B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2122141.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Hon.-Prof. Dr. Johannes ZAHRL, Dr. Jörg PRUCKNER, Prim. Dr. Ewald NIEFERGALL und Mag. Andreas VRANEK als Beisitzer über die Beschwerde von Dr. XXXX , Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, vertreten durch Dr. Peter RINGHOFER, Rechtsanwalt, Franz Josefs Kai 5, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Landesschiedskommission für Wien vom 22.12.2015, Zl. W-LSK 1/2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.11.2017 sowie am 20.06.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 27.02.2014 verwarnte die Wiener Gebietskrankenkasse (in der Folge: WGKK) Frau Dr. XXXX (in der Folge: BF) hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags und hielt fest, "dass gemäß dem gesamtvertraglichen Regelungswerk eine Verrechnung der Fallpauschale bzw. des fachspezifischen Zuschlages nur bei einer persönlichen und unmittelbaren Behandlung der Versicherten/des Versicherten in Ihrer Ordination oder im Rahmen eines Hausbesuches möglich ist."
2. Am 24.04.2014 fand ein persönliches Gespräch der WGKK mit der BF zur Erörterung der sich im Zusammenhang mit verrechneten Leistungen und e- bzw. o-Card Steckungen ergebenden Diskrepanz statt. Der BF wurden die offenen Fragen im Anschluss an dieses Gespräch mit Schreiben vom 30.04.2014 vereinbarungsgemäß zur Stellungnahme übermittelt. Unter Punkt 3b lautete es: "Fallpauschale - für welche durch Ihre Ordination erbrachten Leistungen wurde für nachfolgend genannten Patienten die Fallpauschale abgerechnet, wenn beide angeben, keine Leistungen in Anspruch genommen zu haben, sondern aufgrund der zu langen Wartezeit die Ordination - ohne jegliche Leistung erhalten zu haben - wieder verließen? Dazu ist anzumerken, dass die Patientin XXXX Sie sogar dezidiert aufforderte, die Konsultationen aus genau diesem Umstand heraus zu stornieren.
i. 10.12.2013 XXXX VSNR XXXX
ii. 10.12.2013 XXXX VSNR XXXX "
3. Hierzu nahm die BF, vertreten durch deren damalige rechtsfreundliche Vertretung, mit Schreiben vom 20.06.2014 Stellung und führte darin zu lit b - Fallpauschale aus: " XXXX und XXXX (..) wurden vom Ordinationsgehilfen Dr. XXXX über die zu erfolgende Behandlung gemäß Dokumentation in der Karteikarte aufgeklärt. Die beiden genannten Patienten ließen sich jedoch nach der erfolgten Patientenaufklärung durch Dr. XXXX keiner Ganzkörperuntersuchung durch Frau Dr. XXXX unterziehen. Weder im vierten Quartal 2013, noch im ersten Quartal 2014 holten die genannten Patienten die Ganzkörperuntersuchung nach, so dass die durch Dr. XXXX erfolgte Aufklärung umsonst war. Daher steht die Tarifposition 540 (fachspezifischer Zuschlag) bzw. 899 ("Ordinationsstricherl" ohne Honorar) für die bereits angefallenen, aber frustrierten Kosten der Patientenaufklärung für die auflichtmikroskopische Ganzkörperkontrolle (Tarifposition 538) zu. (...)
Ordinationsgehilfe Dr. XXXX führt die standardisierten Patientenaufklärungen nach genauen Anordnungen und unter ständiger Aufsicht von Dr. XXXX durch. (...)"
4. Mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnte die WGKK die BF wegen konkreter Fälle der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags: "Zu den Argumenten Ihrer Mandantin betreffend die verrechneten Fallpauschalen bei XXXX (VSNR XXXX ) und XXXX (VSNR XXXX ) halten wir - zu den durch den Ordinationsgehilfen Dr. XXXX durchgeführten Aufklärungen - fest, dass Patientenaufklärungen nur dann mit der WGKK verrechnet werden können, wenn es sich um medizinische Aufklärungen handelt, die durch eine/n speziell dafür ausgebildete/n Arzt/Ärztin erbracht werden. Die bloße administrative Aufklärung durch einen Ordinationsgehilfen über die Möglichkeit einer auflichtmikroskopischen Ganzkörperuntersuchung auf Kosten der WGKK (einmal pro Jahr) rechtfertigt nicht die Verrechnung von Fallpauschalen und fachspezifischen Zuschlägen. Für die beiden obgenannten Fälle werden wir daher das am 10.12.2013 ungerechtfertigt abgerechnete Honorar in Höhe von insgesamt € 41 ,44 in Abzug bringen.
Zu Ihren Ausführungen ‚wofür gebührt die Fallpauschale' bringen wir Ihnen den Standpunkt der WGKK abermals zur Kenntnis: Dass die Fallpauschale sehr wohl ein Bestandteil der Leistungshonorierung ist, lässt sich nicht nur mit dem Vertragstext des Gesamtvertrages selbst sondern auch mit Rechtsprechung belegen.
So heißt es zunächst wörtlich im 2. Abschnitt, Artikel IV der gegenständlichen Honorarordnung:
‚(1) Die vom Vertragsarzt für Allgemeinmedizin und vom allgemeinen Vertragsfacharzt in einem Kalendervierteljahr für einen Anspruchsberechtigten erbrachten Leistungen werden durch das im Tarif für Vertragsärzte der Allgemeinmedizin bzw. im Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte festgelegte Fallpauschale honoriert; die im Sonderleistungstarif für Vertragsärzte für Allgemeinmedizin bzw. im Sonderleistungstarif für allgemeine Vertragsfachärzte enthaltenen Leistungen (Sonderleistungen) werden zusätzlich mit den entsprechenden in diesen Tarifen festgelegten Sätzen zu den dort angeführten Bedingungen vergütet.' Keinesfalls gebührt die Fallpauschale nur für die ‚Bereitstellung der Ordinations-lnfrastruktur' (vgl. BSK 27.11.1993, R 1-BSK/92, wonach die Grundvergütung selbstverständlich einen Teil des vertragsärztlichen Honorars bildet)".
Außerdem wurde die BF auch wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen sowie hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten verwarnt: "Gemäß der Bestimmung der Vereinbarung zum Gesamtvertrag betreffend die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen, die ärztliche Leistungen mittels EKVK in Anspruch nehmen (Anlage 5), werden Leistungen an einen Vertragspartner bei EKVK-Patienten nur dann honoriert, wenn die dafür erforderlichen Unterlagen (Kopie der EKVK und des Lichtbildausweises) an den zuständigen Versicherungsträger übermittelt werden. Der von Ihnen zitierte Absatz, dass soweit es dem Vertragsarzt möglich und zumutbar ist, zu prüfen ist, ob die Einreise des Patienten nach Österreich nicht ausschließlich zur Krankenbehandlung erfolgte und die Behandlung in Relation zur Dauer des Aufenthaltes in Österreich notwendig ist bedeutet nicht, dass es zulässig ist, automatisch - ohne jegliche Erkundungen (wie z.B. ein Blick auf eine Narbe oder Verletzung, um festzustellen, ob diese erst kürzlich entstand) - bereits vorab einen Geldbetrag als Sicherheitsleistung einzuheben.
Wir fordern Ihre Mandantin daher auf, die diesbezüglichen Zuzahlungsaufforderungen von Ihrer Homepage zu löschen und verwarnen sie explizit dafür. Wir gehen davon aus, dass Ihre Mandantin hinkünftig die gesetzlichen bzw. gesamtvertraglichen Bestimmungen ausnahmslos einhalten wird, da ansonsten die in diesem Zusammenhang bestehenden (vertrags-) rechtlichen Konsequenzen für uns unvermeidbar wären."
5. In einem Antrag an die paritätische Schiedskommission vom 05.10.2014 führt die BF zu 3.) lit. b.) Fallpauschale aus:
"Gerechtfertigt ist die Verrechnung des Fallpauschales durch die seitens der Antragstellerin erfolgte Aufklärung der zu diesem Punkt genannten Patientenschaft durch den Zeugen XXXX als ärztliche Hilfsperson der Antragstellerin gemäß § 49 Abs. 2 ÄrzteG und als von der Antragstellerin gemäß § 17 Abs. 1 WGKK-KV einzusetzendes, weil ‚zu Gebote stehendes' ‚Hilfsmittel'. (...)"
In der Gegenschrift vom 20.11.2014 führt die WGKK zu lit. b.) Fallpauschale aus: "(...) Bei den vom Ordinationsgehilfen vorgenommenen Patientenaufklärungen handelt es sich um eine rein administrative Aufklärung darüber, dass für Versicherte die Möglichkeit besteht, eine jährliche Muttermalkontrolle auf Kosten der Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen und sich darüber hinaus eventuell einer privat zu bezahlenden Vergleichsanalyse bei der Antragstellerin zu unterziehen. Das bloße Mitteilen dieser Information stellt jedoch keine Leistung dar, welche die Verrechnung der Fallpauschale rechtfertigt und auch keine begonnene Behandlung, weshalb die für die beiden oben genannten Fälle ungerechtfertigt abgerechneten Honorare in Höhe von insgesamt € 41,44 (für zwei Mal Fallpauschale und fachspezifischer Zuschlag) in Abzug gebracht wurde.
Das fehlerfreie Verzeichnen von Konsultationen ist für die Versicherten von großer Bedeutung, da gemäß § 1 Abs. 4 und § 5 Abs. 5 der Krankenordnung in einem Quartal nicht mehrere Vertragsärzte für Allgemeinmedizin oder Vertragsärzte des gleichen Fachgebietes auf Rechnung der Kasse in Anspruch genommen werden können. Den Versicherten ist dadurch - ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht wurde - die Inanspruchnahme anderer Ärzte dieser Fachrichtung auf Kosten der Antragsgegnerin nicht bzw. (wie im Fall XXXX ) nur mit Erschwernissen verbunden möglich. (...)"
In der mündlichen Verhandlung vor der paritätischen Schiedskommission am 10.03.2015 zu Zl. W-PSK 11/2014, bestätigten u. a. die Patienten XXXX und XXXX ihre bereits in Telefonprotokollen getätigten Angaben. Frau XXXX führte aus: "Im vierten Quartal war ich in der Ordination. Hatte keinen Kontakt zur AStin, kein Arztgespräch, kein Rezept wurde ausgestellt. Da die Wartezeit zu lang war bin ich dann gegangen. Es kann sein, dass ich ein Formular beim Empfang ausgefüllt habe. Nach einer Wartezeit von ca. 1 1/2 bis 2 Stunden habe ich dem Ordinationsgehilfen gesagt, dass ich gehe. Dann bin ich zu einem anderen Hautarzt gegangen. Es kann sein, dass ich schon Jahre vorher bei der AStin war. Die E-Card musste ich bei dem Besuch im 4. Quartal 2013 vorweisen. Mir wird das Telefonprotokoll Beilage ./17 vorgehalten. Der Inhalt entspricht meinen Angaben. Ich habe den Ordinationsgehilfen gesagt, er soll mich wieder herausnehmen. Er hat dann irgendetwas am Computer gemacht." Herr XXXX gab an: "Das Telefonprotokoll wird mir vorgehalten. Ich wollte wegen einer Muttermalkontrolle zur AStin, bin aber wegen der langen Wartezeit gegangen. Ich habe auch nicht mit ihr gesprochen. Soviel ich noch weiß, habe ich kein Rezept bekommen. Ich habe nur beim Empfang in der Ordination mit dem Gatten der AStin gesprochen. Ich habe keine medizinische Leistung an diesem Tag bekommen. Anschließend habe ich dann den Arzt gewechselt. Mit höchster Wahrscheinlichkeit war ich nach diesem Ordinationsbesuch nicht in der Apotheke."
Auch die BF selbst gibt in der mündlichen Verhandlung vor der paritätischen Schiedskommission am 28.04.2015 an, bei den Patienten XXXX und XXXX habe sie lediglich durch den Ordinationsgehilfen, aber nicht persönlich, Informationen über Vorsorgeuntersuchung erteilt. Sie habe keine in der Honorarordnung angeführte Leistung verrichtet. Sie habe die Patienten nicht gesehen. Es sei auch kein Rezept ausgestellt worden.
6. Die WGKK teilte der BF mit Schreiben vom 08.04.2015 (betreffend einen genannten Patienten) zur Vermeidung künftiger Unsicherheiten mit, dass die Abteilung VPV (Vertragspartnerverrechnung und -verhandlung) für vertragsrechtliche Angelegenheiten zuständig sei und die BF daher ersucht werde, ihre Stellungnahmen künftig direkt an die anfordernde Stelle zu adressieren.
7. Am 29.04.2015 gab die Patientin XXXX gegenüber der WGKK telefonisch an, dass sie die Ordination der BF am 02.04.2015 aufgesucht und wieder verlassen habe, ohne mit der BF gesprochen zu haben. Für diesen Tag sei in der Folge eine Konsultation verbucht worden, doch habe der Ordinationsgehilfe der BF ihr Ersuchen, die Konsultation zu stornieren, mit der Begründung abgelehnt, dass bereits die Ausgabe des Informationsblattes bezüglich Hautkrebsvorsorge eine Leistung gewesen sei.
8. Mit Schreiben vom 17.08.2015 sprach die WGKK, vom leitenden Angestellten und der Obfrau unterfertigt, die Kündigung des mit der BF am 21.03.1994 abgeschlossenen kurativen Einzelvertrages (in der Folge: EV) im eigenen Namen und im Namen der in § 2 des Gesamtvertrages (in der Folge: GV) angeführten Krankenversicherungsträger auf Grund zahlreicher wie fortdauernder vertraglicher Pflichtverletzungen seitens der BF mit Wirksamkeit per 31.12.2015 aus.
Begründend führte die WGKK aus, dass die BF bereits in den vergangenen Jahren im Rahmen zahlreicher Gespräche bzw. Verfahren auf begangene Vertragsverstöße aufmerksam gemacht worden sei. So seien der WGKK für Patienten, die keinerlei ärztliche Leistungen in Anspruch genommen hätten, Leistungen verrechnet worden, obwohl die BF bereits wiederholt darauf hingewiesen sowie ausdrücklich verwarnt worden sei, dass die Verrechnung einer Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags für Patienten, die in diesem Quartal keine ärztlichen Leistungen in Anspruch genommen hätten, nicht zulässig sei. Der WGKK würden unterzeichnete Niederschriften von Patienten vorliegen, die bestätigen würden, dass seitens der Ordination der BF jeweils die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden sei, ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht worden sei.
Darüber hinaus sei bekannt geworden, dass ausländischen Versicherten, die die Ordination der BF mit gültiger Europäischer Krankenversicherungskarte (in der Folge: EKVK) aufgesucht hätten, die Behandlung verweigert worden sei. Auch diesbezüglich habe die WGKK bereits zuvor ausdrücklich klargestellt, dass EU-Bürger, deren Anspruch mit gültiger EKVK nachgewiesen werde, österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt und auf Kosten der Versicherungsträger zu behandeln seien. In der Ordination der BF sei es einer Versicherten sogar nicht gestattet worden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, obwohl sie mehrmals zum Ausdruck gebracht habe, unter Schmerzen zu leiden.
Des Weiteren sei festzustellen gewesen, dass sich insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF wiederholt negativ über die WGKK geäußert habe. So seien Bemerkungen, wie "die Kasse habe keine Ahnung" oder "die Kasse sei an den Wartezeiten schuld, da sie sich nicht darum kümmere" geeignet, das Ansehen der WGKK herabzusetzen.
Die Beschwerden über die Ordination der BF würden sich häufen. So würden Versicherte unter anderem über eine "Angstmache sondergleichen" durch ihren Ordinationsgehilfen bereits bei der Anmeldung berichten. Es scheine, dass der finanzielle Aspekt in dieser Ordination im Vordergrund stehe. So entstehe durch das Anpreisen von Privatleistungen bei Versicherten der Eindruck, dass die Leistungen der WGKK nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien.
Zudem sei der WGKK bekannt geworden, dass einerseits das E-Card-System in der Ordination der BF nicht korrekt verwendet werde, wie etwa im Zusammenhang mit Mehrfachversicherten, und andererseits, dass Patienten nicht unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit behandelt würden.
Außerdem habe eine Patientin beobachten können, dass von Eltern, die die Ordination lediglich als Begleitung ihrer Kinder aufsuchen würden, die E-Card verlangt werde, um von dem Ordinationsgehilfen unaufgefordert über Hautkrebsvorsorge aufgeklärt zu werden. Dass die ärztliche Aufklärung vom Arzt und keinesfalls von nichtmedizinischem Personal erfolgen dürfe, sei der BF ebenfalls im Zuge eines der unzähligen Schiedsverfahren mitgeteilt worden. Ebenso wenig sei sie den Patienten aufzudrängen.
Ein vertragspartnerschaftliches Verhältnis zur BF sei nahezu unmöglich, da sie ihrer gesamtvertraglichen Auskunfts- sowie Unterstützungspflicht so gut wie gar nicht nachkomme. Selbst die Anforderung einer Stellungnahme oder Krankengeschichte ziehe seitenlange Schriftsätze bzw. sogar regelmäßig Schiedsverfahren nach sich.
Die dargestellten Handlungsweisen der BF würden deutlich belegen, dass sie exakt jene Vertragsverstöße, für die sie ausdrücklich verwarnt worden sei, sogar mehrfach wiederholt habe. Auf Grund dieser beharrlichen Fortsetzung des Verhaltens sowie der Vielzahl an Verstößen sei eine Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die WGKK unvermeidlich.
9. Gegen diese Kündigung brachte die BF, vertreten durch RA Dr. Peter Ringhofer, mit Schreiben vom 02.09.2015 fristgerecht Einspruch ein und brachte vor, dass das Kündigungsschreiben unbestimmt, die Kündigung gänzlich ungerechtfertigt und die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Da für die von der WGKK behaupteten Kündigungsgründe - betreffend Verrechnung der Fallpauschale für ein Quartal, obwohl in diesem keine ärztlichen Leistungen erbracht worden seien, betreffend die Behandlungsverweigerung ausländischer Versicherter mit gültiger EKVK sowie betreffend eine nicht korrekte Verwendung des E-Card-Systems - kein einziger konkreter Fall angegeben werde, sodass die BF nicht in der Lage sei, die Eignung als Kündigungsgrund zu beurteilen, habe insoweit überhaupt keine Geltendmachung eines Kündigungsgrundes im gesetzlichen Sinne stattgefunden. Somit komme der Kündigung auch insgesamt keine Wirksamkeit zu.
Betreffend die Verrechnung der Fallpauschale für ein Quartal, in welchem keine ärztliche Leistung erbracht worden sei, führte die BF aus, dass diese Angelegenheit Gegenstand von Verfahren bei der paritätischen Schiedskommission gewesen sei, welche nicht rechtskräftig abgeschlossen seien. Da die BF lediglich eine Vertragsinterpretation vorgenommen habe, habe sie jedenfalls gutgläubig gehandelt. Somit sei ihr diesbezüglich keine Vertragsverletzung im Sinne des § 343 ASVG vorzuwerfen.
Die Behauptung der WGKK, die BF habe verweigert, ausländische Versicherte mit gültiger EKVK zu behandeln, sei unwahr. Es könne jedoch vorkommen, dass eine Person im Hinblick auf die Darstellung ihrer Schmerzen auf einen anderen medizinischen Fachbereich verwiesen werde.
Betreffend die von der WGKK angesprochenen "Verwarnungen" führte die BF aus, dass es keinen einzigen Fall einer solchen gebe, welchen sie nicht angefochten habe. Sie stelle entschieden in Abrede, dass sie jemals Anlass gegeben hätte, ihr berechtigt eine Verwarnung zu erteilen.
Zu den Kritikpunkten hinsichtlich ihres Ordinationsgehilfen brachte die BF vor, dass dieser ihr Ehegatte sei und als Jurist im Ruhestand juristische Aspekte entsprechend besser beurteilen könne als sie. Daher könne sie darauf vertrauen, dass er ohne Belehrungen von ihr rechtlich richtig handle und in der Lage sei, fundiert zu beurteilen, inwieweit die Handlungsweise der WGKK rechtskonform sei.
Weiters führte die BF aus, dass es völlig abwegig sei, dass es einen Grundsatz gebe, wonach die ärztliche Aufklärung dem Arzt mit der Konsequenz vorbehalten sei, dass ein nichtmedizinischer Mitarbeiter eines Arztes nicht einmal ein Informationsblatt mit medizinischen Inhalten aushändigen dürfe. Mehr als das und darauf hinzuweisen, worum es dabei grundsätzlich gehe, habe ihr Gatte auch nicht getan.
Fast alle ihrer Patienten würden die Aufklärung und Information durch ihren Gatten als etwas Neutrales oder Positives ansehen. Die BF sehe es sowohl aus medizinisch-ethischen als auch aus haftungsrechtlichen Gründen als unerlässlich an, dass diese Informationserteilung weiterhin erfolge.
Dass auch Kinder einbezogen würden, sei medizinisch wohlfundiert und gehe ihr Gatte auch hierbei korrekt vor. Wenn ein sich im Wartezimmer Befindender irgendwelche Abneigungsgefühle gegen ihren Gatten entwickelt haben möge, so sei dies bedeutungslos.
Zu den Ausführungen der WGKK, dass sich insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF negativ über die WGKK geäußert habe, brachte die BF vor, dass die Formulierung "keine Ahnung zu haben" für sich allein noch nicht herabsetzend sei und auch "schuld sein" auf relativ Harmloses bezogen werden könne. Erst aus den konkreten Gesprächszusammenhängen könnte sich ergeben, ob und inwieweit eine Herabsetzung inkludiert gewesen sei. Außerdem gehöre es zur Meinungsfreiheit, dass sich jedermann auch über Medizinisches allgemein äußern und etwas als wünschenswert und zweckmäßig oder als schädlich erklären könne. Die WGKK ziele auf eine Auslegung der GV-Bestimmungen ab, die es verbieten würde, auftretende Probleme ihrer Sphäre zuzuschreiben. Berücksichtige man, dass der WGKK ohnehin kein wirtschaftlicher Nachteil dadurch geschehen könne, dass ein Patient etwas für sie Abträgliches höre, da dieser keine Wahlfreiheit in Bezug auf das Versicherungsverhältnis habe, so diene die Bestimmung des § 48 Abs. 2 2. Satz GV in Wahrheit lediglich der Einschränkung des allgemeinen Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu dem Zweck, dass in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung für sie das Privileg bestehen solle, dass dem besonders zur Kritik kompetenten Personenkreis der Vertragsärzte außerordentliche Beschränkungen auferlegt würden. Daher mache die BF geltend, dass die Annahme eines Kündigungsgrundes wegen der von der WGKK ins Treffen geführten Äußerungen gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verstoße.
Die BF stellte den Antrag, die angefochtene Kündigung als unbegründet aufzuheben; in eventu auszusprechen, dass der Beschwerde gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukomme.
10. Mit Stellungnahme vom 29.09.2015 führte die WGKK zum Einspruch der BF aus, dass es genüge, wenn die Begründung der Kündigung nur den Grund oder die Gründe selbst nenne. Die Anführung einzelner konkreter Umstände sei noch nicht erforderlich, diese seien erst im Rahmen des Anfechtungsverfahrens einzubringen.
Zur Rechtskraft der Verwarnungen brachte die WGKK vor, dass es nach der Rechtsansicht der BF praktisch unmöglich wäre, einen Vertragsarzt zu kündigen. So könnten Vertragsärzte Vertragsverletzungen begehen und mit Hilfe andauernder Verfahrensführung eine Kündigung verhindern.
Es entspreche nicht den Tatsachen, dass die BF jede explizite Verwarnung der WGKK mit einem Antrag an die paritätische Schiedskommission bekämpft habe, da sie das Schreiben der WGKK vom 14.07.2014 lediglich bezüglich des Honorarabzugs sowie bezüglich anderer Feststellungen bekämpft habe, die darin ausgesprochenen Verwarnungen jedoch nicht Gegenstand des Antrags gewesen seien.
Zur Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags führte die WGKK aus, dass sie der BF bereits unzählige Male unmissverständlich ihren Rechtsstandpunkt mitgeteilt habe, der auch von der paritätischen Schiedskommission bekräftigt worden sei. Dennoch seien der WGKK erneut Fälle bekannt geworden, bei denen die genannten Posten ungerechtfertigt verrechnet worden seien. So seien jeweils die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden, obwohl Versicherte lediglich im Wartezimmer der Ordination gewartet hätten und dieses schließlich wegen eines dringenden Termins oder zu langer Wartezeit wieder verlassen hätten. Das Aushändigen eines Informationsblattes durch nichtmedizinisches Personal rechtfertige diese Verrechnung jedenfalls nicht. Selbst als eine Versicherte sogar ausdrücklich darum ersucht habe, die Konsultation zu stornieren, um im selben Quartal einen anderen Hautarzt aufsuchen zu können, sei dies mit dem Hinweis darauf, dass ein Informationsblatt ausgehändigt und somit eine Leistung erbracht worden sei, abgelehnt worden.
Bezüglich der ausländischen Patienten mit gültiger EKVK führte die WGKK aus, dass die BF jene immer noch ohne Behandlung wegschicke, obwohl ihr bereits mehrfach ihre diesbezügliche Behandlungspflicht mitgeteilt worden sei. Hinsichtlich der Ausführung der BF, dass im Hinblick auf die Darstellung von Schmerzen auf die Zugehörigkeit zu einem anderen medizinischen Fachbereich verwiesen werde, sei festzuhalten, dass dies im vorliegenden Fall nicht passiert sei. Der Ordinationsgehilfe habe auf die Entgegnung der Patientin, wonach sie in Österreich bislang noch nie Probleme gehabt habe, mit der EKVK einen Arzt zu konsultieren, gemeint, dass "die alle keine Ahnung hätten und die Ärzte auf den Kosten sitzenbleiben würden" sowie, dass "es oft vorkomme, dass sie nicht bezahlt würden".
Diese Aussagen seien jedenfalls nicht zutreffend und liege der Grund dafür, dass der BF in der Vergangenheit Leistungen womöglich nicht von der WGKK honoriert worden seien, aller Wahrscheinlichkeit nach in der mangelnden Übermittlung der dafür erforderlichen Unterlagen.
Weiters führte die WGKK aus, dass die in der Niederschrift von Frau XXXX geschilderte Situation entgegen dem Vorbringen der BF zweifellos den Eindruck vermittle, dass Versicherte den Auskünften der WGKK nicht Glauben schenken könnten. Wie aus den Niederschriften von Frau XXXX und Herrn XXXX ersichtlich sei, werde den Versicherten insbesondere die privat zu bezahlende Vergleichsanalyse geradezu aufgedrängt, indem man den Eindruck vermittle, dass die von der WGKK honorierten Leistungen nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien. Dieses Vorgehen sei sehr wohl dazu geeignet, das Ansehen der WGKK in den Augen ihrer Versicherten bzw. der Öffentlichkeit herabzusetzen.
Bezogen auf die Ausführungen der BF bezüglich des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit führte die WGKK aus, dass die Grundrechte die Vertragsparteien des GV im Sinne der mittelbaren Drittwirkung über die "Gute-Sitten-Klausel" des § 879 ABGB binden würden. Nach der einschlägigen Literatur werde wegen des "repräsentativen" Zustandekommens und der Berücksichtigung der Interessen der Vertragsärzte durch die Ärztekammer von einer grundrechtlichen Richtigkeitsvermutung des GV ausgegangen, da die Delegation der Normsetzung an die GV-Parteien in der Erwartung erfolge, dass ein Ausgleich gegensätzlicher Interessen stattfinde. Abgesehen davon würden Werturteile, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen basieren würden, durch die Meinungsäußerungsfreiheit nicht gerechtfertigt werden können. Die Unwahrheit einer Äußerung könne sich auch aus deren Unvollständigkeit ergeben, wenn dadurch ein falscher Eindruck erweckt werde. Dies sei mit den Aussagen des Ordinationsgehilfen "die Ärzte würden auf ihren Kosten sitzenbleiben" und "es komme oft vor, dass sie nicht bezahlt würden", geschehen.
Betreffend eine nicht korrekte Verwendung des E-Card-Systems brachte die WGKK vor, dass gemäß der technischen Beilage zum E-Card-GV im Falle einer Mehrfachversicherung ein konkreter Krankenversicherungsträger vom Patienten erfragt und anschließend ausgewählt werden müsse. Der Patient Herr XXXX , welcher sowohl bei der WGKK als auch bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (in der Folge: SVA) versichert sei, sei bei einem Besuch in der Ordination der BF nicht nur nicht nach dem zu wählenden Versicherungsträger gefragt, sondern sei sogar bei beiden Versicherungsträgern eine Konsultation verbucht worden. Laut Auskunft der SV-Chipkarten Betriebs- und Einrichtungsgesellschaft habe der Ordinationsgehilfe im genannten Fall offenbar zuerst versucht, eine Konsultation bei der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien zu erfassen, was jedoch nicht gelungen sei. Anschließend habe er jeweils eine Konsultation bei der WGKK sowie bei der SVA ausgewählt. Auch wenn die erfassten Konsultationen lediglich bei der WGKK zur Abrechnung gebracht worden seien, widerspreche diese Vorgehensweise eindeutig dem E-Card-GV. Diesbezüglich sei die BF auch mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnt worden.
Außerdem werde das Vorgehen in der Ordination der BF offensichtlich nicht immer den datenschutzrechtlichen Bestimmungen gerecht. So gehe aus der Niederschrift des Patienten XXXX hervor, dass wartende Patienten sämtliche Daten anderer Versicherter ungewollt in Erfahrung bringen könnten. Aus der Niederschrift von Frau XXXX ergebe sich, dass die BF ihr von einem anderen Versicherten erzählt habe, der bei ihr Patient sei. Dabei habe sich herausgestellt, dass es sich um einen Bekannten der Patientin handle. Dass Patientendaten der Verschwiegenheitspflicht unterliegen würden, sei scheinbar auch der BF bekannt, zumal sie sogar selbst im Zuge des Gesprächs angemerkt habe, dass sie "dies eigentlich gar nicht dürfe".
Darüber hinaus sei der Vertragsarzt gegenüber dem Versicherungsträger gemäß § 43 GV zur Erteilung von Auskünften unter anderem in medizinischen Fragen verpflichtet. Dennoch sei es der WGKK nicht möglich, Einsicht in die ärztliche Dokumentation der BF zu erhalten, ohne dass diesbezüglich ein Verfahren vor der paritätischen Schiedskommission geführt werde.
Die WGKK führte schlussendlich aus, dass es nach der neuen Rechtslage für die Kündigung eines Vertragsarztes ausreiche, wenn ein "wiederholtes nicht unerhebliches" Fehlverhalten vorliege. Dafür seien mehrmals erfolgte, nicht unerhebliche Verstöße ausreichend, die nicht unbedingt gleichartig sein müssten. So sei es durchaus denkbar, dass einzelne Vertragsverstöße zwar allein nicht ausreichend seien, die Kumulation dieser Verstöße aber eine Kündigung rechtfertigen könne. Dies sei im gegenständlichen Verfahren zweifellos der Fall.
Wie die genannten Pflichtverletzungen zeigen würden, sei die BF unbelehrbar und setze sie ihr vertragswidriges Verhalten beharrlich fort. Da auf Grund der mangelnden Unterstützung, der Vielzahl an Vertragsverstößen sowie auf Grund der zahlreichen, bereits seit Jahren regelmäßig eintreffenden Patientenbeschwerden ein partnerschaftliches Vertragsverhältnis nicht mehr möglich sei, beantragte die WGKK, die Landesschiedskommission für Wien möge dem Einspruch der BF nicht Folge leisten und die Kündigung für wirksam erklären.
11. Mit Replik vom 18.11.2015 führte die BF zur Stellungnahme der WGKK aus, dass sie nach wie vor auf dem Standpunkt stehe, dass die seitens der WGKK ausgesprochene Kündigung mangels konkretisierter Vertragsverletzungen unwirksam sei.
Inhaltlich brachte die BF vor, dass Vertragsverletzungen im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit lediglich gegenüber Patienten begangen werden könnten und nicht gegenüber Spitzeln der WGKK, die ihr bzw. ihrem Ordinationsgehilfen etwas vorlügen und sich bis zur Behauptung steigern würden, akute Schmerzen zu haben. Durch derartige Irreführungen würden Leistungen erschlichen bzw. werde ein dahingehender Versuch unternommen.
Der WGKK stehe es außerdem als bloß einer von zwei Vertragspartnerinnen nicht zu, im Rahmen einer hoheitlichen oder quasiobrigkeitlichen Stellung die BF zu belehren, sondern könne sie lediglich ihre Rechtsmeinung kundtun, wobei die andere Vertragspartnerin auf gleicher Ebene eine abweichende Meinung haben könne. So könne von keiner Vertragspflichtverletzung die Rede sein, wenn eine Vertragspartnerin lediglich der anderen gegenüber geltend mache, worauf sie ihrer Überzeugung nach Anspruch habe, wenn sie sich dabei im Rahmen des Vertretbaren verhalte.
Richtig sei, dass es in der Ordination der BF zu einem überfüllten Wartezimmer komme. Die Tatsache der überlaufenen ärztlichen Ordinationen liege jedoch primär in der Sphäre der WGKK, weil es in bestimmten Bereichen zu wenige Vertragspartner gebe. Außerdem würden ihre Patienten die BF ausschließlich auf Grund ihrer besonders qualitätsvollen Leistungen präferieren, sodass sie die langen Wartezeiten in Kauf nehmen würden. Dies könne ihr jedoch gewiss nicht zum Vorwurf gemacht werden. Vielmehr ziele die WGKK durch die ausgesprochene Kündigung in Wahrheit ohne Rücksicht auf das Wohl der Versicherten darauf ab, diesen eine Vertragsärztin wegzunehmen, welche in außerordentlich hohem Maße Patientenvertrauen genieße. Dies lediglich, weil die WGKK das rechtliche Auftreten der BF ihr gegenüber als unbequem empfinde.
