OGH 1Ob41/99g

OGH1Ob41/99g27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, und den Nebenintervenienten Herbert L*****, vertreten durch Sutterlüty - Klagian - Brändle - Schnetzer, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 1,939.025,60 DM sA und Feststellung (Streitwert 150.000 DM) - Gesamtstreitwert umgerechnet 14,623.179,20 S - infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 5. November 1998, GZ 2 R 252/98w-13, womit infolge der Berufungen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 4. Juni 1998, GZ 6 Cg 74/98i-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 46.516,28 S (darin 7.752,71 S Umsatzsteuer) und dem Nebenintervenienten die mit 46.515,60 S (darin 7.752,60 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Am 10. Februar 1995 wurde ein Rettungshubschrauber der klagenden Partei zu einem Rettungseinsatz im Bereich einer Vorarlberger Langlaufloipe gerufen. Nach der Landung bei einer Grenzkontrollstelle um 10 Uhr 52 hob der Pilot um 10 Uhr 55 wieder ab und flog etwa 60 bis 70 m über der Erdoberfläche eine Landstraße entlang in Richtung Hittisau. Dabei kollidierte der Hubschrauber - noch im Stadium des Erkundungsflugs - in einer Flughöhe von etwa 60 m bei einer Geschwindigkeit von 60 bis 70 km/h mit dem Zugseil einer Materialseilbahn, das unter dem Tragseil durchhing, und stürzte ab. Am Hubschrauber entstand Totalschaden. Der Pilot kam ums Leben. Zwei Flugbegleiter wurden schwer verletzt.

Der Nebenintervenient ist seit 1980 aufgrund einer Schenkung Hälfteeigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Seilbahnanlage befindet. Die Seilbahn war 1956 vom Rechtsvorgänger des Nebenintervenienten errichtet worden. Sie wurde im Genehmigungsbescheid des Bundesministers für Verkehr vom 18. Oktober 1983 als Luftfahrthindernis nach § 85 Abs 2 lit a LFG eingestuft, "dessen Kennzeichnung im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutz der Allgemeinheit gemäß § 95 Abs 1 LFG unbedingt erforderlich ist". Im Spruch wurde unter anderem deren "Höchstbodenabstand" mit "ca. 105 m, und zwar etwa in Seilbahnmitte, wo der Bolgennachtobel nahezu senkrecht gequert wird", angegeben. Dem Bundesamt für Zivilluftfahrt wurde die Durchführung folgender Kennzeichnungsmaßnahmen aufgetragen:

"a) Im Bereich der Talstation ist eine Kugel-Warnanlage, bestehend aus Warnkugeln mit Durchmesser 1 m, Farbe signalorange, Farbwert RAL 2005, zu errichten, durch welche Warnanlage die Sehnenrichtung der Materialseilbahn Richtung Alpe ... angedeutet wird;

b) Im Bereich der am Gegenhang befindlichen Stütze ist eine analoge Kugel-Warnanlage zu errichten, durch welche in korrespondierender Weise diese Sehnenrichtung in Richtung Talstation angedeutet wird."

Nach Pkt. 7. des Bescheids hatte das Bundesamt für Zivilluftfahrt diese Kennzeichnung bis Ende 1984 zu veranlassen und sie "in Hinkunft pfleglich zu erhalten". Der Seilbahneigentümer wurde gemäß § 95 Abs 1 LFG zur Duldung der Kennzeichnung verpflichtet. In Erfüllung dieser Rechtspflicht schlossen die Miteigentümer der Liegenschaft und der Seilbahn am 17. Februar/9. März 1988 einen Dienstbarkeitsvertrag mit der beklagten Partei, die durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt vertreten wurde. Danach besteht die Duldungspflicht ab 1. August 1986 "auf die Dauer des Bestandes" der Seilbahn. Die dem Bescheid vom 18. Oktober 1983 entsprechende Hinderniswarnanlage wurde vom Bundesamt für Zivilluftfahrt 1988 errichtet. Deren Kugeln verwitterten seither. Sie waren im Unfallszeitpunkt oben weiß und unten nur noch blaß orange gefärbt. Seit 1. Juli 1994 ist die Austro Control GmbH Eigentümerin der Hinderniswarnanlage. Seither trat an ihrem farbbedingten Auffälligkeitswert bis zum Unfallstag keine wesentliche Änderung mehr ein. Die Seile sind beim Anflug ohne Warnanlage für einen Hubschrauberpiloten nicht wahrnehmbar. Die Kugeln waren im Unfallszeitpunkt - wegen ihres Farbzustands - entweder gar nicht oder "stark eingeschränkt" erkennbar. Im Falle deren deutlichen farblichen Kennzeichnung wäre der Unfall bei gehöriger Aufmerksamkeit des Piloten vermeidbar gewesen.

Das Amt der Vorarlberger Landesregierung richtete am 26. August 1994 folgendes Schreiben an die Seilbahn- und Liegenschaftsmiteigentümer:

"Das Bundesministerium für Verkehr stellte mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 ... fest, daß die landwirtschaftliche Materialseilbahn ... ein Luftfahrthindernis darstellt und zu kennzeichnen ist.

Ab 1. Juli 1994 ist nunmehr der Landeshauptmann die zuständige Behörde zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen für die Errichtung von Luftfahrthindernissen. Der Akt betreffend die Materialseilbahn ... wurde von uns daher abgetreten.

Wir bitten Sie in diesem Zusammenhang um Mitteilung, ob diese Seilbahn in unveränderter Form und mit den verfügten Kennzeichnungen betrieben wird."

Die Adressaten beantworteten dieses Schreiben am 30. August 1994.

Die klagende Partei forderte die beklagte Partei mit Schreiben an die Finanzprokuratur vom 9. Februar 1998, das dort noch am selben Tag einlangte, gemäß § 8 Abs 1 AHG zur Anerkennung der später mittels Klage geltend gemachten Amtshaftungsansprüche auf. Die Finanzprokuratur antwortete darauf mit Schreiben vom 26. März 1998, das den Klagevertretern am 28. März 1998 zuging, das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr habe den auf das Amtshaftungsgesetz gestützten Anspruch "nicht als berechtigt anerkannt". Daraufhin verfaßten die Klagevertreter die Klage am 30. März 1998 und brachten sie bei Gericht noch am selben Tag mittels Telefax ein. Ein zur Post gegebener, von einem der Klagevertreter eigenhändig unterschriebener Klageschriftsatz samt Gleichschrift gleichen Datums und Inhalts langte schließlich am 31. März 1998 beim Erstgericht ein.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 1,939.025,60 DM sA (Zeitwert des Hubschraubers im Zeitpunkt des Schadensereignisses) sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für 80 % der Aufwendungen aus staatlichen Versorgungsleistungen für die Hinterbliebenen des beim Unfall getöteten Piloten. Sie brachte vor, der Pilot habe das Zugseil der Materialseilbahn wegen des schneeweißen Hintergrunds nicht wahrnehmen können. Ursächlich dafür sei der Farbzustand der Seilbahnkennzeichnung gewesen. Die Warnkugeln seien nur noch an deren Unterseite blaß orange und sonst gebleicht gewesen. Dem Bundesamt für Zivilluftfahrt sei mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 die pflegliche Erhaltung der Kennzeichnung der Seilbahnanlage auferlegt worden. Deshalb sei das Unterbleiben der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen rechtswidrig. Gemäß § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 sei zwar der Eigentümer eines Luftfahrthindernisses seit 1. Juli 1994 auf eigene Kosten zu dessen Kennzeichnung und Instandhaltung verpflichtet, diese Verpflichtung bestehe jedoch nicht unmittelbar kraft Gesetzes, sondern könne als individuelle Handlungspflicht nur mittels Bescheids des zuständigen Landeshauptmanns - gestützt auf die Novelle - begründet werden. Die Landeshauptleute seien zur Erlassung solcher Bescheide im Durchführungserlaß vom 4. Oktober 1995 auch aufgefordert worden. Jedenfalls hätte aber das Bundesamt für Zivilluftfahrt bzw das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr die Erfüllung der Kennzeichnungspflicht zu überwachen gehabt. Eine solche Überwachung sei unterblieben, obgleich bereits vor dem Unfall Kritik am Zustand der Kennzeichnung laut geworden sei. Sollte auch der Seilbahneigentümer eine unmittelbar kraft Gesetzes bestehende Handlungspflicht verletzt haben, so führe das vermöge kumulativer Kausalität zur solidarischen Haftung. Ein Mitverschulden des Piloten am Schadensereignis von 20 % werde zugestanden. Der Klageanspruch sei - entgegen der Ansicht der beklagten Partei - schon deshalb nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist nach dem Fristengesetz am Samstag, dem 28. März 1998, nicht habe enden können und die mittels Telefax eingebrachte Klage bereits am 30. März 1998 bei Gericht eingelangt sei. Außerdem sei den Klagevertretern das Ablehnungsschreiben erst an diesem Tag zugegangen. Zudem sei die Verjährung erst mit Vorliegen des Untersuchungsberichts der obersten Zivilluftfahrtbehörde vom 2. Oktober 1997 in Gang gesetzt worden, hätte sich doch daraus auch ein technisches Gebrechen am Hubschrauber als Unfallursache ergeben können.

