European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00231.15G.1027.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
„Der Antrag auf Anmerkung des Rechtsstreits ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 57 Cg 38/15y des Landesgerichts Feldkirch wird abgewiesen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.596,94 EUR (darin 599,49 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die am 11. 4. 2013 verstorbene E***** K***** hinterließ drei Kinder, darunter die Klägerin, und ihren Ehemann, den Beklagten. Die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuchs ***** stand je zur Hälfte im Miteigentum der Erblasserin und ihres Ehemanns. Im wechselbezüglichen Testament vom 7. 3. 1995 hatten einander die Eheleute als Universalerben eingesetzt. Am selben Tag schlossen sie in der Form eines Notariatsakts einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall, mit dem sie ihren jeweiligen Miteigentumsanteil an der erwähnten Liegenschaft auf den überlebenden Ehegatten übertrugen.
Punkt II des Testaments enthielt den Hinweis auf die den Überlebenden gemäß Punkt 3.4 des Schenkungsvertrags auf den Todesfall treffende Verpflichtung sowie die „weitere Beschränkung“, dass der Überlebende weder vertraglich noch letztwillig etwas an einen eventuellen späteren Ehegatten, Lebensgefährten, an von diesen in die Gemeinschaft mitgebrachte Kinder oder an aus einer solchen Verbindung stammende Kinder bzw an Adoptivkinder übertragen dürfe. Ferner wurde die Erwartung festgehalten, dass die Kinder zum Nachlass des erstversterbenden Elternteils keine Pflichtteilsansprüche geltend machen, widrigenfalls „der oder die Geltendmachende“ auch zum Nachlass nach dem zweitversterbenden Elternteil auf den Pflichtteil gesetzt werde.
Punkt 3.4 des Schenkungsvertrags auf den Todesfall lautet auszugsweise:
„[...]
Der überlebende Vertragsteil ist hinsichtlich der gesamten Liegenschaft […] belastet mit der quasifideikommissarischen Substitution zu Gunsten jener gemeinsamen Nachkommen […], die zum Erstversterbenden keine Pflichtteilsansprüche geltend machen; der überlebende Ehegatte ist sohin verpflichtet, durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden bzw durch Rechtserwerb von todeswegen die gesamte vorbezeichnete Liegenschaft nach seiner freien Wahl einem oder allen dieser vorgenannten Nachkommen unentgeltlich zukommen zu lassen.
Dabei hat der überlebende Ehegatte jedoch dafür Sorge zu tragen, dass die sohin nicht oder weniger bedachten, vorerwähnten Nachkommen diesfalls nicht schlechter gestellt sind, als wenn sie bereits nach dem Erstversterbenden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hätten […].
Dem Überlebenden der Vertragsteile ist es jedoch – trotz der hier angeordneten quasifideikommissarischen Substitution – ohne Zustimmung der begünstigten Kinder gestattet, die gesamte vorerwähnte Liegenschaft pfandrechtlich zu belasten, soweit die diesen Pfandrechten zugrundeliegenden Verbindlichkeiten zur Finanzierung von Investitionen jeglicher Art an der Liegenschaft bzw dem hierauf errichteten Wohnobjekt dienen bzw der überlebende Ehegatte unverschuldet in finanzielle Not geraten ist. […]“
Mit Beschluss des Abhandlungsgerichts vom 13. 7. 2015 wurde die Verlassenschaft dem Beklagten eingeantwortet.
Die Klägerin begehrte, den Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung, hilfsweise in die Anmerkung der Beschränkung seines Eigentumsrechts betreffend die Liegenschaft durch die fideikommissarische Substitution gemäß Punkt 3.4 des Schenkungsvertrags auf den Todesfall vom 7. 3. 1995 zu verpflichten.
Sie stützte sich auf den oben wiedergegebenen Sachverhalt und brachte – soweit hier von Bedeutung – noch vor, der Beklagte habe den Schenkungsvertrag auf den Todesfall ohne die in Punkt 3.4 dieses Vertrags angeordnete Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution verbüchern lassen. Ihre Brüder hätten den Pflichtteil nach der Erstverstorbenen geltend gemacht, sodass die Klägerin die einzige Substitutionsberechtigte sei.
