Abgabenänderungsgesetz 2020 (ehemals: Digitalsteuerpaket bzw Abgabenbetrugsbekämpfungsgesetz 2020)

GesetzgebungSteuerrechtBleyerJuni 2021

ab 2020: Einführung einer Digitalsteuer iHv 5 % auf Online-Werbung für Großkonzerne; Aufzeichnungsverpflichtungen (samt Haftungsregelung) für Online-Marktplätze (betrifft zB ig Versandhandel und „sharing economy“ wie AirBnB); ab 1. 7. 2020: Einführung einer Meldepflicht für Steuerberater und Rechtsanwälte bezüglich bestimmter grenzüberschreitender Gestaltungen; ab 1. 7. 2021: Online-Marktplätze als Steuerschuldner für Waren aus Drittstaaten 

Inkrafttreten

1.7.2021

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

22.10.2019

Betroffene Normen

BAO, DiStG 2020, EStG, EU-AHG, EU-MPfG, FinStrG, GMSG, UStG, WerbeabgabeG

Betroffene Rechtsgebiete

Umsatzsteuer, Werbeabgabe, Einkommensteuer, Finanzstrafrecht, Verfahrensrecht

Quelle

BGBl I 2019/91

Bundesgesetz, mit dem das Digitalsteuergesetz 2020 und das EU-Meldepflichtgesetz erlassen werden sowie das EStG 1988, das UStG 1994, das FinStrG, die BAO, das Werbeabgabegesetz 2000, das GMSG, das FAG 2017 und das EU-AHG geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2020 – AbgÄG 2020); BGBl I 2019/91, ausgegeben am 22. 10. 2019
[IA 983/A 26. GP  (ehemals: 132/ME 26. GP bzw 150/ME 26. GP ); AB 686 26. GP ; NR 232/BNR 26. GP ]

Das AbgÄG 2020 umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen: 

1. Neues Digitalsteuergesetz 2020

1.1. Digitalsteuer auf Online–Werbung

Um der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung zu tragen, wird mit Wirkung vom 1. 1. 2020 eine Digitalsteuer auf Onlinewerbung mit Österreichbezug eingeführt (Anm: mit der speziell auf internationale Unternehmen wie Google oder Facebook abgezielt wird). Der Digitalsteuer unterliegen „Onlinewerbeleistungen“, soweit sie „von Onlinewerbeleistern im Inland gegen Entgelt erbracht“ werden. Dazu sieht das neue DiStG 2020 folgende Regelungen vor:

  • Als Onlinewerbeleistung gelten Werbeeinschaltungen auf einer „digitalen Schnittstelle“ (jede Art von Software), insb Bannerwerbung, Suchmaschinenwerbung und „vergleichbare Werbeleistungen“, die der BMF – va im Hinblick auf den technischen Fortschritt – durch Verordnung festlegen kann. Die EB weisen weiters darauf hin, dass es genügt, dass ein Link auf dem Gerät aufscheint; nicht erforderlich ist, dass der Nutzer sofort die gesamte Onlinewerbeleistung wahrnimmt.
  • Eine Onlinewerbeleistung gilt als im Inland erbracht, wenn sie „auf dem Gerät eines Nutzers mit inländischer IP-Adresse aufscheint und sich ihrem Inhalt und ihrer Gestaltung nach (auch) an inländische Nutzer richtet“. Der Ort der Onlinewerbeleistung kann auch mittels anderer Technologien als nur der IP-Adresse ermittelt werden (etwa Geotargeting oder Geolokation).
  • Als „Onlinewerbeleister“ werden Unternehmen definiert, die Onlinewerbeleistungen gegen Entgelt erbringen oder dazu beitragen und die innerhalb eines Wirtschaftsjahres folgende Umsätze überschreiten:
    • einen weltweiten Umsatz von zumindest € 750 Mio und
    • im Inland einen Umsatz aus der Durchführung von Onlinewerbeleistungen von zumindest € 25 Mio.
      Bei Unternehmen einer multinationalen Unternehmensgruppe iSd § 2 VPDG ist auf den Umsatz der Gruppe abzustellen; maßgeblich ist der letzte veröffentlichte Jahresabschluss bzw Konzernabschluss.