Dass im Rahmen des laufenden Quartals im Falle eines frühzeitigen Abbruches des ärztlichen Auftragsverhältnisses kein anderer Arzt im Rahmen des Kassenvertrags in Anspruch genommen werden könne, sei gänzlich in der Sphäre der WGKK gelegen, sodass alle daran anknüpfende Kritik an der BF ins Leere gehe.
Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen in Bezug auf die Verrechnung einer Fallpauschale brachte die BF vor, dass sie die Meinung vertrete, dass der Behandlungsvertrag durch die Aushändigung der E-Card und deren Einsatz erfolge. Mit diesem Vertragsabschluss und einer ersten Beratungsleistung sei auch der Behandlungsbeginn gegeben, somit auch dadurch, dass ein Informationsblatt über die Zweckmäßigkeit einer Vorsorgeuntersuchung ausgehändigt werde. Da über die Frage des Behandlungsbeginns als Voraussetzung für den Anspruch auf eine Fallpauschale noch nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei, bestehe keine Grundlage dafür, der BF eine Vertragsverletzung vorzuwerfen. In allen von der WGKK angeführten Einzelfällen gehe es lediglich um die Frage des Behandlungsbeginns ausgehend von einem Geschehen, das zweifellos als Vertragsabschluss anzusehen sei. Die WGKK selbst sehe das Ausstellen von Rezepten als einen Teil der Behandlung an, welcher anspruchsbegründend wirke. Da es anerkannte Praxis sei, dass die fortgesetzte Ausstellung eines Rezeptes in Übereinstimmung mit einem früheren Rezept durch das nichtärztliche Ordinationspersonal erfolgen könne, stelle es eine tatsachenwidrige Fiktion dar, wenn die WGKK als bindendes Kriterium für den Behandlungsbegriff das persönliche Tätigwerden des Arztes "am Patienten" behaupte. Die von der BF eingehaltene Vorgangsweise sei auch insoweit rechtskonform, als sie ihrem Gatten als Ordinationsgehilfen die einleitende Beratung bezüglich Hautkrebsvorsorge und die Aufnahme von anamnestischen Grunddaten übertragen habe. Dies habe sich unzählige Male als völlig unproblematisch erwiesen und hätten die vermutlich von Spitzeln der WGKK stammenden Niederschriften keinerlei rechtliche Bedeutung.
Die Vorgangsweise bezüglich der EKVK-Patienten sei unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass durch ein zielführendes Zeitmanagement möglichst viel Zeit für die ärztliche Behandlung selbst gewonnen werden solle. In diesen Fällen komme es außerdem zu derart umfangreichen Komplikationen, dass selbst der Betrieb im Empfangsbereich zum Stehen komme, wenn die Klärung an Ort und Stelle erfolge. Es habe jedoch keinen Akutfall gegeben, in welchem eine Behandlung sogleich erforderlich gewesen und seitens der BF auf die vorausgehende Ausfüllung eines Formulars im Internet bestanden worden wäre. Es habe sich um den Fall eines Spitzels gehandelt, sodass lediglich zu konstatieren sei, dass die BF bzw. ihr Gehilfe nicht auf den Betrugsversuch hereingefallen seien. Die Vertragsverletzung liege ausschließlich bei der WGKK. In Zusammenhang mit den genannten EKVK-Patienten sei es immer wieder zu Schwierigkeiten mit der WGKK selbst gekommen. So habe die WGKK offensichtlich verabsäumt, eine unverzügliche Prüfung vorzunehmen, wodurch die BF geschädigt worden sei. Es habe immer wieder Verrechnungseinwände gegeben, die die BF vergeblich zu klären versucht habe. In einzelnen Fällen sei es in der Folge dann zur Verjährung der Ansprüche gekommen. Die durch das Agieren der WGKK faktisch erzwungene Absicherung durch die BF nun als Kündigungsgrund vorzuhalten, sei unsachlich. Außerdem sei es auch nicht formal begründbar, zumal die WGKK der BF nur verboten habe, Einsatz für EKVK-Behandlungen zu verlangen, nicht jedoch, jeweils unterschiedliche administrative Herausforderungen sachgerecht zu berücksichtigen. Die BF habe die Behandlung von EKVK-Patienten niemals abgelehnt, doch sehe sie es als angebracht an, dass es diesen zumutbar sei, eine Formularausfüllung via Internet durchzuführen. In keinem Fall habe sich eine Unmöglichkeit oder auch Unzumutbarkeit dieser Vorgangsweise dargestellt. Aus der Natur der Sache sei zu verstehen, dass mit dem Begehren der BF auf sachlichinhaltliche Rechtmäßigkeitsprüfung der Vorgangsweise zwingend die Frage verbunden sei, ob eine darauf aufbauende Verwarnung berechtigt sein könne. Daher ändere die Tatsache, dass die BF bezüglich der Verwarnung keine schiedskommissionelle Entscheidung beantragt habe, nichts an der Beurteilung der Vertragskündigung.
Hinsichtlich der Äußerungen des Ordinationsgehilfen unter dem Aspekt der Meinungsfreiheit brachte die BF unter anderem vor, dass die WGKK im Hinblick auf ihre Stellung und Bedeutung im Gesamtstaatswesen im Interesse der demokratischen Kontrolle sogar öffentliche Kritik hinzunehmen habe, die von ihr als nicht sachlich gerechtfertigt angesehen werde. Den mit den Versicherten in direktem Kontakt stehenden Vertragsärzten müsse das Recht zugebilligt werden, als Ursache der aufgetretenen Probleme Gegebenheiten in der Sphäre auch der WGKK zu benennen. In der Sache XXXX sei außerdem das Verhalten anderer Ärzte kritisiert worden. Die Bekundung eines Patienten über eine Äußerung betreffend Wartezeiten bringe der Substanz nach nichts Unzulässiges zum Ausdruck. Zumindest für den Bereich von Wien könne davon ausgegangen werden, dass es genügend potentielle Fachärzte gebe, mit welchen die WGKK einen Vertrag abschließen könne, um übermäßige Patientenzahlen in einzelnen Ordinationen hintanzuhalten. Entgegen der Annahme der WGKK sei durch die Äußerungen keine unzulässige Wertung vorgenommen worden, jedenfalls nicht in einem solchen Ausmaß, dass etwas ernstlich als Kündigungsgrund ins Gewicht fallen könnte.
Zum E-Card-System der Mehrfachversicherung führte die BF aus, dass es keinen "E-Card-GV" gebe, sondern lediglich eine "technische Beilage", welche nicht den geringsten Anschein eines für die BF rechtlich verbindlichen Textes erwecke. Vielmehr sei davon auszugehen, dass darin lediglich Standard-Vorgangsweisen angegeben würden. Außerdem sei niemand geschädigt worden.
Weiters sei das genannte Schreiben vom 14.07.2014 nicht als Verwarnung gegenüber der BF geeignet, zumal es an ihren Rechtsanwalt ergangen sei.
Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Bedenken der WGKK erwiderte die BF, dass die Erwähnung eines Patientennamens gegenüber einem anderen Patienten ohne Angabe der Behandlungsart ihres Erachtens nach keine Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen darstelle. Sie habe jedenfalls keinen Vornamen einer Person genannt, die den gleichen Familiennamen wie die angebliche Patientin XXXX gehabt habe. Vielmehr habe sie diese lediglich gebeten, ihren Namen zu wiederholen, weil die Ordinations-EDV während der Behandlung ausgesetzt habe. Wenn diese dadurch erkannt habe, in der Patientenkartei der BF nicht die einzige Person ihres Familiennamens zu sein, sei dies der BF nicht zurechenbar.
Abschließend führte die BF aus, dass es entgegen der Auffassung der WGKK als Voraussetzung für eine Vertragskündigung entweder einer sehr schweren Vertragsverletzung oder mehrerer erheblicher Vertragsverletzungen bedürfe. Dem Wesen der Sache nach gehe es darum, ob einem Vertragspartner die Fortsetzung eines Vertragsverhältnisses unzumutbar sei. Auf Grund der Komplexität der Materie müsse es geradezu unweigerlich zu Meinungsverschiedenheiten kommen, welche im Sinne eines Rechtsstaates im Wege seiner Institutionen auszutragen seien. Daher sei es der BF nicht zumutbar, von diesem Rechtssystem faktisch dadurch ausgeschlossen zu werden, dass die WGKK der BF mit der Auflösung des Vertragsverhältnisses drohe, wenn und weil es zu einigen derartigen Auseinandersetzungen gekommen sei.
12. Mit ergänzender Stellungnahme vom 01.12.2015 erstattete die WGKK Ausführungen betreffend die gegenüber der BF ausgesprochenen Verwarnungen. Bereits im Jahr 2006 sei eine Verletzung der gesamtvertraglichen Behandlungspflicht durch die BF erfolgt und sei sie auf gravierendere vertragliche Konsequenzen als eine bloße Honorarstreichung im Falle einer weiteren Patientenabweisung hingewiesen worden.
Hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags sei die BF mit Schreiben vom 27.02.2014 verwarnt worden. Diese sei mit Bescheid der paritätischen Schiedskommission vom 30.09.2014, Zl. W-PSK 3/2014, bekräftigt worden.
Mit Schreiben vom 14.07.2014 sei die BF außerdem auf Grund folgender Vorgänge verwarnt worden:
Abgesehen von nicht erbrachten Sonderleistungen seien auch die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag in einigen weiteren Fällen vertragswidrig verrechnet worden. So beispielsweise beim Patienten XXXX , der einen Termin versäumt habe, sowie bei Frau XXXX und Herrn XXXX , die auf Grund zu langer Wartezeiten die Ordination wieder verlassen hätten, ohne dass eine ärztliche Leistung erbracht worden sei. Ebenso seien für die Patientin XXXX die Fallpauschale und der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden, obwohl sie lediglich vom Ordinationsgehilfen die Auskunft erhalten habe, dass sie an diesem Tag keinen Anspruch auf Muttermalkontrolle auf Kosten der WGKK habe.
Weiters habe die WGKK die BF mit dem genannten Schreiben wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen verwarnt. So habe die BF Hepatitis-Impfungen verrechnet, die nicht zur gesetzlichen Leistungsverpflichtung der WGKK gehören würden.
Eine weitere Verwarnung der BF mit diesem Schreiben sei auf Grund der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems ausgesprochen worden. So habe eine Patientin ihre E-Card auf Grund einer Störung des E-Card-Systems am 04.11.2013, wie vom Ordinationsgehilfen angeboten, in der Ordination der BF hinterlassen. Obwohl die Patientin ihre E-Card erst am 03.12.2013 wieder abgeholt habe, sei diese seitens der Ordination sowohl am 05.11.2013 als auch am 07.11.2013 gesteckt sowie jeweils eine Konsultation verzeichnet worden, wodurch es schließlich in diesem Quartal zum Zuschlag ab der 4. Konsultation gekommen sei, obwohl die Patientin lediglich zwei Mal in der Ordination gewesen sei.
Schließlich sei die BF im Schreiben der WGKK vom 14.07.2014 auch hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten hingewiesen worden. So habe die BF Zuzahlungen ("Einsätze") von ausländischen Versicherten verlangt, die ihre Ordination mit der EKVK aufgesucht hätten. Dies gehe aus ihrer eigenen Homepage hervor. Wie Niederschriften von späteren Patientenbefragungen zeigen würden, finde eine Gleichbehandlung mit österreichischen Versicherten immer noch nicht statt. Bereits im Jahr 2009 sei der BF von der WGKK die Behandlung von Patienten, die mit EKVK die Ordination aufsuchen würden, erklärt und auf die Unzulässigkeit, einen "Einsatz" zu verlangen, hingewiesen worden. Dennoch habe sie dieses Verhalten fortgesetzt, weshalb der WGKK bereits auf Grund dieser jahrelangen Ignoranz eine Weiterführung des Vertragsverhältnisses unzumutbar sei.
Die WGKK führte zuletzt aus, dass mit ihrem Schreiben vom 08.04.2015
- anlässlich einer Patientenbeschwerde - eine Verwarnung wegen der vertragswidrigen Behandlungsablehnung eines Versicherten ausgesprochen worden sei, die mit Bescheid der paritätischen Schiedskommission zur Zl. W-PSK 2/2015 als unbegründet aufgehoben worden sei. Im Zweifel sei diese Entscheidung nicht angefochten worden, um die BF nicht mit einer weiteren - womöglich überflüssigen
- Verfahrensführung zu belästigen.
Hinsichtlich der Ausführungen der BF betreffend den Einsatz von Testpatienten führte die WGKK aus, dass dieser nicht nur bereits vom VfGH für zulässig erachtet worden sei, sondern eine entsprechende gesetzliche Berechtigung der Versicherungsträger hierzu nunmehr sogar im Rahmen des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes umgesetzt worden sei und mit 01.01.2016 in Kraft treten werde.
Es sei außerdem nicht ersichtlich, wie die BF zu der Annahme gelange, dass die Ausstellung eines (fortlaufenden) Rezeptes durch nichtärztliches Personal erfolgen könne. Die Verordnung von Heilmitteln sei eine den Ärzten vorbehaltene Tätigkeit.
13. Bei der am 22.12.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der Landesschiedskommission für Wien führte der als Zeuge vernommene Dr. XXXX , Ordinationsgehilfe und Ehegatte der BF, aus, dass er in den strittigen Fällen, in welchen kein ärztlicher Kontakt mit der BF stattgefunden habe, über das Computerprogramm die Fallpauschale einschließlich dem Zuschlag verrechnet und in der Kartei vermerkt habe, dass er die Aufklärung gemacht und den Patienten das Aufklärungsformular über die Hautkrebsvorsorge gegeben, dieses erläutert sowie auf die Wichtigkeit und darauf, dass eine jährliche Untersuchung stattfinden solle, hingewiesen habe. Zu dieser Tätigkeit habe ihn seine Gattin beauftragt. Er sei von ihr über die notwendigen medizinischen Zusammenhänge bei der Hautkrebsvorsorge detailliert unterrichtet worden. Diese seien auch im Informationsblatt angeführt. Seitens der WGKK sei keine Verwarnung dahingehend erfolgt, dass die Verrechnung der Fallpauschale zu Unrecht erfolgt sei. Da in der Honorarordnung nicht festgelegt sei, dass die Fallpauschale nur im Falle eines persönlichen Arztkontaktes verrechnet werden dürfe, sei die Verrechnung in der geschilderten Weise auch nach Erlassung des Bescheides, mit welchem deren Unrechtmäßigkeit festgestellt worden sei, fortgesetzt worden. In diesen Fällen sei die E-Card gesteckt worden, weil die Patienten eine Kassenbehandlung gewünscht hätten. Es habe kein Anlass für eine Stornierung bestanden, zumal die Patienten bereits die Krebsaufklärung als ärztliche Leistung erhalten hätten. In der Ordination seiner Gattin finde sich ein Anschlag mit der Information, dass die Behandlung mit der Übergabe der E-Card beginne und auch die Patientenaufklärung umfasse. Die Privatleistung bei der Krebsvorsorge sei auch auf dem Informationsblatt enthalten und kläre der Zeuge die Patienten auch darüber auf. Er habe die WGKK von diesem Vorgehen informiert und in ihrem Auftrag gehandelt, nachdem er ihr erklärt habe, dass seine Vorgehensweise rechtlich und vertraglich richtig sei. Die WGKK habe sein Verhalten auch genehmigt. Seine Gattin habe keine juristische Ausbildung. Seitens der WGKK sei sie wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Fallpauschale zu Unrecht geltend gemacht werde, doch sei diese Behauptung nicht von kompetenten Organen der WGKK aufgestellt worden. Dies habe er auch seiner Gattin dargelegt.
Der Zeuge führte weiter aus, das X. Zusatzprotokoll über die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen zu kennen. Da seine Gattin dieses jedoch nicht kenne, habe er sie auch hinsichtlich der Behandlung dieser Personen beraten. Das von ihm vorgelegte Formblatt stamme von der Homepage der WGKK, welches bereits seit Jahren von der BF verwendet werde. Es liege in der Ordination auf und werde von ihm an die Patienten ausgehändigt, wenn sie angeben würden, über kein Internet zu verfügen. Es sei für die Behandlung der Patienten erforderlich. Von diesen Patienten seien die EKVK, ein amtlicher Lichtbildausweis und das Formular vorzulegen. Zur Deckungsübernahme würden der WGKK dann das ausgefüllte Formblatt sowie Kopien der EKVK und des Personalausweises mittels Scan übermittelt. In diesem Fall sei die Auflösung größer und somit der Inhalt der Unterlagen für die WGKK lesbar. Der Zeuge könne sich nicht erinnern, ob es eine diesbezügliche Verwarnung gegeben habe. Die BF habe nie eine Einsatzzahlung von diesen Patienten verlangt. Bei der Auszahlung durch die WGKK habe es auch bei der Übermittlung der genannten Unterlagen Probleme gegeben, weil man seitens der WGKK zum Ausdruck gebracht habe, dass dies nicht lesbar sei. Daraufhin habe eine neuerliche Übermittlung stattgefunden, doch sei in der Folge von der WGKK mitgeteilt worden, dass der Anspruch nunmehr verjährt sei.
Der Zeuge habe die Patientin XXXX gefragt, ob sie Internet habe. Dies habe sie nicht verneint, weshalb ihm erkennbar gewesen sei, dass sie kein Formular benötige. Sie habe sich darüber beschwert, dass sie nicht wie eine E-Card-Patientin sofort drankomme, sondern im Vorfeld das Formular ausfüllen müsse. Daher habe er ihr erklärt, dass die Ordination still stünde, wenn sie dieses Formular in der Ordination ausfüllte. Richtig sei, dass er die von der Patientin behaupteten Äußerungen betreffend "Papierkram" usw. getätigt habe. Er habe auch die Äußerungen getätigt, dass "die eh alle keine Ahnung hätten und auch die Ärzte keine Ahnung hätten und danach auf ihren Kosten sitzen bleiben würden. Er habe da viel mehr Erfahrung und darum würden sie das so machen".
Die Patientin XXXX sei fuchtig vor seinem Kiosk auf- und abgegangen und habe dann plötzlich behauptet, Schmerzen im Fuß zu haben. Sie habe jedoch nicht den Eindruck gemacht, akut hilfsbedürftig zu sein. Sie sei normal bekleidet gewesen und sei nicht erkennbar gewesen, dass sie Schmerzen hätte. Das habe sie nur so nebenbei gesagt. Daraufhin habe er ihr mitgeteilt, nicht beim zuständigen Arzt zu sein, sie solle in eine Spitalsambulanz oder zu einem praktischen Arzt gehen. Sie habe den Zeugen nicht mehrmals um Hilfe gebeten. Sie habe auch nicht auf eine ärztliche Untersuchung bestanden, sondern sei dann gegangen.
Der Zeuge führte weiter aus, dass es seinem Wissen nach keine gesamtvertragliche Regelung gebe, wie bei Mehrfachversicherungen vorzugehen sei. Bei Stecken der E-Card sei aus dem System erkennbar, ob der Patient mehrfach versichert sei. Er frage den Patienten nicht, bei welcher Kasse er die Leistung verrechnet haben wolle, außer dieser sage es von selbst. Infolge der Gegebenheiten der Ordination wolle der Zeuge nicht, dass die anderen Patienten verstehen würden, welche Versicherung der jeweilige Patient habe. Es könne jedoch vorkommen, dass persönliche Daten, die ein Patient mitteile, auch von anderen gehört werden könnten. Eine Verwarnung sei nicht erfolgt. Wenn Verwarnungen erfolgt seien, habe er seine Gattin diesbezüglich rechtlich aufgeklärt. Die Patienten würden lediglich ihren Namen nennen und sich äußern, ob sie neue Patienten seien oder nicht. Mehr werde zur Wahrung der Diskretion nicht erörtert. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass ein Patient private Daten von Patienten bei einem Telefonat mitgehört habe.
Außer einem Nothilfekurs im Gesundheitsministerium habe der Zeuge keine medizinische Ausbildung absolviert.
Wenn von der WGKK Unterlagen verlangt worden seien, seien diese an die chefärztliche Stelle übermittelt worden. Selbstverständlich seien die Unterlagen nicht an die Stelle geschickt worden, die diese verlangt habe. Seine Gattin habe gewusst, dass er die Unterlagen stets an die für die WGKK zuständige Stelle schicke.
Die BF führte einvernommen aus, dass ihr Gatte das Richtige mache. Er habe ihr das auch mitgeteilt. Sie habe über alles Bescheid gewusst, was von ihrem Gatten gemacht worden und heute zur Sprache gekommen sei. Wenn Eltern mit Kindern, die behandelt werden sollen, in die Ordination kommen würden, verlange die BF von den Eltern die E-Card, wenn sie die Hautkrebsvorsorge selbst wünschen würden, über die sie sie vorher aufgeklärt habe. Im Regelfall würden diese dann auch zur Untersuchung zur BF gehen.
14. Mit Bescheid der Landesschiedskommission für Wien (in der Folge: belangte Behörde) vom 22.12.2015, Zl. W-LSK 1/2015, zugestellt am 11.01.2016, wurde der Antrag der BF, die Kündigung ihres EV vom 17.08.2015 durch die WGKK für rechtsunwirksam zu erklären, abgewiesen.
Begründend stellte die belangte Behörde fest, dass der Gatte der BF keine medizinische Ausbildung habe und seit 2013 als Ordinationsgehilfe in der Ordination der BF beschäftigt sei. Jeder Patient erhalte von ihm neben einer Checkliste auch ein Informationsblatt über die Hautkrebsvorsorge, in welchem insbesondere auf die als Privatleistung angebotene Vergleichsanalyse hingewiesen und diese angepriesen werde. Der Ordinationsgehilfe agiere ausschließlich nach seiner subjektiven Rechtsüberzeugung und sei beim Empfang der Patienten ohne ständige Aufsicht durch die BF. Er erläutere den Patienten das Informationsblatt und verweise auf die Wichtigkeit einer jährlichen Untersuchung. Bei Verteilung der Informationsblätter an die Patienten habe der Gatte der BF den Eindruck erweckt, dass die normale Untersuchung als Kassenleistung nicht ausreichend wäre. Nach der Meinung des Ordinationsgehilfen sowie der BF stelle diese Erläuterung bereits eine ärztliche Leistung dar. Selbst wenn die Patienten in der Folge die Ordination wieder verlassen würden, ohne von der BF behandelt worden zu sein bzw. mit dieser überhaupt gesprochen zu haben, habe die BF der WGKK durch den Ordinationsgehilfen in Kenntnis dieser Umstände immer die Fallpauschale und den fachspezifischen Zuschlag verrechnet. Die BF bzw. ihr Gatte hätten eine Stornierung der E-Card-Konsultationen nicht vorgenommen, wenn es zu keiner ärztlichen Leistung auf Kassenbasis gekommen sei, weil die Patienten die Ordination vorzeitig verlassen oder ausschließlich Privatleistungen in Anspruch genommen hätten. Der Ordinationsgehilfe habe das Ersuchen von Patienten, eine solche Stornierung vorzunehmen, mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Ausgabe des Informationsblattes ohne ärztlichen Kontakt bereits eine ärztliche Leistung darstelle. Die BF sei über die Rechtsmeinung und die eigenmächtigen Vorgehensweisen ihres Gatten informiert gewesen und habe sein Vorgehen genehmigt bzw. auf dessen Richtigkeit vertraut. Die Verwarnungen durch die WGKK bzw. die Rechtsmeinung der paritätischen Schiedskommission habe sie jedoch unbeachtet gelassen und keine einschlägige Fachberatung eingeholt. So habe sie nicht für die Abstellung der Verhaltensweisen gesorgt, obwohl ihr dies zumutbar und möglich gewesen wäre.
Für EKVK-Patienten gebe es für die erforderlichen Patientendaten ein selbstentworfenes Patientenerklärungsformular, welches auf der Homepage der BF abrufbar sei. Weiters gebe es auch ein Formular auf der Homepage der WGKK. In der Ordination der BF würden solche Formulare aufliegen, welche der Ordinationsgehilfe an die EKVK-Patienten übergebe, wenn diese erklären würden, keinen Internetzugang zu haben. Damit die Formulare nicht in der Ordination der BF ausgefüllt würden, habe er diese Patienten aufgefordert, das Formular von der Homepage der BF herunterzuladen und ausgefüllt abzugeben. So habe er die EKVK-Patientin XXXX am 11.06.2015 vor der Zulassung zu einer Behandlung und vor Zuteilung eines Termins aufgefordert, das Formular herunterzuladen, obwohl sie eine EKVK vorgewiesen habe. Nach Protest der Patientin habe er gemeint, dass "dieser ganze Papierkram nicht an ihnen, sondern an der EU liege". Ohne der Patientin zu erklären, warum sie das Formular nicht in der Ordination ausfüllen könne, habe er ihr die EKVK sowie eine Visitenkarte der Ordination zurückgegeben, ohne ihr einen Behandlungstermin zu geben. Am 10.06.2015 habe der Ordinationsgehilfe die Patientin XXXX nach Vorlage der EKVK mit dem Hinweis, dass der Papierkram in der Ordination erspart werden solle, auf die Homepage der BF verwiesen und ihr mitgeteilt, dass sie nach Übermittlung des ausgefüllten Formulars an die Ordination sowie nach Überprüfung, ob mit ihrer Krankenkasse alles in Ordnung sei, einen Termin erhalte. Dabei habe er zum Ausdruck gebracht, nicht zu wollen, dass keine Bezahlung erfolge, was oft der Fall sei. Die Patientin habe ihn dann darauf aufmerksam gemacht, dass es nach Auskunft der Kasse genüge, die EKVK sowie einen Personalausweis vorzulegen und dass sie auch sonst keine Probleme gehabt habe. Daraufhin habe der Ordinationsgehilfe geantwortet, dass "eh alle keine Ahnung hätten, auch die Ärzte nicht, die würden dann auf ihren Kosten sitzen bleiben. Er habe mehr Erfahrung, weshalb es in der Ordination der BF so gemacht werde." Die Patientin habe dann mehrmals zum Ausdruck gebracht, Schmerzen in den Beinen zu haben, jedoch sei der Ordinationsgehilfe dabei geblieben, dass sie vorerst das Formular ausfüllen müsse. Er habe ohne ärztliche Ausbildung jedoch nicht erkennen können, ob sie tatsächlich Schmerzen habe. Er habe außerdem erklärt, dass sie nicht beim zuständigen Arzt sei, sie solle in eine Spitalsambulanz oder zu einem praktischen Arzt gehen. Er habe ihr nicht angeboten, dass sie vorweg auf Rechnung behandelt werde oder ihre Kasse angerufen werden könne. Er habe Patienten mit gültiger EKVK weggeschickt und ihre Behandlung vor Übergabe des ausgefüllten Formulars abgelehnt. Die BF sei auch über die Unzulässigkeit, die Behandlung von EKVK-Patienten von der Ausfüllung des selbstentworfenen Formulars abhängig zu machen, verwarnt worden.
Zum Patienten XXXX , der eine Stammkundenkarte zur Beschleunigung eines Behandlungsfolgetermins erfragt habe, habe der Ordinationsgehilfe gesagt, dass die BF dieses Service gerne anbiete, weil die Wartezeiten immer enorm seien, da die WGKK sich auch nicht darum zu kümmern scheine. Als eine Dame mit falschem Titel aufgerufen worden sei und dies dem Ordinationsgehilfen mitgeteilt habe, habe er gesagt, dass die Krankenkasse schuld sei, diese habe den richtigen Titel nicht hinterlegt, das sei "eine Frechheit".
Der Patient XXXX , der sowohl bei der WGKK als auch bei der SVA versichert sei, sei vom Ordinationsgehilfen nicht gefragt worden, bei welchem Versicherungsträger die Verrechnung erfolgen solle. In der Folge sei die Konsultation bei beiden Versicherungsträgern erfasst, jedoch nur bei der WGKK verrechnet worden. Der Ordinationsgehilfe frage grundsätzlich nicht danach, bei welchem Versicherungsträger eine Konsultation von Mehrfachversicherten erfolgen solle. Wegen der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems sei die BF mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnt worden, nicht jedoch hinsichtlich der nicht vertragskonformen Verwendung des E-Card-Systems bei Mehrfachversicherten.
Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Aufklärung durch die WGKK über ein rechtskonformes Verrechnen entgegen dem Vorbringen der BF nicht durch ein inkompetentes Organ erfolgt sei, zumal es sich nicht um eine medizinische Angelegenheit gehandelt habe, in welcher der Chefarzt den Versicherungsträger vertrete und ausschließlich zuständig gewesen wäre. Ebenso seien die erforderlichen Patientenunterlagen über Verlangen von Ärzten der Abteilung für Vertragspartnerabrechnung nicht der abverlangenden Stelle, sondern dem Chefarzt oder der paritätischen Schiedskommission im Rahmen eines von der BF angestrengten Verfahrens übermittelt worden, da die BF entgegen dem Wortlaut des GV den Standpunkt vertreten habe, dass lediglich der Chefarzt diese Unterlagen verlangen und einsehen dürfe. Da die BF jedoch nach einem entsprechenden Hinweis der WGKK gewusst habe, wohin die Unterlagen zu schicken gewesen wären, erwecke die BF durch das Beharren auf dem unrichtigen Standpunkt den Eindruck, dass sie durch ihr eigenes Verhalten sowie durch jenes ihres Ordinationsgehilfen, welches ihr zuzurechnen sei, die WGKK provozieren und schikanieren wolle.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass die Behauptung der BF, dass die Kündigungsgründe nicht ordnungsgemäß geltend gemacht worden seien, ins Leere gehe, da die der Art nach in der schriftlichen Kündigung bezeichneten und vor dem Kündigungsausspruch gesetzten Kündigungsgründe im Laufe des Anfechtungsverfahrens konkret ausgeführt worden seien, was ausreiche.
Inhaltlich führte die belangte Behörde aus, dass jede Honorierung eines Vertragsarztes nur auf Grund einer ärztlichen - in der Honorarordnung angeführten - Leistung erfolgen könne, die für einen Versicherten erbracht werde. Daraus ergebe sich von selbst, dass auch die Fallpauschale nur bei Erbringung einer ärztlichen Leistung (Sonderleistung) verrechnet werden dürfe. Das Übergeben eines Informationsblattes bezüglich der Hautkrebsvorsorge mit einer Erläuterung durch den nicht medizinisch ausgebildeten Ordinationsgehilfen der BF stelle keine ärztliche Leistung dar, da die BF nicht darin eingebunden gewesen sei. Ob sie das Handeln des Ordinationsgehilfen gedeckt habe, sei dabei irrelevant.
Gemäß § 49 Abs. 2 ÄrzteG habe der Arzt seinen Beruf persönlich und unmittelbar auszuüben. Lediglich zur Mithilfe könne er sich Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln würden. Hilfspersonen seien jedoch nur solche, die eine entsprechende Qualifikation aufweisen würden. Eine ärztliche Leistung könne durch Hilfspersonen, die zur untergeordneten Unterstützung des Arztes herangezogen würden, wie dies bei der Übergabe eines Informationsblattes zur Hautkrebsvorsorge durch den Ordinationsgehilfen der Fall sei, nicht erbracht werden. Wenn die Aufklärung und Erläuterung des Informationsblattes als medizinische Leistung angesehen werden sollte, wäre hierzu eine entsprechende medizinische Ausbildung erforderlich, die der Ordinationsgehilfe jedenfalls nicht habe. Außerdem könne von einer ständigen Aufsicht durch die BF keinesfalls die Rede sein, wenn ihr Ehegatte völlig selbstherrlich und allein in seinem "Kiosk" tätig sei. Die Fallpauschale sei der WGKK daher krass und objektiv vertragswidrig verrechnet worden.
Da der Wortlaut der Honorarordnung und somit die Rechtslage eindeutig sei, liege gegenständlich kein Fall vor, wonach bei unklaren Rechtsvorschriften, die zu unterschiedlichen Auslegungen Anlass geben könnten, bis zur endgültigen Klärung eine bestimmte Auslegungsvariante vertreten werde, die keinen beharrlichen und gewichtigen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen darstelle. Im vorliegenden Fall komme erschwerend hinzu, dass die BF wiederholt auf die richtige Handhabung der Verrechnung der Fallpauschale hingewiesen sowie auch verwarnt worden sei. Unter diesen Umständen und noch nach den Entscheidungen der paritätischen Schiedskommission weiterhin auf dem unrichtigen Standpunkt zu beharren, sei daher als sorglos und rechthaberisch einzustufen und ziele offenbar nur darauf ab, sich unrechtmäßig zu bereichern und die WGKK zu provozieren. Bereits dieses krasse Fehlverhalten trotz Verwarnung begründe einen schwerwiegenden Kündigungsgrund im Sinne des § 343 Abs. 4 ASVG. Soweit die BF vorgebe, auf die Richtigkeit der subjektiven Rechtsauffassung ihres Gatten vertraut zu haben, sei dies weder glaubhaft noch geeignet, ihre Vorgehensweise zu entschuldigen. Sie habe grob fahrlässig gehandelt und für die von ihr genehmigten Vertragsverletzungen ihres Gatten einzustehen. Nach Kenntnisnahme der richtigen Rechtsmeinungen der WGKK sowie der paritätischen Schiedskommission in zwei Verfahren hätte sie zumindest Zweifel an der Berechtigung, die Fallpauschale zu verrechnen, haben müssen. Bei Zweifel an der Richtigkeit der Ansicht der Behörden hätte sie den Normtext lesen, die Beratung durch eine für dieses Fachgebiet geeignete Person einholen oder jedenfalls bis zur Entscheidung in den Rechtsmittelverfahren zuwarten müssen, bevor sie weiterhin die Fallpauschale verrechne. Die seitens der BF in Missachtung der klaren Vertragsvorschriften trotz Verwarnung und Aufklärung wiederholt gesetzten Vertragsverletzungen seien als schwerwiegender Kündigungsgrund anzusehen.
