European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00041.19T.0723.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Basem B***** im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 11 Os 84/17p) der Verbrechen „des Mordes als terroristische Straftat“ nach § 278c Abs 1 Z 1 (§ 75), [zu ergänzen:] Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er „zu nicht genau feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum von cirka Anfang des Jahres 2013 bis Februar 2014 in A***** und H***** in Syrien terroristische Straftaten (§ 278c Abs 1 Z 1 StGB) begangen, und zwar die Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB, indem er zumindest 20 verwundete und wehrlose Soldaten der staatlichen syrischen Armee durch gezielte Schüsse mit seinem Kalaschnikow-Gewehr in die Brust oder in den Kopf vorsätzlich tötete, wobei diese Taten geeignet waren, eine schwere oder länger anhaltende Störung des öffentlichen Lebens und eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens in Syrien, zumindest in den Regionen A***** und H*****, herbeizuführen und mit dem Vorsatz begangen wurden, die dort lebende Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen, nämlich die staatliche syrische Armee, zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen des umkämpften syrischen Gebietes, zu nötigen und die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen des Staates Syrien ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8, 9, 10a, 11 lit a, 11 lit b und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Der Angeklagte vermeint Nichtigkeit des Urteils aufgrund von Verletzung der Vorgaben des Art 6 EMRK („fair trial“) wegen Abweisung von Beweisanträgen in der Hauptverhandlung gerichtet auf
a./ Vernehmung der Mutter des Angeklagten Muyassar A***** R***** „im Wege eines direkten Telefonats oder per Whatsapp“ (ON 210 S 58) bzw Ladung und Vernehmung der Zeugin, die im „Palästinenserlager M*****, UNRWA Refugee Camp H*****, in Syrien aufhältig ist, … zum Beweis dafür, dass der Angeklagte bereits Mitte des Jahres 2013 Syrien in Richtung Türkei verlassen hat, seither nicht mehr nach Syrien zurückgekehrt ist und während dieser Zeit daher an keinen Kampfhandlungen gegen Soldaten der syrischen Armee, insbesondere nicht in H***** oder K***** beteiligt war, und daher auch keine Soldaten der syrischen Armee erschossen hat. Die Zeugin kann … deshalb verlässliche Angaben machen, weil sie mit dem Angeklagten von Anfang 2013 bis zu seiner Ausreise Mitte 2013 … in derselben Wohnung zusammengelebt hat. Die beantragte Zeugin kann über entsprechenden Kostenvorschuss seitens des Gerichtes die finanziellen Mittel erlangen, einen gültigen Reisepass beantragen und auch ein Flugticket für die Anreise nach Österreich finanzieren, weiters ist es möglich, für die beantragte Zeugin ein entsprechendes Einreisevisum nach Österreich zu erlangen, insbesondere wenn seitens des Gerichtes die Notwendigkeit der Einvernahme der Zeugin vor dem erkennenden Gericht in Österreich der zuständigen Stelle im Außenministerium der Republik Österreich, der Botschaft in Damaskus oder Beirut mitgeteilt wird“ (ON 210 S 59);
b./ „Verlesung der Seite 13, letzter Absatz, und Seite 14 des von der Verteidigung vorgelegten Protokolls der Hauptverhandlung vom 15. 09. 2016 zu 26 Hv 75/16g, aus denen sich ergibt, dass der in dieser Verhandlung als Dolmetscher beigezogene Zeuge Hanibal Ba***** behauptete, er würde alles wörtlich übersetzen, was der Angeklagte zu ihm sagt, hingegen der in der Verhandlung anwesende und arabisch sprechende Sachverständige Guido S*****, der die Übersetzung … mitverfolgen konnte, auf Befragung des Gerichts erklärte, dass … Ba***** zwar nicht inhaltlich falsch, aber nicht wörtlich, sondern in zusammengefasster und damit verkürzter Form ins Deutsche rückübersetze“ zum Beweis dafür, dass Ba***** „nicht über die für einen Dolmetscher notwendige Eignung, insbesondere auch nicht über die für einen Dolmetscher notwendige persönliche Vertrauenswürdigkeit verfügt, und zum Beweis dafür, dass der Dolmetscher Hanibal Ba***** nicht glaubwürdig ist“ (ON 210 S 90 f).
