OGH 6Ob184/24p

OGH6Ob184/24p6.11.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*, 2. H*, beide vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Dr. M*, vertreten durch Mag. Markus Passer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Beseitigung, Unterlassung und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Mai 2024, GZ 2 R 63/24t‑55, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 20. Februar 2024, GZ 4 Cg 70/22z‑47, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00184.24P.1106.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Datenschutzrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar der erstklagenden Partei 1.977,90 EUR (darin 329,65 EUR USt) und beiden klagenden Parteien 1.100,52 EUR (darin 183,42 EUR USt).

 

Begründung:

[1] Die Streitteile sind Nachbarn. Die Beklagte installierte auf der Westseite des auf ihrer Liegenschaft gelegenen Hauses im August 2022 eine Kamera. Sie brachte im Jahr 2022 auf ihrer Liegenschaft, und zwar südlich des Objekts T*weg 250 und nördlich einer kleinen Garage, an der Grenze zur öffentlichen Straße (T*weg) eine Absperrung an.

[2] Das Erstgericht gab (unter anderem) den Klagebegehren auf Entfernung der Kamera (1.) und Unterlassung der Anbringung von Kameras, Kameraattrappen oder sonstigen technischen Mitteln zur Überwachung (2.), jeweils gegenüber der Erstklägerin, sowie auf Feststellung des Bestehens eines (näher beschriebenen) uneingeschränkten Gehrechts auf der Liegenschaft der Beklagten statt.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts in diesen Punkten mit Teilurteil und ließ die Revision nachträglich zu.

[4] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, dass die Klagebegehren abgewiesen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[5] Die Klägerinnenbeantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[6] Da die Beklagte in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Videoüberwachung

[7] 1.1.1. Gemäß § 16 ABGB hat jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten. Diese Norm anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert. Aus ihr wird – ebenso wie aus anderen sich aus der Rechtsordnung ergebenden Grundrechten (zB Art 8 EMRK; § 1 DSG) – das Persönlichkeitsrecht jedes Menschen auf Achtung seines Privatbereichs und seiner Geheimsphäre abgeleitet (6 Ob 103/07a; vgl auch RS0009003).

[8] 1.1.2. Gemäß § 20 Abs 1 ABGB idF BGBl I 148/2020 kann derjenige, der in einem Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat, auf Unterlassung und auf Beseitigung des widerrechtlichen Zustands klagen. Diese Bestimmung ist gemäß § 1503 Abs 16 ABGB auf Fälle anzuwenden, in denen die verletzende Handlung nach dem 31. 12. 2020 gesetzt wurde. Im Übrigen leitet die Rechtsprechung aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bei Verletzungen dieser Rechte auch dann ab, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sind (6 Ob 231/16p; 3 Ob 195/17y; vgl auch RS0008987).

[9] 1.1.3. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejaht auch dann, wenn etwa eine Überwachungskamera nicht an ein Betriebssystem angeschlossen und bislang auch nicht in Betrieb gewesen war, den Anspruch des klagenden Nachbarn auf Abwehr von Eingriffen in seine Privatsphäre. Dieser Anspruch ist nämlich nur dann effizient durchsetzbar, wenn die Kamera nicht mehr auf das Grundstück des sich als beschwert Erachtenden gerichtet ist, und zwar unabhängig davon, ob sie sich im Betrieb befindet oder nicht, weil er insoweit keinerlei Kontrollmöglichkeit hat. Auch wenn eine Kamera nicht betriebsbereit ist, liegt keine bloß abstrakte Befürchtung eines möglichen Missbrauchs vor, die für sich allein das Begehren nicht rechtfertigen würde, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Befürchtung besteht, dass die Kamera jederzeit und vom klagenden Nachbarn unbemerkt angeschlossen und in Betrieb gesetzt werden könnte. Die Eingriffsgefahr ist somit zu bejahen, wenn die konkrete Befürchtung besteht, die Beobachtung mit der Kamera könnte einsetzen (vgl 7 Ob 89/97g; 6 Ob 6/06k; 6 Ob 231/16p).

[10] Der Oberste Gerichtshof hat ebenfalls bereits klargestellt, dass für Nachbarn nicht der Eindruck des Überwachtwerdens entstehen darf. Können diese etwa durch den Standort oder die Ausrichtung einer Videokamera oder einer nicht als solche erkennbaren Videokameraattrappe die berechtigte Befürchtung haben, dass sie sich im Überwachungsbereich befinden und von den Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst sind, so ist ein Eingriff in die Privatsphäre grundsätzlich zu bejahen (8 Ob 125/11g; 6 Ob 231/16p).

