BVwG W199 1427134-1

BVwGW199 1427134-119.5.2014

AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W199.1427134.1.00

 

Spruch:

W199 1427134-1/6E IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Afghanistan, gegen die Spruchpunkte II und III des Bescheides des Bundesasylamtes vom 21.05.2012, Zl. 11 13.346-BAG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2014 zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wird XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten hinsichtlich Afghanistans zuerkannt.

II. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18.05.2015 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer stellte am 06.11.2011 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren (in der Folge auch als Asylantrag bezeichnet). Begründend gab er dazu bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Traiskirchen EAST) am selben Tag und bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt (Außenstelle Graz) am 16.05.2012 an, seine Eltern hätten auf Grund des Krieges die Heimat in Afghanistan, die Provinz Paktia, verlassen und nach Pakistan flüchten müssen.

2. Mit dem Bescheid, dessen Spruchpunkte II und III angefochten sind (in der Folge der Einfachheit halber als angefochtener Bescheid bezeichnet) wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wies es den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan ab (Spruchpunkt II), gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wies es den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus (Spruchpunkt III).

Im angefochtenen Bescheid werden zunächst die Niederschriften der Befragung und der Einvernahme wörtlich wiedergegeben. Das Bundesasylamt stellt auf Grund näherer Beweiswürdigung fest, der Beschwerdeführer sei afghanischer Staatsangehöriger und Paschtune; seine Herkunftsregion in Afghanistan und seinen "Aufenthalt oder Aufenthaltsdauer in Pakistan" habe er nicht glaubhaft machen können. "Zu Afghanistan" habe er keinen Fluchtgrund geltend gemacht. Sodann trifft das Bundesasylamt Feststellungen zur Situation in Afghanistan. Rechtlich folgert das Bundesasylamt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lägen nicht vor. Weiters verneint es, dass der Beschwerdeführer iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bedroht oder gefährdet sei, und begründet abschließend seine Ausweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 23.05.2012 persönlich zugestellt.

3. Gegen die Spruchpunkte II und III dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 04.06.2012.

4. Am 05.05.2014 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm und der eine Dolmetscherin für die Sprache Paschtu beigezogen wurde.

5. Das Bundesverwaltungsgericht erhob Beweis, indem es den Beschwerdeführer in der Verhandlung vernahm und - außer den Akten des Verfahrens - folgende Unterlagen einsah, die auch in der Verhandlung erörtert wurden:

The Constitution of Afghanistan. Year 1382

Home Office, UK Border Agency, Afghanistan. Country of Origin Information (COI) Report. 15 February 2013

Bericht des (deutschen) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4.6.2013, Stand März 2013, Berlin

UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 6. August 2013 (HRC/EG/AFG/13/01)

Corinne Troxler Gulzar, Afghanistan, Update: Die aktuelle Sicherheitslage, Bern, 30. September 2013 (SFH)

Weiters zog das Bundesverwaltungsgericht einen Sachverständigen für die aktuelle politische Lage in Afghanistan bei, welcher der Verhandlung beiwohnte und auf Ersuchen des erkennenden Richters in der Verhandlung ein mündliches Gutachten erstattete.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Lage in Afghanistan stellt das Bundesverwaltungsgericht fest:

1.1.1. Allgemeine Entwicklung

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und mehr als zwölf Jahre nach dem Ende der Taliban-Herrschaft ist Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die Arbeit des neuen Vorsitzenden des Hohen Friedensrates (High Peace Council), Salahuddin Rabbani, bleibt mühsam, obwohl er sich als Nachfolger seines ermordeten Vaters schnell in seine Rolle gefunden hat. Versuche einer Annäherung an Pakistan durch eine Reise nach Islamabad zu Gesprächen im Friedensprozess scheiterten im August und September 2012. Damit blieben Fortschritte beim Zugang zu gesprächsbereiten Teilen der Aufständischen aus, die sich zum großen Teil auf pakistanischem Territorium oder in pakistanischer Haft befinden.

Die Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Zwei-Kammer-Parlament (Unterhaus - Wolesi Jirga [Haus des Volkes] - und Oberhaus - Meshrano Jirga [Haus der Ältesten; es wird bestellt von den Provinz- und Distriktsräten und vom Präsidenten]; Art. 82 und 84) vor und enthält einen umfangreichen Grundrechtskatalog (Art.

22 - 59), der auch Bürgerpflichten und Verpflichtungen des Staates

zu Förderungsmaßnahmen vorsieht. Art. 3 enthält einen Islamvorbehalt; danach dürfen Gesetze nicht dem Glauben und den Bestimmungen des Islam zuwiderlaufen. Nach Art. 130 f. der Verfassung sind dann, wenn keine gesetzliche Norm anwendbar ist, in den Grenzen der Verfassung die Regeln der hanefitischen Rechtsschule bzw. des schiitischen Rechts anzuwenden. Staatsreligion ist der Islam (Art. 2); die Anhänger anderer Religionen haben Glaubensfreiheit. (Die Glaubensfreiheit und damit die Freiheit zum Wechsel der Religion kommt somit den Muslimen nicht zu.)

Die Wolesi Jirga arbeitet inzwischen normal. Dabei gelingt es ihr bisweilen, der Regierung die Stirn zu bieten, wie ua. Misstrauensvoten gegen den Innen- und den Verteidigungsminister belegen. Präsident Karzai tauschte - ausgelöst durch das Misstrauensvotum - die beiden Minister aus, zudem wurden die Leitung des Geheimdienstes und zehn Provinzgouverneure ausgewechselt. Allerdings setzen organisatorische Defizite und die untergeordnete Rolle der politischen Parteien der Schlagkraft des Parlamentes bei der demokratischen Kontrolle des Regierungshandelns nach wie vor enge Grenzen. Die afghanische Parteienlandschaft ist stark zersplittert. Auch die Bedeutung ethnischen Proporzes und persönlicher Beziehungen führt dazu, dass einflussreiche Einzelpersonen und ad hoc geformte Koalitionen oft größere Macht haben als politische Organisationen. Zwar verstehen sich einige Parteien bzw. Koalitionen eindeutig als politische Opposition - so etwa die "Nationale Front Afghanistans", die "Nationale Koalition Afghanistans" und die Partei "Recht und Gerechtigkeit". Einzig verbindendes Element ist jedoch oft die Ablehnung der Regierung; nur selten gelingt es, neue und positive inhaltliche Positionen zu formulieren.

Die Machtstrukturen in Afghanistan sind vielschichtig und verwoben. Politische und administrative Ämter werden oft willkürlich vergeben; Eignung, Befähigung und Leistung spielen bei der Besetzung oft eine untergeordnete, informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien dagegen eine wesentliche Rolle. Die Machtverteilung wird national und auch lokal so austariert, dass die Loyalität einzelner Persönlichkeiten und Gruppierungen gesichert erscheint. Handeln lokale Machthaber entgegen der Regierungspolitik, bleiben Sanktionen häufig aus. Politische Allianzen werden in der Regel nach pragmatischen Gesichtspunkten geschmiedet.

Die gewaltbereite Opposition lässt sich im Wesentlichen in drei große Gruppierungen einteilen: die Taliban, das Haqqani-Netzwerk und die Hezb-e Islami Gulbuddin. Alle drei sind - in unterschiedlichem Maß - fragmentiert.

1.1.2. Gerichtsbarkeit und Paralleljustiz

Die rechtsprechende Gewalt ist nach der Verfassung (Art. 116) unabhängig. Ihr höchstes Organ ist das Oberste Gericht (Stera Makhama; Art. 116 der Verfassung). Auf Antrag der Regierung oder eines Gerichts kann das Oberste Gericht prüfen, ob Gesetze, Verordnungen und internationale Verträge mit der Verfassung vereinbar sind (Art. 121 der Verfassung). Das Oberste Gericht setzt sich hauptsächlich aus religiösen Gelehrten zusammen, die nur ein beschränktes Wissen in ziviler Rechtsprechung haben.

Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen lokaler Machthaber, Beamter und auch Familienangehöriger, Stammesältester und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt. Urteile basieren häufig auf einem Gemisch aus kodifiziertem Recht, Sharia, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Besonders in ländlichen Gebieten ist das Justizwesen sehr schwach, sodass die Zivilbevölkerung in zivilen und auch in Strafsachen auf traditionelle Schlichtungsmechanismen zurückzugreift, die auch nicht gebilligte Bestrafungsarten umfassen, sich nicht immer an das Verfassungsrecht halten und sich häufig zum Nachteil von Frauen und Minderheiten auswirken. Das afghanische Justizsystem beruht noch immer hauptsächlich auf Geständnissen als wesentlichem Beweismittel. Willkürliche Festnahmen und unverhältnismäßig lange Haften sind verbreitet. Die Haftbedingungen liegen unter den internationalen Standards. Die afghanische Regierung war in zahlreichen Fällen nicht willens oder fähig, von Beamten begangene Verbrechen konsequent und wirksam zu verfolgen. Die United Nations Assistance Mission (UNAMA) weist in ihrem Bericht vom Jänner 2013 auf die Anwendung von Folter in einzelnen Haftanstalten des National Directorate of Security (NDS), der Afghanischen Nationalen Polizei (ANP), der Afghanischen Nationalen Armee (ANA) und der Afghan Local Police (ALP) hin.

Die verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Sharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) werden nicht einheitlich angewandt. Auch rechtsstaatliche (Verfahrens‑)Prinzipien werden nicht überall eingehalten. Durch Einflussnahme und Zahlung von Bestechungsgeldern durch machtvolle Akteure an die Justiz und Verwaltung werden Entscheidungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert.

Regierungsfeindliche Kräfte etablieren in Gebieten, die sie tatsächlich kontrollieren, eigene parallele "Justiz"-Strukturen. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer strikten Auslegung der Sharia. Vorgesehen sind schwere Bestrafungen einschließlich Hinrichtungen, Amputationen und Verstümmelungen. Regierungsfeindliche Kräfte beschränken das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wer sich gegen regierungsfeindliche Kräfte oder zugunsten der Regierung äußert, läuft Gefahr, auf Grund von "Spionage" für die Regierung in Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet zu werden. Die afghanische Regierung leistet keine Wiedergutmachungen für solche Bestrafungen. Die Rechte der Frauen werden von den Taliban-Gerichten routinemäßig missachtet.

1.1.3. Rekrutierung von Soldaten und Kämpfern

Wehrpflicht besteht nicht. Mögliche Zwangsrekrutierungen durch die afghanische Armee (oder Polizei) sind nicht auszuschließen. Da die erfolgreiche Anwerbung als Soldat oder Polizist für den überwiegend arbeitslosen Teil der jungen männlichen Bevölkerung aber eine der wenigen Verdienstmöglichkeiten ist, erscheint schon die Notwendigkeit für Zwangsrekrutierungen eher unwahrscheinlich. Es ist verbreitet, dass Soldaten, die zB fern ihrer Heimat eingesetzt sind und dort unter schwierigsten Bedingungen kämpfen müssen, das Militär vorübergehend verlassen, um zu ihren Familien zurückzukehren. Diese "Deserteure" werden nach Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Standort wieder in die Armee aufgenommen. Zwangsrekrutierungen durch Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht von Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihre Familien kaum an die Öffentlichkeit.

Regierungsfeindliche Kräfte rekrutieren in Gebieten, die ihrer tatsächlichen Kontrolle unterliegen, Kämpfer zT durch Zwang. Traditionell fand in Zeiten des Krieges die Mobilisierung in Form von "lashkar" statt, einem Brauch, bei dem jeder Haushalt einen Mann im wehrfähigen Alter stellte. Regierungsfeindliche Kräfte wenden in Gebieten, die sie tatsächlich kontrollieren, und in Siedlungen Binnenvertriebener Drohungen und Einschüchterung ein, um Kämpfer zu rekrutieren. Wer sich einer Rekrutierung widersetzt, ist gefährdet, der Spionage für die Regierung angeklagt und getötet oder sonst bestraft zu werden. Es kommt vor, dass Familien, die mit dem Aufstand in Verbindung gebracht werden, regierungsfeindlichen Kräften Knaben als Selbstmordattentäter übergeben, um einen besseren Status bei den betreffenden Kräften zu erhalten. Auch Befehlshaber der ALP haben Mitglieder lokaler Gemeinschaften, einschließlich erwachsener Männer und Kinder, für die ALP zwangsrekrutiert, desgleichen sollen die ANSF (Afghan National Security Forces, di. die ANA und die verschiedenen Polizeieinheiten), va. die ANP, Minderjährige rekrutiert haben. Regierungsfeindliche Kräfte setzen verstärkt Kinder für Selbstmordanschläge ein. Kinder wurden außerdem benutzt, um improvisierte Sprengkörper zu legen, Waffen und Uniformen zu schmuggeln und als Wache oder Späher für die Aufklärung zu dienen. Kinder sind gefährdet, als Unterstützer regierungsfeindlicher Kräfte illegal inhaftiert und während der Haft gefoltert und misshandelt zu werden.

1.1.4. Ethnische und religiöse Zusammensetzung; Religionsfreiheit

Die vier größten ethnischen Gruppen Afghanistans sind die Paschtunen (etwa 38 %), die Tadschiken (etwa 25 %), die Hazara (etwa 19 %) und die Usbeken (etwa 6 %). Die Verfassung zählt in Art. 4 weiters die Turkmenen, Balutschen, Pashai, Nuristani, Aymaq, Araber, Kirgisen, Qizilbash, Gujur, Brahwui "und andere" auf und enthält in Art. 22 ein Diskriminierungs- und Privilegierungsverbot, das für alle Bürger gilt. Die Situation der ethnischen Minderheiten hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft besonders für die traditionell diskriminierten Hazara insgesamt verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber dies dürfte eher eine Folge der früheren Marginalisierung sein als eine gezielte Benachteiligung. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Etwa eine Mio. Afghanen - mehrheitlich Paschtunen - sind Nomaden (Kuchis oder Kutschis); sie leiden unter den ungeklärten Boden- und Wasserverhältnissen, gelten wegen ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter und werden immer wieder diskriminiert. In den Provinzen Wardak und Ghazni führt die jährliche Wanderung der Kuchis, die auf der Suche nach Weideland für ihr Vieh durch Gebiete ziehen, in denen Hazara siedeln, zu wiederkehrender Gewalt zwischen Kuchis und Hazara. Die Gewalt hat zu Toten und Verletzten auf beiden Seiten und zur Vertreibung von Dorfbewohnern unter den Hazara geführt.

Offizielle Landessprachen sind Dari und Paschtu; in Gebieten, in denen die Mehrheit der Bevölkerung Usbekisch, Turkmenisch, Belutschi, Pashai, Nuristani, Pamiri oder Arabisch spricht, sind diese Sprachen eine dritte offizielle Sprache (Art. 16 der Verfassung; die Bestimmung bedarf eines Ausführungsgesetzes).

Nach offiziellen Schätzungen sind 84 % der afghanischen Bevölkerung sunnitische und 15 % schiitische Muslime. Andere Glaubensgemeinschaften (wie zB Sikhs, Hindus und Christen) machen nicht mehr als 1 % der Bevölkerung aus.

