Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Der Eigentümer der Liegenschaften EZ 41 und 45 schloss am 4. 11. 2009 mit seiner Nichte, der Revisionsrekurswerberin, einen in Form eines Notariatsakts errichteten „Übergabsvertrag auf den Todesfall“, mit dem er für den Fall seines Ablebens die beiden Liegenschaften in das Eigentum der Übernehmerin übertrug, während diese sich zur Erbringung von Gegenleistungen (Pflege) verpflichtete. Der Vertrag regelte, dass die Übergabe erst mit dem Tag des Ablebens des Übergebers in Kraft treten sollte und bis dahin der Übergeber Eigentümer der Liegenschaften bleibe. Der Übergeber verpflichtete sich, die Liegenschaften ohne Zustimmung der Erben bzw sonstiger Rechtsnachfolger der Übernehmerin weder zu belasten noch zu veräußern. Punkt 7. (Hinterlassungsverpflichtung) regelte Folgendes:
„Zur Absicherung dieser Übergabe auf den Todesfall verpflichtet sich die übergebende Partei das Übergabsobjekt … mit Ausnahme der zu diesem Zeitpunkt grundbücherlich sichergestellten Lasten, zu hinterlassen. … Diese Hinterlassungsverpflichtung ist grundbücherlich sicherzustellen. ...“
Auf den Liegenschaften wurde jeweils die „Hinterlassungsverpflichtung gem. Pkt Siebentens Übergabsvertrag 2009‑11‑04“ für die Revisionsrekurswerberin angemerkt.
Aufgrund der Pfandurkunde vom 14. 8. 2009 ist für die Antragstellerin je ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 13.000 EUR einverleibt.
Mit Pfandurkunde vom 12. 8. 2013 bestellte der Eigentümer beide Liegenschaften zur Sicherstellung aller Forderungen der Antragstellerin bis zum Höchstbetrag von 30.000 EUR zum Pfand.
Die Antragstellerin beantragte unter Vorlage dieser Pfandurkunde die Einverleibung von Höchstbetrags‑/Simultanpfandrechten einschließlich der Anmerkung der Simultanhaftung.
Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch.
Dagegen erhob die Übernehmerin als aus der „Hinterlassungsverpflichtung“ Berechtigte einen Rekurs. Ihr Recht sei ein Besitznachfolgerecht im Sinn einer quasifideikommissarischen Substitution, welches einer Belastung der Liegenschaften ohne ihre Zustimmung entgegenstehe.
Das Rekursgericht gab ihrem Rekurs nicht Folge. Es bejahte ihre Rekurslegitimation als nach dem Grundbuchstand bücherlich Berechtigte, erachtete aber die Anmerkung der „Hinterlassungsverpflichtung“ als nach § 130 GBG unzulässige Eintragung, die auf keinen Fall ‑ auch nicht gutgläubigen Dritten gegenüber ‑ Rechtswirkungen nach sich ziehe und nicht zu beachten sei. Der Oberste Gerichtshof habe wiederholt die Verbücherung vertraglicher Besitznachfolgerechte zugelassen und qualifiziere die vertragsmäßig übernommene Verpflichtung, die Liegenschaften einer bestimmten Person ins Eigentum zu übertragen oder von Todes wegen zu hinterlassen, als „quasifideikommissarische Substitution“. Ein solches Besitznachfolgerecht werde durch die Vereinbarung zwischen altem und neuem Eigentümer in Anlehnung an die erbrechtliche fideikommissarische Substitution begründet, indem das Eigentum des Erwerbers bei Eintritt einer Bedingung oder nach Ablauf einer Frist an einen anderen, nämlich den Besitznachfolger falle. Besitznachfolger könne aber nur der alte Eigentümer oder ein Dritter sein, nicht jedoch der Übernehmer der Liegenschaft, dem damit die Rechtsposition eines zeitlich befristeten Eigentümers verschafft werden sollte. Ein solches Nachfolgerecht sei im Katalog der verbücherungsfähigen Rechte (§ 9 GBG) nicht vorgesehen. Das Grundbuchsgericht hätte daher die „Hinterlassungsverpflichtung“ zugunsten der Übernehmerin gar nicht anmerken dürfen, weil kein Fall des von der Rechtsprechung entwickelten, verdinglichbaren Besitz-nachfolgerechts vorliege. Die Anmerkungen dieser „Hinterlassungsverpflichtung“ seien unheilbar nichtig, als unzulässig nicht zu beachten und amtswegig zu löschen. Da das Eigentumsrecht des Übergebers nicht dinglich wirksam beschränkt sei, bedürften die Grundbuchshandlungen keiner Zustimmung durch die Übernehmerin.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Erforderlichkeit der Zustimmung einer aus nichtverdinglichbaren „Hinterlassungs-verpflichtungen“ Berechtigten zur Einverleibung eines Pfandrechts vorliege.
