BVwG W163 1438139-1

BVwGW163 1438139-117.4.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W163.1438139.1.00

 

Spruch:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Daniel Leitner als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Indien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.09.2013, Zahl: XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 in der geltenden Fassung als unbegründet abgewiesen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird aufgehoben und das Verfahren insoweit gemäß § 75 Abs. 20 Asylgesetz 2005 in der geltenden Fassung zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

I.1. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist mit ihrem Ehemann Hussan SINGH, geboren am 10.08.1972, unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 22.07.2013 gemeinsam mit ihrem Gatten Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, gestellt.

Am 24.07.2013 fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt.

In weiterer Folge wurde die BF am 11.09.2013 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen (im Folgenden: BAT), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

2. Das Bundesasylamt hat mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, zugestellt am 16.09.2013, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und die BF gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

3. Gegen den oben genannten Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die beim Bundesasylamt fristgerecht eingelangte undatierte Beschwerde der BF an den Asylgerichtshof, deren Begründung in Hindi abgefasst war und auf amtliche Veranlassung ins Deutsche übersetzt wurde.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Asylgerichtshof am 04.10.2013 vom Bundesasylamt vorgelegt.

I.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (Sachverhalt)

Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

a) Zur Person der beschwerdeführenden Partei

1. Die BF führt den Namen XXXX, geboren am XXXX in XXXX (Indien). Die BF ist Staatsangehörige der Republik Indien und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft der Sikh. Die Muttersprache der BF ist Punjabi, sie spricht auch Hindi und ein wenig Englisch.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Die BF ist mit dem indischen Staatsangehörigen XXXX traditionell verheiratet und lebte mit ihrer Mutter und ihren vier Brüdern zuletzt in der Stadt XXXX (Indien). Die Mutter, die Brüder der BF und eine unbestimmte Anzahl an - von der BF nicht näher benannten - Onkeln und Tanten sind noch immer im Heimatland der BF aufhältig. Die BF hat zwölf Jahre die Grundschule sowie neun Jahre eine Universität besucht und war zuletzt als Volkschullehrerin tätig.

Die BF hat - mit Ausnahme ihres Mannes, dessen Asylantrag mit Entscheidung vom heutigen Tag in gleicher Weise negativ beschieden wird - keine in Österreich lebenden Familienangehörigen oder Verwandten und verfügt auch sonst über keine nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Die BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF über bestimmte Deutschkenntnisse verfügt und allenfalls bereits einen Deutschkurs besucht oder erfolgreich abgeschlossen hat.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

2. Die BF verließ ihren Herkunftsstaat Indien zuletzt am 15.07.2013 mit dem Flugzeug über Dehli nach Mokau und reiste mittels verschiedener Fahrzeuge über ihr unbekannte Länder nach Österreich. Die BF reiste schließlich unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 22.07.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

3. Das Vorbringen der BF zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu einer möglichen Gefährdung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft und wird daher dieser Entscheidung nicht als maßgebender Sachverhalt zugrunde gelegt.

Festgestellt wird, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat weder vorbestraft ist noch jemals inhaftiert wurde und auch mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme hatte.

Ein konkreter Anlass für das Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist.

b) Zur Lage im Herkunftsstaat

Politik/Wahlen

Indien ist mit 1,2 Milliarden Einwohnern die bevölkerungsreichste parlamentarische Demokratie der Welt. Es ist laut Verfassung eine säkulare, demokratische und föderale Republik. Indien hat 28 Bundesstaaten und sechs sog. Unionsterritorien. Die Hauptstadt Neu-Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus. Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten und kann im Fall interner Probleme einen Bundesstaat für einen begrenzten Zeitraum unter direkte zentralstaatliche Verwaltung stellen.

Das Amt (des Präsidenten) bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. (AA - Auswärtiges Amt: Indien, Innenpolitik, Stand: 10.2012,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 3.3.2013)

Indien steht trotz anhaltender innenpolitischer Spannungen auf einer soliden, säkular ausgerichteten Grundlage. Die föderal aufgebaute Republik ist ein Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem. Das Unionsparlament ist in zwei Kammern unterteilt. Das Oberhaus vertritt die Interessen der 28 Unionsstaaten und 7 Unionsterritorien.

Indien verfügt über eine vielfältige Parteienlandschaft. Neben den großen nationalen Parteien "Kongress" (sozialdemokratisch inspirierte nationale Sammlungsbewegung), BJP (hindunationalistisch) sowie überregional wirkenden kommunistischen Parteien gibt es eine Vielzahl kleinerer Regionalparteien, die in einzelnen Bundesstaaten (Uttar Pradesh, Orissa, Bihar) allein oder in Koalitionen die Landesregierungen bilden. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012 / USDOS - US Department of State: India, Country Report on Human Rights Practices 2011, 24.5.2012)

Nach den Wahlen zur Lok Sabha (Unterhaus des Parlaments) im April/Mai 2009 hat sich unter Führung der Kongress-Partei gemeinsam mit 6 anderen Parteien sowie 5 Abgeordneten von Kleinstparteien die Koalition der United Progressive Alliance (UPA) neu konstituiert. Die Regierungskoalition hat trotz Zugewinns von 80 Sitzen keine parlamentarische Mehrheit. Nach Koalitionsaustritt einer Partei im September 2012 verfügt die Regierung aktuell über 248 von 545 Sitzen im Unterhaus. Sie wird von mehreren Parteien außerhalb der Koalition unterstützt. Die Legislaturperiode dauert noch bis 2014 (fünf Jahre). (AA - Auswärtiges Amt: Indien, Innenpolitik, Stand: 10.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 3.3.2013)

Allgemeine Sicherheitslage

Obwohl Indien mit vielen unterschiedlich schweren Aufständen und terroristischen Herausforderungen konfrontiert ist, sind diese im Vergleich zur Größe und demographischen Vielfalt relativ begrenzt. Durch demokratische Mittel, hohen Einsatz von Sicherheitskräften, gelegentlich aber auch außerrechtlichen Methoden, gelang es Indien erfolgreich, separatistische und terroristische Gruppierungen davon abzuhalten eine ernste Bedrohung für die Integrität des Landes oder die langfristige soziale Stabilität darzustellen. Die Staatsgewalt folgte im Allgemeinen einer komplexen Strategie im Umgang mit den separatistischen Kampagnen, die zwischen Unterstützung und Unterdrückung, Stärkung von Rivalen und Unterminierung der politischen Basis oszilliert.

Trotzdem bleiben viele Dispute ungelöst und die Kriminalisierung verschiedener militanter Gruppierungen bringt mit sich, dass sie weiterhin einen destabilisierenden Druck auf große Gebiete des Landes ausüben, unabhängig davon, ob sie tatsächlich über die Kapazitäten verfügen, ihre Ziele zu realisieren.

Seit den Terroranschlägen zwischen 2006 und 2008 versucht die Regierung ihre Terrorismusbekämpfung zu verschärfen. Zu den Maßnahmen zählt u.a. auch die Einführung der "National Investigating Agency Act 2008" und der "Unlawful Activities (Prevention) Act (UAPA) Amendment Act 2008", welche die Einrichtung von Gerichten für Schnellverfahren, strengere Kautionsvorschriften, 20 Ausbildungsstätten zur Terrorismusbekämpfung, den Ausbau der Küstensicherheitseinheiten und der Kapazitäten der Nationalen Sicherheitsgarde sowie eine Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage auf 180 Tagen beinhalteten. Seit 2009 wurde der Fokus auf den religiös motivierten Terrorismus überschattet durch einen Anstieg der Gewalt durch Links-Extremisten, im Speziellen der Kommunistischen Partei Indiens (Maoisten). (Jane's Security Sentinel vom 17.10.2011 in UK Border Agency - Home Office: Country of Origin Information Report; India, 30.3.2012)

Punjab

Die politische Lage im Punjab ist gegenwärtig stabil. Die Sicherheitslage ist weitaus günstiger als noch Anfang der 90er Jahre. Dies bedeutet, dass terroristische Aktivitäten gegenwärtig nur mehr ganz vereinzelt vorkommen, nicht häufiger als in anderen Teilen Indiens. Im Alltag der Bevölkerung ist von den Bedrohungen, die während des Khalistan- Konflikts herrschten, nichts mehr zu spüren. In den letzten Jahren gab es nur noch vereinzelte Opfer terroristischer Aktivitäten.

