie dazu? R zeigt BF bzw. Vertreter die entsprechenden Seiten des Protokolls. BF: Dann wird schon stimmen, ich weiß es nicht. Ich bin schon verwirrt von lauter Anzeigen.“).
2.2.7. Der Beschwerdeführer konnte vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft machen, dass gegen ihn ein Strafverfahren nach dem digitalen Sicherheitsgesetz eingeleitet worden oder er sonst in das Blickfeld der bengalischen Behörde geraten sei.
2.2.8. Im gegenständlichen Verfahren brachte der Beschwerdeführer außerdem erstmals vor, wegen seiner Homosexualität eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat zu befürchten. Angesichts seiner gleichbleibenden Schilderung, wonach er seit einem Alter von 16 oder 17 Jahren zu Männern hingezogen fühle (vgl. AS 166 und S 6 in OZ 11), ist allerdings nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer nicht bereits im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz ein entsprechendes Vorbringen zu seiner sexuellen Orientierung erstattete. Anzumerken ist hierzu, dass das Vorbringen zur sexuellen Orientierung zweifelsohne ein besonders intimer Aspekt des Privatlebens ist. Dass es Personen schwerfällt, ihre sexuelle Orientierung im Asylverfahren offenzulegen, ist grundsätzlich verständlich. Im gegenständlichen Fall wäre jedoch zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer angesichts der ihm im Fall der Abweisung seines Antrags drohenden Abschiebung spätestens in der Beschwerdeverhandlung des Vorverfahrens – welche von einem männlichen Richter geleitet wurde – erstattet. Dies konnte der Beschwerdeführer auch vor der belangten Behörde nicht überzeugend darlegen (vgl. AS 166, arg. „V: Ihre Angaben sind nicht nachvollziehbar. Weshalb haben Sie dies dann nicht bereits in Ihrem Vorverfahren erwähnt? Warum stellen Sie den Asylantrag derart verspätet? A: Beim ersten Asylantrag habe ich um politischen Schutz angesucht, da ich wegen eines Strafverfahrens verfolgt wurde, ich war politisch für die BNP tätig, deswegen habe ich nicht um Asyl wegen Homosexualität angesucht. V: Dennoch hatten Sie die Möglichkeit alle Fluchtgründe bereits im Vorverfahren anzugeben und haben dies offensichtlich nicht getan. A: Ja, das stimmt.“). Zudem kann dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung des gegenständlichen Folgeantragsverfahrens erstmals vorgebrachten Argument, er habe bis Ende 2019 nicht gewusst, dass es in Österreich eine Organisation wie Queer Base gebe und Homosexualität nicht strafbar sei (vgl. S 9 in OZ 11), nicht gefolgt werden. Denn der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bereits circa 3,5 Jahre in Österreich aufhältig. Zu seiner diesbezüglichen Erzählung, wonach der Unterkunftsgeber in der XXXX homosexuell gewesen sei und den Beschwerdeführer über die Straffreiheit von Homosexualität in Österreich informiert habe (vgl. S 9 in OZ 11), ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer an dieser Adresse erstmals im Jänner 2020 gemeldet war (vgl. AS 399), er die homosexuelle Beziehung mit T bereits seit November 2019 führe und er den gegenständlichen Antrag schon im Dezember 2019 stellte. Auch sei er nach seiner späteren Schilderung an diese Adresse erst gezogen, nachdem er T kennengelernt habe (vgl. S 10 in OZ 11).
2.2.9. Darüber hinaus ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer – im Sinne der Wahrunterstellung – seine behauptete Neigung zur Homosexualität tatsächlich praktiziert: Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung zwar abschließend vor, dass er „endlich ein Land gefunden habe, wo er seine Sexualität frei ausleben dürfe“ (vgl. S 21 in OZ 11). In diesem Zusammenhang erscheint es aber nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer seine behaupteten homosexuellen Tendenzen in Österreich – abgesehen von der behaupteten Beziehung mit T, somit die ersten 3,5 Jahre seines Aufenthalts und nunmehr seit Mitte 2021 – nicht auslebt und sich auch nach wie vor nicht offen zu seiner sexuellen Orientierung bekennt (vgl. S 12 in OZ 11). Vor dem Hintergrund, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der mündlichen Beschwerdeverhandlung bereits 6 Jahre in Österreich aufhielt, sind seine Verhaltensweisen jedenfalls nicht geeignet, eine homosexuelle Neigung des Beschwerdeführers glaubhaft werden zu lassen.
