Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Ab August 1975 übergab die Klägerin als „Anlegerin“ der Z***** GmbH - zuletzt Z***** Vermögensberatungs- und Verwaltungs GmbH (im folgenden kurz Z***** GmbH) - Geldbeträge zur Vermittlung an Kreditnehmer zu einer Verzinsung incl. garantierter Wertsicherung von insgesamt 18,5 % p.a. Schon seit 1976 wurde gegen Julius S*****, der bis 1976 auch Geschäftsführer der Z***** GmbH gewesen war, zu AZ 3 c E Vr 3200/76 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ein Verfahren wegen §§ 46, 48 KWG 1939 geführt, das zur rechtskräftigen Verurteilung des Genannten führte. In dem im November 1977 gegen Julius S***** zu AZ 22 c Vr 9135/77 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien eingeleiteten Strafverfahren wegen des Verdachtes ausgedehnter Kreditbetrügereien (§§ 156, 159 StGB) wurde am 8. November 1977 ein Hausdurchsuchungsbefehl erlassen. Die am 14. November 1977 vorgenommene Hausdurchsuchung wurde bei der A***** GmbH vorgenommen, die sich auch auf die Räumlichkeiten der Z***** GmbH erstreckte. Weiters wurde am 14. November 1977 Herbert T*****, der damalige Geschäftsführer der Z***** GmbH durch Organe der Wirtschaftspolizei als Zeuge vernommen; in dieser Aussage wurde die C***** Vermitttlungs GmbH (im folgenden kurz C***** GmbH) nicht einmal erwähnt. Die bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Unterlagen der Z***** GmbH wurden nach Überprüfung dem Geschäftsführer Herbert T***** am 30. November 1977 zurückgestellt.
Am 4. August 1978 wurden fünf Anzeigen gegen Herbert T***** an die Wirtschaftspolizei erstattet, die der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt wurden. Die Klägerin erstattete am 16. und 20. November 1978 Strafanzeigen gegen Herbert T***** an die Wirtschaftspolizei (bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt am 22. November 1978) und eine Ergänzung dieser Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien am 2. Jänner 1979, in der sie die Verbindungen zwischen der Z***** GmbH und der im selben Gebäude domizilierten C***** GmbH darlegte.
Über das Vermögen der Z***** GmbH wurde über deren Eigenantrag vom 16. November 1978 am 30. November 1978 der Konkurs eröffnet. Am 5. Dezember 1978 wurde gegen Herbert T***** betreffend die Z***** GmbH ein Hausdurchsuchungsbefehl erlassen (22 c Vr 9135/77-316 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) und mit Beschluß vom 12. Dezember 1978 die Voruntersuchung gegen Herbert T***** wegen §§ 146 ff, 159 StGB eingeleitet. Die Hausdurchsuchung wurde am 3. Jänner 1979 in den im Zuge des Konkursverfahrens versiegelten Räumlichkeiten der Z***** GmbH, nicht jedoch in denen der C***** GmbH durchgeführt. Die von der Klägerin im Konkurs über das Vermögen der Z***** GmbH angemeldete Forderung von 100.000 S sA wurde vom Masseverwalter als der Höhe nach zu Recht bestehend anerkannt, dem Rang nach jedoch nicht, wie von der Klägerin angemeldet, in der (szt.) ersten Klasse, sondern in der (szt.) dritten Klasse der Konkursgläubiger, aber nie befriedigt.
