BVwG W242 2225281-1

BVwGW242 2225281-16.7.2021

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W242.2225281.1.00

 

Spruch:

 

W242 2225281-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , StA. Usbekistan, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX 2021 zu Recht:

 

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. insofern Folge gegeben, als die Frist für die freiwillige Ausreise mit drei Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt wird.

 

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer (BF), ein usbekischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen und schlepperunterstützt nach Österreich ein und stellte am 20.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit Schreiben vom 20.11.2015 erklärte der Beschwerdeführer den in der Vollmacht bezeichneten Rechtsanwalt zu seiner Rechtsvertretung in seinen Verfahren.

 

Am XXXX 2015 gab der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass er am XXXX in Samarkand, Usbekistan, geboren sei, verheiratet sei, der Volksgruppe der Usbeken angehöre und Moslem sei. Seine Eltern und ein Bruder würden in Usbekistan leben, während zwei weitere Brüder sowie seine Schwester in Österreich leben würden. Er sei 2010 von Usbekistan nach Moskau geflogen, wo er sich bis zu seiner Reise nach Österreich aufgehalten habe. Schließlich sei der BF mit Hilfe seines Arbeitgebers in die Ukraine gereist, von wo aus er schlepperunterstützt nach Österreich gekommen sei. Der Beschwerdeführer sei geflüchtet, weil er befürchte, im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan, von den usbekischen Behörden festgenommen zu werden und eine dreijährige Haftstrafe zu bekommen. Dazu führte der BF aus, er habe mit seiner Frau die Hochzeit des Sohnes eines Kriminalpolizisten in Usbekistan organisiert. Der Polizist habe von der Ehefrau des BF verlangt, dass sie ihr verdientes Geld mit ihm teile. Der Polizist habe den BF und seine Frau ständig bei der Arbeit behindert und damit bedroht, die Restaurants, die der BF ebenfalls beliefere, zu verständigen, dass der BF keine Aufträge mehr erhalte. Deswegen sei die Frau des BF 2010 nach Österreich geflüchtet und habe dort einen Asylantrag gestellt, ehe sie 2014 aufgrund des abgelehnten Asylantrages wieder nach Usbekistan zurückgekehrt sei. Da in Usbekistan die Beantragung von Asyl in einem anderen Staat unter Strafe gestellt sei, habe die Polizei von ihr USD 25.000,- verlangt und sie damit bedroht, dass sie inhaftiert werden würde, wenn sie ihnen das Geld nicht geben würde. 2014 sei er von seiner Frau angerufen worden und habe ihm diese gesagt, dass die Polizei ihr unterstelle, sie arbeite mit einem Terroristen zusammen. Sie teilte ihm auch mit, dass er selbst bei seiner Rückkehr verhaftet werde. Da der BF in Moskau längerfristig nicht arbeiten habe können und die Gefahr bestanden habe, dass er aus Moskau ausgewiesen werden könnte, sei er nach Österreich geflohen, um hier um Asyl anzusuchen.

 

Am XXXX 2016 erfolgte eine Anzeige, am XXXX 2016 eine Verständigung und schließlich ebenfalls am XXXX 2016 ein Straferkenntnis der LPD Wien gegen den Beschwerdeführer aufgrund von Verwaltungsübertretungen gegen die StVO und gegen das FSG.

 

Mit Schreiben vom XXXX 2018 bat das Magistratische Bezirksamt das BFA um Bekanntgabe, ob die vorgelegte Aufenthaltsberechtigungskarte noch Gültigkeit besitze und sich der BF in Österreich rechtmäßig aufhalten dürfe.

 

Am XXXX 2019 und XXXX 2019 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX (BFA).

 

Am XXXX 2019, XXXX 2019 sowie am XXXX 2019 erfolgte jeweils eine Anfragebeantwortung durch den vom BFA zum Sachverständigen bestellten XXXX hinsichtlich folgender Anfragen: Zur Frage der Fahndung nach XXXX ; Zur Frage der Meldung bzw. des Wohnortes der XXXX ; Zum Aufenthalt der beiden Kinder des ASt; Zur Frage des Schulbesuchs der beiden Kinder des ASt sowie zur Untauglichkeit des ASt.

 

Am XXXX 2019 erfolgte zum Gutachten vom XXXX 2019 und am XXXX 2019 zum Gutachten vom XXXX 2019 jeweils eine Stellungnahme seitens des damaligen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers.

 

Mit Bescheid vom XXXX 2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.), ab und erteilte dem Beschwerdeführer auch keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Des Weiteren erließ das Bundesamt gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte außerdem fest, dass seine Abschiebung nach Usbekistan zulässig sei (Spruchpunkt V.) und setzte schließlich die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.).

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am XXXX 2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) und beantragte, das BVwG möge dem BF, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in Abänderung des Bescheides internationalen Schutz, zumindest aber einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zuerkennen. Andernfalls möge dem Beschwerdeführer eine Ausreisefrist von mindestens drei Monaten ab Rechtskraft gewährt werden.

 

Begründend führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, der vom Bundesamt erlassene bzw. angefochtene Bescheid weise neben mehrfachen Verwechslungen auch eklatante Begründungsmängel auf. Des Weiteren stimme aufgrund der Verwechslung auch die vorgenommene Beweiswürdigung nicht. Insgesamt habe sich die Behörde mit den Fluchtgründen des Beschwerdeführers sehr oberflächlich, bis gar nicht, auseinandergesetzt. Schließlich würdige die Behörde überdies in keiner Weise die gesetzwidrig entgegen der Zustimmung des BF und der üblichen Praxis durchgeführten Erhebungen in Usbekistan. Die Behörde sei sich offenkundig trotz ihres Spezialwissens in Asylsachen der in einem Unrechtsstaat, wie Usbekistan, drohenden Gefahren einer personenbezogenen Nachfrage, insb. aus dem Ausland, bei der Polizeibehörde des Heimatstaates, nicht bewusst. Diese seien offenkundig von einem dafür nicht ausreichend qualifizierten ‚Sachverständigen‘ vorgenommen worden, denn dieser sei mit einer Beachtung der daraus drohenden Gefahr offenkundig nicht vertraut, stelle er seine Expertisen im Regelfall nicht in Asylsachen, sondern in Wirtschaftssachen zur Verfügung bzw. seine Registrierung als gerichtlich beeideter Buchsachverständiger. Der BF sei auch deshalb zu Recht in Furcht vor Verfolgung bei Rückkehr. Des Weiteren irre die Behörde auch, wenn sie meint, dass die tatsächlich sehr engen Kontakte des BF zu den in Österreich bereits seit Jahren aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen irrelevant wären. Schließlich würdige die Behörde auch in keiner Weise die Integration des BF.

 

Am XXXX 2019 legte das BFA die Beschwerde samt Akt dem BVwG vor – eingelangt am XXXX 2019 – und beantrage, das BVwG möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.

 

Am XXXX 2021 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BVwG. Im Rahmen der Einvernahme legte der BF folgende Bescheinigungsmittel vor:

 Schreiben der MB Buchhaltung vom XXXX 2021;

 Lichtbilder eines Blumengeschäftes, das der BF betreibt;

 Lichtbilder betreffend die Angehörigen in Österreich;

 Lichtbilder von Aufenthaltstiteln von Personen, die mit dem BF verwandt sind;

 Schreiben von der Caritas vom XXXX 2021;

 Spendenauftrag an die Caritas vom XXXX 2019 sowie

 Länderbericht in englischer Sprache zur Situation in Usbekistan.

 

Mit Schreiben vom XXXX 2021 gewährte das BVwG dem BFA XXXX Parteiengehör im Rahmen einer Aufforderung zur Stellungnahme binnen einer Frist von einer Woche.

 

Mit Schreiben vom XXXX 2021 erklärte der Beschwerdeführer den im Spruch genannten Rechtsanwalt zu seiner Rechtsvertretung in seinen Verfahren. Außerdem bat er bezüglich Darstellung der Buchführung um eine Fristerstreckung.

 

Am XXXX 2021 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf Fristerstreckung.

 

Mit Schreiben vom XXXX 2021 übermittelte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen zum Blumengeschäft:

 Einnahmen/Ausgaben-Rechnung 2019 und 2020 von XXXX ;

 Einnahmen/Ausgaben-Rechnung 2019 und 2020 von XXXX ;

 Gewerbeberechtigungen beider Brüder mit Angabe der jeweiligen Geschäftsstandorte;

 Mietverträge bzw. Mietzahlungen;

 Versicherungsdatenauszug XXXX sowie

 ein Schreiben der Buchhaltungsfirma vom 01.03.2021 zur Darlegung der finanziellen Lage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer verwendet den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum. Seine Identität steht nicht fest. Er ist usbekischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Tadschikisch, darüber hinaus spricht er noch Usbekisch und Deutsch (B1-Niveau).

 

Der Beschwerdeführer ist in Samarkand, Usbekistan geboren und aufgewachsen. Vor seiner Ausreise aus Usbekistan wohnte er zuletzt in Samarkand, XXXX , im Dorf XXXX . Der BF besuchte in seinem Herkunftsstaat 10 Jahre lang die Mittelschule. Im Jahr 2000 schloss er die Schule ab. In weiterer Folge führte er ein Blumengeschäft und nahm unter anderem Dekorationen von Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten vor – von den Erlösen verdiente sich der BF seinen Lebensunterhalt. Im Rahmen seiner mehrjährigen Erwerbstätigkeit in Usbekistan konnte er Berufserfahrung sammeln.

 

Der Beschwerdeführer ist verheiratet (2004) und hat zwei Kinder (geboren 2005 und 2006). Sowohl die Ehefrau als auch die Kinder leben in Usbekistan. Die beiden Kinder halten sich beim Schwiegervater des BF im Dorf XXXX in Usbekistan auf. Die Ehefrau hält sich in dem Ort XXXX auf.

 

Am 30.05.2010 verließ der BF zuletzt seinen Herkunftsstaat. In weiterer Folge lebte der BF bis November 2015 in Moskau, bis er schließlich über die Ukraine nach Österreich kam. Den Großteil seines Lebens verbrachte der Beschwerdeführer bisher in seinem Herkunftsstaat.

 

In seinem Herkunftsstaat leben, abgesehen von seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern, sein Vater, drei Onkel mütterlicherseits sowie ein Bruder mit Ehefrau und drei Kindern. Kontakt hatte der BF zu seinem Vater zuletzt zu Sylvester 2020. Der BF steht in Kontakt mit in Usbekistan lebenden Familienangehörigen (insb. mit dem Schwiegervater, dem Bruder, den Kindern und der Ehefrau des Beschwerdeführers). Davon abgesehen hat der Beschwerdeführer in Usbekistan zu niemandem Kontakt.

 

Die Ehefrau des Beschwerdeführers reiste ihrerseits unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte im Juni 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz durch das Bundesamt abgewiesen. Außerdem wurde sie aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Usbekistan ausgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keinen schwerwiegenden oder chronischen Krankheiten, Medikamente nimmt der BF derzeit nicht.

Zum (Privat-)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Der Beschwerdeführer reiste im Herbst 2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen und schlepperunterstütz nach Österreich ein und hält sich seitdem durchgehend in Österreich auf. Am XXXX 2015 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen Asylantrag.

 

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Familienangehörige. Es leben seine Schwester mit ihrem Mann und ihren vier Kindern sowie zwei Brüder des BF im Bundesgebiet.

 

Der BF lebt an der Adresse XXXX . Er betreibt selbständig zwei Blumengeschäfte im Bundesgebiet, jenes in der XXXX seit 2018 und jenes in der XXXX , welches er im März 2020 von seinem Bruder übernommen hat, seit 2020. Zwischenzeitlich betreibt auch der Bruder des BF selbständig zwei Blumengeschäfte in Wien. Gelegentlich arbeiten der BF und der Bruder zusammen. Durch die gewonnenen Erlöse finanziert sich der BF seinen Lebensunterhalt. Er verfügt über die zum Betreiben der Blumengeschäfte erforderliche Gewerbeberechtigung.