Mit dieser Klage verband die Klägerin den Antrag auf Streitanmerkung gemäß § 61 GBG.
Das Erstgericht bewilligte die Streitanmerkung ob der im Eigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft, die im Grundbuch auch vollzogen wurde.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Es führte aus, in Rechtsprechung und Lehre werde in analoger Anwendung des § 61 GBG die Streitanmerkung auch auf jene Klagen ausgeweitet, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagetypus entsprächen. Es werde daher auch die Anmerkung einer Erbschaftsklage zugelassen.
Werde der Nachlass ohne Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution eingeantwortet, stehe dem Nacherben nur die Erbschaftsklage zu. Es könne daher die Erbschafts‑ oder Eigentumsklage des Nacherben gegen denjenigen, der die Substitutionsmasse als Erbe des Vorerben beanspruche, angemerkt werden und zwar auch dann, wenn der Nachlass irrigerweise ohne Hinweis auf eine Substitution eingeantwortet worden sei. Dadurch werde die Gleichstellung eines Nacherben mit einem dinglich Berechtigten im eigentlichen Sinn erreicht.
Der Oberste Gerichtshof habe sich noch nicht abschließend mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Streitanmerkung auch für eine Klage zulässig sei, mit der ein Nacherbe vor Eintritt des Substitutionsfalls die grundbücherliche Sicherstellung der Nacherbenrechte begehre. Das Sicherungsbedürfnis des Nacherben spreche für die Zulässigkeit der Anmerkung. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung seien die Schlüssigkeit und die Berechtigung des Klagebegehrens nicht zu beurteilen, beides bleibe dem Hauptverfahren vorbehalten. Der Streitanmerkung stehe auch nicht entgegen, dass der Beklagte schon vor dem Tod der Erblasserin Hälfteeigentümer der Liegenschaft gewesen sei.
Zusammengefasst lägen somit hinsichtlich der auf einen dinglichen Anspruch gestützten Erbschaftsklage die Voraussetzungen einer Streitanmerkung gemäß § 61 GBG vor.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob die Streitanmerkung für eine noch vor dem Substitutionsfall erhobene Klage zur Sicherung der Nacherbenrechte zulässig sei.
Gegen den zweitinstanzlichen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Antrags auf Streitanmerkung abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil es klarstellender Ausführungen durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Der Beklagte macht geltend, die Voraussetzungen des § 61 GBG für die Streitanmerkung lägen nicht vor. Die Klage sei unschlüssig. Der Anspruch auf Einwilligung in die Eintragung eines Nachlegats sei aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall nicht ableitbar und wäre überdies noch nicht fällig. Die Klage sei auch weder Eigentums- noch Erbschaftsklage. Das im Schenkungsvertrag auf den Todesfall eingeräumte Besitznachfolgerecht unterscheide sich mehrfach von der Nacherbschaft. Im Vertrag sei eine Verdinglichung des vereinbarten Besitznachfolgerechts nicht vorgesehen.
Hiezu wurde erwogen:
1. Nach § 61 Abs 1 GBG kann derjenige, der durch eine Einverleibung in einem bücherlichen Recht verletzt scheint, die Einverleibung aufgrund ihrer Ungültigkeit im Prozessweg bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen Grundbuchsstandes begehrt, die Anmerkung dieses Streits beantragen.
Die Streitanmerkung setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass ein dingliches Recht an einer verbücherten Liegenschaft, zumindest aber ein Recht geltend gemacht wird, das zufolge besonderer Bestimmung einem dinglichen Recht gleichzuhalten ist (5 Ob 103/15f mwN; 5 Ob 222/15f). Der Antragsteller muss in einem bücherlichen Recht verletzt sein (RIS‑Justiz RS0060512). Bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen ist die Anmerkung hingegen nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0060629). Klagsanmerkungen sind nur zulässig, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz, das vergleichbare Rechtswirkungen festlegt, vorsieht. Das schließt zwar eine Analogie nicht aus, schränkt diese jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Funktion einem der Streitanmerkung zugänglichen Klagetypus entsprechen (2 Ob 16/13m; 5 Ob 103/15f; RIS‑Justiz RS0016506).