Der Nebenintervenient brachte vor, er sei nicht Eigentümer der Warnanlage gewesen. Er habe nach Änderung der Rechtslage durch das Bundesgesetz BGBl 1993/898 Maßnahmen der zuständigen Behörde - wie die Kündigung des Dienstbarkeitsvertrags, die Aufhebung des Bescheids vom 18. Oktober 1983 und die bescheidmäßige Überbindung der Pflicht zur Kennzeichnung des Luftfahrthindernisses - abwarten dürfen. Allein die Novelle habe nicht schon den Bescheid vom 18. Oktober 1983 außer Kraft gesetzt. Ihm wäre die allfällige Nichtbeachtung der Novelle auch gar nicht vorwerfbar, sollte die Pflicht zur Instandhaltung von Kennzeichnungen schon unmittelbar kraft Gesetzes auf die Eigentümer von Luftfahrhindernissen überwälzt worden sein. Die Warnkugeln seien bereits vor dem 1. Juli 1994 gebleicht gewesen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Pflicht zur Instandhaltung von Warnanlagen sei mit Inkrafttreten des § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 auf die Eigentümer von Luftfahrthindernissen überwälzt worden. Der Novelle sei keine Ausnahme für bestehende Anlagen zu entnehmen. Deshalb sei der Bescheid vom 18. Oktober 1983 schon infolge der Gesetzesänderung außer Kraft getreten. Entgegen dem Bescheidausspruch sei die Materialseilbahn gar kein Luftfahrthindernis nach § 85 Abs 2 lit a LFG gewesen, habe doch der größte Bodenabstand des oberen Seils weniger als 100 m betragen. § 95 bezwecke in Verbindung mit § 85 Abs 2 lit a LFG den Hinweis auf Hindernisse, deren Bodenabstand mehr als 100 m betrage und die daher schon an die Mindestflughöhe von 150 m heranreichten. Der Schaden aus einem Ereignis, dem - ab dem Start - eine Flughöhe von bloß 60 bis 70 m zugrundeliege, sei vom Normzweck nicht umfaßt. Die Flugsicherung nach § 120 Abs 1 LFG umfasse nicht "Hindernisangelegenheiten". Eine behördliche Pflicht zur Beaufsichtigung der Kennzeichnung und Instandhaltung von Luftfahrthindernissen sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Ab 1. Juli 1994 habe daher auch eine allfällige Rechtspflicht der beklagten Partei zur Überwachung der Einhaltung der im Bescheid vom 18. Oktober 1983 erteilten Auflagen nicht mehr bestanden. Es bedürfe seither auch nicht der Erlassung von Bescheiden, um Eigentümern von Luftfahrthindernissen die Instandhaltung deren Kennzeichnung aufzutragen. Dem Piloten, der die vorgeschriebene Mindestflughöhe unterschritten und in einschlägige Kartenwerke, in denen die Materialseilbahn als Luftfahrthindernis verzeichnet gewesen sei, nicht Einsicht genommen habe, sei ein Mitverschulden, das einem Alleinverschulden gleichzuhalten sei, anzulasten. Der Leistungsanspruch sei überhöht. Überdies seien alle Ansprüche verjährt. Das Aufforderungsschreiben sei erst am 10. Februar 1995 - am letzten Tag der Verjährungsfrist - bei der Finanzprokuratur eingelangt. Deren Ablehnungsschreiben sei den Klagevertretern am 27. März 1998 zugestellt worden. Daraufhin sei die Klage erst am 31. März 1998 eingebracht worden, obgleich die geltend gemachten Ansprüche schon seit Ablauf des 28. März 1998 verjährt seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte - von der beklagten Partei im Berufungsverfahren bekämpft - fest:

Eine Wartung durch Nachfärben der Warnkugeln sei offenkundig weder vor dem 1. Juli 1994 durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt noch nachher durch die Miteigentümer des Luftfahrthindernisses geschehen. Diese hätten von der zufolge § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 auf sie übergegangenen Kennzeichnungs- und Instandhaltungspflicht keine Kenntnis erlangt, weil sie weder vom Bundesamt für Zivilluftfahrt noch von einer sonstigen Behörde informiert worden seien.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichts hat die Handlungspflicht des Bundesamts für Zivilluftfahrt aufgrund des Bescheids vom 18. Oktober 1983 zufolge § 95 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 "materiell-rechtlich seine Wirksamkeit verloren". Dem stehe die Rechtskraft des Bescheids nicht entgegen, habe sich doch die ihn stützende Rechtslage nachträglich geändert und sei die Kennzeichnung eines Luftfahrthindernisses sowie deren Instandhaltung nunmehr von dessen Eigentümer auf eigene Kosten zu besorgen. Die Handlungspflicht des Bundesamts für Zivilluftfahrt sei auch unabhängig davon erloschen, ob die Rechtspflicht des Eigentümers zur Kennzeichnung eines Luftfahrthindernisses und deren Instandhaltung unmittelbar aufgrund gesetzlicher Bestimmungen bestehe oder erst "aufgrund eines neuen Verwaltungsaktes durch entsprechende Erlässe der Landeshauptleute" begründbar sei, weil ein solcher Verwaltungsakt jedenfalls nur für erst zu errichtende Luftfahrthindernisse in Betracht komme. Eine Haftung der beklagten Partei lasse sich auch nicht aus § 120 Abs 1 LFG ableiten, weil "Hindernisangelegenheiten" nicht zur Flugsicherung gehörten. Der Bund sei seit der Novelle zum Luftfahrtgesetz auch nicht verpflichtet, die Einhaltung von Sicherungsvorschriften zu überwachen, weil er darauf vertrauen dürfe, "daß die von ihm erlassenen Gesetze bzw Bescheide von den Normunterworfenen auch ohne entsprechende Kontrolle beachtet" würden. Eine allenfalls "gefährliche" Gesetzeslücke wegen fehlender Übergangsregelungen könne als legislatives Unrecht keinen Amtshaftungsanspruch begründen.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, ein rechtskräftiger Bescheid verliere seine Wirksamkeit ohne gegenteilige gesetzliche Anordnung nicht schon durch eine Änderung der ihn tragenden Rechtslage. Beruhe ein individueller Verwaltungsakt auf einem später aufgehobenen Gesetz, so sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Slg 6043 A) zu klären, ob die Novelle "ausdrücklich oder sonst erkennbar" die Aufrechterhaltung oder Beseitigung der auf das aufgehobene Gesetz gegründeten individuellen Verwaltungsakte anordne. Gemäß § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 sei der Eigentümer eines Luftfahrthindernisses zur Anbringung der Kennzeichnung und deren Instandhaltung auf eigene Kosten verpflichtet. In § 120 und § 139 LFG sei die "Austro Control GmbH" als Rechtsnachfolgerin des Bundesamts für Zivilluftfahrt bestimmt worden. Sie habe seither auch die Flugsicherung zu besorgen. Die Verpflichtung zur Instandhaltung der am 1. Juli 1994 bereits bestehenden Einrichtungen zur Flugsicherung sei - mangels besonderer gesetzlicher Regelungen im Bundesgesetz BGBl 1993/898 - nicht auf die Eigentümer von Luftfahrthindernissen übergegangen. Deshalb habe die Austro Control GmbH als Rechtsnachfolgerin des Bundesamts für Zivilluftfahrt die im Bescheid vom 18. Oktober 1983 angeordnete Instandhaltung der Seilbahnkennzeichnung zu besorgen gehabt.

Aber auch wenn die Verpflichtung zur Instandhaltung der Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen unmittelbar kraft Gesetzes auf deren Eigentümer übergegangen wäre, könnte darauf eine sofortige Klageabweisung gleichfalls nicht gestützt werden. Dann hätten es die Miteigentümer der Materialseilbahn ab der Gesetzesänderung zwar verabsäumt, deren Kennzeichnung aufzufrischen, ihre mangelnde Auffälligkeit wäre jedoch, träfen die insofern maßgeblichen Feststellungen im Ersturteil zu, schon vorher wegen der vom Bundesamt für Zivilluftfahrt pflichtwidrig unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen eingetreten. Ein solcher Fall kumulativer Kausalität befreie die beklagte Partei von ihrer Ersatzpflicht nicht. Aber auch dann, wenn das Bundesamt für Zivilluftfahrt die erörterte Instandhaltungspflicht im Zeitraum bis zur Gesetzesänderung nicht verletzt haben sollte, wäre für den Prozeßstandpunkt der beklagten Partei auch nichts gewonnen, weil diese dann aufgrund einer Vernachlässigung von Aufsichtspflichten hafte. Obgleich die Überwachung der Instandhaltung von Luftfahrthindernissen vom Begriff der Flugsicherung im Sinne des § 119 LFG nicht umfaßt sei, habe der Landeshauptmann für Luftfahrthindernisse außerhalb von Sicherheitszonen nach § 91 LFG eine Ausnahmebewilligung zu erteilen und Errichtungsanzeigen gemäß § 91a LFG entgegenzunehmen. Er habe daher auch zu überwachen, ob die Eigentümer von Luftfahrthindernissen ihren Verpflichtungen gemäß § 95 Abs 1 LFG entsprächen.

Soweit die beklagte Partei einwende, die Materialseilbahn sei nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids vom 18. Oktober 1983 gar kein Luftfahrthindernis gewesen, sei sie auf die Rechtskraftswirkung dieses individuellen Verwaltungsakts zu verweisen. Auch der von der beklagten Partei bestrittene Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Normverletzung und dem Schaden sei zu bejahen, weil eine Materialseilbahn eine technische Einheit sei, bei der die Kollisionshöhe "für eine Vernachlässigung der Kennzeichnungspflicht nicht wesentlich" sei und Mindestflughöhen nach dem Gesetz in bestimmten Fällen - etwa bei Rettungsflügen - auch unterschritten werden dürften. Das gelte bei Ambulanz- und Rettungsflügen auch im Falle von Landeanflügen ohne nachfolgende Landung und bei Schwebeflügen.