 

Zu seiner im Bundesgebiet lebenden Schwester sowie zu seinem Bruder, der ebenfalls Blumengeschäfte betreibt, hat der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt.

 

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Usbekistan keiner konkreten und individuellen Gefahr ausgesetzt ist, aufgrund von Erpressungen mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

 

Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Usbekistan keiner konkreten und individuellen Gefahr ausgesetzt ist, aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.

 

Schließlich wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aufgrund der ihn betreffenden vorgenommenen Recherchetätigkeiten in seinem Herkunftsland droht.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Bei einer Rückkehr nach Usbekistan kann der Beschwerdeführer auf die Unterstützung von Familienangehörigen, insb. des Vaters, der Ehefrau und des Bruders des BF, zurückgreifen.

 

Der Beschwerdeführer wird im Falle der Rückkehr in der Lage sein, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft zu befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.

 

Ihm droht auch kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit und daher auch kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK).

Zur maßgeblichen Situation in Usbekistan:

 

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 23.11.2018 wiedergegeben:

 

1. Politische Lage

 

Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km², die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3 .2018; vgl. GIZ 9.2018a).

 

Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).

 

Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4 .2018a; vgl. GIZ 9.2018b).

 

Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3 .2018; vgl. AA 4 .2018a).

 

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4 .2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).

 

Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).

 

Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).

 

2. Sicherheitslage

 

Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive „Islamische Bewegung Usbekistans“ (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).

 

Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km² großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).

 

3. Rechtsschutz / Justizwesen

 

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).

 

Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).

 

Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).

 

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).

 

Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).

 

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4 .2018a).

 

Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen („Habeas-Corpus-Prinzip“). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4 .2018a).

 

4. Sicherheitsbehörden

 

Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).

 

Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).

 

Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018).

 

Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).

 

Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz „Über den Staatlichen Sicherheitsdienst“ und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).

 

Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).

 

Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).

 

Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle „Extremisten“. Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).

 

5. Folter und unmenschliche Behandlung

 

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018; FH 1.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).

 

Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 1.2018).

 

Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).

 

6. Korruption

 

Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).

 

Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS 20.4.2018). Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als „Opferlämmer“ wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).

 

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).

 

7. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

 

Nicht registrierte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind mit extremen Schwierigkeiten und Belästigungen konfrontiert (FH 1.2018). In Usbekistan sind mehrere Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung versucht, die Aktivitäten von NGOs zu kontrollieren. Die Rahmenbedingungen für eine unabhängige Zivilgesellschaft, insbesondere für Menschenrechtsverteidiger, sind weiterhin restriktiv. Die meisten lokalen NGOs sind gezwungen sich einer staatlich kontrollierten NGO-Vereinigung anzuschließen, die der Regierung eine weitreichende Aufsicht über deren Finanzierung und Aktivitäten erlaubt. Für Regelverstöße werden hohe Bußgelder verhängt. Auch für internationale NGOs, sind Sanktionen vorgesehen, wenn sie Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 20.4.2018).

 

Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell anerkannt. Vertreter von Ezgulik berichten, dass ihre Arbeit durch Schikanen, Einschüchterungen und Androhungen von Gerichtsverfahren gegen Mitarbeiter weiterhin behindert wird. Andere Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Alliance, Najot, das Humanitarian Legal Center, die Human Rights Society of Usbekistan, die Expert Working Group und Mazlum (Unterdrückte), konnten sich nicht registrieren, sind aber nach wie vor aktiv. Aktivisten berichten von anhaltender staatlicher Kontrolle und Belästigung. Es gibt Berichte, dass die Polizei und andere Sicherheitskräfte ohne Haftbefehle in die Häuser von Menschenrechtsaktivisten und Mitgliedern religiöser Gruppen eingedrungen sind (USDOS 20.4.2018).

 

1999 wurde in Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa zehn Prozent tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig (GIZ 9.2018b). Nach der gewaltsamen Niederschlagung einer Erhebung der Bevölkerung von Andischan im Ferganatal am 12./13.5.2005, bei der je nach Angaben 169 oder 500 bis 1000 Menschen ums Leben kamen, setzte eine Welle von „freiwilligen“ Schließungen von NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (GIZ 9.2018b). Erstmals seit sieben Jahren durfte im September 2017 eine offizielle Delegation von Human Rights Watch ihre erste Feldarbeitsbewertung in Usbekistan durchführen. Eine Reihe von internationalen Menschenrechtsbeauftragten, darunter der VN-Hochkommissar für Menschenrechte, durften ebenfalls das Land und die im Lauf des Jahres freigelassenen politischen Gefangenen besuchen (FH 1.2018).

 

Der Grad, in dem NGOs in der Lage sind, zu arbeiten, ist je nach Region unterschiedlich und abhängig von der Toleranz lokaler Beamter gegenüber den Aktivitäten der NGOs (USDOS 20.4.2018).

 

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

 

In Usbekistan herrscht Wehrpflicht für Männer ab dem 18. Lebensjahr (CIA 26.9.2018). Die Dienstzeit beträgt zwölf Monate (Brockhaus 13.11.2018).

 

Usbekistan befindet sich im Übergang zu einem Berufsheer, die Wehrpflicht soll aber in irgendeiner Form beibehalten werden. Da das Militär nicht jeden aufnehmen kann, herrscht bei der Aufnahme ein Wettbewerb ähnlich dem für die Zulassung zu Universitäten (CIA 26.9.2018).

 

9. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4 .2018a).

 

Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI-Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).

 

Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans „katastrophale“ Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten „schwarzen Liste“ der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).

 

Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN-Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).

 

Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).

 

Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4 .2018a).

 

9.1. Menschenhandel

 

Die Regierung Usbekistans erfüllt die Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht vollständig, unternimmt diesbezüglich jedoch erhebliche Anstrengungen und hat 2017 wichtige Erfolge erzielt (USDOS 28.6.2018).

 

Usbekistan ist Herkunfts- und Zielland für Männer, Frauen und Kinder, welche Zwangsarbeit ausgesetzt sind. Frauen und Kinder sind darüber hinaus Opfer von Sexhandel. Die systemische Mobilisierung von Kinderarbeit wurde zwar beseitigt, es gibt jedoch noch anekdotische Berichte über den Einsatz von Kinderarbeit. Die von der Regierung veranlasste Zwangsarbeit von Erwachsenen, einschließlich Mitarbeitern von Schulen und medizinischen Einrichtungen, während der Baumwollernte im Herbst sowie beim Pflanzen und Jäten im Frühjahr, wie auch in anderen Sektoren, bleibt bestehen. 2017 waren von schätzungsweise 2,6 Millionen Beschäftigten Pflückern 336.000 Zwangsarbeiter (USDOS 28.6.2018; vgl. HRW 18.1.2018).

 

Artikel 135 des Strafgesetzbuches straft den Arbeits- und Sexhandel und verordnet Freiheitsstrafen in der Höhe von drei bis fünf Jahren. Im vierten Jahr in Folge gingen die Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen und Verurteilungen zurück. Die Regierung führte 609 Ermittlungen durch. Darunter waren 204 Fälle von sexueller Ausbeutung und 32 Fälle von Arbeitsausbeutung enthalten. Es wurden 314 Fälle wegen Verbrechen im Zusammenhang mit Menschenhandel abgestraft. Das Innenministerium (MOI) unterhält eine Ermittlungseinheit, die sich mit dem Thema Menschenhandel befasst. Regierungsbeamte, Polizei, Richter und Mitglieder anderer Behörden nahmen an internen Schulungen und - in Zusammenarbeit mit NGOs internationalen Organisationen und ausländischen Regierungen - an Seminaren und Konferenzen zum Thema Menschenhandel teil (USDOS 28.6.2018).

 

Es existiert in Taschkent ein von der Regierung finanziertes Rehabilitationszentrum für Männer, Frauen und Kinder mit offiziellem Opferstatus. Dieses Zentrum bietet Unterkunft, medizinische, psychologische und rechtliche Unterstützung, sowie Hilfe bei der Arbeitsvermittlung an. 2016 wurde dort 460 Opfer unterstützt. Für das Jahr 2017 gibt es keine endgültigen Daten. Die Regierung stellt lokalen NGOs auch Mittel zur Verfügung, um Berufsausbildungen durchzuführen und Gesundheitsdienste für die Opfer zu erbringen, gewährt Steuervergünstigungen und die Nutzung von staatlichem Land (USDOS 28.6.2018).

 

Die usbekische NGO „Istiqbolli Avlod“ unterstützt in Zusammenarbeit mit United States Agency for International Development (USAID), der Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung, Opfer von Menschenhandel bei der Reintegration (U.S. Embassy 19.12.2017). Auch IOM Usbekistan arbeitet mit der NGO „Istiqbolli Avlod“ an der Umsetzung des von USAID finanzierten Programms zur Bekämpfung des Menschenhandels in Zentralasien (IOM 2.2016).

 

Das Programm bietet Opfern von Menschenhandel direkte Hilfe und schafft einen wirksamen Rahmen für die Unterstützung von Opfer von Menschenhandel durch ein Netzwerk von kooperativen Nichtregierungsorganisationen, wie auch internationalen und staatlichen Stellen (IOM 2.2016). Das Hilfsangebot umfasst psychologische Hilfe, medizinische Unterstützung, Rechtshilfe und Berufsausbildung für Überlebende und Frauen, welche vom Menschenhandel gefährdet sind (U.S. Embassy 19.12.2017). Weiters existiert eine Hotline für hilfsbedürftige Menschen (U.S. Embassy 19.12.2017; vgl. IOM 2.2016). Im Jahr 2015 eröffnete Istiqbolli Avlod ein Trainingszentrum für sozial schwache Frauen, welches Kurse in den Bereichen Kochen, Computerkenntnisse, Nähen und Kosmetik anbietet, um das Risiko der Exposition von Frauen gegenüber dem Menschenhandel zu verringern. Auch gibt es ein Schulungsangebot für Strafverfolgungsbehörden zur Identifizierung von Opfer von Menschenhandel (U.S. Embassy 19.12.2017).

 

10. Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, aber die Regierung respektiert diese Rechte nicht und schränkt sie ein (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Der Staat kontrolliert die wichtigsten Medien und die dazugehörigen Einrichtungen (FH 1.2018). Unabhängige Medien können aufgrund breiter staatlicher Kontrolle nicht frei arbeiten (USDOS 20.4.2018). Ein im Dezember 1997 verabschiedetes Mediengesetz regelt die Befugnisse und Pflichten von Journalisten. Obwohl die staatliche Zensur im Mai 2002 formal abgeschafft wurde, werden unabhängige Journalisten weiterhin schikaniert. Selbstzensur ist verbreitet (GIZ 9.2018b). In staatlichen Medien sind eigene Beamte für die Zensur zuständig (USDOS 20.4.2018). Print- und Rundfunkjournalisten sind bei ihrer Tätigkeit durch Polizei und Sicherheitsdienste Verhaftungen, Belästigungen wie auch Einschüchterungen und Einschränkungen ausgesetzt. Ausländische und inländische Medienunternehmen, sowie Websites müssen sich inklusive der Angaben von Namen ihrer Gründer, Chefredakteure und Mitarbeiter nach dem Mediengesetz behördlich registrieren (USDOS 20.4.2018). Mehrere ausländische Reporter erhielten 2017 Presseausweise und die British Broadcasting Corporation (BBC) kündigte Pläne an, einen Korrespondenten in Taschkent zu stationieren. Doch ist die Präsenz unabhängiger internationaler Niederlassungen sehr begrenzt. Einheimische Medien, einschließlich Nachrichten-Websites und neue Live-Fernsehprogramme, begannen 2017 vorsichtig über soziale Probleme zu diskutieren und lokale Beamte zu kritisieren, obwohl sie es weiterhin vermieden haben, die Regierung offen zu kritisieren (FH 1.2018).