2.2.10. Auffällig ist auch, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch T jeweils erst im Zuge eines Folgeantrags am 23.12.2019 kurz nach rechtskräftiger Abweisung ihres ersten wegen politischer Verfolgung gestellten Antrags auf internationalen Schutz im Juli (vgl. BVwG 10.07.2019, W195 2213081-1/9E, bezüglich T) bzw. Oktober 2019 (siehe das Vorerkenntnis) eine in Bangladesch drohende Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung behaupteten.
2.2.11. Darüber hinaus lebt T seit mittlerweile mehr als einem Jahr in Portugal. Es wird zwar nicht übersehen, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner diesbezüglichen Aussage sehr gerührt wurde und zu weinen begann (vgl. S 11 in OZ 11). Seine Begründung für den Umzug des T, wonach dieser aus finanziellen Gründen nicht in Österreich habe bleiben können (vgl. S 11 in OZ 11), ist jedoch nicht nachvollziehbar. So lässt sich einer Einsicht in das ihn betreffende Beschwerdeverfahren zur Zahl W195 2213081-2, insbesondere in das mündlich verkündete Erkenntnis (vgl. OZ 9 in W195 2213081-2) und in die eingeholten ZMR-Auszügen (vgl. OZ 2 in W195 2213081-2), entnehmen, dass T nur bis 01.04.2021 im Bundesgebiet gemeldet war und damit noch vor Erlassung des seine Beschwerde abweisenden Erkenntnisses am 20.05.2021 aus dem Bundesgebiet verzog. Es wird zwar auch nicht verkannt, dass T laut dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem keine Leistungen aus der Grundversorgung bezog. Jedoch wird darin auch vermerkt, dass er am 27.12.2019 darauf verzichtete (vgl. OZ 2 in W195 2213081-2). T hätte damit vor seiner Ausreise aufgrund des damals anhängigen Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz wie jeder andere Asylwerber bzw. wie der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung gehabt, wodurch seine Existenz in Österreich sichergestellt gewesen wäre.
Abgesehen davon wäre – wenn es sich tatsächlich um eine derart ernste Beziehung gehandelt hätte, wie vom Beschwerdeführer dargestellt wurde – davon auszugehen, dass T sich nicht vom Beschwerdeführer (örtlich) getrennt hätte und nach Portugal gegangen wäre.
2.2.12. Auch der vernommene Zeuge vermochte den erkennenden Richter nicht von der Homosexualität des Beschwerdeführers überzeugen. Dieser berichtete zwar, dass er den Beschwerdeführer einmal mit T „in flagranti“ erwischt habe und der Beschwerdeführer jetzt die ganze Zeit mit T am Telefon hänge. Die näheren Schilderungen des Zeugen sind aber nicht nachvollziehbar. Dieser meint einerseits, er wisse erst, seitdem er den Beschwerdeführer und T erwischt habe, dass der Beschwerdeführer homosexuell sei. Ferner habe er aber bereits, als er T im Jahr 2020 kennengelernt habe, von der Homosexualität des Beschwerdeführers und des T gewusst (vgl. S 19 in OZ 11). Andererseits schildert er auch, dass er in der XXXX gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und T gelebt und danach ab Mitte 2020 in der XXXX gewohnt habe, wo er den Beschwerdeführer und T dann erwischt habe (vgl. S 20 in OZ 11). Nach dieser Darstellung hätte er T jedoch bereits aus der früheren gemeinsamen Wohnung kennen müssen und damit beim Kennenlernen des T noch nicht von dessen sexuellen Orientierung bzw. der des Beschwerdeführers wissen können. Dieser Widerspruch weckt den massiven Eindruck, dass es sich bei dieser Schilderung um eine konstruierte Geschickte handelt. Auffällig ist dabei auch, dass der Zeuge zunächst beschrieb, er sei in der XXXX gemeldet gewesen, habe aber in der XXXX gewohnt. Darauf meinte er demgegenüber, dass er in der XXXX gewohnt habe, aber dort nicht gemeldet gewesen sei. Schließlich stellte er auf weitere Nachfrage klar, dass er 2017 und 2018 dort gemeldet gewesen sei und als der Beschwerdeführer und T dort gewohnt hätten, nur dort gelebt habe, aber nicht gemeldet gewesen sei.
