BVwG L515 2164604-1

BVwGL515 2164604-111.8.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L515.2164604.1.00

 

Spruch:

L515 2164602-1/6E

 

L515 2164601-1/7E

 

L515 2164608-1/6E

 

L515 2164607-1/6E

 

L515 2164604-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. ARMENIEN, gesetzlich vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrenshergang

 

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP5" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise (bP1 – bP4) in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 6.3.2014 , bzw. nach ihrer Geburt im Bundesgebiet im Jahre 2016 (bP5) bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

I.2. Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP 3- bP5.

 

I.3. In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

 

" ? Sie sind um den 06.03.2014 gemeinsam mit dem Ehepartner und zwei Kindern unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Sie haben am selben Tag beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG eingebracht. Ferner gaben Sie an, den Namen XXXX zu führen, Staatsangehöriger von Armenien und am XXXX geboren zu sein.

 

? Auch Ihre Mutter Frau XXXX , geboren am XXXX , IFA XXXX , war mit Ihnen gemeinsam nach Österreich eingereist, jedoch am XXXX 2016 freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe durch IOM Österreich in den Heimatstaat zurückgekehrt.

 

? Am 06.03.2014 wurden Sie bei der PI Traiskirchen zu Ihren Fluchtgründen befragt und gaben an, dass Sie armenischer Staatsbürger, armenischer Volksgruppe und armenischer Religion wären.

 

? Zum Fluchtgrund führten Sie Folgendes aus:

 

Ich hatte Waren im Wert von 135.000.- USD verkauft. Die Waren wurden auch bezahlt, jedoch kam das Geld nicht in der Firma an. Das Geld wurde vermutlich von Mitarbeitern abgefangen und nicht weitergegeben. Da ich für das Geld verantwortlich war haben sie von mir verlangt das Geld zu bezahlen. Sie bedrohten daraufhin mich und meine Familie.

 

Deshalb mussten wir unser Land verlassen. Sonst habe ich keine Fluchtgründe.

 

? Sie haben die Heimat auf legalem Wege im Besitz des eigenen authentischen Reisepasses verlassen. Zum Reiseweg machten Sie folgende Angaben:

 

Am 03.03.2014 gegen 19:00 Uhr fuhr ich gemeinsam mit meiner Ehefrau, meiner Mutter und meinen Kindern von Jerewan in die Ukraine nach XXXX . Wir waren ca 24 Stunden unterwegs bis wir dort ankamen. Dort blieben wir ca eine Stunde. Danach fuhren wir mit einem kleinen Minivan weiter bis hier kurz vor das Lager. Die Fahrt mit dem Minivan dauerte etwa 40 Stunden.

 

Wir kamen ca gegen 12:00 Uhr hier an. Wir gingen ca 50 Meter bis zum Lager hierher.

 

? Sie führten aus, dass Sie den Schlepper in Donezk getroffen hätten und dieser Sie dann gegen Bezahlung von 25.000 US-Dollar auf Ihnen unbekannten Wegen von der Ukraine nach Österreich gebracht hätte. Die Reise von Armenien in die Ukraine im Besitz Ihres eigenen authentischen Reisepasses hätte Sie zusätzlich 2.000 US Dollar gekostet.

 

? Zu Ihren persönlichen Daten wurde bekannt, dass Sie armenischer Staatsbürger, armenischer Volksgruppe und Angehöriger der armenisch-apostolischen Religion sind. Sie gehören der Mehrheitsbevölkerung in Armenien an. Sie sind verheiratet und geben zum Beruf Leiter der Verkaufsabteilung der Firma XXXX an. Sie stammen aus XXXX und haben dort im Zeitraum von XXXX bis XXXX die Grundschule und im Zeitraum von XXXX bis XXXX die Universität besucht. Sie befürchten bei der Rückkehr Probleme mit Privatpersonen.

 

? Sie sind gemeinsam mit der Ehefrau, zwei Kindern und der Mutter nach Österreich gekommen. Bei Ihrer Familie handelt es sich einschließlich Ihrer Person um

 

[Anm.: Nennung der bP]

 

Ihre Mutter XXXX , XXXX geboren, hat ebenso mit Ihnen gemeinsam die Reise nach Österreich angetreten und hier in Österreich einen Asylantrag gestellt (Anm.: IFA XXXX ). Ihre Mutter ist am XXXX 2016 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus Österreich nach Armenien zurückgekehrt.

 

? Einen Beweis Ihrer Identität legten Sie in Form der Heiratsurkunde Nr. XXXX vom XXXX vor.

 

? Am 31.03.2015 haben Sie gemeinsam mit dem Ehepartner im Einkaufsmarkt XXXX versucht zu stehlen und wurden dann zur Anzeige gebracht.

 

? Am 11.05.2017 wurden Sie gemeinsam mit XXXX sowie XXXX im XXXX Markt XXXX neuerlich beim Stehlen erwischt.

 

? Am 14.06.2017 erfolgte eine Einvernahme beim Bundesasylamt, XXXX . Die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift wird im Folgenden zur Gänze wiedergegeben:

 

Auf die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Rechtsberater, dessen Räumlichkeit sich gegenüber dem Warteraum der Außenstelle befindet, wurde ich hingewiesen. Die Parteienverkehrszeiten der Rechtsberatung sind an der Tür des Rechtsberatungszimmers ersichtlich.

 

Die Referentin klärt den Antragsteller über die Rolle der anwesenden Personen und den Verlauf der Einvernahme auf. Der Verfahrensablauf wird zusammengefasst und erörtert.

 

F.: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände.

 

A.: Nein.

 

F.: Haben Sie Dokumente, welche Ihre Identität beweisen.

 

A.: Ich habe meine Geburtsurkunde, meine Heiratsurkunde und meinen Militärausweis in Vorlage gebracht.

 

Anm.:

 

Armenische Geburtsurkunde Nr. XXXX

 

Armenische Heiratsurkunde Nr. XXXX

 

Armenischer Militärausweis Nr. XXXX

 

Darüberhinaus lege ich Folgendes vor:

 

Arztbrief aus XXXX vom XXXX

 

Anzeigenbestätigung vom XXXX

 

Juristische Bestätigung aus XXXX über Konsultation datiert mit XXXX

 

Juristische Bestätigung aus XXXX über Konsultation datiert mit XXXX

 

Arbeitsvertrag – Einkommensbestätigung vom 01.11.2010 (Kollektivvertrag)

 

Arbeitsvertrag vom 22.01.2014, Firma XXXX samt englischer Übersetzung

 

Dienstzeugnis bzw. Tätigkeitsbeschreibung vom 26.03.2010

 

Arbeitsvertrag (gesetzlich vorgesehen) vom 26.04.2010

 

Bestätigung der ukrainischen Universität in XXXX betreffend XXXX vom

XXXX

 

Bestätigung betreffend XXXX von 08.08.2006 bis 20.02.2014 – XXXX

 

Teilnahmebestätigung eines Kurses in der XXXX betreffend XXXX vom 15.03.2011

 

Anmeldung für Sprachprüfung betreffend XXXX vom XXXX

 

Vier Bestätigungen Sprachkurse betreffend XXXX

 

Anmeldung für Sprachprüfung betreffend XXXX vom XXXX

 

Vier Bestätigungen Sprachkurse betreffend XXXX

 

Stellungnahme der Schule betreffend XXXX

 

Schulnachricht XXXX

 

Schulnachricht XXXX

 

Unterstützungserklärung vom 12.06.2017 von XXXX

 

Unterstützungserklärung vom 29.05.2017 von XXXX

 

Unterstützungserklärung undatiert von XXXX

 

Unterstützungserklärung vom 12.06.2017 von XXXX

 

Unterstützungserklärung vom 31.05.2017 von XXXX

 

Unterstützungserklärung undatiert von XXXX , XXXX und XXXX r

 

Unterstützungserklärung undatiert von XXXX und XXXX

 

Unterstützungserklärung undatiert von XXXX , XXXX

 

Geburtsurkunde von XXXX samt Auszug aus dem Geburtenregister

 

Diplom betreffend XXXX von der Nord Universität XXXX vom XXXX samt Nostrifikation

 

Diplom betreffend XXXX von der Finanzuniversität XXXX vom XXXX

 

..

 

F.: Wie geht es Ihnen gesundheitlich.

 

A.: Danke, sehr gut.

 

..

 

F.: Können Sie Deutsch.

 

A.: Ja.

 

F.: Verstehen Sie den Dolmetsch einwandfrei.

 

A.: Ja, ich spreche armenisch und bin damit einverstanden, dass die Einvernahme heute in der Sprache Armenisch durchgeführt wird.

 

F.: Welche Sprachen, außer armenisch, sprechen Sie noch.

 

A.: Ich spreche auch Russisch und mittlerweile Deutsch

 

Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ich jederzeit bei Verständigungsschwierigkeiten beim Dolmetscher rückfragen kann.

 

Mir wird weiters zur Kenntnis gebracht, dass die nachträgliche Behauptung von Verständigungsschwierigkeiten der freien Beweiswürdigung unterliegen.

 

F.: Welche Ausbildung hat XXXX in XXXX erhalten.

 

A.: Meine Tochter XXXX hat in XXXX die XXXX , XXXX besucht. Sie hat die Schule vom Herbst 2010 bis zur Ausreise besucht, der letzte Schultag war am 17.02.2014.

 

F.: Welche Ausbildung hat XXXX in XXXX erhalten.

 

A.: Mein Sohn XXXX hat in XXXX die XXXX , XXXX besucht. Er hat die Schule vom Herbst 2013 bis zur Ausreise besucht, der letzte Schultag war am 17.02.2014

 

F.: Wann und von welcher Behörde wurde Ihr Reisepass ausgestellt.

 

A.: Mein Reisepass wurde mir unmittelbar vor der Ausreise von der zuständigen Behörde in XXXX ausgestellt. Sowohl meine Mutter, meine Gattin und meine beiden Kinder verfügten damals über einen eigenen authentischen armenischen Reisepass, mit dem wir die Grenze von Armenien in die Ukraine legal überschritten. In der Ukraine vertrauten wir uns einem Schlepper an, dem wir 25.000 US Dollar übergaben, damit er uns nach Europa bringe.

 

F.: Schildern Sie Ihr Berufsleben die letzten drei Jahre vor der Ausreise.

 

A.: Ich habe nach dem Abschluss meines Studiums im Jahre 2003 im Verkauf eines Unternehmens das mit Elektronischen Ausrüstungsgegenständen handelte. Ich war dort als Verkaufs-Manager. Ich arbeitete dort bis Ende März 2010. Dann habe ich ab 01.04.2010 bei der Firma XXXX gearbeitet, ich wurde dort mit XXXX 2014 gekündigt. Ich war in diesem Unternehmen ebenso als Verkaufs-Manager. Ich bin am 03.03.2014 ausgereist und habe in der Firma XXXX noch bis XXXX 2014 gearbeitet, dann habe ich das Unternehmen verlassen.

 

F.: Haben Sie gekündigt, wurden Sie gekündigt, haben Sie sich Urlaub genommen oder haben Sie das Unternehmen einfach so verlassen.

 

A.: Ich bin am XXXX 2014 einfach nicht mehr zur Arbeit erschienen.

 

F.: Welchen Beruf übt Ihre Gattin aus.

 

A.: Meine Gattin hat zuletzt bei einer Bank gearbeitet und zwar ebenso bis XXXX oder XXXX 2014. Dann ging meine Frau in unser Sommerhaus im Dorf XXXX , Land XXXX – ich reiste meiner Gattin hinterher und zwar nachdem ich meinen Arbeitsplatz verlassen konnte. Das Sommerhaus gehört eigentlich der Schwester meiner Frau namens

XXXX .

 

F.: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen.

 

A.: Am XXXX 2014.

 

F.: Wann haben Sie ihr Heimatland tatsächlich verlassen.

 

A.: Am XXXX 2014.

 

F.: Wo waren Sie die letzte Nacht vor ihrer Ausreise aufhältig.

 

A.: Gemeldet war ich zuhause an meiner Heimatadresse, diese lautet XXXX , im Zentrum XXXX . Die letzten Tage vor der Ausreise verbrachte ich im Sommerhaus meiner Schwägerin XXXX im Dorf XXXX .

 

F.: Beschreiben Sie die Unterkunft an der Adresse XXXX , im Zentrum

XXXX .

 

A.: Es handelt sich um eine Drei-Zimmer-Eigentumswohnung im Zentrum, welche sich im Besitz meiner Mutter befindet.

 

F.: Steht die Wohnung leer.

 

A.: Ja, die Wohnung steht leer.

 

F.: Reisten Sie schlepperunterstützt nach Österreich ein.

 

A.: Ja.

 

F.: Wie viel verlangte die Schlepperorganisation.