Der Steuersatz beträgt 5 %. Bemessungsgrundlage ist dabei das Entgelt, das der Onlinewerbeleister vom Auftraggeber erhält; ob der Nutzer die Werbung tatsächlich anklickt oder betrachtet, ist nur insoweit maßgeblich, als das Entgelt danach bemessen wird.

Der Steuerschuldner hat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats nach Entstehen des Steueranspruchs zu entrichten (Erhebung der Digitalsteuer durch das – für die Erhebung der USt des Steuerschuldners zuständige – Finanzamt). 

Die neue Digitalsteuer wird in den Katalog der ausschließlichen Bundesabgaben aufgenommen. (Finanzausgleichsgesetz 2017)

Hinweis
 Siehe hierzu auch die DiStG 2020-UmsetzungsVO, BGBl II 2019/378, mit näheren Regelungen zur Umsetzung des Digitalsteuergesetzes 2020 (Elektronische Kommunikation im Digitalsteuerverfahren; Onlineverfahren-Digitalsteuer; Fiskalvertreter). 

2. UStG

2.1. Sendungen mit geringem Wert

Bisher gilt für Paketlieferungen aus Drittstaaten eine Einfuhrumsatzsteuerbefreiung bis zu einem Warenwert von € 22,-. Um die Umsatzsteuer zu umgehen, sind viele solcher Pakete falsch deklariert (va bei Lieferungen aus China). Zur Stärkung der Wettbewerbsbedingungen des europäischen/inländischen Handels soll die derzeitige Umsatzsteuerbefreiung für Einfuhren von geringem Wert daher abgeschafft werden, wodurch es zu einer Versteuerung der Lieferungen drittländischer Waren ab dem ersten Cent kommt.

Bereits im Jahr 2019 sollen diese Kleinwertsendungen durch Schwerpunktaktionen einer verstärkten Kontrolle unterzogen werden; nach ersten Piloten für ein elektronisches Risikomanagement soll die gesetzliche Kleinwertgrenze von € 22,- sodann ab 1. 7. 2021 wegfallen. Sollten die technischen und organisatorischen Voraussetzungen allerdings bereits vor dem 1. 7. 2021 vorliegen, so soll die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung schon ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der Voraussetzungen keine Anwendung mehr finden. Dieser Zeitpunkt ist vom BMF im BGBl kundzumachen. (§ 6 Abs 4 Z 9, § 28 Abs 47 Z 3 UStG; anwendbar voraussichtlich ab 1. 7. 2021)

Hinweis
Gem dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz tritt das E-Commerce-Paket erst mit 1. 7. 2021 in Kraft.

 

Siehe hierzu auch die FAQ zu den neuen E-Commerce Regelungen auf der Homepage des BMF und die Information der Post .

2.2. Online-Plattformen als Steuerschuldner

Der Großteil der Fernverkäufe von Gegenständen – insb aus Drittstaaten – wird durch die Nutzung von Plattformen (Online-Marktplätze) ermöglicht, wobei diese Plattformen bei Fernverkäufen aus Drittländern derzeit nicht als Steuerschuldner gelten.

Ab 1. 7. 2021 sollen daher Online-Plattformen (Online-Marktplätze) für Zwecke der Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Lieferungen aus Drittstaaten an Private (Endkunden), bei denen der Einzelwert der Waren je Sendung € 150,- nicht übersteigt, als Lieferer und Steuerschuldner gelten. Es wird also (nur) für umsatzsteuerliche Zwecke fingiert, dass die elektronische Schnittstelle die Gegenstände vom Lieferanten selbst erhalten und im eigenen Namen weiter geliefert hat.

Betroffen ist die Unterstützung folgender Lieferungen durch elektronische Schnittstellen:

  • Einfuhr-Versandhandelsumsätze, bei denen der (zollrechtliche) Einzelwert der Waren je Sendung € 150,- nicht übersteigt und
  • Lieferungen innerhalb der Gemeinschaft durch einen in der Union nicht niedergelassenen Unternehmer.