Der Erledigung der Verfahrensrüge ist vorauszuschicken, dass unterlassene Beweisaufnahme aus § 345 Abs 1 Z 5 StPO nur im Zusammenhang mit der gebotenen Klärung erheblicher, dh solcher Umstände bekämpfbar ist, welche die rechtliche Beurteilung – also die Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) – beeinflussen können (RIS‑Justiz RS0118319, RS0116503). Ist die Beweisaufnahme schon dem Antrag zufolge nicht geeignet, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, kann sie unterbleiben (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO). Einem Beweisantrag muss daher – soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1, Abs 2 Z 1, Z 2 StPO) – nicht nur zu entnehmen sein, warum die begehrte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (widrigenfalls ein unzulässiger Erkundungsbeweis vorläge; RIS‑Justiz RS0099189, RS0099453), sondern auch, inwieweit dieses für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0118444).
Bei der Anfechtung aus Z 5 ist überdies zu berücksichtigen, dass der Oberste Gerichtshof die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Schwurgerichtshofs, eine begehrte Beweisaufnahme abzulehnen, immer nur mit Blick auf den Inhalt des Beweisantrags bezogen auf den jeweiligen Zeitpunkt der Antragstellung überprüfen kann. Jedes davon abweichende oder den Beweisantrag ergänzende Vorbringen im Rechtsmittel ist daher unzulässig und insoweit unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099117).
Entgegen der Verfahrensrüge wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der genannten Zeugin (a./) Verteidigungsrechte nicht geschmälert. Der Antrag ließ nämlich nicht erkennen, weshalb eine Ladung der in Syrien wohnhaften Zeugin, deren genaue Adresse unbekannt ist, möglich sein sollte, zumal es zum Zeitpunkt der Antragstellung – was dem Beschwerdeführer aufgrund seines eigenen Vorbringens bekannt war (vgl auch ON 200 [Mitteilung des BMEIA]) – keine österreichische Botschaft in Syrien gab. Im Übrigen ist die Zeugin laut deren eigenen Angaben (Amtsvermerk über ein Telefonat mit den Verteidigern ON 191, der in der Hauptverhandlung am 11. Dezember 2018 verlesen [ON 211 S 11] und von den Geschworenen somit mitberücksichtigt wurde) „alt und körperlich eingeschränkt“, verfügt über keine Reisedokumente, kein Geld und keine Bankverbindung (siehe hiezu auch den Antrag der Verteidigung ON 191, wonach eine Anreise nach Österreich nicht möglich sei). Weil sie zudem zum Verlassen Syriens durch ihren Sohn im Jahr 2013 angab, „Das hat er mir aber nicht gesagt. Ich habe das erst später erfahren“, sie somit über keine eigenen Wahrnehmungen hiezu verfügt, konnte der Antrag überdies als auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet abgewiesen werden.
Er legte schließlich nicht dar, weshalb entgegen den eine § 247a StPO entsprechende Vernehmung bis zu diesem Zeitpunkt hindernden Umständen dennoch in absehbarer Zeit eine Vernehmung der Zeugin erfolgen hätte können (RIS‑Justiz RS0099399, RS0099502).
Weil der weitere Antrag (b./) nicht erkennen ließ, inwieweit dieses Beweismittel für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage von Bedeutung ist, konnte auch dieser abgewiesen werden. Die Dokumente betreffen nämlich einerseits nicht die Tätigkeit des Dolmetschers im konkreten Ermittlungsverfahren, andererseits wurden sowohl der Zeuge Ba***** selbst als auch die teilnehmenden (vernehmenden) Kriminalpolizisten (jeweils als Zeugen) in der Hauptverhandlung – vor Stellung und Abweisung der gegenständlichen Anträge des Verteidigers – zum Ablauf der Vernehmung des Angeklagten im Juni 2016 vernommen.
Sämtliche relevanten Kontrollbeweise sind somit ausgeschöpft (vgl RIS‑Justiz RS0119422); die Prüfung der Verlässlichkeit (hier) des Dolmetschers obliegt dem Gericht in freier Beweiswürdigung (vgl RIS‑Justiz RS0097433).
Gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) verlangt vom Beschwerdeführer die deutliche und bestimmte Bezeichnung einerseits der vermissten Fragen, andererseits jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen, vorliegend somit eines die begehrte Fragestellung indizierenden Tatsachensubstrats (RIS‑Justiz RS0117447; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 23).