Die Klägerin begehrt von der beklagten Republik Österreich aus dem Titel der Amtshaftung Zahlung von 100.000 S sA mit dem wesentlichen Vorbringen, schon anläßlich der Hausdurchsuchung 1977 habe sich ergeben, daß die Z***** GmbH ohne Wissen der Anleger deren Geld der im selben Büro (Wien 8, *****) residierenden C***** GmbH zur Vermittlung übergeben habe. Beide Firmen seien seit 1976 personell und wirtschaftlich derart eng verflochten gewesen, daß es sich in Wahrheit um ein einziges Unternehmen gehandelt habe. Die Z***** GmbH habe sowohl durch Postwurfsendungen als auch durch Anzeigen in der Presse um Anlegergelder geworben. Dies hätte auch die Aufsichtsbehörde nach dem KWG wahrnehmen müssen. Durch die Unterlassung der Ausdehnung der Hausdurchsuchung auf die Büroräumlichkeiten der C***** GmbH, die Beschlagnahme der Buchhaltungsunterlagen beider Unternehmen und eine sofortige Vernehmung der von der Klägerin angezeigten Personen sei die Sicherstellung der von der Z***** GmbH zur C***** GmbH verschobenen Anlegergelder verhindert worden. Zumindest nach ihrer Anzeige über diese Zusammenhänge Ende 1978/Anfang 1979 hätte eine solche Hausdurchsuchung zur Beschlagnahme der Anlegergelder bei der C***** GmbH und damit zur Befriedigung ihrer Forderung gegen die Z***** GmbH führen müssen. Die Untersuchungsbehörden wie auch die Aufsichtsbehörde nach dem KWG hätten ihre diesbezüglichen Verpflichtungen vernachlässigt.
Die beklagte Partei wendet im wesentlichen ein, daß erst Ende 1978 die Vermutung der Vermögensverschiebung von der Z***** GmbH zur C***** GmbH geäußert worden sei. Diese Vermutung habe aber noch nicht für eine Hausdurchsuchung bei der C***** GmbH ausgereicht. Selbst eine Hausdurchsuchung zum damaligen Zeitpunkt hätte nicht zur Beschlagnahme der Anlagegelder geführt. Auch habe die Klägerin weder einen subjektiven Anspruch auf Verbrechensverfolgung, weshalb es am Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle, noch auf Befriedigung ihrer Forderung aus allenfalls beschlagnahmten Geldern gehabt. Organe der beklagten Partei hätten weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat im wesentlichen die Auffassung, das Fehlen eines subjektiven Anspruchs der Klägerin auf die Tätigkeit der Hoheitsverwaltung hindere nicht ihren Amtshaftungsanspruch. Die von den Organen der Hoheitsträger verletzten Normen müßten aber gerade den Zweck haben, sie vor jenen Nachteilen zu schützen, die sie zum Gegenstand ihres Amtshaftungsanspruches gehabt habe. Der Schutzzweck des § 139 StPO diene der Sicherstellung von Beweismaterial für das Strafverfahren, nicht aber der Sicherstellung von Beweisurkunden zur Verfolgung oder Sicherstellung von Vermögen zur Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche. Die behauptete Verletzung der Aufsichtspflicht nach dem KWG 1939 könne ungeprüft bleiben, weil die Klägerin ihrer Rettungspflicht nach § 2 Abs 2 AHG nicht nachgekommen sei. Sie habe es nämlich unterlassen, die Klage nach § 110 KO zur Feststellung der Rangordnung ihrer im Konkurs (über das Vermögen der Z***** GmbH) in der ersten Klasse angemeldeten Forderung einzubringen, nachdem die Forderung vom Masseverwalter nur in der dritten Klasse anerkannt worden sei. Im übrigen könne es nicht Aufgabe der Aufsichtsbehörde sein, Veruntreuungen zu verhindern, wenn die Bücher ordnungsgemäß geführt werden, wie dies offenbar der Fall gewesen sei.