Es liege jedoch eine weitere schwere Vertragsverletzung vor. So habe der Ordinationsgehilfe der BF, wofür sie einzustehen habe, in eigenmächtiger Weise ohne Konsultation der BF die Behandlung der EKVK-Patientin XXXX abgelehnt, obwohl sie wiederholt über Schmerzen geklagt habe, die er nicht beurteilen habe können. Bereits durch die Übergabe der EKVK und deren Annahme nach Erklärung des Behandlungswunsches sei zumindest konkludent - mit dem von der BF beauftragten Ordinationsgehilfen für die BF - ein Behandlungsvertrag zustande gekommen, sodass die Ablehnung der Behandlung durch den medizinischen Laien eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung zur gewissenhaften Patientenbetreuung im Sinne des § 49 Abs. 1 ÄrzteG darstelle. Eine Verwarnung sei diesbezüglich nicht erforderlich gewesen, weil die BF jedes eigenmächtige, vertragswidrige Verhalten ihres Gatten akzeptiert habe und eine Abstellung nicht zu erwarten gewesen sei.
Die wiederholte Behandlungserschwerung der EKVK-Patienten durch das Verlangen, ein ausgefülltes, selbst aus dem Internet herunterzuladendes Formular vorzulegen, sei ebenfalls vertragswidrig und erheblich, weil dies sogar dazu geführt habe, dass einer über Schmerzen klagenden Patientin die Behandlung verweigert worden sei.
Auch das unberechtigte Verweigern der Vorlage von für die Abrechnung benötigter Unterlagen über Verlangen der dafür zuständigen Ärzte der WGKK-Abteilung für Patientenabrechnung trotz Hinweis und Verwarnung sowie die provokante Übermittlung an unzuständige Organe beweise, dass das unkorrekte Verhalten der BF lediglich der Provokation der WGKK diene. Damit sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die BF unbelehrbar sei und sich nicht vertragskonform verhalten wolle. Auch dies begründe eine erhebliche Vertragsverletzung.
Die vom Ordinationsgehilfen getätigten Äußerungen hingegen, die die WGKK als herabsetzend ansehe, seien nur als persönliche, dahingesagte Kritik und nicht als ernstzunehmende Herabsetzungsäußerungen zu verstehen, wobei der WGKK zugemutet werden könne, eine solche oberflächliche Kritik auszuhalten.
Das übertriebene Anpreisen von Privatleistungen und das behauptete Erwecken der Patientenmeinung, dass die Kassenleistungen nicht ausreichend seien, würden ebenfalls keinen Kündigungsgrund darstellen, weil nicht erwiesen sei, dass die Patienten dies wirklich geglaubt hätten.
Das Unterlassen der Bestimmung des Versicherungsträgers bei Mehrfachversicherten durch den Ordinationsgehilfen sei zwar vertragswidrig, jedoch nicht erheblich, weil die Verrechnung ohnehin nur bei einem Versicherungsträger erfolgt sei und die Verwarnung vom 14.07.2014 nicht dieses Vorgehen betroffen habe.
Dass patientenbezogene Daten allenfalls auf Grund der räumlichen Verhältnisse in der Ordination der BF von anderen Patienten zufällig mitgehört werden könnten, begründe keine Vertragsverletzung, da damit kein aktives Fehlverhalten der BF erwiesen sei. Dass die BF einer Patientin bei einem namensgleichen Patienten unbedachterweise im Gespräch auch den Vornamen genannt habe, woraufhin die Patientin diesen als Schwager habe einordnen können, stelle keine Verletzung wesentlicher Vertragspflichten dar, weil damit keine der Geheimhaltung unterliegenden medizinischen Umstände zur Sprache gekommen seien.
Im Ergebnis liege nicht nur ein schwerwiegender Kündigungsgrund vor, sondern würden im Zusammenhang mit der Verletzung der Behandlungspflicht bzw. der gewissenhaften Betreuung wiederholte, nicht unerhebliche Vertragspflichtverletzungen vorliegen, sodass die Kündigung berechtigt ausgesprochen worden sei.
15. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 05.02.2016 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen formeller und inhaltlicher Rechtswidrigkeit und bekämpfte den Bescheid in seinem gesamten Umfang.
Primär machte die BF geltend, dass die gesetzliche Normierung des Verwaltungsweges einschließlich der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit betreffend ein Kündigungsverfahren eines EV zwischen einem Arzt und einem Krankenversicherungsträger verfassungswidrig sei. Da es sich hierbei um ein Vertragsverhältnis sowie die Auslegung und Einhaltung von vertraglichen Bestimmungen handle, liege eine Zivilrechtssache vor. Daher sei verfassungsrechtlich der Rechtsweg im Sinne der Zuständigkeit der Zivilgerichte geboten. Nach Ansicht der BF habe die arbeitsrechtliche Zuständigkeit Platz zu greifen, da es sich um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis handle. Die BF beabsichtige, die Angelegenheit zur verfassungsrechtlichen Klärung an den VfGH heranzutragen.
Unabhängig davon habe die arbeitnehmerähnliche Natur des gegenständlichen Rechtsverhältnisses die Konsequenz, dass eine Kündigung, für welche Kündigungsgründe vorgesehen seien, im Sinne der einschlägigen Arbeitsgerichtsjudikatur nur auf Grund vorangehender berechtigter Ermahnung zulässig sei. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Die einzige rechtskräftig abgeschlossene Angelegenheit dieser Art bestehe darin, dass die paritätische Schiedskommission mit Bescheid vom 25.08.2015, Zl. W-PSK 2/2015, ausgesprochen habe, dass eine von der WGKK gegen die BF ausgesprochene Ermahnung nicht gerechtfertigt gewesen sei.
Die BF halte ihren Einwand aufrecht, dass die Kündigung bereits deshalb nicht wirksam gewesen sei, weil kein einziges konkretes Vorkommnis angegeben worden sei, auf welches sich die WGKK stützen wollte.
Sie stehe außerdem nach wie vor auf dem Standpunkt, dass kein Kündigungsgrund vorliege:
So habe sie zur rechtlichen Klärung der Divergenzen zwischen ihr und der WGKK mehrere schiedsgerichtliche Verfahren beantragt und gebe es keine einzige rechtskräftige Entscheidung zu ihrem Nachteil. Weiters sei in keinem einzigen Fall ein Patient zu Schaden gekommen, nie sei auch nur ein Schadenersatzanspruch behauptet worden. In den Fällen echter Patientenbeschwerden sei im Gegenteil dazu immer wieder auch gesagt worden, dass ihre ärztlichen Leistungen geschätzt und als sehr positiv eingestuft würden. Auch die WGKK habe keinen Schaden erlitten und werde die Endabwicklung selbstverständlich entsprechend den noch zu ergehenden rechtlichen Entscheidungen darüber erfolgen. In einem Großteil der Fälle, insbesondere in allen Fällen von EKVK-Patienten, würden die behaupteten Vertragsverletzungen nicht auf Patientenbeschwerden, sondern auf Angaben von Beauftragten der WGKK beruhen, die sie bzw. ihren Gatten im Ordinationsempfang angelogen hätten, indem sie behaupteten, behandlungsbedürftig zu sein oder sogar Schmerzen zu empfinden. Darin sei zumindest im zivilrechtlichen Sinne ein Betrug zu sehen, weil Leistungen durch falsche Angaben erschlichen worden seien.
Bezogen auf die Verrechnung der Fallpauschale führte die BF aus, dass sie unmittelbar nach Auftreten der Auffassungsdivergenz im Sinne einer rechtlichen Klärung tätig geworden und im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Beträge nicht einmal von einer Vertragsverletzung bzw. einem Kündigungsgrund erheblicher Art zu sprechen sei. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde gebe es keine explizite gesetzliche Definition der ärztlichen Leistung, die eine Auslegungsbedürftigkeit ausschließen würde. Aus dem angefochtenen Bescheid gehe hervor, dass die BF an die Weisungen der WGKK gebunden sei, doch sei dies vertragsrechtlich nur für Dienstnehmer und keinesfalls für freiberuflich Selbständige wie der BF der Fall. Außerdem sei die Judikatur des VwGH zu § 13a GehG zu beachten, wonach die Gutgläubigkeit eines Leistungsempfanges durch den Dienstnehmer nur dann zu verneinen sei, wenn sich die Rechtswidrigkeit unmittelbar aus dem Gesetz ergebe.
Hinzu komme der von der belangten Behörde ignorierte Umstand, dass das Vorliegen einer ärztlichen Leistung immer auch dann bejaht werde, wenn bloß ein gleichartiges Rezept neuerlich ausgestellt werde, selbst wenn sich der Kontakt auf den Ordinationsmitarbeiter beschränke. Dabei handle es sich um einen derart gleichgelagerten Fall, dass nicht ernstlich behauptet werden könne, dass ein so besonders großer Unterschied bestehe, dass von vornherein zweifelsfrei feststehen würde, dass die Verrechnung in einem solchen Fall nicht möglich sei. Außerdem weise der Gatte der BF entgegen den Ausführungen der belangten Behörde zufolge der Anleitung der BF unzweifelhaft auch im Hinblick auf die medizinischen Komponenten dieser mit ihr arbeitsteilig erbrachten Leistung sehr wohl die Qualifikation für die konkrete Leistungsart auf. In einer Vielzahl von Fällen sei die Vorsorgeuntersuchung empfehlungsgemäß durchgeführt worden und sei nicht nachvollziehbar, dass die zu Grunde liegende Beratungstätigkeit nicht als ärztliche Leistung anerkannt werden solle. Angesichts der Nichtabgeltung von 89 % der gemäß Punkt 90 des Tarifs für Allgemeine Fachärzte erfolgenden diagnostisch therapeutischen Aussprachen auf dem Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten wäre der BF diese wichtige Aufklärung ohne die diesbezügliche Arbeitsteilung mit ihrem Gatten unmöglich gewesen. Es sei nicht ersichtlich, auf Grund welcher Beweise die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen sei, dass seitens der BF keine gehörige Anleitung erfolge. Selbstverständlich sei das Informationsblatt von ihr selbst ausgearbeitet worden und kontaktiere ihr Gatte sie, wenn er überfordert sei. In keinem Fall sei hervorgekommen, dass Inkompetenz bei der Beratung zu Tage getreten wäre.
Betreffend die Patientin XXXX führte die BF weiter aus, dass davon auszugehen sei, dass es sich bei ihr um eine "Spitzelpatientin" gehandelt habe, die den Behandlungsbedarf sowie ihre Schmerzen nur vorgetäuscht habe. Daher sei für die BF keine Vertragspflicht entstanden. Demnach sei ein Vertrag entweder überhaupt nicht zustande gekommen oder nur mit einer solchen Fehlerhaftigkeit, dass die Getäuschte durch entsprechende Erklärung die Unwirksamkeit herbeiführen könne. Somit liege diesbezüglich kein Kündigungsgrund vor.
Zur Behandlung von EKVK-Patienten brachte die BF vor, dass sie diesbezüglich keine Vertragspflichten verletzt habe, sondern vielmehr lediglich auf die Pflichtverletzungen durch die WGKK reagiert habe. Bei den entsprechenden Abrechnungen mit der WGKK komme es immer wieder zu Problemen und habe die WGKK keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen, um die Kopierfähigkeit der erforderlichen Unterlagen bzw. der EKVK zu verbessern. Die Eingabe der erforderlichen Inhalte in die Ordinations-EDV bedeute eine enorme Störung im Ordinationsablauf. Da dieser Missstand jedoch nicht durch die zuständigen Sozialversicherungsträger abgeschafft worden sei, habe die BF dadurch reagiert, dass die betroffenen Patienten um Formularausfüllung via Internet ersucht würden. Diesbezüglich liege außerdem eine Unvollständigkeit der Sachverhaltsermittlungen vor, bei deren ordnungsgemäßer Vornahme die belangte Behörde festzustellen gehabt hätte, dass in keinem einzigen Fall einem echten Patienten die Behandlung verweigert oder deren Zugang erschwert worden sei.
Betreffend die Ausführungen der belangten Behörde zur Auskunftserteilung durch die BF führte sie aus, dass der Vorwurf einer provokanten Vorgehensweise bereits deshalb jeder Berechtigung entbehre, da sie einen wohlbegründeten Rechtsstandpunkt vertrete und diesbezügliche Verfahren zur Klärung eingeleitet habe. Außerdem habe sie im Ergebnis alle Auskünfte erteilt und bestehe kein Fall, in welchem die Unkenntnis der WGKK zu irgendeinem konkreten Problem geführt habe. Vielmehr seien die entsprechenden Unterlagen jeweils an die chefärztliche Stelle der WGKK gesandt worden, ihren entsprechenden Rechtsstandpunkt habe sie bereits im Verfahren zur Zl. W-PSK 1/2015 dargelegt und erhebe sie die darin erstatteten Ausführungen auch im gegenständlichen Verfahren zu ihrem Vorbringen. Die belangte Behörde habe richtigerweise ausgeführt, dass die Auskunftspflicht in medizinischen Angelegenheiten nur gegenüber Ärzten der WGKK bestehe. Sie verneine jedoch fälschlich, dass es sich hierbei um den chefärztlichen Dienst handeln müsse. Vielmehr sei die Bestimmung des § 43 Abs. 3 GV in Zusammenschau mit § 49 GV dahingehend auszulegen, dass unter jenen ausgewiesenen bevollmächtigten Ärzten der Versicherungsträger lediglich jene des chefärztlichen Dienstes anzusehen seien. Zu "allen medizinischen Angelegenheiten" würden nach jedem rational denkbaren Begriffsverständnis auch "alle Fragen medizinischer Art" gehören. So würden "medizinische Fragen" auch dann "medizinische Angelegenheiten" bleiben, wenn sie nach erfolgter Behandlung zu erörtern seien und die Angemessenheit der Honorierung betreffen würden. Dabei sei zu klären, ob die Behandlung angebracht gewesen und in welche Kostenkategorie sie einzureihen sei. Da ein Jurist alleine solche Fragen nicht beantworten könne, wäre diesbezüglich ein medizinischer Sachverständiger beizuziehen, sodass medizinische Angelegenheiten jedenfalls auch betroffen seien. Die Interpretation der belangten Behörde jedoch laufe darauf hinaus, dass der chefärztliche Dienst nur für Angelegenheiten vor der Behandlung bzw. als Behandlungsgrundlage relevanter medizinischer Angelegenheiten zuständig sein solle, nicht aber für jene im Zusammenhang mit der Abrechnung bzw. Versicherungsdeckung.
Zusammenfassend sei zu erkennen, dass bei der belangten Behörde eine Grundeinstellung vorherrsche, welche von einer zu großen Nähe zur WGKK geprägt sei. Durch die gegenständliche Bestätigung der Kündigung werde auf eine Weise den Vorstellungen der WGKK gefolgt, die nicht angebracht sei.
Die BF beantragte, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihrem Antrag vom 02.09.2015, die angefochtene Kündigung als unbegründet aufzuheben, Folge gegeben werde. Außerdem stellte sie den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
16. Mit Schreiben vom 24.02.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
17. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.05.2016, Zl. W217 2122141-1/6E, wurde der Antrag der BF, ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der Landesschiedskommission für Wien vom 22.12.2015, Zl. W-LSK 1/2015, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unbegründet abgewiesen.
18. Mit Schriftsatz vom 23.08.2017 legte die BF eine Aussendung der Ärztekammer, nämlich Seite 13 aus "Doktor in Wien" vom 08.07.2017 mit folgender Passage vor: "Im Zuge ihrer Honorarabrechnung sind Auskünfte ausschließlich dem ärztlichen Personal der WGKK zu erteilen. Nicht ärztliches Personal darf während des Gespräches nicht anwesend sein." Dazu führte sie aus, dass sich daraus ergebe, dass in medizinischen Fragen von der BF Auskünfte nur gegenüber dem chefärztlichen Dienst der Gebietskrankenkasse zu erteilen wären, nicht aber gegenüber sonstigem Personal. Gleichzeitig werde darin zum Ausdruck gebracht, dass die WGKK wiederholt von ihr etwas verlangt habe, wozu sie keine Berechtigung habe.
Die WGKK erwiderte in ihrer Stellungnahme vom 28.09.2017, dass die Auskunftsverpflichtung der Vertragsärzte in medizinischen Angelegenheiten gegenüber bevollmächtigten Ärzten der WGKK bestehe, dies jedoch keinesfalls bedeute, dass es sich hierbei - wie die BF vermeine - um einen Chefarzt handeln müsse.
19. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.11.2017 führte die WGKK aus, sie habe die BF mit drei Schreiben verwarnt: Mit Schreiben vom 27.02.2014 wegen der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlages. Mit Schreiben vom 14.07.2014 wegen der Abrechnung von nichterbrachten Leistungen, Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen, der nicht vertragskonformen Benutzung des E-Card Systems und der nicht vertragskonformen Vorgehensweise im Zusammenhang mit EKVK-Patienten. Weiters mit Schreiben vom 08.04.2015 wegen der unbegründeten Ablehnung der Behandlung eines Versicherten, welche jedoch von der paritätischen Schiedskommission in der Folge aufgehoben worden sei. Die Verwarnung vom 14.07.2014 sei teilweise angefochten worden, eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes noch ausständig. Anlässlich eines amikalen Gespräches mit der BF im April 2014 sei mit dieser vereinbart worden, dass die offenen Fragen an deren Rechtsanwalt übermittelt würden, weshalb das Schreiben vom 14.07.2014 an die Brand Rechtsanwälte GmbH gerichtet worden sei. Die beiden Patienten Riedel und Schraik hätten die Ordination aufgesucht, seien jedoch nach einer für die Patienten zu langen Wartezeit wieder gegangen, ohne eine ärztliche Leistung in Anspruch genommen zu haben. Dies sei der WGKK von den Patienten in Telefonprotokollen bekannt gegeben worden. Daraufhin habe die WGKK die BF um Stellungnahme ersucht, warum in diesen Fällen die Fallpauschale und der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden seien. Worauf ihr mitgeteilt worden sei, dass die Patienten diese Formulare (Hautkrebsvorsorge) vom Ordinationsgehilfen erhalten hätten. Der Ordinationsgehilfe damals sei der Ehegatte der BF gewesen.
Nachgefragt führte die BF aus, dass wenn ihr Ehemann dieses Formular an den Patienten übergeben habe, er dazu auch eine Aufklärung getätigt und erklärt habe, warum die Kontrolle wichtig für die rechtzeitige Erkennung von Melanomen (schwarzen Hautkrebs) sei. Ihr Ehemann habe keine medizinische Ausbildung, insbesondere keinen Kursbesuch für Ordinationsgehilfen absolviert, den das Gesetz vorschreibe. Sie habe das Verwarnungsschreiben mit ihrem Mann diskutiert, der ihr gesagt habe, anderer Meinung zu sein. Da die BF keine Juristin sei, habe sie sich darauf verlassen, was ihr ihr Mann gesagt habe. Sie habe auch keinen Anwalt oder die Ärztekammer kontaktiert, sondern ihrem Mann vertraut. Jedoch sei zeitnah ein Antrag an die paritätische Schiedskommission gestellt worden hinsichtlich behaupteter zu Unrecht erfolgter Honorarabzüge. Sie habe nicht verstanden, weshalb ihr Ehemann die im Schreiben vom 14.07.2014, insbesondere in Pkt. 3 lit b, zitierte Aufklärung nicht machen dürfe. Sie wisse, dass es einen E-Card Gesamtvertrag gibt und habe auch an einer Schulung hinsichtlich des Umgangs mit der E-Card teilgenommen. Sie sei der Meinung gewesen, dabei habe es sich um eine Empfehlung gehandelt. Ihr Ehemann sei 10 Jahre im Gesundheitsministerium und vorher ca. 30 Jahre bei der WKÖ tätig gewesen.
Die Vorsorgeuntersuchung für den Hautkrebs habe allein die BF gemacht, dazu brauche man eine eigene Ausbildung und habe die BF auch Kurse darüber gemacht.
Habe sie ein Rezept verschrieben und der Patient brauche ein neues Rezept, habe zwar ihr Mann, wenn sie geschrieben habe "Rezept weiterausstellen" das Rezept weiter ausgestellt, die BF unterschreibe aber das Rezept persönlich. Sie unterschreibe jedes Rezept selber, es gebe keine Blanko.
Jeder Patient und jede Person, die zur Anmeldung gekommen sei, habe das Informationsblatt über Hautkrebsvorsorge samt Aufklärung von ihrem Mann erhalten. Damit berechne sie bereits die Fallpauschale. Wenn jemand die Ordination vor einer ärztlichen Konsultation durch die BF verlasse, habe sie es so verstanden, dass die Fallpauschale dennoch gerechtfertigt von ihr berechnet worden sei. Nachgefragt bestätigte die BF, selbst wenn ein Patient zu ihr gekommen sei, etwa wegen eines Ausschlages am linken Unterarm, habe dieser Patient jedenfalls das Aufklärungsformular von ihrem Mann bekommen. Selbst wenn dann der Patient aus irgendeinem Grund die Ordination verlassen habe und der Ausschlag von der BF nicht angesehen und behandelt wurde, habe sie trotzdem die Fallpauschale für die Tätigkeit ihres Mannes verrechnet.
Bezüglich der Vorgangsweise in der Ordination, wenn ein Patient eine EKVK vorgelegt hat, erläuterte die BF, dass früher der Patient ein Formular der WGKK ausfüllen habe müssen. Er habe bei der Anmeldung die Karte zum Kopieren gegeben. Da alles händisch ausgefüllt habe werden müssen, auch beide Adressen (Österreich und Heimatadresse), habe es immer einen Stau in der Anmeldung gegeben. Auch habe man die eingescannten Patientendaten an die WGKK schicken müssen. Manchmal habe sie die Meldung erhalten, Dokumente seien nicht gut lesbar und sei sie dann nicht bezahlt worden. Deshalb habe sie ein von der WGKK aufgelegtes Formular direkt an eine zuständige Mitarbeiterin für die europäischen Patienten der WGKK geschickt, welche ihr dann bestätigt habe, dass der Patient von der WGKK bezahlt wird. Dennoch sei manchmal nicht bezahlt worden. Deshalb habe sie ein von der WGKK entworfenes Formular auf ihre Homepage gestellt, welches der Patient runterladen, ausfüllen und an sie schicken habe können. Wenn er dann in die Ordination gekommen sei, habe schon die Bestätigung von der WGKK vorgelegen, dass die Leistung durch die WGKK bezahlt werde. Der Kommentar, der mit "EKVK-Papierkrieg" betitelt ist, sei von ihr erstellt worden.
Auf den Einwand der WGKK, aus den Beilagen 8 (Bericht von Frau XXXX vom 11.06.2015) und 9 (Bericht von Frau XXXX vom 16.06.2015) ergebe sich, dass die Patienten mit einer EKVK vom Ehegatten der BF gebeten wurden, das Formular zu Hause herunterzuladen, auszufüllen, der BF in die Ordination zu schicken - erst dann könnten sie einen Termin ausmachen, antwortete die BF, dass dies ja nicht schlecht sei. Dass man einen Termin ausmachen müsse, sei in vielen Ordinationen so. Als Kassenpatient, wenn man nicht eine EKVK, sondern eine normale E-Card besessen habe, habe man bei ihr keinen Termin ausmachen müssen. Die Vorschrift, wonach Personen mit einer EKVK komplizierter behandelt würden als Patienten mit einer E-Card, habe die WGKK erstellt. Es sei ihr nicht bewusst gewesen, dass es sich hierbei um ein rechtswidriges Verhalten handle.
Die WGKK verwies auf das Schreiben vom 12.05.2014 und führte aus, dass bei Patienten mit einer EKVK der Arzt an die WGKK eine Kopie der EKVK mit Ordinationsstempel und Datum des Behandlungsbeginns schicken müsse. Zusätzlich müsse der Arzt einen Lichtbildausweis des Patienten überprüfen. Der Arzt könne entweder das Formular verwenden oder er entscheide sich für die eben genannte Möglichkeit. Auch sei im Gesamtvertrag geregelt, dass, wenn die festgelegte Vorgangsweise vom Vertragsarzt eingehalten werde, sich die Kasse verpflichte, die Leistungen zu honorieren, selbst dann, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass doch kein Anspruch besteht. Die für EKVK zuständige Abteilung der WGKK habe bekanntgegeben, dass die für die Honorierung erforderlichen Unterlagen von der BF in einem konkreten Fall nicht übermittelt worden seien.
Da die WGKK seit Beginn 2014 mit der BF zahlreichen Schriftverkehr und viele Verfahren (ein amikales Gespräch über die Fälle, die im Schreiben vom 14.07.2014 behandelt seien, und zusätzlich viele E-Mails, und die Verfahren die daraus resultierten) führe - es seien laufend Beschwerden von Patienten eingetroffen, weshalb die WGKK überprüfen habe wollen, ob die BF ihr Verhalten geändert habe - habe sie sich dazu entschlossen, Testpatienten einzusetzen. Es gebe dazu eine Firma, die sie kontaktiert habe. Die WGKK erstelle ein Anforderungsprofil, diese Firma suche dann Testpersonen aus.
Die Zeugin XXXX führte in der mündlichen Verhandlung aus, sie sei in Bayern geboren und wohne derzeit in Wien. Sie sei vor 11 Jahren privat in der Ordination der BF gewesen, vor ca. 2 Jahren im Auftrag ihrer Firma. Sie arbeite bei einer Firma, die Tests bei verschiedenen Einrichtungen durchführe. Sie werde beauftragt, Verhaltensweisen zu prüfen und zu testen und dazu ihre Meinung abzugeben. Sie sei in die Ordination gekommen, Wartebereich und Empfang würden sich in einem Raum befinden. Vor ihr habe sich eine Dame befunden, die noch 5 Euro bezahlt habe. Dann sei sie schon drangekommen. Dort sei ein älterer Mann, der Ehemann der BF, gesessen. Sie habe gewusst, dass es sich dabei um den Ehemann der BF handelte. Sie sei zu ihm mit der EKVK eines deutschen Versicherungsträgers (AOK) gegangen und habe gesagt, sie habe arge Schmerzen in den Beinen und würde gerne zur BF gehen. Daraufhin habe er die Karte genommen, gedreht und gesagt, was das Komisches sei. Er habe sich die Frage dann selbst beantwortet mit "ach so eine ist das" und ihr gesagt, mit so einer könne sie nicht zur Frau Doktor gehen, weil es mit der Karte immer wieder Schwierigkeiten gebe und er dann auf der Rechnung sitzen bleibe. Sie habe eingewandt, das verstehe sie nicht, da sie des Öfteren schon bei Ärzten gewesen sei und es mit der Karte nie Probleme gegeben habe. Er habe darauf so etwas gesagt, wie "die kennen sich alle nicht aus die Kassen und die Ärzte". Er würde sich auskennen und sie deshalb nicht drannehmen. Sie habe darauf gesagt, sie habe wirklich starke Schmerzen und halte es nicht aus. Daraufhin habe er erwidert, sie solle ins Internet gehen, auf die Homepage der Ärztin das Formular ausfüllen und es mitbringen. Dann würde er überprüfen, ob sie drankommen könnte. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich ca. 8 bis 10 Patienten im Warteraum befunden. Hinter ihr sei im Wartebereich eigentlich niemand mehr gewesen. Wäre das entsprechende Formular aufgelegen, hätte sie dieses sofort vor Ort ausfüllen können, sie habe ihre Karte und den Reisepass immer dabei. Sie habe auch im Laufe des Gesprächs mehrfach betont, starke Schmerzen zu haben, doch habe er gesagt, er könne da jetzt auch nichts machen, sie solle das Formular aus dem Internet herunterladen. Sie mache diesen Beruf schon einige Jahre, sei privat auch schmerzgeprägt und gehe nicht fröhlich in eine Ordination. Sie habe sich gebückt und an das Bein gegriffen und auch glaubhaft dargestellt, dass die Schmerzen da seien. Wirkliche Schmerzen habe sie zu dem Zeitpunkt nicht gehabt. Sie sei nicht gefragt worden, ob sie Internet habe. Er habe immer nur darauf hingewiesen, auf der Homepage sei dieses Formular, sie solle es ausfüllen und übermitteln, dann würde er es prüfen. Auch habe er die Ärztin nicht geholt, als sie gesagt habe, sie habe Schmerzen. Die Ordination der BF sei mit dem Lift erreichbar, es sei kein beschwerlicher Weg, auch unter Schmerzen sei die Ordination erreichbar. Ebenso sei sie nicht gefragt worden, ob sie vielleicht vorweg auf eigene Rechnung behandelt werden wolle, oder dass die Kasse angerufen werden solle. Es sei ein "Abwimmeln" gewesen, sie sollte das Formular ausfüllen und dann irgendwann wiederkommen. Sie habe sich in der Ordination aufgrund der AOK Karte peinlich gefühlt. Es sei ja alles in einem Raum gewesen und habe den Eindruck eines Betruges erweckt. Sie sei von den anderen Patienten teilweise bemitleidend angeschaut worden, teilweise aber auch wie eine Betrügerin.
Der Zeuge Dr. XXXX führte aus, dass die BF seine Ehefrau sei. Seit Februar 2013 sei er im Ordinationsbereich tätig. Er bestätigte, über keine medizinische Ausbildung zu verfügen.
Das Informationsblatt über Hautkrebsvorsorge sei von der BF erstellt und von ihm als ärztliche Hilfsperson gem. § 49 Abs. 2 ÄrzteG verteilt und erklärt worden.
Er habe all jenen Patienten, die Erstpatienten waren, sowie jenen Patienten, die einen Anspruch hatten auf die Momentbetrachtung zur Hautkrebsdetektion nach dem Tarif der WGKK, das Formular ausgehändigt und erklärt. Die Übergabe und Erläuterung sei unmittelbar nach Eingabe der E-Card erfolgt. In diesem Zusammenhang verwies er auf das im Empfangsbereich angeschlagene Hinweisblatt. Er führte aus, er habe verwiesen auf den Text, den die BF geschrieben habe. Er habe darauf hingewiesen, worum es gehe, nämlich, eine Entscheidung zu treffen, ob die Patienten es dabei bewenden ließen, ausschließlich eine kassengedeckte Momentbetrachtung in Anspruch zu nehmen oder ob sie dem aktuellen Stand der Medizin entsprechend darüber hinaus die Vergleichsanalyse in Auftrag geben würden. Er habe erläutert, dass diese Vergleichsanalyse als Bodymaping durchgeführt werden solle, das EUR 200,-- koste. Er habe zwar keine medizinische Ausbildung, sei aber dennoch in der medizinischen Aufklärung tätig gewesen, so weit wie es sich um die angesprochene Hautkrebsaufklärung samt Bodymaping gehandelt habe. Er sei Ordinationshilfe, dafür bedürfe es keiner Ausbildung, da er medizinisch nichts mache. Er checke z.B. die E-Card, teile Termine ein, beantworte Telefonanfragen, wie etwa wann die Ordination geöffnet hat, und teile Sperrtage mit. Er informiere wartende Patienten, wie lange es voraussichtlich noch dauern würde, beruhige und berate die Patienten zu der Frage, ob es gescheit sei zu gehen und später wiederzukommen.
Er kläre nicht nur über reine Privatleistungen auf, sondern auch über kassengedeckte Leistungen. Speziell verwies er in der mündlichen Verhandlung auf das Informationsblatt, worin seine Frau formulierte, dass sie dringend empfehle, wenigstens das zu tun, was kassengedeckt sei, nämlich die Momentbetrachtung. Ihm als Laie und Pensionist sei vollkommen klar, dass die von der WGKK als vertragliche Leistungen vorgesehenen Hautkrebsuntersuchungen als nicht dem "State of the Art" entsprechend seien. Wenn im Bereich der Dermatologie das Propagandawort, der Slogan, gelte, "alles Wichtige gibt es auf Kasse", so stimme das nicht.
Wenn ein Erstpatient zu ihm in die Ordination gekommen sei und er ihm das Formular über die Hautkrebsuntersuchung ausgehändigt und erklärt habe und über Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen informiert habe, habe er dafür noch keine Fallpauschale verrechnet. Die Fallpauschale sei vom Computer berechnet worden. Er könne ausschließen, dass in der Ordination, in der er als Gehilfe tätig war, jemals eine Fallpauschale für eine Beratung über Hautkrebsvorsorge verrechnet wurde, ohne dass ein Patient von der BF tatsächlich gesehen wurde. Anderes habe er auch vor der Landesschiedskommission nicht gesagt, es sei allerdings anders protokolliert worden. Das Protokoll sei erst lange nach der Entscheidung übermittelt worden.
Wenn ein Patient in die Ordination der BF gekommen sei, habe er die E-Card verlangt und gesteckt. Wenn die BF dann den Patienten nicht gesehen habe, zB. weil dieser auf Grund der langen Wartezeit die Ordination wieder verlassen musste, habe er nicht automatisch eine Stornierung der E-Card Steckung durchgeführt. Habe ein Patient jedoch eine Stornierung verlangt, habe er mit dem Patienten gesprochen und ihm angeboten, zu einem ihm angenehmeren Zeitpunkt zu kommen. Es sei niemals dazu gekommen, dass Patienten, die sich dieses Angebot angehört hätten, nicht wiedergekommen wären. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass Patienten nicht wiederkommen wollten und die WGKK um Stornierung gebeten hätten.