Von den Taliban werden auch Menschen bedroht, die gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte (nach ihrer Auslegung) verstoßen, und zwar in Gebieten, die ganz oder teilweise unter ihrer oder der Kontrolle anderer regierungsfeindlicher Kräfte sind, aber auch in anderen Gebieten. Opfer solcher Angriffe sind zB Musiker, Filmemacher, Regisseure, Schauspieler und Sportler, weiters Leute, die an Veranstaltungen oder Zusammenkünften teilnehmen, in deren Rahmen islamische Grundsätze, Normen und Werte (nach der Auslegung der Taliban) verletzt werden, wie zB Musikdarbietungen auf Hochzeiten, Vogelkämpfe und andere Wettkämpfe, bei denen die Zuschauer Wetten abschließen. Von den Taliban werden außerdem Personen bedroht, die sich auf eine Weise kleiden, die nicht den Vorstellungen der Taliban entspricht.

1.1.5. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt unvorhersehbar, die Zivilbevölkerung trägt weiterhin die Hauptlast des Konflikts. Das "Center for Strategic and International Studies" stellte fest, dass sich "in weiten Teilen Afghanistans kaum Entwicklungen abzeichnen, die darauf hindeuten, dass lokale Sicherheit bis 2014 oder weit über dieses Datum hinaus auch nur annähernd erreicht werden könnte - abgesehen von einigen ‚Friedens'-Regelungen, die den Aufständischen die tatsächliche Kontrolle über hochgefährliche Gebiete geben." Im Juni 2013 sagte Ján Kubiš, UN-Sondergesandter für Afghanistan, dass sich die Sicherheitslage für Zivilisten seit Anfang 2013 verschlechtert habe.

Am 18. Juni 2013 verkündete Präsident Karzai den Beginn der fünften und letzten Etappe der Übergabe der Verantwortung für die Sicherheitslage an die ANSF, diese Phase umfasst die restlichen 95 unruhigeren Bezirke im Süden und Osten Afghanistans. Damit ist Afghanistan im Begriff, die Sicherheitsverantwortung für das ganze Land zu übernehmen. Die Herausforderungen sind jedoch groß, da sich einerseits darunter schwer zugängliche und umkämpfte Gebiete entlang der Grenze zu Pakistan befinden und andererseits die Unterstützung der ISAF (International Security Assistance Force) mit der Verringerung der Präsenz in Afghanistan stetig sinkt. Gemäß dem Afghanistan NGO Safety Office (ANSO) gelingt es den ANSF nicht, die Lücken zu füllen, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergeben. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika. In einigen Gebieten, die in Phase drei übergeben worden sind, nehmen die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen zu, während jene der ANSF zeitgleich zurückgegangen sind. Während die internationalen Truppen weiter abgezogen werden, richten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Angriffe kontinuierlich weniger auf internationale und mehr auf afghanische Ziele, dh. auf die ANSF und auf afghanische Regierungsangehörige. Der Abzug aller ausländischen Streitkräfte ist bis Ende 2014 geplant. Beobachter erwarten, dass sich danach der Konflikt zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften intensivieren wird, wenn nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird.

Die ausländischen Sicherheitskräfte legen ihren Schwerpunkt weiterhin auf die Übergabe der Sicherheitsverantwortung, den raschen Truppenabzug und die Organisation der Rückführung des Kriegsmaterials. Nach dem Ende des ISAF-Mandats 2014 werden die USA und ihre Alliierten unter bilateral mit Afghanistan ausgehandelten strategischen Abkommen operieren. Dass bei Luftangriffen der NATO häufig Zivilisten, insbesondere auch Frauen und Kinder, ums Leben kommen, führt immer wieder zu Spannungen mit der afghanischen Regierung.

Die ANSF kämpfen inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front und tragen daher auch das größte Risiko und die höchsten Verluste. Nach Einschätzung von Experten ist der Weg zur Professionalisierung noch lang und es ist klar, dass sie auch 2014 auf internationale Unterstützung, Beratung und Ausbildung angewiesen sein werden. Ein schwerwiegendes Problem ist die hohe Ausfallquote:

Rund 35 % der Angehörigen der Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Dazu kommen lange Abwesenheitszeiten. Die ANA ist inzwischen besser bewaffnet. Dass internationale Truppen nach ihrem Abzug wieder in umkämpfte Regionen zurückkehren mussten, deutet darauf hin, dass die ANSF noch nicht in der Lage sind, die Verantwortung für die Sicherheit zu übernehmen. Seit 2011 kommt es auch zu sogenannten Insider-Angriffen.

Die Desertionsrate der ANP ist noch höher als jene der ANA. Viele Polizeiangehörige werden nur sechs bis acht Wochen lang ausgebildet und sind wesentlich schlechter ausgerüstet als die Armeeangehörigen. Sie verlieren im Einsatz fast doppelt so oft das Leben wie Angehörige der ANA. Zahlreiche Angehörige der ANP sind in lokale Partei- sowie ethnische Streitigkeiten verwickelt, da sie, im Gegensatz zur ANA, meist in ihren Heimatgemeinden eingesetzt werden. Die ANP gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen.

Der Konflikt betrifft mittlerweile die meisten Landesteile, insbesondere auch den Norden. UNAMA beobachtet außerdem, dass regierungsfeindliche Kräfte ihre Bemühungen anscheinend darauf konzentrieren, Gebiete zu halten, in denen die Regierung kaum präsent ist, das wirkt sich erheblich auf den Schutz der Menschenrechte in den betroffenen Gemeinden aus. Die Verbreitung lokaler regierungstreuer und regierungsfeindlicher Milizen und bewaffneter Gruppen, insbesondere im Norden, Nordosten und in den zentralen Hochlandregionen, beeinträchtigt ebenfalls die Sicherheitslage für Zivilisten. Insbesondere in den nördlichen und nordöstlichen Regionen ist die Abgrenzung zwischen Gruppen, die mit der Regierung verbunden sind, und anderen bewaffneten Gruppen unklar, dadurch verbreiten sich missbräuchliche Praktiken unkontrolliert. Zunehmend geraten Zivilisten in die Schusslinie zwischen regierungstreuen bewaffneten Gruppen und regierungsfeindlichen Kräften. Neben den unmittelbaren Auswirkungen der Gewalt sind weitere Faktoren zu beachten:

1. die Kontrolle über die Zivilbevölkerung durch regierungsfeindliche Kräfte, ua. werden parallele Justizstrukturen etabliert, illegale Strafen verhängt, Zivilisten eingeschüchtert und bedroht und ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt und Menschen erpresst und illegal besteuert;

2. Zwangsrekrutierungen;

3. die Auswirkungen auf die humanitäre Situation (Ernährungsunsicherheit, Armut und Zerstörung von Lebensgrundlagen);

4. zunehmende organisierte Kriminalität und die Möglichkeit von Warlords und korrupten Beamten, in Gebieten, welche die Regierung kontrolliert, straflos tätig zu sein;

5. die systematische Beschränkung des Zugangs zu Bildung und zu grundlegender Gesundheitsversorgung auf Grund der Unsicherheit;

6. die systematische Beschränkung der Teilhabe am öffentlichen Leben, insbesondere für Frauen.

In den an den Landesgrenzen liegenden Provinzen im Süden, Osten und Westen ist die Gewalt im Frühjahr 2013 eskaliert, besonders im Grenzgebiet zu Pakistan. Generell versuchen die regierungsfeindlichen Gruppierungen, in ländlichen Gebieten besser Fuß zu fassen, während die afghanischen Sicherheitskräfte um die Kontrolle der Bevölkerung in den urbanen Zentren kämpfen. Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen. Der Schwerpunkt der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind, besonders in Nangarhar. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni. Im Norden sind regierungsfeindliche Gruppierungen, lokale Machthaber und Kräfte der organisierten Kriminalität eng verstrickt. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Begriff, neben dem Süden und Osten des Landes eine dritte Front vom Norden Richtung Süden zu schaffen (Faryab-Badghis-Ghor-Farah-Helmand). In der bisher als ruhig geltenden Provinz Badakhshan gewannen sie nach dem Abzug der ISAF ebenfalls an Einfluss. Anfang März 2013 mussten ISAF-Soldaten zur Unterstützung der ANSF nach Badakhshan zurückgeschickt werden. Ende September 2013 brachten die Taliban den Distrikt Keran-wa Monjan der Provinz Badakhshan unter ihre Kontrolle. Der Verwaltungs- und der Polizeichef mussten fliehen. In den westlichen Grenzprovinzen gelang es regierungsfeindlichen Gruppierungen, die Lücke zu füllen, die durch den Abzug der internationalen Truppen entstand. In Kabuls Hochsicherheitszonen konnten die Taliban auch 2013 komplexe Anschläge durchführen.