Die Klageansprüche seien unverjährt. Das Aufforderungsschreiben der klagenden Partei sei bei der Finanzprokuratur am 9. Februar 1998 - also noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist (Unfallsdatum 10. Februar 1995) - eingelangt. Deren Ablehnungsschreiben sei den Klagevertretern am 28. März 1998 - einem Samstag - zugegangen. Wäre daher die Verjährungsfrist am nächstfolgenden Montag, dem 30. März 1998, abgelaufen, so hätte die Klageführung den Fristenlauf noch rechtzeitig unterbrochen, weil die Telefaxklage bereits am 30. März 1998 bei Gericht eingelangt sei. § 2 der Verordnung BGBl 1989/600 erkläre die Anbringung einer Klage durch Bildübertragung - etwa mittels Telefax-Fernkopierer - zwar für unzulässig, der Oberste Gerichtshof habe jedoch in der Entscheidung 2 Ob 285/97v einen im Wege der Telekopie eingebrachten Aufteilungsantrag nach § 81 EheG offenkundig gebilligt. Was für einen solchen Antrag rechtens sei, müsse in gleicher Weise auch für eine Klage gelten. Eine Auseinandersetzung mit der Ansicht der klagenden Partei, ihr sei der Schädiger erst ab dem Vorliegen des Berichts der Flugunfallkommission bekannt geworden, sei daher entbehrlich.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil sich dieser noch nicht mit der Frage der Weitergeltung eines Bescheids nach einer Änderung der ihn stützenden Rechtslage befaßt habe. Überdies fehle es an einer Rechtsprechung, ob der Lauf der Verjährungsfrist durch eine mittels Telefax eingebrachte Klage unterbrochen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Gemäß § 89 Abs 3 GOG können schriftliche Eingaben an das Gericht auch im telegraphischen Wege erfolgen, was insbesondere für die Erhebung von Rechtsmitteln gilt. Als diese Regelung in Kraft trat, stand die Telekopie als Mittel der Einbringung solcher Eingaben noch nicht zur Verfügung. § 89 Abs 3 GOG ist jedoch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs - zufolge einer insoweit planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - analog auf Telefaxrechtsmittel (SZ 65/162 = JBl 1993, 732 [Gitschthaler]) und sonstige Telefaxeingaben bei Gericht (NZ 1998, 338 [Aufteilungsantrag nach § 81 EheG]) anzuwenden. Diese Analogie gleicht punktuell auch das Verständnis von Vorschriften für das Gerichtsverfahren an Regelungen des Verwaltungsverfahrens an (SZ 65/162 = JBl 1993, 732 [Gitschthaler]), können doch schriftliche Anbringen nach § 13 Abs 1 AVG nach Maßgabe vorhandener technischer Möglichkeiten auch mittels Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.

Dieser Bestimmung für das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht entspricht noch keine generelle Rechtsnorm für die Anbringung von Klagen, weil sich die in Durchführung der §§ 89a Abs 1, 89b, 89c Abs 1 und 89d Abs 1 GOG erlassene - für die bei den Arbeits- und Sozialgerichten anzubringenden Klagen und bestimmte sonstige Eingaben an das Gericht am 1. Jänner 1996, sonst jedoch schon am 1. Oktober 1995 in Kraft getretene - Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 18. August 1995 BGBl 559 (ERV 1995) nur auf die in deren § 1 Abs 1 bezeichneten Klagen im Mahnverfahren, bestimmte Exekutionsanträge und sonstige Eingaben bezieht. Es ist daher auch § 2 ERV 1995, der die Unzulässigkeit der "Fax-Übertragung ... im elektronischen Rechtsverkehr" anordnet, nur auf die in der Verordnung geregelten Materien (Danzl, Geo § 60 Anm 1e ["zulässiger Anwendungsbereich ... taxativ"]) anwendbar, wäre doch die Übermittlung durch Telekopie (Telefax) mit den Erfordernissen der automationsunterstützten Datenverarbeitung unvereinbar.

Daher können Klagen, für deren Anbringung der elektronische Rechtsverkehr ausscheidet, in Fortführung und Weiterentwicklung des bereits in den Entscheidungen NZ 1998, 338 und SZ 65/162 eingeschlagenen Wegs grundsätzlich auch mittels Telefax eingebracht werden.

Im Unterschied zur deutschen Rechtslage - zuletzt bestätigt in einem Vorlagebeschluß des Bundesgerichtshofs an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (NJW 1998, 3649 [Computerfax] - dazu Schwachheim, Abschied vom Telefax im gerichtlichen Verfahren? in NJW 1999, 621) - genügt es aber zufolge des eine Originalunterschrift voraussetzenden § 75 Z 3 ZPO (auch) im Anwaltsprozeß nicht, daß die Kopiervorlage von einem Rechtsanwalt unterschrieben wurde und diese Unterfertigung auf der bei Gericht eingelangten Klagekopie wiedergegeben ist, sprach doch der Oberste Gerichtshof bereits aus, daß eine Klage - abgesehen von den ihr anzuschließenden Gleichschriften (§ 89 Abs 2 GOG) - original unterschrieben sein muß, um als wirksam angebracht zu gelten (RZ 1992/56). Nicht ausreichend ist daher - wie bereits erwähnt - die bloße Kopie der auf dem Original vorhandenen Unterschrift (allgemein zu Schriftsätzen im gerichtlichen Verfahren JBl 1994, 119 [Rummel] = EvBl 1994/86 = WoBl 1994, 70 [Würth] = ecolex 1994, 159 [Wilhelm]; RZ 1992/56; Gitschthaler in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 74; großzügiger die strafgerichtliche Rechtsprechung zu § 6 Abs 5 StPO in RZ 1995/26).

1. 1. Nach § 89 Abs 3 GOG ist die Erlassung der näheren Vorschriften über die geschäftliche Behandlung solcher Depeschen dem Verordnungsweg vorbehalten. Demgemäß bestimmt § 60 Geo, daß telegraphische Eingaben in der sonst für Eingaben vorgeschriebenen Form mit Schriftsatz wiederholt werden müssen, worin die Depesche bestätigt und allenfalls ergänzt wird. Eine telegraphische Eingabe eignet sich daher nur dann zur Wahrung von Fristen, wenn ihr ein formgerechter Schriftsatz nachfolgt (JBl 1994, 119; SZ 47/35). Diesem Grundsatz tragen schon die zu 1. erörterten Entscheidungen NZ 1998, 338 und SZ 65/162 Rechnung.

Soweit demnach die Anwendbarkeit der Bestimmungen über Eingaben an das Gericht im telegraphischen Weg auf Telefaxklagen ausgedehnt wird, erfordert es schon der für alle Schriftsätze an das Gericht anzustrebende verfahrensrechtliche Gleichklang, § 60 Geo analog auch auf Telefaxklagen anzuwenden.

1. 2. Das Fehlen der anwaltlichen Originalunterschrift auf einer Telefaxklage bedarf als Formgebrechen der Einleitung eines Verbesserungsverfahrens (RZ 1992/56; Gitschthaler aaO), in dem der Partei aufzutragen ist, eine § 60 Geo entsprechende Klagebestätigung nachzureichen. Ein solcher Auftrag ist - entgegen Fasching (LB2 Rz 1041, 1048) - nicht bloß dann zu befristen, wenn die Klage selbst prozessual befristet ist, sondern auch in Fällen, in denen der Kläger bei Überreichung des Schriftsatzes eine materiellrechtliche Frist - wie etwa eine Verjährungs- oder Präklusionsfrist - einzuhalten hatte (Gitschthaler aaO Rz 19 zu § 85). Diese Ansicht wird durch den Wortlaut der §§ 84 Abs 3 und 85 Abs 2 ZPO noch gestützt und liegt in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs schon den Entscheidungen EvBl 1985/101 - dort allerdings unter Bezugnahme auf § 37 Abs 2 ZPO - und SZ 60/286 zugrunde. Daran ist für die im Anlaßfall bedeutsame Verjährung - aus teleologischen Gründen - vor allem deshalb festzuhalten, weil ein befristeter Verbesserungsauftrag klare Verhältnisse schafft und die Lösung der Verjährungsfrage nicht den Unwägbarkeiten einer Einzelfallbeurteilung aussetzt, die mit einer Ermessensentscheidung nach § 1497 ABGB zur Frage der gehörig oder nicht gehörig fortgesetzten Klage infolge der - nach dem unbefristet erteilten Verbesserungsauftrag - schließlich mehr oder weniger lang nach dem Ablauf der Verjährungsfrist erfolgten Wiedereinbringung der (verbesserten) Klage gewöhnlich verbunden sind.

Wird einem solchen Verbesserungsauftrag nicht fristgerecht entsprochen, ist die Klage zurückzuweisen (RZ 1992/56; Fasching aaO Rz 515). Diese Rechtsfolge wird im hier zu lösenden Spezialfall auch durch § 37 Abs 2 ZPO getragen, weil die prozessual wirksame Namhaftmachung eines Rechtsanwalts dessen Originalunterschrift bedarf. Ein Verbesserungsauftrag ist allerdings dann überflüssig, wenn der Einschreiter einem solchen Auftrag durch Bestätigung der Telefaxklage im Sinne des § 60 Geo zuvorkommt.

2. Die beklagte Partei bekämpft die Übernahme der Feststellung im Berufungsverfahren, ihr sei das Aufforderungsschreiben vom 9. Februar 1998 mit dem Vermerk "WIRD ÜBERBRACHT" noch am selben Tag zugegangen, offenkundig als Mangel des Verfahrens zweiter Instanz, weil eine Aufforderung gemäß § 473a Abs 1 ZPO unterblieben sei, obgleich die von der klagenden Partei vorgelegte Kopie des Aufforderungsschreibens mit der Eingangsstampiglie der Finanzprokuratur vom 9. Februar 1998 versehen ist (Beilage ./F).