Das Berufungsgericht hob das Urteil erster Instanz auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil zum Schutzzweck der Vorschriften des § 139 StPO und des § 46 KWG 1939 Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Die zweite Instanz ging von folgenden rechtlichen Erwägungen aus:
Die auf Befriedigung der Forderung in der ersten Klasse der Konkursgläubiger gerichtete, von der Klägerin nicht erhobene Feststellungsklage nach § 110 KO stelle keinen Behelf dar, der auf die Kreditaufsicht oder das strafgerichtliche Ermittlungsverfahren hätte einwirken können, stelle daher keinen Rechtsbehelf iS des § 2 Abs 2 AHG dar. Ob die unterlassene Hausdurchsuchung bei der C***** GmbH pflichtwidrig unter Verletzung eines Schutzgesetzes erfolgt sei, könne aufgrund der getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Den Feststellungen ließe sich weder entnehmen, welche Geschäfte die Z***** GmbH und welche die C***** GmbH konkret durchgeführt und welche Verbindungen zwischen den beiden Unternehmen personell, geschäftlich oder auch nur durch tatsächliche Vorgänge bestanden und in welchem Umfang die Verfolgungsbehörde damals davon Kenntnis gehabt habe oder doch haben mußte. Nicht einmal der von der Klägerin behauptete Umstand, daß die C***** GmbH in denselben Büroräumen wie die Z***** GmbH residiert habe, stehe fest. Stehe die Verletzung eines Schutzgesetzes durch ein Organ der beklagten Partei und der Eintritt eines Schadens fest, so habe die beklagte Partei zu beweisen, daß die Unterlassung für den Schadenseintritt nicht kausal gewesen sei oder sie daran kein Veschulden treffe. Daß die Verletzung der Aufsichtspflicht des BMF nach dem KWG Amtshaftungsansprüche der Geldanleger begründen könne und daß zur Ausübung dieser Aufsichtspflicht die formale Prüfung der Buchhaltung und Bilanzen nicht ausreiche, habe der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung SZ 60/33 ausgesprochen: Die Aufsichtspflicht des BMF nach dem KWG 1939 erstrecke sich aber nicht nur auf Institute, die sich durch ihre Firmenbezeichnung oder den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsgegenstand als Kreditinstitut zu erkennen geben, sondern auch auf solche Gesellschaften, die ohne Erlaubnis die Geschäfte eines Kreditinstituts betrieben (vgl § 46 KWG 1939). Kreditvermittler dürften Kreditverträge nur zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer vermitteln und nicht selbst Geld zur Kreditvergabe an dem Anleger unbekannte Dritte in Empfang nehmen. Beim letztgenannten Vorgang handle es sich nämlich um typische Geschäfte eines Kreditinstituts. Auch dazu habe das Erstgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Ebensowenig dazu, durch welche konkreten Umstände die Aufsichtsbehörde von den nach dem KWG 1939 verbotenen Geschäften der Z***** GmbH (oder C***** GmbH) erfahren habe. Die Klägerin habe dazu das regelmäßige Inserieren der Z***** GmbH in Zeitungen sowie das gegen ihren damaligen Geschäftsführer geführte Strafverfahren genannt, im Zuge dessen eine Hausdurchsuchung in den Räumen der Z***** GmbH - deren Geschäftsführer Julius S***** bis 1976 gewesen sei - deren wahre Geschäftstätigkeit hätte aufdecken können. Nach dem insofern unbestrittenen Vorbringen der beklagten Partei sei gegen Julius S***** schon 1976 ein Strafverfahren wegen §§ 46, 48 KWG anhängig gewesen, das mit dessen Verurteilung geendet habe. Welchen Erkenntnisstand das damalige Verfahren der Aufsichtsbehörde vermittelt habe, auf Grund dessen sie konkrete Maßnahmen gegen die Z***** GmbH oder C***** GmbH (deren Geschäftsführer) jedenfalls hätte ergreifen müssen, aber unterlassen habe, lasse sich wegen des Fehlens entsprechender Feststellungen nicht beurteilen. Schließlich werfe die Klägerin dem Erstgericht zu Recht vor, sich bei den Feststellungen über die von ihr vorgenommenen Einzahlungen und die an sie erfolgten Auszahlungen nicht kritisch mit den einzelnen Beweisergebnissen auseinandergesetzt, sondern sich nur lapidar auf das im Strafverfahren erstattete und von der Klägerin schon in ihrer Amtshaftungsklage ausdrücklich bekämpfte Gutachten des Sachverständigen Dkfm. M***** berufen zu haben.
Der Rekurs der beklagten Partei ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
§ 8 Abs 1 erster Satz und Abs 2 AHG idF des Art XXII Z 3 der WGN 1989 ist gemäß Art XLI Z 10 auf alle Verfahren anzuwenden, in denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz nach dem 31. Juli 1989 geschlossen wurde. Dies ist hier der Fall.
Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht der Ersatzanspruch gegen den Rechtsträger nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch Rechtsmittel oder durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hätte abwenden können. Die vorherige erfolglose Ergreifung der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe oder die Aussichtslosigkeit, daß diese Rechtsbehelfe den Schaden noch abwenden hätten können, ist also anspruchsbegründendes Element für die Amtshaftung; nur für „unverbesserliche“ Vollzugsakte soll Ersatz geleistet werden (1 Ob 33/91; EvBl 1990/47 = ecolex 1990, 23; SZ 61/211 ua; Schragel AHG2 Rz 176 mwN). Das Wort „können“ in § 2 Abs 2 AHG bedeutet nur, daß ein Rechtsbehelf bestand, der seiner Art nach abstrakt die Möglichkeit bot, den Schaden noch zu verhindern (1 Ob 33/91 ua). Vorliegend wird von der beklagten Partei aber die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die Klage über die Richtigkeit der (szt.) Rangordnung der von der Klägerin im Konkurs über das Vermögen der Z***** GmbH angemeldeten Forderung nach § 110 KO falle nicht unter den weiten Rechtsmittelbegriff des § 2 Abs 2 AHG, nicht bekämpft, so daß hierauf vom Obersten Gerichtshof nicht mehr einzugehen ist.
Die Klägerin stützt ihren Amtshaftungsanspruch auf zwei Unterlassungen von Organen des Rechtsträgers, nämlich einerseits auf eine Verletzung der dem BMF nach dem KWG 1939 auferlegten Aufsichtspflicht und andererseits darauf, daß im Rahmen der gegen den damaligen Geschäftsführer der Z***** GmbH geführten strafgerichtlichen Untersuchung die Verschiebung von Geldern von Anlegern (wie die Klägerin) von der Z***** GmbH zu der mit ihr eng verflochtenen C***** GmbH nicht durch geeignete Schritte (Hausdurchsuchung, Beschlagnahme der Anlegergelder, Vernehmung von Angezeigten) verhindert worden sei. Nach herrschender Auffassung kann ein rechtswidriges und schuldhaftes Organhandeln in Vollziehung der Gesetze, das den Rechtsträger gemäß § 1 AHG zum Schadenersatz verpflichtet, auch in einer Unterlassung bestehen, wenn eine Pflicht des Organs zum Tätigwerden bestand und ein pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt verhindert hätte (JBl 1992, 253; SZ 63/166 = EvBl 1991/73; SZ 62/73 = JBl 1991, 172 uva; Schragel aaO Rz 131; Apathy in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsverkehr 213).
Die Klägerin macht mit ihrem Zahlungsbegehren einen sogenannten bloßen (reinen) Vermögensschaden geltend, dessen Verursachung nach herrschender Auffassung nur ersatzpflichtig macht, wenn eine vorwerfbare Verletzung eines Vertrages oder eines Schutzgesetzes iS des § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers vorliegt oder sich die Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens sonst aus der Rechtsordnung, unmittelbar auf Grund Gesetzes ableiten läßt (1 Ob 15/92, teilweise veröffentlicht in WBl 1993, 41; SZ 63/166, SZ 61/280 ua; Koziol Haftpflichtrecht2 II 20 f). Von diesen Voraussetzungen kommt hier nur eine Schutzgesetzverletzung in Frage, weshalb zu prüfen ist, ob dem Rechtsträger die Verletzung von Schutzgesetzen, somit abstrakter Gefährdungsverbote, die bestimmte Personen oder Personengruppen von einer Verletzung ihrer Rechtsgüter schützen sollen (SZ 