Zwischen 2007 und 2011 stieg die Anzahl ziviler Opfer jährlich. Dieser Aufwärtstrend hielt 2013 an. Improvisierte Sprengkörper, denen Zivilisten zum Opfer fielen, waren in den meisten Fällen dem Anschein nach nicht gegen bestimmte militärische Ziele gerichtet oder sie wurden so eingesetzt, dass ihre Auswirkungen nicht auf legitime militärische Ziele beschränkt werden konnten. Regierungsfeindliche Kräfte bringen weiterhin Sprengkörper an Straßen an, die in der Regel von Zivilisten benutzt werden, sowie in anderen öffentlichen, häufig von Zivilisten genutzten Bereichen wie Märkten und Basaren, Behörden, Bereichen in und um Schulen, Geschäften oder Busbahnhöfen, weiters bei Attentaten auf Zivilisten, dabei werden häufig zahlreiche Unbeteiligte getötet. Außerdem benutzen sie Selbstmordattentate, um öffentliche Orte wie belebte Märkte, Moscheen, gesellschaftliche Zusammenkünfte wie Hochzeiten, Versammlungen von Stammesältesten und zivile Büros der Behörden anzugreifen. Auch Selbstmordattentate, die internationalen oder afghanischen Streitkräften gelten, führen häufig zu hohen Zahlen an zivilen Opfern. Regierungsfeindliche Kräfte haben Zivilisten gezwungen, Kämpfer bei sich aufzunehmen oder ihnen ihr Eigentum für ihre Operationen zur Verfügung zu stellen. Dadurch, dass Zivilisten in regierungsfeindliche Aktivitäten einbezogen werden, steigt die Zahl der zivilen Opfer. Die Zivilbevölkerung lebt unter ständiger Lebensgefahr und ist dem fortwährenden Risiko von Verstümmelung, ernsthaften Verletzungen und Zerstörung von Eigentum ausgesetzt.

Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung gehen weiterhin von vier Quellen aus:

von regierungsfeindlich eingestellten, bewaffneten Gruppierungen wie Taliban, Hezb-e-Islami Gulbuddin Hekmatyars, Haqqani-Netzwerk ua.;

von regionalen Warlords und Kommandierenden der Milizen;

von kriminellen Gruppierungen;

von Reaktionen der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen regierungsfeindliche Gruppierungen, insbesondere Bombardierungen.

Regierungsfeindliche Kräfte beschränken in Gebieten, die sich unter ihrer tatsächlichen Kontrolle befinden, regelmäßig das Recht auf Bewegungsfreiheit durch mobile oder dauerhafte Kontrollpunkte. Dies beeinträchtigt die Lebensgrundlage und Arbeitsmöglichkeiten der Zivilbevölkerung, da die betroffenen Straßen oft die einzige Verbindung zu den Zentren der Distrikte sind. Besonders betroffen sind Bauern, die nicht dorthin reisen können, um ihre Produkte zu verkaufen. Regierungsfeindliche Kräfte erheben zudem illegale Steuern in nahezu allen Gebieten, die teilweise oder vollständig unter ihrer Kontrolle sind.

Neben Anschlägen auf militärische und zivile internationale Akteure verüben die Aufständischen vermehrt Anschläge gegen die ANSF. Auf Grund ihrer besonderen Machtstellung werden auch auf Provinz- und Distriktgouverneure immer wieder Anschläge verübt, ebenso auf Mitarbeiter des afghanischen öffentlichen Dienstes wie Angehörige von Ministerien oder nachgeordneten Behörden.

Regierungsbeamte und ihre Familienangehörigen sind Ziel von Anschlägen regierungsfeindlicher Kräfte, ebenso Angehörige der ANP und der ALP, Zivilisten, die mit den ANSF oder mit den internationalen Streitkräften zusammenarbeiten oder denen dies unterstellt wird oder die für die Regierung oder für die internationale Gemeinschaft arbeiten oder denen dies unterstellt wird. Diese Leute werden gewarnt und aufgefordert, ihre Tätigkeit aufzugeben, oft in der Form von "shab nameha" ("nächtlichen Drohbriefen"). Zivilisten, denen "Spionage" für die Regierung zur Last gelegt wird, werden im Rahmen von Schnellverfahren in illegalen Justizverfahren durch die regierungsfeindlichen Kräfte verurteilt und hingerichtet. Weitere Ziele sind Stammesälteste und religiöse Führer (die zB Begräbnisrituale für Mitglieder der ANSF und für von den Taliban getötete Personen durchführen).

Besonders gefährdete Personengruppen sind Mitarbeiter nationaler und internationaler Organisationen (zB Leute, die sich für Menschen- und Frauenrechte einsetzen, und aus der Entwicklungs- und humanitären Hilfe, aber auch Minenräumer, Lastwagenfahrer und Straßenbauarbeiter), vermehrt auch die Familienangehörigen dieser Zielgruppen (darunter auch Kinder), Beschäftigte der ausländischen Sicherheitskräfte (besonders etwa Dolmetscher oder Fahrer, die für die internationalen Truppen arbeiten), Journalisten (besonders wenn sie über Straffreiheit, Kriegsverbrechen, Korruption, Drogenhandel oder andere Machenschaften berichtet haben; zu den Tätern zählen nicht nur Angehörige regierungsfeindlicher Gruppierungen, sondern auch lokale Machthaber, Politiker, Sicherheitsbeamte, Regierungsvertreter und Geistliche), im Gesundheitswesen tätige Personen, Regierungsbeamte (Richter und Strafverteidiger, Parlamentsmitglieder, Provinz- und Distriktgouverneure sowie Ratsmitglieder), Lehrkräfte und Schüler, Angehörige der Sicherheitskräfte (auch außerhalb ihres Dienstes) und ihre Familienangehörigen, gemäßigte Geistliche und Stammesführer (Geistliche und Stammesführer oder -älteste, welche die afghanische Regierung oder die internationale Staatengemeinschaft unterstützen, Teilnehmer des Afghanischen Friedens- und Wiedereingliederungsprogramms, Angehörige nichtmuslimischer Religionen, Homosexuelle, Menschen, die den Werten regierungsfeindlicher Gruppierungen widersprechen (Sportler, Filmemacher, Künstler und Musiker), Wohlhabende und Opfer der Blutrache.

Die größte Bedrohung für die Bürger Afghanistans geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus, meist Anführern von Milizen, die keine staatlichen Befugnisse, aber faktische Macht haben und sie häufig missbrauchen. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Leute kaum Einfluss und kann sie nur begrenzt kontrollieren oder ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des schwachen Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben diese Menschenrechtsverletzungen daher häufig ohne Sanktionen.

Nach wie vor sind in Afghanistan zahlreiche illegale bewaffnete Bewegungen sowie Milizen oder milizähnliche Verbände aktiv. Besonders im Norden und Nordosten Afghanistans werden zunehmend Menschenrechtsverletzungen durch Milizen registriert. Die Warlords und Milizen gehen dabei in der Regel straffrei aus.

Es kommt landesweit immer wieder zu Entführungen, die politisch oder finanziell motiviert sind. In vielen Fällen enden sie glimpflich, wenn sich die Familie des Opfers mit den Entführern auf die Summe des Lösegeldes einigen kann. Reiche Geschäftsleute lassen sich auf Grund dieser allgemeinen Gefährdung häufig von privaten Sicherheitskräften begleiten.