 

Die Kritikmöglichkeit am Präsidenten und an der Regierung ist eingeschränkt. Die Straf- und Verwaltungsgesetze verhängen erhebliche Bußgelder wegen Verleumdung, Beleidigung und Diffamierung um Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und andere Personen, welche die Kritik an der Regierung übten zu bestrafen. Die öffentliche Beleidigung des Präsidenten gilt als Verbrechen, welches mit einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann (USDOS 20.4.2018).

 

Die Behandlung religiöser Themen steht unter strenger staatlicher Kontrolle. Der Import, die Produktion und der Besitz von religiöser Literatur - einschließlich des Korans und der Bibel - wird streng kontrolliert. Dazu gehört auch Daten auf Mobiltelefonen, Tabletts, PCs, Speichersticks und anderen elektronischen Geräten und Medien, wobei die Zensur durch den Ausschuss für religiöse Angelegenheiten des Staates obligatorisch ist. Verstöße gegen diese Einschränkungen können Haftstrafen nach sich ziehen. Zwischen August und September 2018 wurden mehrere Blogger, die über religiöse Rechte sprachen, festgenommen und mindestens acht von ihnen wurden zu Haftstrafen verurteilt (Forum 18 20.9.2018).

 

Durch verschiedene Reformen hat Präsident Mirziyoyev seit 2016 eine größere Toleranz gegenüber öffentlicher Kritik signalisiert und das Klima für die Äußerung persönlicher Ansichten zu sensiblen Themen bescheiden verbessert (FH 1.2018). Die Behörden haben einige Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung aufgehoben, erlauben eine mäßig kritische Berichterstattung der Medien und entließen mehrere Gefangene, die wegen politisch motivierter Anschuldigungen verurteilt wurden. Die Regierung hat jedoch die feste Kontrolle über den Zugang zu Informationen behalten. Unabhängige und internationale Medienplattformen, die als behördlich kritisch angesehen werden, bleiben unzugänglich (AI 22.2.2018).

 

Menschenrechtsaktivisten und politische Oppositionelle gehen davon aus, dass ihre Telefonate und Aktivitäten durch die Sicherheitsbehörden überwacht werden (USDOS 20.4.2018).

 

Eine Nutzung des Internets, einschließlich Social Media Seiten ist im allgemeinen erlaubt. Internetdienstanbieter blockieren jedoch routinemäßig, angeblich auf Ansuchen der Regierung, den Zugang zu Websites oder bestimmte Bereiche von Websites. Nach offiziellen Angaben nutzen rund 39 Prozent der Einwohner Usbekistans das Internet. Inoffizielle Schätzungen gehen von einem höheren Anteil aus (USDOS 20.4.2018). 1999 wurde ein Erlass verabschiedet, der alle Internet-Provider zwingt, ihre Verbindungen über einen staatlichen Server laufen zu lassen. Technischer Fortschritt ermöglicht es einigen Anbieter diese Auflage illegal zu umgehen (GIZ 9.2018b).

Nach staatlichen Angaben (Stand 1.1.2015) gibt es in Usbekistan 1.400 Massenmedien, darunter 970 Zeitungen und Zeitschriften, über 100 elektronische Medien (Nachrichtenagenturen, Fernseh- und Radiostudios, FM-Stationen etc.) und über 340 Internetmedien (GIZ 9.2018b).

 

11. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

 

Die von der Verfassung garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Regierung in der Praxis häufig eingeschränkt, die für Demonstrationen erforderlichen Genehmigungen werden oft nicht erteilt. Personen, die dagegen verstoßen werden mit hohen Bußgeldern, Drohungen, willkürlichen Haftstrafen und Missbrauch unter Druck gesetzt (USDOS 20.4.2018). Beschränkungen für die Durchführung friedlicher Demonstrationen wurden etwas gelockert (HRW 18.1.2018).

 

Der Gewerkschaftsbund wird vom Staat kontrolliert und es gibt keine wirklich unabhängigen Gewerkschaftsstrukturen. Organisierte Streiks sind extrem selten. Praktisch alle nicht genehmigten Versammlungen werden aufgelöst und Teilnehmer festgenommen (FH 1.2018).

 

Politischer Pluralismus wird in der Praxis nicht umgesetzt und als Gefährdung für die Stabilität und innere Sicherheit angesehen. Politische Gegner werden verfolgt (GIZ 9.2018b). Es gibt in Usbekistan derzeit keine zugelassenen, legalen außerparlamentarische Oppositionsparteien (FH 1.2018; vgl. GIZ 9.2018b). Nicht registrierte Oppositionsgruppen funktionieren hauptsächlich im Exil. Heimische Anhänger oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 1.2018). Illegale Oppositionsparteien und Bewegungen sind Birlik (Einheit), Erk (Gerechtigkeit) und Serquyosh O'zbekistonim (Sonnenschein Usbekistan). Der Vorsitzende der Partei Erk, einziger Gegenkandidat bei der Präsidentschaftswahl 1991, Muhammad Salih, lebt seit 1993 im Exil (GIZ 9.2018b). Der usbekische Staatssicherheitsdienst sieht Oppositionsparteien und politischen Aktivismus als nationales Sicherheitsrisiko (Eurasianet 3.4.218; vgl. Novastan 9.4.2018).

 

12. Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich aufgrund von Nahrungsmangel, schwerer Überbelegung, körperlichem Missbrauch und unzureichenden hygienischen und medizinischen Bedingungen, unter Umständen hart und lebensbedrohlich dar (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).

 

Inhaftierte Verdächtige und verurteile Gefängnisinsassen, insbesondere solche, die wegen ihres Glaubens verurteilt wurden, sind oft Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt (FH 1.2018). Häftlinge, die wegen des versuchten Umsturzes der verfassungsmäßigen Ordnung verurteilt worden sind, werden von den übrigen Häftlingen getrennt eingesperrt. Politische Gefangene werden in Zellen ohne ausreichender Belüftung festgehalten und sind im Winter Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und im Sommer um die 50°C ausgesetzt. Freigelassene politische Gefangene berichten von Folter. Internationale und nationale Menschenrechtsorganisationen schätzten, dass mehrere hundert bis zu tausend Personen aus politischen Gründen inhaftiert sind. Diese, von der Regierung geleugneten Angaben, sind nicht unabhängig überprüfbar. Politischen Häftlingen wird der Zugang von Menschenrechts- oder humanitären Organisationen, wie der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, verweigert (USDOS 20.4.2018).

 

Das Besuchsrecht ist häufig von der Zahlung eines Bestechungsgeldes an Beamte abhängig. Angehörige von Gefangenen, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen festgehalten werden, berichten von willkürlicher Verweigerung, Verzögerung und Verkürzung des Besuchsrechts. Ebenso werden Informationen über die Gesundheits- und Disziplinarunterlagen von Familienmitgliedern vorenthalten. Im Unterschied zu vorangegangenen Jahren wurden keine Fälle sexuellen Missbrauchs von Häftlingen gemeldet. Häftlinge sind nicht in der Lage ihr Recht auf freie Religionsausübung zu praktizieren (USDOS 20.4.2018).

 

Familienangehörige und NGOs berichten, dass manchmal Gefangene, insbesondere solche, die wegen religiösem Extremismus verurteilt wurden, nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden wegen Vorwürfen zusätzlicher Verbrechen, vagen Verstößen gegen Gefängnisregeln oder die Behauptung, dass die Häftlinge eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen würden, verlängert (USDOS 20.4.2018). Die Strafvollzugsbehörden setzten auch 2017 Artikel 221 des usbekischen Strafgesetzbuches über „Verstöße gegen die Strafvollzugsordnung“ ein, um Strafen für politische Gefangene willkürlich zu verlängern (HRW 18.1.2018).

 

Beamte der Gefängnisverwaltung berichten, dass es in den Gefängnissen ein Tuberkuloseprogramm (TB), ein HIV/AIDS-Behandlungs- und Präventionsprogramm und die Behandlungsmöglichkeit für Hepatitispatienten gibt. Die TB-Infektionsrate ist weiterhin hoch, Hepatitis ist nicht in hoher Zahl vorhanden. Berichte über solche Behandlungen kann nicht unabhängig verifiziert werden, da der Zugang zu solchen Einrichtungen häufig verweigert wird (USDOS 20.4.2018).

 

Unabhängigen Beobachtern wird von den Behörden der Zugang nur zu bestimmten Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Jugend- und Frauengefängnisse sowie Gefängnisansiedlungen, gestattet. Vom 15. bis 19. September besuchte UNICEF gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft das Gefängnis für jugendliche Straftäter (Jugendkolonie) und zwei Justizvollzugsanstalten. Das Internationale Komitee für das Rote Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht. Im Oktober besuchte der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Ahmed Ahmed Shaheed, das Hochsicherheitsgefängnis Jaslyk (USDOS 20.4.2018).

 

13. Todesstrafe

 

Usbekistan hat mit Wirkung vom 1.1.2008 die Todesstrafe gesetzlich für alle Verbrechen abgeschafft (AA 4 .2018a; vgl. AI 12.4.2018).

 

14. Religionsfreiheit

 

Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion (AA 4 .2018a). Die Verfassung sieht die Freiheit der Religion oder des Glaubens und die Trennung von Regierung und Religion vor. So sind politische Parteien auf der Grundlage religiöser Prinzipien verboten. Gesetzliche Einschränkungen religiöser Rechte sind zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der Gesellschaftsordnung und Moral erlaubt (USDOS 29.5.2018).

 

Zwischen 88 und 93 Prozent der usbekischen Bevölkerung sind Muslime, größtenteils Sunniten der hanefitischen Rechtsschule. Etwa ein Prozent der Bevölkerung, Aserbaidschaner (Aseri) mit regionalen Zentren in Buchara und Samarkand sind Schiiten der dschaferitischen Rechtsschule (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018). In der autonomen Republik Karakalpaken ist der sufistisch geprägte Volksislam von großer Bedeutung (Brockhaus 13.11.2018). Zwischen vier und neun Prozent der Bevölkerung sind russisch-orthodox, die restlichen rund drei Prozent umfassen römische Katholiken, ethnisch koreanische Christen, Baptisten, Lutheraner, Siebenten-Tags-Adventisten, Evangelikale, Pfingstler, Zeugen Jehovas, Buddhisten, Bahais, Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein, Neuapostolische, Armenier und christliche Kirchengemeinden, sowie eine interkonfessionelle Bibelgesellschaft wie auch Atheisten (USDOS 29.5.2018; vgl. Brockhaus 13.11.2018; HRC 22.2.2018). Russisch-Orthodoxe, Juden, Protestanten und Katholiken existieren in einer toleranten Atmosphäre unter der überwältigenden muslimischen Bevölkerung. Alle anderen religiösen Gruppen und Missionare sind verboten und werden unterdrückt (BTI 2018).

 

Religiöse Gruppen sind verpflichtet sich zu registrieren, religiöse Aktivitäten nicht registrierter Gruppen sind illegal (USDOS 29.5.2018). Es gibt in Usbekistan, verteilt auf 16 Konfessionen, 2.242 registrierte religiöse Vereinigungen, 2.068 dieser Vereinigungen sind sunnitische Gruppen. (HRC 22.2.2018).

 

Öffentliche Predigten und Missionierung werden eingeschränkt, religiöse Literatur zensiert und der erlaubte private Besitz von religiösen Materialien ist beschränkt. Eine Reihe religiöser Gruppen wird als „extremistisch“ verboten. Razzien nicht registrierter religiöser Treffen, legale und illegale Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen verbotenen religiösen Materials durch Strafverfolgungsbeamte führen zu Geldstrafen, Korrekturarbeit und Gefängnisstrafen (USDOS 29.5.2018).