63/166; Harrer in Schwimann, Rz 7 zu § 1311 ABGB mwN), durch seine Organe vorzuwerfen ist. Auch für den Bereich des Amtshaftungsrechtes gilt der allgemeine Grundsatz, daß die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck haben muß, den Geschädigten vor eingetretenen (Vermögens-)Nachteilen zu schützen (1 Ob 15/92; SZ 62/73, SZ 61/189, SZ 61/43 ua; Schragel aaO Rz 121; Kerschner in JBl 1984, 358 f; vgl auch Papier in Müchener Kommentar2, Rz 191, 193, 198 zu § 839 BGB). Die Nichtberücksichtigung der eingrenzenden Wirkung des Rechtswidrigkeitszusammenhanges hätte gerade auch im Gebiet des Amtshaftungsrechtes eine Uferlosigkeit der Haftpflicht der Rechtsträger zur Folge (1 Ob 15/92; Posch in Aicher aaO 156; Kerschner aaO 359). Es muß daher geprüft werden, ob Pflichten der Rechtsträger nur im Interesse der Allgemeinheit oder auch im Interesse einzelner Betroffener normiert sind. Es wird nur für solche Schäden gehaftet, die sich als Verwirklichung derjenigen Gefahr darstellen, deretwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten gefordert oder untersagt hat. Es genügt für die Annahme des erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhanges angesichts der in der Regel primär öffentliche Interessen wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zwar, daß die Verhinderung eines Schadens bei einem Dritten bloß mitbezweckt ist; die Norm muß aber die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen intendiert haben (SZ 61/189 mwN; 1 Ob 15/92). Daraus allein, daß eine Amtshandlung, die dem öffentlichen Interesse dient, mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, ihm zugute kommt und ihm damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Handelns einen Vorteil verschafft, läßt sich noch nicht auf das Vorliegen einer Amtshaftungpflicht gerade diesem gegenüber schließen (SZ 61/189 mwN; 1 Ob 15/92).
a) Daß die Strafbestimmungen der §§ 46 ff KWG 1939 und §§ 156 ff StGB auch dem Schutz von Gläubigern von Kreditinstituten dienen, wurde von der zweiten Instanz zutreffend erkannt (vgl SZ 61/126 zum Schutzzweck der §§ 156 und 162 StGB). Der erkennende Senat hat zur Frage der Amtshaftung wegen Unterlassung von den Organen der Strafrechtspflege durch die StPO auferlegten Pflichten und der sich dabei stellenden Frage nach dem Rechtswidrigkeitszusammenhang bisher nur in seiner Entscheidung SZ 62/73 Stellung genommen und dort ausgeführt, Normzweck der Bestimmung des § 175 Abs 1 Z 4 StPO sei insbesondere der Schutz des Bedrohten. Die verletzte Amtspflicht (dort: unterlassene Anordnung der Verwahrungshaft) habe daher auch gerade dem dortigen Kläger als Bedrohten gegenüber bestanden. Diese Auffassung läßt sich insbesondere mit der überragenden Bedeutung der Rechtsgüter von Leben und Gesundheit rechtfertigen (vgl BGHZ 110, 10). Daß alle Bestimmungen der StPO bei der maßgebenden teleologischen Betrachtungsweise (SZ 63/166, SZ 54/108 mwN ua) auch dem Schutz des durch eine Straftat Geschädigten dienen, ergibt sich freilich daraus nicht. Vielmehr ist hier bei jeder einzelnen Norm der StPO der Normzweck zu erfragen, der sich aus der wertenden Beurteilung des Sinnes der Vorschrift (SZ 61/189, SZ 59/68 ua) ergibt. Maßgebend ist der Zweck, dem die Amtspflicht dient (SZ 61/189 mwN).