Mit der Behauptung, der sich „auf die Einordnung als terroristische Straftaten beziehende Teil der Hauptfrage 1“ sei nicht hinreichend konkretisiert und „gibt über weite Teile nur die verba legalia wieder“, legt die Rüge nicht dar, aus welchem Grund die in der Frage enthaltene Sachverhaltsschilderung zur Individualisierung (also zur Abgrenzung der zu beurteilenden Tat von anderen Sachverhalten) und zur rechtsrichtigen Subsumtion sowie deren Überprüfbarkeit nicht ausreichen und weshalb es darüber hinaus unter dem Aspekt des § 312 Abs 1 StPO einer erschöpfenden Beschreibung des gesamten Geschehens in allen Einzelheiten bedürfen sollte (vgl dazu Lässig, WK‑StPO § 312 Rz 9, 17 ff; RIS‑Justiz RS0100686, RS0100780). Im Übrigen folgt aus den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten und der daraus hervorgehenden Art der Führung des (Bürger‑)Krieges zumindest die – lediglich alternativ geforderte (Plöchl in WK2 StGB § 278c Rz 10) – Eignung der schweren oder länger anhaltenden Störung des öffentlichen Lebens in dem näher bezeichneten geografischen Gebiet ohne weiteres und bedarf der Begriff des öffentlichen Lebens als solcher der Alltagssprache keiner weiteren Konkretisierung.
Mit der bloßen Forderung, es hätte zu „jeder vorgeworfenen Tötung … eine gesonderte Hauptfrage gestellt werden müssen“, wird nicht mit Bestimmtheit geltend gemacht, dass der Schwurgerichtshof seinen ihm durch § 317 Abs 2 StPO eingeräumten Ermessenspielraum dadurch überschritten hätte, dass er – entgegen § 312 Abs 2 StPO – nicht für jede der nach dem Vorgesagten zusammentreffenden strafbaren Handlungen eine besondere Hauptfrage gestellt, die Sachverhalte vielmehr in einer zusammengefasst hat (RIS‑Justiz RS0118085; vgl dazu Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 4 mwN).
Soweit die Fragenrüge weiters die Stellung einer Zusatzfrage nach § 278c Abs 3 StGB und einer Hauptfrage nach § 321e Z 11 StGB einfordert, verfehlt sie mangels konkreter Bezeichnung dafür in der Hauptverhandlung vorgekommener Tatsachen die prozessordnungskonforme Ausführung (RIS‑Justiz RS0117447; Hinterhofer/Oshidari,Strafverfahren Rz 10.51). Sie legt nämlich weder Indizien dar, dass die Taten auf die Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse ausgerichtet gewesen (§ 278c Abs 3 StGB) wären, noch, dass sie heimtückisch verübt worden wären (RIS-Justiz RS0091882
;
vgl auch Art 37 des 1. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte: „Es ist verboten, einen Gegner unter Anwendung von Heimtücke zu töten, verwunden oder gefangenzunehmen. Als Heimtücke gelten Handlungen, durch die ein Gegner in der Absicht, sein Vertrauen zu mißbrauchen, verleitet wird, darauf zu vertrauen, daß er nach den Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts Anspruch auf Schutz hat oder verpflichtet ist Schutz zu gewähren“).
Wenn der Beschwerdeführer weiters vermeint, im nunmehrigen zweiten Rechtsgang hätte „keine Hauptfrage nach § 278c Abs 1 Z 1 StGB gestellt werden dürfen“, sondern sei – mangels Bekämpfung des Schuldspruchs nach § 75 StGB im ersten Rechtsgang durch die Staatsanwaltschaft – „nur noch die Frage nach § 75 StGB“ Verfahrensgegenstand, verkennt er Inhalt und Reichweite des Verschlechterungsverbots(§ 16 StPO), das sich bei einer Verurteilung nur auf die Sanktions- nicht aber die Schuldfrage bezieht (RIS‑Justiz RS0098900).
Soweit – ohne konkreten Aktenbezug – durch bloße Erstattung von Rechtsausführungen zur inländischen Gerichtsbarkeit aus Z 6 argumentiert wird, dass den Geschworenen zu Unrecht keine Zusatzfrage „in Richtung § 64 Abs 1 Z 9 lit b und f StGB“ gestellt worden sei, verfehlt dies erneut die prozessordnungsgemäße Darstellung, weil kein konkretes in der Hauptverhandlung vorgekommenes in diese Richtung weisendes Tatsachensubstrat genannt wird (s auch unten zur Rechtsrüge).
Eine prozessordnungsgemäße Ausführung der Instruktionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 8 StPO) verlangt den Vergleich der tatsächlich erteilten Rechtsbelehrung mit deren nach § 321 Abs 2 StPO erforderlichem Inhalt und die darauf gegründete deutliche und bestimmte Darstellung der Unrichtigkeit der den Geschworenen zuteil gewordenen juristischen Information (RIS‑Justiz RS0119549).