Sikhs aus dem Punjab könnten sich gegebenenfalls problemlos in Bundesstaaten wie Rajasthan, Haryana oder Uttar Pradesh niederlassen, außerdem in den Metropolen Delhi oder Bombay. Zwar ist die Sicherheitslage auch in anderen Teilen Indiens normal, dort bestehen aber unter Umständen größere Schwierigkeiten bei der sprachlichen Eingewöhnung. So ist etwa in Kalkutta das Bengali, in Madras Tamil Verkehrssprache.Im Punjab fanden im Februar 2007 Regionalwahlen statt, die zu einem Machtwechsel führten. Die Koalition von Shiromani Akali Dal und Bharatiya Janata Party (SAD-BJP), welche bereits von 1997-2002 an der Macht war, löste die Kongresspartei ab. In erster Linie hatte die BJP einen Zugewinn an Mandaten zu verzeichnen.

(Brüser, Christian (landeskundlicher Sachverständiger): Allgemeines Gutachten zu innerstaatlichen Fluchtalternative, 31.7.2011)

Die Regionalwahlen vom Jänner 2012 verliefen friedlich, es gab wenige Zwischenfälle.

(Hindustantimes.com: 77% turnout in Punjab, 70% in Uttarakhand, 30.1.2012,

http://www.hindustantimes.com/News-Feed/chunk-ht-ui-assemblyelections2012-punjab-topstories/Anti-incumbency-development-issues-loom-large-as-Punjab-and-U-khand-vote/Article1-803963.aspx , Zugriff 3.3.2013)

Im Punjab kam es zu keinem Wechsel. [Anmerkung: kein Regierungswechsel im Zuge der Regionalwahlen] Die Shiromani Akali Dal-Bharatiya Janata Party (SAD-BJP)-Allianz geht in die zweite Legislaturperiode. (Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Dr. Gorawantschy, Mareen Haring: Regionalwahlen 2012 in Indien: Kongresspartei auf dem Prüfstand, 12.3.2012,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_30435-1522-1-30.pdf?120316085151 , Zugriff 3.3.2013)

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist in der Verfassung garantiert (Art. 25-28). Der Schutz umfasst sowohl die innere Glaubensfreiheit als auch die Ausübung und im Prinzip auch die Verbreitung der Religion. Allerdings gibt es wachsenden Widerstand gegen Missionierungsaktivitäten einiger evangelikaler Kirchen. Muslime, Buddhisten, Sikhs, Christen, Juden und Parsen sind anerkannte religiöse Minderheiten. Im Familienrecht mit seinen diversen religiösen Teilrechtsordnungen genießen die Muslime wie auch Christen besondere Freiheiten, die ihnen die Beachtung ihrer jeweiligen Traditionen ermöglichen.

Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen werden von der Regierung in der Regel nicht geduldet; nach offiziellen Angaben des indischen Innenministeriums blieb ihre Zahl in den letzten drei Jahren relativ konstant: 2008 weist 943 Vorfälle mit 167 Toten und 2.354 Verletzten auf. 2009 gab es 826 Vorfälle mit 125 Toten und 2.424 Verletzten. Für 2010 liegen die Zahlen bei 791 Vorfällen mit 119 Toten und 2.342 Verletzten; für 2011 liegen noch keine Zahlen vor.

(AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Das CIA World Factbook schätzt die Einwohnerzahl Indiens auf über 1,205 Milliarden. Die größten religiösen Gruppen, nach ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung bei der Volkszählung aus dem Jahr 2001, sind Hindus (80,5 Prozent), Muslime (13,4 Prozent), Christen (2,3 Prozent) und Sikhs (1,9 Prozent).

(CIA - The World Factbook, India - People, 19.2.2013; https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html , Zugriff 5.3.2013)

Religionsfreiheit wird von der Verfassung garantiert und im Allgemeinen respektiert. Die Gesetzgebung verbietet jedoch in mehreren Staaten religiöse Konversion, die aus Zwang oder Verführung erfolgt, und Straflosigkeit für Gewalt gegenüber religiösen Minderheiten ist nicht ungewöhnlich. Hindus verschiedener Richtungen und Ethnien machen 80 Prozent der Bevölkerung aus, doch der Staat ist säkular. Manche nationalistische Hindu-Organisationen und Medien verbreiten Anti-Minderheiten-Ansichten.

(Freedom House: Freedom in the World - India, Edition 2012)

Die Verfassung und andere Gesetze schützen die religiöse Freiheit, die nationale Regierung respektierte Religionsfreiheit im Allgemeinen im Gesetz und in der Praxis und setzte die rechtlichen Schutzmechanismen auch durch. Einige bundesstaatliche und lokale Regierungen beschränkten jedoch die Religionsfreiheit. Einige Bundesstaaten beschränkten die Religionsfreiheit durch die Umsetzung von einschränkenden Gesetzen und eine Strafverfolgung, die nicht effektiv war bei Attacken gegen Minderheiten. Es gibt Anti-Konversionsgesetze in fünf der 28 Staaten.

In Indien entstanden verschiedene Religionen wie Hinduismus, Buddhismus, Jainismus und Sikhismus und das Land ist seit über tausend Jahren die Heimat für jüdische, zoroastrische, muslimische und christliche Gemeinschaften. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aller religiösen Gruppen lebte [im Berichtszeitraum] friedlich zusammen und respektierte die Religionsfreiheit und die Rechte von Minderheiten. Jedoch kam es manchmal auch zu Gewalt zwischen den religiösen Gruppen oder Attacken gegen Minderheiten, wobei die Anzahl der Vorfälle nach einem Bericht des Innenministeriums abnahm.

Das demokratische System, die offene Gesellschaft, unabhängige rechtliche Institutionen, die lebendige Zivilgesellschaft und die Medien stellen Mechanismen dar, um Verletzungen der Religionsfreiheit zu behandeln, wenn diese geschehen.

Das Ministerium für die Angelegenheiten von Minderheiten (Ministry for Minority Affairs), die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) und das Nationale Komitee für Minderheiten (National Commission for Minorities - NCM) sind Regierungsbehörden, die geschaffen wurden um Beschwerden über Diskriminierung u. a. aufgrund der Religionszugehörigkeit zu untersuchen und um Vorschläge zu machen, diese zu beseitigen. Obwohl die Empfehlungen der NHCR nicht verbindlich umzusetzen sind, hielten sich die zentralen und lokalen Behörden im Allgemeinen daran. NCM und NHRC intervenierten in zahlreiche Fälle von kommunalen Spannungen, Belästigungen und Gewalt gegen Minderheiten. Die NCM veröffentlichte ihre Bemühungen die kommunale Gewalt gegen Minderheiten zu behandeln.

Eine Nationale Kommission für Bildungseinrichtungen von Minderheiten wurde eingerichtet, die Beschwerden in Bezug auf Verletzung der Bildungsrechte von Minderheiten nachgeht und vermitteln kann.

Die Regierung bot den Minderheiten einen starken offiziellen rechtlichen Schutz, wobei jedoch manchmal eine schwache Rechtsdurchsetzung, ein Mangel an ausgebildeten Polizeikräften und ein überlasteten Gerichtssystem eine Rolle dabei spielte, dass kommunale Spannungen nicht so rasch wie möglich angegangen wurden. Rechtlicher Schutz gegen Diskriminierung oder Verfolgung durch private Akteure existierte. Der Oberste Gerichthof und andere Gerichte verfolgten zahlreiche Fälle von kommunaler Gewalt, aber viele andere Fälle blieben anhängig. Menschenrechtsaktivisten warfen der Regierung allerdings vor, dass es keine Aktivität bei Fehlverhalten gegenüber Minderheiten durch Behörden oder Private gebe.