 

Neben nicht registrierten sind auch registrierte Glaubensgruppen von Repressalien, Razzien, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen religiöser Literatur durch Polizei und Geheimpolizei betroffen (Forum 18 11.9.2017). Am 17.5.2018 führte die Polizei eine Durchsuchung einer staatlich registrierten Baptistenkirche in Uchkuduk durch und beschlagnahmte christliche Bücher, welche zuvor von der staatlich registrierten Bibelgesellschaft Usbekistans gekauft wurden. Der Pastor wurde wegen „illegaler Herstellung, Lagerung oder Einfuhr religiösen Materials nach Usbekistan, mit der Absicht dieses zu verteilen“ zu einer Geldstrafe verurteilt. Seit Juli 2018 wurden rund 50 Fälle bekannt, in denen die Sicherheitsbehörden auf Eltern Druck ausübten, um sie dazu zu bringen, ihre unter 18 Jahre alten Kinder davon abzuhalten, Moscheen zu besuchen.

Am 30.9.2018 führten Beamte ohne Durchsuchungsbefehl eine Razzia in einem evangelischen Zentrum im Bostanlyk Distrikt durch, beschlagnahmten zahlreiche Gegenstände des Kirchenbesitzes und übten starken psychologischen Druck auf die Gläubigen aus. (Forum 18 19.10.2018).

 

Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA 4 .2018a). Inoffizielle islamistische Strömungen werden entschieden verfolgt, auch im Ausland (GIZ 9.2018c). Die Regierung führt eine „schwarze Liste“ von Personen, die der Zugehörigkeit zu nicht registrierten oder extremistischen Gruppen verdächtigt werden. Diese Personen sind von verschiedenen Berufen und von Reisen ausgeschlossen und müssen sich regelmäßig für polizeiliche Verhöre melden. Im August 2017 wurde die Reduzierung der Gesamtzahl der Personen auf der „schwarzen Liste“ von 17.582 auf 1.352 angekündigt (HRW 18.1.2018).

 

Die Regierung verhängte strenge Strafen für Personen, die außerhalb von zugelassenen Orten beten. Religiöse Gruppen und Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass bewaffnete Strafverfolgungsbeamte weiterhin Treffen nicht registrierter Gruppen überfallen und deren Mitglieder festnehmen. Die Gerichte verurteilen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheitengruppen zu Verwaltungshaft (USDOS 29.5.2018; vgl. AI 22.2.2018). Tausende religiöse Muslime, die ihre Religion außerhalb der strengen staatlicher Kontrollen ausüben, bleiben wegen vager Anschuldigungen des Extremismus inhaftiert. Im April 2017 wurden auch vier protestantische Männer zu kurzen Haftstrafen verurteilt, weil sie sich zur Anbetung in einem Heim getroffen hatten (HRW 18.1.2018). Treffen von Hausgemeinden sind oft das Ziel von Razzien und die dort Anwesenden werden dann belästigt, eingesperrt, verhört oder bekommen Geldstrafen; wenn in den Räumlichkeiten religiöses Material gefunden wird, wird es konfisziert und zerstört. Christen aus protestantischen Freikirchen zählen nach christlichen Konvertiten zur am zweitstärksten verfolgten Gruppe (OD o.D.).

 

Es gab keine Berichte über antisemitische Handlungen oder Diskriminierung von Juden. Die jüdische Gemeinde konnte zwar nicht die Anforderungen für die Registrierung einer zentralen Organisation erfüllen, doch es gibt acht registrierte jüdische Gemeinden. Die jüdische Bevölkerung, welche sich hauptsächlich auf Taschkent, Samarkand, das Fergana-Tal und Buchara konzentriert, wird auf bis zu 10.000 Personen geschätzt. Ihre Zahl ging aufgrund von Auswanderung, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, zurück (USDOS 20.4.2018).

 

15. Ethnische Minderheiten

 

Die Bevölkerung von circa 32,05 Millionen Einwohnern setzt sich aus etwa 100 Ethnien zusammen. Davon sind circa 80 Prozent Usbeken, 5 bis 5,5 Prozent Russen, 5 Prozent Tadschiken, 3 Prozent Kasachen, 2,5 bis 3 Prozent Karakalpaken, 1,5 Prozent Tataren. Sonstige Ethnien umfassen beispielsweise Kirgisen, Turkmenen, Koreaner, Ukrainer, Armenier und Deutsche (AA 3 .2018; vgl. CIA 26.9.2018).

 

Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten sind selten (USDOS 20.4.2018).

 

Die meist gesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3 Prozent), Russisch (14,2 Prozent) und Tadschikisch (4,4 Prozent). 7,1 Prozent der Bevölkerung sprechen eine andere als diese drei Sprachen. In der autonomen Republik Karakalpakstan sind sowohl die karakalpakische als auch die usbekische Sprache Amtssprachen (CIA 26.9.2018).

 

15.1. Tadschiken, Staatenlose und Flüchtlinge

 

Usbekistan ist das einzige Land in Zentralasien und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), welches das Übereinkommen von 1951 über die Rechtsstellung von Flüchtlingen und dessen Protokoll von 1967 nicht unterzeichnet hat (UNHCR 5.2018). Im Mai 2017 unterzeichnete Präsident Mirziyoyev ein Dekret, zur Verfahrensgenehmigung zu politischem Asyl auf der Grundlage der allgemein anerkannten Grundsätze und Normen des Völkerrechts sowie der Verfassung und der Gesetze Usbekistans (UzDaily 31.5.2017). Darüber hinaus gibt es keine nationalen Gesetze, Strukturen oder Mechanismen für den Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen. Asylbewerber und Flüchtlinge im Land gelten daher als Migranten und werden nach der entsprechenden Migrationsgesetzgebung behandelt (UNHCR 5.2018).

 

Seit der Schließung des usbekischen UNHCR-Büros im Jahr 2006 wurden humanitäre Aktivitäten im Land auf der Basis eines Übereinkommens zwischen der Regierung und der United Nations Development Programme’s Refugee Support Unit (UNDP/RSU) in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR Regionalbüro in Almaty, Kasachstan durchgeführt (UNHCR 5.2018). Die Regierung erkennt UNHCR-Mandatsbescheinigungen nicht als Grundlage für einen verlängerten rechtmäßigen Aufenthalt an. Personen mit UNHCR-Mandat müssen entweder ein Touristenvisum oder eine Aufenthaltserlaubnis beantragen und sind einer möglichen Abschiebung ausgesetzt. Aufenthaltsgenehmigungen sind nur schwer erhältlich (USDOS 20.4.2018).

 

Die Regierung betrachtet die UNHCR Mandatsflüchtlinge aus Afghanistan und Tadschikistan als Wirtschaftsmigranten und die Flüchtlinge waren manchmal Belästigungen und Forderungen zur Zahlung von Bestechungsgeldern an Beamte ausgesetzt. Die meisten Flüchtlinge aus Tadschikistan sind ethnische Usbeken, welche sich, im Gegensatz zu den Flüchtlingen aus Afghanistan, in den Gemeinden integrieren und Unterstützung durch die lokale Bevölkerung erhalten. (USDOS 20.4.2018).

 

Einige Flüchtlinge aus Tadschikistan sind offiziell staatenlos oder gefährdet, offiziell staatenlos zu werden, da viele nur alte sowjetische Pässe und weder tadschikische noch usbekische Pässe besitzen. Kinder, von zwei staatenlosen Eltern, können die usbekische Staatsbürgerschaft erhalten, wenn beide Eltern eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen (USDOS 20.4.2018).

 

Es leben schätzungsweise 3.000 staatenlose Personen in Usbekistan, besonders in den Provinzen Khorezm, Buchara, Sirdaryo und Qashkadaryo, sowie in der autonomen Republik Karakalpakstan. Es handelt sich dabei mehrheitlich um Frauen, die vor der Unabhängigkeit des Landes 1991 im benachbarten Turkmenistan geheiratet und dort gelebt haben. Es gibt Berichte, dass ethnischen Tadschiken, unter dem Vorwurf des Betrugs die usbekische Staatsbürgerschaft entzogen wurde, wodurch diese Personen staatenlos wurden (USDOS 20.4.2018).

 

16. Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland, jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt (USDOS 20.4.2018). Für den Umzug in eine neue Stadt ist eine Genehmigung erforderlich und häufig werden Bestechungsgelder gezahlt, um erforderliche Dokumente zu erhalten (FH 1.2018). Für den Umzug nach Taschkent ist beispielsweise eine behördliche Aufenthaltsgenehmigung oder der Erwerb einer Immobilie notwendig. Nicht registrierte Personen in Taschkent erhalten keine städtischen Dienstleistungen, können nicht legal arbeiten, ihre Kinder nicht zur Schule schicken und erhalten keine routinemäßige medizinische Versorgung (USDOS 20.4.2018).

 

Bürger Usbekistans sind verpflichtet für Reisen außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Ausreisevisa zu beantragen (USDOS 20.4.2018; vgl FH 1.2018). Generell gewährt die Regierung Bürgern und Ausländern mit Daueraufenthaltsberechtigung die erforderlichen Ausreisevisa, um außerhalb der GUS zu reisen oder um auszuwandern. Ein Visum kann jedoch auch verweigert werden, wobei die Bestimmungen dafür schlecht definiert sind und Bescheide nicht angefechtet werden können. Der Verstoß gegen die Ein- und Ausreisebestimmungen wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bedroht (USDOS 20.4.2018). Präsident Mirziyoyev kündigte an, dass die Ausreisevisa bis Jänner 2019 abgeschafft werden sollen (FH 1.2018; vgl. AI 22.2.2018; HRW 18.1.2018).

 

Dennoch wurde die Reisefreiheit von neu entlassenen Häftlingen, welche aus politischen Gründen verurteilt worden waren eingeschränkt und einige ehemalige Häftlinge wurden daran gehindert, für eine dringende medizinische Behandlung ins Ausland zu reisen (AI 22.2.2018).

 

17. Grundversorgung und Wirtschaft

 

Auch im 27. Jahr seiner Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan noch im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. Allerdings ist es das erklärte Ziel der Regierung, Wirtschaftsliberalisierung, Privatisierungen und Strukturreformen nun endlich voranzutreiben, um das Land attraktiver für ausländische Investitionen zu machen. Im September 2017 wurde daher u.a. eine Liberalisierung des bislang sehr restriktiven Devisenbewirtschaftungssystems eingeleitet. Außerdem wurden neue Sonderwirtschaftszonen ausgerufen, Zölle und Handelsbeschränkungen abgebaut. Bereits seit Längerem gibt es Förderprogramme für kleinere und mittlere Unternehmen (AA 4 .2018b).

 

Das BIP wuchs 2017 um ca. 5,3 Prozent. Wichtigste Wirtschaftszweige Usbekistans sind die Industrie, der Bergbau und die Landwirtschaft. Der Industriesektor ist offiziellen Angaben zufolge 2017 um 1,5 Prozent gewachsen. Hauptindustriezweige sind die Brennstoffindustrie (Gasverarbeitung), Maschinenbau, Metallverarbeitung, und Elektrotechnik (in dieser Gruppe insbesondere die Auto-Industrie mit ihrem Aushängeschild, dem Werk „GM-Uzbekistan“ im Ferganatal), die Leichtindustrie (v.a. Textil) sowie das Hüttenwesen (Metallurgie). Usbekistan ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Kupfer, Uran, Kohle und Erdgas. Gleichwohl gehört Usbekistan zu den ärmsten Ländern der GUS. Mit einem Bruttonationaleinkommen pro Kopf von 1.520,5 US-Dollar - das nominelle Bruttoinlandsprodukt betrug laut offizieller usbekischer Statistik im Jahr 2017 48,8 Mrd. US-Dollar - zählt Usbekistan zu den “lower middle income“ Ländern der Weltbank-Klassifikation. Größter Handelspartner Usbekistans ist China mit einem Anteil von 18,5 Prozent am gesamten Außenhandel (AA 4 .2018b). Wichtigster Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft mit ca. 60 Prozent der Beschäftigten und einem Anteil von ca. 30 Prozent am BIP (GIZ 8.2018a).

 

Erhebliche Teile der Bevölkerung sind nach wie vor von Armut bedroht. Die staatlichen Gehälter und Renten sind sehr niedrig. Viele Familien würden nicht überleben, wenn sie keine Überweisungen von ihren im Ausland tätigen Verwandten erhalten würden (BTI 2018). Der Lebensstandard der Bevölkerung ist niedrig, etwa 17 Prozent der Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze (Brockhaus 13.11.2018).