Die WGKK verwies auf Beilage 5, Telefonprotokoll mit Frau XXXX :
Diese sei keine Testpatienten, sondern habe sich aus eigenem Antrieb bei der WGKK gemeldet. Sie habe die Ordination der BF aufgesucht, die Formulare (Hautkrebsvorsorge) von ihm erhalten und dann die Ordination verlassen, ohne eine ärztliche Leistung der BF erhalten zu haben. Sie habe sich dann entschlossen, zu einer anderen Hautärztin zu gehen, allerdings dort erfahren, dass ihre E-Card gesperrt sei. Daraufhin habe sie noch einmal die Ordination der BF aufgesucht und ersucht, die Konsultation zu stornieren. Danach sei ihr vom Ordinationsgehilfen mitgeteilt worden, dass er die Konsultation nicht stornieren könne, da die Ausgabe des Informationsblattes bereits eine Leistung gewesen sei. Dies habe die Patientin gegenüber der WGKK angegeben. Bei Frau XXXX sei keine Fallpauschale verrechnet worden.
Der Zeuge erwiderte, es könne nur ein Irrtum von der Patientin gewesen sein. Er habe sie auf den Stammpatientenservice hingewiesen. Die Aussage, dass er ihr gesagt hätte, er wolle sie nicht stornieren, könne nicht richtig sein. Er verweise auf den Anschlag im Kiosk, wann die Behandlung beginne.
Die WGKK verwies weiter auf Beilage 22 (Telefonprotokoll mit Frau XXXX vom 20.03.2014): Diese habe ebenso die Ordination verlassen, wegen zu langer Wartezeit. Diese habe ebenfalls ersucht, die Steckung zu stornieren und auch bei ihr sei die Steckung nicht storniert worden. Bei Frau XXXX sei jedoch sehr wohl eine Fallpauschale verrechnet worden. Hierzu bestätigte der Zeuge, dass es sehr wohl Fälle gebe, in denen die BF die Verzeichnung der Leistung der Befundbeurteilung durchgeführt habe, obwohl sie den Patienten nicht persönlich gesehen habe.
20. Mit Schreiben vom 21.11.2017 brachte die BF ergänzend vor, der VwGH habe in seinem Erkenntnis vom 12.10.2017, Ro 2017/08/0008, zum Ausdruck gebracht, dass ein Honorierungsanspruch unter anderem auch daraus resultiere, dass ein eingeholter medizinischer Befund vom behandelnden Arzt in Abwesenheit des Patienten ärztlich beurteilt werde.
Die BF verwies auf die Gutgläubigkeitsjudikatur des VwGH. Demnach sei Gutgläubigkeit gegeben, wenn ihr nicht der direkte Gesetzeswortlaut entgegen stehe. Der VwGH verwende dafür die Formulierung "offensichtlich falsche Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet" (Zl. 2006/04/0 103). Es könne keine Rede davon sein, dass die BF in irgendwelchen Einzelfragen den Rahmen des Vertretbaren überschritten hätte, wodurch ihr Verhalten insgesamt auch nur in die Nähe einer Kündigungsrechtfertigung käme. Besonders hebe sie hervor, dass auch die Interpretation der §§ 43 und 49 des Gesamtvertrages über die Auskunftspflicht und den chefärztlichen Dienst jeweils für sich und in ihrem Zusammenhalt nicht einfach sei und schon gar nicht komme man einfach oder überhaupt bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu einer Auslegung im Sinne der WGKK. Die Beschränkung der Informationspflicht in medizinischen Angelegenheiten auf den chefärztlichen Dienst sei nicht nur nach grammatikalisch-logischer sowie systematischer Interpretation eindeutig gegeben, sondern nur diese sei sachgerecht sowie datenschutzrechtlich unbedenklich. Die WGKK habe bis dato auch nicht bekannt gegeben, welches konkrete einzelne Klärungserfordernis dem Verlangen auf Übermittlung einer kompletten Krankengeschichte zu Grunde liege.
Weiters führte die BF aus, dass den Vertragsarzt keine Verpflichtung treffe, Patienten sofort zu behandeln, welche unangemeldet in der Ordination erschienen oder Patienten sofort einen Termin zu geben. Die BF biete für Kassenpatienten eine günstigere Regelung, die darin bestehe, dass sie noch am gleichen Tag ihres Anrufes kommen konnten und in der Reihenfolge ihrer Kontaktaufnahme behandelt wurden. Das sei für sie und ihre Mitarbeiter jedoch überhaupt nur bewältigbar gewesen, da es ihm GINA- System möglich sei, mit E-Card-Applizierung Patienten in Sekundenschnelle verwaltungstechnisch abzuwickeln. Es sei jedoch gänzlich unmöglich gewesen, dabei auch die EKVK-Versicherten einzubeziehen. Für diese sei ein enormer Mehraufwand durch Eingabe verschiedener Daten bzw. Angaben auf händische Weise erforderlich und sie hätte die ganze Regelung nicht aufrecht halten können, wenn sie die EKVK-Versicherten in die Behandlung nach Reihenfolge im dargestellten Sinn einbezogen hätte.
21. Mit Stellungnahme vom 06.12.2017 gab die WGKK die Namen und Adressen jener Patienten bekannt, die ihr gegenüber angegeben hätten, die Ordination der BF ohne ärztlicher Leistung verlassen zu haben. In sämtlichen Fällen seien die Konsultationen nicht nur nicht storniert, sondern darüber hinaus auch die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden, was sich den Beilagen /.I -VII ergebe. Laut dem Protokoll der Verhandlung vor der paritätischen Schiedskommission zu W-PSK 11/2014 vom 10.03.2015 hätten die Patienten XXXX , XXXX und XXXX ihre Angaben der Telefonprotokolle, keine ärztliche Leistung erhalten zu haben, bereits bestätigt. Frau XXXX habe den Ordinationsgehilfen sogar ersucht, ihre Konsultation wieder zu stornieren. In der Verhandlung vom 28.04.2015 vor der paritätischen Schiedskommission habe die BF selbst angegeben, dass bei den Patienten XXXX und XXXX keine in der Honorarordnung angeführte Leistung erbracht worden sei, sie die Patienten auch nicht gesehen habe und kein Rezept ausgestellt worden sei. Lediglich in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.11.2017 habe der Zeuge Dr. XXXX auf einmal ausschließen können, dass in solchen Fällen die Fallpauschale verrechnet wurde. Der BF seien die offenen Fragen im Anschluss an das Gespräch am 24.04.2014 mit Schreiben vom 30.04.2014 wie vereinbart übermittelt worden, wobei auch hier aufgrund der Fragestellung deutlich erkennbar gewesen sei, dass eine Leistung erbracht werden müsste, um die Fallpauschale verrechnen zu dürfen. In einem Antrag vom 05.10.2014 an die paritätische Schiedskommission (GZ W-PSK 11/2014) habe die BF neuerlich ausgeführt, dass die Verrechnung der Fallpauschale aufgrund der Aufklärung durch den Zeugen Dr. XXXX gerechtfertigt sei. Mit Gegenschrift vom 20.11.2014 habe die WGKK erneut ausgeführt, dass das Mitteilen der Information durch Dr. XXXX , dass die Möglichkeit bestehe, eine jährliche Muttermalkontrolle auf Kosten der WGKK in Anspruch zu nehmen und darüber hinaus eine privat zu bezahlende Vergleichsanalyse durchführen zu lassen, keine Leistung darstelle, die die Verrechnung der Fallpauschale rechtfertige. Obwohl der BF die vertragskonforme Vorgehensweise viele Male mitgeteilt worden sei, habe sie ihr Verhalten beharrlich fortgesetzt und die Fallpauschale und den fachspezifischen Zuschlag vertragswidriger Weise in den Fällen XXXX , XXXX , XXXX und XXXX neuerlich verrechnet.
22. Die für den 20.03.2018 anberaumte Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wurde auf Ersuchen der BF vertagt. In einer ergänzenden Äußerung vom 27.02.2018 führte die BF aus, ihr Ehemann sei in ihrer Ordination als Ordinationshilfe ohne medizinische Ausbildung tätig. Das Medizinische sei in dem von ihr verfassten Informationsblatt enthalten. Seine Gespräche mit den Patienten hätten sich auf jene Erläuterungen und Bekräftigung beschränkt, durch die der wesentliche Inhalt dieses Informationsblattes den Patienten mit der erforderlichen Eindringlichkeit bewusst gemacht werde. Seine der BF über die Ordinations-EDV zugänglichen Scans von durch Patienten ausgefüllten Checklisten-Formularen und allenfalls mitgebrachten Befunden, seine Wartelistenanmerkungen, Karteinotizen und internen Mitteilungen würden es ihr ermöglichen, sich schon auf die von ihr persönlich zu leistenden Behandlungsschritte vorzubereiten bzw. Dispositionen zu treffen für medizinische Anamnesen ihrer medizinischen Assistenz. Sie sehe nach wie vor keinen rechtlichen Grund dafür, darin keine zu honorierende Leistung ihrerseits zu erblicken. Dass die Kassenbehandlung mit Präsentation der E-Card beginne, werde den in die Praxis Kommenden klargemacht durch Aushang über den Behandlungsbeginn und der beim Patientenempfang aufliegenden Stammpatientenregelung.
Der VwGH habe in seinem Erkenntnis vom 12.10.2017, Ro 2017/08/0008, eine klare Aussage dahingehend getroffen, dass die Sichtung bzw. Auswertung eines Befundes eine zu honorierende ärztliche Leistung darstelle. Daraus ergebe sich zwingend die Unrichtigkeit des von der WGKK beliebten Grundsatzes, dass nur ärztliche Leistungen unmittelbar am Patienten zu honorieren seien.
In Ansehung von Kündigungen sei zu differenzieren zwischen Auffassungsunterschieden bei Geltendmachung von Ansprüchen und vertragswidrigen die Vertragspflichten verletzenden Handlungen. Die Geltendmachung eines Anspruches, der letztlich aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung als nicht gegeben erachtet werde, stelle keine einen Kündigungsgrund bildende Vertragsverletzung dar, weil kein Vertrag es einem Vertragspartner verbiete, dem anderen Vertragspartner gegenüber alles geltend zu machen, was ihm seiner redlichen Überzeugung nach zustehe.
Aus § 105 Abs. 3 Z 1 lit. a ArbVG gehe hervor, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zulässig sein dürfe, dass ein gutgläubig seine Rechte geltend machender Vertragsarzt durch Kündigung bestraft werde, sich die Gebietskrankenkasse eines solchen Arztes als eines unliebsamen Partners entledige. Die BF habe in allen relevierten Angelegenheiten gutgläubig gehandelt: Sie habe EKVK-Versicherten ermöglicht, die ihnen durch die von der WGKK zu vertretende Unmöglichkeit, ihre Kassenbehandlungs-Anspruchsberechtigung gleich rasch nachzuweisen wie in Österreich sozial Krankenversicherte, damit zu kompensieren, dass sie den EKVK-"Papierkrieg" von ihrer Homepage herunterladen und nach Formularausfüllung die Kopie eines Personalausweises an die BF mailen konnten mit dem Ergebnis, dass sie so zu ihrer Kassenbehandlung kommen konnten, als hätten sie eine österreichische E-Card. Sie habe somit nicht auf EKVK zu Behandelnde diskriminiert, sondern sei ihre Vorgangsweise für diese vorteilhaft gewesen. Dadurch hätten sie bereits bei ihrem ersten Kommen die Stammpatientenregelung ansprechen können. An dem Tag, an welchem sie nach der durch die BF gemailten Abklärung ihres EKVK-Kassenbehandlungsanspruchs in die laufenden Kassenordinationszeiten kommen wollten, seien sie schon auf ihren Anruf in die Warteliste gekommen und hätten dabei erfahren, wann sie voraussichtlich aufgerufen würden. Tatsächlich Patientenbeanstandungen begründet haben mag nur, dass Patienten zur Kenntnis nehmen mussten, dass sie punkto Facharztwahl für ein Quartal blockiert waren, weil es zu einer E-Card-Applikation durch die BF gekommen sei, sie sich aber wegen zu langer Wartezeit vor der ärztlichen Behandlung durch die BF persönlich wieder aus dieser entfernten. Sie habe auch den Patienten gegenüber, bei welchen es im vorigen Sinne nicht zu einem ärztlichen Gespräch mit ihr persönlich gekommen sei, durch die Hautkrebsvorsorgeberatung auf Basis des von ihr erstellten Informationsblattes in Verbindung mit der Bekräftigung und Erläuterung durch ihren Ehegatten eine abzugeltende Leistung erbracht. Dies sei über Auftrag geschehen, der Patient habe durch die Aushändigung der E-Card deklariert, dass er die medizinische Dienstleistung der BF in Anspruch nehmen wolle. Durch einen Aushang in der Ordination habe sie auch klar gemacht, dass sie den Beginn der Leistungserbringung durch sich in eben diesem Sinne verstehe; ihres Erachtens sei dies aber auch unabhängig davon gültig. Insofern die Stammpatientenregelung von die Praxis Verlassenden nicht ausdrücklich abgelehnt wurde, habe sie davon ausgehen können, dass sie die über ihren Ehemann applizierte Hautkrebsaufklärung als Behandlung der WGKK zu verzeichnen berechtigt gewesen sei.
23. Am 20.06.2018 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt. Dabei erläuterte die WGKK, dass sie ein anonymes Schreiben erhalten habe, wonach u.a. die Abrechnung der BF nicht in Ordnung sein solle. Sie hätte daraufhin Patienten angeschrieben. Frau XXXX und Herr XXXX hätten darauf geantwortet. Eine Ärztin habe dann mit den Patienten gesprochen, so sei es zu den im Akt befindlichen Telefonprotokollen (Beilagen 22 und 23) gekommen. Für diese beiden Patienten sei eine Fallpauschale verrechnet worden, ohne dass hier ein persönlicher Kontakt mit der BF an diesem Tag stattgefunden habe. Aus Beilage VI. und VII. gehe hervor, dass die BF diese Leistung in Rechnung gestellt, konkret die Fallpauschale plus den fachspezifischen Zuschlag und die WGKK dies honoriert habe. Insgesamt habe die WGKK 10 Testpatienten eingesetzt, nämlich Frau und Herrn XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Herrn XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX und Frau XXXX . Frau
XXXX habe sich am 29.04.2015 telefonisch gemeldet, weil ihre E-Card gesperrt gewesen sei aufgrund des Besuches bei der BF. Frau XXXX habe zu einem anderen Hautarzt gehen wollen, weil sie bei der BF nach zu langer Wartezeit gegangen sei, sie wollte die Freischaltung ihrer E-Card erwirken. Der Grund für den Einsatz der Testpatienten sei darin gelegen, zu überprüfen, ob die BF sich nun an die Information der WGKK gehalten habe, dass sie keine Leistungen abrechnen dürfe, wenn sie keine erbracht habe. Anlassfall sei die Beschwerde von Frau XXXX gewesen: Nach der Verwarnung habe sich Mitte April die Patientin über genau den Umstand beschwert, weswegen die WGKK die BF verwarnt habe. Der Rechtsvertreter der BF wandte hierauf ein, dass "Mitteilungen und Belehrungen" der WGKK nichts Anderes seien als Meinungsbekundungen eines von zwei Vertragspartnern. Die WGKK könne nicht belehren, sie könne nur eine Meinung vertreten, die BF müsse sich dieser Meinung nicht anschließen.
Den Ablauf, wenn in ihre Ordination Patienten mit einer E-Card gekommen sind, schilderte die BF so, dass jene Patienten, die schon vorher bei ihr gewesen seien und deren Daten sie bereits gehabt habe, die Möglichkeit gehabt hätten, an dem Tag, an dem sie kommen wollten, anzurufen. Dann seien sie in die Warteliste gesetzt und informiert worden, wann sie ungefähr drankommen würden. Jemand, der neu gewesen sei und angerufen habe, sei informiert worden, er könne ohne Termin kommen, wann er wolle, auch sofort. Dadurch seien die Wartezeiten bei der BF manchmal länger und manchmal kürzer gewesen. Patienten mit einer EKVK hätten vor Jahren ein Formular ausfüllen müssen, doch hätten sich heimische Patienten geärgert, dass alles lang dauere. Daher habe die BF die Möglichkeit eingeräumt, ein Formular von ihrer Homepage herunterzuladen, selber auszufüllen und zu kommen. Dadurch hätten sich die Wartezeiten merklich verkürzt. Das Formular stamme von der WGKK. Die BF habe dieses Formular immer verwendet, weil sie es per E-Mail geschickt habe, um die Bestätigung zu bekommen, dass die Behandlung bezahlt werde. Die Behandlung von europäischen Patienten sei oft abgelehnt worden. Hierauf wandte die WGKK ein, dass es zwar ein Formular der österreichischen Sozialversicherung gebe, das im Falle von EKVK-Patienten benutzt werden könnte aber nicht müsste. Auch im Gesamtvertrag stehe, dass der Vertragspartner es benutzen könne. Die BF erwiderte, sie könne sich nicht erinnern, ob es ein Rundschreiben gegen habe, wie man aus Sicht der WGKK mit EKVK Patienten umzugehen habe, jedenfalls sei ein Formular geschickt worden. Die WGKK verwies auf ihr Schreiben vom 23.11.2009 (Beilage 26), worin es um EKVK Patienten gegangen sei. Zwar gehe es auch um die verlangten 50 Euro, in diesem Schreiben stehe aber auch, dass die EKVK genüge und dass Formulare dazu nicht erforderlich seien. Es werde darin klargestellt, dass, werde die gültige EKVK vorgelegt, der Vertragspartner auf Rechnung der WGKK diesen Patienten behandeln müsse und könne er darauf vertrauen, dass diese Posten auch bezahlt würden.
Der Hauptverband habe gemeinsam mit der österreichischen Ärztekammer festgelegt, dass als Möglichkeit auch ein Formular zur Verfügung gestellt werden müsse, darum stelle die WGKK dieses zur Verfügung. Doch selbst wenn dieses Formular verwendet werde, müsse entweder vom Vertragspartner oder vom Versicherten händisch etwas abgeschrieben werden, das auf der EVKV stehe, wie z.B. die EKVK-Nummer. Schreibfehler würden in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Kostenübernahme abgelehnt werden müsse, weil es sich um keine gültige EKVK-Nummer handle. Dieses Problem werde verhindert, indem die Rückseite, also die EKVK kopiert und an die WGKK übermittelt werde, darauf seien alle Daten vorhanden, die zum Abrechnen mit anderen Versicherungsträgern erforderlich wären. Schwierigkeiten mit der Bezahlung habe es in einem Fall gegeben, da habe die BF die notwendigen Unterlagen nicht übermittelt. Im Zuge einer anonymen Beschwerde habe die WGKK begonnen, sich mit der BF auseinanderzusetzen. Sie habe sich deren Homepage angeschaut, auf der nachzulesen gewesen sei, dass im Fall der Inanspruchnahme mittels der EKVK ein Einsatz verlangt werde, nämlich 50 Euro, und dass das Formular von der Homepage ausgefüllt werden müsse. Aufgrund dessen habe die WGKK, als sie den Testpatienten-Einsatz geplant habe, auch diesen Bereich in die Überprüfung miteinbezogen.
Woran sich die WGKK stoße sei, dass ein Patient abgewiesen werde, wenn er dieses Formular nicht ausfüllte. Es sei nicht verboten, dieses Formular von den Patienten zu verlangen. Aber Patienten, die dieses Formular nicht ausfüllen würden, abzuweisen, das sei nicht in Ordnung. So seien jedenfalls die zwei Testpatienten, Frau XXXX und Frau XXXX (Beilage 8) abgewiesen worden, weil sie das Formular nicht ausgefüllt hätten. Aus Beilage 8 ergebe sich, dass es noch einen weiteren Fall gegeben habe.
Der Rechtsvertreter der BF erwiderte, auch Frau XXXX sei Testpatientin, da könne kein Behandlungsbedarf bestanden haben, daraus könne nichts abgeleitet werden.
Die BF gab auf Nachfragen an, dass es seit etwa 5 Jahren in ihrer Ordination keine Möglichkeit mehr gegeben habe, für EKVK Patienten dieses Patientenerklärungsformular sofort auszufüllen, ohne es vorher downloaden zu müssen. Die BF habe gedacht, dass es für den Patienten günstiger sei, wenn er es vorher vorbereite, dann brauche er nicht so lange zu stehen bei der Anmeldung.
Hinsichtlich des Schreibens vom 08.04.2015 (Beilage 27) führte die WGKK aus, die BF sei aufgefordert worden, eine Krankengeschichte zu übermitteln zur Beurteilung, ob die verrechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden. In diesen Schreiben sei jeweils ein Arzt angeführt gewesen, an den die Unterlagen zu schicken wären. Jedes Mal, wenn die WGKK Krankengeschichten von der BF haben wollte, hätte sie diese nur mit sehr vielen Schwierigkeiten bekommen. Der Rechtsvertreter der BF wandte ein, der VwGH habe im Erkenntnis Ra 2017/08/0080-7 bestätigt, dass die Übermittlung der kompletten Krankengeschichte nicht zulässig sei. Die WGKK räumte ein, dass die BF niemals verwarnt worden sei, dass sie ihre Unterlagen/Anfragen an eine bestimmte Abteilung zu schicken habe.
Der Zeuge, Mag. XXXX , führte in der mündlichen Verhandlung aus, er sei am 15.06.2015 das erste und einzige Mal in der Ordination gewesen, die BF selbst habe er jedoch nicht gesehen. Er habe beim Empfang einem älteren Herrn, von dem er anlässlich eines Telefongespräches, das er mitgehört habe, herausgehört hätte, dass es sich um den Ehemann der BF handelte, gesagt, dass er bei sich eine Allergie vermute und deswegen die Ärztin sprechen wolle. Dann habe er gleich zu Beginn eine Checkliste sowie einen Informationszettel bezüglich einer Hautkrebsvorsorge mit den Worten:
"Die Checkliste ist auszufüllen und das andere Dokument dient zur Information", vom Ehemann der BF bekommen. Daraufhin sei er gebeten worden, Platz zu nehmen und die Checkliste auszufüllen. Das habe er gemacht und die Checkliste abgegeben, welche eingescannt worden sei. Dann habe er gewartet, jedoch nach einiger Zeit gesagt, dass er wieder wegmüsse, weil er einen Anruf bekommen habe. Der Ehemann der BF habe ihm erläutert, es wäre eine gute Idee, wenn er sich registrieren ließe, damit er eine Kundennummer bekomme. Ungefragt habe er diese Kundennummer dann einfach bekommen mit der Information, beim nächsten Mal könne er anrufen und einen Termin ausmachen. Die Kundennummer sei dann auf ein Post-it geschrieben worden, welches auf seine E-Card geklebt worden sei. Dann habe er die Ordination verlassen. Er sei an diesem Tag nicht in Behandlung bei der BF gewesen. Nachgefragt führte der Zeuge aus, dass ihm gesagt worden sei, dass er gleich eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung im Zuge des Termins bekomme. Erläutert wurde ihm das Informationsblatt nicht, es habe nur geheißen, er möge es bitte durchlesen. Auf die Frage, ob er es unterschreiben solle, habe es geheißen, nein, nur durchlesen. Die Untersuchung werde gleich gemacht, wenn er schon da sei. Die WGKK wies auf Beilage ./II hin und brachte vor, dass die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden seien.
Die Zeugin Bakk.phil. XXXX führte in der mündlichen Verhandlung aus, sie sei als Testpatientin am 23.06.2015 in der Ordination der BF gewesen. Bei der Anmeldung sei ein älterer Herr gesessen, dem sie auftragsgemäß ihr Anliegen vorgebracht habe, nämlich, dass sie trockene Haut habe und gerne zur Ärztin möchte. Dann habe ihr der Herr ein Datenblatt zum Ausfüllen gegeben. Auch habe sie ein Informationsblatt über Hautkrebsvorsorge bekommen. Dieses könne sie sich durchlesen. Dazu sei ihr gesagt worden, dass es die normale Untersuchung gebe, die die Krankenkasse bezahle. Es gebe jedoch in der Ordination eine spezielle Vergleichsanalyse, die 200 Euro kosten würde. Sie sei ziemlich geschockt gewesen, weil ihr vermittelt worden sei, nur so könne man sicher erkennen, ob man Hautkrebs habe oder nicht. Sie habe nicht gewusst, dass es diese Vergleichsanalyse gebe. Der Herr habe ihr damals gesagt, dass man abwiegen müsse, ob einem Gesundheit oder Geld wichtiger wäre. Die Zeugin könne sich nicht erinnern, dass er mehr zu diesem Informationsblatt gesagt hätte. Die BF sei nicht dabei gewesen, als er dies erläutert habe. Die Zeugin habe das Datenblatt ausgefüllt und abgegeben. Dann habe sie sich wieder hingesetzt, habe einen Anruf bekommen, dass sie wegmüsse und dies dem Herrn mitgeteilt. Er habe ihr dann noch von einem Stammkundenprogramm erzählt. Es sei ihr eine Nummer auf die E-Card geklebt worden, dann sei sie gegangen, ohne jemals bei der Ärztin in Behandlung gewesen zu sein. Sie habe keinen Kontakt zu der Ärztin gehabt und sie nie gesehen. Das sei ihr erster und letzter Besuch in dieser Ordination gewesen, den Stammpatientenservice habe sie nicht genutzt. Die WGKK ergänzte, dass die Fallpauschale und der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden seien.
Die Zeugin XXXX führte in der mündlichen Verhandlung aus, sie sei als Testpatientin am 29.06.2015 in der Ordination der BF gewesen. Ihr Vorwand sei gewesen, eine Muttermalkontrolle zu benötigen. Gleich beim Empfang habe sie die E-Card abgegeben und sich dann ins Wartezimmer gesetzt. Nach dem Aufruf habe sie eine Checkliste bekommen, die sie ausgefüllt und abgegeben habe. Zur Checkliste habe sie auch ein Infoblatt über Hautkrebsvorsorge erhalten. Wenngleich ihr damals schon etwas dazu erklärt worden sei, könne sie nicht mehr genau sagen, was ihr gesagt wurde, es sei recht schnell gegangen. Sie wisse nur, dass es einmal im Jahr möglich sei, eine Hautkrebsvorsorgeuntersuchung zu machen, dies habe ihr der ältere Herr am Empfangstresen gesagt. Die BF sei nicht dabei gewesen. Nach rund 10 Minuten sei sie aufgestanden und habe gesagt, dass sie die Ordination verlassen müsse. Der Herr am Empfang habe ihr gesagt, sie könne beim nächsten Mal ein Stammpatientenservice in Anspruch nehmen und habe ihr eine Nummer auf die E-Card geklebt. Die Zeugin sei niemals wieder in die Ordination gekommen und habe niemals eine Konsultation bei der BF gehabt. Die WGKK wies auf Beilage /.IV hin und brachte vor, dass die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag verrechnet worden seien.
Der Zeuge Dr. XXXX betonte in der mündlichen Verhandlung, er könne nicht ausschließen, dass er das Informationsblatt zur Hautkrebsvorsorge auch an Patienten verteilt habe, wenn nachher kein direkter Kontakt mit der BF zustande gekommen sei. Er verwies auf § 49 Abs. 2 ÄrzteG. Er habe die E-Card eingesteckt und ausgelesen. Wenn ein Patient zum ersten Mal oder laut Patientenkartei mit Anspruch auf eine Leistung (Positionsziffer 538) gekommen sei, habe er ihm als Hilfsperson das Informationsblatt übergeben und bei der Übergabe ein Gespräch geführt, indem er sich überzeugen konnte, dass die Patienten die Aufklärung verstanden hätten. Musste ein Patient sodann gehen, ohne die BF gesehen zu haben, so sei der Patient entweder einfach verschwunden, ohne dass er es gemerkt habe. Höfliche Patienten hätten sich verabschiedet. In diesen Fällen habe er die Patienten darauf hingewiesen, dass er es sehr bedauere, dass sie so lange warten müssten, aber dass dies an den Krankenkassen liege. Als Trostpflaster, falls die Patienten wiederkommen wollten, hätten die Patienten, obwohl keine Fixtermine vergeben würden, eine Nummer bekommen und ihn anrufen und unter Angabe der Nummer einen Termin ausmachen können. Dafür gebe es die Stammpatientenregelung, die dazu diene, dass Patienten, die schon da gewesen seien, wenigstens einen bestmöglichen Behandlungsvorgang erhielten und nicht so stark darunter leiden mussten, dass aufgrund des Systems solche Wartezeiten entstehen. Dadurch, dass seine Frau das Informationsblatt erstellt hat, habe sie eine ärztliche Leistung erbracht, die zu verrechnen sei. Der Zeuge ergänzte unter Verweis auf § 16 Abs. 1 des GV iVm § 49 Abs. 2 ÄrzteG, dass, wenn seine Frau einen Befund, den er eingescannt habe, beurteilt habe, dieser Patient aber anschließend nicht bei seiner Frau gewesen sei, seine Frau dafür trotzdem rechtmäßig eine Fallpauschale und einen fachspezifischen Zuschlag verrechnet habe. Die BF habe den Patienten sehr wohl gesehen, zwar nicht "face-to-face", sondern sie habe das, was der Patient vorgebracht hat, durch die interne Kommunikation mit ihrem Ehemann und Ordinationsgehilfen gesehen. Die Frage der WGKK, ob sohin das Sehen durch die BF auf elektronischem Weg erfolgt sei und ausreichend für die Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlages sei, beantwortete der Zeuge mit "Ja".
Wenn er einen Befund eingescannt habe, seine Frau diesen Befund dann beurteilt habe, noch bevor sie den Patienten aufgerufen habe und dieser zuvor die Ordination verlassen habe, sei natürlich ein Anspruch gegeben auf die Verzeichnung. Die Befundbeurteilung der BF sei jedenfalls eine fachliche Leistung der BF.
Auf den Einwand der WGKK, wo sei eine Leistung, wenn ein Patient lediglich ein Formblatt über Krebsvorsorge bekommen und sonst nichts vorgebracht hat, sondern gleich wieder gegangen ist, meinte der Zeuge, dass, wenn er das Formblatt übergeben habe, es kein einfaches Übergeben des Blattes gewesen sei, er habe vielmehr näher erläutert und aufgeklärt.
Der RV der BF wandte ein, der Zeuge wolle offensichtlich darauf hinaus, dass der Fall, dass wirklich nur diese Krebsvorsorgeinformation in die Hand gedrückt wurde ohne weitere Erläuterungen, nicht eingetreten ist. Da habe der Zeuge auch Recht. Es sei mindestens auch noch die Checkliste ausgefüllt und die E-Card vorgewiesen worden.
Der Zeuge selbst habe die Tatsache, dass die WGKK seine Frau verwarnt habe, dass die Verrechnung einer Fallpauschale unzulässig sei, als positionsbedingte andere Auffassung zur Kenntnis genommen. An die Verwarnungen, die seine Frau von der WGKK erhalten habe, habe er sich nicht gehalten, da er diese nicht als Verwarnung, sondern als interessenbestimmte Position verstanden habe.
Die Konsultation bei Fr. XXXX am 02.05.2015 habe er nicht storniert, da er einerseits nicht wisse, wie man etwas storniere, andererseits habe unter Verweis auf § 23 Abs. 1 des GV auch kein Anlass dazu bestanden. Auf den Einwand der WGKK, es gebe ein Rundschreiben aus dem Jahre 2011 von der WGKK an die Vertragsärzte, wie in solchen Fällen vorzugehen ist, wenn ein Patient die Ordination vorzeitig verlässt, antwortete der Zeuge, dies sei ihm nicht bekannt, er sei erst ab Februar 2013 Ordinationsgehilfe für seine Frau. Wenn in diesem Schreiben jedoch etwas Anderes als im Gesetz stünde, dann wäre das auch bloß eine interessenspolitisch gesteuerte Meinung der WGKK.
Hinsichtlich des Ablaufes mit EKVK-Patienten führte der Zeuge aus, in der Phase eins hätten diese Patienten aufgrund des Papierkrieges alles aufgehalten. Die E-Card-Patienten seien empört gewesen, weil sie noch länger warten mussten, weil die EKVK-Patienten die Formulare langsam ausgefüllt hätten. Später habe er die EKVK-Patienten gefragt, ob sie Internet hätten und sie aufgefordert, das Formular von der Homepage der BF herunterzuladen, auszufüllen und an ihn zu schicken. Jeder hätte Internet gehabt. Die Patienten seien mit diesem Service, dass man das Formular auf der Homepage herunterladen konnte und sie dann ohne Wartezeit nach Prüfung kommen konnten, sehr zufrieden gewesen. Sie hätten es als zusätzlichen Service empfunden. Auf den Vorhalt, die BF habe in der mündlichen Verhandlung gesagt, dass es seit ca. fünf Jahren keine Formulare mehr in der Ordination zum Ausfüllen für die Patienten gebe, erläuterte der Zeuge, dass dies betreffend das Ausfüllen stimme, doch habe er immer ein paar Exemplare zum Mitgeben gehabt. Seine Frau habe diese Formulare nie gesehen, es sei ja auch nicht ihr Arbeitsplatz. In den Jahren 2014 und 2015 seien im Durchschnitt im Monat zwischen 20 und 99 EKVK-Patienten in die Ordination der BF gekommen. Diese seien mit dem Service, das Formular von der homepage herunterladen und dann ohne Wartezeit nach Prüfung kommen zu können, sehr zufrieden gewesen.
Auf Nachfragen der WGKK, ob es EKVK-Patienten nicht möglich gewesen sei, am selben Tag, an dem sie in die Ordination gekommen seien auch behandelt zu werden, bestätigte der Zeuge, "Ja, das war nicht möglich. Schuld daran ist aber die WGKK."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist niedergelassene Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten in der Ordination zur Adresse XXXX , XXXX . Mit EV vom 21.03.1994 wurde die BF zum 01.04.1994 in ein Vertragsverhältnis mit der WGKK aufgenommen.
Dr. XXXX , der Ehegatte der BF, ist seit Februar 2013 als Ordinationsgehilfe in der Ordination der BF beschäftigt. Er verfügt über keine medizinische Ausbildung.