Trotz der Bemühungen der Regierung kommunale Harmonie zu fördern, sahen manche Extremisten weiterhin ineffiziente Untersuchungen und Strafverfolgung bei Attacken gegen Minderheiten als Zeichen, dass diese Gewalt straflos bleibt, wobei allerdings zahlreiche Fälle in den Gerichten während des Jahres verfolgt wurden. Die nationale Regierung setzte weiterhin eine einbeziehende und säkulare Politik um, welche den Respekt für die Rechte der religiösen Freiheit beinhaltet. Trotz der Ablehnung des Hindutva (Hindu-Nationalismus) durch die Nationalregierung, gab es einige wenige Bundesstaaten und lokale Regierungen, die durch diesen beeinflusst waren. Während des Jahres 2011 verabschiedeten einige Staaten Gesetze, welche die religiöse Freiheit von Minderheitengruppen einschränken, wie ein Verbot des Kuhschlachtens in einigen Bundesstaaten. Auch andere Gesetze beeinträchtigen die religiöse Praxis, wie die "Anti-Konversions-Gesetze", der "Unlawful Activities Prevention Act" und das Scheidungsgesetz.

Es fanden auch Bemühungen der religiösen Führungspersönlichkeiten der unterschiedlichen Religionen statt, Spannungen zwischen den Religionen abzubauen und ökumenisches Verständnis zu fördern. So besuchten religiöse Führer öffentlich die Veranstaltungen anderer Religionsgruppen um ihnen Respekt zu zollen, christliche religiöse Führungspersonen erklärten öffentliche, dass Christen und Muslime zusammen arbeiten müssten um Missverständnisse abzubauen und Muslime im Kaschmir bauen eine christliche Kirche wieder auf.

Das NCM erhielt in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt 2.378 Beschwerden.

(U.S. Department of State: India International Religious Freedom Report 2011, 30.7.2012)

Der Schutz religiöser Minderheiten erhielt einen Aufschwung durch die Strafverfolgung von Verdächtigen für die Ausschreitung 2002 in Gujarat, welche zu 75 Verurteilungen 2012 führten, u.a. ein ehemaliger Minister.

(Human Rights Watch: World Report 2013, India, 29.1.2013)

Justiz

Die Gerichte führen Strafprozesse in richterlicher Unabhängigkeit. Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Der Chief Justice rief im November 2011 dazu auf, korrupte Richter tatsächlich mit Namen und Fakten publik zu machen und strafrechtlich zu verfolgen. Sehr problematisch ist die häufig sehr lange Verfahrensdauer, v.a. da die Gerichte überlastet sind. Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt ca. vier Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind.

In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, Art. 21) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 nochmals verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden. Die Dauer der Untersuchungshaft liegt weit über der durchschnittlichen Dauer in westlichen Ländern - Haftprüfungen erfolgen selten und i.d.R. nur auf Betreiben des Verteidigers. Freilassungen auf Kaution sind jedoch sehr häufig. Allerdings nimmt der Betreffende damit in Kauf, dass sein Fall über viele Jahre hinweg erstmal nicht beachtet wird, bevor ein erster Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht angesetzt wird. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Sicherheitsbehörden

Die Polizei handelt auf Grund von Polizeigesetzen der einzelnen Bundesstaaten. Auch das Militär kann im Inland tätig werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist. Die zivile Kontrolle des Militärapparats wurde allerdings nie in Frage gestellt. Daneben bestehen zum Großteil dem Innenministerium unterstehende paramilitärische Einheiten, wie z.B. die Zentralen Reservepolizeikräfte ("Central Reserve Police Force"), die zum Schutz wichtiger Behörden und Einrichtungen gebildete zentrale Sicherheitspolizei ("Central Industrial Security Force") die Grenzsicherheitskräfte ("Border Security Force") und die v.a. an der Indo-chinesischen Grenze stationierte "Indo-Tibetan Border Police". Die Grenzspezialkräfte ("Special Frontier Force)" unterstehen jedoch dem Büro des Premierministers, die Eisenbahnschutzkräfte ("Railway Protection Force") dem Eisenbahnministerium. Die sog. Grenzsicherheitskräfte sichern u.a. die Indisch-pakistanische Grenze in Jammu und Kaschmir sowie die Grenzen zu Bangladesch und Myanmar. Sie werden darüber hinaus zur Gewährleistung der inneren Sicherheit und zur Bekämpfung Aufständischer sowie bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen religiösen Gruppen eingesetzt. Die sog. Grenzspezialkräfte sind eine Eliteeinheit, die an sensiblen Abschnitten der Grenze zu China eingesetzt werden. Auch für das Handeln der Geheimdienste, das sog. Aufklärungsbüro ("Intelligence Bureau" - Inlandsgeheimdienst) und den Forschungs- und Analyseflügel ("Research and Analysis Wing" - Auslandsgeheimdienst), bestehen gesetzliche Grundlagen.

Für den Einsatz von Streitkräften - vor allem von Landstreitkräften - in Unruhegebieten und gegen Terroristen wird als Rechtsgrundlage der "Armed Forces Special Powers Act" (AFSPA) herangezogen. Der AFSPA gibt den Streitkräften weitgehende Befugnisse zum Gebrauch tödlicher Gewalt, zu Festnahmen ohne Haftbefehl und Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl. Bei ihren Aktionen genießen die Handelnden der Streitkräfte weitgehend Immunität vor Strafverfolgung. Der AFSPA kommt zur Anwendung, nachdem Regierungen der Bundesstaaten ihre Bundesstaaten oder nur Teile davon auf der Basis des "Disturbed Areas Act" zu "Unruhegebieten" erklären. Als Unruhegebiete anerkannt sind zur Zeit der Bundesstaat Jammu und Kaschmir und die nordöstlichen Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Assam, Meghalaya, Manipur, Mizoram, Nagaland, Tripura und Sikkim.

Die Zunahme terroristischer Anschläge in indischen Städten in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011 Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra) und insbesondere die verheerenden Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter massiven Druck gesetzt, bei der Terrorismusbekämpfung hart vorzugehen. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt. Die Anschläge von Mumbai haben allerdings zu Gesetzesänderungen geführt. So wurde eine Nationale Ermittlungsagentur ("National Investigation Agency", NIA) zur Terrorismusbekämpfung nach Vorbild des US-amerikanischen FBI eingerichtet.

Weiter wurde der "Unlawful Activities (Prevention) Act" (UAPA) verschärft. Die Änderungen beinhalten u.a. eine erweiterte Terrorismusdefinition und in Fällen mit Bezug zu Terrorismus die Ausweitung der Untersuchungshaft ohne Anklage von 90 auf 180 Tage und erleichterte Regeln für den Beweis der Täterschaft eines Angeklagten (die faktisch einer Beweislastumkehr nahekommen). (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Auf Bezirksebene (Bundesstaaten sind in Bezirke unterteilt) gibt es das Prinzip der "doppelten Kontrolle", wobei ein hochrangiger Polizeioffizier, der für den Bezirk zuständig ist - District Superintendent of Police, seinem Vorgesetzten innerhalb der Bundespolizei Bericht erstattet. Zur gleichen Zeit unterliegt ein District Superintendent (Bezirksinspektor) der allgemeinen Kontrolle eines District Magistrate (Bezirksrichter). Ein Problem im System der indischen Sicherheitskräfte ist, dass es keine externe Beschwerdestelle auf nationalem Niveau gibt. Mit einem Urteil vom 22. September 2006 ordnete das oberste Gericht Indiens an, dass alle Bundesstaaten eine Beschwerdestelle der örtlichen Polizei schaffen sollten. Bis zum Jahr 2009 haben jedoch erst 18 Staaten diesem Urteil Folge geleistet. Weiters ist problematisch, dass die Polizei für die eigenen, internen Disziplinarverfahren zuständig ist.

