Spruch:
A) Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien jeweils die mit 1.084,54 EUR (darin 180,76 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
B) Der Revision und dem Rekurs der klagenden Parteien wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Endurteil zu lauten haben wie folgt:
I. 1. Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei
4.425.522,02 EUR samt Verzugszinsen aus
97.109,56 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 24. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
72.885,91 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 20. 2. 2008,
190.759,38 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
2.735,26 EUR in der Höhe von 9,97 % vom 14. 10. 2006 bis 31. 12. 2006, in der Höhe von 10,67 % vom 1. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
271.520,88 EUR in der Höhe von 9,47 % vom 4. 4. 2006 bis 30. 6. 2006, in der Höhe von 9,97 % vom 1. 7. 2006 bis 31. 12. 2006, in der Höhe von 10,67 % vom 1. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
928.290,98 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 22. 5. 2008,
236.964,64 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
262.397,75 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
81.205,48 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 30. 9. 2008,
2.193,72 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 8. 8. 2007,
115.904,88 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
3.882,22 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 9. 2007,
10.001,86 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 11. 8. 2008,
11.435,03 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
9.010,02 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 14. 10. 2008,
454.195,17 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
32.522,65 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
22.726,63 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 12. 2007,
44.109,78 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 12. 2007,
20.885,12 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 4. 2008,
26.309,98 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 4. 2008,
13.749,02 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 4. 2008,
17.240,10 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 28. 4. 2008,
62.979,24 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
39.034,15 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
54.746,29 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
30.995,99 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
74.953,66 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
35.738,83 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 14. 10. 2008,
40.397,11 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 10. 2008,
26.555,04 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 14. 10. 2008,
76.983,06 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 3. 11. 2008,
1.055.102,53 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 10. 3. 2009 und
4 % Zinseszinsen aus 250.095,35 EUR seit 3. 11. 2008
binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. a) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei gegenüber der erstklagenden Partei verpflichtet ist, den einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Wartungsvertrag FSP N***** ./E in Verbindung mit dem einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Kaufvertrag N***** ./D zu erfüllen.
b) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei gegenüber der erstklagenden Partei verpflichtet ist, den einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Wartungsvertrag FSP G***** ./G in Verbindung mit dem einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Kaufvertrag G***** ./F zu erfüllen, das nur hinsichtlich der Windenergieanlagen G***** 1 bis G***** 5 (Windpark G***** I).
3. Die beklagte Partei ist schuldig, gegenüber der erstklagenden Partei
a) die Anlagen D 8 im Windpark N***** durch geeignete Maßnahmen, allenfalls dadurch, dass die von Lackabplatzungen betroffenen Bereiche von losem Lack und Korrosion befreit, im Anschluss daran mit Eisenglimmer behandelt, anschließend mit einer Haftgrundierung versehen und dann lackiert werden, so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik im Errichtungszeitpunkt entsprechen, dies binnen drei Monaten;
b) die Anlagen D 6 im Windpark G***** I durch geeignete Maßnahmen, allenfalls den Einbau verbesserter Kühlkomponenten so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik, im Errichtungszeitpunkt entsprechen, und Leistungsdrosselungen außer im Pannenfall nicht mehr vorkommen, dies binnen drei Monaten;
c) die Mängel der in der einen integrierenden Bestandteil des Spruchs des Ersturteils bildenden, tieferstehenden Tabelle definierten Windenergieanlagen im Windpark G*****, beschrieben in der linken Spalte der Tabelle, durch geeignete, allenfalls die in der rechten Spalte der Tabelle beschriebenen Maßnahmen, so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik im Errichtungszeitpunkt entsprechen, dies binnen drei Monaten.
Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei die mit 362.344,04 EUR (darin enthalten 12.405,07 EUR USt und 287.913,63 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu bezahlen.