[11] 1.1.4. Steht ein Eingriff in die Privatsphäre fest, trifft den Verletzer die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er in Verfolgung eines berechtigten Interesses handelte und die gesetzte Maßnahme ihrer Art nach zur Zweckerreichung geeignet war. Stellt sich heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel war, erübrigt sich die Vornahme einer Interessenabwägung (RS0120423; 6 Ob 6/19d).

[12] 1.1.5. Allgemein setzt der Unterlassungsanspruch (bloß) die Feststellung schon erfolgter Störungen oder doch zumindest die Gefahr künftiger Störungen voraus, denen mit vorbeugender Unterlassungsklage begegnet werden kann (RS0012064 [T24], RS0009357). Entscheidend ist daher nicht, ob bei Klagseinbringung ein widerrechtlicher Eingriff noch andauerte, sondern ob zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Gefahr bestand, dass sich ein bereits erfolgter Eingriff wiederholt (vgl RS0010497 [T4]). Es hängt also die Beantwortung der Frage, ob ein Unterlassungsbegehren berechtigt ist, nicht davon ab, ob sich die Beklagte im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz rechtswidrig verhält, sondern es kommt allein darauf an, ob die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen besteht (vgl RS0114254 [T3]). Bei der Prüfung, ob Wiederholungsgefahr vorliegt, darf nicht engherzig vorgegangen werden, sodass bereits die ernste Besorgnis weiterer Eingriffe in die vom Kläger behaupteten Rechte genügt (RS0037673; RS0012064 [T3]). Eine bereits erfolgte Rechtsverletzung ist ein Indiz für Wiederholungsgefahr (RS0037673 [T4]). Bei deren Beurteilung kommt es nicht nur auf die Art des bereits erfolgten Eingriffs, sondern auch auf die Willensrichtung des Täters an, für die insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RS0079692). Wer im Prozess die Auffassung vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein, gibt im Allgemeinen dadurch zu erkennen, dass er von weiteren Eingriffen dieser Art nicht gänzlich Abstand nimmt (RS0031772). Die bloße Behauptung des Beklagten im Prozess, von künftigen Störungen Abstand nehmen zu wollen, genügt nicht; vielmehr ist erforderlich, dass eine Wiederholung, wenn schon nicht geradezu ausgeschlossen, so doch nach menschlichem Ermessen höchst unwahrscheinlich ist (vgl RS0012056). Bestreitet der Beklagte die Wiederholungsgefahr, so hat er daher besondere Gründe darzutun, die eine solche Wiederholung in Zukunft als völlig ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RS0005402 [T5]; RS0037673 [T3]), bzw dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RS0012087; 6 Ob 191/23s).

[13] 1.1.6. Diese Fragen können naturgemäß nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und begründen daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO; insbesondere ob für einen unbefangenen, objektiven Betrachter eine begründete Befürchtung des Überwachtwerdens besteht, richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten und der Situierung und Ausrichtung der (vermeintlichen) Überwachungsanlage, somit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (8 Ob 47/14s; 3 Ob 195/17y). Auch die Frage des Wegfalls der Wiederholungsgefahr ist regelmäßig nicht erheblich im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS0079692 [T3]; RS0037587 [T3]; RS0012087 [T5]).

[14] 1.2.1. Hier hat die Beklagte an der Außenseite ihres Hauses unterhalb des Vordachs in etwa zehn Metern Höhe ohne Zustimmung der Erstklägerin eine funktionstüchtige Videokamera installiert, die in Richtung der an das Beklagtengrundstück angrenzenden öffentlichen Straße (T*weg) sowie des auf der anderen Straßenseite angrenzenden Grundstücks der Erstklägerin zeigte und weiterhin zeigt. Mit der Kamera war anfänglich nicht nur das Beklagtengrundstück gefilmt worden, sondern auch ein über dieses führender öffentlicher Wanderweg und vor allem die an das Beklagtengrundstück angrenzende öffentliche Straße sowie zum Teil das auf der anderen Straßenseite gelegene Grundstück der Erstklägerin mit einem darauf befindlichen Parkplatz. Über vorprozessuale Intervention veranlasste die Beklagte (nur) die Änderung des Neigungswinkels – nicht jedoch der beschriebenen Ausrichtung – der Kamera dahin, dass deren Sichtfeld die öffentliche Straße und das jenseits davon gelegene Grundstück der Erstklägerin nicht mehr erfasst, sehr wohl jedoch das eigene Grundstück bis zur öffentlichen Straße hin und weiterhin auch den über das Grundstück der Beklagten verlaufenden öffentlichen Wanderweg. Die Kamera ist vom Grundstück der Erstklägerin, von einem weiteren beiden Klägerinnen gehörenden Nachbargrundstück, von der öffentlichen Straße und vom Wanderweg aus deutlich zu erkennen. Ob die öffentliche Straße oder das Grundstück der Erstklägerin vom Sichtfeld der Kamera erfasst sind oder nicht, ist objektiv von außen nicht zu erkennen; ein vor der Änderung des Neigungswinkels erkennbarer blauer Lichtkreis am Objektiv ist seit der Neigungsänderung nicht mehr zu sehen.