 

17.1. Sozialsystem

 

Usbekistan hat versucht trotz des Systemwechsels ein dichtes soziales Netz aufrechtzuerhalten. Zwischen 1991 und 1994 fand eine schrittweise Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems statt, in deren Verlauf die Ausgaben den verminderten finanziellen Möglichkeiten des Staates angepasst wurden. Seit 1995 ist der Staat bemüht, die Zielgenauigkeit der Sozialleistungen zu verbessern, d.h. allgemeine staatliche Zuwendungen aufzugeben zugunsten von Hilfen für wirklich bedürftige Gruppen. Diese Ziele wurden v.a. durch vier sozialpolitische Komponenten verfolgt (GIZ 9.2018c).

 

1. Das Mahalla-System

 

Die usbekische Regierung schuf das Mahalla-System zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen (GIZ 9.2018c).

 

2. Unterstützung für Mütter und Kinder

 

Für Familien mit Kindern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, gibt es weitere Möglichkeiten, öffentliche Unterstützung zu erhalten, wie Einmalzahlung zur Geburt eines jeden Kindes (zweifacher Mindestlohn), Kindergeld (für unter zweijährige in 1,5facher Höhe des Mindestlohnes), Extra-Leistungen und Steuerermäßigungen für Familien mit behinderten Kindern, Unterstützungszahlungen für Kinder unter 16 Jahren (50 Prozent des Mindestlohns für das erste Kind, 100 Prozent für das zweite Kind, 140 Prozent für das dritte Kind und 170 Prozent ab dem vierten Kind) und materielle Leistungen für bedürftige Familien, z.B. Winterkleidung für Kinder (GIZ 9.2018c). Im Falle einer Mutterschaft werden 100 Prozent des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin bezahlt. Im Fall von Komplikationen oder Mehrfachgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter, die unter zwei jährige Kinder betreuen erhalten 200 Prozent des monatlichen Mindestlohns, während Mütter für die Betreuung eines Kindes zwischen zwei und drei Jahren unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Der monatliche Mindestlohn beträgt 149.775 Soms (Stand Oktober 2016) (SSA 3.2017).

 

3. Das Pensionssystem

 

Die arbeitende Bevölkerung kommt für den Unterhalt der Pensionsbezieher auf. Anspruch auf Pension haben Alte (Männer ab 60, Frauen ab 55 Jahren), Arbeitsunfähige und Familien, die den Ernährer verloren haben (GIZ 9.2018c). Die Rente wird einkommensabhängig ausgezahlt und beträgt 55 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes von fünf aufeinander folgenden Jahren in den letzten zehn Jahren, für Versicherte mit hohem und mittlerem Einkommen. Personen mit niedrigem Einkommen, erhalten die minimale monatliche Altersrente. Unter niedrigem Einkommen versteht man ein durchschnittliches Monatseinkommen unter der monatlichen Mindestrente. Mit Stand Oktober 2016 beträgt die minimale monatliche Rente 292.940 Soms. Die Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2017). Die Pensionen sind zwar im Verhältnis zum vorherigen Einkommen großzügig bemessen, können aber angesichts sehr niedriger Gehälter und Löhne kein Existenzminimum sichern. Derzeit arbeitet die Regierung an einer umfassenden Rentenreform, die auch Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge miteinbeziehen soll (GIZ 9.2018c).

 

Es gibt auch eine Invalidenrente, die nach drei Invaliditätskategorien ausbezahlt wird: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und ständige Anwesenheit), Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und nicht ständige Anwesenheit) und Gruppe III (Teilinvalidität und Arbeitsunfähigkeit). Personen in den Invaliditätsgruppen I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit bei Männern und weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit bei Frauen 55 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Bei mehr Erwerbsjahren sind es 100 Prozent. Personen in der Invaliditätsgruppe III erhalten 30 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Die monatliche Mindestrente für Personen der Invaliditätsgruppen I und II beträgt 100 Prozent der monatlichen Mindestrente von 292,940 Soms, für Personen in der Invaliditätsgruppe III sind es 50 Prozent (SSA 3.2017).

 

4. Arbeitslosenunterstützung

 

Schon kurz nach der Unabhängigkeit führte die usbekische Regierung einen Beschäftigungsfond ein, der aus den Beiträgen der Arbeitnehmer in Höhe von 2,5 Prozent des Lohnes finanziert wird. Die Unterstützung, die Arbeitslose aus diesem Fonds erhalten, ist so gering, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen die Auszahlung überhaupt beantragt (GIZ 9.2018c). Um sich für Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die Person in den letzten zwölf Monaten mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als Arbeitssuchender registrieren. Weitere Voraussetzungen sind Arbeitsfähigkeit und -willigkeit, und dass kein Einkommen aus einer Beschäftigung erarbeitet wird. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder beendet werden, wenn der Versicherte wegen eines Verstoßes gegen die Arbeitsdisziplin entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne wichtigen Grund beendet hat, die Bedingungen für eine Arbeitsvermittlung oder Berufsausbildung verletzt wurde oder betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat (SSA 3.2017).

 

Im Falle von Krankheit gibt es finanzielle Unterstützung für Bürger Usbekistans, die in Beschäftigungsverhältnis stehen, sich in der Aus- und Weiterbildung befinden oder registrierte Arbeitslose sind. Im Krankheitsfall beläuft sich die Unterstützung auf 60 Prozent des letzten Monatsgehalts bei weniger als acht Jahren ununterbrochener Beschäftigung und 80 Prozent bei über acht Jahren Beschäftigung (SSA 3.2017).

 

Der Anteil der Sozialausgaben am öffentlichen Haushalt ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten konstant geblieben. Berücksichtigt man allerdings das gesunkene BIP, ergibt sich absolut betrachtet eine Abnahme der öffentlichen Sozialleistungen. Der Staat fühlt sich also nach wie vor zur sozialen Fürsorge verpflichtet, kann der weitverbreiteten Bedürftigkeit aber aufgrund beschränkter Mittel und zu wenig zielgerichteter Verteilung nicht nachkommen. Die Zahlen zu unter- und fehlernährten Kindern sprechen hier eine deutliche Sprache (GIZ 9.2018c).

 

18. Medizinische Versorgung

 

Die Gesundheitsversorgung ist unterfinanziert. Das in der Sowjetunion relativ leistungsfähige, stark zentralisierte und subventionierte Gesundheitswesen ist kaum noch in der Lage eine ausreichende flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Armutsbezogene Krankheiten, wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch. Einige unabhängige Experten schlagen Alarm und weisen auf katastrophale Zustände im Gesundheitssystem des Landes hin (GIZ 9.2018c).

 

Das staatliche Gesundheitssystem besteht aus drei hierarchischen Ebenen: der nationalen (republikanischen) Ebene, der Viloyat- (regionalen) Ebene und der lokalen Ebene, die sich aus ländlichen Tumanen (Bezirken) oder Städten zusammensetzt. Daneben existiert ein relativ kleiner Privatsektor (BDA 22.9.2017).

 

Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern freien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Öffentliche Primärgesundheitszentren gewährleisten eine flächendeckende Versorgung mit staatlich garantierter Heil- und Vorsorgepflege. Das von der Regierung garantierte Grundleistungspaket umfasst die Grundversorgung, die Notfallversorgung, die Versorgung unter sozial schwierigen und gefährlichen Bedingungen (insbesondere bei schweren, übertragbaren Krankheiten sowie bei einigen nicht übertragbaren Krankheiten, wie schlechte psychische Gesundheit und Krebs) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, die von der Regierung als gefährdet eingestuft werden. Medikamente, die während der stationären Versorgung verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für von der Regierung deklarierte Bevölkerungsgruppen, wie Veteranen des Zweiten Weltkriegs, HIV/AIDS-Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs, sowie bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Rentner, kostenlos (BDA 22.9.2017).

 

Da das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz von formellen Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).

 

Aufgrund finanzieller Probleme ist der Standard des staatlichen Gesundheitswesens, besonders in den ländlichen Regionen, stark beeinträchtigt. 2014 kamen durchschnittlich auf 1.000 Einwohner 2,7 Ärzte und 4,4 Krankenhausbetten. (Brockhaus 13.11.2018).

 

Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung und sieht eine kostenlose Gesundheitsversorgung vor. Personen, von denen bekannt wurde, dass sie HIV-positiv sind, berichteten über darauffolgende soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 20.4.2018).

 

LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle/Transgender und Intersexuelle) Aktivisten berichteten, dass Krankenstationen die persönliche Geschichte von HIV-infizierten Patienten überprüften und sie als Drogenabhängige, Homosexuelle oder an Prostitution beteiligte Personen einstuften. Diejenigen, die den Aktenvermerk „homosexuell“ erhielten, wurden zur polizeilichen Überprüfung verweisen, da Homosexualität zwischen Männern eine Straftat ist (USDOS 20.4.2018).

 

19. Rückkehr

 

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist in Usbekistan mit dem Assisted Voluntary Return and Reintegration Programm (AVRR) zur unterstützten freiwilligen Rückkehr und Reintegration aktiv. In den Jahren 2016 und 2017 haben jeweils weniger als 100 usbekische Staatsbürger Leistungen im Rahmen des AVRR-Programms in Anspruch genommen (IOM 2017; vgl IOM 2018).

 

Bis Ende 2014 gab es keine konkreten Beweise für Verhaftungen oder Verurteilungen von nach Usbekistan zurückgekehrten Asylbewerbern, ohne politischen oder religiösen Hintergrund. Im Dezember 2014 wurden sechs ehemalige Asylbewerber, die aus Norwegen nach Usbekistan zurückkehrten, wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt. Seit der Amtsübernahme von Präsident Mirziyoyev im Dezember 2016 wurden einige Veränderungen zum Besseren beobachtet (Landinfo 18.4.2018). Präsident Mirziyoyev hat sich auch an die große usbekische Diaspora gewandt und sie aufgefordert, zurückzukehren und die wirtschaftliche Liberalisierung des Landes zu unterstützen (Euromoney 4.10.2018).

 

Im Jahr 2015 kehrten 300.000 bis 350.000 Arbeitsmigranten aus Russland nach Usbekistan zurück. Da die Behörden wegen der Massenrückkehr von Bürgern, die keine Arbeit finden konnten ernste soziale Spannungen befürchteten, wurde einerseits ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen genehmigt, andererseits das Überwachungssystem für zurückkehrende Bürger verstärkt. Insbesondere die Mahalla-Kommitees berichteten über die Bürger. Dieses Klima hat dafür gesorgt, dass viele Arbeitsmigranten wieder nach Russland zurückkehrten (Regnum 14.8.2017).

 

Die usbekischen Behörden versuchen Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten zu schaffen. Der stellvertretende Minister für Arbeit und Sozialschutz, Furkat Khalilov, erinnerte in einem Interview mit der RIA Novosti daran, dass 2015 für Wanderarbeiter, die in ihre Heimat zurückkehren wollten 409.500 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ein spezielles Regierungsprogramm liefert in sieben Regionen des Landes Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten. Gleichzeitig erhalten sie Unterstützung von der Regierung und Kleinkredite von Geschäftsbanken (Stan Radar 3.2.2017).

 

Der prominente usbekische Menschenrechtsaktivist und Kritiker des verstorbenen Präsidenten Islam Karimow ist am 26.9.2018, nach mehr als einem Jahrzehnt im Exil in Frankreich, nach Usbekistan zurückgekehrt. Beamte der usbekischen Botschaft in Paris haben ihn Mitte August kontaktierten, um ihm mitzuteilen, dass er mit einem Jahresvisum nach Usbekistan zurückkehren kann. Ihm wurde 2014 die usbekische Staatsbürgerschaft aberkannt (RFE/RL 27.9.2018).