II. 1. Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei
2.335.531,31 EUR samt Verzugszinsen aus
12.791,91 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 12. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
100.605,76 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 24. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2008,
180.310,96 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 18. 2. 2008,
263.906,68 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
18.704,79 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
25.280,96 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 11. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
80.129,04 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 24. 1. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
108.460,61 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 18. 2. 2008,
247.145,78 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
24.465,98 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 3. 10. 2008,
70.339,00 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 8. 6. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
45.991,58 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 8. 6. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
2.889,82 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
25.974,86 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
11.767,70 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
6.499,19 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 12. 2007,
13.386,36 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 12. 2007,
6.986,77 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 28. 1. 2008,
47.854,95 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 11. 8. 2008,
40.271,71 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
17.448,68 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 2. 10. 2008,
46.616,86 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 8. 6. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
61.864,84 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 8. 6. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
6.113,92 EUR in der Höhe von 10,67 % vom 8. 6. 2007 bis 30. 6. 2007 und in der Höhe von 11,19 % seit 1. 7. 2007,
15.403,75 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
163.546,66 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
4.791,85 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 12. 10. 2007,
7.225,84 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 24. 12. 2007,
5.228,73 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 11. 8. 2008,
1.075,39 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 6. 9. 2008,
1.183,88 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 2. 10. 2008,
72.523,83 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 3. 11. 2008,
598.742,68 EUR in der Höhe von 11,19 % seit 10. 3. 2009 und
4 % Zinseszinsen aus 144.278,30 EUR seit 3. 11. 2008
binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. a) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei gegenüber der zweitklagenden Partei verpflichtet ist, den einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Wartungsvertrag FSP P***** /I in Verbindung mit dem einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Kaufvertrag P***** ./H zu erfüllen.
b) Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei gegenüber der zweitklagenden Partei verpflichtet ist, den einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Wartungsvertrag FSP G***** ./G in Verbindung mit dem einen integrierenden Teil des Spruchs des Berufungsurteils bildenden Kaufvertrag G***** ./F zu erfüllen, das nur hinsichtlich der Windenergieanlagen G***** 6 bis G***** 11 (Windpark G***** II)
3. Die beklagte Partei ist gegenüber der zweitklagenden Partei schuldig,
a) die Anlagen D 6 in den Windparks P***** und G***** II durch geeignete Maßnahmen, allenfalls den Einbau verbesserter Kühlkomponenten so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik im Errichtungszeitpunkt entsprechen und Leistungsdrosselungen außer im Pannenfall nicht mehr vorkommen, dies binnen drei Monaten;
b) die Mängel der in der einen integrierenden Bestandteil des Spruchs des Ersturteils bildenden, tieferstehenden Tabelle definierten Windenergieanlagen in den Windparks G***** II und P*****, beschrieben in der linken Spalte der Tabelle, durch geeignete, allenfalls die in der rechten Spalte der Tabelle beschriebenen Maßnahmen, so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik, im Errichtungszeitpunkt entsprechen, dies binnen drei Monaten.
Die beklagte Partei ist schuldig, der zweitklagenden Partei die mit 304.733,17 EUR (darin enthalten 10.149,68 EUR USt und 243.835,08 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die D***** GmbH (in der Folge: Hauptschuldnerin) war im Jahr 2003 eine Tochtergesellschaft der Beklagten mit Sitz in L*****, Deutschland. Sie schloss als Lieferantin mit der A***** GmbH & Co KG (kurz: A*****) als Käuferin am 16. 5. 2003 einen Vertrag über die Lieferung und den Aufbau von acht Windenergieanlagen (Projekt A-P*****, VertragsNr 25272) und am 23. 12. 2003 einen als „Full-Service-Paket“ bezeichneten Wartungsvertrag betreffend diese Anlagen sowie am 30. 5. 2003 einen weiteren Liefervertrag betreffend elf Windenergieanlagen (Projekt A-G*****, VertragsNr 25274) und am 23. 12. 2003 einen Wartungsvertrag betreffend diese Anlagen ab.