2. 1. Diese Verfahrensrüge bedarf deshalb keiner Stellungnahme, weil die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auch dann nicht verjährt wären, wenn das Aufforderungsschreiben der Finanzprokuratur erst am 10. Februar 1998 zugegangen wäre, wie allenfalls einer von der beklagten Partei im Rekursverfahren vorgelegten Kopie entnommen werden könnte.

Dann wäre der Finanzprokuratur das Aufforderungsschreiben gemäß § 8 Abs 1 AHG am letzten Tag der Verjährungsfrist zugegangen und hätte - in diesem speziellen Fall - gemäß § 6 Abs 1 AHG den Ablauf der Verjährung bis zum Zugang des Ablehnungsschreibens am 28. März 1998 gehemmt. Der 28. März 1998 war aber ein Samstag, sodaß die Verjährungsfrist nicht schon an diesem Tag, sondern erst am nächstfolgenden Werktag, nämlich am Montag, dem 30. März 1998, ablaufen konnte, bezieht sich doch die dafür maßgebliche Fristenregelung auch auf materiellrechtliche Fristen (Näheres dazu unter Berufung auf das Europäische Übereinkommen zur Fristenberechnung bei Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 1-3 zu § 902). An diesem Tag wurde aber die - nach den Ausführungen zu 1. 2. mit einem Formgebrechen behaftete - Telefaxklage bei Gericht eingebracht. Die Behebung des Formgebrechens erfolgte bereits am 31. März 1998, an welchem Tag das Original des Klageschriftsatzes mit der Unterschrift eines der Klagevertreter als Bestätigung der Telefaxklage im Sinne des § 60 Geo bei Gericht einlangte, sodaß sich die Einleitung eines mit den Erwägungen zu 1. 2. im Einklang stehenden Verbesserungsverfahrens erübrigte.

Die von der klagenden Partei vorgenommene Verbesserung wirkte - nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 85 Abs 2 ZPO (Fasching aaO Rz 517; Rechberger/Simotta, ZPR4 Rz 522) - auf den Tag der Einbringung der Telefaxklage zurück, sodaß die in der Amtshaftungsklage geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt sind.

3. Die beklagte Partei "bekämpft vorsichtshalber" die im Berufungsverfahren übernommene erstrichterliche Feststellung, der höchste Bodenabstand der Materialseilbahn habe in Seilbahnmitte etwa 105 m betragen. Aus dem "Kollisionspunkt" ergebe sich eindeutig, daß es sich bei der "Materialseilbahn - zumindest im Zeitpunkt der Kollision - nicht (mehr) um ein Luftfahrthindernis im Sinne der §§ 85 ff LFG gehandelt haben" könne. Deshalb sei auch die Ansicht verfehlt, die Eigenschaft der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis folge aus der Rechtskraftwirkung des Bescheids vom 18. Oktober 1983, verliere doch ein rechtskräftiger individueller Verwaltungsakt seine Wirksamkeit nicht nur durch eine wesentliche Änderung der Rechtslage, sondern auch nach "einer wesentlichen Änderung des seinerzeit zugrunde gelegten Sachverhaltes".

Damit will die beklagte Partei plausibel machen, die Pflicht zur Instandhaltung der Kennzeichnung der Seilbahn als eines Luftfahrthindernisses nach dem Bescheid vom 18. Oktober 1983 sei bereits vor dem Unfallszeitpunkt erloschen und seither hätten weder für das Bundesamt für Zivilluftfahrt noch (später) für die Austro Control GmbH Handlungspflichten bestanden.

Die beklagte Partei übersieht jedoch, daß der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen einer allfälligen Verletzung gerichtlicher Handlungspflichten gemäß § 473a Abs 1 ZPO wird dagegen nicht geltend gemacht. Aber selbst wenn die Ausführungen der beklagten Partei als Verfahrensrüge zu verstehen wären, könnte eine solche - aus den nachfolgenden Gründen - nicht erfolgreich sein.

3. 1. Das Berufungsgericht hat dann nach § 473a Abs 1 ZPO vorzugehen, wenn es erwägt, das erstrichterliche Urteil abzuändern oder die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückzuweisen. Beim ersten - hier bedeutsamen - Alternativtatbestand erhebt sich sogleich die Frage, ob er auch dann erfüllt ist, wenn das Berufungsgericht keine Abänderung des angefochtenen Urteils, sondern dessen Aufhebung erwägt.

3. 2. Den Gesetzesmaterialien zur WGN 1997 BGBl I 140, mit der § 473a in die Zivilprozeßordnung eingefügt und deren § 468 Abs 2 Satz 2 geändert wurde, ist zu der in 3. 1. aufgeworfenen Frage nichts zu entnehmen. Immerhin wird aber auf das grundsätzliche Anliegen des Gesetzgebers verwiesen, nicht etwa Regeln schaffen zu wollen, die einer "Verfahrensbeschleunigung" und "Gerichtsentlastung" (RV 898 BlgNR 20. GP, 43 [nur Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung]; AB 1002 BlgNR 20. GP, 4 [auch Gesichtspunkt der Gerichtsentlastung]) zuwiderliefen, obgleich es auf der Hand liegt, daß die komplizierten neuen Bestimmungen notwendigerweise sowohl eine Verfahrensverzögerung als auch eine vermehrte Gerichtsbelastung zur Folge haben.

Der Gesetzgeber wollte mit diesen Bestimmungen einer vom erkennenden Senat in der Entscheidung 1 Ob 2234/96b (= EvBl 1997/80) angekündigten künftigen Rechtsprechungsänderung entgegentreten, weil er es als Überforderung des Berufungsgegners ansah, für ihn "theoretisch nachteilige Feststellungen" und zu seinen "Lasten vorgefallene Verfahrensfehler schon mit der Berufungsbeantwortung" rügen zu müssen (RV 898 BlgNR 20. GP, 43), obgleich der Berufungsgegner bei Einbringung der Berufungsbeantwortung längst weiß, welche in der Berufung nicht erwähnten erstrichterlichen Feststellungen nach seiner Überzeugung unrichtig sind und welche allfälligen Mängel des Verfahrens erster Instanz im Rechtsmittelverfahren in Ermangelung einer rechtzeitigen Rüge zu seinem Nachteil ausschlagen könnten. Der Berufungsgegner hat nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen auch immer mit einer Abänderung oder Aufhebung des ihn begünstigenden angefochtenen Urteils zu rechnen.

Unterstellt man daher den Kenntnisstand des Berufungsgegners bei Einbringung der Berufungsbeantwortung, kann er gar nicht überfordert sein, die nach seiner Ansicht unrichtigen erstrichterlichen Feststellungen und Mängel des Verfahrens erster Instanz, die sich für seinen Prozeßstandpunkt im Rechtsmittelverfahren als Nachteil auswirken könnten, zu rügen. Es ist daher im höchsten Maß fraglich, ob das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel die mit ihm verknüpften prozessualen Folgewirkungen (Entwertung der Berufungsbeantwortung, Verteuerung des Berufungsverfahrens gemäß TP 3 Abschnittt B Z 1a RATG, Verfahrensverzögerung und vermehrte Gerichtsbelastung) rechtfertigen kann.

Solange diese unter dem Gesichtspunkt angemessenen Rechtschutzes entbehrliche Neuregelung nicht ersatzlos behoben wird, kommt der Rechtsprechung daher die Aufgabe zu, einerseits die mit der Novelle insoweit verbundenen verfahrensbezogenen Nachteile durch sachgerechte Vollziehung dieser Bestimmungen zu begrenzen, andererseits aber auch trotz der vom Gesetzgeber offensichtlich nicht bedachten Auswirkungen den Berufungsgegner nicht zu benachteiligen, sollte ihm doch durch die neue Regelung die Gewißheit verschafft werden, daß er in der Berufungsbeantwortung nichts versäumen könne, was der Gesetzgeber als Überforderung ansah.

3. 2. 1. Lenneis (Die Berufungsbeantwortung als Eventualberufung? in AnwBl 1999, 142, 143) wendete gegen die Entscheidung 1 Ob 2234/96b jüngst ein, sie habe "Berufungsmitteilung und Berufung zu einem hybriden Rechtsbehelf" vermengt, der "dem kontradiktorischen Prinzip des Zivilprozesses diametral" zuwiderlaufe. Sie erzwinge, "gegen den eigenen Erfolg zu argumentieren". Ein Rechtsanwalt dürfe aber - zufolge § 9 RAO - keine Argumente vortragen, "die gegen die für den Mandanten günstige Entscheidung" sprächen und allenfalls geeignet wären, "der Gegenseite gewichtige Argumente für ihren (also aus dem Blickwinkel des Rechtsanwaltes: gegnerischen) Standpunkt zu liefern". Wegen der "oft hauchdünnen Grenze zwischen primärem und sekundärem Verfahrensmangel" erscheine es auch "unbillig, oft kaum abgrenzbare Verfahrensmängel mit völlig verschiedenen Rechtsfolgen zu verknüpfen".