2. Die Frage, ob die Streitanmerkung zu bewilligen ist, ist aufgrund des Klagevorbringens und des Urteilsantrags zu entscheiden (RIS‑Justiz RS0074232, RS0074332).
Danach war die Klägerin nie im Grundbuch als Berechtigte eingetragen, sie verfügte daher über kein bücherliches Recht. Sie stützt ihren mit der Klage geltend gemachten Anspruch auch nicht auf eine ihr zukommende Rechtsstellung als Erbin oder Nacherbin, sondern auf die ihr (und ihren Brüdern) von ihren Eltern unter einer Bedingung eingeräumten Nachfolgerechte in einem Schenkungsvertrag auf den Todesfall. Mit dem Urteilsantrag strebt sie die Sicherung dieses Anspruchs durch Eintragung des Substitutionsbandes im Grundbuch an. Somit begehrt sie aber weder die Wiederherstellung eines früheren Buchstands (RIS‑Justiz RS0060511), noch erhebt sie eine Erbschaftsklage nach § 823 ABGB, deren Anmerkung im Grundbuch die herrschende Rechtsprechung unter Berufung auf § 547 ABGB im Grundbuch als zulässig erachtet (2 Ob 767/50 SZ 23/353; 1 Ob 67/71 SZ 44/38; 5 Ob 105/92; RIS‑Justiz RS0013135). Es käme nur eine Streitanmerkung im Wege der Analogie in Betracht.
3. Eine Erbschafts‑ oder Eigentumsklage nach § 823 ABGB kann, wenn eine fideikommissarische Substitution gegeben war, auch noch der Nacherbe gegen denjenigen erheben, der die Substitutionsmasse als Erbe des Vorerben beansprucht, und zwar auch dann, wenn der Nachlass irrigerweise ohne Hinweis auf die verfügte Substitution eingeantwortet worden war (1 Ob 67/71 SZ 44/38 mwN). In einem derartigen Fall wurde dem Substitutionsberechtigten auch schon das Recht zugebilligt, seine Nacherbenrechte bereits vor dem Substitutionsfall durch eine auf die grundbücherliche Anmerkung des Substitutionsbandes gerichtete Klage sicherzustellen (2 Ob 143/51 SZ 24/86; Kletečka, Ersatz- und Nacherbschaft [1999], 211 FN 1059). Ob auch für eine solche Klage des Nacherben, der noch keinen Herausgabeanspruch stellen kann, eine Streitanmerkung zulässig ist, musste der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht entscheiden (1 Ob 67/71 SZ 44/38), worauf das Rekursgericht an sich zutreffend hinwies. Diese Rechtsfrage hätte aber nur dann für die Entscheidung Bedeutung, wenn die Rechtsstellung der Klägerin mit derjenigen eines (fideikommissarischen) Nacherben vergleichbar wäre. Das ist jedoch, wie im Folgenden zu zeigen ist, nicht der Fall.
4. In Rechtsprechung und Lehre ist die vertragliche Begründung von ähnlich wie eine echte fideikommissarische Substitution zu behandelnden Besitznachfolgerechten anerkannt („quasifideikommissarische Substitution“; vgl 8 Ob 521/78 SZ 51/65; 2 Ob 68/15m; RIS‑Justiz RS0007955, RS0010431, RS0012539; Apathy in KBB4 § 608 Rz 7; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 608 Rz 4). Charakteristisch für derartige Nachfolgerechte ist, dass das Eigentum des Erwerbers bei Eintritt einer Bedingung oder nach Ablauf einer Frist oder im Todesfall an den Besitznachfolger fällt oder die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums begründet wird (5 Ob 131/15y mwN). Der Oberste Gerichtshof lässt auch die Verbücherung solcher Besitznachfolgerechte zu (5 Ob 84/95; RIS‑Justiz RS0083800). Die Analogie zur fideikommissarischen Substitution wird dabei umso zwingender erachtet, je näher eine Vereinbarung an die Regelung typischer Anliegen der Nacherbschaft herankommt (5 Ob 58/13k; 2 Ob 68/15m mwN). Häufiger Anwendungsbereich für die Vereinbarung von Nachfolgerechten sind Schenkungsverträge (vgl 8 Ob 521/78 SZ 51/65; 5 Ob 11/91 SZ 64/34; 5 Ob 84/95). Für die Zulässigkeit einer Streitanmerkung bedürfte es demnach einer weiteren Analogie.