Mit der W***** GmbH (kurz: W*****) schloss die Hauptschuldnerin einen Liefervertrag über elf Anlagen betreffend das Projekt A-N***** ab. Dieser Vertrag wurde später auf die A***** neu ausgestellt und erhielt eine neue VertragsNr 25280 (statt ursprünglich 25273). Der entsprechende Wartungsvertrag datiert vom 30. 6./30. 8. 2003. Pkt 5.1 aller drei Liefer- und Errichtungsverträge (kurz: Kaufverträge) sieht die Bezahlung des „Kaufpreises“ in mehreren Teilbeträgen vor. Die Fälligkeit des zweiten Teilbetrags trat jeweils mit der Beistellung einer „Parent Company Guarantee“ (kurz: PCG) durch die Hauptschuldnerin ein. Nach Pkt 12 aller drei Kaufverträge wurde die Geltung österreichischen Rechts vereinbart.
Am 19. 6. 2003 erteilte die Beklagte der W***** eine „Parent Company Guarantee“ für das Projekt in N***** und der A***** für das Projekt in G***** sowie am 21. 5. 2003 eine solche PCG für das Projekt in P*****. Die PCGs haben nachstehenden Inhalt:
„Parent Company Guarantee
Wir haben davon Kenntnis genommen, dass sie mit unserer Tochtergesellschaft, der [Hauptschuldnerin] in L*****, einen Vertrag [es folgt die für die verschiedenen Projekte relevante Bezeichnung samt Raum für das Datum, das nur in einem Vertrag eingesetzt wurde] über die Lieferung, Errichtung und Full-Service von [die jeweilige Anzahl] Windenergieanlagen [jeweilige Type und Projektbezeichnung] abgeschlossen haben.
Wir verbürgen uns hiermit unter ausdrücklichem Verzicht auf die Einreden der Vorausklage, dass die [Hauptschuldnerin] jederzeit ihre Verpflichtungen aus den oben genannten Verträgen zwischen [W*****/A*****] und [der Hauptschuldnerin] erfüllt, jedoch ausdrücklich beschränkt auf etwaige Verpflichtungen aus den vorab bezeichneten Vertragsverhältnissen und ohne hierüber hinausgehende Verpflichtungen [der Beklagten] zu begründen. Diese Bürgschaft umfasst insbesondere Erfüllungs- und Gewährleistungsverpflichtungen, sowie Ansprüche auf Schadensersatz und aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Wir werden auf die schriftliche Erklärung der [W*****/A*****] hin, in der die [W*****/A*****] erklärt, dass die [Hauptschuldnerin] ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, diese Verpflichtungen erfüllen.
Ansprüche der [W*****/A*****] aus und im Zusammenhang mit dieser Parent Company Guarantee sind abtretbar, soweit nicht zwingende gesetzliche Regelungen entgegenstehen.
Änderungen, Ergänzungen und Nebenabreden bedürfen der Schriftform. Auf das Schriftformerfordernis kann nur schriftlich verzichtet werden.
Diese Parent Company Guarantee unterliegt österreichischem Recht unter Ausschluss der Kollisionsnormen.
Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dieser Bürgschaft ist für alle Prozesse, Rechtsstreitigkeiten und Klagen ausschließlich Wien.“
Die W***** bzw A***** nahmen diese Erklärungen an.
Die Erstklägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der W*****. Die Zweitklägerin erwarb mit Vertrag vom 30. 7. 2004 von der A***** acht Windenergieanlagen des Projekts A-P***** (PM 1 bis PM 8) und sechs Windenergieanlagen des Projekts A-G***** (GO 6 bis GO 11). Alle vertraglichen Rechte, die der A***** zustanden, wurden an die Zweitklägerin übertragen. Die A***** verpflichtete sich, die Rechte an den streitgegenständlichen Garantien für die verkauften Windenergieanlagen an die Zweitklägerin zu übertragen, was auch vollzogen wurde.
