Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinen angefochtenen Spruchpunkten I. und II. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo (dem Norden von Mitrovica) und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am 4. Mai 2004 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Februar 2005 mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten habe:
"I. Der Asylantrag von DOROCI Vilson vom 04.05.2004 wird gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF, abgewiesen.
II. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von D
V nach Serbien, Provinz Kosovo, ist gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig.
III. Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides vom 08.02.2005, Zahl: 04 09.834-BAS, wird ersatzlos zu beheben."
Begründend stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer stamme aus dem Norden von Mitrovica, wo er bis zu seiner Ausreise mit seinen Eltern und Geschwistern im elterlichen Wohnhaus gewohnt habe. "Soweit er dies angeben kann", gehe es seiner Familie - mit der er regelmäßig Kontakt habe und die weiterhin im Nordteil von Mitrovica wohne - gut. Der Beschwerdeführer sei gelernter Autolackierer, er habe im Süden von Mitrovica ein halbes Jahr gearbeitet. Auf Grund der im März 2004 ausgebrochenen Unruhen sei er ausgereist. Vor und nach diesen Unruhen sei er von Serben verprügelt worden. Die völlige Zerstörung des elterlichen Wohnhauses könne nicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo existenzbedrohend gefährdet wäre, könne nicht festgestellt werden.
Danach traf die belangte Behörde Feststellungen zur Allgemeinen Lage und zur Sicherheitslage im Kosovo.
Nach den aus dem UNHCR Positionspapier vom März 2005 getroffenen Feststellungen gebe es immer noch "einige Kategorien von Kosovo-Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo-Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, sowie Kosovo-Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden)", die mit ernsten Problemen, einschließlich physischer Gefahr konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden.
Zur Herkunftsgemeinde (des Beschwerdeführers) Mitrovica stellte die belangte Behörde fest:
"Entsprechend der OSCE Mission in den Kosovo gibt es einige Teile des Kosovo, besonders im Norden der Provinz, in der die Serben in der Mehrheit sind und ethnische Albaner Opfer von Belästigung und Verfolgung sein können. Diese Bereiche sind laut den OSCE Berichten der Nordteil der Stadt von Mitrovica - d.h. der Norden einzuschließen des Flusses Ibar; die Nordbezirke von Leposavic, Zvecan und Zubin Potok; und der südliche Stadtbezirk von Strpce. Die Sicherheit für ethnische Albaner in Nordmitrovica wurde im November 2002, als die UNMIK ihre Verwaltung in Mitrovica zum ersten Mal herstellte und KFOR und UNMIK Sicherheitskräfte die Brücke über den Fluss Ibar kontrollierten, erhöht.
Der Einfluss aus Pristina ist zu vernachlässigen, die KPS ist im Norden Mitrovica's kein seriöser Faktor. Das tägliche Leben wird von der serbischen Polizei (MUP) und dem Serbischen National Council (SNC) beherrscht. Deren nationalistisch orientierte Politik steht im Widerspruch zu den Bemühungen UNMIK's und des PISG, serbischen Repräsentanten in das nationale System einzugliedern. Ein Kosovo-Albaner ist bis zu einem gewissen Grad immer noch gefährdet, wenn er sich in das beschriebene Gebiet begibt."
In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. (Abweisung gemäß § 7 AsylG) führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall sei die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben. Der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung angegeben. Die zur Begründung seines Asylbegehrens vorgebrachten Misshandlungen (er sei von Serben vor und nach Ausbruch der Unruhen verprügelt worden) seien "im Kern stimmig", sie würden das Ausmaß asylrelevanter Verfolgung aber nicht erreichen, "zumal er angegeben hat, dass er einen Stein auf den Kopf bekommen habe". Weitere Übergriffe habe der Beschwerdeführer "oberflächlich und einsilbig geschildert"; Verletzungen seien gar keine vorgebracht worden.
Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheids betrifft die Spruchpunkte II. und III.
Über die gegen die Spruchpunkte I. und II. dieses Bescheides erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Empfehlungen internationaler Organisationen Indizwirkung (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zlen. 2006/01/0930 und 0931, und die darin angegebene Judikatur).
Den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zufolge vertritt UNHCR die Position, Kosovo-Albaner aus Gebieten, in denen sie eine ethnische Minderheit bilden, seien fortgesetzt schutzbedürftig, bzw. sie könnten im Falle ihrer Rückkehr mit ernsten Problemen, einschließlich physischer Gewalt konfrontiert sein. Zur Herkunftsgemeinde des Beschwerdeführers, dem Norden der Stadt Mitrovica, wurde durch die belangte Behörde festgestellt, Serben seien in der Mehrheit und Albaner könnten im Nordteil dieser Stadt Opfer von Belästigungen und Verfolgungen sein.
In der rechtlichen Beurteilung kam die belangte Behörde hingegen ohne nähere Begründung zu der von diesen Feststellungen abweichenden Einschätzung, dass im Nordteil der Stadt Mitrovica für den Beschwerdeführer eine aktuelle asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht gegeben sei. Eine Auseinandersetzung mit der festgestellten UNHCR-Position bzw. der für Mitrovica festgestellten speziellen Situation enthält die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.
Insoweit die belangte Behörde zu vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgungshandlungen (er sei von Serben verprügelt worden, er habe einen Stein auf den Kopf bekommen und weitere Übergriffe oberflächlich und einsilbig geschildert) ausführte, diese würden das Ausmaß asylrelevanter Verfolgung (noch) nicht erreichen, ist der Bescheidbegründung nicht nachvollziehbar zu entnehmen, warum diese Eingriffe als unerheblich bzw. von zu geringer Intensität beurteilt wurden. Die belangte Behörde hat auch nicht geprüft, ob für den Beschwerdeführer eine (zumutbare) Flucht- oder Schutzalternative in einem anderen Teil des Herkunftsstaates besteht.
Die zu Spruchpunkt I. (Abweisung nach § 7 AsylG) dargelegte Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich daher als ungenügend. Dieser Begründungsmangel schlägt auf den Spruchpunkt II. (Abspruch nach § 8 Abs. 1 AsylG) durch.
Der angefochtene Bescheid war daher in den bekämpften Spruchpunkten I. und II. gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die verzeichnete Umsatzsteuer im Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.
Wien, am 26. Mai 2009
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