Jeder Erstpatient sowie jeder Patient, der einen Anspruch auf die Momentbetrachtung nach dem Tarif der WGKK hatte, erhielt bei Anmeldung in der Ordination der BF vom Ordinationsgehilfen - unter anderem - ein von der BF erstelltes Informationsblatt über die Hautkrebsvorsorge überreicht, in welchem insbesondere auf die als Privatleistung angebotene Vergleichsanalyse hingewiesen wird. Er erläuterte den Patienten dieses Informationsblatt und verwies dabei worauf es gehe, nämlich eine Entscheidung zu treffen, entweder ausschließlich eine kassengedeckte Momentbetrachtung in Anspruch zu nehmen oder eine Vergleichsanalyse in Auftrag zu geben.
Für die Erstellung des Informationsblattes sowie dessen Übergabe und Erläuterung durch den Ordinationsgehilfen hat die BF der WGKK jeweils die Fallpauschale sowie den fachspezifischen Zuschlag verrechnet, selbst wenn der Patient oder die Patientin in der Folge die Ordination wieder verlassen hat, ohne von der BF behandelt worden zu sein bzw. mit dieser überhaupt gesprochen zu haben. Eine Stornierung dieser Konsultationen wurde von der BF bzw. ihrem Ordinationsgehilfen auf Ersuchen von betroffenen Patienten abgelehnt, mit dem Hinweis, dass die Behandlung bereits begonnen habe.
Um einen Termin bzw. eine Konsultation bei der BF zu erhalten, mussten EKVK-Patienten dem Ordinationsgehilfen der BF ein ausgefülltes Patientenerklärungsformular abgeben. Dieses Formular war auf der Homepage der BF abrufbar. Der Ordinationsgehilfe hat EKVK-Patienten aufgefordert, dieses Formular von der Homepage der BF herunterzuladen, dieses auszufüllen und an die BF zu schicken. Erst nach Erhalt der Bestätigung durch die WGKK, dass diese die Leistung bezahlen würde, konnten EKVK-Patienten einen Termin ausmachen. Für Patienten, die über keinen Internetzugang verfügten, lagen bereits ausgedruckte Formulare in der Ordination auf, die den Patienten auf Nachfrage ausgehändigt und mitgegeben wurden. Während Kassenpatienten bei der BF keinen Termin ausmachen mussten, war es EKVK-Patienten nicht möglich, am selben Tag, an dem sie in die Ordination gekommen sind, auch behandelt zu werden.
Die WGKK setzte Herrn und Frau XXXX , Frau XXXX , Herrn XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Herrn XXXX , Frau XXXX und Frau XXXX als Testpatienten ein, um den Verdacht diverser vertragswidriger Vorgehens- bzw. Verrechnungsweisen durch die BF zu überprüfen.
Am 10.06.2015 hat der Ordinationsgehilfe der BF die Testpatientin XXXX nach Vorlage der EKVK eines deutschen Versicherungsträgers mit dem Hinweis, dass der bürokratische Aufwand in der Ordination vermieden werden solle, auf die Homepage der BF verwiesen und ihr mitgeteilt, dass sie das Formular ausfüllen und mitbringen solle. Nach Überprüfung, ob mit ihrer Krankenkasse alles in Ordnung sei, werde sie einen Termin erhalte. Obwohl die Patientin mehrmals zum Ausdruck gebracht hat, Schmerzen in den Beinen zu haben, wurde eine Behandlung durch die BF seitens des Ordinationsgehilfen abgelehnt. Der Ordinationsgehilfe hat die Patientin auch nicht gefragt, ob sie vorweg auf eigene Rechnung behandelt werden wolle oder die Kasse angerufen werden solle.
Darüber hinaus hat der Ordinationsgehilfe jedenfalls Frau XXXX und die vor ihr wartende Patientin mit EKVK weggeschickt und ihre Behandlung vor Übergabe des ausgefüllten Formulars abgelehnt. In den Jahren 2014 und 2015 sind im Durchschnitt zwischen 20 und 99 EKVK-Patienten im Monat in die Ordination der BF gekommen.
Mit Schreiben vom 27.02.2014 verwarnte die WGKK die BF hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags.
Mit Schreiben vom 14.07.2014 verwarnte die WGKK die BF ebenfalls wegen konkreter Fälle der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags. Mit diesem Schreiben wurde die BF auch wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen sowie hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten verwarnt.
Die WGKK teilte der BF mit Schreiben vom 08.04.2015 zur Vermeidung künftiger Unsicherheiten mit, dass die Abteilung VPV für vertragsrechtliche Angelegenheiten zuständig sei und die BF daher ersucht werde, ihre Stellungnahmen künftig direkt an die einfordernde Stelle zu adressieren. Verwarnt wurde die BF deshalb nicht.
Die BF hat die Verwarnungen seitens der WGKK ignoriert und ihr widersprechendes Verhalten fortgesetzt.
Mit Schreiben vom 17.08.2015 sprach die WGKK die Kündigung des mit der BF am 21.03.1994 abgeschlossenen kurativen EV auf Grund zahlreicher wie fortdauernder vertraglicher Pflichtverletzungen seitens der BF mit Wirksamkeit per 31.12.2015 aus. Die Kündigung wurde damit begründet, dass 1. die BF der WGKK für Patienten, die keinerlei ärztliche Leistungen in Anspruch genommen hätten, Leistungen verrechnet habe, obwohl sie bereits wiederholt darauf hingewiesen sowie diesbezüglich ausdrücklich verwarnt worden sei, 2. ausländischen Versicherten, die die Ordination der BF mit gültiger EKVK aufgesucht hätten, die Behandlung verweigert worden sei, 3. einer EKVK-Versicherten die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe verweigert worden sei, obwohl sie mehrmals zum Ausdruck gebracht habe, unter Schmerzen zu leiden, 4. insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF wiederholt negative Äußerungen über die WGKK getätigt habe, die geeignet seien, das Ansehen der WGKK herabzusetzen, 5. durch das Anpreisen von Privatleistungen bei Versicherten der Eindruck entstehe, dass die Leistungen der WGKK nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien, 6. das e-card-System in der Ordination der BF nicht korrekt verwendet werde, 7. Patienten nicht unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit behandelt würden und 8. die BF ihrer gesamt-vertraglichen Auskunfts- sowie Unterstützungspflicht so gut wie gar nicht nachkomme.
Nachdem die BF gegen die Kündigung Einspruch erhoben hat, erstattete die WGKK im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 29.09.2015 detaillierte Ausführungen zu den von ihr herangezogenen Kündigungsgründen. So führte die WGKK aus, dass sie der BF hinsichtlich der Verrechnung der Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags bereits unzählige Male unmissverständlich ihren Rechtsstandpunkt mitgeteilt habe, doch seien die Fallpauschale sowie der fachspezifische Zuschlag weiterhin verrechnet worden, obwohl Versicherte lediglich im Wartezimmer der Ordination gewartet hätten und dieses schließlich wegen eines dringenden Termins oder zu langer Wartezeit wieder verlassen hätten. Das Aushändigen eines Informationsblattes durch nichtmedizinisches Personal rechtfertige diese Verrechnung jedenfalls nicht. Bezüglich der ausländischen Patienten mit gültiger EKVK führte die WGKK aus, dass die BF jene immer noch ohne Behandlung wegschicke, obwohl ihr bereits mehrfach ihre diesbezügliche Behandlungspflicht mitgeteilt worden sei. Die in der Niederschrift von Frau XXXX geschilderte Situation vermittle entgegen dem Vorbringen der BF zweifellos den Eindruck, dass Versicherte den Auskünften der WGKK nicht Glauben schenken könnten. Wie aus den Niederschriften von Frau XXXX und Herrn XXXX ersichtlich sei, werde den Versicherten insbesondere die privat zu bezahlende Vergleichsanalyse geradezu aufgedrängt, indem man den Eindruck vermittle, dass die von der WGKK honorierten Leistungen nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien. Dieses Vorgehen sei sehr wohl dazu geeignet, das Ansehen der WGKK in den Augen ihrer Versicherten bzw. der Öffentlichkeit herabzusetzen. Werturteile, die auf unwahren Tatsachenbehauptungen basieren würden, könnten durch die Meinungsäußerungsfreiheit jedenfalls nicht gerechtfertigt werden. Die Unwahrheit einer Äußerung könne sich auch aus deren Unvollständigkeit ergeben, wenn dadurch ein falscher Eindruck erweckt werde. Dies sei mit den Aussagen des Ordinationsgehilfen "die Ärzte würden auf ihren Kosten sitzenbleiben" und "es komme oft vor, dass sie nicht bezahlt würden", geschehen. Betreffend eine nicht korrekte Verwendung des e-card-Systems brachte die WGKK vor, dass der Patient Herr XXXX , welcher sowohl bei der WGKK als auch bei der SVA versichert sei, bei einem Besuch in der Ordination der BF nicht nur nicht nach dem zu wählenden Versicherungsträger gefragt worden sei, sondern sei sogar bei beiden Versicherungsträgern eine Konsultation verbucht worden. Hinsichtlich der Verletzung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen gehe aus der Niederschrift des Patienten XXXX hervor, dass wartende Patienten sämtliche Daten anderer Versicherter ungewollt in Erfahrung bringen könnten. Aus der Niederschrift von Frau XXXX ergebe sich, dass die BF ihr von einem anderen Versicherten erzählt habe, der bei ihr Patient sei. Dabei habe sich herausgestellt, dass es sich um einen Bekannten der Patientin handle.
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt Beweis erhoben.
Die Feststellungen bezüglich des zwischen der BF und der WGKK abgeschlossenen EV sowie bezüglich der Tätigkeit der BF als niedergelassene Fachärztin für Haut und Geschlechtskrankheiten in der Ordination zur Adresse XXXX , XXXX , ergeben sich unstrittig aus dem vorliegenden Akt, insbesondere aus dem hg. vorliegenden EV vom 21.03.1994.
Die Feststellungen, dass der Ehegatte der BF seit Februar 2013 als Ordinationsgehilfe in der Ordination der BF beschäftigt ist und über keine medizinische Ausbildung verfügt, ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid seitens der belangten Behörde entsprechenden Feststellungen, welche die BF im Rahmen ihrer Beschwerde unbekämpft ließ, sowie letztlich aus seiner Einvernahme als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Ebenso hat der Ehegatte und Ordinationsgehilfe der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass er all jenen Patienten, die Erstpatienten gewesen waren, sowie jenen Patienten, die Anspruch hatten auf die Momentbetrachtung zur Hautkrebsdetektion nach dem Tarif der WGKK (unter anderem) ein Informationsblatt über die Hautkrebsvorsorge überreichte, in welchem insbesondere auf die als Privatleistung angebotene Vergleichsanalyse hingewiesen wird. Dabei hat er den Patienten das Informationsblatt erläutert und dabei darauf hingewiesen, worum es geht, nämlich eine Entscheidung zu treffen, ausschließlich eine kassengedeckte Momentbetrachtung in Anspruch zu nehmen oder eine Vergleichsanalyse in Auftrag zu geben.
Dass die BF das vom Ordinationsgehilfen verteilte Informationsblatt selbst erstellt hat, ergibt sich aus ihrem dahingehenden Vorbringen im Rahmen der Beschwerde vom 05.02.2016 sowie ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellungen, dass die BF für die Erstellung des Informationsblattes sowie dessen Verteilung und Erläuterung durch den Ordinationsgehilfen der WGKK jeweils die Fallpauschale sowie den fachspezifischen Zuschlag verrechnet hat, selbst wenn der Patient oder die Patientin in der Folge die Ordination wieder verlassen hat, ohne von der BF behandelt worden zu sein bzw. mit dieser überhaupt gesprochen zu haben, gründen sich auf die diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der BF und ihres Ordinationsgehilfen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Ebenso bestätigten die Zeugen Mag. XXXX , XXXX und XXXX in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass sie bei der Anmeldung in der Ordination der BF ein Informationsblatt über Hautkrebsvorsorge erhalten haben. Alle drei Zeugen führten weiter aus, sie hätten die Ordination verlassen, ohne jemals bei der BF in Behandlung gewesen zu sein. Es sei jeweils der erste und einzige Besuch in der Ordination gewesen. Hierzu verwies die WGKK auf die Beilagen II, III und IV unwidersprochen, dass die Fallpauschale und der fachspezifische Zuschlag verrechnet wurden.
Wie aus dem im Verwaltungsakt aufliegenden Telefonprotokoll ersichtlich, gab die Patientin XXXX am 29.04.2015 gegenüber der WGKK an, dass sie die Ordination der BF am 02.04.2015 aufgesucht und wieder verlassen habe, ohne mit der BF gesprochen zu haben. Für diesen Tag sei eine Konsultation verbucht worden. Ihr in weiterer Folge an den Ordinationsgehilfen der BF gestelltes Ersuchen, die für den 02.04.2015 verbuchte Konsultation zu stornieren, habe dieser mit der Begründung abgelehnt, dass bereits die Ausgabe des Informationsblattes bezüglich Hautkrebsvorsorge eine Leistung gewesen sei. Daraus gründet sich zweifelsfrei die Feststellung, dass trotz ausdrücklichen Ersuchens eine Stornierung der verbuchten Konsultationen nicht vorgenommen wurde. Ebenso bestätigte der Ordinationsgehilfe der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst, dass er einerseits nicht wisse, wie man storniere und andererseits dazu auch kein Anlass bestanden habe.
Dass EKVK-Patienten dem Ordinationsgehilfen der BF ein ausgefülltes Patientenerklärungsformular, das auf der Homepage der BF abrufbar gewesen ist, abgeben mussten, jedoch erst nach Erhalt der Bestätigung durch die WGKK, dass diese die Leistung bezahle, einen Termin bzw. eine Konsultation bei der BF ausmachen konnten, hat die BF selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt mit der Bemerkung, dass dies ja nicht schlecht sei. Auch habe sie gedacht, dass es für den Patienten günstiger sei, wenn er das Formular vorher vorbereite, dann brauche er nicht so lange zu stehen bei der Anmeldung.
Dass für Patienten, die über keinen Internetzugang verfügten, bereits ausgedruckte Formulare in der Ordination auflagen, die den Patienten auf Nachfrage ausgehändigt und mitgegeben wurden, ergibt sich aus der Aussage des Ordinationsgehilfen der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Darin bestätigte der Ordinationsgehilfe der BF auch, dass Kassenpatienten bei der BF keinen Termin ausmachen mussten, es hingegen EKVK-Patienten nicht möglich war, am selben Tag, an dem sie in die Ordination gekommen sind, auch behandelt zu werden.
Dass die WGKK Herrn und Frau XXXX , Frau XXXX , Herrn XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Frau XXXX , Herrn XXXX , Frau XXXX und Frau XXXX als Testpatienten einsetzte, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben durch den Vertreter der WGKK im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Im Rahmen der Beschwerde wandte die BF ein, dass die behaupteten Vertragsverletzungen nicht auf Patientenbeschwerden, sondern auf Angaben von Beauftragten der WGKK beruhen würden, die sie bzw. ihren Gatten im Ordinationsempfang angelogen hätten, indem sie behauptet hätten, behandlungsbedürftig zu sein oder sogar Schmerzen zu empfinden. Im Zuge eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde festzustellen gehabt, dass in keinem einzigen Fall einem "echten Patienten" die Behandlung verweigert oder deren Zugang erschwert worden sei.
Zur Feststellung des Sachverhaltes in Bezug auf die Vorgehensweise gegenüber EKVK-Patienten in der Ordination der BF sowie insbesondere in Bezug auf die Verhaltensweise des Ordinationsgehilfen der BF gegenüber der Patientin XXXX ist im Vorfeld zu beurteilen, inwiefern die Tatsache, dass die Testpatienten im Auftrag der WGKK lediglich vorgegeben haben, die BF als Patienten konsultieren zu wollen, im Zuge der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.
Zu prüfen ist daher, ob die von den Testpatienten gemachten Wahrnehmungen bzw. Angaben gegenüber der WGKK im Rahmen dieses Verfahrens verwertet werden dürfen.
Nach § 46 AVG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Neben den in §§ 47 ff geregelten Beweismitteln können daher auch z.B. Auskunftspersonen, Auskunftssachen und Niederschriften (diese können sowohl mangelhaft sein als auch von einer anderen Behörde stammen: VwGH 26.01.2010, 2009/08/0269; 18.05.2010, 2008/06/0215) als Beweismittel dienen. Was als Beweismittel heranzuziehen ist, hat letztlich die Behörde zu bestimmen; entscheidend ist dabei, ob von dem betreffenden Beweismittel ein Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes zu erwarten ist. Auch Beweismittel, die durch eine Rechtsverletzung zustande gekommen sind, sind nach der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich zu berücksichtigen (VwGH 22.06.1978, 1107/77; 22.05.1985, 83/03/0355; 17.04.1991, 90/02/0166).
Da ein Beweisverwertungsverbot nicht besteht, können die von den Testpatienten gemachten Wahrnehmungen im vorliegenden Verfahren verwertet und der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden.
Der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle jedoch auch auf das Vorbingen der BF eingegangen, wonach der Einsatz von Testpatienten durch die WGKK unzulässig sei:
Dazu ist auszuführen, dass mit BGBl. I Nr. 113/2015 im ASVG ganz allgemein neue Bestimmungen zur Kontrolle im Vertragspartnerbereich eingeführt wurden. Eine zentrale inhaltliche Neuerung zur bisherigen Rechtslage ergibt sich wohl aus dem Umstand, dass die Krankenversicherungsträger nunmehr von Gesetzes wegen verpflichtet sind, die rechtskonforme sowie gesamt- und einzelvertragskonforme Vorgehensweise der Vertragspartner zu überprüfen (§ 32a Abs. 1 ASVG). Nach Ansicht der Gesetzgebung sollen damit im Wesentlichen die bereits bisher "aus dem Vertragsrecht erwachsenden Kontrollmöglichkeiten sichtbar gemacht und damit verstärkt ins Bewusstsein gebracht werden". (Martin Meissnitzer, Testpatienten im Vertragsärztebereich, Unfaire Tatprovokation oder zulässiges Controllinginstrument?, ZAS 2015/49, 298)
Allerdings wurde die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Testpatienten im Bereich "Gefälligkeitsatteste" bereits vor der Neuregelung des § 32a ASVG von der Rechtsprechung bestätigt. So entschied die Bundesschiedskommission im Jahr 2013, dass ein Verbot des Einsatzes von Testpatienten weder dem Gesetz noch den einschlägigen vertraglichen Regelungen zu entnehmen sei (BSK 06.03.2013, R5-BSK/12-13; BSK 12.06.2013, R2-BSK/13 SSV-NF 27/A1; vgl. auch Walther, RdW 2013, 608.) Solange sich die Testpatienten wie gewöhnliche Patienten mit "besonderen Wünschen" verhielten, ohne dass andere unerlaubte oder verwerfliche Mittel angewendet würden, sei die Vorgehensweise nicht weiter zu beanstanden.
Dieser Ansicht folgte auch der VfGH in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2015, in denen er grundlegend festhielt, dass der Einsatz von Testpatienten - insbesondere im Hinblick auf die wettbewerbsrechtliche Judikatur zu Testpersonen im Geschäftsverkehr - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde. (VfGH 20.02.2015, B 1534/2013, B 888/2013, unter Bezugnahme auf OGH 12.04.1983, 4 Ob 329/83; 20.08.2002, 4 Ob 70/02a; VwGH 21.01. 1997, 94/10/0019.)
In der vom VfGH zitierten (wettbewerbsrechtlichen) Judikatur gilt der Einsatz von Testpersonen zur Beweissicherung grundsätzlich als zulässiges Kontrollinstrument, solange die eingesetzten Personen nicht zu einem widerrechtlichen Verhalten anstiften, sondern bloß auf die Probe stellen (Burgstaller/Handig/Heiding/Schmid/Wiebe in Wiebe/Kodek, UWG2, § 1 Rz 397 ff). Der Verhaltensmaßstab des "gewöhnlichen" bzw. "redlichen" Patienten- oder Kundenverhaltens führt allerdings nicht dazu, dass bewusst wahrheitswidrige Behauptungen von vornherein unzulässig sind. Unwahre Behauptungen zur Verschleierung der tatsächlichen Identität sind jedenfalls zulässig, weil ansonsten die Kontrolle von vornherein wirkungslos wäre (OGH 12.04.1983, 4 Ob 329/83). Bei der Bewertung sonstiger Lügen wird in der Regel auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls abgestellt (OGH 10.12.1985, 4 Ob 382/85), wodurch auch die diesbezügliche Rechtsprechung etwas kasuistisch ausfällt.
Für den Einsatz von Testpatienten durch die Krankenversicherungsträger lassen sich daraus aber nichtsdestotrotz einige Grundsätze ableiten: Stichprobenartige Kontrollen ohne Anfangsverdacht sind ebenso zulässig wie ein heimliches Vorgehen (iS der unterlassenen Offenlegung der tatsächlichen Identität). Darüber hinausgehende wahrheitswidrige Behauptungen gegenüber dem Arzt sind an der Maßfigur des "gewöhnlichen Patienten" zu messen. Solange der Testpatient gegenüber dem Arzt keine Krankheit vortäuscht, sondern bloß fiktive Motive für die Ausstellung eines Gefälligkeitsattests angibt (z.B. die Lieferung eines Sofas am Folgetag, die eine Abwesenheit vom Arbeitsplatz erfordert), bewegt sich dessen Verhalten jedenfalls im zulässigen Rahmen (Zur bloßen Vorspiegelung eines falschen Motivs für einen CD-Testkauf, vgl. OGH 09.09.1997, 4 Ob 229/97y).
Fraglich ist, ob Testpersonen auch aktiv Krankheiten vortäuschen dürfen oder ob es sich dabei bereits um den Einsatz eines unlauteren Mittels handelt. Praktisch relevant ist dies vor allem im Zusammenhang mit der Aufdeckung von Abrechnungsmalversationen. Das Vortäuschen einer lebensbedrohlichen Krankheit, um einen nicht zur Abgabe an Endverbraucher autorisierten Großhändler zur Ausfolgung eines Arzneimittels zu verleiten, wurde als sittenwidrig angesehen (OGH 16.09.1997, 4 Ob 220/97z). Die (wahrheitswidrige) Behauptung einer Testkäuferin, dass ein rezeptpflichtiges Arzneimittel (Mogadon) für die um vieles ältere (und kranke) Tante gekauft werde, um dessen Ausfolgung ohne Rezept zu erreichen, entsprach jedoch noch dem Verhalten des "gewöhnlichen" Apothekenkunden und war daher zulässig (VwGH 27.01.1997, 94/10/0019; dabei handelt es sich grundsätzlich um ein disziplinarrechtliches Verfahren; Ausgangspunkt war aber ebenfalls der im Auftrag einer Apotheke erfolgende Einsatz einer dort beschäftigten Apothekengehilfin als Testperson in der Apotheke eines Mitbewerbers).
Im Zusammenhang mit Gefälligkeitsattesten ging auch die BSK bereits so weit, das aktive Vortäuschen einer Krankheit gegenüber der Ordinationshilfe, um eine Krankschreibung ohne ärztliche Begutachtung zu erhalten, noch dem Bereich des gewöhnlichen Patientenverhaltens zuzuzählen (BSK 12.06.2013, R2-BSK/13 SSV-NF 27/A1 ). Soweit die Testpatienten also "bloß auf die Probe stellen", wird daher auch das Vortäuschen einer Krankheit zulässig sein, um die tatsächlichen Leistungen des Vertragsarztes zu dokumentieren und mit den geltend gemachten Abrechnungsposten abzugleichen. Sollte der Testpatient aber darüber hinaus auf den Arzt einwirken, indem er angesichts einer vorgetäuschten Krankheit diesen besonders eindringlich zu einer vertrags- oder rechtswidrigen Vorgehensweise auffordert, könnte die Grenze des gewöhnlichen Patientenverhaltens im Einzelfall überschritten sein. (Martin Meissnitzer, Testpatienten im Vertragsärztebereich, Unfaire Tatprovokation oder zulässiges Controllinginstrument?, ZAS 2015/49, 299 ff)
Die Feststellung, dass der Ordinationsgehilfe jedenfalls auch Frau XXXX und die vor ihr wartende EKVK-Patientin weggeschickt und ihre Behandlung vor Übergabe des ausgefüllten Formulars abgelehnt hat, ergibt sich insbesondere aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Testpatientin XXXX in Beilage ./8, welche die Ordination der BF am 11.06.2015 aufsuchte. Darin führte Frau XXXX aus, dass sie am 11.06.2015 die Praxis der BF betreten habe. Die Dame vor ihr habe eine Krankenversicherungskarte mit europäischer Auslandsversicherung gezeigt und sei sofort abgewiesen worden. Der Herr an der Rezeption habe gesagt, dass Patienten mit ausländischer Krankenversicherung auf die Homepage der Praxis gehen, ein Formular ausfüllen und ihnen mailen müssten. Danach würden sie sich bei ihr melden. Auch Frau XXXX habe ihre Krankenversicherungskarte gezeigt und der Herr habe gemeint, das sei dieselbe Situation und habe ihr das Prozedere mit Homepage und Terminvergabe nach dem Mailen des Formulars noch einmal erklärt. Der Herr an der Rezeption sei nicht gewillt gewesen, zu erklären, warum das Formular nicht in der Praxis ausgefüllt werden konnte, außer dass es "EU-Papierkram" sei.
Die Feststellung, dass der Ordinationsgehilfe der BF die Testpatientin XXXX am 10.06.2015 nach Vorlage der EKVK mit dem Hinweis, dass der bürokratische Aufwand in der Ordination vermieden werden solle, auf die Homepage der BF verwies und ihr mitteilte, dass sie nach Übermittlung des ausgefüllten Formulars an die Ordination sowie nach Überprüfung, ob mit ihrer Krankenkasse alles in Ordnung sei, einen Termin erhalte, ergibt sich aus den dahingehenden Angaben der Testpatientin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ebenso gründet sich die Feststellung, dass der Ordinationsgehilfe ihren Zugang zur Behandlung abgelehnt hat, ohne ihr anzubieten, sie vorweg auf Rechnung zu behandeln oder ihre Kasse anzurufen, obwohl sie mehrmals zum Ausdruck gebracht hat, Schmerzen in den Beinen zu haben, auf ihre Angaben über ihren Besuch in der Ordination der BF am 10.06.2015 auf ihre Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Dem Verwaltungsakt liegt das Schreiben der WGKK vom 08.04.2015 bei, in welchem diese der BF zur Vermeidung künftiger Unsicherheiten mitteilte, dass die Abteilung VPV für vertragsrechtliche Angelegenheiten zuständig sei und die BF daher ersucht werde, ihre Stellungnahmen künftig direkt an die einzufordernde Stelle zu adressieren.
Die von der WGKK gegenüber der BF erteilten Verwarnungen in den Schreiben vom 27.02.2014 sowie vom 14.07.2014 ergeben sich insbesondere aus den diesbezüglichen Ausführungen der WGKK im Rahmen ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 01.12.2015 in Zusammenschau mit den beiden hg. vorliegenden Verwarnungsschreiben der WGKK. Der Ausführung des Ehegatten der BF in der mündlichen Verhandlung vor der Landesschiedskommission, wonach seitens der WGKK keine Verwarnung dahingehend erfolgt sei, dass die Verrechnung der Fallpauschale in Fällen, in welchen lediglich das Informationsblatt überreicht wurde, jedoch kein ärztlicher Kontakt zur BF stattgefunden hat, zu Unrecht erfolgt sei, kann demnach nicht gefolgt werden.
Dass die BF die Verwarnungen seitens der WGKK ignoriert und ihr widersprechendes Verhalten bewusst fortgesetzt hat, ergibt sich aus den Vorbringen der BF, in welchen sie den Rechtsstandpunkt der WGKK hinsichtlich der Berechtigung zur Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags bestreitet und darauf beharrt, auf Grund ihrer unterschiedlichen Interpretation der Vertragsbestimmungen mit ihren Verhaltensweisen im Recht zu sein. Auch der Ordinationsgehilfe und Ehegatte der BF führte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, er habe die Tatsache, dass die WGKK die BF verwarnt habe, dass die Verrechnung einer Fallpauschale unzulässig sei, als positionsbedingte andere Auffassung zur Kenntnis genommen. An die Verwarnungen, die die BF von der WGKK erhalten habe, habe er sich nicht gehalten, da er diese nicht als Verwarnung, sondern als interessensbestimmte Position verstanden habe.
Ebenso bestätigt das Protokoll vom 29.04.2015 über ein Telefonat mit Frau XXXX (Beilage ./5), dass die BF auch nach der Verwarnung im Juli 2014 ihr Verhalten in der geschilderten Weise fortgesetzt hat. So wurde Frau XXXX unstrittig mitgeteilt, dass bereits die Ausgabe des Informationsblattes bezüglich Hautkrebsvorsorge eine ärztliche Leistung gewesen und eine Stornierung der Konsultation nicht möglich sei, wenngleich der WGKK im konkreten Fall nicht die Fallpauschale verrechnet wurde.
Die Feststellungen hinsichtlich des Kündigungsschreibens seitens der WGKK vom 17.08.2015 sowie betreffend die näheren Ausführungen der WGKK im Rahmen der Stellungnahme vom 29.09.2015 ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt und sind unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 347a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der geltenden Fassung, kann gegen einen Bescheid der Landesschiedskommission Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. § 347b Abs. 1 ASVG bestimmt, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten nach § 347a durch einen Senat zu erfolgen hat, der aus dem/der Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern/Laienrichterinnen besteht, wobei davon zwei Ärzte/Ärztinnen sind und zwei spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesundheits- und des Sozialversicherungswesens haben müssen. Im vorliegenden Fall liegt demnach Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen lauten:
Art. 131 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012:
"Artikel 131. (1) Soweit sich aus Abs. 2 und 3 nicht anderes ergibt, erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 die Verwaltungsgerichte der Länder.
(2) Soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 in Vollziehung Bundessache sind. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 3 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten des Bundes.
..........
(4) Durch Bundesgesetz kann
1. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder vorgesehen werden: in Rechtssachen in den Angelegenheiten gemäß Abs. 2 und 3;
2. eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes vorgesehen werden:
a) in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (Art. 10 Abs. 1 Z 9 und Art. 11 Abs. 1 Z 7);
b) in sonstigen Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3.
Bundesgesetze gemäß Z 1 und Z 2 lit. b dürfen nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.
(5) Durch Landesgesetz kann in Rechtssachen in den Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes vorgesehen werden. Art. 97 Abs. 2 gilt sinngemäß.
.........."
§ 46 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Stammfassung:
"§ 46. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist."
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr. 946/1811 in der Stammfassung:
"Auslegung.
§ 6. Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§ 7. Lässt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muss auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muss solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden werden.
§ 8. Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung muss auf alle noch zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, sofern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, dass seine Erklärung bei Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle."
ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Fassung RGBl. Nr. 69/1916:
"Abschließung des Vertrages.
§ 861. Wer sich erkläret, dass er jemanden sein Recht übertragen, das heißt, dass er ihm etwas gestatten, etwas geben, dass er für ihn etwas tun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen beider Teile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§ 862. Das Versprechen (Antrag) muss innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen werden. In Ermanglung einer solchen muss der einem Anwesenden oder mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag sogleich, der sonst einem Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem Zeitpunkte angenommen werden, in welchem der Antragsteller unter der Voraussetzung, dass sein Antrag rechtzeitig angekommen sei, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf; widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor Ablauf der Annahmefrist kann der Antrag nicht zurückgenommen werden. Er erlischt auch nicht, wenn ein Teil während der Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht.
§ 862a. Als rechtzeitig gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt jedoch der Vertrag zustande, wenn der Antragsteller erkennen musste, dass die Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt dem andern nicht unverzüglich anzeigt.
§ 863. (1) Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
(2) In Bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen ist auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen."
§ 914 ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Fassung RGBl. Nr. 69/1916:
"Auslegungsregeln bei Verträgen.
§ 914. Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht."
§ 915 ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Stammfassung:
"§ 915. Bei einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, dass sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bei zweiseitig verbindlichen wird eine undeutliche Äußerung zum Nachtheile desjenigen erkläret, der sich derselben bedienet hat (§. 869)."
§ 916 ABGB, JGS Nr. 946/1811 in der Fassung RGBl. Nr. 69/1916:
"§ 916. (1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
(2) Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden."
§ 131 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2014:
"Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung
§ 131. (1) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. Wird die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen oder nicht nach Fallpauschalen, wenn diese einer erbrachten Einzelleistung gleichkommen, bestimmt, so hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen.
.........."
133 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 61/2010:
"Umfang der Krankenbehandlung
§ 133. (1) Die Krankenbehandlung umfasst:
1. ärztliche Hilfe;
2. Heilmittel;
3. Heilbehelfe.
(2) Die Krankenbehandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Die Leistungen der Krankenbehandlung werden, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, als Sachleistungen erbracht.
.........."
§ 338 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2015:
"Regelung durch Verträge
§ 338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Gruppenpraxen nach den §§ 52a und 52b des Ärztegesetzes 1998 und § 26 des Zahnärztegesetzes, BGBl. I Nr. 126/2005, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. Nach jeder fünften Änderung ist vom Hauptverband eine konsolidierte Fassung zu veröffentlichen.
.........."
§ 341 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 99/2001:
"Gesamtverträge
§ 341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.
..........
(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem
Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis
abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger
der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im
Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt
eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der
Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.
.........."
§ 342 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2015:
"Inhalt der Gesamtverträge
§ 342. (1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern
abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden
Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:
..........
3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte/Vertragsärztinnen und
Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf
Vergütung der ärztlichen Leistung sowie die Überprüfung der
Identität des Patienten/der Patientin und die rechtmäßige Verwendung
der e-card; die Überprüfung ist für Patienten/Patientinnen bis zum
vollendeten 14. Lebensjahr nur im Zweifelsfall vorzunehmen; weiters
sind Regelungen über die Vorgehensweise bei Nichtvorlage der e-card,
bei negativer Anspruchsprüfung und bei Undurchführbarkeit der
Überprüfung der Identität zu treffen;
..........