 (§ 3 Abs 3a, § 19 Abs 2 Z 1a und Art 6 Abs 4, § 28 Abs 47 Z 4 UStG; anwendbar ab 1. 7. 2021)

Im neuen § 3 Abs 8a UStG wird zudem der Begriff „Einfuhr-Versandhandel“ definiert. Ein Einfuhr-Versandhandel liegt demnach vor bei Lieferungen an Abnehmer gemäß Art 3 Abs 4 UStG, bei denen Gegenstände durch den Lieferer oder für dessen Rechnung vom Drittlandsgebiet in einen Mitgliedstaat versandt oder befördert werden. Umfasst sind auch Fälle bei denen der Lieferer nur indirekt an der Beförderung oder Versendung beteiligt ist. Wann eine solche indirekte Beteiligung vorliegt, wird in Art 5a E-Commerce-Durchführungsverordnung definiert. (§ 3 Abs 8a, § 24 Abs 13, § 28 Abs 47 Z 2 und Z 4 UStG; anwendbar ab 1. 7. 2021)

Hinweis
Gem dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz tritt das E-Commerce-Paket erst mit 1. 7. 2021 in Kraft.

2.3. Informationsverpflichtung und Haftung für Online-Plattformen

2.3.1. Aufzeichnungsverpflichtungen

Mit der Einführung neuer Aufzeichnungsverpflichtungen (samt Haftungsregelung) müssen ab 2020 Unternehmen, die über eine elektronische Schnittstelle (zB Plattform oder Online-Marktplatz) Umsätze im Inland unterstützen und nicht selbst die Umsatzsteuer dafür schulden (vgl § 3 Abs 3a UStG oder Art 9a VO (EU) 282/2011), relevante Informationen für die Abgabenerhebung aufzeichnen und elektronisch übermitteln.

Dies betrifft nicht nur den innergemeinschaftlichen Versandhandel durch in der Union niedergelassene Unternehmer, sondern va auch Unternehmer im Bereich der „sharing economy“ hinsichtlich der Dienstleistungen, die über sie abgewickelt werden (zB Vermittlung von Beherbergungsumsätzen durch Plattformen wie AirBnB). Durch diese Regelungen wird eine Durchsetzung der korrekten Besteuerung beim Steuerschuldner erleichtert und ua auch mehr Fairness hergestellt (va gegenüber den heimischen Tourismusbetrieben). 

Bis 30. 6. 2021 sind auch jene elektronischen Schnittstellen von der Aufzeichnungsverpflichtung umfasst, die ab 1. 7. 2021 nach § 3 Abs 3a UStG als Lieferer und Steuerschuldner gelten (siehe oberhalb unter „2.2. Online-Plattformen als Steuerschuldner“). Ab 1. 7. 2021 richtet sich ihre Aufzeichnungsverpflichtung dann aber nach § 18 Abs 1 bis Abs 10 oder nach § 25a Abs 12§ 25b Abs 10 und Art 25a Abs 10 UStG.

Hinweis Die Sorgfaltspflichten-Umsatzsteuerverordnung (Sorgfaltspflichten-UStV), BGBl II 2019/315 idF BGBl II 2021/6, legt in § 4 und § 5 fest, welche Informationen die Aufzeichnungen der Unternehmer jedenfalls zu enthalten haben:

  • Name, Postadresse und E-Mail-, Website- oder andere elektronische Adresse des Lieferanten oder Erbringers der sonstigen Leistung;
  • falls erhältlich auch:
    • Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer oder nationale Steuernummer des Lieferanten (Erbringers der sonstigen Leistung) sowie
    • Bankverbindung oder Nummer des virtuellen Kontos des Lieferanten (Erbringers der sonstigen Leistung);
  • Beschreibung der Gegenstände (sonstigen Leistung); das dafür bezahlte Entgelt bzw deren Wert; Ort an dem die Beförderung oder Versendung endet bzw Informationen zur Feststellung des Orts der sonstigen Leistung; Zeitpunkt, an dem die Lieferung (sonstige Leistung) ausgeführt wird oder, falls nicht vorhanden, der Zeitpunkt der Bestellung und – falls erhältlich – eine einmalig vergebene Transaktionsnummer.

Unterstützt ein Unternehmer die Vermietung von Grundstücken für Wohn- oder Campingzwecke oder die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen sind weiters jedenfalls die Postadresse des Grundstücks anzugeben sowie die Aufenthalts- bzw Mietdauer und die Anzahl der Personen, die übernachten, bzw – falls nicht erhältlich – die Anzahl und Art der gebuchten Betten. (§ 4 und § 5 der Sorgfaltspflichten-UStV)

Die Informationen der Online-Plattformen sollen auch anderen Gebietskörperschaften zur Verfügung gestellt werden, sofern eine entsprechende gesetzliche Grundlage dafür vorliegt.