 

A.: 25.000 US Dollar.

 

F.: Woher haben Sie das Geld.

 

A.: Ich hatte Ersparnisse, besaß Gold und erhielt sowohl von meinen Eltern als auch von den Eltern meiner Frau Geld für die Ausreise.

 

F.: Was wurde für den Schlepperlohn vereinbart.

 

A.: Europa.

 

F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

 

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

 

A.: In meiner Funktion als Verkaufsmanager der Firma XXXX war ich dafür verantwortlich gemacht worden, dass Waren im Wert von 135.000.- USD, zwar weitergegeben, aber nicht bezahlt worden sind.

 

Meine Tätigkeit bei der Firma XXXX war die eines Vertreters. Ich hatte einen Firmenwagen und betreute damit einen Kundenkreis in XXXX . Ich fuhr zu den Geschäften und nahm mit einem kleinen Computer die Aufträge entgegen, leitete die Aufträge an die Firmen-Zentrale in XXXX weiter und die Firma lieferte dann mit Hilfe von Boten aus. Die Boten erhielten die Aufträge dann von der Firmenzentrale direkt.

 

Ich hatte im Monat gewisse Verkaufszahlen zu liefern (das war vertraglich so vereinbart), erreichte ich die Verkaufszahlen nicht, so ging ich dazu über Waren ohne Lieferschein (schwarz) zu verkaufen. Verkaufte ich schwarz hatte ich viel größere Aufträge, als legal.

 

XXXX arbeitet mit XXXX und XXXX zusammen und wir haben viele Großaufträge entgegengenommen. Es wurden aber auch, wie gesagt, illegale Geschäfte gemacht. Es wurden von mir Waren im Wert von 135.000 US Dollar an XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) verkauft.

 

Auf Nachfrage gebe ich an, ich kann weder angeben, wie die vollständigen Namen dieser oben erwähnten Personen lauten, noch kann ich angeben, welche Firma diese Personen hatten. Ich habe auch keine Adresse von diesen Leuten. Ich habe mit diesen Personen illegale Geschäfte gemacht.

 

Ich habe deswegen diese Geschäfte getätigt, da mein Vorgesetzter XXXX mich damit beauftragte bzw. mir diese Vorgangsweise gestattete. Es gibt aber weder einen Lieferschein betreffend die Personen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) noch gibt es eine schriftliche Anweisung von XXXX . Die Schwarz-Verkäufe waren üblich und es gab darüber nur ein stillschweigendes Übereinkommen mit XXXX

.

 

XXXX ist kaufmännischer Leiter der Firma XXXX . Ich kenne den Eigentümer der Firma nicht - XXXX war jedenfalls nicht beteiligt und auch nicht Eigentümer der Firma. Die Firma gehört einem Oligarchen namens XXXX und XXXX . Ich bin mir dessen aber nicht sicher. Die Firma könnte auch jemand anderem gehören.

 

XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) sollten die Waren bekommen. Das Büro der Firma XXXX hat Boten beschäftigt. Die Boten führen Namen XXXX und XXXX (Familienname unbekannt). Diese Boten sind Mitarbeiter der Firma XXXX . Diese Boten sollten die Ware abliefern und gleichzeitig bei XXXX , XXXX , XXXX und XXXX Geld (also 135.000 US Dollar) kassieren und das in die Handkasse der Firma XXXX legen. Die Boten XXXX und XXXX taten das aber nicht.

 

Einer von den Boten ist überhaupt verschwunden, sein Name lautet XXXX . Dieser ist untergetaucht.

 

Ich erhielt am 07.02.2014 um 19.00 Uhr einen Telefonanruf meines Chefs XXXX , dass aus der Handkassa 135.000 US Dollar fehlen würden. Ich sollte in die Firma kommen. Wir haben dann gemeinsam versucht die beiden zu erreichen. Wir suchten dann die Adressen der beiden und ich erklärte mich bereit diese privat aufzusuchen. XXXX war nicht zuhause. XXXX war zuhause und sagte, dass XXXX das Geld 135.000 US Dollar mitgenommen hätte um es in die Handkasse zu legen.

 

Ich habe XXXX noch öfter gesucht. Ich habe ihn nicht gefunden. Ich habe erfahren, dass er ledig ist, keine Kinder hat und dass seine Mutter an Krebs leidet. Somit gehe ich davon aus, dass er das Geld brauchte und damit verschwand.

 

Aus diesem Grunde bin ich am 17.02.2014 nicht mehr zur Arbeit erschienen. Ich bin am 16.02.2014 noch im Büro gewesen. Ich habe aber an diesem Tag nicht gearbeitet. Ich bin geschlagen worden und ich bin aufgefordert worden, das Geld selbst zu bezahlen. Am nächsten Tage in der Früh konnte ich die Lagerhalle verlassen – nahm mir ein Taxi und begab mich zu meinem Freund.

 

Ich wurde von der Direktion XXXX N verantwortlich gemacht für diesen Verlust, ich sollte den Schaden wiedergut machen. Da ich mich aber weigerte, wurde ich am 16.02.2014 bedroht. Ich habe die Firma am 17.02.2014 nicht mehr betreten und begab mich in das Sommerhaus meiner Schwägerin.

 

Der Antragsteller schweigt.

 

F.: Sie sagten, Sie wären Vertreter gewesen. Sie hätten Kunden betreut, die Aufträge entgegengenommen, diese Aufträge dann an die Firma weitergeleitet und die Firma hätte sich dann um die Auslieferung gekümmert bzw. die Auslieferung abgewickelt

 

A.: Ja, das stimmt. Mit der Auslieferung der Waren selbst hatte ich nichts zu tun. Ich war für die Kundenbetreuung verantwortlich und nur dafür.

 

F.: Wurden die Waren, welche ohne Lieferschein ausgeliefert werden sollten, auch von der Firmenzentrale ausgeliefert oder haben Sie diese "schwarzen" und somit illegalen Lieferungen durchgeführt.

 

A.: Nein, auch diese "schwarzen" und somit illegalen Lieferungen wurden von der Firmenzentrale durchgeführt, das Büro hat die Boten hier ebenso wie bei den legalen Lieferungen mit der Auslieferung beauftragt. Die Boten waren hier wie dort mit der Auslieferung und mit der Entgegennahme des Kaufpreises in Bar beauftragt. Die Boten hatten dann die Beträge (sowohl bei legalen als auch bei illegalen Aufträgen) abzuliefern.

 

F.: Wusste das Büro, dass es sich um illegale Lieferungen handelte.

 

A.: Ja, denn hier wurde kein Lieferschein ausgestellt.

 

F.: Wie wussten dann die Boten, wem sie welche Produkte zuzustellen hatten, wenn es keinen Lieferschein gegeben hatte.

 

A.: Das weiß ich nicht, das wurde vom Büro irgendwie organisiert.

 

F.: Hat hier nicht die Firmenleitung selbst die Aufsicht grob vernachlässigt.

 

A.: Ja, sicher, aber dennoch wurde ich verantwortlich gemacht.

 

V.: Sie gaben an, Sie würden die Personen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX nur mit Vornamen und nicht mit Familiennamen kennen. Wie konnten dann diesen Personen die entsprechenden Waren durch die Boten zugestellt werden, wenn nicht einmal Ihnen, als Kundenbetreuer, die Identität dieser Personen bekannt ist. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Nein. Ich kann dazu nichts sagen. Das muss das Büro der Firma XXXX wissen.

 

F.: Wer bedroht Sie denn konkret.

 

A.: Ich kenne diese Personen nicht.

 

F.: Wer vermuten Sie, dass Sie bedroht.

 

A.: Ich kann darüber überhaupt keine Auskunft geben. Es geht darum dass der Bote namens XXXX 135.000 US Dollar entwendete und ich dafür verantwortlich gemacht werde.

 

F.: Wann sind Sie bedroht worden.

 

A.: Ich kann das heute nicht mehr genau sagen. Ich bin in eine Lagerhalle verschleppt worden, das war am 13.02.2014.

 

V.: Sie sagten aber eben, dass Sie am 16.02.2014 in eine Lagerhalle verschleppt worden sind. Nunmehr geben Sie an, Sie wären am 13.02.2014 in eine Lagerhalle verschleppt worden. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Ich bin am 13.02.2014 und am 16.02.2014 in eine Lagerhalle verschleppt worden. Die mir unbekannten Personen (es handelt sich um zwei Männer) die haben bei meiner Gattin vorgesprochen und zu ihr gesagt, dass Sie in Ihrer Funktion als Bankangestellte den beiden unbekannten einen Kredit geben möge. Am 13.02.2014 ist mir auch mein Mobiltelefon abgenommen worden.

 

F.: Haben Sie die geschilderten Vorfälle zur Anzeige gebracht.

 

A.: Ich habe diesen Vorfall, als ich am 13.02.2014 in eine Lagerhalle verschleppt worden war, bei der Polizei in XXXX zur Anzeige gebracht. Die Anzeige erstattete ich 14.02.2014.

 

F.: Haben Sie den zweiten Vorfall vom 16.02.2014 auch zur Anzeige gebracht.

 

A.: Nein, diesen Vorfall habe ich nicht mehr zur Anzeige gebracht.

 

F.: Warum haben Sie den zweiten Vorfall nicht mehr zur Anzeige gebracht.

 

A.: Ich sah darin keinen Sinn. Zudem ist meine Frau bedroht worden – am 15.02.2014 kamen die beiden unbekannten bei mir zuhause, durchsuchten die ganze Wohnung und verlangten von meiner Frau, dass sie ihnen einen Kredit gewähre. Ich war damals nicht zuhause. Meine Frau hat mich dann angerufen und ich eilte nach Hause.

 

F.: Wann ist ihnen nun Ihr Mobiltelefon abgenommen worden. Sie haben angegeben, dass Ihnen Ihr Mobiltelefon am 13.02.2014 abgenommen worden ist. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Ich gebe nunmehr an, meine Mobiltelefon ist mir am 17.02.2014 abgenommen worden, ich bin an diesem Tage das zweite Mal entführt und in eine Lagerhalle verschleppt worden.

 

V.: Sie haben vorhin angegeben, dass Sie am 16.02.2014 das zweite Mal verschleppt und geschlagen worden sind. Nunmehr geben Sie an, dass Sie am 17.02.2014 das zweite Mal verschleppt und geschlagen worden sind. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Das Ganze liegt schon lange zurück und ich kann mich nicht mehr so genau erinnern. Ich vermute ich bin nicht am 16.02.2014 sondern am 17.02.2014 das zweite Mal verschleppt worden.

 

Ich möchte dazu noch ausführen, dass ich von einem unbekannten Mann am 17.02.2014 auf meinem Mobiltelefon angerufen worden bin. Dieser sagte, XXXX wäre gefunden, dieser hätte die gesuchte Summe bei sich gehabt und ich wäre nun nicht mehr für den Verlust des Geldes (135.000 US Dollar) verantwortlich. Dieser unbekannte Mann sagte zu mir, er wünsche sich mit mir zu treffen. Wir trafen uns in einer Lagerhalle. Dort wurde ich dann geschlagen und von mir wurde neuerlich Geld gefordert. Bei dem Treffen hatte es sich um eine Falle gehandelt. Ich wurde geschlagen und konnte am nächsten Tag entweichen.

 

Am 17.02.2014 war meine Frau auf dem Weg in die Bank ( XXXX ). Auf dem Weg ist sie von unbekannten angesprochen worden. Sie ist auch bedroht worden. Meine Frau ist dann in die Bank gegangen. Nachdem der Arbeitstag beendet war, ging meine Frau in die Schule um die Kinder zu holen. Als meine Frau und die Kinder wieder zuhause waren, holten Sie die Schlüssel zum Sommerhaus und fuhren dorthin.

 

F.: Hat Ihre Frau am 17.02.2014 die Arbeitsstelle verlassen.

 

A.: Ja, das war der letzte Arbeitstag.

 

Vorhalt: Sie legten heute eine Bestätigung vor, dass Ihre Frau vom 08.08.2006 bis 20.02.2014 bei der XXXX beschäftigt gewesen sein soll. Nunmehr soll Ihre Frau aber die Bank schon am 17.02.2014 endgültig verlassen haben. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Ich kann dazu nichts sagen, meine Frau soll ihnen das erklären. Vielleicht hat sie bei der Bank falsche Daten angegeben.

 

Meine Frau wurde am 17.02.2014 von einer unbekannten Person angerufen. Diese unbekannte Person hat meine Frau informiert, dass mir nichts passiert sei und es nicht erwünscht sei, dass meine Frau zur Polizei ginge. Ich konnte dann am 18.02.2014 das Lager verlassen und nahm mir ein Taxi zu meinem Freund und rief meine Frau an, diese sagte mir, sie wären im Sommerhaus und ich reiste am 18.02.2014 in den Morgenstunden zum Sommerhaus meiner Schwägerin, wo ich mich gemeinsam mit der Familie bis zur Ausreise am 03.03.2014 aufhielt.