Dabei ist zu beachten, dass sämtliche Belehrungen (§§ 321, 323 Abs 1 und 327 Abs 1 StPO) eine Einheit bilden, die nur als Ganzes betrachtet richtig oder unrichtig sein kann, wobei es bei dieser Beurteilung nicht auf ein einzelnes verwendetes Wort, sondern auf den Sinngehalt der Rechtsbelehrung insgesamt ankommt (RIS‑Justiz RS0125434, RS0100695; zum Ganzen: Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 53 ff). Der Beschwerdeführer legt mit der Forderung einer Erwähnung der rechtlichen Selbstständigkeit der real konkurrierenden Taten nicht dar, aus welchem Grund die Belehrung mangels einer solchen Passage unrichtig wäre und übergeht zudem die ohnedies erteilten Hinweise in der Instruktion, dass dem Angeklagten mehrere Taten zur Last gelegt werden und auf die (allgemeine) Möglichkeit der bloß teilweisen oder eingeschränkten Bejahung der Fragen.
Nichtigkeit aus Z 9 des § 345 Abs 1 StPO liegt vor, wenn die Antwort der Geschworenen auf die gestellten Fragen – also der Wahrspruch (maW die Feststellungsebene) – undeutlich, unvollständig oder in sich widersprechend ist, wenn also trotz undeutlicher oder widersprüchlicher Feststellungen oder fehlender Antworten zu entscheidenden Tatsachen (im schöffengerichtlichen Verfahren § 281 Abs 1 Z 9 oder 10 StPO) den Geschworenen die Verbesserung des solcherart mangelhaften Wahrspruchs nicht aufgetragen wurde oder der Auftrag ohne Erfolg blieb. Mit der Behauptung, es wäre Aufgabe der Geschworenen gewesen, „zu jeder einzelnen vorgeworfenen Tat zu beurteilen, welche Tötung welches einzelnen wehrlosen Gefangenen, auf welche Art und Weise und zu welchem Zeitpunkt im angeklagten Tatzeitraum sie für erwiesen erachteten“ wird der Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung gebracht; behauptete Fehler in der Interrogation sind aus Z 9 unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0121301; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 76).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO (ebenso wie jener des § 281 Abs 1 Z 5a StPO) greift seinem Wesen nach erst dann, wenn sich aus der Vernehmung des Angeklagten (§ 245 StPO iVm § 308 Abs 1 StPO) oder den in der Hauptverhandlung vorgeführten Beweismitteln (§§ 246 bis 254 StPO iVm § 308 Abs 1 StPO) nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen ergeben, wenn also die angesprochenen Verfahrensergebnisse – gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen – eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen (nach Art einer im Einzelrichterverfahren gesetzlich vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld) wird dadurch nicht eröffnet (RIS‑Justiz RS0119583, RS0118780). Der Umstand, dass aus den den Geschworenen vorgeführten Beweisen auch andere, dem Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, ist für sich nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinne der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO darzutun (RIS‑Justiz RS0099674).
Derart erhebliche Bedenken vermag die Beschwerde mit erneuten Hinweisen auf die Vernehmungssituation, die Person des Dolmetschers und die Angaben vernommener Zeugen nicht zu wecken, zumal diese in den maßgeblichen Zeiträumen großteils keinen Kontakt zum Angeklagten behaupteten. Zu welchem Zeitpunkt der Angeklagte sein Geständnis widerrufen hat (noch während der ersten Befragung oder erst am Tag danach) ist ebenso wenig entscheidend wie die Frage, ob die Faruq-Brigaden als terroristische Organisation zu qualifizieren seien und ob diese auf öffentliche Hinrichtungen und die anschließende Verbreitung von Videoaufnahmen verzichteten. Soweit der Beschwerdeführer hieraus den Schluss zieht, es mangle demgemäß an der terroristischen Eignung und der entsprechenden subjektiven Tatseite, es sei „abzuleiten, dass die Erschießungen seitens der Aufständischen in Syrien aus Hass, aber nicht mit dem Vorsatz begangen wurden, die dort lebende Bevölkerung einzuschüchtern, öffentliche Stellen zu nötigen oder die Grundstrukturen des Staates Syrien ernsthaft zu erschüttern“, unternimmt er lediglich eine eigenständige Beweiswürdigung und verlässt dergestalt den dargelegten Anfechtungsrahmen einer Tatsachenrüge. Im Übrigen ist aus dem Umstand, dass ein Sachverständiger die Faruq‑Brigaden nicht als terroristische Organisation einstufte, nichts für die dieses Element nicht enthaltenden Tatbestände des § 278c Abs 1 StGB zu gewinnen.
