Spruch:
I. zu Recht erkannt:
Der erstangefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Refoulemententscheidung (Spruchpunkte II. der Bescheide des Bundesasylamtes jeweils vom 28. Juli 2006) und die Ausweisung der Erst- bis Drittbeschwerdeführer (Spruchpunkte III. der genannten Bescheide des Bundesasylamtes) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin) bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Drittbeschwerdeführer) aufgehoben.
Der zweitangefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Entscheidung über den Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkte II. der Bescheide des Bundesasylamtes jeweils vom 25. September 2006) und die Ausweisung der Viert- und Fünftbeschwerdeführer (Spruchpunkte III. der genannten Bescheide des Bundesasylamtes) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.212,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
I.
1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Mazedonien und gehören der albanischen Volksgruppe an.
Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer stellten jeweils am 10. Mai 2005, der Erstbeschwerdeführer am 5. Juni 2005 einen Asylantrag. Sie brachten in erster Instanz als Fluchtgrund vor, Mazedonien ausschließlich zur Sicherstellung einer adäquaten medizinischen Betreuung für den behinderten, unmündigen Drittbeschwerdeführer bzw. wegen der Krankheit des Drittbeschwerdeführers, dem man in Mazedonien medizinisch nicht habe helfen können, verlassen zu haben.
Die Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer stellten jeweils am 28. August 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz und führten an, sie hätten Mazedonien verlassen, weil sie mit ihren in Österreich befindlichen Eltern, dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, zusammen leben wollten.
2. Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurden die Berufungen der Erst- bis Drittbeschwerdeführer gegen die Bescheide des Bundesasylamtes (BAA) jeweils vom 28. Juli 2006, mit denen ihre Asylanträge gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Mazedonien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und die Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mazedonien ausgewiesen wurden (Spruchpunkt III.), gemäß den §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, der Drittbeschwerdeführer leide an einer ausgeprägten psycho-mentalmotorischen Entwicklungsstörung und einer begleitenden Seh- und Hörproblematik. Darüber hinaus seien unter anderem beidseitige Klumpfüsse, fehlende Hoden im Skrotum, deutlich muskuläre Hypotonie, eine Hüftdysplasie mit Subluxation rechts, multiple Milchzahnkaries, cerebrale Blindheit und eine submuskulöse Gaumenspalte diagnostiziert worden. Der Drittbeschwerdeführer weise einen deutlichen Eisenmangel auf, der höchstwahrscheinlich auf Fehlernährung zurückzuführen sei. Freies Gehen und Sitzen sowie Sprechen sei dem Drittbeschwerdeführer nicht möglich. Im Berufungsverfahren sei ein Schreiben der Universitätsklinik für Orthopädie Innsbruck vorgelegt worden, wonach beim Drittbeschwerdeführer im Frühjahr 2006 eine große Beckenoperation durchgeführt worden sei, welche auf Grund einer Luxation eines Hüftgelenks erforderlich geworden sei. Um eine weitere Luxation zu verhindern, sei eine mehrjährige intensive Betreuung mit physiotherapeutischen Maßnahmen notwendig. Weiters sei dem Drittbeschwerdeführer nach einem ärztlichen Bericht der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Innsbruck eine PEG-Sonde gesetzt worden, über welche nur noch flüssige Nahrung verabreicht werde. Ein "Essen-Lernen" des Drittbeschwerdeführers sei erfolgreich verlaufen.
Im Berufungsverfahren sei weiter eine psychotherapeutische Stellungnahme vorgelegt worden, wonach die Zweitbeschwerdeführerin auf Grund der mit der Situation und Pflege des Drittbeschwerdeführers verbundenen körperlichen und psychischen Belastung eine Anpassungsstörung mit depressiver Stimmung sowie ein starkes Burn-out-Syndrom entwickelt habe.