 

F.: Wie konnten Sie die Lagerhalle verlassen.

 

A.: Die Hintertür war für mich leicht zu öffnen und ich ging einfach. Die dachten wohl nicht, dass ich noch gehen könnte.

 

F.: Warum haben Sie mit der Ausreise noch bis 03.03.2014 gewartet.

 

A.: Wir benötigten diese Zeit um mit einem Bekannten in der Ukraine Kontakt aufzunehmen. Wir organisierten den Aufenthalt der Familie in der Ukraine. Zudem mussten wir noch das Geld auftreiben, das wir dem Schlepper in der Ukraine übergeben sollten.

 

F.: Wie kamen Sie in den Besitz der Summe für den Schlepper.

 

A.: Meine gesamte Familie, also meine Eltern und mein Bruder und auch die Verwandten meiner Frau, also ihre Eltern und Ihre Schwester sind von den unbekannten Personen bedroht worden. Deswegen hat auch meine Mutter gemeinsam mit uns die Heimat verlassen. Deswegen hat mein Freund uns geholfen. Mein Freund XXXX hat unsere Wohnung aufgesucht und hat den Goldschmuck geholt. Er hat diesen Schmuck für uns verkauft und uns das Geld gebracht. Dann hat XXXX meine Eltern aufgesucht und diese um Geld ersucht und uns dieses ins Sommerhaus gebracht. Dann hat XXXX meine Schwiegereltern aufgesucht und diese um Geld gebeten und uns dieses gebracht. In meiner Wohnung war auch noch etwas Bargeld, das hat XXXX ebenso geholt und es uns ins Sommerhaus gebracht. XXXX XXXX hat uns insgesamt ca. vier Mal im Sommerhaus aufgesucht.

 

Das ist alles, was ich zu sagen habe.

 

V.: Ihre Mutter trotz der behaupteten Verfolgung am XXXX 2016 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in die Heimat Armenien zurückgekehrt. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Ja. Meine Mutter hatte keine Probleme in der Heimat.

 

F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.

 

A.: Nein.

 

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

 

A.: Ja.

 

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

 

A.: Ich hätte wiederum Probleme wegen des verschwundenen Geldes.

 

F.: Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen eine Ausweisung sprechen? Haben Sie familiäre Interessen in Österreich?

 

A.: Ich habe hier nur meine Familie.

 

F.: Leben Sie mit jemandem in Österreich zusammen, wenn ja, seit wann?

 

A.: Ich lebe mit der Familie zusammen.

 

F.: Haben Sie weitere Verwandte in Österreich?

 

A.: Ich habe außerhalb meiner Familie keine Verwandten in Österreich.

 

F.: Haben Sie private Interessen (Grundstücke, Firmen, Aktien) in Österreich? Wenn ja, konkretisieren Sie diese!

 

A.: Nein.

 

F.: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig?

 

A.: Nein.

 

F.: Besuchten Sie in Österreich irgendwelche Kurse oder absolvierten sie eine Ausbildung?

 

A.: Ich besuche einen Deutsch-Kurs mit meiner Familie spreche ich armenisch.

 

F.: Von welchen finanziellen Mitteln bestreiten Sie Ihren derzeitigen Lebensunterhalt?

 

A.: Ich lebe von der Grundversorgung.

 

F.: Sind Sie derzeit berufstätig?

 

A.: Ich arbeite nicht.

 

F.: Was machen die Kinder in Österreich.

 

A.: Meine Kinder besuchen hier die Schule. Auf Nachfrage gebe ich an meine Tochter besucht das Gymnasium, der Sohn besucht die Schule ( XXXX ) und der jüngste Sohn ist noch zuhause.

 

F.: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt.

 

A.: Ich habe keine Probleme mit den Gesetzen in Österreich.

 

V.: Sie sind laut Eintrag im Kriminalpolizeilichen Aktenindex beim Diebstahl betreten worden.

 

EINTRAGUNG

 

1. DELIKT

 

Code: 127 DIEBSTAHL

 

Gut: LEBENS-/GENUSSMITTEL

 

Tatbegehung: LADENDIEBSTAHL

 

Tatörtlichkeit: GEWERBE-/INDUSTRIEGEBAEUDE

 

Tatzeit: 25.04.2017

 

Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.

 

A.: Ich bin unschuldig. Ich soll deswegen bei der Polizei vorsprechen, habe für den 19.06.2017 eine Ladung zur Polizei erhalten. Ich habe Brot und Wasser gekauft. Ich habe eine Person in Linz kennengelernt, er ist Kurde oder Iraker und mit ihm ging ich einkaufen – so kam es zu diesem Vorfall. Ich weiß nur, dass der XXXX heißt.

 

F.: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.

 

A.: Ja.

 

F.: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern.

 

A.: Ja.

 

F.: Wollen Sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint.

 

A.: Nein.

 

F.: Welche Absichten haben Sie, wie stellen Sie sich Ihre Zukunft (in Österreich) vor.

 

A.: Ich möchte in Österreich arbeiten und gleichzeitig möchte ich Wirtschaft studieren. Aber dazu muss ich meine Sprachkenntnisse verbessern

 

F.: Möchten Sie gleich zum Ländervorhalt Stellung nehmen oder möchten Sie innerhalb einer Stellungnahmefrist von 2 Wochen Stellung nehmen.

 

A.: Ich verzichte auf eine Stellungnahmefrist und möchte gleich

Stellung nehmen. Ich gebe folgendes an: Ich habe daran kein Interesse. Ich weiß, wie es in Armenien ist und habe das Land verlassen, weil ich in diesem Land nicht mehr leben kann und will.

 

Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass meine Angaben richtig und vollständig sind.

 

F.: Haben Sie den Dolmetsch während der g e s a m t e n Einvernahme einwandfrei verstanden.

 

A.: Ja.

 

F.: Hat der Dolmetsch das rückübersetzt, was Sie gesagt haben.

 

A.: Ja.

 

F.: Wollen Sie an der Art der Einvernahme irgendetwas beanstanden.

 

Sie werden ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass Ihnen Beanstandungen nicht zum Nachteil gereichen. Sie werden vielmehr darauf hingewiesen, dass nachträgliche Beanstandungen der freien Beweiswürdigung unterliegen und eventuell als Schutzbehauptungen qualifiziert werden können.

 

A.: Ich habe keine Beanstandungen. Ich habe eine Kopie der Niederschrift erhalten.

 

? Die von Ihnen vorgelegten Dokumente aus Armenien wurden übersetzt und zum Akt genommen. Die von Ihnen vorgelegten Dokumente aus Armenien wurden in Armenien einer Echtheitsprüfung unterzogen. Am 22.06.2017 langte das Erhebungsergebnis ein, wonach alle von Ihnen vorgelegten Unterlagen aus Armenien echt sind."

 

"

 

I.3. bP2 – bP5 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband.

 

I.4. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde ("bB") gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der bP nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

I.4.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP1 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus:

 

" Sie führten zu Ihren Asylgründen befragt an, Sie hätten in der Funktion als Verkaufsmanager der Firma XXXX dafür verantwortlich gezeichnet, dass Waren im Wert von 135.000.- USD, zwar weitergegeben, aber nicht bezahlt worden wären.

 

Ihre Tätigkeit bei der Firma XXXX wäre die eines Vertreters gewesen. Sie hätten einen Firmenwagen gehabt und damit einen Kundenkreis in XXXX betreut. Sie wären zu den Geschäften gefahren und hätten mit einem kleinen Computer die Aufträge entgegengenommen, diese Aufträge an die Firmen-Zentrale in XXXX weitergeleitet und die Firma hätte dann mit Hilfe von Boten diese Bestellungen ausgeliefert. Die Boten hätten Ihre Aufträge dann direkt von der Firmenzentrale erhalten.

 

Sie hätten aber auch, um jeden Monat bestimmte festgelegte Mindest-Verkaufszahlen zu liefern (das wäre vertraglich so vereinbart worden), Waren ohne Lieferschein (schwarz) verkauft. Ihr Vorgesetzter XXXX hätte diese Vorgangsweise gestattet.

 

Sie hätten Waren im Wert von 135.000 US Dollar an XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) verkauft.

 

Sie könnten weder angeben, wie die vollständigen Namen dieser oben erwähnten Personen lauten, noch könnten Sie angeben, welche Firma diese Personen gehabt hätten. Sie hätten auch keine Adresse von diesen Leuten. Dennoch hätten Sie mit diesen Personen illegale Geschäfte gemacht.

 

Es gibt aber weder einen Lieferschein betreffend die Personen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) noch gibt es eine schriftliche Anweisung von XXXX . Die Schwarz-Verkäufe waren üblich und es gab darüber nur ein stillschweigendes Übereinkommen mit XXXX

.

 

Den Empfängern XXXX , XXXX , XXXX und XXXX (Familiennamen unbekannt) sollten die Waren mit Boten zugestellt werden. Das Büro der Firma XXXX hätte Boten beschäftigt, welche die Namen XXXX und XXXX (Familienname unbekannt) führten. Diese Boten wären Mitarbeiter der Firma XXXX . Diese Boten sollten die Ware abliefern und gleichzeitig bei XXXX , XXXX , XXXX und XXXX 135.000 US Dollar in bar kassieren und diesen Betrag in die Handkasse der Firma XXXX geben. Die Boten XXXX und XXXX hätten das aber nicht getan.

 

Einer von den Boten wäre überhaupt verschwunden, sein Name würde XXXX lauten. Dieser wäre untergetaucht.

 

Gemeinsam mit Ihrem Chefs XXXX hätten Sie am 07.02.2014 versucht die Boten zu finden. Bei einem, XXXX , wäre es Ihnen gelungen, XXXX wäre mit dem Geldbetrag (135.000 US Dollar) verschwunden.

 

Sie hätten den Boten genannt XXXX noch länger aufzuspüren versucht – hätten ihn nicht gefunden. Sie hätten erfahren, dass er ledig sei, keine Kinder hätten und dass seine Mutter an Krebs litte. Somit gingen Sie davon aus, dass er das Geld mit dem er verschwunden war, tatsächlich gebraucht hätte.

 

Aus den geschilderten Gründen wären am 17.02.2014 nicht mehr zur Arbeit erschienen. Sie wären am 16.02.2014 noch im Büro gewesen. An diesem Tage wären Sie von unbekannten Privatpersonen in eine Lagerhalle gebracht, dort geschlagen und aufgefordert worden den Fehlbetrag zurückzuzahlen. Es wäre Ihnen in einem unbeobachteten Moment gelungen die Lagerhalle zu verlassen. Sie hätten sich ein Taxi genommen, einen Freund aufgesucht und wären dann – also am 17.02.2014 - zu Frau und Kindern in das Sommerhaus der Schwester Ihrer Gattin gegangen, wo Sie die restliche Zeit bis zur tatsächlichen Ausreise aus Armenien zugebracht hätten.

 

Sie sagten, Sie wären Vertreter gewesen. Sie hätten Kunden betreut, die Aufträge entgegengenommen, diese Aufträge dann an die Firma weitergeleitet und die Firma hätte sich dann um die Auslieferung gekümmert bzw. die Auslieferung abgewickelt

 

Ihr Vorbringen ist aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar.

 

So führten Sie aus, die Empfänger der Waren XXXX , XXXX , XXXX und XXXX nicht zu kennen. Sie wüssten lediglich die Vornamen, alle anderen persönlichen Daten wären Ihnen nicht bekannt. Personen mit den Vornamen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX muss es in Armenien öfter geben, womit der tatsächliche Liefervorgang von Ihnen nicht plausibel erklärt werden konnte.

 

Eigentlich wäre es logisch gewesen mit den Empfängern der Güter – den Herrn XXXX , XXXX , XXXX und XXXX Kontakt aufzunehmen und zu prüfen, ob tatsächlich die Summe von 135.000 US Dollar an den oder die Boten XXXX und XXXX übergeben worden war.

 

In Unkenntnis der Familiennamen und Firmennamen ist dies wohl nicht möglich und wird wohl auch jede Geschäftsbeziehung (legal oder illegal) nicht möglich sein, womit schon allein dieser Teil Ihres Vorbringens jede Plausibilität vermissen lässt.

 

Zudem, wenn schon Sie die Familiennamen von XXXX , XXXX , XXXX und XXXX bzw. deren Firmennamen nicht kennen, so wird es der Zentrale der Firma XXXX – allein aufgrund der Anweisungen Ihrer Person - nicht möglich gewesen zu sein, die Boten mit den bestellten Waren zu den richtigen Personen zu entsenden und den Boten nicht möglich gewesen sein, die bestellten Waren den richtigen Personen zuzustellen - womit schon auch dieser Teil Ihres Vorbringens jede Plausibilität vermissen lässt.