Diese Kritik verkennt den Wesenskern der verfahrensrechtlichen Erörterungen in jener Entscheidung. Danach soll der Rechtsanwalt des Berufungsgegners nicht gezwungen werden, gegen den Prozeßstandpunkt seines Mandanten zu argumentieren; es wird von ihm vielmehr bloß verlangt, diesen Prozeßstandpunkt - in Widerlegung der Berufungsgründe - auch durch die Rüge allfälliger Verfahrensmängel und unrichtiger Tatsachenfeststellungen, die das erstrichterliche Urteil nach seiner Überzeugung belasten und nur deshalb zu dessen Abänderung führen könnten, zu verteidigen, gerade um einen der Natur des Rechtsmittelverfahrens nach immer möglichen, den Rechtsstreit bereits in der Sache erledigenden Berufungserfolg ohne vollständige Würdigung aller Verteidigungsgründe zu vermeiden.

Dabei hat der Berufungsgegner nur auf sein Prozeßvorbringen im Verfahren erster Instanz und auf die zum Nachweis strittiger Tatsachen angebotenen, allenfalls jedoch nicht aufgenommenen Beweismittel Bedacht zu nehmen und gegenüber dem Gericht zweiter Instanz in einer allfälligen Beweis- bzw Mängelrüge allein auf dieser Grundlage aufzuzeigen, daß die Berufung keine Sacherledigung zu seinen Lasten erlaube, weil die nunmehr dargelegten Gründe die Richtigkeit des vom Erstgericht erzielten Ergebnisses selbst dann belegten, wenn zu dessen Absicherung noch eine Verfahrensergänzung in erster oder zweiter Instanz erforderlich sein sollte.

Der Rechtsanwalt des Berufungsgegners hat daher - entgegen Lenneis (aaO 145 f) - keine schwierigen Wertungsfragen in Abgrenzung des primären Verfahrensmangels vom sekundären Feststellungsmangel zu lösen, weil der Obersten Gerichtshof im Falle einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge, wie Lenneis selbst zutreffend bemerkt, das (abändernde) Berufungsurteil ohnehin einer umfassenden rechtlichen Überprüfung zu unterziehen und solche Feststellungsmängel wahrzunehmen hat.

So gesehen wird der Rechtsanwalt des Berufungsgegners durch die in der Entscheidung 1 Ob 2234/96b behandelte Rügepflicht nicht zur Verletzung des kontradiktorischen Prinzips des Zivilprozesses genötigt; es wird von ihm vielmehr nur verlangt, die Interessen seines Mandanten in Befolgung dieses Prinzips umfassend wahrzunehmen. Der erkennende Senat wollte durch die dort erörterten Gesichtspunkte einen Beitrag zur Vereinheitlichung des Revisionsrechts leisten. Dieses Ziel wäre aber - wie schon begründet - allein durch ein erweitertes Verständnis dessen, was zur Widerlegung der Berufungsgründe erforderlich ist, erreichbar gewesen, ohne daß dabei Verfahrensgrundsätze zu Lasten des Berufungsgegners verletzt worden wären. Dementgegen könnte in der (wörtlichen) Anwendung des § 473a ZPO eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Berufungswerbers erblickt werden, hat doch dieser nach Einbringung eines Schriftsatzes gemäß § 473a Abs 1 ZPO durch den Berufungsgegner keine Äußerungsmöglichkeit mehr.

Lenneis (aaO 144) stellt in Erörterung eines prozeßökonomischen Gesichtspunkts überdies die Frage, ob es "wirklich sinnvoll" sei, "dem Berufungswerber (offensichtlich gemeint 'dem Berufungsgegner') ein möglicherweise umfangreiches und schwieriges Prozeßvorbringen abzuverlangen", das, weil "die erstrichterlichen Urteile ... großteils richtig" seien, meist "völlig irrelevant" sei. Würde man diesen Gedanke (allein) unter prozeßökonomischen Gesichtspunkten auf dem Boden der nunmehr geltenden Rechtslage unter Ausklammerung der von Lenneis (aaO 146) gleichfalls abgelehnten Neufassung des § 468 Abs 2 ZPO fortspinnen, so wäre eine Berufungsbeantwortung, solange das Gericht zweiter Instanz dem Berufungsgegner seine Erwägungen, das angefochtene Urteil abzuändern, nicht gemäß § 473a Abs 1 ZPO mitgeteilt hätte und eine Abänderung nicht allein aufgrund bestimmter, vom Berufungsgegner ausdrücklich zugestandener Tatsachen erwägt, gänzlich überflüssig, weil das Berufungsgericht das Ersturteil ohne eine solche Mitteilung und, ohne sein Verfahren andernfalls mit einer Mangelhaftigkeit zu belasten, nur bestätigen könnte. Ein jedenfalls zu bestätigendes Ersturteil bedarf aber auch keiner (noch abzuwartenden) Verteidigung, die dem Berufungswerber nur Kosten verursachte und die Rechtsmittelentscheidung verzögerte.

3. 2. 2. Es ist ferner klarzustellen, daß § 468 Abs 2 in Verbindung mit § 473a ZPO eine Modifizierung der Rechtsprechung zur Berufungsbeantwortung als "Rechtsmittel" im Sinne des § 2 Abs 2 AHG notwendig machen wird.

Den Gründen der auf der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (jüngst etwa 1 Ob 373/98d [auch zu den Grundsätzen der Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG]) beruhenden Entscheidung 1 Ob 2234/96b ist zu entnehmen, daß es für die Qualifikation eines Rechtsbehelfs als Rechtsmittel nach § 2 Abs 2 AHG nicht darauf ankommt, was der Berufungsgegner nach der Zivilprozeßordnung (vorläufig) allenfalls unterlassen durfte; danach ist in einem Amtshaftungsprozeß vielmehr nur von Bedeutung, welche Maßnahmen er im Anlaßverfahren zur Vermeidung bzw Minderung eines Vermögensschadens hätte ergreifen können. Wenngleich eine Beweis- bzw Mängelrüge in der Berufungsbeantwortung auf dem Boden der Entscheidung 1 Ob 2234/96b an sich nach wie vor als eine zur Schadensvermeidung bzw -minderung (abstrakt) geeignete Abhilfemaßnahme anzusehen ist, kann dem Berufungsgegner deren Unterlassung - nach der erörterten Änderung der Rechtslage - nicht mehr als Verschulden angelastet werden, wenn er eine solche Rüge im Anlaßverfahren mangels Verwirklichung der Voraussetzungen des § 468 Abs 2 ZPO (zunächst) nicht erheben mußte und daher mit Fug annehmen durfte, richterlichen Organen werde eine schuldhafte Verletzung des § 473a Abs 1 ZPO nicht unterlaufen.

3. 3. Nach § 519 Abs 2 ZPO kann der Oberste Gerichtshof aufgrund eines zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluß in der Sache selbst erkennen, wenn die Streitsache zur Entscheidung reif ist.

Beabsichtigt demnach das Berufungsgericht, erstrichterliche Feststellungen zu übernehmen und einen anfechtbaren Aufhebungsbeschluß zu fassen, so kann nur dann keine vom Gesetzgeber mißbilligte weitere - also nicht schon der Vollziehung des § 473a ZPO institutionell innewohnende - Verfahrensverzögerung eintreten, wenn das Berufungsgericht diese Regelung auch in einem solchen Fall anzuwenden hat, weil jede derartige kassatorische Entscheidung die Möglichkeit einer den Berufungsgegner belastenden Sachentscheidung in dritter Instanz in sich birgt; andernfalls müßte der Oberste Gerichtshof selbst in analoger Anwendung des § 513 ZPO nach § 473a ZPO vorgehen, sollte er im Rekursverfahren erwägen, aufgrund vom Erstgericht festgestellter Tatsachen in der Sache selbst zum Nachteil des Berufungsgegners und Rekurswerbers zu entscheiden. Ein solches Vorgehen müßte aber - im Falle einer dann nachgetragenen, das erstinstanzliche Urteil und Verfahren betreffenden Beweis- bzw Verfahrensrüge des Berufungsgegners und Rekurswerbers - immer die Aufhebung des im Berufungsverfahren gefaßten Aufhebungsbeschlusses aufgrund rein hypothetischer Rechtsausführungen zur Folge haben, damit über die Berufung der anderen Partei unter gleichzeitiger Erledigung dieser nachgeschobenen Rügen neuerlich entschieden wird, ist doch der Oberste Gerichtshof weder Tatsacheninstanz noch dazu berufen, anstelle des Berufungsgerichts allfällige Mängel des Verfahrens erster Instanz zu erörtern.

Der Wille zur Perpetuierung von Verfahrensanomalien, nämlich

a) dem Berufungsgegner und Rekurswerber eine das Ersturteil und das Verfahren erster Instanz betreffende Beweis- bzw Mängelrüge auch noch nach einem Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu ermöglichen, obgleich eine solche Beweisrüge mangels eines entsprechenden Anfechtungsgrunds im Verfahren dritter Instanz sachlich gar nicht erledigt werden kann und der Oberste Gerichtshof auch nicht anstelle des Berufungsgerichts zu klären hat, ob eine behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz vorliegt,

b) infolgedessen die Entscheidung zweiter Instanz wegen einer bei deren Erlassung gar nicht vorhandenen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens dennoch stets aufzuheben, und

c) damit in jedem solchen Fall auch den Abschluß des Verfahrens hinauszuzögern,

ist dem Gesetzgeber nach dem erklärten Novellenzweck in Verbindung mit der als Argumentationsstütze herangezogenen Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 2234/96b (= EvBl 1997/80) nicht zusinnbar, wurde doch in den Gesetzesmaterialien (RV 898 BlgNR 20. GP, 43) gerade der Wille zur Beseitigung der in der zitierten Entscheidung aufgezeigten - unter lit a) bis c) zusammengefaßten - Systemwidrigkeiten festgeschrieben. Dem Gesetzgeber darf, wie noch hervorzuheben ist, besonders auch in Verfahrensfragen kein zweck- und funktionsloser oder in der Praxis kaum vollziehbarer Regelungswille unterstellt werden (1 Ob 247/98z).