5. Die geforderte besondere Rechtsähnlichkeit trifft im vorliegenden Fall jedoch keinesfalls zu, soweit es sich um die Liegenschaftshälfte handelt, die schon vor dem Tod der Geschenkgeberin im Eigentum des Beklagten stand. Insoweit besteht eine Rechtsähnlichkeit allenfalls zum Vermächtnis einer fremden Sache nach § 662 ABGB. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Missachtung der Sicherstellung eines solchen Legats, also eines obligatorischen Anspruchs, den Berechtigten niemals in einem bücherlichen Recht iSd § 61 Abs 1 GBG verletzt haben kann (1 Ob 67/71 SZ 44/38). Demnach kann aber auch ein rechtsähnliches Besitznachfolgerecht nicht taugliche Grundlage einer Streitanmerkung sein. Daran ändert nichts, dass sich die Parteien im Schenkungsvertrag auf den Todesfall des Begriffs „quasifideikommissarische Substitution“ bedienten, ohne zwischen den beiden Liegenschaftshälften zu differenzieren.
Die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen tragen seine gegenteilige Auffassung nicht: Sowohl in der Entscheidung 2 Ob 767/50 SZ 23/353 als auch in der Entscheidung 1 Ob 54/66 RZ 1966, 124 ging es um die (zulässige) Anmerkung einer Erbschaftsklage.
6. Was die auf den Beklagten übertragene Liegenschaftshälfte der Geschenkgeberin anlangt, ist hingegen die besondere Rechtsähnlichkeit zu einem erbrechtlichen Substitutionsverhältnis zu bejahen. Ist doch dem Vertrag der eindeutige Wille der Vertragsparteien zu entnehmen, dass die Liegenschaftshälfte – wenngleich nur unter einer Bedingung (keine Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem erstverstorbenen Elternteil) – spätestens nach dem Tod des Beschenkten einem der drei Kinder zufallen soll (vgl 6 Ob 143/71 SZ 44/112; 4 Ob 194/98b). Das bedeutet aber noch nicht, dass eine Rechtsähnlichkeit zur fideikommissarischen Substitution iSd §§ 608 ff ABGB besteht. Die Gestaltung des Schenkungsvertrags auf den Todesfall legt nämlich eher die Rechtsähnlichkeit zu einem fideikommissarischen Nachvermächtnis nach § 652 ABGB, allenfalls zur Substitution auf den Überrest („befreite Vorerbschaft“) nahe.
7. Fideikommissarisches Nachvermächtnis:
7.1 Die Rechtsähnlichkeit des vertraglich vereinbarten Besitznachfolgerechts zu einem fideikommissarischen Nachvermächtnis wäre dann zu bejahen, wenn die aus dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall abzuleitende Rechtsstellung des Beklagten nicht der eines Vorerben, sondern jener eines Vorlegatars gleicht. Dazu sind folgende Überlegungen anzustellen:
7.2 Nach § 956 Satz 1 ABGB ist eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtnis gültig. Diese Schenkung ist von der in Satz 2 geregelten (eigentlichen) Schenkung auf den Todesfall zu unterscheiden, die als Vertrag den Schenker bindet und nur unter den Voraussetzungen der Geschenkannahme, des Widerrufsverzichts und der Form des Notariatsakts gültig ist (2 Ob 65/12s; RIS‑Justiz RS0012517, RS0018809). Die Schenkung auf den Todesfall ist eine unbedingte, mit dem Tode des Erblassers (Geschenkgebers) als Anfangstermin terminisierte Schenkung, die erst aus dem Nachlass erfüllt werden soll (RIS‑Justiz RS0019129). Anders als ein Vermächtnisnehmer braucht der Beschenkte den Tod des Erblassers nicht zu erleben, sondern er vererbt sein Recht weiter (Apathy in KBB4 § 956 Rz 2).