[15] 1.2.2. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, dass im hier vorliegenden Einzelfall eine sowohl das Unterlassungs- als auch das Beseitigungsbegehren der Erstklägerin rechtfertigende Beeinträchtigung ihrer Geheimsphäre vorliege, hält sich im Rahmen der dargelegten Rechtsprechung und des den Gerichten notwendigerweise zukommenden Beurteilungsspielraumes.

[16] Für die Frage, ob die Anbringung der Kamera geeignet ist, Überwachungsdruck auszuüben, kommt es entgegen der Ansicht der Revision auf die Kombination von Richtung, Neigung und Brennweite der Kamera an. Die Ausrichtung der funktionsfähigen Kamera auch auf das Grundstück der Erstklägerin ist nach den Feststellungen unverändert; die Neigung der Kamera ist dagegen (wie nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten auch bereits geschehen) veränderbar, womit auch die neuerliche Einbeziehung des Nachbargrundstücks in den Sichtbereich der Kamera grundsätzlich ermöglicht wird, ohne dass dies von außen erkennbar wäre. Allein dieser Umstand macht es vertretbar, eine berechtigte Befürchtung zu bejahen, sich (weiterhin bzw neuerlich) im Überwachungsbereich zu befinden und von Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst zu sein. Dass nur (etwa mit Handy- oder Fernsteuerung) „leicht verstellbare“ Kameras Überwachungsdruck erzeugen könnten, ist entgegen der Revision aus der Rechtsprechung nicht ableitbar.

[17] 1.2.3. Das Beseitigungsbegehren ist auf die Beseitigung der konkreten Kamera, „welche in nordwestliche Richtung, konkret Richtung des öffentlichen T*wegs und der Liegenschaften [der Erstklägerin] ausgerichtet ist“, unter genauer Beschreibung ihres Anbringungsorts gerichtet. Dass der Beklagten damit die Beseitigung jedweder Kamera zur Überwachung des eigenen Grundstücks aufgetragen und diese damit im Ergebnis verboten würde, ist daraus nicht ableitbar. Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen in Ansehung des Beseitigungsbegehrens liegt hier nicht vor.

[18] 1.2.4. Welche berechtigten Interessen die Beklagte verfolgen würde und dass die Überwachung mit der Kamera das schonendste Mittel zur Erreichung legitimer Zwecke wäre, steht nicht fest, was ebenfalls zu Lasten der Beklagten ausschlägt. Sie hatte nach ihren eigenen Behauptungen die Kamera installiert, um zu kontrollieren, dass ihre eigenen Gäste deren Fahrzeuge nicht auf dem anfangs von ihrer Kamera noch überwachten Parkplatz der Erstklägerin abstellen; sie zielte also gerade auch auf die Überwachung des fremden Grundstücks ab. Die später behaupteten Umstände, warum sie die Kamera nicht mehr abmontieren wolle, konnte das Erstgericht nicht feststellen. Zur (weiterhin bestehenden) Überwachung des Wanderwegs führt die Beklagte gar nichts ins Treffen.

[19] 1.2.5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen sei, bedarf ebenfalls keiner Korrektur. Es ist gerade nicht ausgeschlossen, den Neigungswinkel der Kamera wieder zu verändern; aus dem Umstand, dass die Neigung der Kamera verändert wurde, ist daher schon an sich für die Beklagte nichts zu gewinnen. Die Beklagte hat auch im gesamten Verfahren die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens bestritten und damit insgesamt weiterhin ein zwiespältiges Verhalten gesetzt (vgl RS0012087).