Der Berufungsgegner müßte den Aufhebungsbeschluß des Gerichts zweiter Instanz - prozeßökonomischen Gesichtspunkten zuwider - überdies praktisch immer bekämpfen, weil er nicht vorhersehen kann, welche vom Berufungsgericht übernommenen, von ihm bisher nicht gerügten, aber ihn (in Wahrheit) belastenden Feststellungen der Oberste Gerichtshof als Grundlage einer allfälligen, ihn benachteiligenden Sachentscheidung heranziehen wird.

Kuras (Die Zivilprozeßordnung aus der Sicht der Richterschaft, RZ 1998, 146, 150) verweist - zum hier erörterten Thema passend - in allgemeinen Erwägungen zutreffend darauf, der Oberste Gerichtshof könne seine Funktion "als Höchstgericht für die Beurteilung der wesentlichen Rechtsfragen" nur im Falle einer "effektiven Ausgestaltung des Berufungsverfahrens als letzte Tatsacheninstanz" erfüllen.

Der erkennende Senat kommt daher in diesem Punkt zusammenfassend zum Ergebnis, daß das Berufungsgericht § 473a Abs 1 ZPO auch dann anzuwenden hat, wenn es erwägt, das erstrichterliche Urteil aufzuheben und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen. Dabei hat es dem Berufungsgegner die Bekämpfung erstrichterlicher Feststellungen und die Geltendmachung bisher ungerügter angeblicher Mängel des Verfahrens erster Instanz in einem Schriftsatz nach § 473a ZPO freizustellen, soweit der Berufungsgegner bestimmte Tatsachen nicht ohnehin nach § 266 ZPO ausdrücklich zugestand, im Berufungsverfahren bekämpfte oder trotz Verwirklichung des Tatbestands nach § 468 Abs 2 Satz 2 ZPO rügelos zur Kenntnis nahm.

Dabei kann eine solche Freistellung nur rein schematisch erfolgen, weil auch das Berufungsgericht nicht stets vorhersehen kann, welche Tatsachen der Oberste Gerichtshof als entscheidungswesentlich ansehen wird. Das bedeutet, daß der Berufungsgegner - ausgehend von seinem Prozeßstandpunkt - spätestens jetzt in eigenständiger Beurteilung dessen, was ihm zum Nachteil gereichen könnte, jene Ausführungen zu erstatten hat, die ihm - prozeßökonomisch sinnvoller - schon die Berufungsbeantwortung ermöglicht hätte.

3. 4. Nach der in 3. 3. dargestellten Rechtslage hat das Berufungsgericht einen Freistellungsbeschluß nach § 473a Abs 1 ZPO aber auch dann zu fassen, wenn es das erstrichterliche Urteil ohne Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof aufzuheben erwägt, im Berufungsverfahren aber gleichzeitig einzelne Streitpunkte endgültig geklärt werden sollen, sodaß sie im fortgesetzten Verfahren - gerade auch auf der Tatsachenebene - nicht wieder aufgerollt werden können (siehe allgemein dazu Kodek in Rechberger aaO Rz 5 zu § 496 und zu einem Anwendungsfall aus der neueren Rechtsprechung SZ 69/127 [letzter Absatz]), aber für die Sachentscheidung im zweiten Rechtsgang ganz oder teilweise präjudiziell sind. Gälte anderes, wäre auch ein Berufungsgegner an die für ihn nachteiligen erstrichterlichen Feststellungen gebunden, der im Verfahren erster Instanz obsiegte und mangels Verwirklichung des Tatbestands nach § 468 Abs 2 Satz 2 ZPO sowie wegen Fehlens eines ausdrücklichen Tatsachengeständnisses nach § 266 ZPO nicht gehalten war, solche Feststellungen - gleichviel in welchen Urteilsabschnitten - bzw zu seinen Lasten vorgefallene Verfahrensfehler bereits in der Berufungsbeantwortung zu rügen. In derartigen Fällen kann es gleichfalls nicht Sinn der Verfahrensnovelle sein, die Anwendbarkeit des § 473a ZPO ausschließlich von einer bestimmten Entscheidungsform (Urteilsabänderung) abhängig zu machen, weil die endgültige Klärung entscheidungswesentlicher Tatsachen die Abänderung eines Urteils, wie gezeigt wurde, nicht voraussetzt.

3. 5. Die klagende Partei erklärte in ihrer Berufung ausdrücklich, die Rechtsrüge beruhe auf "völlig zutreffenden Tatsachenfeststellungen" des Erstgerichts. Damit hat sich die klagende Partei aber im Sinne des § 468 Abs 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO ausdrücklich auf alle erstrichterlichen Feststellungen berufen.

Insofern dazu in den Gesetzesmaterialien ausgeführt wird (AB 1002 BlgNR 20. GP, 4), die gesetzliche Bestimmung erfasse nur jene erstrichterlichen Feststellungen, "die der Berufungswerber in seiner Berufungsschrift ausdrücklich nennt", darf das nicht als Erfordernis einer schematischen Wiederholung und Aneinanderreihung getroffener Feststellungen verstanden werden, ist doch eine gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrunds der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (siehe dazu unter Bezugnahme auf § 468 Abs 2 Satz 2 ZPO Kuras, RZ 1998, 150 f; K. Puschner, Die Geltendmachung von Verfahrensmängeln im Licht der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997, ÖJZ 1998, 411, 413) ohnehin nur auf dem Boden der erstrichterlichen Feststellungen möglich. In einem solchen Fall beruft sich der Berufungswerber also schon nach dem prozessualen Wesen der Rechtsrüge auf alle Feststellungen, die ausdrücklich als solche im so bezeichneten Abschnitt des Ersturteils zusammengefaßt wurden.

Ausschließlich dann, wenn der Berufungswerber seine Rechtsrüge auf allenfalls in anderen Urteilsabschnitten - also auf meist in der Beweiswürdigung oder in der rechtlichen Beurteilungen - "verborgene" Feststellungen stützen will, müßte er sich darauf ausdrücklich beziehen, um eine Rügepflicht des Berufungsgegners in der Rechtsmittelbeantwortung nach § 468 Abs 2 Satz 2 in Verbindung mit § 473a Abs 1 ZPO auszulösen.

Das Verfahren nach § 473a Abs 1 ZPO ist aber auch dann einzuleiten, wenn das Berufungsgericht eine Entscheidung zum Nachteil des Berufungsgegners nach allseitiger Prüfung der Rechtslage aufgrund einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge auf eine derart "verborgene" Feststellung zu stützen erwägt.

Der erkennende Senat tritt daher der verallgemeinernden Ansicht K. Puschners (ÖJZ 1998, 413), der Berufungsgegner müsse in diesem Sinn nur solche Feststellungen rügen, die in der Berufung - offenkundig in einer aufzählenden Wiederholung von Teilen des Ersturteils - "konkret genannt und bestimmt bezeichnet sind", nicht bei.

3. 6. Die zu 3. 3. erörterte Rechtslage vermag dem Prozeßstandpunkt der beklagten Partei, selbst wenn ihr Rekursvorbringen zu 3. als Verfahrensrüge zu beurteilen und als solche zu behandeln wäre, angesichts des in 3. 5. erläuterten Verständnisses des § 468 Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zu nützen.

Obgleich die beklagte Partei in Pkt. II. 1. der Berufungsbeantwortung einige erstrichterliche Feststellungen bekämpfte, bezog sich ihre Beweisrüge doch nicht auf die - auch so zu deutende und von der beklagten Partei auch so verstandene - Feststellung, der höchste Bodenabstand der Materialseilbahn habe etwa in Seilbahnmitte noch im Unfallszeitpunkt 105 m betragen. Der Oberste Gerichtshof hätte daher diese Tatsache bei Erörterung der weiteren Rekursgründe auch unter der Voraussetzung einer Verfahrensrüge zugrundezulegen, weil sie von der beklagten Partei - entgegen deren aufgrund der Berufungsausführungen eingetretenen Rügepflicht nach § 468 Abs 2 Satz 2 in Verbindung mit § 473a Abs 1 ZPO - nicht bereits in der Berufungsbeantwortung bekämpft wurde und insoweit keinesfalls ein Verfahren nach der letztgenannten Bestimmung einzuleiten gewesen wäre.

4. Die klagende Partei leitet die geltend gemachten Amtshaftungsansprüche aus pflichtwidrigen Unterlassungen von Organen der beklagten Parteien ab. Organverhalten in Gestalt einer Unterlassung ist nach ständiger Rechtsprechung dann rechtswidrig, wenn und soweit eine Handlungspflicht bestand und pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt - zumindest teilweise - verhindert hätte (1 Ob 247/98z; 1 Ob 320/97h; SZ 66/77; SZ 63/166; SZ 62/73).