Gemäß § 139 Abs 1 StPO darf eine Hausdurchsuchung ... nur dann vorgenommen werden, wenn gegründeter Verdacht vorliegt, daß sich ... daselbst Gegenstände befinden, deren Besitz oder Besichtigung für eine bestimmte Untersuchung von Bedeutung sein können. Zweck der Hausdurchsuchung ist - soweit hier relevant - die Auffindung und Sicherung bis dahin nicht verfügbarer oder unbekannter Beweismittel (Foregger-Kodek-Serini, StPO5 Erl I zu § 139 StPO; Lohsing-Serini, Österr. Strafprozeßrecht4 264), die Herbeischaffung von Gegenständen, welche Beweis über den Täter oder über die Tat geben können, oder um Spuren von der Tat oder dem Täter aufzufinden (Mayer, Commentar zu der Österreichischen Strafprozeß-Ordnung, Anm 4 zu § 139 StPO). Die Beschlagnahme von Gegenständen nach § 143 StPO dient entweder der - hier nicht relevanten - Sicherung der Vollstreckung von Verfall und Einziehung oder Beweiszwecken („ ... die für die Untersuchung von Bedeutung sein können ...“) (SSt 25/36; EvBl 1954/368; Foregger-Kodek-Serini aaO Erl I zu § 143 StPO; Lohsing-Serini aaO 266), somit der Sicherstellung der in § 98 Abs 2 erster Satz StPO beispielsweise aufgezählten (Platzgummer, Grundzüge des österr. Strafverfahrens4 94) Gegenstände, die im Strafverfahren zu Beweiszwecken gebraucht werden. Dazu zählen Instrumente, Werkzeuge oder Produkte (einschließlich Beutestücke) des Verbrechens und andere Augenscheinsgegenstände (Bertel, Grundriß des österr. Strafprozeßrechtes3 Rz 422; Mayer aaO Anm 3 zu § 139 StPO, Anm 2 zu § 143 StPO). Den - nach dem Vorbringen der Klägerin - von der Z***** GmbH zur C***** GmbH „verschobenen“ Geldbeträgen, die zwar infolge Vermengung nicht mehr Eigentum der Klägerin waren, kann als „Beute“ die Eigenschaft als Beweismittel zwar nicht abgesprochen werden. Selbst wenn aber die Klägerin als geschädigte Privatbeteiligte gewesen wäre - Feststellungen dazu fehlen - hätte sie nur die aus §§ 47 ff StPO sich ergebenden Rechte, aber als bloß durch eine oder mehrere Straftaten Geschädigte kein subjektiges Recht auf Durchführung einer Hausdurchsuchung, um beschlagnahmefähige Sachen zu finden. Normzweck der §§ 139 und 143 StPO ist es jedenfalls nicht, einem durch ein Vermögensdelikt Geschädigten die Geldbeträge zu verschaffen, auf die er dann zur Durchsetzung seiner vertraglichen (privatrechtlichen) Ansprüche - nach dem Vorbringen der Klägerin hier aus einem Darlehensvertrag - greifen könnte. Eine Beschlagnahme derartiger Beträge ausschließlich zu Beweiszwecken würde sich nur reflexartig zu Gunsten des Geschädigten auswirken. Besteht aber wie hier kein Zusammenhang zwischen dem durch Auslegung iS einer wertenden Beurteilung des Sinnes der Norm zu ermittelnden Normzweckes (SZ 63/166, SZ 62/73; JBl 1989, 53 ua; Reischauer in Rummel 2, Rz 10 zu § 1311 ABGB) und dem eingetretenen Schaden, liegt nur ein mittelbarer, grundsätzlich nicht ersatzfähiger Schaden vor (SZ 63/166; JBl 1989, 53 mwN ua). Es bedarf daher entgegen der Auffassung der zweiten Instanz zu diesem Klagegrund keiner weiteren Feststellungen.
Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren auch darauf stützt, zuständige Organe der Strafrechtspflege hätten durch ihre Unterlassungen die Sicherung von Beweisen verhindert, wäre ein solches Verhalten nicht kausal für den Schadenseintritt. Denn der Schaden trat ja nur durch das Fehlen ausreichender Mittel zur Befriedigung der im Konkurs über das Vermögen der Z***** GmbH ohnehin anerkannten klägerischen Forderung ein.
b) Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, stellen die Bestimmungen über die Bankaufsicht im während des maßgeblichen Zeitraums noch geltenden KWG 1939 Bestimmungen im Interesse der Gläubiger der Kreditinstitute, insbesondere der Sparer, dar, sodaß ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer Verletzung der dem BMF nach dem KWG 1939 obliegenden Aufsichtspflicht und einem bei einem Gläubiger dadurch eingetretenen Schaden besteht (SZ 60/33 = JBl 1987, 386 = BankArch 1987, 403 = RdW 1987, 196; SZ 54/143; SZ 52/186 = JBl 1980, 539 = ÖZW 1980, 85 mit Anm von Koziol und Frotz; Schragel aaO Rz 122). Die auf § 46 KWG 1939 gestützte Auffassung der zweiten Instanz, daß auch der einzelne Anleger als Gläubiger vom Schutzzweck der Bestimmungen des KWG 1939 über die Aufsichtspflicht des BMF erfaßt ist, auch soweit sein Vertragspartner zwar keine Bank ist, aber Bankgeschäfte betreibt, wird im Rechtstitel nicht bekämpft. Ob aber die Z***** GmbH tatsächlich Bankgeschäfte iS des KWG 1939, im besonderen nach § 1 Abs 1 lit a leg. cit. (Annahme und Abgabe von Geldbeträgen ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden oder nicht; vgl dazu EvBl 1972/43) betrieb, wird im fortzusetzenden Verfahren erster Instanz erst festzustellen sein. Die Behauptungs- und Beweislast für mangelndes, am Maßstab des § 1299 ABGB zu messendes Verschulden an der Erfüllung einer Rechtspflicht trifft, weil bei Schutzgesetzverletzung Beweislastumkehr eintritt (SZ 57/162, 58/154).
Die beklagte Partei trägt vor, es sei weder von der Klägerin behauptet noch festgestellt worden, daß sich die inkriminierten Unterlassungen kausal ausgewirkt hätten. Wenn die Übertretung eines Schutzgesetzes feststeht, kann sich der Schädiger von seiner Haftung nur dadurch befreien, daß er sein mangelndes Verschulden nachweist - dazu hat das Berufungsgericht, von einer unbekämpften Rechtsansicht ausgehend, das Beweisverfahren und die Sachverhaltsfeststellungen noch für ergänzungsbedürftig gehalten - oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ernstlich zweifelhaft macht (SZ 60/33, SZ 54/143 ua; Schragel aaO Rz 168 mwN). Hinweise im Rekurs der beklagten Partei auf eine Beweispflicht der Klägerin sind daher verfehlt.
Es hat somit bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles zu verbleiben. Dabei wird im fortzusetzenden Verfahren erster Instanz auch noch folgendes rechtliche Argument, auf das die beklagte Partei in ihrem Rekurs gleichfalls verweist, zu beachten sein: Ein Schaden wäre der Klägerin nur dann entstanden, wenn die von ihr behauptete Forderung bei rechtmäßigem Verhalten von Organen der beklagten Partei hätte durchgesetzt werden können. Wäre auch bei Erfüllung der dem BMF obliegenden Aufsichtspflicht der Z***** GmbH die Forderung der Klägerin nicht einbringlich zu machen gewesen, hätte die Klägerin eine in Geld meßbare Einbuße nicht erlitten. Der Klägerin oblag somit nach allgemeinen Grundsätzen der Beweis, daß ihre Forderung einbringlich gewesen wäre. Der Verlust einer uneinbringlichen Forderung stellt nämlich keinen Schaden dar (1 Ob 28/92 mwN; vgl auch Heinrichs in Palandt 51 248; Soergel-Mertens 12 Rz 127 zu § 249 BGB). Die Klägerin hat vorgebracht, sowohl der zuständige Staatsanwalt als auch der zuständige Untersuchungsrichter hätte erklärt, eine Untersuchung hinsichtlich der C***** GmbH werde nicht stattfinden, weil die Z***** GmbH und die C***** GmbH nichts miteinander zu tun hätten bzw im Geschäftsjahr 1975 alle Anlegergelder der Z***** GmbH bereits verbraucht gewesen seien, sodaß diese nicht in die C***** GmbH haben fließen können. Nach einer Gebarungskontrolle der Z***** GmbH seien aber die Anlegergelder zu diesem Zeitpunkt komplett vorhanden gewesen. Die Klägerin hat somit dazu ein ausreichendes Vorbringen erstattet, wozu gleichfalls noch die erforderlichen Beweise aufzunehmen sein werden.
Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 52, 50 ZPO.
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