Durch das Urteil des obersten Gerichts wurde nicht nur die Schaffung von Beschwerdestellen gefordert, sondern eine Reform des Polizeigesetzes angeordnet. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch wegen der komplexen Struktur des indischen Sicherheitswesens schwierig. Es zeigt aber, dass die Probleme durch wichtige Institutionen des Staates erkannt wurden und erste Schritte unternommen werden.

Die Schwierigkeiten der indischen Sicherheitskräfte sind augenscheinlich und zum großen Teil der historischen Entwicklung geschuldet. Diese strukturellen Probleme werden zwar nur schrittweise angegangen, aber sie werden kontinuierlich verbessert. Zum Teil auch deshalb, weil die Schwächen der indischen Sicherheitskräfte - wie beim Anschlag von Mumbai -offensichtlich werden. Es gibt erste Tendenzen die Sicherheitskräfte auf nationalstaatlicher Ebene zu konzentrieren und sie dadurch effektiver zu machen.

Trotz all der genannten Probleme verfügen die indischen Sicherheitsbehörden über die Kontrolle über das indische Staatsgebiet und sind Teil eines demokratischen Systems, das es der Justiz, bis auf einige Ausnahmen, ermöglicht Straftaten der Sicherheitsbehörden zu ahnden. Probleme gibt es nach wie vor im Detail und die Umsetzung der Vorgaben ist stark von der jeweiligen Region abhängig. (BAA Staatendokumentation: Analyse zu Indien - Sicherheitskräfte in Indien, 24.2.2010)

Grundversorgung

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem von den Vereinten Nationen veranschlagten Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder Freunde angewiesen.

Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, problemlos ausgeglichen werden. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Die Möglichkeiten, sich außerhalb der engeren Heimat in Indien eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Tellerwäscher, ABeschwerdeführerallsammler, Lagerarbeiter, Rikschafahrer etc.) ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Einkünfte aus solchen Arbeiten reichen aber in der Regel nicht aus, um eine Familie (größere Wohnung, medizinische Versorgung, Ausbildung der Kinder) zu erhalten.

(Brüser, Christian (landeskundlicher Sachverständiger): Allgemeines Gutachten zu innerstaatlichen Fluchtalternative, 31.7.2011)

Medizinische Versorgung

Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat im Prinzip kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend. Da der Andrang auf Leistungen des staatlichen Sektors sehr stark ist, weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Die privaten Gesundheitsträger genießen wegen der fortschrittlicheren Infrastruktur und des qualifizierteren Personals einen besseren Ruf. In allen größeren Städten gibt es medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Dies gilt mit den genannten Einschränkungen auch für den öffentlichen Bereich. Einige wenige private Krankenhäuser in den größten Städten gewährleisten einen Standard, der dem westlicher Industriestaaten vergleichbar ist. Insbesondere im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut. Fast alle gängigen Medikamente sind auf dem Markt erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten aus dem Ausland ist möglich. Indien selber ist der weltweit größte Hersteller von Generika, Medikamente kosten ein Bruchteil der Preise in Europa. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Behandlung nach Rückkehr

Der bloße Umstand einer erfolgten Asylantragstellung im Ausland führt, nach Informationen des Gutachters, nicht zu einer Gefährdung des Rückkehrers, sondern allenfalls, so den indischen Grenzbehörden dieser Umstand überhaupt bewusst werden sollte, zu einer Überprüfung der Daten des Rückkehrer, unter Einschluss einer Überprüfung, ob der Rückkehrer auf der unionsweiten Suchliste steht. Auf diese Liste werden jedoch nur Personen gesetzt, die im Verdacht schwerwiegender Delikte stehen, worunter nicht jedes schwere Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches zu verstehen ist, sondern nur solche Delikte, die die öffentliche Sicherheit in gravierender Weise zu bedrohen geeignet sind, wie insbesondere Anschläge auf Politiker und sonstige terroristische Akte. (Brüser, Christian (landeskundlicher Sachverständiger): Allgemeines Gutachten zu innerstaatlichen Fluchtalternative, 31.7.2011)

Die Erlangung der erforderlichen Dokumente ist für Heimkehrer dank des gut ausgebildeten Netzwerks auf Regierungs-, NGO-und Firmenebene sehr einfach. Es hängt von dem jeweils erforderlichen Kommunikationskanal ab. (Internationale Organisation für Migration (IOM): Länderinformationsblatt Indien, August 2010)

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen für abgeschobene indische Staatsangehörige. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz‑) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme von Seiten des Staates zu befürchten. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen. Zu staatlichen oder sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor. Im Einzelfall wäre die Aufnahme in ein Waisenhaus oder bei Verwandten sicherzustellen. Vor allem bei Jungen ist jedoch davon auszugehen, dass sich Verwandte finden werden. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien, Stand Juli 2012, 13.8.2012)

Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen sein. (ÖB Neu-Delhi: Asylländerbericht Indien, Stand 8.2011)

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist um allen indischen Einwohnern Identitätsnummern (UID) auszustellen. Das neue System wird Aadhaar genannt. Damit sollen gefälschte und doppelte Identitäten ausgeschlossen werden. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details verbunden und ermöglicht dem Träger sich selbst auszuweisen und überall in Indien Zugang zu Dienstleistungen und Beihilfen zu erhalten. Der Erhalt einer UID geschieht auf freiwilliger Basis, es gibt keine rechtlichen Anforderungen zum Registrieren. (UK Border Agency - Home Office: Country of Origin Information Report; India, 30.3.2012 / Unique Identification Authority of India: Unique identification project - Background, ohne Datum, http://uidai.gov.in/index.php?option=com_content&view=article&id=141&Itemid=164 , Zugriff 6.3.2013)

II. Beweiswürdigung

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes und des Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei

1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum und Geburtsort) getroffen wurden, beruhen diese auf den vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im Asylverfahren.

Die BF hat weder vor dem Bundesasylamt noch vor dem Asylgerichtshof bzw. dem BVwG unbedenkliche Dokumente, die ihre Identität belegen hätten können, vorgelegt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit, zur Herkunft und zu den Lebensumständen der BF im Herkunftsstaat und in Österreich stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren vor dem Bundesasylamt und in der Beschwerde, auf die Kenntnis und Verwendung der Sprachen Punjabi und Hindi sowie auf die Kenntnis der geografischen Gegebenheiten Indiens.

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die BF über bestimmte Deutschkenntnisse verfügt und allenfalls einen Deutschkurs besucht oder erfolgreich abgeschlossen hat, ergibt sich daraus, dass die BF im bisherigen Verfahren diesbezüglich keinerlei Angaben getätigt und auch keine diesbezüglichen Nachweise (zB Deutschkurs-Teilnahmebestätigung bzw. Prüfungszeugnis für die Deutschprüfung) vorgelegt hat.

2. Die Feststellungen zur Ausreise der BF aus Indien, zur weiteren Reiseroute sowie zur unrechtmäßigen und schlepperunterstützten Einreise in Österreich stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der BF sowie hinsichtlich der unrechtmäßigen Einreise in Österreich auf die Tatsache, dass die BF in Umgehung der die Einreise regelnden Vorschriften ohne die erforderlichen Dokumente in Österreich einreiste.

3. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das Vorbringen der BF zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat, das sich aus ihren Angaben in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt sowie aus den Ausführungen in der Beschwerde ergibt, aus folgenden Erwägungen als nicht glaubhaft:

3.1. In der Erstbefragung am 24.07.2013 gab die BF an, sie sei am 15.07.2013 schlepperunterstützt gemeinsam mit ihrem Gatten mit dem Flugzeug nach Moskau geflogen, von wo sie über ihnen unbekannte Länder nach Österreich gelangt seien.