 

Somit hat die Zentrale der Firma XXXX – wenn sie die Waren im Wert von 135.000 US Dollar tatsächlich zur Auslieferung gebracht hat, diese nie, oder an irgendjemand anderen, welcher mit Ihnen nicht unbedingt in Zusammenhang zu bringen ist – ausgeliefert.

 

Somit ist es von der hierortigen Behörde tatsächlich nicht nachvollziehbar, warum nun ausgerechnet Sie von Ihrem Vorgesetzten XXXX für den Verlust der 135.000 US Dollar verantwortlich gemacht worden sein sollen. Es wäre Ihnen ein Leichtes gewesen, die Anschuldigungen der Firma XXXX gegen Ihre Person zu entkräften. Weder Sie, noch eine Ihnen nahestehende Person hat die Waren zur Auslieferung gebracht, sondern von der Firma XXXX beauftragte Personen, somit sind Sie, auch wenn Sie in Ihrer Funktion als Kundenbetreuer Bestellungen per Computer an die Firmenzentrale weitergeleitet haben, so trägt doch die alleinige Verantwortung für die korrekte Abwicklung der Auslieferung und der Bezahlung allein die Firma XXXX und deren Auslieferungszentrale und nicht Sie. Jede andere Vermutung wäre unlogisch und fände keinen Widerhall in der Tatsachenwelt.

 

Sie führen zudem aus, tatsächlich nicht zu wissen, wer Sie bedrohe. Auch hinsichtlich des Zeitpunktes oder Zeitraumes, wann Sie bedroht worden wären, sind Sie sich nicht sicher und geben einmal an, am 13.02.2014 bedroht worden zu sein, dann geben Sie an am 16.02.2014 bedroht worden zu sein. Ihre Gattin konnte mit dem Datum 13.02.2014 überhaupt kein Bedrohungsszenario verbinden, sondern gab an, Sie wären an diesem Tag wohl beim Rechtsanwalt gewesen.

 

Sie bringen die Tatsache, dass am 15.02.2014 zwei Männer bei Ihrer Gattin (zuhause) vorgesprochen und diese um die Bewilligung eines Bankkredits ersucht hätten, mit den von Ihnen geschilderten Problemen in Zusammenhang und versuchen so, die von Ihnen geschilderte Bedrohung auf die Familie auszuweiten. Ihre Gattin hingegen schilderte den Vorfall mit dem Ersuchen um Kreditgewährung so, dass die genannten Personen im Bankinstitut an sie herangetreten wären und die "Drohungen" der beiden Männer wegen der Ablehnung der Kreditgewährung durch das Bankinstitut nichts mit dem von Ihnen konkret geschilderten Vorfall sondern allein mit dem täglichen Geschäftsleben im Bankinstitut zu tun gehabt hätten.

 

Auch bei anderen Eckdaten decken sich Ihre Angaben nicht mit den Angaben der Gattin bzw. mit Daten in vorgelegten Unterlagen. So haben Sie angegeben, Ihre Gattin hätte am 17.02.2014 eine Bedrohung durch Unbekannte erfahren und wäre an diesem Tage das letzte Mal im Bankinstitut gewesen. Der vorgelegten Bestätigung der XXXX ist aber zu entnehmen, dass Ihre Gattin bis 20.02.2014 für dieses Bankinstitut tätig gewesen wäre. Auch Ihre Gattin selbst hat zu Protokoll gegeben, dass sie die Bedrohung am 20.02.2014 erfahren und an diesem Tag in das Sommerhaus der Schwester gereist wäre.

 

Ihre Gattin führte wortwörtlich aus, zwei ihr unbekannte Männer hätten sie am 20.02.2014 in der Bank aufgesucht und hätten die Kreditgewährung mit Drohungen durchzusetzten gesucht. Ihr Gattin hätte das aber – laut eigenen Worten – nicht verantworten können, hätte die Zustimmung zur Kreditgewährung nicht erteilt und wäre in der Folge bedroht worden. Ihre Gattin sah in diesem Ereignis allerdings keinen Zusammenhang mit Ihren Problemen. Zumindest hat sie das nicht angegeben. Ihre Gattin gab auch zu Protokoll, dass sie eine weitere Bedrohung, außerhalb des Dienstes bei dem Bankinstitut nicht erfahren hätte.

 

Einen Vorfall – und zwar den vom 13.02.2014 hätten Sie zur Anzeige gebracht, den zweiten, den vom 16.02.2014 hätten Sie nicht mehr zur Anzeige gebracht, den Sie hätten darin keinen Sinn mehr gesehen. Gleichzeitig geben Sie an, dass Sie am 17.02.2014 in das Sommerhaus der Schwägerin gereist wären und dort bis 03.03.2014 gelebt hätten. In dieser Zeit hätten Sie die Flucht nach Europa geplant und mit dem Schlepper in der Ukraine Kontakt geschlossen. In dieser Zeit wären Sie vier Mal von Ihrem Freund XXXX aufgesucht worden. Dieser hätte hat Ihre Wohnung aufgesucht und hat den Goldschmuck geholt. Er hätte diesen Schmuck für Sie verkauft und hätte Ihnen das Geld gebracht. Dann hätte XXXX Ihre Eltern aufgesucht und diese um Geld ersucht und Ihnen dieses ins Sommerhaus gebracht. Dann hätte XXXX Ihre Schwiegereltern aufgesucht und diese um Geld gebeten und Ihnen dieses gebracht. In Ihrer Wohnung war auch noch etwas Bargeld gewesen, das hätte XXXX ebenso geholt und es Ihnen ins Sommerhaus gebracht.

 

Dass Ihre Feinde Sie trotz der häufigen Besuche des XXXX im Sommerhaus der Schwägerin nicht aufspürten, lässt vermuten, dass Ihre Feinde wohl kein gesteigertes Interesse an der Habhaftwerdung Ihrer Person gehabt haben können, ansonsten wäre es ein Leichtes gewesen, Herrn XXXX zu verfolgen und Ihnen so auf die Spur zu kommen, noch dazu, da Sie angaben, dass sowohl die Eltern als auch die Schwiegereltern von den Unbekannten bedroht worden waren.

 

Die von Ihnen in Vorlage gebrachten Unterlagen aus Armenien

 

also

 

der Arztbrief aus XXXX vom 15.01.2014

 

die Anzeigenbestätigung vom 14.02.2014

 

die XXXX aus XXXX über Konsultation datiert mit XXXX

 

die XXXX aus XXXX über Konsultation datiert mit XXXX

 

der Arbeitsvertrag – Einkommensbestätigung vom 01.11.2010 (Kollektivvertrag)

 

der Arbeitsvertrag vom 22.01.2014, Firma XXXX samt englischer Übersetzung

 

das Dienstzeugnis bzw. Tätigkeitsbeschreibung vom 26.03.2010

 

der Arbeitsvertrag (gesetzlich vorgesehen) vom 26.04.2010

 

Bestätigung der XXXX -Bank vom 20.02.2014

 

wurden von der ho. Behörde einer Echtheitsprüfung unterzogen und zu diesem Zweck an den für die ho. Behörde tätigen Vertrauensanwalt übermittelt. Die Anfragebeantwortung bzw. das Prüfungsergebnis langten am 22.06.2017 hieramts ein. Diesem Schriftsatz war zu entnehmen, dass alle von Ihnen vorgelegten Unterlagen echt sind. Alle von Ihnen vorgelegten Unterlagen wurden übersetzt. Dabei musste festgestellt werden, dass die von Ihnen vorgelegten Unterlagen Ihr Vorbringen eben so wenig bestätigen können. Alle Schriftstücke waren sehr neutral gehalten und sagten nichts über Ihr konkretes Vorbringen aus.

 

"

 

I.4.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat traf die bB Feststellungen, denen sich das ho. Gericht anschließt. Deren relevanten Teile werden wie folgt wiedergegeben (Gliederung, Hervorhebungen, etc. nicht mit dem Original übereinstimmend):

 

Politische Lage

 

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hat etwas über 3 Millionen Einwohner (2016). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier, 1,2% Jesiden, 0,4% Russen und Angehörige kleinerer Minderheiten wie Assyrer, Kurden oder Griechen (NSS-RA 2013, vgl. CIA 12.1.2017).

 

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik. Das Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Verfassung von 2005 wurde zuletzt durch das Referendum vom 06.12.2015 weitreichend geändert. Die neue Verfassung sieht die Umwandlung des bisherigen semi-präsidialen Regierungssystems in ein parlamentarisches System vor. Das Amt des Staatspräsidenten wird im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert (AA 3 .2017a).

 

Die Opposition warf dem amtierenden Präsidenten Sarksyan, dessen letzte Amtszeit 2018 ausläuft, vor, das Amt des Regierungschefs anzustreben (Standard 7.12.2015). Laut zentraler Wahlkommission stimmten bei einer Beteiligung von 50,5 Prozent 63,5 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderungen. Die Oppositionspartei Armenischer Nationalkongress warf der Regierung Wahlbetrug vor. Hunderte Demonstranten protestierten gegen den Ausgang (RFE/RL 7.12.2015). NGOs, wie das Anti-Korruptions-Zentrum von Transparency International, berichteten von massiven Unregelmäßigkeiten, darunter über 900 Verletzungen der Wahlordnung sowie Fälle von Einschüchterung (Caucasian Knot 9.12.2015, vgl. EN 7.12.2015).

 

Die regierende Republikanische Partei Armeniens gewann bei den Parlamentswahlen vom 2.4.2017 über 49% und die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Das Mitte-Rechts-Bündnis des russlandfreundlichen Oligarchen Gagik Tsarukyan erreichte 27%. Daneben schaffte das Bündnis Yelq und die nationalistische Armenische Revolutionäre Föderation den Einzug ins Parlament (EN 3.4.2017; vgl. PA 4.4.2017). Insbesondere die künftige Orientierung des Landes vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zwischen einer EU-Annäherung einerseits und einem starken Bündnis mit Russland infolge des militärischen Konflikts mit Aserbaidschan andererseits, dominierten thematisch den Wahlkampf (RFL/RL 3.4.2017).

 

Trotz der Einhaltung der Grundfreiheiten und der guten Administrierung der Parlamentswahlen unter Einführung neuer Technologien, wurden die Wahlen durch glaubwürdige Berichte über Stimmenkauf und Druckausübung auf WählerInnen, Beamte sowie Angestellte von Privatunternehmen überschattet (OSCE/ODIHR 3.4.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny Karabach sowie die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg (1992-94) um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach, halten armenische Verbände etwa 17% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt. Im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen mussten ca. eine Million Menschen ihre angestammte Heimat verlassen, überwiegend Aserbaidschaner, aber auch bis zu 200.000 Armenier. An der Waffenstillstandslinie kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Trotz der seit 1994 laufenden Vermittlungsbemühungen der Ko-Vorsitzstaaten (USA, Russland, Frankreich) der sogenannten Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und regelmäßiger Treffen der Außenminister Armeniens und Aserbaidschans bzw. der beiden Staatspräsidenten ist eine Lösung des Konflikts um Nagorny Karabach weiterhin nicht in Sicht (AA 3 .2017a).

 

Bei heftigen Gefechten vom 2.4 bis 5.4.2016, den schwersten seit 22 Jahren zwischen den Nachbarländern Armenien und Aserbaidschan an der Frontlinie zu Nagorny Karabach, kam es zu Opfern unter den militärischen Einheiten. Laut aserbaidschanischen Angaben starben auch Zivilisten (Standard 3.4.2016, RFL/RL 4.4.2016). Das Verteidigungsministerium der de facto Republik Nagorny Karabach berichtete ebenfalls von zivilen Opfern (CN 2.4.2016). Am 5.4.2016 vereinbarten Aserbaidschan und Nagorny Karabach einen Waffenstillstand. Im Zuge der viertägigen Kampfhandlungen starben mehr als 64 Menschen (Standard 5.4.2016).

 

Am 25.2.2017 kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen armenischen und Truppen von Nagorny Karabach einerseits und der aserbaidschanischen Armee andererseits, bei denen mindestens fünf aserbaidschanische Armeeangehörige den Tod fanden. Am 1.3.2017 wurde bei einem aserbaidschanischen Artillerieangriff u.a. eine armenische Kaserne zerstört und tagsdrauf griff Armenien aserbaidschanische Stellungen an (EurasiaNet 10.3.2017).