Beobachter berichten von einem hohen Maß an Korruption, von ineffektiver Regierungsgewalt und einem Klima der Straflosigkeit als Faktoren, die die Rechtsstaatlichkeit schwächen und die Fähigkeit des Staats untergraben, Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu bieten. Wer die Menschenrechte verletzt, wird selten dafür zur Rechenschaft gezogen. Einige staatliche Akteure, die mit dem Schutz der Menschenrechte beauftragt sind, einschließlich der ANP und der ALP, begehen in einigen Teilen des Landes selbst Menschenrechtsverletzungen, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Korruption betrifft viele Teile des Staatsapparats auf nationaler, Provinz- und lokaler Ebene.

Die Anbaufläche für Opium in Afghanistan ist 2012 im dritten Jahr in Folge gewachsen. 2013 wurde auch in Balkh, Faryab und Takhar Opium angebaut, dadurch stieg die Zahl der opiumanbauenden Provinzen von 17 auf 20. Nur noch 14 Provinzen gelten als opiumfrei. In das lukrative Geschäft sind nicht nur regierungsfeindliche Gruppierungen verstrickt, sondern auch zahlreiche Regierungsbeamte und Warlords.

Die Sicherheitslage in Paktia ist sehr prekär, dort sind die Nachfolger des bekannten Terroristenchefs Haqqani aktiv, nämlich das Haqqani-Netzwerk. Es arbeitet mit arabischen Terroristen zusammen und verunsichert Südost-Afghanistan, insbesondere Paktia. Es rekrutiert auch junge Leute für Selbstmordanschläge und für die Teilnahme an verschiedenen Frontkämpfen.

1.1.6. Taliban

Offizielle Friedensgespräche mit den Taliban sind wegen des nahenden Abzugs der internationalen Streitkräfte wahrscheinlicher geworden. Delegierte der Taliban haben 2012 neben Vertretern des Hohen Friedensrates und der afghanischen Regierung an Konferenzen in Kyoto und in Chantilly teilgenommen. Die Regierung hofft nun, mit der Freilassung hochrangiger inhaftierter Taliban-Kämpfer deren Vertrauen zu gewinnen und damit Friedensgespräche zu erleichtern. Auch Pakistan hat seit November 2012 rund 30 mittlere und höhere afghanische Taliban-Anführer freigelassen. Nach Berichten des NDS haben sich einige der freigelassenen Kämpfer bereits wieder dem bewaffneten Widerstand angeschlossen. Unklar bleibt auch, ob im Rahmen von Gesprächen geschlossene Abkommen in der stark dezentral organisierten Bewegung der Taliban überhaupt durchgesetzt werden könnten. Am 17.11.2012 verkündete der Vorsitzende des Hohen Friedensrates, dass Vertretern der Taliban strafrechtliche Immunität zugestanden werde, wenn sich diese am Friedensprozess beteiligten, obwohl einige von ihnen im Verdacht stehen, Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Die Führung der Taliban ist weiterhin in der Lage, ihre militärischen Operationen von Pakistan aus zu lenken und die notwendigen Ressourcen zu beschaffen. 2012 erreichten die Spannungen innerhalb der Bewegung einen Höhepunkt. Insbesondere verschob sich die Macht von der Quetta- hin zur Peshawar-Shura. Die Bewegung hat diesbezüglich im Süden Afghanistans größere Probleme. 2012 meldeten viele Gemeinden, dass regierungsfeindliche Gruppierungen wegen der eingeschränkten Präsenz afghanischer Sicherheitskräfte vermehrt Gebiete kontrollierten. Die Taliban üben auch in Gebieten, die unter der Kontrolle der afghanischen und internationalen Streitkräfte stehen, Einfluss aus, und zwar über Drohbriefe, Einschüchterung, Familien- und Stammesnetzwerke oder Imame. Sie nutzen auch die Schwäche der Regierung in Gebieten aus, in denen diese nur ungenügend Präsenz, Rechtsstaatlichkeit oder wirtschaftliche Möglichkeiten bieten kann.

1.1.7. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist unzureichend, weil es an Medikamenten, Geräten, Ärzten und ausgebildetem Hilfspersonal mangelt. Die durchschnittliche Lebenserwartung der afghanischen Bevölkerung liegt bei etwa 51 Jahren für Frauen und bei 48 Jahren für Männer. Afghanen mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder zu Botschaften können sich uU auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen. Die Behandlung psychischer Erkrankungen ist nach wie vor ein großes Problem. Die wenigen Kliniken, die es in einigen größeren Städten gibt, sind klein und überfüllt.

Im Gesundheitswesen tätige Personen gehören zu den besonders gefährdeten Personengruppen.

1.1.8. Sonstiges

Nach Jahrzehnten des Konflikts und wiederkehrenden Naturkatastrophen ist die afghanische Bevölkerung sehr schutzbedürftig, die Überlebensmechanismen vieler Menschen sind erschöpft. Der fortwährende Konflikt greift diese Schwachstellen durch Zerstörung von Lebensgrundlagen, Verlust von Viehbestand, die größere Verbreitung ansteckender Krankheiten, verstärkte Vertreibung, ständige Menschenrechtsverletzungen und höhere Kriminalitätsraten weiter an. Naturkatastrophen sind ein weiterer Grund für die Schutzbedürftigkeit der Bevölkerung. Die humanitären Indikatoren sind in Afghanistan auf einem kritisch niedrigen Niveau. 36 % der Bevölkerung leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Ernährungsunsicherheit betrifft 34 % der Bevölkerung. 43 % haben keinen nachhaltigen Zugang zu verbesserter Trinkwasserversorgung.

2012 waren nur 15,7 % der über 15-jährigen afghanischen Frauen berufstätig, dagegen 80,3 % der Männer. Die Zahl der Unterbeschäftigten ist jedoch hoch. Die Landwirtschaft bleibt für die Mehrheit der Bevölkerung die wichtigste Einkommensquelle. Afghanistan verfügt über eine noch geringe, aber wachsende Anzahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte.

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Im Süden und Osten gelten etwa eine Mio. oder 29,5 % aller Kinder als akut unterernährt.

Rund 90 % der Ausgaben der afghanischen Regierung werden weiterhin mit Geldern der internationalen Staatengemeinschaft finanziert. Die Unsicherheiten führten in der Wirtschaft aber zu einem Vertrauensverlust, der sich in einem sinkenden Engagement im Privatsektor, einem fallenden Devisenwechselkurs und einer Verzögerung der langsamen Erholung des Bankensektors abzeichnet.

Es ist weit verbreitet, illegal Land in Besitz zu nehmen, oft sind mächtige Akteure mit Verbindungen zur Regierung daran beteiligt. Afghanen, die ihr Land nach einer Vertreibung zurückfordern, sind diesbezüglich besonders gefährdet.

Rund 40 % der Rückkehrenden konnten sich nicht wieder in die Gemeinschaft ihrer Herkunftsorte integrieren. Bis zu 60 % der Rückkehrenden kämpfen mit Schwierigkeiten, sich in Afghanistan wieder einzugliedern. Etwa 25 % Prozent der in Städten lebenden intern Vertriebenen sind vermutlich Rückkehrende, die erneut vertrieben wurden. Erschwert wird die Wiedereingliederung durch die anhaltend prekäre Sicherheitslage, den Verlust der Lebensgrundlage, den fehlenden Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und durch die Herausforderungen bei der Rückforderung von Land und Besitz.