2. Dienstbarkeit des Gehrechts

[20] 2.1. Ein Rechtsbesitzer ist redlich, wenn er glauben kann, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht (RS0010137); die Redlichkeit des Besitzes wird im Zweifel vermutet (RS0010137 [T4]). Der für die Ersitzung erforderliche gute Glaube fällt weg, wenn der Besitzer entweder positiv von der Unrechtmäßigkeit seines Besitzes Kenntnis erlangt oder zumindest solche Umstände erfährt, die an der Rechtmäßigkeit eines Besitzes zweifeln lassen (vgl RS0010184; RS0010137 [T1]), wobei bereits leichte Fahrlässigkeit die Redlichkeit ausschließt (RS0103701; RS0010189 [T6, T7]). Entscheidend für die Beurteilung der Redlichkeit ist ausschließlich die Rechtsausübung im Verhältnis zum Ersitzungsgegner (1 Ob 202/13g; 1 Ob 89/10k; zust Ehgartner/Winkler in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1463 Rz 4).

[21] 2.2. Die Qualifikation des Verhaltens des Besitzers als redlich oder unredlich hängt von den Umständen des konkreten Falls ab und begründet daher in der Regel keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RS0010184 [T13]; RS0010185 [T7]).

[22] 2.3.1. Das Berufungsgericht führte aus, dass die fragliche Fläche auf dem Grundstück der Beklagten nach den Feststellungen seit mehr als 30 Jahren von den jeweiligen Eigentümern des nunmehr den beiden Klägerinnen je zur Hälfte gehörenden herrschenden Grundstücks begangen wurde, um zu den Eingängen zum darauf befindlichen Haus und Keller zu gelangen, wobei die Rechtsvorgänger der Klägerinnen zumindest seit 1988 davon ausgingen, dazu berechtigt zu sein; inwieweit das Fehlen eines Bauansuchens für den Umbau des Hauses auf dem herrschenden Grundstück nach Beginn der Ersitzungszeit zur Unredlichkeit in Bezug auf das strittige Wegerecht führen solle, sei nicht nachvollziehbar.

[23] 2.3.2. Diese Rechtsansicht ist nicht korrekturbedürftig. Gegenstand des Verfahrens und Prüfkalkül für die Redlichkeit der Rechtsausübung ist hier weder die Berechtigung des Umbaus des Hauses der Klägerinnen noch deren Recht auf eine (von der Beklagten auch behauptete) Benützung des Grundes der Beklagten für den Bau oder Teile davon. Für die hier relevante Frage, ob das Recht zur Begehung des Grundstücks der Beklagten und die diesbezügliche Ausübung des Rechts in Beschränkung des Eigentumsrechts der Beklagten redlich ersessen wurde, kommt es daher auf die Einhaltung baurechtlicher Verfahrensvorschriften auf dem herrschenden Grundstück nicht an.

3. Ergebnis und Kostenentscheidung

[24] 3.1. Zusammengefasst stellen sich keine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigenden erheblichen Rechtsfragen.

[25] 3.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

[26] 3.2.1. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen ein Teilurteil findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RS0123222 [T9]). Die Klägerinnen haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision hingewiesen und daher grundsätzlich Anspruch auf Kostenersatz (RS0123222 [T8]).

[27] 3.2.2. Dabei war jedoch zu berücksichtigen, dass das die Videoüberwachung betreffende Klagebegehren nur von der Erstklägerin erhoben wurde. Setzt man einen hypothetischen Kostenersatz für dieses Begehren (Streitwert 25.000 EUR) nach TP 3C RATG (ohne Streitgenossenzuschlag) in Höhe von rechnerisch 1.977,90 EUR mit einem hypothetischen Kostenersatz beider Klägerinnen für das von ihnen beanspruchte Gehrecht (Streitwert 8.000 EUR) nach TP 3C RATG (einschließlich Streitgenossenzuschlag) von rechnerisch 1.100,52 EUR in Beziehung, so zeigt sich, dass der Kostenersatzanspruch der Erstklägerin 64,25 % und der Anspruch beider Klägerinnen 35,75 % des hypothetischen Gesamtkostenersatzes bei nach Ansprüchen und Klägerinnen getrennter Schriftsatzerstattung (von rechnerisch zusammen 3.078,42 EUR) ausmachen würde.

[28] 3.2.3. Die von beiden Klägerinnen gemeinsam ohne nähere Differenzierung verzeichneten Kosten auf Basis 33.000 EUR von insgesamt 2.695,13 EUR (einschließlich Streitgenossenzuschlag) waren nach diesem Schlüssel von 64,25 : 35,75, welcher die Beteiligung am Revisionsverfahren zweckmäßig abbildet, einerseits auf die Erstklägerin und andererseits auf die beiden Klägerinnen gemeinsam aufzuteilen.

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