(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten ist nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§ 131) bzw. für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.
.........."
§ 343 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2014:
"Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des Vertragsverhältnisses
§ 343. (1) Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt/der Ärztin oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Die Einzelvertragsparteien können abweichend von § 341 Abs. 3 mit Zustimmung der zuständigen Ärztekammer ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich Art, Umfang und Honorierung der vertragsärztlichen Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Öffnungszeiten, für Spitalsambulanzen entlastende Leistungen, oder für dislozierte Standorte treffen.
..........
(2) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt oder der
Vertrags-Gruppenpraxis und dem Träger der Krankenversicherung
erlischt ohne Kündigung im Falle:
..........
(3) Der Träger der Krankenversicherung ist zur Auflösung des Vertragsverhältnisses mit einem Vertragsarzt oder mit einer Vertrags-Gruppenpraxis verpflichtet, wenn der Arzt oder ein Gesellschafter einer Vertrags-Gruppenpraxis die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes verliert oder wenn ihm diese Berechtigung von Anfang an fehlte oder wenn im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer festgestellt wird, dass die Voraussetzungen, die zur Bestellung des Vertragsarztes oder der Vertrags-Gruppenpraxis erforderlich sind, von Anfang an nicht gegeben waren. Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.
(4) Das Vertragsverhältnis kann unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der Krankenversicherungsträger kann nur wegen wiederholter nicht unerheblicher oder wegen schwerwiegender Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen unter Angabe der Gründe schriftlich kündigen. Der gekündigte Arzt/die gekündigte Ärztin oder die gekündigte Vertrags-Gruppenpraxis kann innerhalb von zwei Wochen die Kündigung bei der Landesschiedskommission mit Einspruch anfechten. Die Landesschiedskommission hat innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Einspruches über diesen zu entscheiden. Der Einspruch hat bis zum Tag der Entscheidung der Landesschiedskommission aufschiebende Wirkung. Eine Vertrags-Gruppenpraxis kann die Kündigung des Einzelvertrages abwenden, wenn sie innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Kündigung jenen Gesellschafter/jene Gesellschafterin, der/die ausschließlich den jeweiligen Kündigungsgrund gesetzt hat, aus der Vertrags-Gruppenpraxis ausschließt. Eine vom gekündigten Arzt/von der gekündigten Ärztin (von der gekündigten Gruppenpraxis) eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat ohne Zustimmung des Krankenversicherungsträgers keine aufschiebende Wirkung."
§ 347a ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2013:
"Beschwerdeverfahren
§ 347a. Gegen einen Bescheid der Paritätischen Schiedskommissionen, der Landesschiedskommissionen und der Bundesschiedskommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden."
§ 2 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 in der Stammfassung:
"Der Beruf des Arztes
§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.
(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfasst jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere
1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Missbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;
.........."
§ 48 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 in der Stammfassung:
"Dringend notwendige ärztliche Hilfe
§ 48. Der Arzt darf die Erste Hilfe im Falle drohender Lebensgefahr nicht verweigern."
§ 49 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2014:
"Behandlung der Kranken und Betreuung der Gesunden
§ 49. (1) Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der Österreichischen Ärztekammer oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes (GQG), BGBl. I Nr. 179/2004, das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.
(2) Der Arzt hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.
.........."
Der GV vom 01.01.2011, abgeschlossen gemäß §§ 338, 341 und 342 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955 in der geltenden Fassung sowie gemäß § 66a Abs. 1 Z 1 des Ärztegesetzes, BGBl. I Nr. 169/1998 in der geltenden Fassung, zwischen der Ärztekammer für Wien, Kurie der niedergelassenen Ärzte, einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (in der Folge: Hauptverband) für die im § 2 genannten Krankenversicherungsträger andererseits, Stand Dezember 2015, hat - soweit für den vorliegenden Fall relevant - samt Überschriften folgenden Wortlaut:
"§ 1
Definitionen
(1) Parteien des Gesamtvertrages sind die Kammer einerseits und alle im § 2 bezeichneten Versicherungsträger anderseits.
(2) Parteien des Einzelvertrages sind der Vertragsarzt einerseits und alle im § 2 bezeichneten Versicherungsträger anderseits.
(3) Der Terminus Versicherungsträger bezeichnet im Folgenden alle im § 2 bezeichneten Versicherungsträger.
(4) Der Terminus Kammer bezeichnet im Folgenden die Ärztekammer für Wien.
(5) Der Terminus Kasse bezeichnet im Folgenden die Wiener Gebietskrankenkasse.
(6) Der Terminus Anspruchsberechtigte bezeichnet im Folgenden Versicherte der Versicherungsträger und deren anspruchsberechtigte Angehörige.
(7) Der Terminus Vertragsarzt bezeichnet im Folgenden einen niedergelassenen Arzt für Allgemeinmedizin bzw. Facharzt, der mit den Versicherungsträgern einen Einzelvertrag im Sinne der Bestimmungen des zwischen dem Hauptverband und der Kammer für die Versicherungsträger abgeschlossenen Gesamtvertrages vom 1. Jänner 2011 abgeschlossen hat.
(8) Der Terminus Invertragnahmeausschuss bezeichnet ein aus Vertretern von Kammer und Kasse zusammengesetztes Gremium, welches sich mit der Vergabe von Stellen und der Reihung von Bewerbern befasst.
§ 2
Geltungsbereich
Dieser Gesamtvertrag wird vom Hauptverband für folgende Krankenversicherungsträger mit deren Zustimmung und mit Wirkung für diese abgeschlossen.
1. Wiener Gebietskrankenkasse
..........
§ 23
Nachweis der Anspruchsberechtigung
(1) Nimmt ein Patient den Vertragsfacharzt in Anspruch, ist er dazu
aufzufordern, die e-card vorzuweisen. Legt der Patient die e-card
vor, ist der Vertragsarzt dazu verpflichtet, die
Anspruchsberechtigung in der Ordination mittels Einlesens der e-card
zu prüfen. Die e-card ist bei jeder Inanspruchnahme des
Vertragsarztes zu stecken, sofern der Patient diese vorlegt.
..........
(6) Patienten, die mittels Europäischer Krankenversicherungskarte
(EKVK) Sachleistungen in Anspruch nehmen wollen, haben bei der
Inanspruchnahme des Vertragsarztes eine gültige EKVK bzw. eine
Ersatzbescheinigung und einen amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen.
Der Vertragsarzt ist dazu verpflichtet, zu prüfen, ob die EKVK
formal gültig ist (Gültigkeitsdauer auf der Karte) und mit der
Identität des Patienten auf dem amtlichen Lichtbildausweis (z.B.
Reisepass, Personalausweis, etc.) übereinstimmt. Kann die Identität
nicht mittels Lichtbildausweises nachgewiesen werden, gelten die
Patienten als Privatpatienten.
..........
§ 26
Behandlung in der Ordination
(1) Gegenüber allen Anspruchsberechtigten, die den Vertragsarzt
aufsuchen, besteht grundsätzlich Behandlungspflicht in der
Ordination.
..........
§ 32
Ablehnen der Behandlung
Der Vertragsarzt ist berechtigt, in begründeten Fällen die Behandlung eines Anspruchsberechtigten abzulehnen. Auf Verlangen der Kasse hat der Vertragsarzt dieser den Grund der Ablehnung mitzuteilen.
§ 43
Auskunftserteilung
..........
(3) Der Vertragsarzt ist nur gegenüber den ordnungsgemäß
ausgewiesenen bevollmächtigten Ärzten der Versicherungsträger zur
Erteilung von Auskünften in medizinischen Fragen, insbesondere zur
Bekanntgabe der Diagnose, verpflichtet. Soweit es sich um Auskünfte
in Fragen nicht medizinischer Art im Zusammenhang mit der Behandlung
des Erkrankten handelt, sind diese Auskünfte auch den gehörig
ausgewiesenen sonstigen Bevollmächtigten des leistungszuständigen
Versicherungsträgers zu geben. Zur Auskunftserteilung ist der
Vertragsarzt jedoch nur insoweit verpflichtet, als dies für die
Durchführung der Aufgaben der Versicherungsträger notwendig ist.
..........
§ 45
Honorierung des Vertragsarztes
(1) Die Honorierung des Vertragsarztes erfolgt nach den Bestimmungen
der Honorarordnung, die integrierender Bestandteil dieses
Gesamtvertrages ist.
..........
§ 49
Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem chef(kontroll)ärztlichen
Dienst
(1) Die Versicherungsträger werden gegenüber dem Vertragsarzt in
allen medizinischen Angelegenheiten durch den Chef(Kontroll)arzt der
Kasse vertreten. Der Chef(Kontroll)arzt und der Vertragsarzt sind zu
kollegialer Zusammenarbeit verpflichtet.
.........."
Artikel I Abs. 2 des II. Abschnitts der Honorarordnung lautet:
"(2) Die Honorierung der von allgemeinen Vertragsfachärzten erbrachten Leistungen erfolgt nach Maßgabe des Tarifes für allgemeine Vertragsfachärzte (Anlage B)."
Der Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte (Anlage B), gültig ab April 2013 bzw. ab Juli 2014, sah folgende Honorierung vor:
"1. Fallpauschale pro Anspruchsberechtigten und Quartal 18,74 EUR
2. Punktwert für die nach Punkten bewerteten Sonderleistungen 0,66
EUR
SONDERLEISTUNGSTARIF
FÜR ALLGEMEINE VERTRAGSFACHÄRZTE
[...]
Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten
Pos. Ziff. Text Punkte Betrag
in Euro
500 Dunkelfelduntersuchung 18
.......... 537 Elastischer Kompressionsverband ohne Modellierung von
20
Schaumgummiplatten bei stat. Beinleiden
540 Fachspezifischer Zuschlag, einmal pro Quartal verrechenbar
.........."
Die Vereinbarung (Anlage 5), abgeschlossen zwischen der WGKK und der Kammer zum GV vom 1. Jänner 2011 betreffend die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen, die ärztliche Leistungen mittels EKVK in Anspruch nehmen, lautet auszugsweise wie folgt:
"Präambel
(1) Die Vertragsparteien kommen überein, dass für die Behandlungsfälle der in einem EU- Mitgliedsstaat, EWR-Staat oder der Schweiz versicherten Patienten, deren Anspruch mit gültiger Europäischer Krankenversicherungskarte bzw. Ersatzbescheinigung nachgewiesen wird, die folgenden Bestimmungen zur Anwendung gelangen.
..........
I.
Die Behandlung der in einem EU-Mitgliedsstaat, EWR-Staat oder der Schweiz versicherten Patienten, die ihren Anspruch mit gültiger Europäischer Krankenversicherungskarte bzw. Ersatzbescheinigung nachweisen, erfolgt entsprechend der europarechtlichen Bestimmungen durch Vertragsärzte der Kasse im Ausmaß des Notwendigen als Sachleistung.
II.
Patienten, die mittels EKVK Sachleistungen in Anspruch nehmen wollen, haben bei der Inanspruchnahme eine gültige EKVK und einen amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen. In der Ordination wir geprüft, ob die Karte formal gültig ist (Gültigkeitsdauer auf der Karte) und mit der Identität des Patienten auf dem amtlichen Lichtbildausweis (zB Reisepass, Personalausweis etc.) übereinstimmt und soweit dies dem Vertragsarzt möglich und zumutbar ist, ob die Einreise des Patienten nach Österreich nicht ausschließlich zur Krankenbehandlung erfolgte und die Behandlung in Relation zur Dauer des Aufenthaltes in Österreich notwendig ist. Kann die Identität nicht mittels Lichtbildausweis nachgewiesen werden, gelten die Patienten als Privatpatienten.
III.
Um die Abrechnung der Leistungen zu gewährleisten ist eine Kopie der EKVK anzufertigen, so
dass alle Daten der EKVK leserlich sind. Auf der Kopie werden der Ordinationsstempel und das Datum des Behandlungsbeginnes angebracht. Sollte die vom Patienten vorgelegte EKVK auf Grund des Zustandes der Karte nicht leserlich sein, kann sie auch nicht als Anspruchsnachweis akzeptiert werden. In diesem Fall kann der Behandlungsfall privat verrechnet werden, bzw. obliegt es dem Patienten vom zuständigen Krankenversicherungsträger eine Ersatzbescheinigung ausstellen zu lassen.
Wenn vom Vertragsarzt gewünscht wird, das Patientenerklärungsformular weiterzuverwenden, wird dieses wie bisher von der Kasse zur Verfügung gestellt."
Der zwischen der BF und der WGKK in Wien auf Grund der Bestimmungen des GV vom 25. Juni 1956 am 21.03.1994 abgeschlossene EV bestimmt in dessen § 4 wie folgt:
"Die Rechte und Pflichten der Parteien des Einzelvertrages ergeben sich aus dem Gesamtvertrag, aus den in Hinkunft abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen und aus diesem Einzelvertrag."
3.2. Die Zuständigkeitsregelung:
Im Zuge ihrer Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid machte die BF geltend, dass die gesetzliche Normierung des Verwaltungsweges einschließlich der verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit betreffend ein Kündigungsverfahren eines EV zwischen einem Arzt und einem Krankenversicherungsträger verfassungswidrig sei.
Gemäß § 347a ASVG kann gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommissionen, der Landesschiedskommissionen und der Bundesschiedskommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
In den Erläuterungen zu BGBl. I Nr. 130/2013, mit welchem diese Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als Folge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eingeführt wurde, wird Folgendes ausgeführt (RV 2167 der BlgNR 24. GP 4):
"Nach der Anlage zum Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, werden im Bereich des Bundes unter anderem die Landesberufungskommissionen nach § 345 Abs. 1 ASVG und die Bundesschiedskommission nach § 346 ASVG mit Ablauf des 31. Dezember 2013 aufgelöst, weshalb ein gesetzlicher Anpassungsbedarf hinsichtlich der Gestaltung der Schiedsverfahren im Vertragspartnerbereich der Sozialversicherung besteht. Zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide der Schiedskommissionen wären nach Art. 131 Abs. 1 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 grundsätzlich die Verwaltungsgerichte der Länder berufen.
Beschwerdegegenstand können auch bundesweit geltende Gesamtverträge sein, weshalb im Hinblick auf die Entwicklung einer einheitlichen und fachlich fundierten bundesweiten Rechtsprechung wegen der geringen Fallzahlen künftig eine Beschwerdemöglichkeit gegen Bescheide der unverändert bestehend bleibenden paritätischen Schiedskommissionen und der Landesschiedskommissionen sowie gegen solche der Bundesschiedskommission, die für die bisher in erster Instanz wahrgenommenen Angelegenheiten wiederrichtet werden soll, an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen werden soll. Dies soll ebenfalls für den Fall der Säumnis geregelt werden."
Die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder findet in Art. 131 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine differenzierte Regelung, die allerdings nur eine Zuständigkeitsabgrenzung im Grundsatz trifft. Darüber hinaus sind verfassungsgesetzlich eine Reihe von Ermächtigungen an den einfachen Gesetzgeber des Bundes bzw. der Länder vorgesehen, die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes oder der Länder in Abweichung von der Grundsatzregel des B-VG zu begründen. Entsprechende Bundesgesetze bedürfen der Zustimmung aller Länder (Art. 131 Abs. 4 B-VG), entsprechende Landesgesetze bedürfen der Zustimmung der Bundesregierung (Art. 131 Abs. 5 B-VG). Das verfassungsrechtliche Grundmodell der Verteilung der Zuständigkeiten auf die Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder ist das Modell einer Generalklausel (zugunsten der Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte) mit taxativen Maßnahmen zugunsten der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes. Der Verfassungsgesetzgeber geht also vom Gedanken einer subsidiären Allzuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte aus. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach dem B-VG zuständig für Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Voraussetzung für eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist es, dass die Angelegenheiten nicht nur in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden können, sondern auch tatsächlich unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Wendet man die verfassungsgesetzlichen Regelungen auf Verfahren nach dem ASVG an, so ist festzuhalten, dass die Sozialversicherung Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung ist (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG). Die Verwaltungssachen nach dem ASVG werden von den Sozialversicherungsträgern vollzogen. Es handelt sich insofern um Angelegenheiten des Bundes, die nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung, sondern durch Selbstverwaltungsträger vollzogen werden. Zuständig für die Gewährleistung von Rechtsschutz gegen die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger wären daher nach Anwendung der oben dargestellten verfassungsgesetzlichen Regelungen über die Zuständigkeitsverteilung der Verwaltungsgerichte erster Instanz die Landesverwaltungsgerichte. Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung im Sozialversicherungsrecht hat der Bundesgesetzgeber unter Inanspruchnahme der verfassungsgesetzlich eingeräumten Möglichkeiten, eine abweichende Zuständigkeit zu begründen, im Bereich des ASVG Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts festgelegt; die Länder haben hiergegen kein Veto eingelegt. Nach § 347a ASVG ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig für Beschwerden gegen Bescheide und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerden) der paritätischen Schiedskommission, der Landesschiedskommission sowie der Bundesschiedskommission. Bei der gesetzlichen Verankerung dieser Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts beabsichtigte der Gesetzgeber die Entwicklung einer einheitlichen und fachlich fundierten bundesweiten Rechtsprechung, wobei die geringen Fallzahlen in diesem Bereich besonders hervorgehoben wurden. (Pabel, Die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit im Sozialversicherungsrecht (ASVG, AlVG), DRdA 2014, Seite 387 ff)
Da der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes für die Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide der Landesschiedskommissionen entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben vorgesehen hat, können die verfassungsrechtlichen Bedenken der BF nicht geteilt werden.
3.3. Formale Voraussetzungen:
3.3.1. Begründungspflicht der Kündigung:
Gemäß § 343 Abs. 4 ASVG kann das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und dem Träger der Krankenversicherung (unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3) von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der Krankenversicherungsträger kann nur wegen wiederholter nicht unerheblicher oder wegen schwerwiegender Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen unter Angabe der Gründe schriftlich kündigen.
Die BF brachte zum Kündigungsschreiben der WGKK vom 17.08.2015 vor, dass die Kündigung des Vertragsverhältnisses bereits deshalb nicht wirksam gewesen sei, weil in dem Schreiben kein einziges konkretes Vorkommnis angegeben worden sei, auf welches sich die WGKK stützen wollte.
Die Kündigung durch den Krankenversicherungsträger muss unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist zum Quartalsende schriftlich unter Angabe der Gründe ausgesprochen werden. Es genügt dabei, wenn die Begründung nur den Grund oder die Gründe selbst enthält. Die Anführung einzelner konkreter Umstände ist noch nicht erforderlich, diese sind erst im Rahmen des Anfechtungsverfahrens einzubringen (BSK R6-BSK/92, SSV-NF 7/A5; R5-BSK/02, SSV-NF 17/A2; R 3-BSK-08, SSV-NF 22/A5; Kletter in Sonntag, ASVG3 § 343 Rz 45; Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 46). So reicht es etwa aus, wenn auf Differenzen einer ärztlichen Leistungsabrechnung in einem bestimmten Quartal (BSK 1985, R 1/85) oder auf den Inhalt einer erstatteten Strafanzeige (BSK 1984, R 1/84) hingewiesen wird (Mosler, Neues Kündigungsrecht für Vertragsärzte, RdM 2011/148, 213).
Im Anfechtungsverfahren ist der Krankenversicherungsträger an die vorgebrachten Kündigungsgründe gebunden (VfGH B 461/02, VfSlg 16.640; B 632/05, SSV-NF 19/B10; ebenso Geist in Jabornegg/Resch/Seewald, Vertragsarzt 201). Vorfälle, die sich erst nach Zustellung der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist ereignet haben, können nicht mehr herangezogen werden (BSK R5-BSK/00, SSV-NF 15/A2; Kletter in Sonntag, ASVG3 § 343 Rz 45). Die BSK (R22-BSK/83, SVSlg 30.104; R 6-BSK/96, SSV-NF 11/A3 ) hat es in der Vergangenheit allerdings nicht ausgeschlossen, dass zur Unterstützung bereits geltend gemachter Kündigungsgründe auch noch auf spätere Vorfälle - v.a. zur Dokumentation der "Beharrlichkeit" des Verhaltens - verwiesen werden kann. Statt eines beharrlichen ist aber seit der 72. Nov (BGBl I 2010/61) ein wiederholtes nicht unerhebliches Fehlverhalten gefordert. Es müssen daher mehrmalige Vorfälle schon vor der Kündigungserklärung erfolgt sein. Bei der Beurteilung der Erheblichkeit könnte aber auch ein danach fortgesetztes Verhalten eine Rolle spielen (Mosler in Grillberger/Mosler, Vertragspartnerrecht 182; Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 47).
Mit Schreiben vom 17.08.2015 sprach die WGKK die Kündigung des mit der BF am 21.03.1994 abgeschlossenen kurativen Einzelvertrages (in der Folge: EV) im eigenen Namen und im Namen der in § 2 des Gesamtvertrages (in der Folge: GV) angeführten Krankenversicherungsträger auf Grund zahlreicher wie fortdauernder vertraglicher Pflichtverletzungen seitens der BF mit Wirksamkeit per 31.12.2015 aus.
Es war festzustellen, dass die WGKK mit Schreiben vom 17.08.2015 die Kündigung des mit der BF am 21.03.1994 abgeschlossenen kurativen EV auf Grund zahlreicher wie fortdauernder vertraglicher Pflichtverletzungen seitens der BF mit Wirksamkeit per 31.12.2015 ausgesprochen und dies damit begründet hat, dass 1. die BF der WGKK für Patienten, die keinerlei ärztliche Leistungen in Anspruch genommen hätten, Leistungen verrechnet habe, obwohl sie bereits wiederholt darauf hingewiesen sowie diesbezüglich ausdrücklich verwarnt worden sei, 2. ausländischen Versicherten, die die Ordination der BF mit gültiger EKVK aufgesucht hätten, die Behandlung verweigert bzw. von der Vorlage eines auf der Homepage der BF zu findenden ausgefüllten Formulars abhängig gemacht worden sei, 3. einer EKVK-Versicherten die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe verweigert worden sei, obwohl sie mehrmals zum Ausdruck gebracht habe, unter Schmerzen zu leiden, 4. insbesondere der Ordinationsgehilfe der BF wiederholt negative Äußerungen über die WGKK getätigt habe, die geeignet seien, das Ansehen der WGKK herabzusetzen, 5. durch das Anpreisen von Privatleistungen bei Versicherten der Eindruck entstehe, dass die Leistungen der WGKK nicht ausreichend bzw. nicht "sicher" genug seien, 6. das e-card-System in der Ordination der BF nicht korrekt verwendet werde, 7. Patienten nicht unter Wahrung der erforderlichen Vertraulichkeit behandelt würden und 8. die BF ihrer gesamtvertraglichen Auskunfts- sowie Unterstützungspflicht so gut wie gar nicht nachkomme.
Weiters war festzustellen, dass die WGKK im Rahmen der Stellungnahme vom 29.09.2015 detaillierte Ausführungen zu den von ihr herangezogenen Kündigungsgründen erstattete.
Daraus ergibt sich, dass die WGKK im Zuge des Kündigungsverfahrens den formellen Anforderungen an die Konkretisierung der Kündigungsgründe im Sinne der oben angeführten Judikatur gerecht geworden ist, zumal die konkreten Umstände im Zuge des Anfechtungsverfahrens eingebracht wurden. Damit gehen die entgegenstehenden Einwendungen der BF ins Leere.
3.3.2. Rüge der Vertragsverletzung:
Die BF wandte gegen die verfahrensgegenständliche Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die WGKK ein, dass eine solche auf Grund des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses im Sinne der einschlägigen Arbeitsgerichtsjudikatur nur auf Grund vorangehender berechtigter Ermahnung zulässig sei, was im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt sei.
Da das Erfordernis einer vorangehenden Ermahnung von der Schwere der Pflichtverstöße abhängt, wird nach Erörterung der inhaltlichen Erfordernisse unter 3.5. näher darauf eingegangen.
3.4. Inhaltliche Voraussetzungen:
3.4.1. Allgemeines:
Mit der 72. ASVG-Nov (BGBl. I Nr. 61/2010) wurde der Kündigungsschutz für Vertragsärzte erheblich geändert. Nach Abs. 4 kann der Krankenversicherungsträger nur wegen wiederholter nicht unerheblicher oder wegen schwerwiegender Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen kündigen. Vorher musste eine beharrliche oder so schwerwiegende Verletzung des Vertrags oder der ärztlichen Berufspflichten im Zusammenhang mit dem Vertrag vorliegen, dass die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses für den Krankenversicherungsträger nicht zumutbar war. Durch die Änderung sollte eine "Flexibilisierung und Erneuerung des Kündigungsrechts" herbeigeführt werden (RV 779 BlgNR 24. GP 34). Weiters wurde die Bezugnahme auf die "soziale Härte" (die allerdings in der Rechtsprechung der BSK ohnehin kaum eine Rolle spielte, vgl. Mosler in Grillberger/Mosler, Vertragspartnerrecht 184) gestrichen. (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 50)
Die Vertragspflichten ergeben sich im Wesentlichen aus dem GV. Eine Verletzung von Vertragspflichten ist nach der Rechtsprechung z.B. die unberechtigte Verrechnung von Leistungen, etwa wenn die Leistungen überhaupt nicht erbracht (BSK R 1-BSK/96, SSV-NF 10/A2 ) oder Leistungen verrechnet werden, die vertragswidrig von einem Nichtvertragsarzt erbracht wurden (BSK R 4-BSK/00, SSV-NF 14/A2 ), verrechnete Medikamente nicht ausgefolgt werden (BSK R 2-BSK/93, SSV-NF 7/A6 ), die Verschreibung von Medikamenten für anderweitige Zwecke (z.B. Anabolika, BSK R 2-BSK/99, SSV-NF 13/A3 ), die Mitwirkungspflicht bei der Schlichtung von Streitigkeiten (z.B. über die Verletzung des Ökonomiegebots) verletzt wird (VfGH B 461/02, VfSlg 16.640; B 632/05, SSV-NF 19/B10). Wurde gegenüber dem kündigenden Versicherungsträger ein Fehlverhalten gesetzt, ist auch auf Verletzungen des EV zu anderen Krankenversicherungsträgern Bedacht zu nehmen (BSK R 8-BSK/98, SSV-NF 13/A2; R 1-BSK/02, SSV-NF 18/A5 ). In schwerwiegenden Fällen können sogar Verletzungen eines Vertrags mit einem anderen Versicherungsträger für eine Kündigung ausreichen, wenn aufgrund der Verfehlung eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem kündigenden Krankenversicherungsträger nicht mehr zumutbar ist (vgl. Kletter in Sonntag, ASVG3 § 343 Rz 49). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 51)
Die ärztlichen Berufspflichten sind v.a. in den §§ 49 ff ÄrzteG geregelt. Bis zur 72. Nov (BGBl. I Nr. 2010/61) wurde in Abs. 4 auf einen Zusammenhang mit dem Vertrag abgestellt, weshalb die Verletzung ärztlicher Berufspflichten als Kündigungsgrund wenig eigenständige Bedeutung hatte. Auf den Zusammenhang mit dem EV kommt es nun nicht mehr an. Allgemeine Verstöße gegen berufsrechtliche Vorschriften, die nichts mit dem Kassenvertrag zu tun haben, oder ein entsprechendes Fehlverhalten gegenüber Privatpatienten können daher unter Umständen zur Kündigung des EV berechtigen (Mosler in Grillberger/Mosler, Vertragspartnerrecht 186). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 52)
Bei weniger schwerwiegenden Vertragsverletzungen ist vor einer Kündigung das vorhandene Schlichtungsinstrumentarium auszuschöpfen (noch zur alten Rechtslage z.B. BSK R 4-BSK/92, SSV-NF 7/A1; R 2-BSK/99, SSV-NF 13/A3; R 7-BSK/05, SSV-NF 20/A2; vgl. auch Kletter in Sonntag, ASVG3 § 343 Rz 76 ff; Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 53).