Binnenvertriebene gehören zu den schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen in Afghanistan. Viele sind außerhalb der Reichweite humanitärer Hilfsorganisationen. In Städten lebende Binnenvertriebene sind schutzbedürftiger als nicht vertriebene, arme und in Städten lebende Personen, da sie im besonderen Maß von Arbeitslosigkeit, beschränktem Zugang zu angemessenem Wohnraum, zu Wasser und Sanitäranlagen sowie von Lebensmittelunsicherheit betroffen sind. Allein in Kabul leben rund 50.000 Menschen als intern Vertriebene, die im Winter der Kälte und im Sommer der Hitze schutzlos ausgeliefert sind.

1.2. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der ethnischen Gruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Muslim. Seine Heimatprovinz in Afghanistan ist die Provinz Paktia - von dort stammen seine Eltern -; er ist jedoch in Pakistan, und zwar im Ort XXXX, nahe der afghanischen Grenze, geboren und aufgewachsen und hat Paktia nur gelegentlich besucht, so zu Hochzeiten oder Trauerfeiern.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Lage in Afghanistan beruhen auf dem Bericht des (deutschen) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4.6.2013 (Stand März 2013), der durch die Darstellung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender) vom August 2013 bestätigt wird, ebenso durch jene der Berichte Troxler Gulzars (Schweizerische Flüchtlingshilfe) vom September 2013 und des britischen Home Office vom Feber 2013.

Die Feststellungen zum Inhalt der Verfassung beruhen auf dem Text der Verfassung (in englischer Übersetzung).

Die Prozentzahlen zur Verteilung der ethnischen Gruppen und zur Stärke der Religionsgemeinschaften verstehen sich als Schätzungen; der Flüchtlings-Hochkommissär der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien, S 50 FN 266 und S 74 FN 410) zB macht etwas abweichende Angaben (80 % Sunniten, 19 % Schiiten; 42 % Paschtunen, 27 % Tadschiken, 9 % Hazara, 9 % Usbeken, 4 % Aymaq, 3 % Turkmenen, 2 % Belutschen).

Die Feststellungen zur Justiz und zum alternativen Rechtssystem und den Parallelstrukturen der Taliban beruhen va. auf dem Bericht Troxler Gulzars (S 12 - 14) und auf den UNHCR-Richtlinien (S 23). Die Feststellungen zur Rekrutierung von Soldaten und Kämpfern beruhen auf dem Bericht des deutschen Außenamtes (S 11) und auf den UNHCR-Richtlinien (S 45 f., 65 f.). Die Feststellungen zu den Wanderungen der Kuchis beruhen auf den UNHCR-Richtlinien (S 78). Die Feststellungen zur Bedrohung christlicher Konvertiten und von Personen, die sich nicht islamkonform verhalten, beruhen auf dem Bericht des deutschen Außenamtes (S 11) und auf den UNHCR-Richtlinien (S 52, 54). Die Feststellungen unter der Überschrift "Taliban" stützen sich iW auf den Bericht Troxler Gulzars (S 2 f., 6 f.).

Die Feststellungen zur Sicherheitslage beruhen va. auf den UNHCR-Richtlinien. Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Paktia (letzter Absatz der Feststellungen zur Sicherheitslage) beruhen auf dem mündlichen Gutachten des Sachverständigen, das er in der Verhandlung erstattet hat. Dazu verwies der Sachverständige auf zwei Artikel, nämlich Abdul Raqib Nuri, Afghan Youth Debates: Fraud, Security Fears in Paktia (Institute for War and Peace Reporting, ARR Issue 473, 6.1.2014;

http://iwpr.net/report-news/afghan-youth-debates-fraud-security-fears-paktia ) und Ghanizada, Three suicide bombers arrested in Paktia province (Khaama Press, 31.3.2014;

http://www.khaama.com/three-suicide-bombers-arrested-in-paktia-province-3509 ).

Alle zitierten Unterlagen, auf denen diese Feststellungen beruhen, stammen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen, sodass keine Bedenken dagegen bestehen, sich darauf zu stützen.

Der Sachverständige ist in Afghanistan geboren und aufgewachsen, er hat in Kabul das Gymnasium absolviert, in Wien Politikwissenschaft studiert und war in den neunziger Jahren an mehreren Aktivitäten der Vereinten Nationen zur Befriedung Afghanistans beteiligt. Er hat XXXX und verfügt dort über zahlreiche Kontakte, ist mit den dortigen Gegebenheiten vertraut und recherchiert dort selbst - auch für den Asylgerichtshof und für das Bundesverwaltungsgericht - immer wieder (zuletzt im Dezember 2013). Darüber hinaus hat er an der XXXX abgehalten, die sich mit Afghanistan beschäftigen. Auf Grund seiner Sachkenntnis wurde er bereits in vielen Verfahren als Gutachter herangezogen; er hat im Auftrag des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes zahlreiche nachvollziehbare und schlüssige Gutachten zur aktuellen Lage in Afghanistan erstattet.

2.2. Die Feststellungen zur ethnischen Zugehörigkeit des Beschwerdeführers und zu seiner Religion stützen sich auf seine insoweit glaubwürdigen Angaben. Dass er die Sprache Paschtu beherrscht, zeigte sich in der Verhandlung.

Der Beschwerdeführer gab bei seiner Befragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Polizeiinspektion Traiskirchen EAST) am 06.11.2011 an, seine Eltern hätten "aufgrund des Krieges" die Heimat verlassen und nach Pakistan flüchten müssen. Dort, in der Ortschaft XXXX, sei er geboren worden. Als dann in XXXX Kämpfe zwischen Schiiten und Sunniten ausgebrochen seien, sei seine Familie aus Angst nach Peshawar geflüchtet, und er habe sich zur Ausreise entschlossen. Als "[l]etzte Wohnadresse im Heimatland" wurde notiert: "Paktia, Distr. Zapara, Dorf XXXX".

Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt (Außenstelle Graz) am 16.05.2012 gab der Beschwerdeführer an, seine "letzte Wohnadresse im Heimatland Afghanistan" - wie es in der Niederschrift heißt - sei "Paktia, XXXX" gewesen. Nach Afghanistan sei er vielleicht dreimal im Jahr gekommen, zu Hochzeiten, Trauerfeiern uä., habe aber nicht dort gelebt. Er sei in XXXX geboren und habe dort lange gelebt. Der Beschwerdeführer wurde zu Einzelheiten seines Lebens in XXXX und seiner Fluchtgeschichte (Aufenthalte in Griechenland und Italien) gefragt und auf Griechisch und Italienisch angesprochen. Er verneinte ua. die Frage, ob es in XXXX einen Flughafen gebe, und gab an, er habe die XXXX besucht. Die Niederschrift vermerkt, dass die Dolmetscherin gefragt worden sei, ob der Beschwerdeführer XXXX mit "XXXX" verwechselt haben könne; sie habe angegeben, dass eine Verwechslung nicht möglich sei und es kein Wort "XXXX" gebe, weder in Afghanistan noch in Pakistan. Auf die Frage nach dem Weg vom "XXXX Hospital" (gemeint: XXXX Hospital) zu seiner Wohnadresse gab der Beschwerdeführer eine vage Auskunft. Er wiederholte, seine Familie sei "vor dem Russenkrieg in Afghanistan" nach Pakistan geflohen. Schließlich wurde ihm mitgeteilt, das Bundesasylamt gehe davon aus, dass er hinsichtlich seiner Herkunftsregion und seines Aufenthaltes in Pakistan unwahre Angaben gemacht habe und dass sein gesamtes Vorbringen unwahr sei.