 

Mitglieder der außerparlamentarischen Oppositionsgruppe "Gründungsparla-ment" besetzten am 17.7.2016 in Jerewan eine Polizeistation und nahmen zeitweise mehrere Geiseln. Ein Polizist starb dabei (RFE/RL 17.7.2016). Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von Schirajr Sefiljan, eines inhaftierten Oppositionsführers, und den Rücktritt des Staatspräsidenten. Kriegsveteran Sefiljan kritisierte vor allem das Verhalten der Regierung im Konflikt um die Region Nagorny Karabach (DW 17.7.2016). In der darauf folgenden Woche kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Nach offiziellen Angaben wurden 51 Personen verletzt und 136 verhaftet (NZZ 21.7.2016). Bei erneuten Zusammenstößen am 29.7.2016 zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften wurden 75 Personen verletzt und 20 verhaftet (RFE/RL 30.7.2016). Nach zwei Wochen endete der Konflikt um die besetzte Polizeistation mit der Kapitulation der bewaffneten Gruppe (RFE/RL 1.8.2016, vgl. Spiegel online 31.7.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Es gibt immer wieder glaubhafte Berichte von Anwälten über die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze durch Gerichte: die Unschuldsvermutung werde nicht eingehalten, rechtliches Gehör nicht gewährt, Verweigerungsrechte von Zeugen nicht beachtet und Verteidiger oft ohne Rechtsgrundlage abgelehnt. Die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter wird weiterhin durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten und weit verbreitete Korruption konterkariert, auch wenn durch Gesetzesänderungen im Rahmen der "Judicial Reforms Strategy 2012-2016" gewisse Fortschritte, insbesondere bei der richterlichen Unabhängigkeit, zu verzeichnen sind. Die neue Verfassung hat die bisher weitreichenden Kompetenzen des Staatspräsidenten bei der Ernennung von Richtern reduziert. Es ist bekannt, dass einige Beamte in leitenden Funktionen der Justiz keine juristische Ausbildung haben. Verfahrensgrundrechte wie rechtliches Gehör, faires Gerichtsverfahren und Rechtshilfe werden laut Verfassung gewährt. Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren – soll in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet sein. In Bezug auf den Zugang zur Justiz gab es hingegen insoweit Fortschritte, als die Zahl der Pflichtverteidiger erhöht wurde und einer breiteren Bevölkerung als bisher kostenlose Rechtshilfe zuteilwird (AA 22.3.2016).Die Gerichte hören weiterhin zu den Institutionen, denen seitens der Bevölkerung ein geringes Vertrauen entgegengebracht wird. Die Verfassungsreform sieht die Schaffung des Obersten Justizrates vor, um die Unabhängigkeit der Gerichte und Richter zu gewährleisten. 2016 gab es jedoch keine Entwürfe oder Konzepte im Justizbereich, die mit der Öffentlichkeit geteilt oder diskutiert wurden. Positiv war 2016 die Reform des Bewährungssystems, das einen alternativen Strafvollzug vorsah, was angesichts der oft inadäquaten Verhältnisse in den Haftanstalten wichtig ist (FH 29.3.2017).

 

Die Gerichtsbarkeit zeigt keine umfassende Unabhängigkeit. Die Verwaltungsgerichte sind hingegen verglichen zu den anderen Gerichten unabhängiger. Berichten zufolge nimmt das Kassationsgericht eine dominante Stellung ein. Es diktiert den Ausgang aller wichtigen Fälle der niederen Gerichtsbarkeit. Diese Kontrolle seitens des Kassationsgerichts bleibt das dominante Problem, das die Unabhängigkeit der Justiz beeinflusst. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt in einem Urteil vom 27.10.2016 fest, dass es dem Vorsitzenden des Kassationsgerichts an der notwendigen Distanz gemäß des richterlichen Neutralitätsgebotes mangelte (USDOS 3.3.2017).Richter unterliegen weiterhin des politischen Drucks von allen Ebenen der Exekutive, speziell seitens der Rechtsvollzugsorgane sowie der Hierarchie innerhalb der Justiz. Richter haben keine lebenslange Amtszeit, wodurch sie der Kündigung ausgesetzt sind und keine wirksamen Rechtsmittel besitzen, falls die Exekutive, die Legislative oder hochrangige Vertreter der Gerichtsbarkeit entscheiden, sie zu bestrafen. Vormalige Entlassungen von Richtern wegen ihrer unabhängigen Entscheidungen haben immer noch eine einschüchternde Wirkung auf die Justiz als Ganzes (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch

Verhaftungen durchführen dürfen. . Der Polizeichef füllt in

Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 22.3.2016).

 

Straffreiheit ist ein Problem und es gibt keine unabhängige Institution, die ausschließlich Polizeiübergriffe untersucht. Laut NGOs sehen sich die Gesetzesvollzugsorgane eher als Verteidiger der Autorität denn als Diener des Gesetzes und der Öffentlichkeit. Der Verteidigungsminister bemüht sich, die Disziplin auch durch den Einsatz von Lehroffizieren für Menschenrechte zu verbessern, wozu auch die Bereitstellung sozialer, psychologischer und Rechtskurse im Rahmen des Wehrdienstes dienen sollen. Im November 2015 wurde seitens des Verteidigungsministeriums das Zentrum für Menschenrechte und Integritätsbildung errichtet, mit dem Mandat, u.a. die Menschenrechte zu schützen, Ethik zu fördern und eine Anti-Korruptions-Politik einzuführen (USDOS 3.3.2017).Obwohl das Gesetz von den Gesetzesvollzugsorganen die Erlangung eines Haftbefehls verlangt oder zumindest das Vorliegen eines begründeten Verdachts für die Festnahme, nahmen die Behörden gelegentlich Verdächtige fest oder sperrten diese ein, ohne dass ein Haftbefehl oder ein begründeter Verdacht vorlag. Nach 72 muss die Freilassung oder ein richterlicher Haftbefehl erwirkt werden. Richter verweigern der Polizei ebenso selten einen Haftbefehl, wie sie kaum das Verhalten der Polizei während der Arrestzeit überprüfen (USDOS 3.3.2017).Am 17.7.2016 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der bewaffneten Gruppe "Sasna Tsrer", die eine Polizeistation besetzte, und Sicherheitsorganen. In jenen Tagen kam es zu Versammlungen von Demonstranten am Freiheitsplatz in Jerewan, welche laut der "Foundation Against the Violation of Law" (FAVL) unrechtmäßig verhaftet wurden. Zahlreiche Berichte zeigten, dass die Protestierenden Schlägen, Erniedrigungen und grausamen Behandlungen in Gewahrsam der Polizei ausgesetzt waren. Den Rechtsanwälten wurde der Zugang zu den verhafteten Demonstranten für mehrere Stunden verwehrt. Demonstranten wurden bis zu 32 Stunden statt der vorgesehenen maximal drei Stunden festgehalten und zwar ohne Wasser und Nahrung (FAVL 7.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Die Anwendung von Folter ist nach Art. 26 der Verfassung verboten. Das armenische Strafgesetzbuch steht aber weiterhin nicht in Übereinstimmung mit der UN-Konvention gegen Folter (gesetzl. Kriminalisierung gem. Art. 1 der Konvention). Nach armenischer Definition fallen Straftaten von Angehörigen staatlicher Institutionen nicht darunter, sondern nur strafbare Handlungen von Privatpersonen). Im "Human Rights Strategy Action Plan 2014-2016" der armenischen Regierung zur weiteren Umsetzung der armenischen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte wird auf die UN-Konvention gegen Folter kein Bezug genommen.

Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder glaubwürdig von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen (z.B. Elektroschocks, wiederholte Schläge auf den Kopf) gekommen sein soll. Folteropfer können den Rechtsweg nutzen, einschließlich der Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof bzw. den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu wenden. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind (AA 22.3.2016).

 

Polizeiübergriffe auf Verdächtige während deren Festnahme, Inhaftierung und Befragung sind weiterhin ein Problem. Laut Menschenrechtsorganisationen melden die meisten Opfer Übergriffe nicht, weil sie Angst vor Vergeltung haben. Am häufigsten passieren Misshandlung in Polizeistationen, weil diese im Unterschied zu Gefängnissen oder polizeilichen Hafteinrichtungen nicht der öffentlichen Überwachung unterliegen (USDOS 3.3.2017).

 

Das Helsinki Komitee Armenien berichtet für 2016 über unzählige Fälle von Polizeigewalt. Einer Gruppe von zivilen Beobachtern, die die armenischen Gefängnisse besuchte, berichtete, dass eine große Zahl von Personen brutalen Schlägen ausgesetzt war, bevor sie in die Haftanstalten gebracht wurden (HCA 1.2017).

 

Der Menschenrechtskommissar des Europarates zeigte sich besorgt, dass erzwungene Geständnisse regelmäßig bei Gericht Verwendung finden. Überdies gäbe es Fälle, bei denen Personen, die Beschwerde gegen Misshandlung während der Einvernahme einlegten, wegen Falschaussage verurteilt wurden (CoE-CommDH 10.3.2015).

 

Der Sonderermittlungsdienst der Republik Armenien, eine Beschwerdeeinrichtung zur Untersuchung von strafrechtlichen Vergehen von Behörden, berichtete für das Jahr 2016 von 705 Fällen, in denen ermittelt wurde, im Vergleich zu 654 im Jahr 2015. In 104 Straffällen wurden Untersuchungen durchgeführt, die BürgerInnen betrafen, welche illegal von der Polizei oder anderen Körperschaften festgehalten wurden, und es hierbei zu Freiheitsentzug, Folter oder anderen Menschenrechtsverletzungen durch Offizielle kam (SIS 27.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Korruption

 

Zu den gravierenden Demokratiedefiziten kommt die grassierende Korruption, vor allem im staatlichen Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung und der Gerichtsbarkeit. Die Korruption wird, neben dem Oligarchentum, als größtes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung und den Aufbau einer Zivilgesellschaft Armeniens gesehen. Armenien hat trotz von Regierungsseite seit Jahren angekündigten Verbesserungen und verabschiedeten Antikorruptionsstrategien in den letzten Jahren nur geringe Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht (AA 22.3.2016).

 

Der Kampf gegen Korruption ist seit Jahren an der Spitze der politischen Agenda in Armenien, evident durch mehrere Rechtsreformen in Bezug auf Korruption, Integrität und Stärkung der Justiz. Nichtsdestotrotz sind sich Beobachter weitgehend einig, dass Korruption weiterhin ein wichtiges Problem für die armenische Gesellschaft darstellt. Die Justiz wird als besonders der Korruption zugeneigt angesehen (CoE-GRECO 25.6.2016).

 

Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für Korruptionsdelikte von Beamten vor, doch setzt die Regierung das Gesetz nicht effektiv um, sodass viele Beamte, die sich korrupter Praktiken bedienen, straffrei gehen. Es bestehen zahlreiche Anschuldigungen hinsichtlich Korruption in Regierungskreisen. Obwohl es die Verfassung verbietet, dass Geschäftsleute gleichzeitig öffentliche Positionen einnehmen, besetzen Oligarchen und Firmenleiter Sitze in der Nationalversammlung. Auch benützen zahlreiche Regierungsmitarbeiter ihre Ämter, um ihre privaten Geschäftsinteressen voranzutreiben. Oligarchen, die in Verbindung zur Regierung stehen oder selbst Regierungsposten einnehmen, monopolisieren die Wirtschaft. Überdies ignorieren die Behörden Medienberichte, aus denen hervorgeht, dass Regierungsvertreter in korrupte Machenschaften verstrickt sind (USDOS 3.3.2017).

 

Das GAN Business Anti-Corruption Portal sah 2016 ein hohes Korruptionsrisiko bei der Führung oder Investitionsplanung von Geschäften. Zwar wurde ein gewisser Fortschritt im Kampf gegen die allgegenwärtige Korruption verzeichnet, doch gab das enge Verhältnis zwischen Oligarchen, Politik- und Wirtschaftskreisen Anlass zur Sorge über Vetternwirtschaft und Einflussnahme. Im Justizwesen werden Schmier- und Bestechungsgelder oft bezahlt, um günstige Gerichtsurteile zu erlangen. Auch die Polizei stellt für Geschäftsaktivitäten ein hohes Korruptionsrisiko dar. In der öffentlichen Verwaltung besteht für Geschäftstätigkeiten ein moderates Korruptionsrisiko. Allerdings besteht im Umgang mit der Zoll- oder Steueradministration sowie mit dem öffentlichen Beschaffungswesen ein hohes derartiges Risiko (GAN 7.2016).