2.2.13. Zudem wusste der Zeuge im Allgemeinen sehr wenig über die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und T Bescheid. So konnte er weder angeben, seit wann diese bestand oder wie sich der Beschwerdeführer und T kennengelernt haben (vgl. S 20 in OZ 11). Vor dem Hintergrund, dass der Zeuge mit dem Beschwerdeführer bereits seit 3 bis 4 Jahren befreundet sei (vgl. S 18 in OZ 11) und der Beschwerdeführermit dem Zeugen über seine Homosexualität spreche, seitdem er von ihm erwischt worden sei (vgl. S 13 und 19 in OZ 11), wäre allerdings zu erwarten, dass er näher über die Beziehung Bescheid weiß.
2.2.14. Im Übrigen bleibt anzumerken, dass die Eintragungen im Zentralen Melderegister (ZMR) nicht mit den Schilderungen des Beschwerdeführers und des Zeugen übereinstimmen. So kann diesem entnommen werden, dass der Beschwerdeführer erst ab 31.03.2021 in der XXXX – wo der Zeuge den Beschwerdeführer und T erwischt habe (vgl. S 20 in OZ 11) – gemeldet war (vgl. AS 399). Wie bereits ausgeführt, war T aber nur bis 01.04.2021 im Bundesgebiet gemeldet und habe der Zeuge den T schon 2020 kennengelernt (vgl. S 19 in OZ 11; zu seinen widersprüchlichen Angaben in diesem Zusammenhang siehe oben 2.2.12.).
Der Zeuge habe etwa nur bis Mitte 2020 in der XXXX gelebt und den Beschwerdeführer, den er seit 4 Jahren kenne, dort in der WG kennengelernt (vgl. S 18 in OZ 11). Der Beschwerdeführer und T waren dort aber erst ab Ende Juli 2020 gemeldet. Ferner beschrieb der Beschwerdeführer beispielsweise auch, dass T, als der Beschwerdeführer ihn kennenlernte, im 15. Bezirk gewohnt habe und er dann zu ihm gezogen sei (vgl. S 10 in OZ 11). Es haben jedoch beide erst am 07.01.2020 ihren behördlichen Hauptwohnsitz an eine Adresse im 15. Bezirk verlegt und waren in der Folge gemeinsam an verschiedenen Adressen in Wien gemeldet. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht erklärlich, weshalb der Beschwerdeführer, befragt nach der gemeinsamen Wohnung mit T, nur eine Adresse im 20. Bezirk nannte (vgl. S 16 in OZ 11).
2.2.15. Vor diesem Hintergrund können auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten zahlreiche Fotos und Screenshot aus Chatverläufen mit T das Bundesverwaltungsgericht von einer homosexuellen Neigung des Beschwerdeführers nicht überzeugen. Das im Zuge der letzten Eingabe vom 23.06.2022 vorgelegte Schreiben des T erweist sich ferner als vollkommen unsubstantiiert.