Im angefochtenen Bescheid stellt das Bundesasylamt fest, der Beschwerdeführer sei afghanischer Staatsangehöriger und Paschtune; seine Herkunftsregion in Afghanistan und seinen "Aufenthalt oder Aufenthaltsdauer in Pakistan" habe er nicht glaubhaft machen können. Ihm sei "insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen". Beweiswürdigend stützt es sich vor allem auf Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers zu XXXX und zu den Ortsbezeichnungen, die er zu seiner Herkunftsregion in Afghanistan gemacht habe. Er habe bei der Erstbefragung angegeben "Paktia, Distrikt Zapara, Dorf XXXX". Bei seiner Einvernahme am 16.05.2012 habe er "Paktia, XXXX" angegeben. Einen Distrikt dieses Namens gebe es, er heiße jedoch "XXXX" und nicht "XXXX". Es sei glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Erstbefragung zu seiner fiktiven Herkunftsregion informiert habe - er habe angegeben, einen Laptop zu besitzen - und dann den Namen "schlecht memoriert" habe. Einen Distrikt "Zapara" gebe es in Paktia ebensowenig wie ein Dorf namens "XXXX". Die tatsächliche Herkunftsregion in Afghanistan habe nicht festgestellt werden können. - Der Beschwerdeführer habe nicht gewusst, dass es in XXXX einen Flughafen gebe; tatsächlich sei er 25 km vom Stadtzentrum entfernt. Als Namen seiner Schule habe er angegeben: "XXXXXXXX". Es gebe aber in XXXX nur eine "XXXX" und eine "XXXX", das Wort "XXXX" habe der Beschwerdeführer aber nicht verwendet, sondern eindeutig "XXXX" gesagt. Der Beschwerdeführer habe auch den Weg zum XXXX Hospital nicht genau angeben können. Schließlich habe er nur wenig Urdu sprechen können, obwohl er in Pakistan gelebt haben wolle. Seine Erklärung, dort lebten viele afghanische Flüchtlinge und man spreche Paschtu, sei nicht nachvollziehbar, da er nach seinen Angaben eine offizielle pakistanische Schule besucht habe.

In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte der Beschwerdeführer, er sei bis zur vierten Klasse auf Paschtu und sodann auf Urdu unterrichtet worden, die Schulbücher seien bis zur vierten Klasse in beiden Sprachen, danach nur in Urdu verfasst gewesen. Er habe beim Bundesasylamt nur ein wenig Urdu gesprochen, weil er nur wenig Urdu sprechen könne. Der Beschwerdeführer wiederholte den Namen der Schule, wie er ihn vor dem Bundesasylamt ausgesprochen hatte ("XXXX", später habe er dann die "XXXX" besucht). Der Sachverständige gab dazu an, diese Aussprache entspreche jener Bezeichnung der staatlichen Schule in XXXX, wie er sie selbst in den achtziger Jahren in Peshawar und XXXX gehört habe. Gemeint sei "XXXX". Zu seinen Ortsangaben vor dem Bundesasylamt führte der Beschwerdeführer aus, die Namen, die er bei seiner Befragung angegeben habe, seien früher für diese Ortschaften verwendet worden. XXXX und XXXX seien zwei Nachbardörfer, XXXX sei ein Basar in der Nähe des Dorfes XXXX. Der Beschwerdeführer beschrieb die Gegend um XXXX und meinte, er habe nicht gewusst, dass es dort einen Flughafen gebe, wohl aber, dass in der Nähe die pakistanische Nationalarmee stationiert sei. Einen hohen Berg bezeichnete er mit dem Namen "XXXX".

Der Sachverständige erstattete in der Verhandlung ein mündliches Gutachten und führte aus, der Beschwerdeführer habe authentisch angegeben, dass er aus Paktia stamme, auch seine Aussprache entspreche jener der Provinzen Südost-Afghanistans (Paktia, Paktika und Khost). Er habe auch sein Wohngebiet in Pakistan (XXXX) den Tatsachen entsprechend beschrieben. Tatsächlich gebe es dort einen hohen Berg namens XXXX, der auf Farsi auch XXXX genannt werde. Beides bedeute "XXXXXXXX". In XXXX sei tatsächlich seit den achtziger Jahren das pakistanische Militär stationiert, das hauptsächlich mit der Abwehr der Eindringlinge nach Pakistan und in den achtziger Jahren mit der Unterstützung der Mujaheddin beschäftigt gewesen sei. Der Sachverständige wies auf den Wikipedia-Eintrag zu Safed Koh hin (http://en.wikipedia.org/wiki/Safēd_Kōh ).

Auf Grund dieser Angaben des Beschwerdeführers und des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer tatsächlich Afghane ist (das hat auch das Bundesasylamt nicht bezweifelt), dass er in Pakistan aufgewachsen ist und dass seine Heimatprovinz in Afghanistan die Provinz Paktia ist. Die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes beruht demgegenüber nicht zuletzt auf - nach Ansicht des Bundesasylamtes - widersprüchlichen Ortsangaben. Es liegt aber auf der Hand, dass Orte mit unterschiedlichen Namen bezeichnet werden können und dass die Karten, auf die sich das Bundesasylamt stützte, vermutlich nicht alle Varianten enthalten. Desgleichen ist es leicht denkbar, dass ein Name unterschiedlich ausgesprochen wird ("XXXX") - wie dies auch in mitteleuropäischen Sprachen vorkommt - und dass einem Sprecher nicht bekannt sein muss, welche Ausspracheform in Karten, die in Österreich zugänglich sind, verzeichnet ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idF des FNG-Anpassungsgesetzes BGBl. I 68/2013 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idF des FNG-Anpassungsgesetzes zu Ende zu führen.

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 idF ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

3.1.2. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen. Da es am 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängig war, ist es vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.

3.2. Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des AsylG 2005 und des BFA-VG anzuwenden. (So enthalten zB § 16 Abs. 1 zweiter Satz und § 21 Abs. 7 BFA-VG ausdrücklich Sonderbestimmungen gegenüber dem VwGVG.)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1. Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3, 3 a und 6 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht, wenn ein Aberkennungsgrund vorliegt oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 3, § 27 Abs. 2, 4 und 5 AsylG 2005, § 33 Abs. 5 Z 3 BFA-VG) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Asylantrag auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

1.2. Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Ergebnis nicht von jenen, nach denen dies nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 BGBl. I 76 (in der Folge: AsylG 1997) idF der Asylgesetznovelle 2003 BGBl. I 101 (in der Folge: AsylGNov. 2003; entspricht § 8 AsylG 1997 in der Stammfassung) iVm § 57 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (in der Folge: FrG) zu geschehen hatte. (Dagegen gibt es in der Rechtslage nach dem AsylG 2005 keine Entsprechung zu den Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylGNov. 2003 iVm § 57 Abs. 2 FrG, also dem zweiten Absatz dieser fremdengesetzlichen Bestimmung.) Diese Bestimmung lautete in ihrer Stammfassung:

"Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden."

Durch Art. 1 BG BGBl. I 126/2002 erhielt § 57 Abs. 1 FrG seine zuletzt geltende Fassung, die wie folgt lautete:

"Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde."

Die Novellenfassung unterscheidet sich mithin von der Stammfassung dadurch, dass auf die Annahme stichhaltiger Gründe verzichtet wurde und dass an die Stelle der Formulierung "einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe" die Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge: MRK) gesetzt wurde. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle motivieren die Änderung wie folgt (1172 BlgNR 21. GP, 35):

"Die Änderungen in § 57 Abs. 1 tragen dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Causa Ahmed versus Österreich Rechnung, dienen der Umsetzung dieses Erkenntnisses und entsprechen den Intentionen des Gerichtshofes. Somit ist klargestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die Betroffenen Gefahr laufen, dort unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden oder dies sonst eine unmenschliche Behandlung ist."

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der durch die Novelle geänderte Text des § 57 Abs. 1 FrG das unmittelbar zum Ausdruck bringe, was er schon zur Stammfassung judiziert hatte (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573; 28.6.2005, 2005/01/0080), dass sich mithin am Inhalt nichts geändert habe. Das muss auch für die Frage gelten, ob etwa dadurch, dass die Novelle die Bedrohung mit der Todesstrafe im Gesetzestext durch den Hinweis auf das Protokoll Nr. 6 zur MRK über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. 138/1985, ersetzt, zu einer Minderung des Schutzes von Fremden führen sollte, erlaubt doch Art. 2 dieses Protokolls "die Todesstrafe für Taten [...], welche in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden". Zweifellos war eine solche Minderung nicht beabsichtigt (vgl. Putzer, Asylrecht. Leitfaden2 [2011] Rz 210 mwN).