 

Laut einer von Transparency International in Auftrag gegebenen Umfrage unter 1.527 ArmernierInnen waren 2016 lediglich 14% der Meinung, dass die Regierung den Kampf gegen Korruption ziemlich oder sehr gut führt, um 7% weniger als 2013. Fast Zwei-Drittel betrachteten die Regierungspolitik als sehr schlecht oder schlecht. Hierbei sahen die Befragten die Vertreter von Regierungsinstitutionen als am meisten in Korruption verwickelt. 77% der ArmenierInnen gaben an, dass die Anzeige von Korruption gesellschaftlich nicht akzeptiert ist (der höchste Wert unter den 42 Ländern der Region) (TI 2017). Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2016 belegte Armenien Platz 113 (2014: 94) von insgesamt 176 untersuchten Staaten (TI 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

NGOs und Menschrechtsaktvisten

 

Aktuell sind zwar rund 9.000 NGOs in Armenien registriert, davon aber nur rund 1.000 tatsächlich aktiv. Es gibt keine Berichte über Ablehnungen der Registrierung einer Menschenrechts- oder einer politischen Organisation. Die Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen. Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird seitens der Exekutive nicht unterstützt, in der Regel aber auch nicht behindert (AA 22.3.2016).

 

Aufgrund des sowjetischen Erbes haben zivile Vereinigungen in Armenien keine tief verwurzelte Traditionen. Obgleich die armenische Gesellschaft von einem lebhaften sozialen Kapital gekennzeichnet ist, sind formale zivile Organisationen, im speziellen die Mitgliedschaft in zivilgesellschaftlichen Organisationen immer noch unpopulär. Das öffentliche Vertrauen in die Zivilgesellschaft bleibt markant niedrig, und NGOs werden oft mit politischen Akteuren in Verbindung gesetzt (BTI 2016).

 

Anlässlich einer Diskussionsrunde des "Policy Forum Armenia" im Oktober 2016, an dem mehrere NGOs und Rechtsexperten teilnahmen, wurde konstatiert, dass Armenien eine starke, aktive und gebildete Zivilgesellschaft habe, die willens ist, für ihre Rechte zu kämpfen und Veränderungen vorwärts zu treiben. Allerdings blieben die Aktionen wegen des Mangels an technischer und materieller Unterstützung isoliert, welche, so vorhanden, die Bemühungen effektiver machen würde (Hetq 17.10.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Ombudsmann

 

Das Büro des Ombudsmannes hat das Mandat, die Menschenrechte und grundlegende Freiheiten vor dem Missbrauch durch die Regierung zu schützen. Das Büro des Ombudsmannes dient als effektiver Anwalt durch die Veröffentlichung von Berichten zu Menschenrechtsproblemen. Im Speziellen richtet bzw. macht es die Regierung auf Menschenrechtsverletzungen, unrechtmäßige Festnahmen und Verfehlungen der Polizei bei der Auflösung von Protesten wie im Juli 2016 aufmerksam (USDOS 3.3.2017).

 

Der Ombudsmann muss einen schwierigen Spagat zwischen Exekutive und den Rechtsschutz suchenden Bürgern vollziehen. Mit Unterstützung der OSZE wurden drei regionale Zweigstellen des Ombudsmanns-Büros aufgebaut, was die Sichtbarkeit und Einsatzfähigkeit erhöht. Im armenischen Haushalt 2015 wurden insgesamt 481.300 Euro für die Arbeit des Menschenrechtsverteidigers eingeplant (2013: 440.000 Euro) (AA 22.3.2016).

 

Der Ombudsmann gilt allgemein als positive Ausnahme beim Umgang mit Problemen im Bereich der Menschen- und Bügerrechte. Er hat aktiv die staatlichen Defizite beim Schutz der Rechte von Journalisten oder gar der Verletzung der zivilen Freiheiten sowie der Meinungsfreiheit angeprangert (BTI 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts, der auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit einschließt. Durch Verfassungsänderungen im Jahr 2015 wurde der Grundrechtekatalog noch einmal erheblich ausgebaut. Ein Teil der Grundrechte können im Ausnahmezustand oder im Kriegsrecht zeitweise ausgesetzt oder mit Restriktionen belegt werden. Gemäß Verfassung ist der Kern der Bestimmungen über Grundrechte und –freiheiten unantastbar. Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 22.3.2016).

 

Das US Department of State sah die signifikantesten Menschenrechtsprobleme in der Straffreiheit der Gesetzesvollzugsorgane. Andere Probleme waren unerklärliche Todesfälle in der Armee ohne Kampfeinwirkung, Misshandlungen von Rekruten durch Offiziere, Vorwürfe von Polizeiübergriffen während des Verhörs und des Arrestes, der Mangel an Transparenz hinsichtlich der Gründe für die Festnahmen und unklare Kriterien für die Freilassung. Gerichtsprozesse waren oft langwierig und die Gerichte waren nicht fähig, die Gesetze im Sinne der Gewährung eines fairen Verfahrens anzuwenden. Die Polizei hatte Journalisten im Visier. Im Bereich der Medien waren der Mangel an Diversität und die Selbstzensur ein Problem. Die Achtung der Versammlungsfreiheit verschlechterte sich, und die Autoritäten schränkten die Freiheit zur Teilhabe am politischen Prozess sowie den politischen Pluralismus ein. Mitgliedern religiöser Minderheiten widerfuhr gesellschaftliche Stigmatisierung und LGBTI-Personen sahen sich mit Diskriminierung von offizieller Seite sowie gesellschaftlicher Gewalt konfrontiert. Die Regierung schränkte ArbeitnehmerInnenrechte ein und setzte Bestimmungen des Arbeitsrechtes kaum um (USDOS 3.3.2017).

 

Laut Human Rights Watch wandten die Autoritäten exzessive und unverhältnismäßige Gewalt gegen friedliche Demonstranten an, attackierten Journalisten und erwirkten ungerechtfertigte Strafanzeigen gegen Demonstrationsanführer und -teilnehmer. Misshandlungen während der Haft blieb ein stetes Problem und Untersuchungen hierzu blieben ineffektiv (HRW 12.1.2017).

 

Auch Amnesty International sah vor allem das Agieren der Polizei als problematisch. Neben der exzessiven Polizeigewalt gegen Demonstranten, den willkürlichen Verhaftungen, nahmen Vorwürfe wegen Folter und Misshandlungen in Polizeigewahrsam den Großteil des Berichtes 2016/17 ein (AI 22.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Haftbedingungen

 

Mit Stand 1.1.2016 befanden sich 4.873 Personen in Haft, was einen Wert von 162 per 100.000 Einwohner ausmachte und eine Zunahme zu den Vorjahren bedeutet (2014: 3.923; 2012: 4.532). Fast 29% waren Untersuchungshäftlinge (ICPS 2016).

 

Die Haftbedingungen entsprechen nicht westeuropäischen Standards; insbesondere bestehen Probleme mit den hygienischen Bedingungen, mit der Überbelegung der Gefängnisse und der ärztlichen Versorgung der Gefangenen. Menschenrechtsorganisationen haben Zutritt zu den Gefängnissen. Die Lage der Häftlinge hängt stark von der Haftanstalt, in der sie untergebracht sind, und dem Stand ihres Verfahrens (Untersuchungs- oder Strafhaft) ab. Die armenische Regierung versucht, das Problem mit dem Neubau einer Strafvollzugsanstalt in der Region Armawir zu beheben (AA 22.3.2016).

 

Das Anti-Folter-Komitee (CPT) des Eurparates sprach in seinem im Herbst 2016 veröffentlichten Bericht davon, dass anlässlich eines Besuchs im Jahr 2015 die Haftbedingungen in Polizeistationen im Allgemeinen zufriedenstellend oder sogar sehr gut waren. Hinsichtlich der Haftvollzugsanstalten ergab sich ein divergierendes Bild. In den Gefängnissen in Vanadzor und Armavir gab es keine Überbelegung der Zellen, die zudem gut ausgestattet und beleuchtet waren. Im Jerewan-Kentron Gefängnis waren die meisten Zellen überfüllt und baufällig. Die Haftbedingungen im Nubarashen Gefängnis waren wie zuvor inakzeptabel – überbelegt und baufällig. Das Komitee stellte fest, dass es in allen Haftanstalten einen chronischen Mangel an Aktivitätsmöglichkeiten für die Insassen gab. Die Gesundheitsversorgung in den erwähnten Gefängnissen litt unter Personal- und Ausstattungsmangel sowohl von Geräten als auch Medikamenten. Infolge des Medikamentenmangels hingen die Insassen stark von der Versorgung durch ihre Verwandten ab. Medizinische Untersuchungen bei der Einweisung, insbesondere die Erfassung von Verletzungen war weiterhin völlig inadäquat. Dazu gehörte die routinemäßige Anwesenheit von Polizisten und Gefängnispersonal bei den medizinischen Untersuchungen, was eine Verletzung des Prinzips der ärztliche Schweigepflicht bedeutete. Im Zentralen Gefängnishospital stellte die CPT-Delegation limitierte Behandlungsmöglichkeiten und allgemein einen Ausstattungsmangel in der psychiatrischen Abteilung fest. Ein schwerwiegendes Problem stellte die nach wie vor vorhandene Korruption im Gefängnissystem dar. Positiv fiel u.a. auf, dass es keine Vorwürfe von Misshandlungen gegen das Gefängnispersonal oder das Personal der beiden besuchten Psychiatrien gab. Lebenslänglich Verurteilte mussten nicht mehr in Handschellen ihre Aktivitäten im Freien ausüben, und statt eines geschlossenen kam ein semi-geschlossener Strafvollzug zum Zuge, wobei zu lebenslanger Haft verurteilte nicht mehr von den übrigen Insassen getrennt wurden (CoE 24.3.2016).

 

Laut offiziellen Daten starben 2016 in den ersten zehn Monaten 24 Häftlinge, von diesen begingen sieben Selbstmord. Gemäß Menschenrechtsorganisationen tragen nebst der ärmlichen Ausstattung der Gefängnisse, organisierte kriminelle Strukturen, hierarchische Beziehungen unter den Häftlingen und die Vernachlässigung der medizinischen Versorgung zur hohen Todesrate bei. Außerdem gäbe es keine angemessen Untersuchungen der Todesfälle. In der Haftanstalt Abovyan bestehen laut NGOs keine geschlechtergerechten Bedingungen für Frauen, wie angemessene medizinische Versorgung, Sanitäreinrichtungen, Verpflegung und psychologische Betreuung.

Andere Probleme sind: ungenießbares Essen, mangelhafte Erholungsräume und Duschen, eingeschränkter Zugang zu fließendem Wasser, unzureichende Heizung, schlechte Lüftung und kein Zugang zur ärztlichen Versorgung bzw. adäquaten Medikamenten. Die schlimmsten Gefängnisbedingungen herrschen für LGBTI-Personen. Sie sind regelmäßig Ziel von Diskriminierungen, Gewalt, sexuellen Missbrauch, und die Verrichtung von herabwürdigenden Arbeiten. Das Gefängnispersonal verstärkt und billigt solche Behandlungen und hält die Betroffenen in separaten Zellen, die in einem schrecklichen Zustand sind (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Todesstrafe

 

Armenien hat im September 2003 das 6. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert. Die Todesstrafe ist damit abgeschafft; dies ist in Artikel 24 der Verfassung verankert (AA 22.3.2016, vgl. Standard 19.4.2003).

 

Quellen:

 

 

 

Religionsfreiheit

 

Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert und darf nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Nach Art. 17 der Verfassung wird zudem die Freiheit der Tätigkeit von religiösen Organisationen garantiert. Es gibt keine verlässlichen Angaben zum Anteil religiöser Minderheiten an der Gesamtbevölkerung; Schätzungen zufolge machen sie weniger als 5 % aus. Die Armenische Apostolische Kirche hat quasi den Status einer Staatskirche und nimmt eine faktisch privilegierte Stellung ein. Vertreter religiöser Minderheiten beklagen, dass sie kaum Zugang zu den meist staatlich kontrollierten Medien erhalten, weshalb sie kaum eine Chance haben, gegen weit verbreitete Vorurteile und gelegentliche Hetzkampagnen durch private Organisationen anzugehen (AA 22.3.2016).

 

Die Verfassung schreibt die Trennung von Kirche und Staat vor. Es ist beispielsweise Polizisten, Armeeangehörigen und Personen anderer Gesetzesvollzugsorganen verboten, Mitglied einer religiösen Organisation zu sein. Die "Mitgliedschaft" ist allerdings nicht näher definiert. Personen der genannten Organe, aber auch Staatsanwälten, ist es verboten ihre Stellung zum Vorteil religiöser Vereinigungen zu nutzen oder in deren Sinne zu predigen. Trotz der Trennung von Kirche und Staat wird die exklusive Rolle der Armenischen Apostolischen Kirche als Nationalkirche im spirituellen Leben, in der Entwicklung der Nationalkultur sowie im Erhalt der nationalen Identität des armenischen Volkes anerkannt. Die Verfassung verbietet die Anstiftung zum religiösen Hass und erlaubt es Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen einen alternativen Zivildienst abzuleisten (USDOS 10.8.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Relevante Bevölkerungsgruppen

 

Frauen

 

Verfassung und Gesetze schreiben die Gleichberechtigung von Männern und Frauen fest und verbieten die Diskriminierung auf der Basis des Geschlechts. Die Rolle der Frau in Armenien ist gleichwohl durch das in der Bevölkerung verankerte patriarchalische Rollenverständnis geprägt (AA 22.3.2016).