Sollen wiederholte Vertragsverletzungen als Kündigungsgrund geltend gemacht werden, muss der Vertragsarzt vorher verwarnt bzw. ihm die Kündigung angedroht werden. Es ist dabei ausreichend, wenn der Vertragsarzt wegen ähnlicher Verfehlungen in der Vergangenheit bereits zweimal verwarnt und ihm die Kündigung angedroht wurde (BSK R 3-BSK/03, SSV-NF 18/A1 ). Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bzw. eine Verwarnung sind nicht erforderlich, wenn der Vertragsarzt eindeutig zu erkennen gibt, dass er sich dadurch von seinem pflichtwidrigen Verhalten nicht abbringen lassen wird (BSK R 3-BSK/94, SSV-NF 8/A4 ). Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen ist eine Abmahnung nicht erforderlich (BSK R 3-BSK/03, SSV-NF 18/A1; R 7-BSK/05, SSV-NF 20/A2 ). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 54)
Als schwerwiegende Vertragsverletzung wurden in der Rechtsprechung unter anderem angesehen: die Verrechnung nicht erbrachter Leistungen (z.B. BSK R 6-BSK/96, SSV-NF 11/A3; R 4-BSK/03, SSV-NF 18/A2 ); vorsätzliche Falschverrechnungen, auch wenn diese durch die in der Ordination beschäftigte Ehegattin vorgenommen werden, weil der Vertragsarzt eine diesbezügliche Überwachungspflicht hat (BSK R 6-BSK/96, SSV-NF 11/A3; R 1-BSK/02, SSV-NF 18/A5; vier Fehlverrechnungen, bei denen zum Teil aufgrund des Sachverhalts auch ein Irrtum nicht auszuschließen war, wurden als nicht schwerwiegend genug beurteilt, BSK R 1-BSK/96, SSV-NF 10/A2 ); das Verschreiben von Anabolika und Begleitpräparaten für Zwecke des Bodybuildings auf Kassenkosten durch mindestens zwei Monate hindurch (BSK R 2-BSK/99, SSV-NF 13/A3; VfGH B 285/00, VfSlg 15.857); fortgesetzte Täuschungshandlungen, wenn z.B. die Verrechnung von Leistungen erfolgt, die vertragswidrig nicht selbst sondern von einem Nichtvertragsarzt erbracht wurden und daraus ein erheblicher Schaden entsteht, auch wenn der Schaden wieder gutgemacht wurde (BSK R 3-BSK/96, SSV-NF 10/A3; R 4-BSK/00, SSV-NF 14/A2 ); die Eröffnung einer Zweitordination, um dort Vertragsleistungen gegen Privathonorierung zu erbringen (BSK R 6-BSK/94, SSV-NF 9/A3 ); unter Umständen das Verlangen und die Entgegennahme von Zuzahlungen des Versicherten, auch wenn diese durch eine private Zusatzversicherung geleistet werden (BSK R 3-BSK/93, SSV-NF 8/A1; vgl. auch BSK R 1-BSK/85, SVSlg 31.799); wenn der Vertragsarzt die Patienten nötigt, Brillen bei einem Optiker im Ordinationsverband zu erwerben, sich weigert Brillenverordnungen auszustellen, mit denen Brillen bei anderen Optikern bezogen werden können, und Patienten schikaniert, die auf der Ausstellung einer solchen Verordnung bestehen (BSK R 3-BSK/08, SSV-NF 22/A5; bestätigt durch VfGH B 722/09, SSV-NF 23/C5); offenkundig schikanöses Verhalten durch Einbringen von tausenden Anträgen bei der Paritätischen Schiedskommission, um eine Änderung der Honorarregelung zu erreichen (BSK R 3-BSK/97, SSV-NF 11/A4; VfGH B 1245/98, VfSlg 15.803); wenn die Pflicht zur persönlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit dadurch verletzt wird, dass Patientenuntersuchungen von der Ordinationshilfe vorgenommen werden (BSK R 8-BSK/98, SSV-NF 13/A2; R 4-BSK/03, SSV-NF 18/A2 ), der Vertragszahnarzt Füllungen im Mund der Patienten von der Ordinationshilfe durchführen lässt (BSK R 2-BSK/62) oder das Aufbohren der Zähne, das Abschleifen, das Einzementieren von Kronen, das Polieren und Kontrollieren und Ähnliches einer Assistentin oder dem Zahntechniker die Prothesenanpassung und die entsprechenden Kontrollen überlässt (BSK R 6-BSK/92, SSV-NF 7/A5; R 4-BSK/94, SSV-NF 9/A1 ); ein Arzt die Eintragungen seiner Hilfskraft in die Kartei und in die Krankenscheine nicht kontrolliert und dadurch ein nicht unerheblicher Schaden für den Krankenversicherungsträger entsteht (BSK R 6-BSK/68). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 55)
Eine schwerwiegende Vertrags- oder Berufspflichtverletzung kann auch dann einen Kündigungsgrund darstellen, wenn sie nicht vom Vertragsarzt verschuldet war (z.B. wegen einer geistigen Erkrankung oder wegen Alkoholmissbrauchs, BSK R 8-BSK/98, SSV-NF 13/A2;
bestätigt durch VfGH B 270/00, VfSlg 15.818; B 285/00, VfSlg 15.857;
BSK R 9-BSK/00, SSV-NF 14/A3 : verminderte Diskretions- und Dispositionsfähigkeit, die einer Unzurechnungsfähigkeit nahekommt). Erst recht ist kein strafrechtlich relevantes Verschulden erforderlich (BSK R 9-BSK/00, SSV-NF 14/A3 ). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 56)
Ausnahmsweise können auch Handlungen, die weder unmittelbar mit einer Vertragsleistung im Zusammenhang stehen noch einen Verstoß gegen Berufspflichten darstellen, eine Kündigung rechtfertigen, z.B. bei einem schweren Sittlichkeitsdelikt (schwerer sexueller Missbrauch einer Unmündigen, BSK R 4-BSK/06, SSV-NF 20/A5 ), wenn nicht ohnehin ein Erlöschen wegen rechtskräftiger Verurteilung nach Abs. 3 Z 4 lit. a eintritt (vgl. Mosler in Grillberger/Mosler, Vertragspartnerrecht 192 f). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 57)
Hinsichtlich des Nachweises von Vertragsverletzungen verlangt die BSK eine detaillierte Prüfung, weil der Häufigkeit und dem Gewicht der Verstöße wesentliche Bedeutung zukomme. Auch die subjektive Tatseite sei zu klären, weil etwa ein in einer Schlamperei gelegenes Verhalten anders zu beurteilen sei als vorsätzliche Handlungen (ständige Rechtsprechung, z.B. BSK R 2-BSK/92; R 4-BSK/92, SSV-NF 7/A1 ). Statistische Nachweise sind nach der Rechtsprechung allein nicht ausreichend, um eine Kündigung zu begründen. Sie können aber jedenfalls als Indiz dafür herangezogen werden, dass der Arzt die vertragliche Verpflichtung zur ökonomischen Behandlungsweise verletzt hat (VfGH B 461/02, VfSlg 16.640). Es muss aber anhand von konkreten Fällen ein Missbrauch nachgewiesen werden, obwohl dies aufgrund der für den Krankenversicherungsträger eingeschränkten Nachweismöglichkeiten oft schwierig ist (vgl. Mosler in Strasser, Arzt 313 ff). Nach dem VfGH (B 384/93, VfSlg 13.874) kann § 273 ZPO analog angewendet werden. Wenn sich aufgrund repräsentativer Stichproben feststellen lasse, dass der Arzt bei einzelnen Behandlungen das Maß des Notwendigen überschritten hat und der Beweis über die Höhe des Schadens nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erbringen sein würde, könne die Behörde die Höhe nach freier Überzeugung festsetzen. Bei dieser Festsetzung könnte die durchschnittliche Höhe der Leistungs- und Honorarverrechnungen von anderen Vertragsärzten berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann jedenfalls bei deutlicher Überschreitung von Durchschnittswerten auch der Anscheinsbeweis zugelassen werden, weil in diesem Fall eine "starke Indizwirkung" für ein unökonomisches - zur Kündigung berechtigendes - Verhalten besteht (VfGH B 461/02, VfSlg 16.640). Weist der Krankenversicherungsträger etwa eine deutliche, atypisch hohe Überschreitung der Fallwerte bezogen auf den Landesdurchschnitt nach, spricht der erste Anschein dafür, dass die Leistungserbringung nicht in allen Fällen notwendig war. Der Vertragsarzt müsste dann den "Gegenbeweis" erbringen, das heißt dartun, dass es Gründe gegeben hat, die die hohen Fallwerte rechtfertigen (z.B. Epidemie, Betreuung einer überdurchschnittlichen Anzahl alter Menschen, vgl. Mosler in Strasser, Arzt 316 ff). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 58)
3.4.2. Die einzelnen Pflichtverletzungen:
Um beurteilen zu können, ob insgesamt wiederholte nicht unerhebliche oder schwerwiegende Vertrags- bzw. Berufspflichtverletzungen durch die BF vorliegen, ist zunächst auf die einzelnen, von der WGKK geltend gemachten und in der Folge von der Landesschiedskommission im angefochtenen Bescheid bestätigten Kündigungsgründe im Detail einzugehen:
3.4.2.1. Verrechnung der Fallpauschale für die Aushändigung des Hautkrebsvorsorgeinformationsblattes durch den Ordinationsgehilfen:
Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid aus, dass jede Honorierung eines Vertragsarztes nur auf Grund einer ärztlichen in der Honorarordnung angeführten Leistung erfolgen könne, die für einen Versicherten erbracht werde. Daraus ergebe sich von selbst, dass auch die Fallpauschale nur bei Erbringung einer ärztlichen Leistung (Sonderleistung) verrechnet werden dürfe. Das Übergeben eines Informationsblattes bezüglich der Hautkrebsvorsorge mit einer Erläuterung durch den nicht medizinisch ausgebildeten Ordinationsgehilfen der BF stelle keine ärztliche Leistung dar, da die BF nicht darin eingebunden gewesen sei. Ob sie das Handeln des Ordinationsgehilfen gedeckt habe, sei dabei irrelevant. Eine ärztliche Leistung könne durch Hilfspersonen, die zur untergeordneten Unterstützung des Arztes herangezogen würden, wie dies bei der Übergabe eines Informationsblattes zur Hautkrebsvorsorge durch den Ordinationsgehilfen der Fall sei, nicht erbracht werden. Wenn die Aufklärung und Erläuterung des Informationsblattes als medizinische Leistung angesehen werden sollte, wäre hierzu eine entsprechende medizinische Ausbildung erforderlich, die der Ordinationsgehilfe jedenfalls nicht aufweise. Außerdem sei eine ständige Aufsicht durch die BF nicht gegeben. Die Fallpauschale sei der WGKK daher krass und objektiv vertragswidrig verrechnet worden. Da der Wortlaut der Honorarordnung und somit die Rechtslage eindeutig sei, liege gegenständlich auch kein Fall vor, wonach bei unklaren Rechtsvorschriften, die zu unterschiedlichen Auslegungen Anlass geben könnten, bis zur endgültigen Klärung eine bestimmte Auslegungsvariante vertreten werde, die keinen beharrlichen und gewichtigen Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen darstelle. Im vorliegenden Fall komme erschwerend hinzu, dass die BF wiederholt auf die richtige Handhabung der Verrechnung der Fallpauschale hingewiesen sowie diesbezüglich auch verwarnt worden sei. Soweit die BF vorgebe, auf die Richtigkeit der subjektiven Rechtsauffassung ihres Gatten vertraut zu haben, sei dies weder glaubhaft noch geeignet, ihre Vorgehensweise zu entschuldigen. Sie habe grob fahrlässig gehandelt und für die von ihr genehmigten Vertragsverletzungen ihres Gatten einzustehen. Die seitens der BF in Missachtung der klaren Vertragsvorschriften trotz Verwarnung und Aufklärung wiederholt gesetzten Vertragsverletzungen seien als schwerwiegender Kündigungsgrund anzusehen.
Diesen Ausführungen hielt die BF entgegen, dass sie unmittelbar nach Auftreten der Auffassungsdivergenz im Sinne einer rechtlichen Klärung tätig geworden und im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Beträge nicht von einer Vertragsverletzung bzw. einem Kündigungsgrund erheblicher Art zu sprechen sei. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde gebe es keine explizite gesetzliche Definition der ärztlichen Leistung, die eine Auslegungsbedürftigkeit ausschließen würde. Aus dem angefochtenen Bescheid gehe hervor, dass die BF an die Weisungen der WGKK gebunden sei, doch sei dies vertragsrechtlich nur für Dienstnehmer und keinesfalls für freiberuflich Selbständige wie der BF der Fall. Außerdem sei die Judikatur des VwGH zu § 13a GehG zu beachten, wonach die Gutgläubigkeit eines Leistungsempfanges durch den Dienstnehmer nur dann zu verneinen sei, wenn sich die Rechtswidrigkeit unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Hinzu komme der von der belangten Behörde ignorierte Umstand, dass das Vorliegen einer ärztlichen Leistung immer auch dann bejaht werde, wenn bloß ein gleichartiges Rezept neuerlich ausgestellt werde, selbst wenn sich der Kontakt auf den Ordinationsmitarbeiter beschränke. Dabei handle es sich um einen derart gleichgelagerten Fall, dass nicht ernstlich behauptet werden könne, dass ein so besonders großer Unterschied bestehe, dass von vornherein zweifelsfrei feststehen würde, dass die Verrechnung in einem solchen Fall nicht möglich sei. Außerdem weise der Gatte der BF entgegen den Ausführungen der belangten Behörde zufolge der Anleitung der BF unzweifelhaft auch im Hinblick auf die medizinischen Komponenten dieser mit ihr arbeitsteilig erbrachten Leistung sehr wohl die Qualifikation für die konkrete Leistungsart auf. In einer Vielzahl von Fällen sei die Vorsorgeuntersuchung empfehlungsgemäß durchgeführt worden und sei nicht nachvollziehbar, dass die zu Grunde liegende Beratungstätigkeit nicht als ärztliche Leistung anerkannt werden solle. Angesichts der Nichtabgeltung von 89 % der gemäß Punkt 90 des Tarifs für Allgemeine Fachärzte erfolgenden diagnostisch therapeutischen Aussprachen auf dem Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten wäre der BF diese wichtige Aufklärung ohne die diesbezügliche Arbeitsteilung mit ihrem Gatten unmöglich gewesen. Selbstverständlich sei das Informationsblatt von ihr selbst ausgearbeitet worden und kontaktiere ihr Gatte sie, wenn er überfordert sei. In keinem Fall sei hervorgekommen, dass Inkompetenz bei der Beratung zu Tage getreten wäre.
Sie habe auch den Patienten gegenüber, bei welchen es nicht zu einem ärztlichen Gespräch mit ihr persönlich gekommen sei, durch die Hautkrebsvorsorgeberatung auf Basis des von ihr erstellten Informationsblattes in Verbindung mit der Bekräftigung und Erläuterung durch ihren Ehegatten eine abzugeltende Leistung erbracht. Dies sei über Auftrag geschehen, der Patient habe durch die Aushändigung der E-Card deklariert, dass er die medizinische Dienstleistung der BF in Anspruch nehmen wolle. Durch einen Aushang in der Ordination habe sie auch klar gemacht, dass sie den Beginn der Leistungserbringung durch sich in eben diesem Sinne verstehe; ihres Erachtens sei dies aber auch unabhängig davon gültig. Insofern die Stammpatientenregelung von die Praxis Verlassenden nicht ausdrücklich abgelehnt wurde, habe sie davon ausgehen können, dass sie die über ihren Ehemann applizierte Hautkrebsaufklärung als Behandlung der WGKK zu verzeichnen berechtigt gewesen sei.
Zu prüfen ist daher, ob die BF berechtigt war, der WGKK für die Aushändigung und Erläuterung des von ihr ausgearbeiteten Informationsblattes über die Hautkrebsvorsorge durch den Ordinationsgehilfen eine Fallpauschale bzw. einen fachspezifischen Zuschlag zu verrechnen. Um dies beurteilen zu können, ist zunächst darzulegen, in welchen Fällen eine solche Fallpauschale bzw. ein fachspezifischer Zuschlag seitens eines Vertragsarztes bzw. einer Vertragsärztin der WGKK verrechnet werden darf:
§ 341 Abs. 1 ASVG bestimmt, dass die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten durch Gesamtverträge geregelt werden. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Nach Abs. 3 leg.cit. ist der Inhalt des GV auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden EV. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im EV sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden GV verstoßen.
Gemäß § 342 Abs. 2 ASVG ist die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in den Honorarordnungen für Einzelordinationen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der GV. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§ 131) enthalten.
§ 45 Abs. 1 des oben genannten GV vom 01.01.2011 bestimmt, dass die Honorierung des Vertragsarztes nach den Bestimmungen der Honorarordnung erfolgt, die integrierender Bestandteil dieses GV ist.
Art. I Abs. 2 des II. Abschnitts der Honorarordnung lautet:
"(2) Die Honorierung der von allgemeinen Vertragsfachärzten erbrachten Leistungen erfolgt nach Maßgabe des Tarifes für allgemeine Vertragsfachärzte (Anlage B)."
Der Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte (Anlage B), ab April 2013 bzw. ab Juli 2014, sah folgende Honorierung vor:
"1. Fallpauschale pro Anspruchsberechtigten und Quartal 18,74 EUR
2. Punktwert für die nach Punkten bewerteten Sonderleistungen 0,66
EUR"
SONDERLEISTUNGSTARIF
FÜR ALLGEMEINE VERTRAGSFACHÄRZTE
[...]
Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten
Pos. Ziff. Text Punkte Betrag
.......... in Euro
540 Fachspezifischer Zuschlag, einmal pro Quartal verrechenbar
........"
Nach § 4 des zwischen der BF und der WGKK am 21.03.1994 abgeschlossenen EV ergeben sich die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus dem GV, aus den in Hinkunft abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen und aus diesem EV.
Da im EV keine weiteren, detaillierteren Regelungen hinsichtlich der jeweiligen Rechte und Pflichten festgelegt sind, sind zu deren Beurteilung der GV sowie entsprechende Zusatzvereinbarungen heranzuziehen.
Fraglich ist daher, wann die Voraussetzungen für die Verrechnung der Fallpauschale sowie des fachspezifischen Zuschlags nach den oben genannten Tarifbestimmungen für allgemeine Vertragsfachärzte als gegeben anzusehen sind.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (19.02.2009, 2Ob 48/08k) sind die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abgeschlossenen Gesamtverträge (§ 341 ASVG) samt ihren Zusatzvereinbarungen als Rechtsquellen sui generis anzusehen, deren Zustandekommen zwar nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist, die ihrem Inhalt nach jedoch Gesetzen im materiellen Sinn gleichzuhalten sind (OGH 21.12.2006, 2 Ob 128/06x; 19.10.2005, 7 Ob 3/05z; SZ 2005/149 mwN).
Inhalte, die nur das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des GV regeln und deren kollektive Ziele betreffen, wie etwa der Stellenplan, die Auswahl der Vertragsärzte oder die Pflicht zur Durchführung des GV, gehören dem "obligatorischen Teil" an. Jene Inhalte hingegen, die die Individualinteressen der Vertragsärzte betreffen, somit auch im EV geregelt werden könnten, wie insbesondere die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte und deren Honorierung, werden mit verbindlicher Wirkung für die EV-Parteien im "normativen Teil" des GV geregelt (Kletter in Sonntag, ASVG5 [2014] § 341 Rz 18; Steinbach, Die rechtliche Natur des GV im Arztrecht der Sozialversicherung, SozSi 1951, 41; Tomandl, Rechtsnatur, 480).
Ein GV ist daher in seinem schuldrechtlichen Teil wie ein Vertrag, also nach den §§ 914 ff ABGB auszulegen, während sein normativer Teil nach den Grundsätzen der §§ 6 ff ABGB ausgelegt werden muss (OGH 19.02.2009, 2 Ob48/08k; 19.10.2005, 7 Ob 3/05z; Mosler in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung [1995] 404).
Die Regelungen betreffend den Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte legen den Inhalt der Einzelverträge zu den Vertragsärzten fest, sodass sie dem "normativen Teil" des GV zuzurechnen sind. Diese Bestimmungen sind daher nach den Grundsätzen der §§ 6 ff ABGB auszulegen.
Wie in Schwimann/Kodek, ABGB Taschenkommentar3 (2015) § 6 Rz 2 ff, ausgeführt wird, beginnt jede Gesetzesauslegung mit der Erforschung der Bedeutung der Regelung nach dem Sprachgebrauch (grammatikalische Interpretation; ständige Rechtsprechung, OGH 28.06.2007, 2 Ob 39/07k). Dabei sind, mangels einer Legaldefinition, anerkannte Erläuterungswerke, sowie die Fachsprache und Erfahrungssätze, die in geregelten Bereichen in Verwendung stehen, zur Auslegung heranzuziehen (einhellige Meinung; OGH 25.01.2006, 3 Ob 256/05a). Die wörtlich-grammatikalische Auslegung ist zwar primäres, aber nicht einziges Auslegungskriterium (OGH 12.07.1984, 6 Ob 762/83). Jedenfalls bildet der äußerste mögliche Wortsinn eine Auslegungsgrenze, die auch mit den weiteren Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf (einhellige Meinung; ständige Rechtsprechung, OGH 25.03.2014, 9 ObA 5/14x; 08.04.2008, 4 Ob 23/08y). Die Wortlautinterpretation darf nicht dazu führen, dass Normen (insbesondere Verfahrensregeln: OGH 24.11.1998, 1 Ob 247/98z) in ihrer Bedeutung überflüssig und inhaltslos werden (hL; OGH 17.04.2002, 9 ObA 289/01t).
Bleiben bei der Wortinterpretation Unklarheiten bzw. ist eine Regelung mehrdeutig, missverständlich oder unvollständig (OGH 19.12.1994, 10 ObS 262/94), ist der Zusammenhang der auszulegenden Worte und Sätze mit anderen Worten und Sätzen des Gesetzes sowie ihre systematische Stellung maßgeblich (systematisch-logische Auslegung; ständige Rechtsprechung, OGH 13.06.2001, 7 Ob 133/01m). Aus dem Gesamtkontext einer Norm innerhalb des anzuwendenden Gesetzes, sowie im Zusammenhang mit verwandten Gesetzen, kann sich so ergeben, welche Deutungsmöglichkeit des Wortsinnes zu wählen ist (hM; OGH 25.04.1995, 4 Ob 38/95).
Zur Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe sind gesetzliche Wertungen im jeweiligen Gesetz und in verwandten Gesetzen, sowie nach der allgemeinen Lebenserfahrung anerkannte rechtsethische Standards, insbesondere die Rechtsüberzeugung und die Verkehrssitte der beteiligten Kreise zu beachten (vgl. OGH 16.07.1998, 6 Ob 157/98a; 11.11.1992, 1 Ob 644/92).
Bleibt die Auslegung eines Gesetzes nach grammatikalisch-systematischer Interpretation unklar, ist nach der Absicht des Gesetzgebers zu fragen (historisch-subjektive Auslegung; einhellige Meinung; ständige Rechtsprechung, OGH 23.09.2008, 4 Ob 131/08f), die - an Bedeutung zeitlich ab Erlass des Gesetzes abnehmend (OGH 05.06.2008, 9 ObA 149/07p; 09.09.1980, 5 Ob 6/80;) - sich vor allem durch Regierungsvorlagen, stenographische Protokolle, Ausschussberichte, sowie erläuternde Bemerkungen (OGH 22.05.1974, 1 Ob 90/74) erforschen lässt. Auch der Inhalt älterer oder jüngerer gesetzlicher Regelungen, kann Schlüsse auf den Willen des Gesetzgebers hinsichtlich bisher geltender Regelungen zulassen (aus der ständigen Rechtsprechung etwa OGH 01.03.2011, 10 ObS 154/10k;
26.06.2008, 2 Ob 237/07b; 02.10.2007, 4 Ob 157/07b); die bloßen Gesetzesmaterialien zu einem späteren Gesetz reichen hierfür aber nicht aus (ständige Rechtsprechung; OGH 26.06.2008, 2 Ob 237/07b;
29.06.2006, 2 Ob 136/06y). Was in den Gesetzesmaterialien steht, kann - stets jedoch mit besonderer Vorsicht (OGH 13.11.2008, 2 Ob 173/08t) - nur dann zur Interpretation herangezogen werden, wenn dies im Gesetzeswortlaut Deckung findet (hA; OGH 25.05.1972, 3 Ob 45/72).
Ist die Ausdrucksweise eines Gesetzes nach Wortinterpretation und logischer Auslegung zweifelhaft, ist im Rahmen der objektiv-teleologischen Interpretation in wertender Beurteilung der objektiv erkennbare Zweck bzw. Grundgedanke der Norm (aus der ständigen Rechtsprechung etwa OGH 28.06.2007, 2Ob 39/07k; 23.04.2003, 9 Ob 241/02k; 27.04.1999, 1 Ob 41/99g), und zwar im Zeitpunkt ihrer Anwendung, nicht ihrer Entstehung (ständigen Rechtsprechung, etwa OGH 23.09.2008, 4 Ob 131/08f), zu berücksichtigen. Die zulässige Grenze bildet der äußerste mögliche Wortsinn (einhellige Meinung; ständige Rechtsprechung, OGH 28.06.2012, 8 ObS 3/12t; 08.04.2008, 4 Ob 23/08y).
Die Auslegungsmethoden stehen in keinem mechanischen Rangverhältnis zueinander, jedoch soll immer mit der Wortinterpretation begonnen werden (hM; vgl. OGH 28.06.2007, 2 Ob 39/07k). Bei widersprechenden Ergebnissen ist in wertender Entscheidung eine Gesamtabwägung vorzunehmen (hL; OGH 12.07.2005, 4 Ob 115/05y; 23.05.1985, 8 Ob 563/85), wobei ein eindeutiges Ergebnis aus dem Wortlaut und dem Bedeutungszusammenhang gegenüber der subjektiv-historischen und teleologischen Auslegung Priorität hat (hM; ständige Rechtsprechung, OGH 21.12.2011, 6 Ob 235/11v; 13.11.2008, 2 Ob 173/08t).
Nach den oben dargelegten Auslegungsregeln ist somit zur verfahrensrelevanten Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen eine Fallpauschale gebührt, zunächst auf den Wortsinn der Bestimmung "Fallpauschale pro Anspruchsberechtigten und Quartal" abzustellen. Bereits dem Wortlaut nach kann lediglich der Schluss gezogen werden, dass die Verrechnung einer Fallpauschale das Vorliegen eines Falles voraussetzt. Nach dem Duden ist unter "Fall" unter anderem "eine sich in einer bestimmten Weise darstellende Angelegenheit, Sache, Erscheinung" zu verstehen (Duden, Deutsche Rechtschreibung26 [2014]).
Ob darunter ausschließlich die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen zu verstehen ist, lässt sich insbesondere aus dem Gesamtkontext dieser Regelung innerhalb der anzuwendenden Tarifbestimmungen sowie im Zusammenhang mit verwandten Gesetzen ermitteln.
So normiert § 131 Abs. 1 ASVG, dass dem Anspruchsberechtigten der Ersatz der Kosten der Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre, gebührt, wenn er nicht die Vertragspartner (§ 338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch nimmt. Wird die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners nicht nach den erbrachten Einzelleistungen oder nicht nach Fallpauschalen, wenn diese einer erbrachten Einzelleistung gleichkommen, bestimmt, so hat die Satzung des Versicherungsträgers Pauschbeträge für die Kostenerstattung festzusetzen.
§ 133 ASVG nimmt Bezug auf den Begriff der Krankenbehandlung und bestimmt in Abs. 2, dass sie ausreichend und zweckmäßig sein muss, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Die Leistungen der Krankenbehandlung werden, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, als Sachleistungen erbracht.
Da diese Bestimmungen auf die Inanspruchnahme eines Vertragsarztes für die Erbringung einer Krankenbehandlung, welche eine Sachleistung darstellt, Bezug nehmen und ausdrücklich die Vergütung für die Tätigkeit des entsprechenden Vertragspartners in Form einer Fallpauschale erwähnt wird, ist der Begriff "Fallpauschale" in Zusammenschau mit der oben dargestellten Bedeutung des Wortes "Fall" als eine sich in einer bestimmten Weise darstellende Angelegenheit dahingehend auszulegen, dass die Verrechnung einer solchen die Inanspruchnahme einer Krankenbehandlung und somit zumindest die Konsultation des Vertragsarztes voraussetzt.
Somit kann allein die Aushändigung bzw. Erläuterung eines Informationsblattes durch den Ordinationsgehilfen an die Patienten jedenfalls nicht als Grundlage für den Anspruch auf Leistung einer Fallpauschale verstanden werden.
§ 23 GV normiert, dass ein Patient, der den Vertragsfacharzt in Anspruch nimmt, dazu aufzufordern ist, die E-Card vorzuweisen. In der Folge ist die Anspruchsberechtigung in der Ordination mittels Einlesens der E-Card zu prüfen.
Auch aus dieser Bestimmung ist abzuleiten, dass die bloße Aushändigung eines Formulars durch einen Ordinationsgehilfen ohne Konsultation des Vertragsarztes nicht als Grundlage für die Leistung einer Fallpauschale durch die Krankenkasse verstanden werden kann. So ist als Voraussetzung für das Einlesen der E-Card - und somit in der Folge als Voraussetzung für die Verrechnung einer entsprechenden Leistung - die Inanspruchnahme des Vertragsfacharztes durch einen Patienten geregelt. Betrachtet man die Bedeutung des Wortes "Inanspruchnahme", ist auszuführen, dass darunter nach dem Duden "das Gebrauch machen", "Nutzen von etwas, was jemandem als Recht zusteht, als Möglichkeit angeboten wird", zu verstehen ist (Duden, Deutsche Rechtschreibung26 [2014]). Demnach muss der Patient den Vertragsfacharzt konsultieren und eine Leistung in Anspruch nehmen, anderenfalls der Vertragsfacharzt weder die E-Card stecken, noch eine Leistung verrechnen darf.
Daran kann auch das Vorbringen der BF, dass es sich lediglich um geringe Beträge handle, nichts ändern.
Zwar ist der BF beizupflichten, dass es sich entgegen den Ausführungen der belangten Behörde um keine explizite gesetzliche Definition der ärztlichen Leistung handelt, die eine Auslegungsbedürftigkeit ausschließen würde. Doch führt eine solche Auslegung - wie soeben im Detail ausgeführt - eben nicht zu dem von der BF behaupteten Ergebnis, sondern zu der Beurteilung, dass für die Verrechnung einer Fallpauschale allein die Verteilung eines Informationsblattes über die Hautkrebsvorsorge, mag es auch von einem Arzt erstellt worden sein, durch einen Ordinationsgehilfen - selbst wenn er dieses erläutert - nicht ausreicht.
Entgegen der Annahme der BF geht die belangte Behörde weder von einer Weisungsgebundenheit der BF gegenüber der WGKK aus, noch führt die Judikatur des VwGH zu § 13a GehG hinsichtlich eines gutgläubigen Leistungsempfanges durch den Dienstnehmer zu einer anderen Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes.
Außerdem verkennt die BF die Rechtslage, wenn sie in ihrem Schriftsatz vom 18.11.2015 behauptet, dass das Vorliegen einer ärztlichen Leistung immer auch dann bejaht werde, wenn bloß ein gleichartiges Rezept neuerlich ausgestellt werde, selbst wenn sich der Kontakt auf den Ordinationsmitarbeiter beschränke. Vielmehr stellt das Verordnen und Verabreichen rezeptpflichtiger Arzneimittel eine Tätigkeit dar, die auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet ist und unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, sodass ihre eigenverantwortliche Ausführung Ärzten vorbehalten ist (Ärztevorbehalt). (vgl. OLG Wien 07.06.2010, 7Ra54/10b)
Das diesbezügliche Vorbringen der BF ist daher keinesfalls geeignet, eine andere Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes zu begründen.
Da festzustellen war, dass der Ordinationsgehilfe der BF über keine medizinische Ausbildung verfügt, geht außerdem das Vorbringen der BF, dass dieser zufolge ihrer Anleitung unzweifelhaft auch im Hinblick auf die medizinischen Komponenten der mit ihr arbeitsteilig erbrachten Leistung sehr wohl die Qualifikation für die konkrete Leistungsart aufweise, ins Leere.
Zur weiteren Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Bescheides ist zudem zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen einem allgemeinen Vertragsfacharzt ein "fachspezifischer Zuschlag" gebührt.
Aus den im Tarif für allgemeine Vertragsfachärzte unter den Positionsziffern 500 bis 542 für das Fachgebiet Haut- und Geschlechtskrankheiten sonstigen angeführten einzelnen Leistungen (z.B. Pos. Ziff. 500, Dunkelfelduntersuchung, 18 Punkte; Pos. Ziff. 537, Elastischer Kompressionsverband ohne Modellierung von Schaumgummiplatten bei stat. Beinleiden, 20 Punkte...) ist abzuleiten, dass die Verrechnung einer in dem Tarif angeführten Position eine konkrete Leistung des entsprechenden Vertragsfacharztes voraussetzt.
Auch die Verrechnung eines fachspezifischen Zuschlags kann demnach jedenfalls nicht in der bloßen Aushändigung (und Erläuterung) eines Informationsblattes durch einen Ordinationsgehilfen begründet sein, sondern setzt eine Konsultation des Vertragsarztes durch die Patienten voraus.
Daran ändert auch das Vorbringen der BF in ihrem Schriftsatz vom 21.11.2017, worin sie einwendet, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 12.10.2017, Zl. Ro 2017/08/0008, den Standpunkt der BF in Bezug auf Honorierungsansprüche betreffend das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit eines Patienten in der Ordination als Voraussetzung für die Entstehung eines Honoraranspruches bestätigt, nichts. In RN 20 des Erkenntnisses brachte der VwGH zwar zum Ausdruck, dass ein Honorierungsanspruch auch daraus resultiere, dass ein eingeholter medizinischer Befund vom behandelnden Arzt in Abwesenheit des Patienten ärztlich beurteilt wird. In RN 22 ist jedoch weiters ausgeführt, dass der Ansicht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, die Sichtung eines Befundes im Folgequartal sei Bestandteil einer bereits zuvor durch die Fallpauschale für das vorhergehende Quartal honorierten Leistung, zuzustimmen ist, hat doch der Patient die Krankenbehandlung bereits im Vorquartal in Anspruch genommen, so dass diese im Hinblick auf die Honorierung zur Gänze dem Vorquartal so lange zuzurechnen ist, als nicht im Folgequartal eine (neuerliche) Inanspruchnahme durch den Patienten erfolgt. Das Vorbringen der BF geht sohin ins Leere, da der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt sich insofern wesentlich von jenem des gegenständlichen Verfahrens unterscheidet, als der Vertragsarzt vorab vom Patienten ja konsultiert wurde. Nicht nachvollziehbar erscheint dem erkennenden Senat die weitere Ausführung der BF, die Überlegung des VwGH sei keineswegs als vornherein zwingend einzustufen, sie sehe ebenso gut weiterhin ihre Interpretation als jedenfalls vertretbar an, dass der Leistungsanspruch mit der effektiven Leistungserbringung stattfinde, die eben im späteren Quartal stattgefunden habe. Es könne sie in keinem Fall von Befundbeurteilung und E-Card-Applizierung in einem Quartal nach jenem der Patientenbehandlung in der Ordination ein Vorwurf treffen. Sie habe gutgläubig im Rahmen von realistischen Interpretationsvarianten gehandelt. Selbst wenn im gegenständlichen Verfahren letztlich befunden würde, dass sie in irgendwelchen Einzelfragen mit ihren Ansichten den Rahmen des Vertretbaren überschritten hätte, könne keinesfalls davon die Rede sein, dass dies auf eine Weise oder in einem Ausmaß geschehen wäre, wodurch ihr Verhalten insgesamt auch nur in die Nähe einer Kündigungsrechtfertigung käme.
Die BF wurde durch die WGKK zwar bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Verrechnung der Fallpauschale bzw. des fachspezifischen Zuschlags unzulässig ist. Dennoch beharrte die BF auf ihrem Rechtstandpunkt und verrechnete weiterhin für das bloße Aushändigen der Informationsblätter durch den Ordinationsgehilfen die genannten Tarifposten. Von einer Gutgläubigkeit der BF bei ihrer Vorgangsweise kann somit in keiner Weise ausgegangen werden.
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die Verrechnung der Fallpauschale bzw. des fachspezifischen Zuschlags für die Verteilung und Erläuterung der Informationsblätter über die Hautkrebsvorsorge durch den Ordinationsgehilfen der BF eine unberechtigte Verrechnung darstellt.
Somit hat die BF dadurch, dass sie der WGKK für die Verteilung der Informationsblätter zur Hautkrebsvorsorge (und deren Erläuterung) durch ihren Ordinationsgehilfen Fallpauschalen bzw. fachspezifische Zuschläge wiederholt verrechnet hat, Vertragspflichten verletzt.
Hinzu kommt, dass die BF durch die WGKK bereits mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass eine Verrechnung der Fallpauschale bzw. des fachspezifischen Zuschlags unzulässig ist. Dennoch beharrte die BF auf ihrem Rechtstandpunkt und verrechnete weiterhin für das bloße Aushändigen der Informationsblätter durch den Ordinationsgehilfen die genannten Tarifposten. Sogar das konkrete Ersuchen einer Patientin, eine Stornierung dieser Konsultation vorzunehmen, wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Ausgabe des Informationsblattes, selbst ohne ärztlichen Kontakt, bereits eine ärztliche Leistung darstelle.
Damit hat die BF - unter Berücksichtigung der Wertigkeit entsprechend der oben unter 3.4.1. angeführten Judikatur - eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung begangen.
3.4.2.2. Erschwerung des Behandlungszugangs von EKVK-Patienten:
Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid weiter rechtlich aus, dass die wiederholte Behandlungserschwerung von EKVK-Patienten durch das Verlangen, ein ausgefülltes, selbst aus dem Internet herunterzuladendes Formular vorzulegen, ebenfalls vertragswidrig und erheblich sei.
Dagegen brachte die BF vor, dass sie diesbezüglich keine Vertragspflichten verletzt habe, sondern vielmehr lediglich auf die Pflichtverletzungen durch die WGKK reagiert habe. Bei den entsprechenden Abrechnungen mit der WGKK komme es immer wieder zu Problemen und habe die WGKK keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen, um die Kopierfähigkeit der erforderlichen Unterlagen bzw. der EKVK zu verbessern. Die Eingabe der erforderlichen Inhalte in die Ordinations-EDV bedeute eine enorme Störung im Ordinationsablauf. Da dieser Missstand jedoch nicht durch die zuständigen Sozialversicherungsträger abgeschafft worden sei, habe die BF dadurch reagiert, dass die betreffenden Patienten um Formularausfüllung via Internet ersucht worden seien. Nach Prüfung und Bestätigung durch die WGKK, die Leistung zu bezahlen, hätten EKVK-Patienten einen Termin ausmachen können.
In § 26 Abs. 1 GV ist normiert, dass gegenüber allen Anspruchsberechtigten, die den Vertragsarzt aufsuchen, grundsätzlich Behandlungspflicht in der Ordination besteht. Der Vertragsarzt ist nach § 32 GV berechtigt, in begründeten Fällen die Behandlung eines Anspruchsberechtigten abzulehnen. Auf Verlangen der Kasse hat der Vertragsarzt dieser den Grund der Ablehnung mitzuteilen.
Nach § 1 Abs. 6 GV bezeichnet der Terminus "Anspruchsberechtigte" Versicherte der Versicherungsträger und deren anspruchsberechtigte Angehörige.