Vorgesehen ist weiters ua eine Aufbewahrungspflicht betr diese Aufzeichnungen für zehn Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Umsatz bewirkt wurde.

Hinweis
 Siehe hierzu auch die VO über die elektronische Übermittlung von Aufzeichnungen gem § 18 Abs 12 UStG, BGBl II 2019/377, sowie den Erlass des BMF vom 28. 9. 2020, 2020-0.621.001 (Aufzeichnungspflichten Plattformen).

2.3.2. Haftung bei Sorgfaltsverletzung

2.3.2.1. Plattformen und andere elektronische Schnittstellen (Online-Marktplätze)

Eine Haftungsbestimmung greift in dem Fall ein, wenn die Plattformen (Online-Marktplätze) ihren Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sind (zB bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten).

Hinweis Wann eine solche Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt, wird ebenfalls in der Sorgfaltspflichten-Umsatzsteuerverordnung (Sorgfaltspflichten-UStV, BGBl II 2019/315 idF BGBl II 2021/6) geregelt. Ab 1. 1. 2020 haften Plattformen und andere elektronische Schnittstellen für die Umsatzsteuer auf bestimmte Lieferungen oder sonstige Leistungen, die durch diese unterstützt werden. Betroffen sind einerseits Lieferungen von Gegenständen, deren Beförderung oder Versendung im Inland endet, und andererseits sonstige Leistungen im Inland, jeweils wenn der Empfänger ein Nichtunternehmer (bzw Abnehmer gemäß Art 3 Abs 4 UStG 1994) ist. Die Haftung für solche Lieferungen oder sonstige Leistungen greift nur,

  • wenn es zu einer Sorgfaltspflichtverletzung kommt (siehe § 27 Abs 1 UStG 1994),
  • die Plattform nicht selber Steuerschuldner für die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ist und
  • der Gesamtwert dieser Umsätze zusammen mit den Umsätzen, für die die Plattform gemäß § 3 Abs 3a selber zum Steuerschuldner wird, 1.000.000 Euro im Kalenderjahr übersteigt.

Eine Sorgfaltspflichtverletzung gemäß § 27 Abs 1 Z 1 UStG 1994 liegt vor, wenn die Plattform ihren Aufzeichnungs- oder Meldeverpflichtung nach § 18 Abs 11 und Abs 12 UStG 1994 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. 

Darüber hinaus liegt eine Sorgfaltspflichtverletzung der Plattform vor, wenn der Unternehmer, der die durch die Plattform unterstützten Umsätze ausführt, bestimmte Schwellenwerte (bei sonstigen Leistungen € 35.000,- pro Kalenderjahr; bei Lieferungen € 10.000,- pro Kalenderjahr) überschreitet und der Unternehmer der Plattform keine der folgenden Informationen oder Nachweise übermittelt:

  • seine inländische UID;
  • Informationen über den Mitgliedstaat der Identifikation, in dem der Leistungserbringer einen One-Stop-Shop in Anspruch nimmt, samt UID aus diesem Staat (vgl § 25a, § 25b UStG 1994 bzw Art 25a UStG 1994);
  • bei Einfuhr-Versandhandelsumsätzen, Informationen über den Mitgliedstaat der Identifikation in dem der IOSS in Anspruch genommen wird und die IOSS Identifikationsnummer des Unternehmers (vgl § 25b UStG 1994);
  • andere Nachweise, die belegen, dass er seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt.  (§ 3 Z 1 der Sorgfaltspflichten-UStV)

2.3.2.2. Beteiligte Unternehmer (zB Suchmaschinen)

Neben Plattformen, die Umsätze iSd § 18 Abs 11 UStG unterstützen, sieht § 27 Abs 1 UStG aber auch noch eine Verordnungsermächtigung vor, mit der auch für „beteiligte Unternehmer“ bei Vorliegen einer Sorgfaltspflichtverletzung eine Haftung vorgesehen werden kann. Die Haftung ist auf Versandhandelsumsätze und sonstige Leistungen an Nichtunternehmer beschränkt.