 

Trotz der belegten Gewalt gegen Frauen und des Drucks von Frauenrechtsgruppen und Aktivistinnen hat Armenien kein Gesetz, das die häusliche Gewalt kriminalisiert. Zudem hat Armenien die Konvention des Europarates über die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt nicht ratifiziert. Laut der der NGO "Coalition to Stop Violence Against Women" werden Fälle häuslicher Gewalt unterdurchschnittlich zur Anzeige gebracht und enden meist ungestraft. Jährlich langen bei der NGO 2.000 Anrufe über häusliche Gewalt ein (HRW 12.1.2017).

 

Ein Gesetzesentwurf zur "Vermeidung und Bekämpfung von häuslicher Gewalt" vom November 2016 wurde zurückgezogen, nachdem Gegner, wie das "Pan-Armenische Elternkomitee" und etliche Medien dies als Versuch der EU bezeichneten, die traditionellen armenischen Familienwerte zu untergraben. Das Gesetz würde laut Gegnern die Kindeswegnahme ermöglichen. Ein Berater des Justizministeriums wies letzteres als Desinformation zurück und ergänzte, dass es der Polizei aufgrund der fehlenden Gesetze an der Möglichkeit mangle, Präventivmaßnahmen gegen häusliche Gewalt zu ergreifen (EN 9.2.2017).

 

Vergewaltigung, Missbrauch durch den Ehemann und häusliche Gewalt werden infolge sozialer Stigmatisierung, der Abwesenheit von weiblichen Polizeibeamten und Ermittlerinnen und manchmal aufgrund der Weigerung seitens der Polizei zu handeln, unterdurchschnittlich zur Anzeige gebracht. Fälle häuslicher Gewalt werden nicht gemeldet, weil die Betroffenen Angst vor körperlichen Schäden oder Angst haben, dass die Polizei sie zu ihren Ehemännern zurückschickt. Zudem schämen sich die Frauen, ihre Familienprobleme zu offenbaren. Es gibt auch Berichte, dass die Polizei, vor allem außerhalb von Jerewan, zögerte, in solchen Fällen zu handeln und entmutigte Frauen Anzeige zu erstatten (USDOS 3.3.2017).

 

Laut offiziellen Daten der armenischen Polizei wurden in den ersten zehn Monaten des Jahres 2016 563 Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnet, darunter 370, bei denen der Ehemann oder Partner die Täter waren. 1.956 Frauen kontaktierten die Polizei und informierten diese über Gewalthandlungen unterschiedlicher Art. Im gleichen Zeitraum wurden zehn Frauen im Zuge häuslicher Gewalt getötet. Die faktischen Umstände bei Gewalttaten gegen Frauen sind oft schwer zu ermitteln, da die vorherrschende Ansicht der meisten Menschen ist, diese nicht Kund zu tun. Nicht selten werden Todesdrohungen und andere Warnsignale ignoriert, weil die Gesetzesorgane nicht über die relevanten Fähigkeiten verfügen oder das Risiko schlicht nicht einschätzen wollen. In der Justizpraxis überwiegt zumal eine nachsichtige Haltung gegenüber den Tätern und im Gegenteil, das Opfer für die Übergriffe verantwortlich zu machen (HCA 1.2017).

 

Im World Gender Gap Index 2016 nahm Armenien Rang 102 von 144 Ländern ein. Insbesondere in den Subkategorien Gesundheit (Rang 143) und politische Teilhabe (Rang 125) schnitt das Land besonders schlecht ab (WEF 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Kinder

 

Physische und psychische Gewalt gegen Kinder sowie entwürdigende Strafen sind in Schulen, Internaten sowie Kinderheimen und Waisenhäusern weiterhin weit verbreitet (AA 22.3.2016).

 

Personen unter 18 dürfen keine Überstunden, keine strapaziöse oder gefährliche Arbeit und keine Nacht- oder Feiertagsarbeit verrichten. Die Behörden wenden jedoch die entsprechenden Rechtsvorschriften nicht an. Die Strafen sind unzureichend, um die Einhaltung der Bestimmungen zu erwirken. Laut einer Studie des Nationalen Statistikamtes und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahre 2015 waren 11,6% der Kinder zwischen fünf und 17 beschäftigt. Die meisten der arbeitenden Kinder waren in der Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei tätig. Von 39.300 betroffenen Minderjährigen hatten 31.200 mit einer gefährlichen Arbeit zu tun (USDOS 3.3.2016).

 

Am 8.3.2016 äußerte sich Maud De Boer–Buquicchio, Sonderberichterstatterin für Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie, vor dem UN-Menschenrechtsrat über Armenien. Sie lobte hierbei die Verfassungszusätze, die eine Stärkung des Kinderschutzes vorsehen, betonte jedoch gleichzeitig die Notwendigkeit, diese auch umzusetzen. Die Sonderberichterstatterin rief die armenischen Autoritäten auf, insbesondere das Gesetz gegen häuslicher Gewalt zu verabschieden sowie gleichermaßen Zusätze im Familienrecht, dem Strafrecht und dem Strafverfahrensrecht, die in der Ausweitung des Kinderschutzes münden sollten. Infolge eines mangelhaften Berichtswesens und eines unzulänglichen öffentlichen Bewusstseins besteht das Risiko, dass Fälle von Missbrauch, Gewalt und Ausbeutung von Kindern unentdeckt bleiben und kaum berichtet werden. Dies hat wiederum Auswirkungen auf den Zugang zu Betreuung und Genesung des Kindes, respektive resultiert in der Straflosigkeit der Täter, so die Sonderberichterstatterin (OHCHR 8.3.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Aufgrund des zentralistischen Staatsaufbaus und der geringen territorialen Ausdehnung gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten gegenüber zentralen Behörden. Bei Problemen mit lokalen Behörden oder mit Dritten kann jedoch ein Umzug Abhilfe schaffen (AA 22.3.2016).

 

Das Gesetz garantiert die individuelle Bewegungsfreiheit hinsichtlich der Wahl des Wohn-, Arbeits- und Schulortes (FH 27.1.2017).

 

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor. Allerdings müssen die BürgerInnen ein Ausreisevisum erlangen, um das Land vorübergehend oder auf Dauer zu verlassen. Das Ausreisevisum kann innerhalb eines Tages routinemäßig erhalten werden und kostet 1.000 Dram [ca. 1 Euro] für ein Jahr (USDOS 3.3.2017)

 

Quellen:

 

 

 

 

Grundversorgung

 

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Armenien hat zu wenig für die Bekämpfung der Armut und gegen die sich ausweitenden Wohlstands- und Einkommensgefälle unternommen. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen. Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2016).

 

Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und private Kapitalzuflüsse sind ein bedeutender Faktor für die Wirtschaft: Die armenische Diaspora in Russland umfasst etwa 2 Millionen Menschen, darunter viele Arbeitsmigranten, die Geld an ihre Familien in Armenien überweisen. Nach Angaben der Zentralbank gingen die Geldtransfers der armenischen Diaspora im Jahr 2016 weiter auf 1,5 Mrd. USD zurück (2015: ca. 1,6 Mrd. USD). Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2015 offiziell bei 18,5%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig. Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 3 .2017c).

 

Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2014 zufolge leben 32,3 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2008: 29,2 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt: 2015 wurde laut armenischer Zentralbank ein Betrag von etwa 1,209 Mrd. USD nach Armenien überwiesen, ein Rückgang von 30,1 % zum Vorjahr und das zweite Jahr in Folge. Davon flossen etwa 76 % aus der Russischen Föderation nach Armenien. Der starke Rückgang ist der wirtschaftlichen Lage, insbesondere der starken Abwertung des russischen Rubels geschuldet. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien ca. 60.000 armenische Dram (derzeit ca. 116 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 55.000 AMD (ca. 105 Euro). Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten und darüber hinaus privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten nach. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben, wie sich aus den Zu- und Ausreisestatistiken ergibt, 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen. Die wenigsten davon dürften nicht-armenische Ausländer sein. Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 22.3.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sozialbeihilfen

 

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

 

Familienbeihilfen

 

Die monatliche Familienbeihilfe beträgt 17.000 Dram (Basiswert) plus

5.500 Dram bis 8.000 Dram monatlich für jedes Kind unter 18, abhängig von der Familiensituation, dem Familieneinkommen sowie der örtlichen Lage. Am ersten Schultag gibt es eine Einmalzahlung von 25.000 Dram (SSA 2016).

 

Einmalige Beihilfen

 

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

 

Mutterschaftsgeld

 

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindesgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Für das dritte und vierte Kind stehen je 1 Million Dram zu und zusätzlich 500.000 Dram auf ein Spezialkonto für das Kind, von dem vor dem 18. Lebensjahr nur für bestimmte Zwecke wie etwa für Schulgebühren Geld abgehoben werden darf. Ab dem fünften Kind wird der einmalige Geldbetrag bis auf 1,5 Millionen Dram erhöht plus einer halben Million auf das Spezialkonto. Außerdem haben Mütter das Recht auf einen Mutterschutzurlaub von 70 Tagen vor und 70 Tagen nach der Geburt. Dieser Zeitraum wird bei schwierigen auf 155 oder Mehrlingsgeburten auf 180 Tage erhöht. In diesem Zeitraum wird das Gehalt zu 100% weiter bezahlt. Es können bis zu drei Jahre unbezahlte Karenz in Anspruch genommen werden, ohne das es zum Verlust des Arbeitsplatzes kommt (Repat Armenia 2016).

 

Ab dem 1.1.2016 erhalten auch Frauen, die in keinem Arbeitsverhältnis stehen, die Geburtenbeihilfe in der Höhe von 50.000 Dram für das erste und zweite, bzw. eine Million für das dritte und vierte und 1,5 Millionen ab dem fünften Kind. Die monatliche Beihilfe von 18.000 Dram bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes sollte jedoch nach Aussagen des Arbeits- und Sozialministers weiterhin nur Frauen zukommen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen (ARKA 11.11.2015).

 

Arbeitslosenunterstützung

 

2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (SSA 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Die Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren erbracht. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei. Allerdings gilt dies nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem.

 

Ein Grundproblem der staatlichen medizinischen Fürsorge ist die überbordende Korruption auf allen Ebenen, ein weiteres Problem die schlechte Bezahlung des medizinischen Personals. Dies führt dazu, dass die Qualität der medizinischen Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens in weiten Bereichen unzureichend ist. Denn hochqualifizierte und motivierte Mediziner wandern in den privatärztlichen Bereich ab, wo Arbeitsbedingungen und Gehälter deutlich besser sind. Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist zufriedenstellend. Die Ausstattung der staatlichen medizinischen Einrichtungen mit technischem Gerät ist dagegen teilweise mangelhaft. In einzelnen klinischen Einrichtungen – meist Privatkliniken - stehen hingegen moderne Untersuchungsmethoden wie Ultraschall, Mammographie sowie Computer- und Kernspintomographie zur Verfügung. Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen grundsätzlich kostenlos: Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 50 USD pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet. Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland. Für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich (AA 22.3.2016).

 

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten (IOM 8.2014).

 

Quellen:

 

 

 

Rückkehr

 

Rückkehrer werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 22.3.2016).

 

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

 

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

 

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

I.4.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

 

I.5. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Im Wesentlichen beriefen sich die bP auf ihr bisheriges Vorbringen und gingen nach einer kurzen Wiederholung des Vorbringens davon aus, dass die bB die Anträge rechts- und tatsachenirrig abwies.

 

Die bP gingen davon aus, dass ihnen nur "ein paar Widersprüche eingefallen" wären, "weil viele Jahre[n] nach der Asylantragstellung vergangen" sei. Es sie auch die Verständigung mit dem Dolmetscher "nicht immer reibungslos" gewesen was "auch gleich in der Einvernahme bemängelt" worden wäre.

 

Es wäre den bP "unklar, was die Behörde gemacht hat, welche Ermittlungen in Armenien stattgefunden wurden und, was aus diesem Schriftsatz zu entnehmen ist. Die Behörde hät ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt."

 

I. 6. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt)

 

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

 

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Armenisch-Apostolischen bekennen.

 

Die beschwerdeführenden Parteien bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.

 

Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 – bP5 st durch ihre Eltern gesichert.

 

Familienangehörige leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP.