Zum Grund ihrer Ausreise aus Indien befragt, gab die BF an, dass sie sich vor ca. zwei Jahren in ihren Mann verliebt habe und sie heiraten hätten wollen. Da sie Sikh, ihr Ehemann jedoch Hindu sei, hätten die Familien etwas gegen die Beziehung und eine Heirat gehabt. Hussan SINGH sei auch mehrmals durch ihre Brüder angegriffen worden, sie hätten ihn umbringen wollen. Am 10.07.2013 hätten sie heimlich geheiratet, danach seien sie beide von der Familie der BF verfolgt und mit dem Tode bedroht worden

In der Einvernahme vor dem BAT am 11.09.2013 wiederholte die BF das Fluchtvorbringen und brachte insbesondere zu ihrem Fluchtgrund Folgendes vor (AW: nunmehrige Beschwerdeführerin, LA: Leiter der Amtshandlung, Schreibfehler korrigiert):

"LA: Wo waren Sie zuletzt in Ihrem Heimatland regelmäßig aufhältig?

AW: XXXX, Provinz XXXX. Dabei handelt es sich um mein Elternhaus, in dem ich von meiner Geburt an bis zum 10.07.2013 wohnhaft war. Ausgereist sind wir am 15.07.2013. Ich war immer nur dort wohnhaft, ich war auch sonst nie woanders aufhältig. Auf Nachfrage gebe ich an, dass wir vom 10.07. - 12.07.2013 in Himachal waren, dort ist aber dann meine Familie aufgetaucht, und von 12.07. - 15.07.2013 beim Schlepper in Delhi.

LA: Mit wem haben Sie dort im Elternhaus gewohnt?

AW: Mit meiner Mutter, mein Vater ist 2008 verstorben, sowie vier Brüder, davon drei mit ihren Familien. Sonst hat dort niemand gewohnt. Meine Familie wohnt noch immer dort.

LA: Wie waren Ihre Lebensumstände?

AW: Mittel.

LA: Wovon haben Sie zuletzt gelebt?

AW: Ich war Lehrerin in einer Volksschule in der Stadt XXXX. Aus den Einkünften meiner Beschäftigungen konnte ich meinen Lebensunterhalt bestreiten.

LA: Welchen Beruf haben Sie erlernt?

AW: Lehrerin.

LA: Waren Sie in Haft oder sonst inhaftiert?

AW: Nein.

LA: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung?

AW: Nein.

LA: Was waren die Gründe dafür, dass Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

AW: Ich und mein jetziger Mann haben uns geliebt, aber unsere Familien waren gegen eine Eheschließung, weil ich Sikh bin und mein Mann Hindu ist. Meine Familie wollte mich mit jemand anderen verheiraten, ich habe aber abgelehnt. Meine Familie hat mir dann gedroht mich umzubringen. Mein jüngster Bruder ist ein Mafiatyp und hat auch Menschen umgebracht. Er hat am 01.06.2013 auf meinen Mann geschossen. Mein Mann war in einem Auto und mein Bruder auf einem Motorrad, und mein Mann konnte flüchten. Mein Mann hat mir das erzählt, und wir haben dann beschlossen Indien zu verlassen.

LA: Haben Sie Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden in Ihrem Heimatland?

AW: Nein.

LA: Hatten Sie, abgesehen von den bereits geschilderten Problemen, sonstige Probleme in Ihrem Heimatland?

AW: Nein.

LA: Meines Wissens ist eine Ehe zwischen Sikh und Hindu kein Problem. Warum geben Sie vor, dass ihre Familie damit eines hätte?

AW: Jat/Sikh Familien lassen solche Ehen nicht zu, sie bringen die Mädchen um. Es gab bereits zwei bis drei solche Fälle.

LA: Wann hätten Sie sich kennen gelernt?

AW: Ca. vor zwei Jahren im Dezember 2010.

LA: Wo hätten Sie sich kennen gelernt?

AW: In einem Park, ich war dort mit den Schulkindern.

LA: Wie hätte die Beziehung ausgesehen seither?

AW: Wir haben uns hauptsächlich im Park getroffen, aber ab und zu in einem Kaffeehaus.

LA: Ihr Gatte gab an, dass sie sich nur im Park getroffen hätten.

AW: Das stimmt, hauptsächlich im Park.

LA: Vom Kaffeehaus hat Ihr Gatte nichts gesagt.

AW: Ja, hauptsächlich im Park.

LA: Warum erwähnt Ihr Gatte das Kaffeehaus nicht, trotz mehrfacher Nachfragen.

AW: Das war sehr selten, wir sind stundenlang im Park gesessen.

LA: Mit den Kindern?

AW: Das war nach der Schule.

LA: Wann hätten Sie geheiratet?

AW: Am 10.07.2013.

LA: Von welchem Ihrer Brüder wäre auf Ihren Gatten geschossen worden?

AW: Der jüngste Bruder.

LA: Hätten die anderen Brüder auch etwas gegen Ihre Beziehung gehabt?

AW: Die anderen haben nicht so viel getan, nur der jüngste.

LA: Was meinen Sie mit ‚nicht so viel getan'?

AW: Ich meine, sie haben nicht auf ihn geschossen oder so.

LA: Also haben die nichts getan?

AW: Die haben geschimpft mit mir, aber nicht mit meinem Mann. Auf Nachfrage gebe ich an, dass sie auch mit meinem Mann geschimpft haben, die haben meinen Mann unterwegs aufgehalten.

LA: Warum geben Sie bei Ihrer Erstbefragung an, dass Ihr Gatte von Ihren Brüdern angegriffen worden wäre, wenn es doch konkret nur einer war?

AW: Die anderen haben ihn unterwegs aufgehalten, das sind auch Angriffe.

LA: Ihr Gatte gab an, dass auf ihn im Juli geschossen worden wäre. Sie sprechen konkret vom 01.06.2013. Das ist ein Widerspruch, bitte klären Sie den auf.

AW: Es war am 01.06.2013.

LA: Das klärt den Widerspruch nicht auf.

AW: Ich weiß nur vom 01.06.2013. Vielleicht wurde nochmal auf ihn geschossen.

LA: Das hat Ihr Gatte dezidiert verneint.

AW: Ich weiß nur vom Juni.

LA: Weiters gab Ihr Gatte an, dass auf ihn am XXXX in der Nähe von Geschäften und einem Bazar geschossen worden wäre, dort hätte er sich immer mit Bekannten getroffen. Sie hingegen sprechen davon, dass Ihr Gatte in einem Auto gesessen wäre. Auch das ist ein Widerspruch.

AW: Er war mit seinem Auto am XXXX. Man kommt mit dem Auto auf den Platz.

LA: Und Ihr Gatte wäre im Auto gesessen?

AW: Das weiß ich nicht, ich war nicht dort.

LA: Sie gaben zuvor an, dass Ihr Gatte in einem Auto und Ihr Bruder auf einem Motorrad gewesen wären, als auf Ihren Gatten geschossen worden wäre. Jetzt würden Sie nicht wissen, wo sich Ihr Gatte befunden hätte?

AW: Ich weiß nur, dass mein Bruder im Auto war.

LA: Und wer war auf dem Motorrad?

AW: Das wird mein Mann sein.

LA: Auch das haben Sie zuvor anders dargestellt.

AW: Mein Bruder ist immer im Auto.

LA: Warum sprachen Sie zuvor davon, dass er auf einem Motorrad gesessen wäre und Ihr Gatte im Auto?

AW: Das habe ich vertauscht.

LA: Im Zuge dessen wäre auf Ihren Gatten geschossen worden.

AW: Ja.