7.3 Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine wechselseitige Schenkung auf den Todesfall iSd § 956 Satz 2 ABGB, der eine Überlebensbedingung beigefügt worden ist (zu dieser vgl Fischer‑Czermak, Vermächtnisvertrag und Schenkung auf den Todesfall, in FS Binder [2010], 79; zum aleatorischen Element solcher Verträge 1 Ob 95/50 SZ 23/277). Die Klägerin hat zwar zu Geschenkannahme und Widerrufsverzicht kein ausdrückliches Vorbringen erstattet, beide Voraussetzungen ergeben sich aber aus dem von ihr vorgelegten Notariatsakt, auf den sie sich in ihrer Klage umfangreich berief (Punkt 2. und 4. des Vertrags).
7.4 Die Rechtsprechung und die überwiegende Lehre gehen davon aus, dass die Beifügung einer Überlebensbedingung dem Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall nicht widerspricht (8 Ob 569/83 SZ 57/91; RIS‑Justiz RS0019101; Fischer‑Czermak, Vermächtnisvertrag und Schenkung auf den Todesfall, in FS Binder [2010], 79 [82] mit Überblick über den Meinungsstand; auch Parapatits in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV § 956 Rz 11). Sie verwischt allerdings die Unterscheidung zum Vermächtnis, weil der Beschenkte wie ein Legatar den Erbfall erleben muss (Fischer‑Czermak aaO 82).
7.5 Davon abgesehen behandelt die herrschende Rechtsprechung den auf den Todesfall Beschenkten nach dem Tod des Erblassers – jedenfalls im Verhältnis zu den Verlassenschaftsgläubigern – wie einen Vermächtnisnehmer (9 Ob 83/10m mwN; RIS‑Justiz RS0012517, RS0103393, RS0112437; zur „Vermächtnislösung“ vgl Parapatits in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV § 956 Rz 23; anders die künftige Rechtslage nach § 603 ABGB idF ErbRÄG 2015: „Vertragslösung“). Die Abgrenzung zur Schenkung unter Lebenden kommt auch in der ständigen Rechtsprechung zum Ausdruck, nach der die Anwendung des § 785 ABGB auf Schenkungen auf den Todesfall abgelehnt wird (RIS‑Justiz RS0012970; Apathy in KBB4 § 956 Rz 4).
7.6 Folgt man den Grundsätzen der Rechtsprechung und berücksichtigt die durch die Vereinbarung einer Überlebensbedingung geschaffene Nähe zum Vermächtnis, so entspricht die Rechtsstellung des Beklagten eher der eines Vorlegatars als der eines Vorerben. Die durch das Besitznachfolgerecht begünstigten Kinder sind daher wie Nachlegatare zu behandeln. Während aber der Nacherbe einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe des Substitutionsgutes hat, steht dem Nachlegatar gegenüber dem Vorlegatar (beim uneigentlichen Nachlegat gegenüber dem damit belasteten Erben bzw dessen Verlassenschaft; vgl RIS‑Justiz RS0107196) bloß ein obligatorischer Anspruch auf die Übertragung des Vermächtnisgegenstands zu (1 Ob 638/87; 5 Ob 84/12g; 4 Ob 72/13m; RIS‑Justiz RS0007574; Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 652 Rz 9; Kletečka, Ersatz‑ und Nacherbschaft [1999], 277).Die Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG ist aber bei bloß obligatorischen Ansprüchen nicht zulässig. Umso weniger wäre sie es bei Geltendmachung eines Anspruchs, der nur der Sicherung eines obligatorischen Anspruchs dient, wie sie hier von der Klägerin angestrebt wird.
7.7 Doch selbst für den Fall, dass die Rechtsstellung des Beklagten doch eher der eines Vorerben entsprechen sollte, wäre die beantragte Klagsanmerkung aus den folgenden Gründen nicht zulässig.