 

Die Behörden haben weiterhin Rückführungen usbekischer Staatsangehöriger, welche als Bedrohung für die „verfassungsmäßige Ordnung“ oder die nationale Sicherheit angesehen werden, erzwungen. Einerseits durch Auslieferungsverfahren, andererseits durch Entführungen durch NSS-Offiziere. Die Entführten oder anderweitig zurückgeholten Personen werden in Isolationshaft genommen, gefoltert oder anderweitig misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer zu erzwingen. In vielen Fällen drängten die Sicherheitskräfte die Angehörigen dazu, keine Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen zu suchen oder Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen einzureichen (AI 22.2.2018).

 

2. Beweiswürdigung

 

Beweis wurde erhoben durch:

- Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in das Protokoll der Erstbefragung vom XXXX 2015, in die niederschriftliche Einvernahme vom XXXX 2019 und XXXX 2019, in die Anfragebeantwortungen vom XXXX 2019, XXXX 2019 sowie vom XXXX 2019, in die Beschwerde vom XXXX 2019 sowie in die Dokumentenvorlage vom XXXX 2021;

- Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zu Usbekistan (23.11.2018);

- Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegten Integrationsunterlagen;

- Einvernahme des Beschwerdeführers am XXXX 2021;

- Einsichtnahme in den Bescheid der XXXX , Aktenzahl: XXXX ;

- Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister;

- Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister;

- Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria sowie

- Einsichtnahme in das Strafregister.

 

Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Zur Identität des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass er im Verfahren keine geeigneten und unbedenklichen Dokumente vorlegte, um die Feststellung seiner Identität treffen zu können. Nach Ansicht des Gerichts reichen seine Angaben alleine nicht aus, um die Feststellung der Identität darauf stützen zu können. Die vorliegenden Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten daher ausschließlich zur Identifizierung seiner Person im Asylverfahren.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinem Leben in Usbekistan – insb. zu seiner Schulbildung sowie zu seiner Tätigkeit als Blumenhändler in seinem Herkunftsstaat – gründen auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des BF zu zweifeln.

 

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben vor dem BVwG. Seine Deutschkenntnisse fußen auf dem Prüfungszeugnis (B1-Niveau) des Österreichischen Integrationsfonds vom XXXX 2017 (Prüfungsdatum) sowie auf einer kurzen Befragung des BF auf Deutsch vor dem BVwG am XXXX 2021.

 

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist und zwei in Usbekistan lebende Kinder hat, gründen auf seinen dahingehenden glaubhaften Aussagen im Rahmen der mündlichen Einvernahme vor dem BVwG.

 

Die Feststellungen zu seiner Ausreise aus Usbekistan nach Moskau und zu seinem dortigen Aufenthalt sowie zur Reise nach Österreich ergeben sich aus seinen im Verfahren getätigten im Wesentlichen gleichbleibenden sowie in Einklang zu bringenden Angaben.

 

Die Feststellung zu den in Usbekistan lebenden Familienangehörigen sowie zum Kontakt zu diesen fußt auf seinen diesbezüglich glaubhaften Schilderungen im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BVwG.

 

Die Feststellung, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ihrerseits bereits in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, ergibt sich aus dem gegen sie erlassenen Bescheid vom XXXX 2010.

 

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers fußt auf seinen dahingehenden glaubhaften Angaben vor dem BVwG, jene zur Arbeitsfähigkeit des BF stützt sich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer sowohl im Herkunftsland, als auch im Bundesgebiet als Betreiber eines Blumengeschäftes tätig war bzw. ist. Vorbringen, wonach der BF nur eingeschränkt oder überhaupt nicht arbeitsfähig wäre, hat er bis dato nicht erbracht. Selbiges gilt für den derzeitigen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.

 

Zum (Privat-)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

 

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers in Österreich sowie zur Asylantragstellung ergeben sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

 

Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (zwei Brüder und eine Schwester), insb. zum Bruder XXXX , der ebenso als Florist in Österreich tätig ist, fußen auf seinen dahingehenden glaubhaften Schilderungen vor dem BVwG.

 

Die Wohnsituation des Beschwerdeführers, seine berufliche Tätigkeit als Betreiber von Blumengeschäften in Österreich, wofür er auch eine Gewerbeberechtigung hat, sowie die Feststellungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ergeben sich einerseits aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BVwG und andererseits aus dem eingeholten Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem, aus der vorgelegten Einnahmen/Ausgaben-Rechnung 2019 und 2020 betreffend den BF, aus dem Versicherungsdatenauszug sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

 

Dass der Beschwerdeführer zu seiner in Österreich lebenden Schwester sowie zu seinem Bruder Kontakt hat, beruht auf seinen diesbezüglichen glaubhaften Ausführungen vor dem BVwG.

 

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ist aus einem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug ersichtlich.

 

Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Zum Zweck der Glaubhaftmachung ist der Beschwerdeführer verpflichtet, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und hat er diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auf seine Glaubhaftigkeit hin zu überprüfen. Im Zuge dieser Überprüfung ist auch auf das Kriterium der persönlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers abzustellen. Diese persönliche Glaubwürdigkeit kann dadurch eingeschränkt werden, wenn der Beschwerdeführer sein Vorbringen auf ge- oder verfälschte Beweismittel stützt, wichtige Tatsachen verheimlicht bzw. diese bewusst falsch darstellt, sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet, kein Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Hinzu kommt, dass das Vorbringen genügend substantiiert sein muss. Ungenügende Substantiierung ist dann gegeben, wenn der Beschwerdeführer den Sachverhalt sehr vage schildert, seine Angaben auf Gemeinplätze beschränkt, nicht in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine behaupteten Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein. D.h. es muss mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Schließlich muss ein Vorbringen auch in sich schlüssig sein, was nicht gegeben ist, wenn sich der Beschwerdeführer in wesentlichen Aussagen widerspricht.

 

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach dem BF bei einer Rückkehr nach Usbekistan unmittelbar eine Verhaftung sowie eine Inhaftierung ohne Einvernahme und Ermittlungen drohe, kommt aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

 

Der Beschwerdeführer gab am XXXX 2019 und XXXX 2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen an, er habe in Usbekistan gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ihrerseits bereits einen Asylantrag stellte, ein Blumengeschäft betrieben und auch Hochzeiten dekoriert. Schließlich habe der BF einen großen Auftrag für eine Hochzeit im Mai 2010 bekommen, den der BF auch ausführte. Der Bräutigam habe keine Anzahlung geleistet und gemeint, dass die Rechnung nach der Hochzeit bezahlt werden würde. Daraufhin habe der BF den Vater des Bräutigams, ein Leutnant bei der Polizei, angerufen und ein gemeinsames Treffen vereinbart. Bei diesem Treffen habe der BF dem Vater des Bräutigams den offenen Betrag genannt, worauf dieser gemeint habe, dass ihm der Rechnungsbetrag zu hoch erscheine. Dann habe der Vater auch gesagt, dass der BF nicht wisse, wer er sei und dass der BF von nun an die Hälfte seines Einkommens an ihn entrichten solle. Außerdem sei der BF und seine Frau vom Vater des Bräutigams beschimpft worden. Schließlich seien die beiden aus dem Restaurant geworfen worden, woraufhin der BF den Manager des Restaurants angerufen und ihm die Geschichte erzählt habe. Dieser habe gesagt, dass der Vater des Bräutigams eine höhere Position bei der Polizei innehabe. Der BF habe dann verstanden, dass es keinen Sinn habe, wenn er sich über die Geschichte bei der Polizei beschweren würde. Auf die Begleichung der Forderung habe er sodann nicht mehr bestanden. Er habe weitergearbeitet und weitere Aufträge für das genannte Restaurant bekommen, wobei jedes Mal, ihm unbekannte Männer aufgetaucht seien, die von ihm Geld verlangt hätten. Der BF habe die Männer jedes Mal ignoriert und sei, ohne zu zahlen, gegangen. Schließlich habe der BF sein Geschäft verwüstet vorgefunden. Blumen seien zerstört und die Einrichtung beschädigt worden. Zwei Tage später seien zwei dem BF unbekannte Männer gekommen und haben den BF und seine Frau bedroht. Sie haben gemeint, dass dem BF in Zukunft noch schlimmeres passieren könnte. Der BF solle einfach die Hälfte seines Ertrages dem Vater des Bräutigams geben. Schließlich haben die Männer 200.000 Soums aus der Kasse mitgenommen. Der BF sei in weiterer Folge aufgefordert worden, das Geld zu bezahlen. Außerdem sei der BF von dem Vater des Bräutigams angerufen worden. Dabei habe er den BF aufgefordert mit ihm zusammenzuarbeiten und habe ihm eine Frist gegeben. Er habe auch gesagt, der Ehefrau bzw. den Kindern des BF könne etwas zustoßen. Nach Rücksprache mit dem Schwiegervater habe dieser die Flucht organisiert. Der BF sei Ende Mai 2010 nach Moskau, seine Frau nach Österreich gereist. Die Ehefrau sei nach einem abweisenden Asylbescheid 2014 wieder nach Usbekistan gereist und sei von der Polizei aufgefordert worden, 25.000 US-Dollar zu zahlen. Zwischenzeitlich sei gegen den Vater des Bräutigams ermittelt worden, welcher als Selbstverteidigung einen Haftbefehl gegen den BF erlassen und angeführt habe, der BF sei ein Terrorist. Deswegen habe der BF Angst bekommen und beschlossen aus Moskau nach Österreich zu reisen.

 

Im Rahmen der Erstbefragung führte der BF im Wesentlichen dieselbe Schilderung aus. Hinsichtlich der Beantragung von Asyl in einem anderen Land, führte der BF aus, dass es in Usbekistan unter Strafe gestellt sei, wenn man einen Asylantrag in einem anderen Land stelle. Im Zuge der Einvernahme vor dem BVwG am XXXX 2021 gab der BF die oben dargelegte Erzählung ebenso weitgehend unverändert wieder, ergänzte (hinsichtlich der Ausführungen vor der LPD und dem BFA) seine Schilderungen jedoch um einige Details. Beispielsweise führte er aus: „Da wir noch keine Bezahlung für unseren Auftrag bekommen haben, haben wir in diesem Saal bis 23 Uhr auf die Bezahlung gewartet. Dann gingen wir zum Vater vom Bräutigam, sprachen ihn an und fragten nach unserer Bezahlung. Der Vater des Bräutigams sagte, dass er am nächsten Tag mit uns darüber reden wird“. Vor dem BFA gab der BF vielmehr an, den Vater angerufen zu haben und erst am folgenden Tag mit diesem bei einem Treffen persönlich gesprochen zu haben. Des Weiteren schilderte der BF in seiner Einvernahme: „Er hat wörtlich gesagt: ‚Du Tadschike, wen lügst du jetzt an, wen willst du betrügen? […]‘ Dieser Mann hat uns bedroht“. Weder in der Erstbefragung vor der LPD noch im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA gab er dies wieder. Schließlich führte der BF im Zuge der Einvernahme vor dem BVwG aus: „Falls ich ihm das Geld innerhalb einer Frist von drei Tagen nicht zahle, droht mir eine Haft und meiner Frau droht eine Vergewaltigung und er wird meine Familie einfach auslöschen“. Dazu ist festzuhalten, dass der BF bei seinen vorigen Einvernahmen nie davon sprach, dass er im Falle des Nichtzahlens in diesem Zusammenhang in Haft genommen werde. Des Weiteren schilderte der BF vor dem BVwG: „Nachdem 2014 das Asylverfahren meiner Ehegattin abgeschlossen war, kehrte sie am 08. April zurück nach Usbekistan. Nach ihrer Rückkehr wurde sie von der Miliz mitgenommen, einvernommen und wegen einer Asylantragstellung in Österreich des Staatsverrates beschuldigt. […] Von seiner Seite hat er mich Terrorist genannt und mich in die Liste der gesuchten Leute eingetragen. Meine Frau hat diese Liste selbst mit ihren eigenen Augen gesehen“. Dazu ist auszuführen, dass der BF im bisherigen Verfahren weder angab, dass seine Frau des Staatsverrates beschuldigt wurde, noch, dass er in eine Liste der gesuchten Leute eingetragen wurde, die außerdem seine Frau mit eigenen Augen gesehen haben soll.