LA: Auch das hat Ihr Gatte anders dargestellt. Er gab dazu an, dass Ihr Bruder von hinten gekommen und auf Ihren Gatten geschossen hätte.

AW: Das weiß ich nicht genau, ich war ja nicht dort.

LA: Die Schilderungen zwischen Ihnen und Ihrem Gatten sind massiv widersprüchlich. Warum ist das so, wenn Sie angeblich von ein und demselben Vorfall sprechen würden?

AW: Ich war ja bei den Schüssen nicht dabei.

LA: Dann hat Ihnen Ihr Gatte also eine andere Geschichte erzählt als die, die tatsächlich passiert ist?

AW: Er hat mir nur telefonisch erzählt, dass auf ihn geschossen worden ist.

LA: Seither haben Sie sich nicht mehr darüber unterhalten?

AW: Nein, wir wussten ja nicht, dass uns solche Fragen gestellt werden.

LA: Das würde aber schon das allgemeine Interesse am eigenen Partner bieten.

AW: Ich wollte ihn nicht beunruhigen, deshalb habe ich nicht mehr nachgefragt.

LA: Hätten Sie oder Ihr Gatte diese Vorfälle der Polizei zur Anzeige gebracht?

AW: Nein. Ich nicht.

LA: Warum nicht?

AW: Vielleicht war mein Mann dort, ich weiß es nicht.

LA: Wie viel haben Sie für ihre Ausreise bezahlt?

AW: Das weiß ich nicht.

LA: Warum haben Sie sich nicht an einem andern Ort innerhalb ihres Heimatlandes niedergelassen, um Ihr Leben in Ruhe fortsetzen zu können?

AW: Wir waren in Himachal, dort wurden wir auch gefunden.

LA: Wenn Sie sich in einer der Großstädte von Indien niedergelassen hätten, hätte Sie niemand gefunden.

AW: Himachal ist auch sehr groß.

LA: Wo hätten Sie sich getroffen?

AW: Das war im XXXX.

LA: Ihr Gatte sprach hingegen vom XXXX.

AW: Man nennt ihn auch den XXXX und der ist in der Nähe vom XXXX.

LA: Wann haben Sie Ihren Gatten getroffen?

AW: Nach Schulschluss so gegen 11.00 Uhr.

LA: Ihr Gatte sprach davon, dass es immer gegen 14.00 Uhr war.

AW: Ich meinte, nach Schulschluss gegen 14.00 Uhr, aber wenn schulfrei war, dann gegen 11.00 Uhr.

LA: Sie haben gerade zuvor dezidiert von nach Schulschluss gegen 11.00 Uhr gesprochen.

AW: Am Wochenende und in den Ferien war es um 11.00 Uhr.

LA: Ihr Gatte sprach davon, dass Sie fünf Brüder hätten, Sie hingegen von vier.

AW: Ein Bruder ist schon verstorben."

Abschließend brachte das Bundesasylamt der BF Länderfeststellungen zu Indien zur Kenntnis. Die BF gab dazu an, nicht nach Indien zurück zu wollen.

3.2. Die belangte Behörde begründete im gegenständlich angefochtenen Bescheid ihre abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die BF eine Bedrohung vorbrachte, der die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden musste und er somit kein Flucht auslösendes Ereignis glaubhaft vorbrachte. Eine asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zur einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung habe nicht festgestellt werden können. Die lokalen Sicherheitsbehörden in der Heimatregion der BF seien willens und fähig, Straftaten entsprechend zu verfolgen und die BF vor allfälligen Übergriffen zu schützen. Auf Grund der Tatsache, dass die BF in ihren Aussagen völlig vage, realitätsfern und massiv widersprüchlich blieb, fehle es in diesen Angaben an sämtlichen Hinweisen, die annehmen lassen würden, dass die BF wahre Erlebnisse geschildert hätte. Es könne unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle seiner Rückkehr nach Indien dort einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt sei bzw. sie in ihrem Recht auf Leben gefährdet wäre und würde eine Rückverbringung der BF nach Indien als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen. Die BF sei gesund und arbeitsfähig, und ihr sei im Falle einer Rückkehr aufgrund ihrer Schulbildung die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit zumutbar. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die BF in Indien in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde. Hinderungsgründe gegen die Ausweisung der BF würden angesichts der kurzen Dauer ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet und des gänzlichen Fehlens von familiären oder privaten Anknüpfungspunkten nicht vorliegen.

3.3. In der aufgrund des Familienverfahrens auch für ihren Ehemann eingebrachten Beschwerde wurde das Fluchtvorbringen der BF im Wesentlichen wiederholt. Die BF schilderte die Bedrohungen durch ihren Bruder XXXX, der am 01.06.2013 auf XXXX geschossen habe, und den Ablauf der Flucht aus Indien. Der Bruder sei kriminell und in der Politik tätig, ferner arbeite er mit der Polizei zusammen. Da man sich beim Mieten eines Hauses ausweisen müsse und das an die Polizei weitergeleitet werde, sei es nirgends in Indien sicher für die BF und ihren Gatten. Außerdem seien drei ihrer Brüder im Transportgewerbe tätig und würden in ganz Indien herumfahren. Es gäbe in Indien Ehrenmorde, und da die Familien gegen die Heirat gewesen seien, würden im Falle einer Rückkehr die BF und ihr Mann getötet werden.

3.4. Wie sich aus der Erstbefragung und der weiteren Einvernahme im Verfahren vor der belangten Behörde ergibt, hatte die BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihre Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurde die BF von der belangten Behörde auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage von allfälligen Beweismitteln aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt.

Dabei ist festzuhalten, dass die Erstbefragung und die weitere Einvernahme durch die belangte Behörde in zeitlich kurzem Abstand stattgefunden haben, sodass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass die beschwerdeführende Partei grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

Aus einer Gesamtschau der oben angeführten Angaben der BF im gesamten Verfahren ergibt sich jedoch, dass die BF im gesamten Verfahren trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande war, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Es konnte weder eine konkret gegen die Person der BF gerichtete (asylrelevante) Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

Wie die belangte Behörde zu Recht festgestellt hat, ist es der BF im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem der in der GFK abschließend genannten Verfolgungsgründe in übereinstimmender und schlüssiger Weise vorzubringen. Vielmehr war dem Vorbringen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat auf Grund der vagen, unplausiblen und widersprüchlichen Angaben die Glaubhaftigkeit zu versagen.

Die BF hat im Verfahren übereinstimmend angegeben, als Angehörige der Sikh entgegen den Vorstellungen und Willen ihrer Familie einen Mann geheiratet zu haben, der der Religionsgemeinschaft der Hindu angehört. Die BF vermochte aber nicht - wie die belangte Behörde zutreffend feststellte - eine Verfolgung aus diesem Grund glaubhaft zu machen.

Die BF hat weder im Verfahren behauptet, noch haben sich auch unter Berücksichtigung der ins Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen Hinweise darauf ergeben, dass die BF und ihr Ehegatte einer Verfolgung wegen dieser Eheschließung von staatlicher Seite ausgesetzt gewesen wären oder im Falle der Rückkehr zu befürchten hätten. Es sind auch keine Hinweise dahingehend hervorgekommen, dass in Indien gesellschaftliche Zwänge gegen diese Eheschließung bestehen sollten und hat die BF dies auch nicht behauptet. Vielmehr hat die BF selbst angegeben, dass sie in Indien traditionell geheiratet hätten, was wohl auf eine gesellschaftliche Akzeptanz schließen lässt.

Auch wenn dahingestellt bleiben kann, ob die BF tatsächlich in Indien von ihrer Familie, verfolgt würde, da nicht von der Asylrelevanz bei Bedrohung durch Privatpersonen ausgehen ist (siehe dazu die rechtlichen Erwägungen unten unter Punkt III.2.3.2.), hat sich die belangte Behörde mit Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens auseinandergesetzt und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dem Ergebnis dieser Prüfung als nicht glaubhaft aus folgenden Erwägungen an.