Der Revisionsrekurs der Übernehmerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Grundbuchswidrige Eintragungen im Sinn des § 130 GBG sind unheilbar nichtig. Sie ziehen keine ‑ auch nicht gutgläubigen Dritten gegenüber ‑ Rechtswirkungen nach sich. Darunter fallen jedoch nur solche Eintragungen, die nach ihrem Gegenstand unzulässig sind. Es muss sich daher um Eintragungen handeln, die ein Recht zum Gegenstand haben, das der geltenden Rechtsordnung überhaupt fremd ist oder dessen Eintragung weder im Grundbuchsgesetz (GBG) noch in anderen Gesetzen zugelassen ist und die einen physisch oder rechtlich unmöglichen Grundbuchstand, dem die materielle Rechtslage nicht entsprechen kann, schaffen. Dass die der Eintragung zugrunde liegenden Urkunden nicht den Vorschriften des GBG (§§ 26 f, 32) entsprechen, macht die Eintragung noch nicht grundbuchswidrig. Solche Formverletzungen können nur mit Rekurs gegen die Einverleibungsbewilligung bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0060300; Rassi , Grundbuchsrecht 2 Rz 484; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 130 GBG Rz 4). § 130 GBG bietet aber keine Handhabe dafür, eine nach dem Gesetz abstrakt zulässige Eintragung, für die im konkreten Fall die Eintragungsvoraussetzungen fehlten, zu löschen (5 Ob 8/13g; Kodek aaO Rz 5). Alle Eintragungen im Sinn des § 8 GBG sind von § 130 GBG erfasst, weshalb auch bücherliche Anmerkungen, die weder durch § 20 GBG noch durch andere Gesetzesbestimmungen gedeckt sind, gelöscht werden können ( Feil , GBG 3 § 130 GBG Rz 2; vgl Kodek aaO Rz 4).
2. Als unheilbar nichtig qualifizierte der Oberste Gerichtshof die Eintragung einer persönlichen Dienstbarkeit als Grunddienstbarkeit (4 Ob 600/79 = NZ 1981, 25 = RIS‑Justiz RS0060300 [T2]), die unzulässige Einverleibung einer Reallast des Wohnungsrechts auf einem ideellen Anteil (5 Ob 26/81 = NZ 1982, 188 = RIS‑Justiz RS0060300 [T3]), ein im Grundbuch eingetragenes „Konkurrenzverbot“ im Sinn des Verbots, auf einer Liegenschaft bestimmte Geschäfte zu errichten oder zu betreiben (5 Ob 130/10v = SZ 2010/158 = RIS‑Justiz RS0060300 [T11]) oder die Eintragung eines Vorkaufsrechts zugunsten des jeweiligen Eigentümers einer Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0109948).
3. Eine Eintragung ist gemäß § 130 GBG von Amts wegen zu löschen, wenn sich ihre Grundbuchswidrigkeit unmittelbar aus der Eintragung selbst und ohne Rückgriff auf die Eintragungsgrundlagen ergibt. Wurde aber im Sinn des § 5 Satz 2 GBG ein Vertragspunkt zum Inhalt der Eintragung gemacht, ist auch dieser in die Prüfung nach § 130 GBG miteinzubeziehen (RIS‑Justiz RS0126488). Die Eintragung der „Hinterlassungsverpflichtung“ verweist auf einen bestimmten Vertragspunkt. Es ist zu prüfen, ob sich für die dadurch konkretisierte Eintragung überhaupt eine Rechtsgrundlage im österreichischen Recht finden lässt.