2.2.16. Schließlich wird auch nicht übersehen, dass der Beschwerdeführer Mitglied im Verein Queer Base ist, wo er auch Beratungsgespräche in Anspruch nahm, und auch im Verein HOSI war. Soweit der Beschwerdeführer zu seiner im Jahr 2021 beendeten Mitgliedschaft bei HOSI vorbringt, dass es die Mitgliedschaft jetzt so nicht mehr gibt, ist darauf hinzuweisen, dass laut den auf der Homepage des Vereins veröffentlichten Informationen, eine Mitgliedschaft weiterhin möglich ist (vgl. https://www.hosiwien.at/deine-unterstuetzung/mitgliedschaft/ ). In diesem Zusammenhang wird in der Beschwerde weiters vorgebracht, dass Mitgliedskarten von dem Verein nur ausgehändigt werden, wenn die Vertretung des Vereins von der Homosexualität der jeweiligen Person überzeugt ist. Unabhängig von dem Umstand, dass nach den auf der Website des Vereins auffindbaren Vereinsstatuten alle natürlichen und juristischen Personen Mitglieder des Vereins werden können, die den Vereinszweck unterstützen wollen (vgl. https://www.hosiwien.at/ueber-uns/statuten/ ), kann nicht bereits aufgrund dieses Umstands von der Homosexualität des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Dies stellt vielmehr einen Aspekt dar, der im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung bezüglich der Glaubhaftmachung der sexuellen Orientierung des Beschwerdeführers zu berücksichtigen ist.
2.2.17. Ferner lässt die Teilnahme an einem Fernseh-Interview, in welchem der Beschwerdeführer über ihm von der belangten Behörde gestellte, unangemessene Fragen berichtete, per se nicht auf seine homosexuelle Neigung schließen. Es bleibt jedoch der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass im behördlichen Verfahren gestellte, im Hinblick auf die Intimsphäre des Beschwerdeführers problematische Fragestellungen im Rahmen der gegenständlichen Beweiswürdigung außer Acht gelassen wurden und diese im Übrigen keinen Mehrwert zur Wahrheitsfindung boten.
2.2.18. In einer Gesamtbetrachtung der Umstände, konnte der Beschwerdeführer dem erkennenden Richter nicht glaubhaft machen, dass er homosexuell sei. Der Beschwerdeführer weckte mit seinen Angaben und dem gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der unmittelbar nach dem negativen Abschluss seines Verfahrens über seinen ersten Asylantrag gestellt wurde, den Eindruck, dass er eine Verfolgungsgefährdung konstruieren wollte, um eine Ausreise aus Österreich zu vermeiden.
2.2.19. Zu dem in der zuletzt eingebrachten Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 23.06.2022 als Zeuge beantragte T bleibt abschließend darauf hinzuweisen, dass dieser Beweisantrag erst nach Schluss des Ermittlungsverfahrens gestellt wurde.
Gemäß § 39 Abs. 4 AVG ist das Ermittlungsverfahren auf Antrag fortzusetzen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass Tatsachen oder Beweismittel ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeiführen würden.
Späteres Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln durch die Parteien ist damit nur mehr unter besonderen, an die Wiederaufnahme wegen „nova reperta“ (§ 69 Rz 28 ff) angelehnten Voraussetzungen möglich (vgl. RV 2018 , 4). In diesem Sinn muss nicht nur das nachträglich Vorgebrachte nunmehr (vgl. hingegen § 39 Abs 3 AVG aF [arg „könnten“; Wiederin, ecolex 1999, 371]) derart beschaffen sein, dass es „voraussichtlich“ (§ 69 Rz 45) zu einem anderen Spruch führt (Leeb, ZVG 2019, 110). Vor allem aber reicht selbst eine solche Ergebnisrelevanz des neuen Vorbringens nicht hin (und ist daher von der Behörde nicht zwingend zu prüfen [vgl. Rz 50]), sondern die Partei muss zunächst glaubhaft machen, dass die nachträglich vorgetragenen Tatsachen oder Beweismittel ohne ihr Verschulden nicht vor der Schlusserklärung geltend gemacht werden konnten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 46).