Sodann stellte die belangte Behörde unter anderem fest, dass es in Mazedonien keine staatliche Diskriminierung von Angehörigen verschiedener Ethnien im medizinischen Sektor gebe. Die Behandlung orthopädischer Erkrankungen, insbesondere die (Nach-)Behandlung von Hüftluxationen sei (einer Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft in Skopje zufolge) in der Universitätsklinik für orthopädische Krankheiten in Skopje gewährleistet. Weiters führte die belangte Behörde zu der "nunmehr in den Vordergrund gestellten" Gefährdung des Drittbeschwerdeführers durch eine Eisenanämie aus, diese sei Folge einer Fehlernährung und nach dem Befund der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Innsbruck sei ein "Essen-Lernen" des Drittbeschwerdeführers erfolgreich verlaufen.
Rechtlich verwies die belangte Behörde zur Refoulement-Prüfung im Zusammenhang mit der Behinderung und den Krankheiten des Drittbeschwerdeführers auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zur Frage einer ausreichenden medizinischen Versorgung in Zusammenhang mit Art. 3 EMRK. Danach seien nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant, die Prüfung müsse sich sowohl auf die allgemeine Situation im Zielland als auch auf die persönlichen Umstände des Drittbeschwerdeführers erstrecken. Es könne nicht gesagt werden, dass sich der Drittbeschwerdeführer im Endstadium einer tödlichen Krankheit befinde, noch dass es in Mazedonien an einer grundsätzlichen Behandlungsmöglichkeit seiner Erkrankung fehlen würde. Weiters würde er über ein soziales Netzwerk verfügen. Somit lägen im Lichte der Judikatur keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung im Sinn des Art. 3 EMRK vor.
Auch der Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin erreiche nicht jene besondere Schwere (wie etwa Aids im letzten Stadium), um die Außerlandesschaffung im Widerspruch zu Art. 3 EMRK stehen zu lassen. Der EGMR habe bereits ausgesprochen, dass Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien sei und auch verschiedene therapeutische Maßnahmen zur Verfügung stünden. Die Beschwerdeführer verfügten in Mazedonien über eine Unterkunft und ein soziales Netz an Familienangehörigen, weshalb nicht angenommen werden könne, dass sie einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wären.
3. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurden die Berufungen der Viertbeschwerdeführerin und des Fünftbeschwerdeführers gegen die Bescheide des BAA jeweils vom 25. September 2006, mit denen ihre Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen und ihnen der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.), ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mazedonien gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und sie gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Mazedonien ausgewiesen wurden (Spruchpunkt III.), gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Z. 1 und 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 abgewiesen.
4. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu I.:
1. Die Beschwerde bringt (unter anderem) vor, der Drittbeschwerdeführer müsse auf Grund seiner schweren Behinderung regelmäßig medizinisch versorgt und behandelt werden. Geschehe dies nicht, drohe ihm der Verlust aller in Österreich erworbenen Fähigkeiten, vor allem jener, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Die belangte Behörde habe sich lediglich mit der Möglichkeit der (Nach-)Behandlung von Hüftluxationen auseinander gesetzt, jedoch nicht mit einer möglichen Mangelernährung des Drittbeschwerdeführers. Erst in Österreich sei diesem eine lebensnotwendige Magensonde eingesetzt worden, andernfalls hätte mit zunehmendem Alter die Mangelernährung wohl tödlich geendet. Es läge die Befürchtung nahe, dass der Drittbeschwerdeführer infolge der mangelnden Ernährung auf Grund der mangelnden medizinischen Versorgung in Mazedonien qualvoll sterben werde.
2. Mit der Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung kranker Personen in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits ausführlich im hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2007/01/0515, mit Verweis auf die maßgebliche Rechtsprechung des EGMR, insbesondere das Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05, auseinandergesetzt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen (vgl. zwischenzeitlich auch die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/0918, und vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/19/0809, jeweils mit Hinweis auf das obzitierte hg. Erkenntnis).
Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR kann die Entscheidung, einen an einer schweren mentalen oder körperlichen Krankheit leidenden Fremden in ein Land abzuschieben, wo die Einrichtungen zur Behandlung dieser Krankheit den im Konventionsstaat verfügbaren unterlegen sind, ein Problem unter Art. 3 EMRK aufwerfen, allerdings nur in einem sehr außergewöhnlichen Fall ("very exceptional case"), in dem die gegen die Abschiebung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind. Im Fall D. v. The United Kingdom bestanden die sehr außergewöhnlichen Umstände ("very exceptional circumstances") darin, dass der Beschwerdeführer todkrank war, ihm in seinem Heimatland keine Pflege oder medizinische Versorgung garantiert war und er dort keine Familie hatte, die ihn hätte pflegen oder ihn mit den nötigsten Dingen wie Essen, Unterkunft und sozialer Unterstützung versorgen hätte können (Randnr. 42 des Urteils N. v. The United Kingdom).
Ob derartige sehr außergewöhnliche Umstände vorliegen, ist eine von der belangten Behörde zu beurteilende Rechtsfrage (vgl. insoweit zur Zumutbarkeit einer Überstellung nach Art. 3 EMRK das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/19/0809). Diese Beurteilung setzt aber nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung des Betroffenen und die zu erwartenden Auswirkungen auf den Gesundheitszustand im Falle einer (allenfalls medizinisch unterstützten) Abschiebung voraus (vgl. hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/0918, mit Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), 801, wiedergegebene hg. Rechtsprechung zur Beurteilung von Fachfragen durch Sachverständige).
3. Fallbezogen begegnet im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin die von der belangten Behörde vorgenommene Bewertung vor dem Hintergrund der obzitierten Rechtsprechung keinen Bedenken.
Anderes gilt aber für den Gesundheitszustand des Drittbeschwerdeführers: Die von der belangten Behörde festgestellten Krankheitsbilder stellen ohne Zweifel eine schwere mentale und körperliche Krankheit iS der obzitierten Rechtsprechung dar, bei der nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ein nach Art. 3 EMRK aufzugreifender "sehr außergewöhnlicher Fall" vorliegt. Besonders zu berücksichtigen ist, dass beim Drittbeschwerdeführer, der wie festgestellt an einer ausgeprägten psycho-mental-motorischen Entwicklungsstörung leidet, mehrere Krankheitsbilder vorliegen, die in ihrem Zusammenhang zu beurteilen sind.
Ausgehend von diesen besonderen Fallumständen fehlen im erstangefochtenen Bescheid nachvollziehbare und insbesondere auf entsprechende sachverständige Ausführungen gestützte Feststellungen über den aktuellen (im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde bestehenden) Gesundheitszustand des Drittbeschwerdeführers, seine Krankheitsbilder in ihrem Zusammenhang und des Fortschrittes der Behandlung der erwähnten Entwicklungsstörung einschließlich der Nahrungsaufnahme.
Erst ausgehend von derartigen Feststellungen wird unter Berücksichtigung der für diesen Gesundheitszustand im Herkunftsstaat vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten beurteilt werden können, ob - insbesondere unter dem von der Beschwerde aufgezeigten Gesichtspunkt der Ernährung des Drittbeschwerdeführers - in der obzitierten Rechtsprechung des EGMR angesprochene "very exceptional circumstances" vorliegen.
Aus diesem Grund war der erstangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG in dem im Spruch angeführten Umfang im Hinblick auf den Drittbeschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Dieser Umstand schlägt - im Familienverfahren nach § 10 Abs. 5 AsylG - auf die Eltern des Drittbeschwerdeführers, den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin durch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, Zlen. 2007/01/0532 bis 0535, mwN).
Aus diesem Grund war der erstangefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in dem im Spruch angeführten Umfang im Hinblick auf den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
4. Dieser Umstand schlägt im Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 auch auf die Viert- und Fünftbeschwerdeführer durch (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 2009, Zlen. 2007/01/1153, 2007/01/1168 bis 1171).
Der zweitangefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der im Spruch angeführten Punkte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Bestätigung der Abweisung der Asylanträge der Erst- bis Drittbeschwerdeführer bzw. der Anträge der Viert- und Fünftbeschwerdeführer auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status als Asylberechtigte beziehen - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung in diesem Umfang sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im oben angeführten Umfang abzulehnen.
Wien, am 31. März 2010
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