Hinweis Die Sorgfaltspflichten-UStV, BGBl II 2019/315 idF BGBl II 2021/6, sieht eine solche Haftung ab 1. 7. 2021 für jene Plattformen (zB Suchmaschine, Preisvergleichsseite) vor, die lediglich in den Webshop oder auf die Webseite eines Leistungserbringers weiterleiten (vgl § 1, § 2 und § 6 Z 2 der Sorgfaltspflichten-UStV). Die Haftung setzt voraus, dass die Plattform für ihre Leistung vom Leistungserbringer eine Umsatzbeteiligung erhält und die Summe (insgesamt für alle zugrundeliegenden Lieferanten und Leistungserbringer) dieser vermittelten Umsätze 1.000.000 Euro übersteigt.

Die Sorgfaltspflichtverletzung der Plattform setzt voraus, dass der Unternehmer, der die zugrundeliegenden Umsätze an Personen mit österreichischer IP-Adresse ausführt, bestimmte Schwellenwerte (bei sonstigen Leistungen € 35.000,- pro Kalenderjahr; bei Lieferungen € 10.000,- pro Kalenderjahr) überschreitet und der Unternehmer der Plattform keine der folgenden Informationen oder Nachweise übermittelt:

  • seine inländische UID,
  • Informationen über den Mitgliedstaat der Identifikation, in dem der Leistungserbringer einen One-Stop-Shop in Anspruch nimmt, samt UID aus diesem Staat (vgl § 25a, § 25b UStG 1994 bzw Art 25a UStG 1994)
  • bei Einfuhr-Versandhandelsumsätzen, Informationen über den Mitgliedstaat der Identifikation in dem der IOSS in Anspruch genommen wird und die IOSS Identifikationsnummer des Unternehmers
  • andere Nachweise, die belegen, dass er seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkommt. (§ 1, § 2 und § 3 Z 2 der Sorgfaltspflichten-UStV)

2.3.3. Inkrafttreten

Die neuen Aufzeichnungspflichten (samt Haftungsregelung) treten mit 1. 1. 2020 in Kraft und sind erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2019 ausgeführt werden bzw sich ereignen. (§ 18 Abs 11 und Abs 12 und § 27 Abs 1 Z 1 , § 28 Abs 47 Z 1 UStG; anwendbar ab 1. 1. 2020) 

Die Haftungsvorschriften für „beteiligte Unternehmer“ sind abweichend davon jedoch erst auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30. 6. 2021 ausgeführt werden (§ 1, § 2, § 3 Z 2 und § 6 Z 2 der Sorgfaltspflichten-UStV). Dies gilt auch für Lieferungen von Gegenständen, wenn der Gesamtbetrag der Entgelte € 10.000,- im Kalenderjahr übersteigt und der Plattform keine entsprechenden Informationen oder Nachweise übermittelt werden (§ 3 Z 1 lit c und § 6 Z 2 der Sorgfaltspflichten-UStV). 

2.4. Steuerschuldner kraft Rechnungslegung

Personen, die keine Unternehmer sind, aber Umsatzsteuer nach § 11 Abs 14 UStG 1994 schulden, weil sie in einer Rechnung zu Unrecht Steuer ausgewiesen haben (Steuerschuldner kraft Rechtnungslegung), sollen den gleichen Erklärungsverpflichtungen wie Unternehmer unterliegen. Durch diese Maßnahme soll bei gewissen Umsatzsteuerbetrugsmodellen eine finanzstrafrechtliche Gleichstellung mit Unternehmern bewirkt werden. (§ 21 Abs 10a UStG; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

2.5. Ausweitung One-Stop-Shop

Derzeit können nur elektronische, Rundfunk- und Telekommunikationsdienstleistungen an Nichtunternehmer mittels One-Stop-Shop erklärt und versteuert werden (MOSS – Mini-One-Stop-Shop).

Ab 1. 7. 2021 kann der One-Stop-Shop für alle B2C-Dienstleistungen (Business to Customer) und Versandhandelsumsätze aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet sowie beim Einfuhr-Versandhandel (IOSS – Import-One-Stop-Shop) genutzt werden. (§ 25a, § 25b, § 28 Abs 47 Z 2 und Z 4, Art 25a UStG; anwendbar ab 1. 7. 2021)

Hinweis
Gem dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz tritt das E-Commerce-Paket erst mit 1. 7. 2021 in Kraft. Die Vorregistrierungsphase für den One-Stop-Shop wird auf 1. 4. 2021 verschoben.