Mit Schreiben vom 7. 8. 2007 teilte die Rechtsvertreterin der Zweitklägerin, mit Schreiben vom 8. 8. 2007 jene der Erstklägerin und mit Schreiben vom 16. 9. 2008 die Rechtsvertreter beider Klägerinnen unter Bezugnahme auf diese PCGs der Beklagten mit, dass die Hauptschuldnerin ihre vertraglichen Verpflichtungen, nach welchen sie für Ausfälle (im Rahmen einer sogenannten Verfügbarkeitsgarantie) und Leistungsdrosselungen der Windenergieanlagen einzustehen habe, nicht erfülle und zahlreiche, im Einzelnen jeweils aufgelistete Rechnungen unberichtigt aushafteten. Trotz Aufforderung komme die Hauptschuldnerin ihren Verbesserungspflichten nicht nach, der Serviceplan werde nicht eingehalten.
Die Erstklägerin begehrt - nach mehrfachen Klagsausdehnungen - zuletzt von der Beklagten die Zahlung von 3.114.515,22 EUR sA an Ersatzbeträgen aus der Nichtverfügbarkeit der Anlagen, 804.082,82 EUR sA an Ersatz für aufgetretene Leistungsdrosselungen (abzüglich 214.221,76 EUR sA aufgrund aufgerechneter Vorauszahlungsforderungen), 577.210,43 EUR sA an Kosten ersatzweise von der Erstklägerin selbst vorgenommener, im Einzelnen aufgelisteter Störungsbehebungen, 66.952,15 EUR sA an Kosten für Ölwechsel und schließlich 76.983,06 EUR an im Verfahren 27 Cg 138/07k des Handelsgerichts Wien gegen die Hauptschuldnerin bisher angefallenen Prozesskosten, somit 4.425.522,02 EUR (richtig 4.425.52 1,92 EUR) sA.
Sie begehrt weiters die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, a) den Wartungsvertrag FSP N***** in Verbindung mit dem Kaufvertrag N***** sowie b) den Wartungsvertrag FSP G***** in Verbindung mit dem Kaufvertrag G***** hinsichtlich der Windanlagen G***** 1 bis G***** 5 im Windpark G***** I zu erfüllen.
Sie begehrt schließlich, die Beklagte schuldig zu erkennen, a) die Anlagen D 8 im Windpark N*****, b) die Anlagen D 6 (Windpark G***** I) sowie c) die ausführlich tabellarisch aufgelisteten Mängel der Windenergieanlagen im Windpark G*****, jeweils durch geeignete - im Einzelnen angeführte - Maßnahmen so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik im Errichtungszeitpunkt entsprechen; in eventu die Beklagte zu a) zur Zahlung von 968.336 EUR sA, zu b) 126.000 EUR sA und c) 723.676,87 EUR sA zu verurteilen.
Die Zweitklägerin begehrt zuletzt von der Beklagten die Zahlung von 1.591.523,49 EUR sA an Ersatz wegen der Nichtverfügbarkeit der Anlagen und von 671.483,99 EUR sA wegen des Auftretens von Leistungsdrosselungen sowie von 72.523,83 EUR sA an bisher im Verfahren gegen die Hauptschuldnerin (Handelsgericht Wien 25 Cg 29/07s) aufgelaufenen Prozesskosten, insgesamt daher 2.335.531,31 EUR sA.
Sie begehrt weiters die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, a) den Wartungsvertrag FSP P***** in Verbindung mit dem Kaufvertrag P***** sowie b) den Wartungsvertrag FSP G***** in Verbindung mit dem Kaufvertrag G***** hinsichtlich der Windanlagen G***** 6 bis G***** 11 (Windpark G***** II) zu erfüllen.
Sie begehrt schließlich, die Beklagte schuldig zu erkennen, a) die Anlagen D 6 in den Windparks P***** bzw G***** II und b) die (näher definierten) Windenergieanlagen im Windpark G***** II jeweils durch geeignete - im Einzelnen angeführte - Maßnahmen so zu verbessern, dass die Anlagen den vertraglich bedungenen Eigenschaften und dem Stand der Technik im Errichtungszeitpunkt entsprechen; in eventu die Beklagte zu a) zur Zahlung von 352.800 EUR sA bzw zu b) von 2.296.410,25 EUR (richtig wohl 1.943.610,25 EUR) sA zu verurteilen.