 

Unter Berücksichtigung seiner Schilderungen in der Erstbefragung vor der LPD, in der Einvernahme vor dem BFA und insbesondere im Rahmen seiner mündlichen Einvernahme vor dem BVwG am XXXX 2021, kommt seinen dargelegten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zu. Dazu ist zunächst auszuführen, dass sich der BF im Rahmen seiner Ausführungen, wie oben dargestellt, mehrfach widerspricht.

 

Das Vorbringen ist weder schlüssig noch nachvollziehbar. Zum einen wird, wie bereits dargelegt, seine Fluchtgeschichte bei jeder Wiedergabe mit neuen Details angereichert, die in der jeweiligen Vorbefragung bzw. Einvernahme nie thematisiert wurden. Speziell die immer genauer werdenden Geschehnis-Abläufe lassen seiner Geschichte nicht mehr Glaubwürdigkeit zukommen, zumal sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte erkennen lassen. Beispielsweise kann sich der BF offensichtlich – wie bereits zitiert – im Rahmen der Einvernahme vor dem BVwG an eine exakte wortwörtliche Aussage des Vaters des Bräutigams erinnern, welche zumindest zehn Jahr zurückliegt und bis dato vom BF in keiner Weise dargelegt wurde. Dies ist weder nachvollziehbar noch glaubhaft. Zum anderen kommt dem Fluchtvorbringen insofern keine Glaubwürdigkeit zu, als dieses vielmehr einer zurechtgelegten Geschichte gleicht, die um einige wenige Eckpunkte entwickelt wurde. Dazu sind insbesondere die zahlreichen Zeitangaben des BF in der Einvernahme vor dem BVwG (Februar 2021) und insb. vor dem BFA (Frühjahr 2019) anzuführen. Vorauszuschicken ist hierbei, dass das Wiedergeben von (genauen) Zeitpunkten grundsätzlich die Glaubwürdigkeit eines Vorbringens nicht schmälert, ganz im Gegenteil, das Darlegen von Detailwissen lässt meist ein vollständigeres Bild des Geschehens zu. Im konkreten Fall ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zwischen dem genannten Vorfall (im Jahr 2010) und der Befragung vor dem BFA bereits knapp 9 Jahre liegen bzw. zur Einvernahme vor dem BVwG rund 11 Jahre. Trotz dieser langen Zeiträume war bzw. ist der BF offensichtlich in der Lage, detaillierte Zeitangaben (meist auf den Tag genau) zu machen. Im Rahmen der Erstbefragung vor der LPD (November 2015), die ihrerseits 5 Jahre nach dem Ereignis erfolgte, machte der BF weit weniger exakte Angaben, insb. zu etwaigen Zeitpunkten. Insofern weist dieses, nachträglich dargelegte, umfangreiche Detailwissen zu den entsprechenden Zeitpunkten bzw. Kalenderdaten vielmehr auf eine vorbereitete bzw. immer wieder adaptierte Erzählung des BF hin, sodass diesen Ausführungen des BF mangels Glaubwürdigkeit nicht gefolgt werden kann.

 

Hinzu kommt, dass der BF im Verfahren angab, er sei auch dadurch unter Druck gesetzt worden, dass seinen Kindern etwas passieren könne. In weiterer Folge gab er an, dass seine Kinder beim Schwiegervater leben und sich nicht wie seine Ehegattin verborgen halten würden. Die Kinder wären somit einem unmittelbaren Zugriff seines Gegners ausgesetzt und spricht diese Behauptung daher dafür, dass tatsächlich keine Bedrohung der Familie des BF gegeben ist, woraus ebenfalls der Schluss gezogen werden kann, dass es sich beim Fluchtvorbringen um ein Konstrukt zur Erlangung von Asyl handelt.

 

Abgesehen von den aufgezeigten Widersprüchen, Zeitangaben und nachträglich dargelegten Angaben, kommt dem Fluchtvorbringen des Weiteren aufgrund von unschlüssigen bzw. nicht nachvollziehbaren Behauptungen keine Glaubwürdigkeit zu. So brachte der BF vor, im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan drohe im unmittelbar eine Verhaftung und außerdem hätte er kein ordentliches Verfahren zu erwarten. Weiteres gab der BF an, er stünde nun auf der Liste der gesuchten Leute, was durch den Vater des Bräutigams veranlasst worden sei. Laut seiner Aussage geschah dies nachdem die Ehefrau des BF nach Usbekistan zurückkehrt sei. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA schilderte der BF schließlich, dass seine Frau in Österreich einen Asylantrag gestellt habe und sich deswegen fürchtet. Auf die Frage im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA: „Woher haben Sie und Ihre Frau die Information, dass XXXX die Suche gegen mich wegen Terrorismus in Auftrag gab?“ gab der BF zur Antwort: „Ich behaupte das einfach, ich vermute diesen Umstand, da ich annehme, dass er Argumente zu seiner Selbstverteidigung aufgrund der von der usbekischen Behörde gegen ihn erhobenen Beschuldigungen benötige“. Im Hinblick auf die dargelegten Ausführungen des BF haben sich im Laufe des Verfahrens keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, die diese Behauptungen nachvollziehbar und glaubhaft stützen würden.

 

Insgesamt machte der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme vor dem BVwG am XXXX 2021 einen unglaubwürdigen Eindruck. Teilweise beantwortete der BF Fragen ungenau und vervollständigte manche Antworten erst nach mehrmaligen Nachfragens des Richters. Zum anderen verstrickte sich der Beschwerdeführer, insbesondere im Rahmen der Geschäftsthematik seiner Blumengeschäfte bzw. seines Bruders, in zahlreiche Widersprüche.

 

Schließlich führt der Beschwerdeführer die Behauptung ins Treffen, er sei durch seine Person betreffenden Nachfragen bzw. Recherchetätigkeiten in Usbekistan zu Recht in Furcht vor Verfolgung bei Rückkehr. Auch diesem Vorbringen kommt unter Berücksichtigung der bisherigen Verfahrensergebnisse sowie nach Durchsicht des Länderberichts mangels Nachvollziehbarkeit keine Glaubwürdigkeit zu. Wie dem Länderbericht vom 23.11.2018 zu entnehmen ist, gab es bis Ende 2014 keine konkreten Beweise für Verhaftungen oder Verurteilungen von nach Usbekistan zurückgekehrten Asylbewerbern, ohne politischen oder religiösen Hintergrund. Im Dezember 2014 wurden sechs ehemalige Asylbewerber, die aus Norwegen nach Usbekistan zurückkehrten, wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt. Solche Aktivitäten sind erstens nicht hervorgekommen und zweitens wurde derartiges seitens des BF nicht behauptet. Schließlich ergab die Befundaufnahme des vom BFA zum Sachverständigen bestellten XXXX , dass nach dem Beschwerdeführer weder von den staatlichen Behörden Usbekistans, noch seitens des Koordinationsbüros für die Kriminalitätsbekämpfung auf dem Gebiete der GUS-Staaten gesucht werde. In der Stellungnahme vom XXXX 2019 führte der Rechtsvertreter des BF aus, aus den unter Namensangabe erfolgten Nachfragen des Sachverständigen bzw. dessen Detektivbüros wohl direkt bei usbekischen Sicherheitsbehörden, folge zwangsläufig, dass der Beschwerdeführer dem usbekischen Staat aufgefallen sei. Ein derartiges Auffallen sei gefährlich, die Rückkehr sei ihm sohin im Sinne Art. 2 und 3 MRK nicht zuzumuten, es sei hier sogar anzunehmen, dass ihn diese Anfragen zu einem Mitglied jener sozialen Gruppen gemacht haben, die aus Angst vor der „Sicherheit des Staates“ mit hoher Wahrscheinlichkeit befragt werden. Dem sind nicht nur der Länderbericht bzw. die Befundaufnahme des Sachverständigen, sondern auch der Umstand entgegenzuhalten, dass hinsichtlich der getätigten Vorbringen sowie Annahmen des BF bzw. seines Rechtsvertreters im Zuge der Befragungen vor der LPD, dem BFA und dem BVwG sowie im Rahmen der erstatteten Stellungnahmen unter Berücksichtigung der bisherigen Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte hervorgekommen sind, welche das Vorliegen solcher Behauptungen des Beschwerdeführers vermuten lassen. Unter genauer Betrachtung handelt es sich bei diesen Schilderungen um eine nachträgliche Steigerung des Fluchtvorbringens.

 

Es kann daher aus den Angaben des Beschwerdeführers keine konkrete individuelle Bedrohung gegenüber dem Beschwerdeführer durch staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen erkannt werden. Auch sonst sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine konkret gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Verfolgung für wahrscheinlich erscheinen lassen.

Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers leben der Vater des BF, drei Brüder der Mutter des BF, ein Bruder des BF mit Ehefrau und drei Kindern, die Ehefrau des BF und seine beiden Kinder. Der BF gab im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA an, dass der in Usbekistan lebende Bruder mit seiner Familie von der Landwirtschaft (Gärtnerei) lebt. Die drei Brüder der Mutter des BF leben laut den Ausführungen des BF von der staatlichen Pension. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer zumindest in der ersten Zeit nach der Rückkehr Unterstützung seitens seiner Familienangehörigen in Usbekistan zukommen wird.

 

Darüber hinaus darf nicht verkannt werden, dass der Beschwerdeführer über zehn Jahre Schulbildung im Herkunftsland verfügt. Schließlich betrieb der BF bereits einige Zeit in Usbekistan ein Blumengeschäft und konnte demnach auch Berufserfahrung sammeln. In Österreich arbeitete der BF, wie festgestellt, ebenso als Blumenhändler, sodass davon auszugehen, ist, dass er seine Existenz durch eigene Erwerbstätigkeit sichern und für seinen Lebensunterhalt sorgen kann. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht und beherrscht die Landessprache, sodass er mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Zudem hat der Beschwerdeführer ein umfangreiches familiäres Netzwerk in seinem Herkunftsstaat. Daraus ist abzuleiten, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht in eine ausweglose oder existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

 

Die den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Berichte wurden dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt bzw. in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebracht. Dem Beschwerdeführer wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass aufgrund dieser Berichte die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Ihm wurde die Möglichkeit gegeben in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und allenfalls dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

 

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

 

 

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

Zuständigkeit und anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

 

Spruchteil A)

 

Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413, mwN).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0228, mwN).

 

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 24.03.2011, 2008/23/1101, mwN).

 

Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann mithin nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN).

 

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 07.02.2020, Ra 2019/18/0400, mwN).

 

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/01/0442, mwN). Die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden VwG vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom VwG nicht getroffen werden (vgl. VwGH 28.06.2018, Ra 2018/19/0262, mwN).

 

Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).

 

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. - im vorliegenden Fall - des BVwG) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274, mwN).

 

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, kommt dem Beschwerdeführer hinsichtlich des konkreten Vorbringens zu seinem Flucht- und Nachfluchtgrund (betreffend die Gefahr, bei Rückkehr in das Herkunftsland festgenommen und ohne Einvernahme und Ermittlungen inhaftiert zu werden) im Zeitpunkt der geschilderten Ereignisse keine Glaubwürdigkeit zu. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

 

Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

 

Auch sonst haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen. Die allgemeine Lage in Usbekistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.):

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

 

Unter realer Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht. Dies ist gem. § 11 Abs. 1 AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerberin zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG).

Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung daher dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG). Die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative muss dem Fremden - im Sinne eines zusätzlichen Kriteriums - zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort); für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 11 AsylG 2005, K15).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016 mwN).

 

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

Für den vorliegenden Fall ist daher Folgendes festzuhalten:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers (die Todesstrafe wurde abgeschafft und es gibt keinerlei Hinweise, dass der Beschwerdeführer eine mit dieser Strafe bedrohte Handlung begangen hätte) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.