2.6. Besteuerung von Reiseleistungen

Um einen Wettbewerbsnachteil für die Reisebranche zu verhindern, wird eine Anpassung an das geplante Inkrafttreten der geänderten Margenbesteuerung in Deutschland vorgenommen: 1. 1. 2022 (statt wie bislang: 1. 5. 2020) (§ 28 Abs 43 Z 2 UStG; anwendbar ab 1. 1. 2022)

2.7. ig Versandhandel – Entfall der Lieferschwelle

Die Versandhandelsregelung bei der Umsatzsteuer sieht derzeit eine Lieferschwelle von € 35.000,- vor. Demnach unterliegen Unternehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten bei Versandhandelsumsätzen an österreichische Private grundsätzlich erst ab Überschreiten der Lieferschwelle der österreichischen Umsatzsteuer.

Diese Lieferschwelle entfällt ab 1. 7. 2021 beim innergemeinschaftlichen Versandhandel, sodass Unternehmer aus anderen Mitgliedstaaten bei Versandhandelsumsätzen an österreichische Private grundsätzlich bereits ab dem ersten Cent österreichische Umsatzsteuer zu entrichten haben. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für Unternehmer wird gleichzeitig die Sonderregelung für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer nach Art 25a UStG 1994 auf innergemeinschaftliche Versandhandelsumsätze ausgedehnt (siehe oberhalb unter „Ausweitung One-Stop-Shop“), damit der Unternehmer sich nicht in jedem Mitgliedstaat des Verbrauchs registrieren lassen muss.

Bei Kleinstunternehmern (Gesamtumsatz aus innergemeinschaftlichem Versandhandel sowie elektronischen, Telekommunikation- und Rundfunkdienstleistungen an Nichtunternehmer von maximal € 10.000,-) wird abweichend davon eine Besteuerung am Unternehmerort – dh im Ansässigkeitsstaat – vorgesehen. (Art 3 Abs 3, Abs 5 und Abs 6 und Art 3a Abs 5, § 28 Abs 47 Z 2 UStG; anwendbar ab 1. 7. 2021) 

Hinweis
Gem dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz tritt das E-Commerce-Paket erst mit 1. 7. 2021 in Kraft.

3. Neues EU-Meldepflichtgesetz – EU-MPfG

Das neue EU-Meldepflichtgesetz (EU-MPfG) dient der nationalen Umsetzung der RL (EU) 2018/822 (DAC 6) und soll die Transparenz im direkten Steuerbereich erhöhen, um Steuervermeidung und Steuerhinterziehung effektiver bekämpfen zu können. Für die Mitgliedstaaten wird es nämlich immer schwieriger, ihre nationalen Steuerbemessungsgrundlagen vor Aushöhlung zu schützen, weil Steuerplanungsstrukturen häufig die hohe Mobilität von Kapital und Personen im Binnenmarkt nutzen. Derartige Strukturen umfassen Gestaltungen, die für mehrere Hoheitsgebiete entwickelt werden und steuerpflichtige Gewinne in Staaten mit vorteilhafteren Steuersystemen verlagern. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten umfassende und relevante Informationen über potenziell aggressive Steuergestaltungen erhalten, um zeitnah gegen schädliche Steuerpraktiken vorgehen und Schlupflöcher schließen zu können.

Das EU-MPfG tritt mit 1. 7. 2020 in Kraft und enthält eine Pflicht zur Meldung von bestimmten grenzüberschreitenden Gestaltungen an die österreichischen Finanzbehörden, und zwar von Gestaltungen, die

  • zumindest zwei EU-Mitgliedstaaten oder einen EU-Mitgliedstaat und ein Drittland umfassen und
  • auf ein Risiko der Steuervermeidung, der Umgehung des gemeinsamen Meldestandard-Gesetzes oder der Verhinderung der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers hindeuten (etwa eine intransparente Kette an rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümern, Verrechnunspreisgestaltungen mit „schwer zu bewertenden immateriellen Vermögenswerten“, zirkuläre Vermögensverschiebungen mithilfe von zwischengeschalteten Unternehmen ohne primäre wirtschaftliche Funktion).

§ 5 EU-MPfG definiert unbedingt meldepflichtige Gestaltungen, § 6 EU-MPfG hingegen bedingt meldepflichtige Gestaltungen.