Da § 23 Abs. 6 GV bestimmt, dass Patienten, die mittels EKVK Sachleistungen in Anspruch nehmen wollen, bei der Inanspruchnahme des Vertragsarztes eine gültige EKVK bzw. eine Ersatzbescheinigung und einen amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen haben, sind jene Patienten zweifelsfrei als Anspruchsberechtigte zu qualifizieren.
Somit besteht für die BF hinsichtlich EKVK-Patienten, die sie aufsuchen, gemäß § 26 Abs. 1 GV Behandlungspflicht in ihrer Ordination. Die Berechtigung, die Behandlung dieser Patienten abzulehnen, besteht nach § 32 GV lediglich in begründeten Fällen.
Fraglich ist daher, ob ein begründeter Fall vorliegt, indem der Ordinationsgehilfe der BF EKVK-Patienten durch Verhinderung, das Patientenerklärungsformular sofort in der Ordination auszufüllen, die Möglichkeit nimmt, am selben Tag behandelt zu werden.
Gemäß Art. I der Vereinbarung betreffend die Behandlung von nicht in Österreich sozialversicherten Personen, die ärztliche Leistungen mittels EKVK in Anspruch nehmen, erfolgt die Behandlung der in einem EU-Mitgliedsstaat, EWR-Staat oder der Schweiz versicherten Patienten, die ihren Anspruch mit gültiger EKVK nachweisen, entsprechend der europarechtlichen Bestimmungen durch Vertragsärzte der Kasse im Ausmaß des Notwendigen als Sachleistung.
Art. II der EKVK-Vereinbarung bestimmt, dass Patienten, die mittels EKVK Sachleistungen in Anspruch nehmen wollen, bei der Inanspruchnahme eine gültige EKVK und einen amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen haben. In der Ordination wird geprüft, ob die Karte formal gültig ist (Gültigkeitsdauer auf der Karte) und mit der Identität des Patienten auf dem amtlichen Lichtbildausweis (z.B. Reisepass, Personalausweis etc.) übereinstimmt und soweit dies dem Vertragsarzt möglich und zumutbar ist, ob die Einreise des Patienten nach Österreich nicht ausschließlich zur Krankenbehandlung erfolgte und die Behandlung in Relation zur Dauer des Aufenthaltes in Österreich notwendig ist.
Ebenso sieht § 23 Abs. 6 GV vor, dass Patienten, die mittels EKVK Sachleistungen in Anspruch nehmen wollen, bei der Inanspruchnahme des Vertragsarztes eine gültige EKVK bzw. eine Ersatzbescheinigung und einen amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen haben. Der Vertragsarzt ist dazu verpflichtet, zu prüfen, ob die EKVK formal gültig ist (Gültigkeitsdauer auf der Karte) und mit der Identität des Patienten auf dem amtlichen Lichtbildausweis (z.B. Reisepass, Personalausweis, etc.) übereinstimmt. Kann die Identität nicht mittels Lichtbildausweises nachgewiesen werden, gelten die Patienten als Privatpatienten.
Die BF als Vertragsärztin war daher verpflichtet, zu prüfen, ob die von einem Patienten vorgelegte EKVK formal gültig ist und mit der Identität des Patienten auf dem amtlichen Lichtbildausweis übereinstimmt sowie, ob die Einreise des Patienten nach Österreich nicht ausschließlich zur Krankenbehandlung erfolgte und die Behandlung in Relation zur Dauer des Aufenthaltes in Österreich notwendig ist.
Im vorliegenden Verfahren war festzustellen, dass EKVK-Patienten dem Ordinationsgehilfen der BF darüber hinaus ein ausgefülltes Patientenerklärungsformular abgeben mussten, sowie eine Bestätigung der WGKK vorliegen musste, dass diese die Leistung bezahle, damit EKVK-Patienten einen Termin bzw. eine Konsultation bei der BF erhielten. Dieses Formular war auf der Homepage der BF abrufbar.
Dadurch wurde EKVK-Patienten der Zugang zur ärztlichen Heilbehandlung erschwert, ohne dass eine solche Vorgehensweise in der EKVK-Vereinbarung bzw. im GV Deckung finden würde. Vielmehr sieht die EKVK-Vereinbarung in Art. III für den Fall, dass die vom Patienten vorgelegte EKVK auf Grund ihres Zustandes nicht leserlich ist, vor, dass sie nicht als Anspruchsnachweis akzeptiert und der Behandlungsfall privat verrechnet werden kann.
Die BF hat ihre pauschale Vorgehensweise damit gerechtfertigt, dass es bei den entsprechenden Abrechnungen immer wieder zu Problemen komme und die WGKK keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen habe, um die Kopierfähigkeit der erforderlichen Unterlagen bzw. der EKVK zu verbessern. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine Ermächtigung der BF zu begründen, den EKVK-Patienten für die Inanspruchnahme einer Sachleistung eigenmächtig zusätzliche Voraussetzungen vorzuschreiben.
Die EKVK bescheinigt den Anspruch des Karteninhabers auf Sachleistungen, die sich während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat der EU (einschließlich EWR) als medizinisch notwendig erweisen und dort erbracht werden, damit der Karteninhaber nicht vorzeitig in den zuständigen Staat oder den Wohnortstaat zurückkehren muss, um die erforderlichen medizinischen Leistungen zu erhalten (Beschluss S 1 vom 12.6.2009, Abl EU C 106 24.4.2010, 23).
Die EKVK ist eine Garantiekarte, welche einem Gesundheitsdiensteanbieter im Ausland (bei Identitätsnachweis und Vorliegen der sonstigen Leistungsvoraussetzungen dieses Staates) die Abrechnungsmöglichkeit mit dem österreichischen Sozialversicherungsträger im Wege des internationalen Rechts garantiert (vgl. Souhrada in ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz Jahreskommentar 9. Aufl. 2018, Rz. 37f zu § 31a).
Da eine solche Formularvorlage samt Vorliegen einer Bestätigung der WGKK, die Leistung zu bezahlen, nicht vorgeschrieben ist und seitens der BF nicht einseitig vorgeschrieben werden kann, kann die eigenmächtige Vorgehensweise der BF jedenfalls keinen "begründeten Fall" darstellen, der die BF nach § 32 GV dazu berechtigen würde, die Behandlung abzulehnen. Vielmehr wird allen EKVK-Patienten die Möglichkeit genommen, ein Formular in der Ordination der BF auszufüllen und am selben Tag auch behandelt zu werden. Demnach liegt auch diesbezüglich eine Vertragsverletzung durch die BF vor. Auch diese ist als schwerwiegend zu qualifizieren, zumal sie für die betroffenen EKVK-Patienten gravierende Auswirkungen hat und eine Verletzung der grundlegendsten Pflichten der Vertragsärzte - nämlich jene zur Behandlung der Anspruchsberechtigten - darstellt.
Im vorliegenden Zusammenhang ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit des Arztes, frei zu entscheiden, welche Patienten er zur Behandlung übernimmt, durch Diskriminierungsverbote beschränkt ist. Dazu sind primär jene Richtlinien der Union zur Diskriminierung relevant, die auch den Bereich außerhalb des Arbeitslebens erfassen, also die RL 2000/43/EG und 2004/113/EG . Der österreichische Gesetzgeber hat sie in §§ 30 f GlBG umgesetzt. Davon erfasst sind derzeit nur Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Herkunft. Beide Verbote gelten derzeit, soweit hier relevant, jedenfalls "beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen." Nach hA fallen darunter alle Dienstleistungen, die einem unbestimmten Adressatenkreis angeboten werden (vgl. nur Posch in Rebhahn, GlBG (2005) § 30 Rz 22; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2010) § 30 Rz 11). Dies trifft bei den niedergelassenen Ärzten jedenfalls in der Regel, wenn nicht stets zu (vgl. Emberger in Emberger/Wallner, Ärztegesetz mit Kommentar2, § 49, 136 f). Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts könnte vorliegen, wenn der Arzt die Behandlung ablehnt, weil die Frau bereits abgetrieben hat. Das Unionsrecht missbilligt darüber hinaus in Art 21 Grundrechtecharta eine Diskriminierung aufgrund von Alter, Behinderung, sexueller Orientierung, sozialer Herkunft, Religion und Vermögen. Die Bestimmungen der Grundrechtecharta stehen nach Auffassung des VfGH den österreichischen Grundrechten gleich, soweit eine Bestimmung ihrer Art nach diesen entspricht und der Lebenssachverhalt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18). Die erste Voraussetzung kann für Art 21 GRC bejaht werden; fraglich ist, wann die zweite Voraussetzung erfüllt ist. Dies ist derzeit wohl nur bei der Behandlung von Patienten aus anderen Mitgliedstaaten relevant, die nun insbesondere durch die RL zur Patientenmobilität geregelt ist (RL 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung). Jedenfalls in diesem Bereich ergibt sich dann aus der Verbindung des Grundrechts mit dem Berufsrecht das Verbot der Diskriminierung aufgrund eines der in Art 21 GRC genannten Merkmale.
3.4.2.3. Behandlungspflicht gegenüber der Testpatientin XXXX :
Die belangte Behörde führte weiter aus, dass auf Grund der eigenmächtigen - ohne Konsultation der BF erfolgten - Ablehnung der Behandlung der EKVK-Patientin XXXX durch den Ordinationsgehilfen, obwohl diese wiederholt über Schmerzen geklagt habe, die der Ordinationsgehilfe nicht habe beurteilen können, eine weitere schwere Vertragsverletzung durch die BF vorliege. Bereits durch die Übergabe der EKVK und deren Annahme nach Erklärung des Behandlungswunsches sei zumindest konkludent - mit dem von der BF beauftragten Ordinationsgehilfen für die BF - ein Behandlungsvertrag zustande gekommen, sodass die Ablehnung der Behandlung durch den medizinischen Laien eine erhebliche Verletzung der Verpflichtung zur gewissenhaften Patientenbetreuung im Sinne des § 49 Abs. 1 ÄrzteG darstelle. Eine Verwarnung sei diesbezüglich nicht erforderlich gewesen, weil die BF jedes eigenmächtige, vertragswidrige Verhalten ihres Gatten akzeptiert habe und eine Abstellung desselben nicht zu erwarten gewesen sei.
Dagegen brachte die BF vor, dass davon auszugehen sei, dass es sich bei XXXX um eine "Spitzelpatientin" gehandelt habe, die ihren Behandlungsbedarf sowie ihre Schmerzen lediglich vorgetäuscht habe. Daher sei ein Vertrag entweder überhaupt nicht zustande gekommen oder nur mit einer solchen Fehlerhaftigkeit, dass die Getäuschte durch entsprechende Erklärung die Unwirksamkeit herbeiführen könne. Es sei somit keine Vertragspflicht für die BF entstanden, sodass diesbezüglich kein Kündigungsgrund vorliege.
Wie unter II.1. festgestellt, hat der Ordinationsgehilfe der BF die Testpatientin XXXX am 10.06.2015 nach Vorlage der EKVK mit dem Hinweis, dass der bürokratische Aufwand in der Ordination vermieden werden solle, auf die Homepage der BF verwiesen und ihr mitgeteilt hat, dass sie nach Übermittlung des ausgefüllten Formulars an die Ordination sowie nach Überprüfung, ob mit ihrer Krankenkasse alles in Ordnung sei, einen Termin erhalte. Obwohl die Testpatientin dann mehrmals zum Ausdruck gebracht hat, Schmerzen in den Beinen zu haben, wurde eine Behandlung durch die BF seitens des Ordinationsgehilfen abgelehnt.
Um beurteilen zu können, ob die Ablehnung der Behandlung der Testpatientin durch den Ordinationsgehilfen eine Pflichtverletzung der BF darstellt, ist zunächst zu prüfen, ob zwischen der Testpatientin und der BF ein Behandlungsvertrag zu Stande gekommen ist.
Gemäß § 49 Abs. 1 ÄrzteG ist ein Arzt verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Nach Abs. 2 leg. cit. hat der Arzt seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.
§ 49 Abs. 1 ÄrzteG stellt sich als die Kernbestimmung des ärztlichen Berufsrechtes dar, enthält dabei aber mehrere klar voneinander zu unterscheidende Anordnungen. Erstens verpflichtet er Ärzte, jeden Patienten gewissenhaft zu betreuen (erster Satz), weiters ist jeder Arzt zur laufenden Fortbildung angehalten (zweiter Satz erste Alternative) sowie zur Wahrung des Wohles der Kranken und des Schutzes der Gesunden verpflichtet, dies einerseits nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung und andererseits unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und fachspezifischen Qualitätsstandards (zweiter Satz zweite Alternative). (siehe LVwG Wien 17.02.2014, VGW-001/059/6022/2014).
Rechtliche Grundlage medizinischer Heilbehandlung bildet im Allgemeinen der Behandlungsvertrag, der zwischen Patienten und Arzt oder Krankenanstalt abgeschlossen wird. In der Praxis sind je nach involvierten Vertragspartnern verschiedene Ausprägungen medizinischer Behandlungsverträge zu unterscheiden. Da sich im österreichischen Recht keine gesonderten Vorschriften über diesen Vertragstyp finden, erfolgt seine Einordnung im Rahmen der im allgemeinen Vertragsrecht vertypten Verträge. Einigkeit besteht darin, dass es sich um einen entgeltlichen Vertrag handelt. In seiner einfachsten Form kommt der Behandlungsvertrag zwischen Patienten und niedergelassenem, frei praktizierendem Arzt zustande. Diesen trifft (§ 49 Abs. 2 ÄrzteG bzw. § 24 ZÄG) eine unmittelbare und persönliche Behandlungspflicht. Aus dem Behandlungsvertrag resultierende Ansprüche des Patienten richten sich gegen den Arzt. Erleidet der Patient einen Schaden, trifft den Arzt die vertragliche Haftung; für schuldhaftes Verhalten seiner Mitarbeiter hat er nach § 1313a ABGB einzustehen. Diese selbst trifft unter bestimmten Voraussetzungen eine deliktische Haftung. [Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 (2015) III. Zivilrechtliche Fragen des Arzt-Patienten-Verhältnisses, 92]
Im Zuge der Erbringung medizinischer Leistungen kommt es häufig zum Einsatz von Hilfspersonen. Grundsätzlich stehen Hilfspersonen, die ein niedergelassener Arzt im Rahmen der Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinem Patienten einsetzt, in keinem Vertragsverhältnis zum Patienten. Vertragspartner sind Arzt und Patient. [Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 (2015) III. Zivilrechtliche Fragen des Arzt-Patienten-Verhältnisses, 95]
Aus dem Behandlungsvertrag treffen beide Vertragsparteien verschiedene Haupt- und Nebenpflichten; im Einzelnen obliegt es den Vertragsparteien, diese näher festzulegen. Im Allgemeinen schuldet der Arzt eine fachgerechte medizinische Beratung und Behandlung, beim Krankenhausaufnahmevertrag sind darüber hinaus auch Unterkunft und Anstaltspflege geschuldet. Zu nennen ist ferner die Pflicht zur Aufklärung, zur Dokumentation und zur Verschwiegenheit. Zu denken ist auch an bestimmte Verpflichtungen, die schon vor Vertragsabschluss zu beachten sind, etwa allgemeine Schutz- und Sorgfaltspflichten. Auf der Seite des Patienten ist die Hauptpflicht zur Leistung des Behandlungsentgeltes zu nennen; ihn trifft aber auch eine Mitwirkungspflicht, indem er alle behandlungsrelevanten Umstände wie Symptome, Vorerkrankungen und Ähnliches schildert und notwendige Therapiemaßnahmen durchführt, sich Nachbehandlungen unterzieht etc. Nach § 49 Abs. 1 ÄrzteG bzw. § 16 ZÄG schulden Ärzte ihren Patienten eine gewissenhafte Behandlung nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften. Eine Behandlung, die diesen Anforderungen nicht genügt, erfolgt nicht lege artis und löst, falls der Patient dadurch Schaden nimmt, Schadenersatzansprüche infolge eines Behandlungsfehlers aus. Bei Lebensgefahr schreibt § 48 ÄrzteG die Verpflichtung zur Leistung von erster Hilfe vor. Zweck der Vorschrift ist, zu verhindern, dass Personen, die erster Hilfe bedürfen, ohne ärztliche Versorgung bleiben. Daher trifft den Arzt nicht nur die Verpflichtung, bei bestehender Lebensgefahr ärztliche Hilfe zu leisten, sondern sich auch persönlich davon zu überzeugen, ob die Notwendigkeit solcher Hilfeleistungen besteht, indem er sich zum Patienten begibt, wenn er gerufen wird (dazu Wallner, Kapitel XXI. Berufsrecht der Ärzte, Abschnitt 21; ders, Ärztliches Berufsrecht (2011) 127 ff; Memmer in Aigner et al, Handbuch Medizinrecht I/49 f mwN). [Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 (2015) III. Zivilrechtliche Fragen des Arzt-Patienten-Verhältnisses, 98]
Das österreichische Vertragsrecht ist vom Prinzip der Vertragsfreiheit geprägt. Dieses gilt auch für den Bereich medizinischer Leistungen. Grundsätzlich sind also die Vertragspartner in ihrer Entscheidung frei, ob, wann, mit wem bzw. mit welchem Inhalt sie einen Behandlungsvertrag abschließen. Besonderheiten gelten gegenüber Personen, die Leistungsansprüche gegenüber der sozialen Krankenversicherung haben. So legt etwa § 22 Abs. 2 KAKuG fest, dass öffentliche Krankenanstalten solche Personen als Pfleglinge aufzunehmen haben. Auch Vertragsärzte der Sozialversicherungsträger trifft eine grundsätzliche Pflicht zur Behandlung von Kassenpatienten; die Ablehnung der Behandlung ist nur in begründeten Fällen zulässig (vgl. Resch, Kapitel XVII. Vertragspartnerrecht in der Krankenversicherung, Abschnitt 3.4.). Zu beachten sind ferner Einschränkungen des Prinzips der Vertragsfreiheit, die § 48 ÄrzteG sowie § 23 KAKuG festlegen: Nach § 48 ÄrzteG darf ein Arzt die Erste Hilfe im Falle drohender Lebensgefahr nicht verweigern; es trifft ihn somit die Behandlungspflicht. Ähnliches bestimmt § 23 KAKuG: Unbedingt notwendige erste ärztliche Hilfe darf in öffentlichen Krankenanstalten niemandem verweigert werden (Die Entscheidung, ob jemand behandlungsbedürftig ist, obliegt aufgrund § 2 Abs. 2 Z 1
ÄrzteG einem Arzt; siehe OGH 11.05.2010, 4 Ob 36/10p, SZ 2010/52 =
Zak 2010/480 (Kletecka) = RdM 2010/152 (Bernat); Resch, Abweisung
eines Kranken durch einen Krankenpfleger, ÖZPR 2010, 92.) Zu beachten ist ferner, dass ein Kontrahierungszwang, ein Zwang zum Abschluss von Verträgen, jedenfalls überall dort angenommen wird, wo einem Vertragspartner eine Monopolstellung zukommt und er Leistungen oder Güter anbietet, deren ein Durchschnittsmensch normalerweise oder im Notfall bedarf (vgl. die Nachweise bei Bollenberger in KBB4 § 861 ABGB Rz 11). In medizinisch schlecht versorgten Regionen ist dieser Grundsatz somit auch für die medizinische Versorgung zu beachten.
Für den Abschluss eines Behandlungsvertrages bestehen keine besonderen Vorschriften; es gelten vielmehr die allgemeinen Regeln über Vertragsabschlüsse. Maßgebend sind die §§ 861 ff ABGB. Demzufolge wird der Vertrag durch übereinstimmende Willenserklärungen geschlossen, eine besondere Form ist nicht einzuhalten; er kommt somit in der Regel formlos zustande. Für den gültigen Vertragsabschluss ist es auch nicht erforderlich, dass die Willenserklärungen ausdrücklich erfolgen; § 863 ABGB lässt auch Erklärungen genügen, die stillschweigend durch solche Handlungen zum Ausdruck gebracht werden, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln, übrig lassen. Bei diesen konkludenten oder schlüssigen Willenserklärungen erschließt sich der Erklärungsinhalt aus den gesamten Begleitumständen. Es ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ein strenger Maßstab anzulegen: Für den Empfänger muss der Rechtsfolgewillen des Erklärenden eindeutig feststehen, bloßes Schweigen ist im Allgemeinen nicht als Zustimmung zu werten (Bollenberger in KBB4 § 863 ABGB Rz 8). Behandlungsverträge werden überwiegend konkludent geschlossen. Ein gültiger Vertrag setzt ferner voraus, dass er inhaltlich hinreichend bestimmt ist; erforderlich ist eine Einigung über die vertraglichen Mindestbestandteile (essentialia negotii). Die Bestimmtheit des Vertragsinhalts ist gegeben, wenn sich die vertraglichen Rechtsfolgen durch Auslegung (§§ 914 f ABGB) und aufgrund dispositiven Rechts ermitteln lassen, Bestimmbarkeit ist also ausreichend. [Jesser-Huß in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht2 (2015) III. Zivilrechtliche Fragen des Arzt-Patienten-Verhältnisses, 104]
Im vorliegenden Fall hat die Testpatientin XXXX die Ordination der BF aufgesucht und dem Ordinationsgehilfen ihre EKVK übergeben. Dieser hat ihre Behandlung durch die BF jedoch abgelehnt und sie u. a. auf die erforderliche Vorlage des ausgefüllten Patientenerklärungsformulares verwiesen. In dieser ausdrücklichen Ablehnung des Ordinationsgehilfen, der Testpatientin eine Behandlung durch die BF zu gewähren bzw. auch nur einen Termin für eine solche Behandlung zu vereinbaren, kann keine Willenserklärung auf Abschluss eines Behandlungsvertrages gelegen sein. Da seitens des Ordinationsgehilfen - als Erfüllungsgehilfen der BF - weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Willenserklärung über den Abschluss eines Behandlungsvertrages abgegeben wurde, ist mangels übereinstimmender Willenserklärungen kein Behandlungsvertrag zu Stande gekommen. Demnach kann in der Ablehnung der Behandlung keine Verletzung der Pflicht der BF zur gewissenhaften Betreuung der von ihr in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken gelegen sein.
Wie bereits oben unter 3.4.2.2. ausgeführt, hat die BF durch das Verlangen von EKVK-Patienten, das ausgefüllte Patientenerklärungsformular vorzulegen, und erst nach Vorliegen einer Bestätigung der WGKK, die Leistung zu bezahlen, einen Termin zu vereinbaren, eine Vertragspflichtverletzung begangen. An dieser Stelle ist weiter zu prüfen, ob durch die Behandlungsablehnung der Testpatientin XXXX sonstige Vertrags- oder Berufspflichten durch die BF verletzt wurden.
In Frage kommt eine Verletzung der Pflicht zur ersten Hilfe. So bestimmt § 48 ÄrzteG: "Der Arzt darf die Erste Hilfe im Falle drohender Lebensgefahr nicht verweigern." Schon aus der Formulierung geht hervor, dass "Erste Hilfe" mehr umfasst als Fälle drohender Lebensgefahr [Stöger, Krankenanstaltenrecht (2008) 635; Radner, Aufnahmepflicht öffentlicher Krankenanstalten, RdM 1996, 7 (9);
Aigner/Kierein/Kopetzki, Ärztegesetz 19983 (2007) § 48 Anm 4;
Stellamor/Steiner, Handbuch Arztrecht I, Arzt und Recht 31; vgl. OGH 11.05.2010, 4 Ob 36/10p]. Die Behandlungspflicht aus § 48 ÄrzteG besteht jedoch nur bei drohender Lebensgefahr, nicht in anderen Fällen Erster Hilfe. Sie besteht unabhängig vom Abschluss eines Behandlungsvertrags. Fraglich ist, wann drohende Lebensgefahr vorliegt. Aus medizinischer Sicht mag dies noch klar sein, § 48 ÄrzteG stellt aber wohl nicht auf die objektive medizinische Lage ab. Der VwGH hatte einen Fall zu beurteilen, in dem die Ärztevermittlungszentrale mitgeteilt hat, bei einem Patienten bestehe Verdacht auf Herzinfarkt (VwGH 29.01.2004, 2002/11/0075). Der VwGH hat die Behandlungspflicht nach § 48 ÄrzteG bejaht. Der Rechtssatz des VwGH lässt nicht erkennen, warum die Vermittlungszentrale Lebensgefahr annahm, wie wahrscheinlich also der Verdacht war. Daher kommt es für § 48 ÄrzteG wohl nicht darauf an, dass tatsächlich Lebensgefahr besteht, sondern es reicht, wenn jemand einen Verdacht äußert, der bei Zutreffen Lebensgefahr indiziert (Kotschy/Adlassnig in Emberger/Wallner, Ärztegesetz2 § 48, 173; VwGH 1817/64 ÖJZ 1966, 333. Noch strenger uU VwGH 0564/67 ÖJZ 1969, 53: Der verständigte Arzt müsse Lebensgefahr eindeutig ausschließen können.) Dies lässt offen, inwieweit der Arzt durch telefonische Rückfrage das Bestehen der Lebensgefahr selbst evaluieren darf. Die Pflicht zur Intervention bei drohender Lebensgefahr besteht auch, wenn der Arzt dafür die Ordination verlassen muss (vgl. VwGH 29.01.2004, 2002/11/0075). Anderes kann gelten, wenn auch in der Ordination gleichdringende Notfälle zu versorgen sind. Dann muss der Arzt abwägen, was dringender ist. Die Pflicht entfällt auch dann nicht, wenn der Arzt mit dem Eingreifen der Rettung rechnen konnte, er aber schneller bei dem Patienten ist (VwGH 29.01.2004, 2002/11/0075). Sobald der Arzt den Patienten selbst untersuchen kann, hat wohl er selbst zu beurteilen, ob Lebensgefahr droht. (Robert Rebhahn, Wann dürfen Vertragsärzte die Behandlung von Versicherten ablehnen? Sonderheft Gmundner Medizinrechtskongress 2013, RdM 2013/140, 237)
Da im vorliegenden Fall nicht von einer (vorgetäuschten) drohenden Lebensgefahr gesprochen werden kann, kommt eine Verletzung der Pflicht zur Ersten Hilfe nicht in Betracht. Auch die Verletzung sonstiger Berufs- bzw. Vertragspflichten durch die BF hinsichtlich der Testpatientin XXXX ist im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Demnach liegt diesbezüglich ausschließlich die - auch hinsichtlich der anderen EKVK-Testpatienten vorliegende - Verletzung der Behandlungspflicht durch die BF vor.
3.4.2.4. Verweigerung der Unterlagenvorlage:
Im angefochtenen Bescheid führte die belangte Behörde zudem aus, dass auch das unberechtigte Verweigern der Vorlage von für die Abrechnung benötigten Unterlagen über Verlangen der dafür zuständigen Ärzte der WGKK-Abteilung für Patientenabrechnung trotz Hinweis und Verwarnung sowie die provokante Übermittlung an unzuständige Organe beweise, dass das unkorrekte Verhalten der BF lediglich der Provokation der WGKK diene. Damit sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die BF unbelehrbar sei und sich nicht vertragskonform verhalten wolle. Auch dies begründe eine erhebliche Vertragsverletzung.
Mit Schreiben vom 08.04.2015 teilte die WGKK der BF Folgendes mit:
"(...) Wir möchten hiermit bestätigen Ihre Stellungnahmen der obenstehenden Angelegenheit erhalten zu haben. Zur Vermeidung künftiger Unsicherheiten teilen wir Ihnen zudem mit, dass die Abteilung VPV (Vertragspartnerverrechnung und -verhandlung) für vertragsrechtliche Angelegenheiten zuständig ist. Nachdem die gegenständliche Versichertenbeschwerde Fragen im Zusammenhang mit Ihren vertraglichen Verpflichtungen aufwarf, war Ihre Stellungnahme daher auch von jener Abteilung einzufordern. Im Sinne einer raschen Bearbeitung wollen wir Sie bitten, Ihre Stellungnahmen künftig direkt an die anfordernde Stelle zu adressieren. Sollte aus Ihrer Sicht die Notwendigkeit bestehen in einer Stellungnahme medizinische Gesichtspunkte hervorzuheben, so können wir Ihnen versichern, dass wir notwendigenfalls den Medizinischen Dienst einbinden. Der Gesamtvertrag vom 01.01.2011 verpflichtet Sie zur Auskunftserteilung in medizinischen sowie in nicht medizinischen Fragen, soweit dies für die Durchführung der Aufgaben der Versicherungsträger notwendig ist (§ 43 GV). Hierzu gehört es auch zu Anfragen und Versichertenbeschwerden Stellung zu nehmen. Wenn Sie in § 49 Abs. 1 des Gesamtvertrages eine Klausel sehen, welche jegliche Kontakte mit unseren Vertragspartnern dem Medizinischen Dienst überlässt, so handelt es sich hierbei um einen Irrtum, bezieht sich diese Regelung doch einzig auf rein medizinische Fragen. (...)"
Wenngleich der VwGH in seinem Beschluss vom 19.12.2017, Zl. Ra 2017/08/0080-7, festgehalten hat, dass gemäß § 43 Abs. 3 des Gesamtvertrages der Vertragsarzt nur gegenüber den ordnungsgemäß ausgewiesenen bevollmächtigten Ärzten der Versicherungsträger zur Erteilung von Auskünften in medizinischen Fragen, insbesondere zur Bekanntgabe der Diagnose, verpflichtet ist, und die Gebietskrankenkasse zu Recht eine Ärztin (und nicht den chefärztlichen Dienst) als Adressatin der Auskunftserteilung namhaft gemacht hat, so konnte nicht erwiesen werden, dass die BF nach Erhalt des Schreibens vom 08.04.2015 weitere Schreiben an den Chefarzt anstelle an die Abteilung VPV geschickt hat. Auch handelt es sich dabei weder um eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung, noch wurde die BF deshalb jemals verwarnt.
3.4.3. Conclusio:
Als Voraussetzung für eine rechtmäßige Kündigung nach § 343 Abs. 4 ASVG durch den Krankenversicherungsträger muss eine wiederholte nicht unerhebliche oder schwerwiegende Vertrags- bzw. Berufspflichtverletzung vorliegen.
Im vorliegenden Verfahren ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss gekommen, dass die BF dadurch, dass sie der WGKK für die Verteilung und Erläuterung des Informationsblattes zur Hautkrebsvorsorge durch ihren Ordinationsgehilfen Fallpauschalen bzw. fachspezifische Zuschläge verrechnet hat, eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung begangen hat (3.4.2.1.).
Ebenso war die Beurteilung zu treffen, dass die BF dadurch, dass sie die Behandlung von EKVK-Patienten von der Vorlage eines ihr übermittelten und zuvor ausgefüllten Patientenerklärungsformulars und der Bestätigung der WGKK, die Leistung zu bezahlen, abhängig gemacht hat, eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung begangen hat (3.4.2.2.).
Diese Vertragspflichtverletzungen hat die BF darüber hinaus beharrlich begangen, zumal sie die genannten Verhaltensweisen grundsätzlich eingenommen hat.
Die BF hat daher wiederholt schwerwiegende Vertragspflichtverletzungen begangen. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Kündigung des Einzelvertrages nach § 343 Abs. 4 ASVG vor.
3.5. Rüge der Vertragsverletzung:
Wie bereits unter 3.3.2. angeführt, wandte die BF gegen die verfahrensgegenständliche Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die WGKK ein, dass eine solche nur auf Grund vorangehender berechtigter Ermahnung zulässig sei, was im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt sei.
Dabei ist der BF insoweit beizupflichten, als einer Kündigung nach § 343 Abs. 4 ASVG eine Verwarnung des Vertragsarztes bzw. eine Androhung der Kündigung vorangehen muss, wenn wiederholte Vertragsverletzungen als Kündigungsgrund geltend gemacht werden sollen. Es ist dabei ausreichend, wenn der Vertragsarzt wegen ähnlicher Verfehlungen in der Vergangenheit bereits zweimal verwarnt und ihm die Kündigung angedroht wurde (BSK R 3-BSK/03, SSV-NF 18/A1 ). Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bzw. eine Verwarnung sind nicht erforderlich, wenn der Vertragsarzt eindeutig zu erkennen gibt, dass er sich dadurch von seinem pflichtwidrigen Verhalten nicht abbringen lassen wird (BSK R 3-BSK/94, SSV-NF 8/A4 ). Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen ist eine Abmahnung nicht erforderlich (BSK R 3-BSK/03, SSV-NF 18/A1; R 7-BSK/05, SSV-NF 20/A2 ). (Kneihs/Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 343 ASVG Rz 54)
Im vorliegenden Fall hat die BF schwerwiegende Vertragspflichtverletzungen wiederholt begangen, sodass der Kündigung keine Verwarnung bzw. Androhung der Kündigung vorangehen muss.
Es war jedoch festzustellen, dass die WGKK die BF mit Schreiben vom 27.02.2014 hinsichtlich der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags sowie mit Schreiben vom 14.07.2014 wegen konkreter Fälle der vertragswidrigen Verrechnung der Fallpauschale und des fachspezifischen Zuschlags, wegen der Abrechnung von Nicht-Kassenleistungen sowie hinsichtlich der vertragswidrigen Vorgehensweise in Zusammenhang mit EKVK-Patienten verwarnt hat.
Außerdem war festzustellen, dass die BF die Verwarnungen bzw. Hinweise seitens der WGKK ignoriert und ihr vertragswidriges Verhalten bewusst fortgesetzt hat. Damit hat die BF bereits eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie sich von ihrem pflichtwidrigen Verhalten nicht abbringen lassen werde.
Somit liegen jedenfalls auch die formellen Voraussetzungen für die Kündigung des Einzelvertrages der BF durch die WGKK vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. insbesondere die zu Spruchpunkt A) zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes sowie des Obersten Gerichtshofes). Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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