 

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit März 2014 (bP1 – bP4) bzw. seit August 2016 (bP5) im Bundesgebiet auf. Sie (bP1 – bP4) reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben sich die im Rahmen der Einvernahme bei der bB hervorgekommenen Deutschkenntnisse angeeignet. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

 

Ansonsten wird auf die vor de bB und in der Beschwerdeschrift bekräftigten, sich aus der Aufenthaltsdauer typischerweise ergebenden Anknüpfungspunkte in ihrem Lebensbereich verwiesen.

 

Die Identität wurde von der bB festgestellt.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der bB an.

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem bzw. Abschiebehindernisse in den Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat Armenien den von ihnen beschriebenen Repressalien ausgesetzt waren.

 

2. Beweiswürdigung

 

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben, sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen, sowie den der bB zur Identitätsfeststellung zur Verfügung gestandenen Unterlagen.

 

Die Identität wurde durch die bB festgestellt.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.

 

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

 

Soweit auf Quellen älteren Datums zurückgegriffen wurde, war dies notwendig, um weiter in der Vergangenheit liegende Vorfälle zu schildern. Dies war insbesondere in Bezug auf den Anschlag auf das armenische Parlament der Fall und ist hier darauf hingewiesen, dass dieser Fall so weit abgeschlossen ist, dass er in aktuellen relevanten Quellen keine Erwähnung mehr findet.

 

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

 

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Der objektive Aussagekern der Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen weshalb sie das ho. Gericht diesem anschließt und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

 

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine relevante Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

 

II.2.5. Zu den Einwänden in der Beschwerde ist festzuhalten, dass eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht § 18 Asylgesetz nicht normiert (vgl. schon die Judikatur zu § 28 AsylG 1997, VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494) und im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen ist. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

 

Spiegelbildlich zum Einwand der bP ist jedoch auch darauf hinzuweisen, dass mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285). Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

 

Gerade im antragsbedürftigen Asylverfahren auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung – und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Soweit die bP Unterlagen vorlegten, befasste sich die bB mit diesen im ausreichendem Umfang, indem sie diese einer Echtheitsüberprüfung unterzog und das Ergebnis den bP zur Kenntnis brachte. Die Schlussfolgerung der bB, dass aus den Unterlagen zwar ua. ein Dienstverhältnis, eine Anzeigeerstattung und die Konsultation eines Anwalte ersichtlich ist, aber nicht mehr, insbesondere kein Rückschluss auf den behaupteten Sachverhalt möglich ist, stellt sich für das ho. Gericht als nachvollziehbar. Wenn die bP in der Beschwerde nunmehr einbringen, keine Kenntnis über den Umfang der Ermittlungen der bB zu haben, ist dem entgegenzuhalten, das den bP Parteiengehör gewährt wurde, es ihnen dabei frei stand, entsprechende Einwände zu erstatten oder Akteneinsicht zu begehren, was offensichtlich nicht geschah, weshalb die bP die Folgen dieser Untätigkeit gegen sich gelten lassen müssen.

 

Das ho. Gericht geht davon aus, dass seitens der bB im Rahmen der korrespondierenden Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts und der Verpflichtung der bP an der Mitwirkung im Verfahren den Sachverhalt so weit ermittelte, dass sich das ho. Gericht ein ausreichendes Bild machen konnte und somit entscheidungsreife vorliegt. Weitergehende Ermittlungen würden letztlich in einem Erkundungsbeweis münden.

 

Wenn die bP versuchen, die aufgetretenen Widersprüche zu relativieren, ist festzuhalten, dass sie deren Auftreten bestreiten. Wenn sie nunmehr vorbringen, diese wären entstanden, weil inzwischen bereits ein entsprechender Zeitraum verstrich, so kann diesem Einwand nicht gefolgt werden, zumal die bB nach ho. Ansicht den bP kein Detailwissen abverlangt wurde, dessen Wiedergabe den bP bei Berücksichtigung einer entsprechenden Vergessenskurve nicht (mehr) zumutbar wäre. Das ho. Gericht schließt sich daher der bB an und geht davon aus, dass es sich um gehäufte und eklatante Widersprüche handelt, welche die fehlende Glaubhaftigkeit des Vorbringens indizieren.

 

Die monierten Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetsch sind durch die sich im Akt befindlichen Niederschriften, welchen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt, nicht verifizierbar. Die Fragen und Antworten korrespondieren in einem logischen Konnex, was nur bei einer einwandfreien Verständigung möglich ist und wurde das Protokoll rückübersetzt. Das ho. Gericht geht daher davon aus, dass eine einwandfreie Verständigung stattfand.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.

 

Es ist auch festzuhalten, dass ungeachtet der fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens, die bP keinen Sachverhalt bzw. Schwierigkeiten schilderte, die ihre Ursache in einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Ursachen hätte. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Umstand, dass die bP1 sichtlich außerhalb des armenischen Steuerrechts zur Maximierung des persönlichen Einkommens agierte, woraus sich nunmehr für die Nachteile in der Beweisführung in Bezug auf die Ursache der fehlenden Geldeingänge bei ihrem Arbeitgeber ergeben hätten, zumal keine soziale Gruppe der Abgabenhinterzieher bzw. Abgabenschuldner auch nicht Schuldner im Rahmen eines Dienstverhältnisses anzunehmen ist. (zur Auslegung des Begriffes "soziale Gruppe" vgl. Erk. d. VwGH

v. 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479-7, wo dieser auch auf Art. 10 der StatusRL Bezug nimmt).

 

Ebenso ist der belangten Behörde beizupflichten, dass –rein hypothetisch betrachtet ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen- es der bP möglich und zumutbar wäre, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen an die Sicherheitsbehörden ihres Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, ihm Schutz zu gewähren.

 

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die von der bP geschilderten Übergriffe in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat der bP Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141).

 

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeits-kalkül).

 

Gem. Art 6 der Richtlinie, RL 2011/95/EU vom 13.12.2011 kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt : Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083 ; ...".

 

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

 

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Berufungswerber somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

 

Im gegenständlichen Fall haben die Beschwerdeführer weder behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen., in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

 

Die bP bescheinigte im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre. Globale Verweise auf die Korruption im Landes stellen ebenso keinen entsprechenden Nachweis dar, wie Spekulationen über eine Nähe der Verfolger zum armenischen Staat, zumal sich aus entsprechenden statistischem Material (einsehbar unter der Homepage des Nationalen Statistischen Service der Republik Armenien [http://www.armstat.am/en/ ]) ergibt, dass von den bP beschriebene Gewalttaten in Armenien sehr wohl geahndet werden und blieb die bP1 eine nachvollziehbare und glaubhafte Erklärung schuldig, warum die Behörden gerade in ihrem Fall nicht einschreiten würden.

 

Im Ergebnis hat die bP letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

 

Wenn sich die bP1 durch eine Einschaltung der Behörden möglicherweise deren Aufmerksamkeit in Bezug auf ihre Tätigkeit in der Vergangenheit auf sich lenkt, vermag hieran nichts ändern, zumal es nicht zu den Aufgaben des Asylrechts zählt, säumige Abgabenpflichtige vor ihren Verpflichtungen zu schützen.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorlieben der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.- wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

"

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

 

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

 

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

 

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen.

 

Bei bP1 und bP2 handelt es sich um mobile, junge, im Wesentlichen gesunde, arbeitsfähige Menschen. Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 – bP5 ist durch bP1 und bP2 gesichert.

 

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem qualifiziert vulnerablen Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

 

Auch steht es den bP1 und bP2 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre dort lebenden Familienangehörigen erwarten.

 

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden (vgl. hierzu eine repräsentative Aufzählung solcher in Armenien tätigen Organisationen unter http://www.devdir.org/files/Armenia.PDF ).

 

In Bezug auf die minderjährigen bP ist sicherzustellen, dass die Pflege und Obsorge durch bP1 und bP2 im Zuge der Außerlandesbringung nicht vereitelt wird.

 

Wenn sich die bP mit Geldforderungen konfrontiert sehen, so werden sie im Falle der Unbegründetheit den Rechtsweg zu beschreiten oder das Einvernahmen mit den Gläubigern (Ratenzahlung, teilweiser Schuldennachlass, etc.) zu suchen haben.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl von ho. Erkenntnissen (z. B. ho. Erk. vom 31.8.2016, Gz.: L515 2132845-1/4E mwN) bejaht.

 

Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen nicht hervor (Erk. d.

VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9; Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]; EGMR D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06.vgl. Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05; Urteil Paposhvili v. Belgium (no. 41738/10, GC) vom 13 Dezember 2016) Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich im Bedarfsfalle in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleit-maßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. 2. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. – 5. (2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) ..."

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) –(4) § 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) – (6) "

 

§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:

 

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-

und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. (2)..."

 

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

 

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. 2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 5. (2) – (13) "

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 4. und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3)- (11)..."

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1)...

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) – (5).

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

II.3.4.2. Die gegenständlichen, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme –so wie im gegenständlichen Fall- die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

 

II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst –bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der seitens gesetzlichen Vorgaben im Lichte der Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein bzw. wurden in diesem geboren und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist die hier vorliegende Aufenthaltsdauer jedenfalls kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1; Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029; VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP1 und bP2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Diese Umstand einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

 

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

 

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

 

 

Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen (den minderjährigen bP über ihre Eltern) frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es der bP –so wie jedem anderen Fremden auch- sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Wenn die bP2 vorbringt, an der Hamburger Fern-Hochschule zu studieren ist festzuhalten, dass es sich hierbei um ein Fernstudium handelt und nichts darauf hindeutet, dass dieses lediglich von Österreich aus –und nicht etwa auch von Armenien aus- betrieben werden kann.

 

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.

 

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

 

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

 

Die beschwerdeführende Partei ist –in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie –soweit dies aufgrund ihres geringen Alters nicht angenommen werden kann- die deutsche Sprache so weit beherrscht, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. ernsthafte und taugliche Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Bereichen des Arbeitsmarktes unternommen hätten, der auch Asylwerbern zugänglich ist.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben und Stellungnahmen dokumentieren dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Lebensbereich sowie gewisse positive Charaktereigenschaften der bP aus der Sicht jener Personen, welche diese Schreiben verfassten, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.

 

Zum Schulbesuch der bP3 und bP4 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

 

 

Die bP1 – bP4 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Arminen , wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes bzw. oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP3 und bP4 dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

 

Es wird nunmehr an den Eltern der minderjährigen bP liegen, ihrer Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes zu entsprechen um nicht durch ein rechtswidriges Verharren im Bundesgebiet vermeidbare Nachteile für ihre Kinder herbeizuführen.

 

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP1 bis bP4 reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzte die bP hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.

 

Soweit die minderjährigen bP hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten.

 

Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.

 

 

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens bei der bB beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens der bP, sowie ihrem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen der bP auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Auch wurde seitens der bP keine Säumnisbeschwerde eingebracht.

 

-Auswirkung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat auf die bP

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Es ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

 

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

 

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

 

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache SISOJEVA (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

 

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

 

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht verunmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits zu den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 5 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

II.3.4.9. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass der bP ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist.

 

II.3.4.10. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die hier vorliegenden Umstände gehen letztlich nicht über jene Umstände in relevanter Weise hinaus, wie sie jeden Fremden, welcher zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist, betreffen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen seitens der bP getroffen, indem etwa überwiegende in der Person der bP gelegene Umstände unter zeitgleicher Nennung eines konkreten späteren Ausreisezeitpunktes genannt worden wären.

 

II.3.4.11. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreisen vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

II.3.5. Da in Bezug auf alle bP ein inhaltlich gleichlautendes Erkenntnis erging, ergibt sich auch aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG keine anderslautende Entscheidung.

 

II.3.6. Einreiseverbot

 

Mangels Beschwerdegegenstand war hierüber nicht zu entscheiden, da ein solches von der bP nicht erlassen wurde.

 

Das ho. Gericht weist –ohne präjudiziell wirken zu wollen- darauf hin, dass diese Frage wohl neu zu prüfen sein wird, wenn die bP ihrer Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes nicht nachkommen sollten(vgl. Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008: " Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.)

 

II.3.7. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

 

§ 24 VwGVG lautet:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

 

 

oder

 

 

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

 

 

 

 

 

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

 

Ergänzend zu den oa. Ausführungen weist das ho. Gericht darauf hin, dass sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und somit ein weiterer Grund vorliegt, weshalb keine mündliche Verhandlung durchzuführen war.

 

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon bei der bB stattgefundenen persönlichen Anhörung (das hierbei erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahme wurde in einer entsprechenden Niederschrift, der die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies –so wie im gegenständlichen Fallunterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Georgiens in Zweifel gezogen hätte.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Ebenso prüfte das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung durchzuführen ist, im Lichte der Judikatur des VwGH.

 

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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