5. Auch im Amtshaftungsrecht ist aber der im allgemeinen Schadenersatzrecht geltende Grundsatz beachtlich, daß die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck haben muß, den Geschädigten vor eingetretenen (Vermögens-)Nachteilen zu schützen (1 Ob 247/98z; 1 Ob 320/97h; SZ 66/77; SZ 62/73; SZ 61/189 je mwN). Bliebe die haftungsbegrenzende Wirkung dieses Rechtswidrigkeitszusammenhangs unbeachtet, so hätte das besonders auch auf dem Gebiet des Amtshaftungsrechts eine uferlose Haftung der Rechtsträger zur Folge. Es ist daher immer zu prüfen, ob und wie weit das jeweils bedeutsame Gesetz Verhaltenspflichten der Rechtsträger nur im Interesse der Allgemeinheit oder auch im Interesse einzelner Betroffener anordnet, wird doch nur für solche Schäden gehaftet, die als Verwirklichung derjenigen Gefahr eintreten, derentwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten forderte oder untersagte. Angesichts der primär meist öffentliche Interessen wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften genügt es für die Bejahung eines Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwar, daß sie die Verhinderung eines Schadens im Vermögen eines Dritten bloß mitbezwecken, doch muß die konkret anzuwendende Norm gerade (auch) die Verhinderung eines solchen Schadens angestrebt haben. Daraus allein, daß Amtshandlungen, die öffentlichen Interessen dienen, mittelbar auch die Interessen Dritter berühren, solchen zugute kommen und ihnen damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Handelns Vorteile verschaffen, läßt sich noch nicht auf das Vorliegen einer Amtshaftungpflicht gerade diesen Dritten gegenüber schließen (1 Ob 247/98z; 1 Ob 320/97h; SZ 66/77 mwN). Bei jeder auszulegenden generellen Rechtsnorm ist vielmehr dasjenige als deren Zweck maßgeblich, was sich in wertender Beurteilung als ihr eigentlicher Sinn und damit als Begrenzung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs erschließt. Dabei darf ein sich nach geradezu typischen Sachstrukturen aufdrängender Normzweck bestimmter Handlungsanordnungen nicht interpretativ ausgeklammert werden (1 Ob 247/98z).

5. 1. Nach Ansicht der beklagten Partei steht das Unterbleiben der Kennzeichnung eines Hindernisses, dessen Bodenabstand nicht mehr als 100 m beträgt und daher kein Luftfahrthindernis im Sinne des § 85 Abs 2 lit a LFG ist, mit dem infolge einer Kollision mit einem solchen Hindernis verursachten Schaden nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Vorerst ist festzuhalten, daß deren Prozeßstandpunkt jedenfalls nicht durch den Hinweis gestützt wird, der erkennende Senat habe in der Entscheidung 1 Ob 53/95 (= SZ 69/219) den Rechtswidrigkeitszusammenhang "zwischen Verstößen gegen die Mindestflughöhebestimmungen und Schäden beim Zusammenstoß von Luftfahrzeugen verneint". Dort war die Kollision zweier Luftfahrzeuge in einer Höhe von 3.300 ft MSL zu beurteilen. Deshalb wurde dargelegt, daß der Vorwurf gegen einen der am Unfall beteiligten Piloten, "durch den niedrigen Start in einer Höhe von unter 150 m gegen § 7 Abs 2 und 3 LVR, worin Mindestflughöhen bestimmt würden, ... verstoßen" zu haben, nichts ändere, weil diese Regelungen nur den Zweck hätten, "den Piloten vor den Gefahren des zu niedrigen Fliegens zu schützen und Schäden an Bodenobjekten infolge eines solchen Flugverhaltens hintanzuhalten", normgerechtes Verhalten aber nicht dazu diene, "die Kollision von Flugzeugen zu vermeiden".

Diese Ausführungen beziehen sich also auf ein Schadensereignis, das mit dem hier zu beurteilenden überhaupt nicht vergleichbar ist, wird doch durch den Zusammenstoß eines Hubschraubers mit einer in Ermangelung einer ausreichenden Kennzeichnung nicht als Luftfahrthindernis wahrnehmbaren Seilbahnanlage, deren Kennzeichnung instandzuhalten gewesen wäre, gerade dasjenige Risiko im Sinne der allgemeinen Erörterungen zu 5. verwirklicht, dessen Realisierung durch die Befolgung der angeordneten Kennzeichnungspflicht hätte vermieden werden sollen.

Soweit die weiteren Rekursgründe unterstellen, die Materialseilbahn habe ihre Eigenschaft als Luftfahrthindernis im Sinne des Gesetzes schon verloren gehabt, als die im Bescheid vom 18. Oktober 1983 auferlegte Instandhaltungspflicht durch eine Novellierung des Luftfahrtgesetzes bereits auf die Eigentümer von Luftfahrthindernissen überwälzt gewesen sei, sind sie - nach bereits dargelegten Gründen - feststellungsfremd und bedürfen deshalb keiner weiteren Erörterung.

Insofern die Rekursgründe zur Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs aber auch so zu verstehen sind, daß die beklagte Partei die Eigenschaft der Materialseilbahn, ein Luftfahrthindernis nach § 85 Abs 2 lit a LFG (gewesen) zu sein, bereits für den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids vom 18. Oktober 1983 in Zweifel zieht, werden sie durch die zu noch zu erörternden Wirkungen eines rechtskräftigen Bescheids widerlegt.

6. Ein rechtskräftiger Bescheid ist eine individuelle Rechtsnorm (Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 576; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht Rz 482, 955). Er hat daher normative Kraft. Was der Bescheid ausspricht, gilt (Koja aaO), und zwar auch dann, wenn es generellen Rechtsnormen - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung oder danach - widerspricht (Raschauer aaO Rz 955).

Die Geltung eines solchen individuellen Verwaltungsakts wird also von einer Änderung der Rechtslage nicht berührt, sofern nicht das Gesetz im Rahmen dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist, anderes bestimmt (VfSlg 3303; VwSlg 6043 A; Koja aaO 599 f; Raschauer aaO FN 249).

Die Verbindlichkeit eines Bescheids tritt bereits mit der formellen Rechtskraft ein und endet erst mit seiner Beseitigung (Koja aaO 577). Die materielle Rechtskraft sorgt für seine unabänderliche Bestandskraft durch die - gerade auch die Behörde bindende - Unwiderruflichkeit und Unwiederholbarkeit (Koja aaO 579, 582 f; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 278). Allerdings kann diese Bestandskraft unter Anwendung bestimmter - hier nicht maßgeblicher - Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens durchbrochen werden (Näheres dazu bei Koja aaO 588 ff; Adamovich/Funk aaO 278).

6. 1. Es wurde schon zu 6. dargestellt, daß ein Bescheid als individuelle Norm durch ein nachfolgendes Gesetz aufgehoben werden kann. Ein materiell rechtskräftiger Bescheid tritt aber nicht schon deshalb außer Kraft, weil jene gesetzlichen Bestimmungen, die seiner Erlassung als Grundlage gedient hatten, geändert wurden (VfSlg 3303; Koja aaO 599 f; Raschauer aaO FN 249). Ein solcher Wille des Gesetzgebers muß sich vielmehr aus den geänderten generellen Rechtsnormen eindeutig ableiten lassen (VwSlg 6043 A).

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Gebot zu, einfachgesetzliche Regelungen verfassungskonform auszulegen. Das erklärt sich aus dem höheren Rang der Verfassung im Stufenbau der Rechtsordnung (F. Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 21 zu § 6; Posch in Schwimann, ABGB2 Rz 27 zu § 6 je mN aus der Rsp). Das Auslegungsergebnis darf also keinesfalls einem der "Grundprinzipien" der Verfassungsordnung widersprechen (Öhlinger, Verfassungsrecht3 58). Zu diesen gehört unbestrittenermaßen das rechtsstaatliche Prinzip (Näheres mit Hinweisen auf das Schrifttum etwa bei Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8 Rz 165 ff).

Das rechtsstaatliche Prinzip verlangt ein Mindestmaß an Zugänglichkeit und Verständlichkeit genereller Rechtsnormen. So hat sich besonders der Gesetzgeber klar und allgemein verständlich zu äußern, müssen sich doch die Normadressaten ohne große Verständnisprobleme gesetzeskonform verhalten können. Diesen Anforderungen entspricht eine Regelung nicht, zu deren Sinnermittlung subtile verfassungsrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Fähigkeiten und Erfahrung sowie archivarischer Fleiß erforderlich sind. Ist daher eine Vorschrift nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksportaufgaben verstehbar, verläßt sie den Boden des rechtsstaatlichen Prinzips (VfSlg 12.420; Öhlinger aaO 60).

6. 2. Wie bereits zu 6. 1. erläutert wurde, schafft ein materiell rechtskräftiger Bescheid als Individualnorm verbindliches Recht, mag er auch der generellen Rechtsordnung im Zeitpunkt seiner Erlassung widersprochen haben. Damit ist aber bereits geklärt, daß sich die beklagte Partei nicht mit Erfolg darauf berufen kann, die Materialseilbahn sei bei Erlassung des Bescheids vom 18. Oktober 1983 gar kein Luftfahrthindernis im Sinne des Luftfahrtgesetzes gewesen, weshalb der geltend gemachte Schaden eines Rechtswidrigkeitszusammenhangs mit der Vernachlässigung der dem Bundesamt für Zivilluftfahrt mit diesem Bescheid u. a. aufgetragenen Instandhaltung der Kennzeichnung der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis entbehre.

In diesem Zusammenhang ist es - entgegen der offenkundig gegenteiligen Ansicht der beklagten Partei - auch unerheblich, in welcher Flughöhe der Hubschrauber mit der Materialseilbahn kollidierte, solange die unterlassene Instandhaltung der Kennzeichnung des Luftfahrthindernisses für die Kollision kausal war. Gerade das ist aber aus den maßgeblichen Feststellungen abzuleiten.