Soweit die Rechtsrüge (§ 345 Abs 1 Z 11 lit a) erneut kritisiert, es sei „keine Zusatzfrage in Richtung § 64 Abs 1 Z 9 lit b und f StGB“ gestellt worden, weswegen nicht beurteilt werden könne, ob die dem Angeklagten „jeweils zur Last fallende Tat eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung“ begründe, übersieht sie, dass – wie bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang (11 Os 84/17p) dargelegt – das Unterbleiben einer solchen Zusatzfrage zum Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit ausschließlich mit Fragenrüge nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO geltend gemacht werden kann.
Zur Abrundung dazu Grundsätzliches:
Das Vorliegen der – von Unrecht und Schuld unabhängigen – inländischen Gerichtsbarkeit ist eine objektive Bedingung der – durch deren allfälliges Fehlen eingeschränkten – Strafbarkeit (so bereits 12 Os 11/81; Höpfel/Kathrein in WK² StGB [2007] § 62 Rz 10, Kienapfel/Höpfel/Kert AT15 E 12 Rz 12, Schwaighofer SbgK, Vor §§ 62–66 Rz 65 ff, Salimi in WK2 StGB [2016] Vor §§ 62–67 Rz 17, allgemein Fuchs, AT9, Rz 27/1 ff; 15 Os 160/11k; trotz Regelung im StGB [vgl RIS‑Justiz RS0092310 {T1}; Salimi in WK2 StGB Vor§§ 62–67 Rz 18; vgl überdies Hinterhofer/Oshidari,Strafverfahren Rz 1/57 und Lässig, WK‑StPO § 311 Rz 2 f] Einordnung als prozessuales Verfolgungshindernis durch Hager/Meller/Hetlinger, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung4, 174 ff [182] sowie E. Steininger, Nichtigkeitsgründe im Strafverfahren6, § 281 Abs 1 Z 9 lit b / § 345 Abs 1 Z 11 lit b, Rz 20).
Feststellungen zur inländischen Gerichtsbarkeit sind nur dann im (Schöffen‑)Urteil zu treffen oder im Verfahren vor den Geschworenen nach § 313 StPO zu erfragen (11 Os 84/17p), wenn sich in der Hauptverhandlung Indizien für deren Fehlen ergeben haben. Die Anfechtung erfolgt im Schöffenverfahren über § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO, im Geschworenenverfahren allerdings über § 345 Abs 1 Z 6 StPO (Salimi in WK2 StGB Vor §§ 62–67 Rz 32 ff, Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 614; instruktiv auch Marek in WK² StGB § 57 Rz 20; RIS‑Justiz RS0099909, zur Nichtanwendung von §§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 344 zweiter Satz StPO s [T1, T7] und weiters etwa 12 Os 77/93, 12 Os 97/94, 14 Os 30/00, 12 Os 112/14h; bei unschlüssigen Feststellungen zum Ausnahmesatz RIS‑Justiz RS0122332 und Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 602; zur Geltendmachung des Fehlens von Feststellungen zur Strafbarkeit nach dem Recht des Tatortstaats bei Anwendung des § 65 Abs 1 StGB aus § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO RIS‑Justiz RS0121837, jüngst 13 Os 130/18v).
Die Sanktionsrüge (Z 13) behauptet unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Max-Planck-Instituts (ON 175), wonach zufolge einer Amnestie in Syrien die Höchststrafe für Mord auf 20 Jahre Freiheitsstrafe herabgesetzt wurde, letztlich nur Nichtigkeit des Strafausspruchs im ersten Rechtsgang und ist schon deshalb nicht der Prozessordnung gemäß ausgeführt. Im Übrigen verkennt der Beschwerdeführer erneut das Wesen des Verschlechterungsverbots, das ausschließlich auf den Vergleich der beiden in Frage stehenden – im Gegenstand gleichen – Sanktionen abzielt.
Indem abschließend „im Hinblick auf eine allenfalls notwendig werdende Beschwerde an den EGMR“ argumentiert wird, das Verfahren wäre „insgesamt als unfair anzusehen“, weil bei der polizeilichen Vernehmung kein Verteidiger anwesend gewesen, dort ein nicht hinreichend ausgebildeter Dolmetscher eingesetzt worden wäre und keine Ton- bzw Ton- und Bildaufnahme durch die Polizei angefertigt worden wäre, wird kein Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 StPO zur prozessordnungsgemäßen Darstellung gebracht. Eine aus Z 5 geschützte diesbezügliche Antragstellung in der Hauptverhandlung, die angeblich unter Verletzung von Verteidigungsrechten entstandenen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht vorkommen zu lassen, wird nicht einmal behauptet (RIS‑Justiz RS0099250; 11 Os 113/15z, 11 Os 141/16v).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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