Darüber hinaus hat eine meldepflichtige Gestaltung ein zeitliches Element zu enthalten, dh ihr erster Schritt ist entweder zwischen 25. 6. 2018 und 30. 6. 2020 umgesetzt worden bzw wird ab 1. 7. 2020 umgesetzt oder sie wird ab 1. 7. 2020 konzipiert, vermarktet, organisiert, zur Umsetzung bereitgestellt oder verwaltet. (Genaueres zur sachlichen Meldepflicht siehe unter § 4, § 5 und § 6 EU-Meldepflichtgesetz)

Primär meldepflichtig ist der Intermediär, dh jene Person, die eine meldepflichtige Gestaltung (mit-)konzipiert (zB Steuerberater, Rechtsanwälte; vgl § 3 Z 3 und § 7 EU-MPfG). § 11 EU-MPfG sieht für Intermediäre eine Befreiung von der Meldepflicht vor, die auf eine etwaige gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Intermediärs in Österreich abstellt und die der Intermediär nach den EB in Anspruch nehmen kann, aber nicht in Anspruch nehmen muss.

Auf den Steuerpflichtigen geht die Meldeverpflichtung über, wenn der Intermediär von der Befreiung von der Meldepflicht nach § 11 EU-MPfG Gebrauch gemacht hat oder der Intermediär ausschließlich in einem Drittland tätig ist (vgl § 12 EU-MPfG).

Weiters vorgesehen ist ein automatischer Austausch der Meldungen mit den übrigen EU-Mitgliedstaaten (§ 21 EU-MPfG) und eine Sanktionierung der Verletzung der neuen Meldepflichten als Finanzordnungswidrigkeit (Geldstrafe bis zu € 50.000,-; § 49c, § 265 Abs 3 FinStrG).

4. EStG

Wenn ausländische Arbeitgeber im Inland keine Betriebsstätte haben, unterliegen sie derzeit grundsätzlich nicht den Vorschriften über den Steuerabzug vom Arbeitslohn. In vielen Fällen wird auch keine Einkommensteuererklärung abgegeben und somit keine österreichische Einkommensteuer bezahlt.

Ab dem Kalenderjahr 2020 müssen daher auch (ausländische) Arbeitgeber ohne Betriebsstätte in Österreich den Lohnsteuerabzug für die Beschäftigung unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer vornehmen.

Hinweis:
In der Information des BMF vom 26. 11. 2019, BMF-010222/0074-IV/7/2019, stellte das BMF hierzu klar, dass ein Lohnsteuerabzug durch den ausländischen Arbeitgeber diesfalls allerdings nur dann vorzunehmen ist, wenn die Tätigkeit in Österreich ausgeübt wird und Österreich das Besteuerungsrecht nach zwischenstaatlichem Steuerrecht zusteht.

Hinsichtlich beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer wird ein freiwilliger Lohnsteuerabzug gesetzlich vorgesehen.

Hinweis
Durch das COVID-19-Steuermaßnahmengesetz wurde der verpflichtende Lohnsteuerabzug durch ausländische Arbeitgeber ohne inländische Betriebsstätte jedoch wieder rückgängig gemacht.

Keine Änderung gibt es auch im Bereich der ausländischen Pensionskassen, die bereits bisher ohne Betriebsstätte in Österreich zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sind. (§ 47 Abs 1 und § 124b Z 346 EStG; anwendbar ab 2020)

5. FinStrG

5.1. Sanktionen gegen digitale Vermittlungsplattformen

In § 18 Abs 11 und Abs 12 UStG 1994 werden durch das AbgÄG 2020 Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs- und Übermittlungspflichten für elektronische Schnittstellen (zB Marktplätze, Plattformen etc) vorgesehen. (siehe oben unter „2.3. Informationsverpflichtung und Haftung“)

Im FinStrG wird nun sichergestellt, dass die Verletzung dieser Verpflichtungen auch sanktioniert werden kann. Eine Verletzung dieser Pflichten kann demnach mit einer Geldstrafe von bis zu € 50.000,- bestraft werden. (§ 49d, § 265 Abs 3 FinStrG; anwendbar ab 2020)

5.2. Sonderbestimmungen für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen 

In § 202 FinStrG wird klargestellt, dass die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Unzuständigkeit der Gerichte im Hauptverfahren einen Spezialfall der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 190 StPO darstellt.