Es stellt sich auch nicht die Frage, ob sich der Nebenintervenient nach der am 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Änderung des § 95 Abs 1 LFG durch das Bundesgesetz BGBl 1993/898 einer allfälligen bescheidmäßigen Überbindung der Instandhaltung der Kennzeichnung der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis erfolgreich mit dem Argument widersetzen könnte, die Instandhaltungspflicht sei mittels des Bescheids vom 18. Oktober 1983 bereits dem Bundesamt für Zivilluftfahrt auferlegt worden, sodaß dieser Rechtspflicht nunmehr die Austro Control GmbH als mit der Besorgung hoheitlicher Aufgaben des Bundes gemäß § 10 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 beliehener Unternehmer zu entsprechen habe:

Damit wird nämlich nicht etwa die Frage nach der grundsätzlich möglichen Außerkraftsetzung eines Bescheids durch ein Gesetz angeschnitten, sondern bloß die Frage aufgeworfen, ob den Nebenintervenienten - trotz der Änderung der dem Bescheid vom 18. Oktober 1983 zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen - die Berufung auf die Rechtskraftwirkung dieses Bescheids vor der bescheidmäßigen Überbindung der erörterten Instandhaltungspflicht bewahren könnte (allgemein dazu Koja aaO 584 ff).

6. 3. Seit dem Bundesgesetz BGBl 1993/898, in dem auch Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes novelliert wurden, lautete der Wortlaut dessen § 95 Abs 1 bis zum Inkrafttreten der hier nicht maßgeblichen weiteren Novelle BGBl 1997/102 wie folgt:

"Der Eigentümer eines Luftfahrthindernisses ist verpflichtet, dieses auf seine Kosten zu kennzeichnen. Dies gilt auch für die laufende Instandhaltung der Kennzeichnungen."

Diese Bestimmung trat nach § 148 Abs 3 LFG in der Fassung dieser Novelle - neben anderen Regelungen - am 1. Juli 1994 in Kraft. Dem Bundesgesetz BGBl 1993/898 ist keine Bestimmung zu entnehmen, die entweder ausdrücklich oder sonst mit hinreichender Deutlichkeit darüber Auskunft gäbe, ob in der Vergangenheit bescheidmäßig auferlegte Verpflichtungen zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen und deren Instandhaltung unberührt bleiben sollen oder bereits unmittelbar kraft Gesetzes überwälzt werden oder erst durch Erlassung eines auf die geänderte Rechtslage gestützten Bescheids auf die Eigentümer von Luftfahrthindernissen überwälzbar sind.

Der Nebenintervenient, der von Beruf Landwirt ist, hätte diese Frage also wohl auch dann nicht beantworten können, wenn ihm die Novellierung des § 95 Abs 1 LFG durch das Bundesgesetz BGBl 1993/898 auf Seite 7153 des Bundesgesetzblatts für die Republik Österreich des Jahres 1993 nicht entgangen sein sollte.

Dagegen versucht die beklagte Partei auf dem Boden rechtsdogmatischer Ausführungen "zu den Grenzen der Rechtswirksamkeit" eines Bescheids sowie zur Bedeutung des Fehlens gesetzlicher Übergangsbestimmungen für die Weitergeltung des auf einer nunmehr überholten Rechtslage beruhenden Bescheids vom 18. Oktober 1983 und unter Berufung auf einen Erlaß des Bundesministers für Verkehr vom 10. April 1959 (veröffentlicht in Halbmayer/Wiesenwasser, Das Österreichische Luftfahrtrecht II Anm 4 zu § 95 LFG) nachzuweisen, daß § 95 Abs 1 LFG schon seit Inkrafttreten des Luftfahrtgesetzes am 1. Jänner 1958 nur für damals bestehende Luftfahrthindernisse gegolten habe und die Kennzeichnung der seit 1. Jänner 1958 errichteten Luftfahrthindernisse samt deren Instandhaltung nicht mehr vom Bundesamt für Zivilluftfahrt, sondern bereits von den jeweiligen Eigentümern zu besorgen gewesen sei. Deshalb habe sich § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 auch nur auf jene Eigentümer beziehen können, "die nicht ohnehin schon auf Grund der bisher geltenden Rechtslage zur Kennzeichnung und Instandhaltung verpflichtet waren, nämlich die Eigentümer von am 01. 01. 1958 bereits bestanden habenden Luftfahrthindernissen wie die klagsgegenständlichen". Der Prozeßstandpunkt der beklagten Partei werde somit auch durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs VwSlg 6043 A gestützt.

6. 4. Die juristisch gebildeten Mitarbeiter der Finanzprokuratur mußten also zur Sinnermittlung des § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 als Vertreter der beklagten Partei selbst "subtile verfassungsrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung und geradezu archivarischen Fleiß" einsetzen, um sich dieses Verständnis von der Normengeschichte des Luftfahrgesetzes zu verschaffen und den Prozeßstandpunkt der beklagten Partei zu begründen, die Pflicht zur Instandhaltung der Kennzeichnung der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis sei unmittelbar kraft Gesetzes (auch) auf den Nebenintervenienten als einen der Miteigentümer überwälzt worden, ohne aber, wie das die Ausführungen in den Rekursbeantwortungen verdeutlichen, damit ein nach juristischen Kriterien nicht mehr plausibel bestreitbares Auslegungsergebnis zu erzielen.

Damit ist aber schon, ohne daß es noch einer näheren Auseinandersetzung mit diesem Begründungsversuch bedürfte, erwiesen, daß die im Einklang mit dem rechtsstaatlichen Prinzip gebotene verfassungskonforme Auslegung der Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 das Ergebnis, der Gesetzgeber habe schon durch die novellierte Bestimmung des § 95 Abs 1 LFG auch die dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im Bescheid vom 18. Oktober 1983 auferlegten und später auf die Austro Control GmbH übergegangenen Handlungspflichten außer Kraft gesetzt und die weitere Instandhaltung der Kennzeichnung der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis unmittelbar kraft Gesetzes (auch) auf den Nebenintervenienten als einen der Miteigentümer überwälzt, nicht zu rechtfertigen vermag. Ein solches Auslegungsergebnis könnte vor dem in der Verfassungsordnung verankerten rechtsstaatlichen Prinzip wohl nur dann bestehen, wenn es zu billigen wäre, daß sich die beklagte Partei aus der ihr durch den Bescheid vom 18. Oktober 1983 aufgegebenen hoheitlichen Verantwortung gleichsam "auf leisen Sohlen" entziehen könnte, was nach den erörterten Grundsätzen aber gerade nicht der Fall ist. Der Nebenintervenient hatte angesichts des weiterbestehenden Dienstbarkeitsvertrags und mangels einer bescheidmäßigen Umsetzung des § 95 Abs 1 LFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl 1993/898 auch gar keinen Anlaß zu der Annahme, er sei nun nicht mehr bloß zur Duldung von Instandhaltungsarbeiten an der Kennzeichnung der Materialseilbahn verpflichtet, sondern müsse solche Arbeiten ab 1. Juli 1994 selbst durchführen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 ausgesprochene Verpflichtung zur Instandhaltung der Kennzeichnung der Materialseilbahn als Luftfahrthindernis auch noch am 10. Februar 1995 (Unfallszeitpunkt) von Organen der beklagten Partei einzuhalten war, weil der Gesetzgeber im Bundesgesetz BGBl 1993/898, selbst wenn er eine solche Absicht gehabt haben sollte, jedenfalls nicht mit der von ihm aufgrund des erläuterten rechtsstaatlichen Prinzips zu fordernden Deutlichkeit anordnete, daß die durch einen individuellen Verwaltungsakt begründete und dem Bundesamt für Zivilluftfahrt auferlegte Rechtspflicht zur Instandhaltung der Kennzeichnung des Luftfahrthindernisses schon unmittelbar kraft Gesetzes (auch) auf den Nebenintervenienten als Seilbahmiteigentümer überwälzt worden wäre. Die beklagte Partei hat daher für die rechtwidrigen Unterlassungen ihrer Organe nach den zu 4. dargestellten Grundsätzen aus dem Titel der Amtshaftung einzustehen, hat sie doch im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet, bestehenden Handlungspflichten ohne ein Verschulden ihrer Organe nicht entsprochen zu haben, obgleich sie insofern behauptungs- und beweispflichtig gewesen wäre.

6. 5. Auf dem Boden der Rechtslage nach 6. 4. bedarf es im fortgesetzten Verfahren keiner Feststellungen, in welchem Zeitpunkt die Kennzeichnung der Materialseilbahn durch einen neuen Farbanstrich der Warnkugeln aufzufrischen gewesen wäre, weil bis zum Unfallstag keine Überwälzung der Instandhaltungspflicht auf die Eigentümer des Luftfahrthindernisses stattfand und der mangelhafte Zustand der Kennzeichnung im Unfallszeitpunkt feststeht. Unerheblich ist deshalb auch, ob und - bejahendenfalls - wann und auf welche Weise der Nebenintervenient Kenntnis von der Novellierung des § 95 Abs 1 LFG durch das Bundesgesetz BGBl 1993/898 erlangte.

Weil die beklagte Partei wegen Verletzung der ihr mit Bescheid vom 18. Oktober 1983 auferlegten Verpflichtung, die Kennzeichnung der Materialseilbahn instandzuhalten, für den geltend gemachten Schaden allein haftet, erübrigen sich Erörterungen zu Fragen kumulativer Kausalität und der Verletzung von Aufsichtspflichten.

7. Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichts wurde - unter Berücksichtigung aller bisherigen Erwägungen - ohne Rechtsirrtum gefaßt, sodaß dem Rekurs nicht Folge zu geben ist. Da die beklagte Partei mit ihren Rechtsmittelausführungen zur Gänze erfolglos blieb, hat sie der klagenden Partei und dem Nebenintervenienten gemäß § 41 und § 50 Abs 1 ZPO die Kosten deren Rekursbeantwortungen zu ersetzen.

Stichworte