Die BF hat eine Verfolgung durch ihren Bruder bzw. ihre Familie vorgebracht, ohne jedoch detaillierte und genaue Angaben zu machen. Sie gab lediglich allgemein gehalten an, dass sie von Seiten ihrer Familie verfolgt werde, ohne konkret auf Vorfälle, die möglicherweise ihre körperliche Integrität gefährden hätten können, einzugehen. Die kurz gehaltenen Aussagen der BF ("Meine Familie hat mir dann gedroht mich umzubringen. Mein jüngster Bruder ist ein Mafiatyp und hat auch Menschen umgebracht.") tragen nicht dazu bei, Glaubwürdigkeit hinsichtlich einer möglicherweise in Indien real bestehenden Gefährdungssituation zu erwecken.

Ferner beschränkte sie ihr Vorbringen darauf, die Übergriffe auf ihren Mann zu beschreiben, wobei sie sich in mehrere gröbere Widersprüchlichkeiten verstrickte. Beispielsweise gab sie in der Erstbefragung an, dass ihr Gatte XXXX von ihren Brüdern angegriffen worden wäre, diese hätten ihn umbringen wollen. In der Einvernahme jedoch brachte sie vor, dass nur ihr jüngster Bruder den XXXX attackiert hätte, die anderen hätten "nicht so viel getan". Nach Vorhalt dieser Unstimmigkeit sagte sie aus, dass die anderen Brüder den Gatten nur beschimpft und unterwegs aufgehalten hätten, was auch Angriffe seien, allerdings lässt sich dadurch der Widerspruch zur Erstbefragung, wo sie dezidiert angegeben hatte, "die Brüder" würden ihren Mann umbringen wollen, nicht aufklären. Auch wenn die Erstbefragung vor allem der Feststellung der Identität der BF und der Reiseroute dient und sich nicht auf die Fluchtgründe zu beziehen hat, muss dennoch davon ausgegangen werden, dass die BF auf Nachfrage ihren Fluchtgrund in den ihr persönlich wesentlichen Punkten kurz anführen kann und dass eine kurz danach stattfindende Befragung nicht in maßgeblichen Bereichen von diesen Angaben abweicht. Im Rahmen der Prüfung der Glaubwürdigkeit der BF tragen wesentliche Änderungen im vorgebrachten Sachverhalt - wie der oben beschriebene Widerspruch - zum Gesamtbild bei.

Weiters weichen die Schilderungen der BF betreffend den wohl dramatischen Vorfall, nämlich das Schussattentat auf den Ehegatten von den Angaben des Ehegatten in wesentlichen Punkten ab, weshalb der Eindruck verstärkt wird, dass die Fluchtgeschichte der beiden Asylwerber in ihrer Gesamtheit lediglich ein gedankliches Konstrukt darstellt. So gab sie an, dass beim Angriff ihr Mann in seinem Auto und ihr Bruder auf einem Motorrad gesessen seien. XXXX allerdings erwähnte in seiner Einvernahme weder etwas von einem Auto noch von einem Motorrad, sondern gab an, dass sich der Vorfall auf einem öffentlichen Platz ereignet hätte und sich der Bruder der BF mit mehreren Männern von hinten genähert hätten und er auf ihn geschossen hätte. Auf Vorhalt dieser Unstimmigkeit behauptete die BF, es nicht zu wissen, da sie nicht dort gewesen sei. Wenig später änderte sie ihre eigenen Angaben und brachte nunmehr vor, ihr Bruder sei im Auto gesessen - dieser fahre immer mit seinem Auto - und XXXX sei mit dem Motorrad gefahren. Hier zeigt sich, dass die Aussagen der BF nicht nur in sich unstimmig sind, sondern dass sich die BF offenbar mit ihrem Mann bezüglich der Fluchtgründe in nicht ausreichender Weise abgesprochen hat (..."wir wussten ja nicht, dass uns solche Fragen gestellt werden."). Ihre Rechtfertigung, dass ihr XXXX nur telefonisch über den Vorfall berichtet und sie seit damals nicht mehr mit ihm darüber gesprochen habe, ist lebensfremd und unplausibel, zumal es nicht nachvollziehbar erscheint, dass man sich nicht über ein Ereignis, welches für den folgenreichen Entschluss, sein Heimatland für immer zu verlassen, ausschlaggeben ist, im Zuge der Flucht und der Asylantragsstellung in einem fremden Land unterhält.

Insgesamt ist das Vorgehen der BF, überstürzt ihr gesamtes bisheriges Leben hinter sich zu lassen und die Flucht ins Ungewisse (auf einen anderen Kontinent mit einer anderen Kultur und fremder Sprache) zu ergreifen, ohne den Versuch zu unternehmen, eine alternative und mit einem Verbleib in seinem Heimatland verbundene Lösung - beispielsweise durch Aufenthaltnahme gemeinsam mit ihrem Gatten in einer der zahlreichen Millionenstädte Indiens, in denen die Anonymität gewahrt bleiben würde - zu finden, befremdlich und realitätsfern.

Auch in der Beschwerde wurde es unterlassen, den vorgebrachten Sachverhalt zu konkretisieren. Die BF beschränkte sich darauf, das in den Einvernahmen Angegebene kurz zu wiederholen, und brachte erneut allgemein gehalten vor, dass ihr ein "Ehrenmord" drohe, ohne konkret auf ihr widerfahrene Ereignisse einzugehen.

4. In einer Gesamtschau der dargelegten Erwägungen und der umfassenden, nicht weiter zu bemängelnden Beweiswürdigung der belangten Behörde war daher von der fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens der BF zur behaupteten Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat auszugehen.

Vielmehr ist anzunehmen, dass die BF ihren Herkunftsstaat wegen ihrer zum damaligen Zeitpunkt bestehenden persönlichen Situation und der dort vorherrschenden Lebensbedingungen sowie in der Absicht, im Ausland bessere Lebensbedingungen und Verdienstmöglichkeiten anzutreffen, verlassen hat.

II.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die zusammengefasst dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesasylamt äußerte sich die BF zu den Länderfeststellungen bloß dahingehend, dass sie nicht nach Indien zurückkehren wolle.

In der Beschwerde stellte die BF in den Raum, dass es in Indien Ehrenmorde gebe und sie gemeinsam mit ihrem Ehemann nirgendwo sicheren Aufenthalt finden könne.

Konkrete Argumente, weshalb die Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides unrichtig oder unzutreffend seien, blieb die BF somit sowohl in der Einvernahme als auch in der Beschwerde schuldig.

III. Rechtliche Beurteilung:

III.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

1. Bis Ablauf des 31.12.2013 war der AsylGH gemäß Art. 129c des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 49/2012 (B-VG), zuständig, nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen - bis zum Ablauf des 31.12.2013 das Bundesasylamt - sowie über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen zu erkennen.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 des B-VG idF BGBl. I Nr. 164/2013 wird der AsylGH mit 1. Jänner 2014 zum Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Dieses hat gemäß § 75 Abs. 19 AsylG alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim AsylGH anhängigen Beschwerdeverfahren (nach Maßgabe des § 75 Abs. 20 AsylG) zu Ende zu führen. Das gegenständliche Verfahren war mit Ablauf des 31.12.2013 beim AsylGH anhängig, somit ist das BVwG nunmehr für die Erledigung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Belangte Behörde ist ab 01.01.2014 das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des Bundesasylamtes.

2. Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013 (VwGVG) ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Im gegenständlichen Verfahren sind daher gemäß § 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 144/2013 (BFA-VG), dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013 (FPG) anzuwenden.

3. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2003 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

4. Familienverfahren:

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag eines Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese gemäß § 36 Abs. 3 AsylG auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Aus der Wendung in § 34 Abs. 4 zweiter Satz AsylG, Familienverfahren seien "unter einem" zu führen, ist abzuleiten, dass diese - jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation - von derselben Behörde zu führen sind. Demgemäß gehen die Materialien zum AsylG 2005 davon aus, dass Ziel der Bestimmungen des § 34 AsylG 2005 sei, Familienangehörigen den gleichen Schutz zu gewähren, ohne ihnen ein Verfahren im Einzelfall zu verwehren. Wenn einem Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werde, solle "dieser allen anderen Familienmitgliedern - im Falle von offenen Verfahren zur gleichen Zeit von der gleichen Behörde - zuerkannt werden" (Erläuterungen zur RV, 952 BlgNR XXII. GP; vgl. zu § 10 Abs. 5 AsylG 1997 - bezogen auf die Frage der Zulassung - auch VwGH 18.10.2005, Zahl 2005/01/0402).

5. Gemäß dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 63 Abs. 5 AVG iVm dem zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung geltenden § 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I Nr. 4/2008 idF BGBl. I Nr. 10/2013 (in Folge: AsylGHG), war die Beschwerde von der Partei binnen zwei Wochen beim BAA einzubringen. Dies entspricht auch der heutigen Rechtslage (siehe § 16 Abs. 1 BFA-VG).

Da der Bescheid des Bundesasylamtes am 18.11.2013 erlassen wurde und die Beschwerde am 27.11.2013 beim Bundesasylamt eingebracht wurde, ist diese jedenfalls rechtzeitig.

Zu Spruchteil A)

III.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht der BF, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

3.1. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

3.2. Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte von der BF nicht glaubhaft gemacht und auch sonst nicht festgestellt werden.

Doch selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens ist zu berücksichtigen, dass die - im Verfahren vor dem Bundesaylamt vorgebrachte und in der Beschwerde aufrecht erhaltene - zentrale Verfolgungsbehauptung der Bf. dahin geht, in Indien wegen ihrer Heirat von der eigenen Familie verfolgt zu werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht bei der rechtlichen Beurteilung vom Vorbringen der Bf. aus und kommt hierbei zum Schluss, dass der für die Zuerkennung des Asylstatus erforderliche Kausalzusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung) nicht gegeben ist. Die vorgebrachte Gefahr der Verfolgung durch die eigene Familie stellt für sich alleine noch keine Verfolgung aus einem Konventionsgrund im Sinne des Art.1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die Lage in ihrem Herkunftsstaat würde sich daraus keine ernsthafte Bedrohungssituation für die BF ableiten lassen. Den Feststellungen ist nämlich zu entnehmen, dass die indischen Sicherheitskräfte - trotz lokaler Probleme in einigen Regionen - über die Kontrolle über das indische Staatsgebiet verfügen und somit davon auszugehen ist, dass die BF wirksamen Schutz der zuständigen Behörden des Herkunftsstaates vor einer Privatverfolgung der behaupteten Art in Anspruch nehmen könne.

Aus den Länderberichten ergibt sich auch deutlich, dass in Indien volle Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. Es kann grundsätzlich örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungshandlungen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Weiters gibt es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Bürger und diese besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass diese Person ihre Identität verbergen muss. Die BF würde daher auch bei Zugrundelegung ihrer Angaben über eine Bedrohungssituation durch ihren Bruder die Möglichkeit haben, vor einer Verfolgung von dieser Seite durch Niederlassung in einem Landesteil seines Heimatlandes außerhalb ihrer Herkunftsregion Sicherheit zu finden. Dies erscheint für die BF auf Grund ihrer Sprachkenntnisse in Punjabi, Hindi und Englisch und ihrer absolvierten mehrjährigen Schulbildung zumutbar, zumal sie ihren Lebensunterhalt wie vor ihrer Ausreise als Volksschullehrerin oder durch Gelegenheitsarbeiten erwirtschaften könnte.

In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass die BF weder der Feststellung des angefochtenen Bescheides über die Fähigkeit und Bereitschaft der Behörden ihres Herkunftsstaates, ihr erforderlichenfalls Schutz vor einer Bedrohung der im Verfahren behaupteten Art zu leisten, mit konkreten und auf Quellenbelege gestützten Ausführungen auf vergleichbarem fachlichen Niveau entgegengetreten ist, noch den entsprechenden Feststellungen über das Vorliegen einer zumutbaren innerstaatlichen Schutz- bzw. Fluchtalternative.

4. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert bzw. eine innerstaatliche Fluchtalternative vorliegt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

III.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 idF FrÄG 2009 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 idF FrÄG 2009 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

2. Das BVwG hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung der Fremden in ihren Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 AsylG 1997 iVm. § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG (nunmehr: § 50 Abs. 1 FPG bzw. § 8 Abs. 1 AsylG 2005) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443;

13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164;

16.07.2003, Zl. 2003/01/0059).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

3.1. Dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

3.2. Bei der BF handelt es sich somit um eine arbeitsfähige und gesunde Frau, bei welcher die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Die BF verfügt darüber hinaus über eine mehrjährige Schulausbildung und spricht neben Punjabi auch Hindi und ein wenig Englisch und hat zuletzt als Volksschullehrerin gearbeitet. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die BF im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird, sich gegebenenfalls mit Gelegenheitsarbeiten gemeinsam mit ihrem Ehegatten, der zuletzt als Händler arbeitete, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall ihrer Rückkehr auch durch ihren Gatten - dessen Asylantrag mit Entscheidung vom heutigen Tag ebenfalls negativ beschieden wird - oder (da ihr Vorbringen als unglaubwürdig erachtet wurde) im Rahmen ihres Familienverbandes (Mutter, Brüder und andere Verwandte) eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass die BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Indien nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit die BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

3.3. Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 idF FrÄG 2009.

4. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

III.4. Zu Spruchpunkt II. des vorliegenden Erkenntnisses (Zurückverweisung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das BFA):

1. Die relevanten Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 19, 20 und 23 AsylG lauten wie folgt:

"§ 75. (...)

(19) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim AsylGH anhängigen Beschwerdeverfahren sind ab 1. Jänner 2014 vom BVwG nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

(20) Bestätigt das BVwG in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

den abweisenden Bescheid des BAA,

jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des BAA,

den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des BAA,

jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des BAA,

den Bescheid des BAA, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

den Bescheid des BAA, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das BVwG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des BVwG hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

(...)

(23) Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.

2. Mit der vorliegenden Entscheidung wird der abweisende Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt.

Wie sich aus den Angaben der BF im Verfahren vor der belangten Behörde und aus der Beschwerde ergibt, hat die BF - mit Ausnahme ihres Mannes, dessen Asylantrag mit Entscheidung vom heutigen Tag in gleicher Weise negativ beschieden wird - in Österreich keine familiären oder sonstige soziale Anknüpfungspunkte. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die kurze Dauer des bisherigen Aufenthalts in Österreich nicht erkennbar.

Die in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides angeordnete Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 gilt gemäß § 75 Abs. 23 AsylG idgF als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Geltung als Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG.

Da sich im gegenständlichen Fall nicht ergeben hat, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre, war gemäß § 75 Abs. 20 AsylG idgF das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

Das BFA wird daher nach der nunmehr geltenden Rechtslage die Erlassung einer Rückkehrentscheidung neu zu prüfen haben.

3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - folgend: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge des Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG noch könne er finden, dass der AsylGH der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Akteninhalt des Bundesasylamtes die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Mit der Beschwerde wurde auf der Sachverhaltsebene nichts Entscheidungsrelevantes mehr vorgebracht, die BF hat darin lediglich ihr bisher dargebrachtes Fluchtvorbringen zusammengefasst wiederholt. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der BF mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesasylamt vorangegangen. Für eine mögliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des BVwG keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung der beschwerdeführenden Partei über ihre Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesasylamt festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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