Der Beschwerdeführer erstattete jedoch keinerlei Vorbringen dazu, weshalb es ihm ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei, den entsprechenden Zeugenantrag bereits im Zuge der Stellungnahme vom 27.05.2022 oder im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu stellen und ist dies auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Zudem ist der Antrag aus dem Grund unvollständig, als daraus nicht hervorgeht, welcher Sprache T spricht. Insofern wäre schon eine telefonische Kontaktaufnahme, bei der – wie sich aus den vorgelegten Urkunden ergibt – nicht mit einer sofortigen Herstellung einer Telefonverbindung gerechnet werden kann. Die vorsorgliche Beiziehung eines Dolmetschers für die bengalische Sprache wäre für derartige Versuche einer Kontaktaufnahme mit T enorm, weshalb der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht im ausreichenden Maß nachgekommen ist und sich der Beweisantrag als verspätet und damit unzulässig verweist. Die Einvernahme des T als Zeugen war somit nicht erforderlich.
Im Übrigen ging das erkennende Gericht ursprünglich davon aus, dass T nicht als Zeuge vor dem Bundesverwaltungsgericht befragt werden könnte, weil bereits in der Stellungnahme vom 27.05.2022 eine (andere) Adresse von ihm genannt wurde, jedoch ohne dessen Telefonnummer anzugeben und ohne diesen als Zeugen zu beantragen, sodass davon ausgegangen wurde, dass mit T kein Kontakt im Sinn der Rechtsprechung (vgl. VwGH 18.11.2021, Ro 2021/22/0012) hergestellt werden könne.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 05.07.2021 (Version 4).
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen wurden in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wurde ermöglicht dazu eine Stellungnahme abzugeben, wobei dieser den Länderberichten nicht substantiiert entgegentrat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des Asylberechtigten:
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht (vgl. Beweiswürdigung).
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten durch die belangte Behörde im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten:
3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verneinen (vgl. etwa VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Bangladesch aufgewachsen ist, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen erwachsenen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er verfügt darüber hinaus über eine 12-jährige Schulbildung sowie über Arbeitserfahrung als Koch. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Zudem lebt die Kernfamilie des Beschwerdeführers nach wie vor in Bangladesch, zu der er Kontakt wiederaufnehmen könnte und von der anzunehmen ist, dass diese den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr finanziell unterstützt.
Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die eine relevante Gefährdung nach Art. 3 EMRK erkennen lässt. Im Hinblick auf das Alter und den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“
Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch jenem des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und es ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen.
Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet; er ist kein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.
3.3.2. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes, fand. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Unter dem „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen. In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu (vgl. Sisojeva ua/Lettland, EuGRZ 2006, 554).
3.3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der erwachsene Beschwerdeführer ist ledig, hat keine Kinder und lebt in keiner Ehe, eheähnlichen Beziehung oder in einer dem gleichkommenden Partnerschaft. Es besteht somit kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK in Österreich, weshalb die Rückkehrentscheidung nicht in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen würde.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte in weiterer Folge im April 2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, der im Oktober 2019 rechtkräftig abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen wurde. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und verblieb rechtswidrig im Bundesgebiet, bis er kurz darauf im Dezember 2019 den gegenständlichen Folgeantrag stellte. Er verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren (vgl. dazu EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi/Vereinigte Königreich, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK entstanden ist).
Das Gewicht des bestehenden Privatlebens wird damit vor allem auch dadurch erheblich gemindert, dass die Begründung des Privatlebens zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Beschwerdeführer sich seines unsicheren Aufenthaltes bewusst sein musste.
Der Beschwerdeführer verfügt über ein A2-Deutschzertifikat und konnte eine Einstellungszusage vorlegen. Ferner ist er Mitglied im Verein Queer Base und war Mitglied im Verein HOSI Wien. Hinweise auf sonstige zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.
Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen (vgl. VwGH 21.01.1999, 98/18/0424). Der Verwaltungsgerichtshof geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände zu Recht davon ausgegangen, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen nicht zu erteilen ist.
3.3.4. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Bangladesch unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.3.5. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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