Vergleicht man nun den so verstandenen § 57 Abs. 1 FrG mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005, so zeigen sich zwei Unterschiede: Zum einen bezieht sich § 8 Abs. 1 AsylG 2005 auch auf das Protokoll Nr. 13 zur MRK, BGBl. III 22/2005, zum anderen wird im zweiten Teil des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 iW Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie (dazu EuGH 17.2.2009, Elgafaji, C-465/07 ) wiederholt. Zum ersten Punkt ergibt sich schon aus dem zuvor Gesagten, dass der Schutz gegenüber § 57 Abs. 1 FrG nicht erweitert worden ist, da auch diese Bestimmung bei drohender Todesstrafe die Abschiebung untersagte (das Protokoll Nr. 13 erlaubt gegenüber dem Protokoll Nr. 6 die Todesstrafe auch nicht mehr ausnahmsweise). Zum zweiten Punkt ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon zu § 57 Abs. 1 FrG davon ausgegangen ist, eine extreme Gefahrenlage, die in einem Staat herrscht und durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, könne der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 26.6.1997, 95/21/0294;

6.11.1998, 97/21/0504; 18.12.1998, 95/21/1028; 18.5.1999, 96/21/0037; 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 30.11.2000, 2000/20/0405;

25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 25.1.2001, 2000/20/0543; 21.6.2001, 99/20/0460;

16.4.2002, 2000/20/0131; 17.9.2008, 2008/23/0588; in diesem Sinne auch VwGH 12.2.1999, 95/21/1097; 12.4.1999, 95/21/1074; 12.4.1999, 95/21/1104; 10.5.2000, 97/18/0251; 5.10.2000, 98/21/0369; 22.3.2002, 98/21/0004; 14.1.2003, 2001/01/0432). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der solche extreme Gefahrenlagen zumindest als wesentliches Element bei der Prüfung, ob die Rückführung zulässig ist, ansieht (zB EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua. gegen das Vereinigte Königreich, Z 108;

17.12.1996, Ahmed gegen Österreich, Z 44; 26.4.2005, Müslim gegen die Türkei, Z 66; 20.9.2007, Sultani gegen Frankreich, Z 56;

17.7.2008, NA gegen das Vereinigte Königreich, Z 113). Auf dieser Grundlage wird auch im Schrifttum die Ansicht vertreten, die erste Variante des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 decke "immer auch jene Fälle ab [...], die unter die zweite Variante fallen"; die im zweiten Fall angesprochenen Sachverhalte würden vom Verwaltungsgerichtshof unter den Schutzbereich des Art. 3 MRK subsumiert. Im Ergebnis seien Umstände, die unter den zweiten Fall fielen, immer auch vom ersten Tatbestand umfasst (Putzer, Asylrecht. Leitfaden2 [2011] Rz 212 f.). Bei diesem Befund ist auf die Differenzierung, die der Europäische Gerichtshof im Urteil Elgafaji zwischen den Tatbeständen des Art. 15 lit. b (entspricht in seiner Textierung Art. 3 MRK) und Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie vorgenommen hat, nicht weiter einzugehen.

1.3. Da somit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 inhaltlich dem § 8 AsylG 1997 iVm § 57 Abs. 1 FrG entspricht, kann zu seiner Auslegung insoweit die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden. Die Rechtsprechung zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG idF BG BGBl I 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059; 19.2.2004, 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt. Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG 1997 iVm) § 57 FrG ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (vgl. die oben wiedergegebene Rsp. des VwGH; vgl. die Formulierung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und die oben erörterte Abgrenzung des Schutzumfanges des Art. 3 MRK zu Art. 15 lit. c Statusrichtlinie). Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Landes in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 12.2.1999, 95/21/1097; 12.4.1999, 95/21/1074; 12.4.1999, 95/21/1104; 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 17.9.2008, 2008/23/0588). Selbst wenn infolge der Bürgerkriegsverhältnisse letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 (bzw. § 8 Abs. 1) AsylG 1997 iVm § 57 Abs. 1 FrG die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 8.6.2000, 99/20/0203). In "sehr außergewöhnlichen" Fällen kann die Abschiebung eines Kranken gegen Art. 3 MRK verstoßen (vgl. VwGH 23.9.2009, 2007/01/0515, mit Nachweisen aus der Rsp. des EGMR; 10.12.2009, 2008/19/0809;

16.12.2009, 2007/01/0918; 31.3.2010, 2008/01/0312; 26.4.2010, 2007/01/1271; 17.11.2010, 2008/23/0360; vgl. VfSlg. 19.086/2010;

VfGH 12.6.2010, U 613/10).

2.2. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides keine Beschwerde erhoben; Spruchpunkt I ist daher rechtskräftig. Es ist daher nunmehr zu prüfen, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan Art. 2 oder 3 MRK oder das Protokoll Nr. 6 zur MRK verletzt würde. Solche Anhaltspunkte finden sich in den Feststellungen zur Situation in Afghanistan, insbesondere hat auch der Sachverständige erwähnt, dass die Sicherheitslage in der Herkunftsgegend des Beschwerdeführers prekär ist und dass dort das Haqqani-Netzwerk aktiv ist, das Südost-Afghanistan, insbesondere Paktia, verunsichert. Sonach ist die Sicherheitslage in der Herkunftsgegend des Beschwerdeführers prekär. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in einer anderen Gegend Afghanistans Fuß fassen könnte, haben sich nicht ergeben. Der Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge ist der Ansicht, die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass gerade Afghanen, die aus solchen Gebieten stammen, subsidiären Schutzes bedürfen; der Hochkommissär weist auch auf den "wenig vorhersehbaren Charakter[s] des Konflikts in Afghanistan" und auf den "zukunftsorientierte[n] Charakter der Ermittlung des Schutzbedarfs" hin (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 6. August 2013 [HRC/EG/AFG/13/01] 8 und 86; zur Indizwirkung derartiger Empfehlungen VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453; 16.7.2003, 2003/01/0021;

16.7.2003, 2003/01/0059; 16.8.2003, 2003/01/0021; 24.8.2004, 2003/01/0463; 24.11.2005, 2003/20/0118; 29.9.2005, 2003/20/0228;

20.4.2006, 2005/01/0556 bis 0560; 26.5.2009, 2006/01/0462, mit Verweis auf VwGH 19.3.2009, 2006/01/0930). - Daher kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan eine Gefahr iSd Art. 3 MRK droht, und eine Rückführung stünde im Widerspruch zu Art. 3 MRK. Dazu kommt auch noch, dass der Beschwerdeführer sein Leben in Pakistan verbracht und nur besuchsweise nach Afghanistan gekommen ist. Umso weniger kann davon ausgegangen werden, dass er dort würde Fuß fassen können.

Das Bundesverwaltungsgericht merkt an, dass es nicht angeht, einem afghanischen Asylwerber den subsidiären Schutz zu verweigern, wenn seine Herkunftsgegend nicht festgestellt werden kann, wie dies das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid getan hat (in dem es ja die Angaben des Beschwerdeführers über seine Herkunftsgegend nicht geglaubt hat) (VfGH 21.02.2014, U152/2013; 21.02.2014, U2501/2012).

2.3. Gemäß § 8 Abs. 4 erster und zweiter Satz AsylG 2005 ist "[e]inem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, [...] vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr [...]."

Da das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer den subsidiären Schutz zuerkennt, liegt die Voraussetzung dafür vor, ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Da diese Berechtigung für ein Jahr gilt, ist die Befristung wie im Spruch auszusprechen.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen; in vielen Punkten steht die Tatfrage im Vordergrund.

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