 

Weitere, im Beschwerdeführer begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann, der in seinem Herkunftsland mehrjährige Schulbildung genoss und aufgrund seiner dortigen ausgeübten Erwerbstätigkeit bereits Berufserfahrung als Betreiber eines Blumengeschäftes sammeln konnte. In Österreich betreibt der Beschwerdeführer derzeit zwei Blumengeschäfte. Zudem lebt sein Vater, drei Brüder seiner Mutter, ein Bruder des BF mit Ehefrau und drei Kindern sowie seine Ehefrau und seine beiden Kinder, die derzeit beim Schwiegervater leben, in Usbekistan. Zu diesen besteht, insb. zum Schwiegervater und zum Bruder sowie zur Ehefrau des BF, regelmäßiger Kontakt, sodass anzunehmen ist, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr zumindest anfänglich über eine Wohnmöglichkeit verfügt und nicht auf sich alleine gestellt wäre. Da der BF in Usbekistan bereits berufstätig war, kann ebenso davon ausgegangen werden, dass er unter Berücksichtigung seiner schulischen Bildung und seiner gesammelten Berufserfahrung einen Beruf ergreifen und wieder in der Arbeitswelt seines Herkunftsstaates wirtschaftlich Fuß fassen wird können. Er ist somit in Zukunft in der Lage für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Der Beschwerdeführer verbrachte nicht nur die meiste Zeit seines bisherigen Lebens in seinem Herkunftsland, sondern beherrscht auch die Landessprache und ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Da sich die beiden minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers derzeit in der Obhut des Schwiegervaters des BF befinden und offenbar von diesem versorgt und behütet werden, ist auch dahingehend eine Gefährdung, in eine existenzielle Notlage zu geraten, nicht ersichtlich.

 

In Bezug auf die derzeit weltweit herrschende COVID-19 Pandemie ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer weder an Vorerkrankungen leidet noch zu den Personen über 65 Jahren zählt, bei denen im Falle der Ansteckung mit Sars-CoV-2 das Risiko eines schwerwiegenden oder gar tödlichen Krankheitsverlaufes üblicherweise erhöht ist.

 

Zudem ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach es nicht entscheidungswesentlich ist, ob sich für einen Asylwerber infolge der seitens der Behörden zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus und von Erkrankungen an Covid-19 gesetzten Maßnahmen die Wiedereingliederung im Heimatland wegen schlechterer wirtschaftlicher Aussichten schwieriger als vor Beginn dieser Maßnahmen darstellt, weil es darauf bei der Beantwortung der Frage, ob im Fall seiner Rückführung eine Verletzung des Art. 3 EMRK zu gewärtigen ist, nicht ankommt, solange diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass die Sicherung der existenziellen Grundbedürfnisse als nicht mehr gegeben anzunehmen wäre (vgl. VwGH 05.03.2021, Ra 2021/14/0038, Rn. 16).

 

Darüber hinaus ist es dem Beschwerdeführer unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oben angeführten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.):

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde. Da der Beschwerdeführer auch sonst das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG nicht behauptet hat und ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen ist, war ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht zu erteilen.

 

Die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG war daher als unbegründet abzuweisen.

 

Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des VfGH und VwGH jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

 

Ebenso kann die Verbundenheit durch gemeinsame Erwerbstätigkeit und/oder soziale Betätigungen in Erscheinung treten. Die Gewichtung des Familienlebens hängt im Einzelfall sehr stark von dessen Intensität ab. Insb. wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse sprechen für ein intensives Familienleben (VfGH B 328/07 B 1150/07 JAP 2007/2008/20 (221)).

 

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Familienangehörige, zu denen, insb. zur Schwester und zum Bruder, der auch ein Blumengeschäft betreibt, regelmäßiger Kontakt besteht. Wie festgestellt, unterstützen sich die Brüder auch gelegentlich, treten aber nicht durch gemeinsame Erwerbstätigkeit in Erscheinung – beide betreiben jeweils selbständig Blumengeschäfte. Insgesamt kann daher zwischen den Geschwistern und dem Beschwerdeführer kein Abhängigkeitsverhältnis, das über die üblichen Bindungen zwischen erwachsenen Geschwistern hinausgehen würde, angenommen werden. Folglich erreicht das Familienleben des Beschwerdeführers nicht die Schwelle, ab der eine Relevanz im Sinne des Art. 8 EMRK gegeben wäre und erscheint der Eingriff der aufenthaltsbeendenden Maßnahme als zulässig.

 

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte auch in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Die "Schutzwürdigkeit des Privatlebens" iSv Kontakten zu engen Bezugspersonen hängt von Anzahl, Intensität und spezifischen sozialen Verflechtungen ab (VfGH B 328/07 B 1150/07 JAP 2007/2008/20 (221)).

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 18.08.2019, Ra 2019/18/0212, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden (der bei einem – wie im vorliegenden Fall – siebenjährigen Aufenthalt jedoch noch deutlich unterschritten wird) ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen worden (vgl. VwGH 04.02.2020, Ra 2020/14/0026, mwN).

 

Dazu ist auszuführen, dass, abgesehen von seinen im Bundesgebiet – wie oben bereits ausgeführt – aufrechten familiären Bindungen, im Laufe des Verfahrens nicht hervorgekommen ist, dass der Beschwerdeführer ein relevantes soziales Netzwerk bzw. einen Freundes- und/oder Bekanntenkreis aufgebaut hat. Zugunsten des Beschwerdeführers wiegt jedoch der Umstand seiner beruflichen Verwurzelung in der österreichischen Arbeitswelt im Rahmen seiner Tätigkeit als Betreiber von Blumengeschäften und die dadurch bestehende finanzielle Unabhängigkeit (zur Erfassung von beruflichen Tätigkeiten als Teil des Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vgl. Muzak, B-VG6 Art 8 MRK Rz 3 mwN). Folglich kann beim Beschwerdeführer ein relevantes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK angenommen werden. Eine Rückkehrentscheidung würde demnach in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

 

Im Rahmen der Interessenabwägung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) auch der Frage Bedeutung zukommen, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in diesen Staat eine Existenzgrundlage schaffen kann (vgl. VwGH 17.04.2020, Ra 2019/21/0188, mwN). Auf das Bestehen einer Kernfamilie im Heimatland kommt es nicht an, sondern lediglich auf "Bindungen zum Heimatstaat des Fremden" (vgl. VwGH 02.12.2019, Ra 2019/14/0408, mwN).

 

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen und somit illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hält sich seit seiner Antragstellung im Herbst 2015 durchgehend in Österreich auf. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers ist ausschließlich auf seinen Antrag auf internationalen Schutz gestützt, wodurch er nie über ein Aufenthaltsrecht, abgesehen des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund seines Antrags auf internationalen Schutz, verfügte.

 

Zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich ist auszuführen, dass er die deutsche Sprache (B1-Niveau) beherrscht – einen Nachweis hat er im Rahmen seines Prüfungszeugnisses (Prüfungsdatum XXXX 2017) vom Österreichischen Integrationsfonds erbracht – und in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt im Rahmen seiner Tätigkeit als Betreiber von Blumengeschäften selbständig zu bestreiten. Ebenso darf nicht verkannt werden, dass er im Laufe seiner bisherigen kurzen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet sein Unternehmen um ein weiteres Blumengeschäft, welches er im März 2020 vom Bruder übernahm, sogar vergrößern konnte. Schließlich fällt zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht, dass er sich seit über fünf Jahren durchgehend im Bundesgebiet aufhält.

 

Maßgeblich relativiert wird dies allerdings dadurch, dass der Beschwerdeführer die integrationsbegründenden Schritte – zumindest teilweise – in einem Zeitpunkt gesetzt hat, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 17.11.2020, Ra 2020/19/0139, mwN; VwGH 15.04.2020, Ra 2020/20/0104, bei rund sechsjährigem Aufenthalt). Da über Antrag des Beschwerdeführers bereits mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX 2019 negativ abgesprochen wurde, konnte er jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keinesfalls vom weiteren Verbleib in Österreich ausgehen. Zudem hat der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht, verfügt dort über Schulbildung sowie mehrjährige Berufserfahrung als Betreiber eines Blumengeschäftes, hat familiäre Anknüpfungspunkte, insbesondere seinen Vater, drei Brüder seiner Mutter, seinen Bruder mit Ehefrau und drei Kindern, seine Ehefrau sowie seine beiden Kinder, und beherrscht die Landessprache, sodass davon auszugehen ist, dass er sich eine Existenzgrundlage schaffen kann, zumal er sowohl in Usbekistan als auch in Österreich als Betreiber von Blumengeschäften tätig war. Insgesamt liegt sohin beim Beschwerdeführer eine größere Bindung zum Herkunftsstaat als zu Österreich vor.

 

Dabei ist des Weiteren auch zu berücksichtigen, dass er den Großteil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbrachte und daher seine grundsätzliche Sozialisierung im Herkunftsstaat erfahren sowie dort auch seine Schulbildung erworben hat. Die Aufenthaltsdauer des BF in Österreich von etwas über fünf Jahren ist noch als kurz zu qualifizieren. Er beherrscht eine Landessprache Usbekistans, ist regelmäßig mit in Usbekistan aufhältigen Personen in Kontakt und pflegt im Bundesgebiet Umgang mit Personen, die dem usbekischen Kulturkreis entstammen. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der BF sich in Usbekistan problemlos wieder eingliedern wird können (vgl. VwGH 28.11.2019, Ra 2019/18/0457, mwN, zur Wiedereingliederungsfähigkeit eines Fremden, der den Herkunftsstaat im Alter von fünfzehn verlassen hat). Vor diesem Hintergrund ist es dem Beschwerdeführer zuzutrauen, dass er sich in seinem Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen kann, zumal es ihm in Österreich, wo er zunächst weder die Sprache beherrschte noch soziale Anknüpfungspunkte hatte, abgesehen von seinen im Bundesgebiet lebenden Geschwistern, gelungen ist, seinen Lebensunterhalt selbständig zu bestreiten.

 

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

 

Da es – wie bereits ausgeführt – maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003), stehen den vorhandenen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich sohin im Ergebnis die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0139, mwN), gegenüber, sodass auch hinsichtlich des Privatlebens des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, im vorliegenden Fall schwerer wiegen, als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Der Beschwerdeführer kann den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Geschwistern weiterhin auch von Usbekistan aus aufrechterhalten. In Usbekistan hat der BF ein umfassendes soziales Netzwerk, insb. leben dort sein Vater, seine Ehefrau, seine beiden Kinder, ein Bruder sowie drei Brüder der Mutter des BF.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher im Ergebnis davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

 

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist ebenfalls nicht geboten.

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG zu erlassen. Es ist auch – wie bereits ausgeführt – kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt außerdem voraus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Der Beschwerdeführer hat weder behauptet über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen noch ist ein solches im Ermittlungsverfahren hervorgekommen.

 

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

 

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war daher als unbegründet abzuweisen.

 

Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V.):

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines entsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint.

 

Die Abschiebung ist nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht nicht.

 

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Usbekistan ist daher zulässig und die Beschwerde gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als unbegründet abzuweisen.

 

Ausreisefrist § 55 Abs. 1 bis 3 FPG (Spruchpunkt VI.):

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

 

Wie festgestellt, betreibt der Beschwerdeführer derzeit zwei Blumengeschäfte. Eine Ausreisefrist von 14 Tagen ab Rechtskraft würde, wie der BF zutreffend in der Beschwerdeschrift ausführt, einer adäquaten Beendigung der beiden Geschäfte, insb. hinsichtlich Einhaltung von Kündigungsfristen etc., entgegenstehen.

 

Aufgrund dieser besonderen Umstände ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und wird die Frist für die freiwillige Ausreise auf drei Monate, ab Rechtskraft der Entscheidung, erstreckt.

 

Spruchteil B)

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist.

 

Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten im Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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