Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Beklagte verkaufte 1990 dem Versicherungsnehmer der klagenden Versicherung einen für die gewerbliche Nutzung geeigneten Küchenofen, der eine Kerntemperaturmeß- und -regeleinrichtung aufwies. Bei Erreichen der eingestellten Temperatur werden die Heizelemente abgeschaltet. Bei Ausfall eines Heizelements verringert sich die Heizleistung. Eine Warneinrichtung, die den Ausfall eines Heizelements optisch oder akustisch anzeigt, existiert nicht. Der Ausfall könnte aber durch Ablesen einer vorhandenen Digitalanzeige der Innentemperatur des Ofens festgestellt werden. Am 25.6.1992 wurden in dem Ofen Speisen fertiggegart. Durch den Ausfall eines Schützkontaktes erbrachte ein Heizelement keine Heizleistung, was unbemerkt blieb. Die in der Folge an einen Kindergarten ausgelieferten Speisen wiesen Salmonellen auf. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, gestützt auf die Bestimmungen des PHG den Ersatz der an die erkrankten Personen geleisteten Zahlungen sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden.
Die Vorinstanzen stellten fest, daß der Ofen zum Zeitpunkt des Verkaufs dem Stand der Technik entsprochen und den Zeichengenehmigungsausweis der VDE-Prüfstelle (Verband Deutscher Elektrotechniker) erhalten habe.
Die Revisionswerberin steht in ihrer ao Revision auf dem Standpunkt, daß die fehlende Warneinrichtung aufgrund berechtigter Sicherheitserwartungen als Produktfehler (nach § 5 PHG) zu qualifizieren sei und daß die beklagte Händlerin den Haftungsausschluß nach § 8 Z 2 PHG trotz des festgestellten Prüfzeichens nicht nachgewiesen habe. Das Berufungsgericht habe die Beweislastregeln verletzt. Es sei nicht Sache des Geschädigten zu beweisen, daß kein Haftungsausschluß vorläge. Der Beweisantrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die berechtigten Sicherheitserwartungen hätte nicht abgewiesen werden dürfen. Damit sei von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen worden, wonach die Sicherheitserwartungen des beteiligten Verkehrskreises nicht aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung, sondern nur mit Hilfe eines Sachverständigen beurteilt werden könnten.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes ist mit folgenden ergänzenden Erwägungen im Ergebnis nicht zu beanstanden:
Rechtliche Beurteilung
Wohl trifft es zu, daß nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung die im § 5 PHG angeführte Sicherheitserwartung als unbestimmter Gesetzesbegriff nach der Verkehrssitte des "idealtypischen" Produktbenützers konkretisiert werden muß und daß hiefür im allgemeinen die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich ist (1 Ob 644/92 = SZ 65/149 = JBl 1993, 524; 6 Ob 626/95). Ein Sachverständiger wurde hier auch beigezogen. Dieser hat allerdings nur festgestellt, daß der Ofen zum Zeitpunkt seiner Auslieferung dem Stand der Technik entsprach, womit nicht unbedingt auch die Frage beantwortet ist, daß der maßgebliche Verkehrskreis keine Sicherheitserwartung in Richtung der von der Klägerin vermißten Warneinrichtung hatte. Denkbar wäre der Fall, daß 1990 schon andere Produkte mit derartigen Einrichtungen am Markt waren. Für die Sicherheitserwartung wäre dann auch die Preisgestaltung neben den im § 5 Abs 1 PHG angeführten Kriterien ein bestimmender Faktor (vgl das in Preslmayr, Handbuch des PHG 69 f angeführte Beispiel von Autos mit und ohne ABS-Bremssystem; ebenso Posch in Schwimann, ABGB2 Rz 9 zu § 5 PHG). Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend die Abweisung des Antrages der Klägerin auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens deswegen für mängelfrei erkannt, weil die Klägerin keine konkreten Behauptungen über die Sicherheitserwartungen im Jahr 1990 aufgestellt hatte, obwohl zum Zeitpunkt der Antragstellung (ON 14) das die Behauptung der Beklagten bestätigende Sachverständigengutachten schon vorlag, daß das Gerät im Jahr 1990 dem Stand der Technik entsprach. Damit reduziert sich die hier zu lösende Rechtsfrage auf die Behauptungs- und Beweislast. Die fehlende Warneinrichtung hinsichtlich eines in der Zukunft etwa wegen altersbedingten Verschleißes eintretenden Defekts eines Bestandteils eines Produkts könnte einen Konstruktionsfehler darstellen. In der Entscheidung SZ 67/105 wurde die Ansicht vertreten, daß ein Konstruktionsfehler dann nicht in Frage komme, wenn das in Verkehr gebrachte Produkt dem Stand der Technik entsprach. Ob diese Ansicht im Hinblick auf die schon angestellten Erwägungen zur Sicherheitserwartung aufrecht erhalten werden kann, muß hier nicht entschieden werden, weil dem in Anspruch genommenen Beklagten die Beweislastumkehr und Beweiserleichterung des § 7 Abs 2 PHG zugutekommt. Danach hat er bloß als wahrscheinlich darzutun, daß das Produkt zur Zeit, zu der es in Verkehr gebracht worden war, noch nicht den schadenskausalen Fehler hatte. Dieser erleichterte Beweis ist aber mit den getroffenen Feststellungen, daß das Produkt dem Stand der Technik entsprach und das technische Prüfzeichen einer für die Prüfung anerkannten Anstalt aufwies, als erbracht anzusehen. Aus den Feststellungen ist nämlich auch abzuleiten, daß 1990 ausschließlich oder doch überwiegend nur Öfen ohne Warneinrichtung zur Feststellung von Defekten an Heizelementen am Markt waren, andernfalls wohl nicht mehr von einem dem Stand der Technik entsprechenden Gerät gesprochen werden könnte, also von einem Gerät, das der dem wissenschaftlichen und technischen Bereich allgemein zur Verfügung stehenden Sachkunde entsprach (zur Begriffsdefinition:
Posch aaO Rz 10 zu § 8 PHG; Popper/Prandstötter/Leeb/Bernhard, Produkthaftungsgesetz 28). Die normgerechte oder anderen technischen Standards entsprechende übliche Herstellungsart indiziert die Fehlerfreiheit des Produkts (Preslmayr aaO 70). Daß entgegen den getroffenen Feststellungen das Gerät schon zum Zeitpunkt des Verkaufs fehlerhaft gewesen wäre, hätte der Geschädigte (hier dessen zahlender Versicherer) zu beweisen gehabt. Die Beweispflicht ergibt sich klar aus der dem Schädiger im § 7 PHG eingeräumten Beweiserleichterung. Das Berufungsgericht hat die Beweislastregel daher nicht verletzt. Seine Rechtsmeinung, die Klägerin sei schon ihrer Behauptungspflicht nicht nachgekommen, stellt keine rechtliche Fehlbeurteilung dar, die die Erheblichkeit der Rechtsfrage für die Zulässigkeit der Revision begründen könnte.
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