Durch die Neufassung des § 202 FinStrG wird weiters bestimmt, dass jegliche Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Finanzvergehen durch die Staatsanwaltschaft wegen Unzuständigkeit der Gerichte zu erfolgen hat, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob auch aus anderen Gründen von der Verfolgung abzusehen wäre. (§ 202 FinStrG; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

6. BAO

6.1. Dolmetscher, Übersetzer und Sachverständige

Aus Anlass eines Berichts des Rechnungshofs zum Bundesrechnungsabschluss 2015 wurde festgestellt, dass Dolmetscher, die für das BMI tätig waren, ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht oder nur teilweise versteuert hatten.

Bei Leistungen von Dolmetschern, Übersetzern und Sachverständigen gegenüber einer Körperschaft öffentlichen Rechts gegen Entgelt wird daher nun eine Meldepflicht für die Buchhaltungsagentur des Bundes an den BMF eingeführt. (§ 158 Abs 4f und § 323 Abs 66 BAO; anzuwenden auf Auszahlungen, die nach dem 31. 12. 2019 erfolgen; Daten, die Auszahlungen betreffen, die nach dem 31. 12. 2018 und vor dem 31. 12. 2019 erfolgen, sind bis spätestens 30. 6. 2020 zu übermitteln)

6.2. Eintreibung – Aufrechnung

Nach der Judikatur des VwGH (ua VwGH 15. 12. 2003, 2003/17/0309, ÖStZB 2004/556) sind im öffentlichen Recht mangels spezieller Vorschriften über die rechtlichen Voraussetzungen einer Aufrechnung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts heranzuziehen.

In der BAO wird daher nun die Zulässigkeit einer bescheidmäßigen Aufrechnungserklärung normiert, um sicherzustellen, dass in Fällen, in denen einer Forderung einer Abgabenbehörde eine Gegenforderung des Schuldners gegenübersteht, eine Kompensation erfolgen kann. (§ 214 Abs 9 BAO; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

6.3. Rückforderung zu Unrecht erhaltener Steuerrückerstattungen

In der BAO ist derzeit keine Möglichkeit vorgesehen, rechtsgrundlose Auszahlungen zurückzufordern.

Daher wird nun eine Grundlage für die Erlassung von Rückforderungsbescheiden geschaffen, damit Betrugsmodelle (wie jene iZm Cum-Ex) der Vergangenheit angehören. (§ 241a BAO; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

7. Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz (GMSG)

Das GMSG soll an die Vorgaben des Global Forum angepasst werden: Die OECD und das Globale Forum für Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke, deren Mitglied Österreich ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, auf internationaler Ebene gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen (vgl die mehrseitige Vereinbarung vom 29. 10. 2014, BGBl III 2017/182) und einen automatischen Informationsaustausch auf der Grundlage eines gemeinsamen Meldestandards durchzuführen. Eine Überprüfung durch das Globale Forum hat ergeben, dass die österreichische Umsetzung dieses Meldestandards in einigen Punkten abweicht, weshalb es zur Umgehung des Meldestandards kommen könnte. Es wird daher nun eine Adaptierung einzelner Bestimmungen des GMSG an den Wortlaut des gemeinsamen Meldestandards und die Streichung unzulässiger Abweichungen vorgenommen.

Mit § 108a GMSG wird eine Missbrauchsbestimmung eingeführt, die klarstellt, dass durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des privaten Rechts eine Meldung nicht umgangen werden kann. (§ 108a GMSG; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

Gem § 110 GMSG haben die meldenden Finanzinstitute geeignete Kontrollmaßnahmen für die Einhaltung der Meldeverpflichtung gemäß § 3 und der Sorgfaltsverpflichtungen nach den Hauptstücken 3 bis 7 vorzusehen. Die Dokumentation der durchgeführten Kontrollmaßnahmen (inkl. Stichprobenziehung) hat aber nur aus Anlass einer konkreten abgabenbehördlichen Maßnahme (zB Außenprüfung nach § 147 BAO) und nicht automatisch und laufend dem zuständigen Finanzamt zugänglich gemacht zu werden. (§ 110 GMSG; tritt am 23. 10. 2019 in Kraft)

 



Stichworte