4. Der Oberste Gerichtshof lässt entgegen der überwiegenden Lehre (dargestellt von Rassi in Kodek , Grundbuchsrecht, § 10 GBG Rz 35 und in 5 Ob 326/00b) die Anmerkung vertraglicher Besitznachfolgerechte, die einer fideikommissarischen Substitution ähneln, nach § 20 lit a GBG zu (RIS‑Justiz RS0083800; RS0012539 [T2]). Die Beschränkung des Eigentumsrechts durch ein Nachfolgerecht in Form einer vertragsmäßig vom Erwerber übernommenen Verpflichtung, die Liegenschaft einer bestimmten Person ins Eigentum zu übertragen oder von Todes wegen zu hinterlassen, wird als „quasifideikommissarische Substitution“ qualifiziert (RIS‑Justiz RS0007955). Charakteristisch für derartige Nachfolgerechte ist, dass das Eigentum des Erwerbers bei Eintritt einer Bedingung oder nach Ablauf einer Frist oder im Todesfall an den Besitznachfolger fällt oder die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums begründet wird. Abgelehnt wird hingegen die Eintragung eines „Nachfolgerechts“ für den Übernehmer als Vertragspartner aus einem Übergabevertrag (5 Ob 326/00b; vgl Rassi in Kodek aaO, § 10 GBG Rz 30 f). Geht es daher nicht um die Einräumung eines Eigentumsrechts unter gleichzeitiger Beschränkung dieses Eigentumsrechts durch ein vertraglich vereinbartes Besitznachfolgerecht, besteht nicht die geringste Rechtsähnlichkeit mit dem Institut der gesetzlich geregelten fideikommissarischen Substitution, weshalb die Eintragung dieses Rechts keine gesetzliche Grundlage hat (5 Ob 58/13k mwN).
5. Im vorliegenden Fall dient die „ Hinterlassungsverpflichtung “ der Sicherung der vertraglichen Rechtsposition der Nichte des Alleineigentümers als (erhoffte) künftige neue Eigentümerin, die sich in Punkt 2 des Vertrags zu Pflegeleistungen verpflichtete. Die Eintragung eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots nach § 364c ABGB schied aus, weil das in dieser Gesetzesstelle vorausgesetzte Verwandschafts-verhältnis nicht vorliegt. Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannte, wurde mit der vertraglichen Konstruktion gerade kein Besitznachfolgerecht im Sinn einer „quasifideikommissarischen Substitution“ vereinbart. Die grundbücherliche Sicherstellung der „Hinterlassungsverpflichtung“ zugunsten des Vertragspartners bedeutet eine in der österreichischen Rechtsordnung nicht anerkannte Einschränkung der Testierfreiheit (vgl Eccher in Schwimann/Kodek , ABGB 4 III § 552 Rz 1; vgl Apathy in KBB 4 § 552 ABGB Rz 1; 3 Ob 531/79 = RIS‑Justiz RS0012341; vgl 1 Ob 734/76 = RIS‑Justiz RS0012364). Ein Erbvertrag über die Liegenschaften als Teil der (künftigen) Verlassenschaft wäre im Verhältnis zwischen Onkel und Nichte nicht gültig (§ 602 ABGB, § 537a ABGB).
6. Ergebnis: Die in einem „Übergabsvertrag auf den Todesfall“ übernommene vertragliche Verpflichtung des Eigentümers einer Liegenschaft, diese seiner Vertragspartnerin zu hinterlassen, kann mangels gesetzlicher Grundlage nicht im Grundbuch eingetragen werden. Die Eintragung einer derartigen Verpflichtung ist nach § 130 GBG abstrakt unzulässig und unheilbar nichtig. Sie zieht keinerlei Rechtswirkungen nach sich, weder für Dritte noch für die angeblich Berechtigte selbst. Schon deshalb ist die Eintragung von Pfandrechten ohne ihre Zustimmung zulässig.
7. Die amtswegige Löschung der grundbuchswidrigen Eintragung obliegt dem Erstgericht.
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