8. Substitution auf den Überrest:
8.1 Bei der Substitution auf den Überrest kann der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden, nicht aber von Todes wegen, bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs frei verfügen; der Nacherbe erhält, was beim Tod des Vorerben übrig ist (Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 613 Rz 25; Apathy in KBB4 § 613 Rz 9).
Für die Rechtsähnlichkeit zur Substitution auf den Überrest spricht hier, dass der Beklagte die Liegenschaft, also auch die ihm mit dem Schenkungsvertrag auf den Todesfall übertragene Liegenschaftshälfte, unter zwei vertraglich geregelten Voraussetzungen ohne Zustimmung der begünstigten Kinder mit Pfandrechten belasten darf, nämlich einerseits zur Finanzierung von Investitionen jeglicher Art an der Liegenschaft bzw dem darauf errichteten Wohnobjekt, andererseits bei unverschuldeter finanzieller Not. Solche Pfandbelastungen könnten zum Verlust der Liegenschaft durch Zwangsversteigerung führen, sodass die begünstigten Kinder allenfalls noch Anspruch auf den Versteigerungserlös hätten.
8.2 Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 520/94 ein bücherliches Recht des Nacherben auf den Überrest und damit die Zulässigkeit der Streitanmerkung nach § 61 Abs 1 GBG vor dem Nacherbfall verneint. Dies wurde damit begründet, dass aus der Beschränkung des grundbücherlich einverleibten Eigentumsrechts des (befreiten) Vorerben durch die Rechtsstellung des Nacherben (auf den Überrest) für diesen keinesfalls eine dingliche Rechtsstellung abgeleitet werden könne, weil der Eintritt aller Rechtsfolgen durch den ungewissen Bedingungseintritt (Unterbleiben einer lebzeitigen Verfügung durch den Vorerben) noch in Schwebe wäre. In einem solchen Fall treffe es zu, von einer bloßen (sachenrechtlich noch völlig unwirksamen) Anwartschaft des Nacherben zu sprechen (vgl auch Welser in Rummel/Lukas, ABGB4 § 613 Rz 25).
8.3 Diese Erwägungen treffen nach der von den Vertragsparteien gewählten Vertragskonstruktion auch im vorliegenden Fall zu. Zwar ist es dem Beklagten vertraglich nicht gestattet, über die Liegenschaft frei zu verfügen. Art und Umfang des Rechtserwerbs der begünstigten Kinder, daher auch der Klägerin, ist nach dem oben Gesagten aber dennoch davon abhängig, ob die Liegenschaft im Zeitpunkt des Todes des Beklagten noch vorhanden ist.
9. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass nach dem maßgeblichen Vorbringen in der Klage ein der fideikommissarischen Substitution nach den §§ 608 ff ABGB rechtsähnliches Verhältnis nicht begründet worden ist. Rechtsähnlichkeit besteht zu einem fideikommissarischen Nachvermächtnis, allenfalls zur Substitution auf den Überrest. Die daraus resultierenden Ansprüche des/der Berechtigten lassen keine analoge Anwendung der Regelung des § 61 Abs 1 GBG über die Streitanmerkung zu, weshalb es auf die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht ankommt.
In Stattgebung des Revisionsrekurses sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher dahin abzuändern, dass der Antrag auf Streitanmerkung abzuweisen ist.
10. Nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist in Fällen der Streitanmerkung ein Ersatz der Rechtsmittelkosten gemäß § 75 Abs 2 GBG iVm § 78 Abs 2 AußStrG gerechtfertigt, wenn im (einseitigen) Rechtsmittelverfahren „entgegengesetzte Interessen“ verfolgt wurden. Dies trifft dann zu, wenn sich der Antragsgegner (der Beklagte) gegen eine gerichtlich bewilligte Streitanmerkung im Rechtsmittelverfahren erfolgreich zur Wehr setzt (1 Ob 56/10g; 3 Ob 180/13m; RIS‑Justiz RS0126117).
Die letztlich erfolglose Klägerin hat daher dem Beklagten, der im Rechtsmittelweg die Antragsabweisung erzielte, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
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