Dazu brachten die Klägerinnen vor, die Hauptschuldnerin komme als Lieferantin ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nach, weshalb sie gegenüber der Beklagten die PCGs, welche als abstrakte Erfüllungsgarantien zu werten seien, abgerufen hätten. Mit dem Zahlungshauptbegehren würden nach einzelnen Windparks und Zeiträumen aufgeschlüsselte Fehlbeträge aus der Nichteinhaltung von Verfügbarkeitsgarantien und wegen aufgetretener Drosselungen begehrt: Die Hauptschuldnerin habe im Rahmen einer in den Kaufverträgen übernommenen Verfügbarkeitsgarantie für einen Zeitraum von 60 Monaten Gewähr dafür zu leisten, dass die Windenergieanlagen 97 % der Zeit technisch verfügbar seien, 62 Monate nach Beendigung des Probebetriebs sinke die garantierte Verfügbarkeit auf 95 %. Bei Unterschreitung der Verfügbarkeit sei die Fehldifferenz auf der Grundlage des theoretischen Ertrags gemäß eines Windgutachtens zum Einspeisetarif zu ersetzen, wobei nach den Full-Service-Plänen unbegrenzter Geldersatz versprochen worden sei. Die Verfügbarkeit werde jährlich ermittelt und abgerechnet. Nach Feststellung des Ertrags und der Verfügbarkeit jeder einzelnen Windenergieanlage werde vereinbarungsgemäß der Gesamtertrag durch die Prozentzahl der Verfügbarkeit dividiert, was die je 1 % der Betriebszeit produzierte Leistung ergebe. Dieser Wert werde für jede Windenergieanlage mit den auf 97 % fehlenden Prozentpunkten multipliziert und zum Einspeisungstarif verrechnet. Die aus der Verfügbarkeitsunterschreitung resultierenden Forderungen hätten die Klägerinnen der Hauptschuldnerin gegenüber in Form von Abrechnungen fällig gestellt, in welchen der Abrechnungszeitraum und der jeweilige Betrag für jeden Monat des Verrechnungszeitraums unter Anführung des Jahresmittels der Verfügbarkeit sowie des Ertrags je Prozent der Verfügbarkeit dargestellt worden seien. Darüber hinaus habe die Hauptschuldnerin nicht nur eine technische Verfügbarkeit zu einem bestimmten Prozentsatz zugesagt, sondern auch eine je nach Windstärke unterschiedliche Produktion. Die von der Hauptschuldnerin errichteten Anlagen würden jedoch aufgrund technischer Fehler immer wieder stark gedrosselt, wobei dies mit einem Nichterreichen der Leistungskennlinie nichts zu tun habe und die Ursache nicht in einer zu schwachen Leistung des jeweiligen Generators, sondern nach derzeitigem Wissensstand an einer behebbaren Unterdimensionierung der Kühlung liege. In dieser Zeit produzierten die Anlagen weniger Strom als zugesagt, weshalb es zu Ertragsausfällen komme. Der Drosselungsausfall werde derart berechnet, dass für jede Windenergieanlage in kurzen Zeiteinheiten die tatsächliche Leistung mit der Sollleistung laut einer Leistungskennlinie verglichen werde. Drosselungen seien durch ein krasses Abweichen der tatsächlichen Leistungskurve von der Leistungskennlinie erkennbar. Die durch Drosselungen verursachten Ertragsausfälle würden durch Vergleich des Ertrags gedrosselter Anlagen mit ungedrosselten Referenzanlagen ermittelt und seien aufgeschlüsselt nach Zeitraum und Windenergieanlage gegenüber der Hauptschuldnerin abgerechnet worden. Seit Jänner 2008 erfülle die Hauptschuldnerin nicht mehr ihre Verpflichtungen aus dem Wartungsvertrag, weshalb einzeln dargestellte Ersatzvornahmen notwendig gewesen seien, deren Kosten der Erstklägerin (nach Abtretung durch die Zweitklägerin) zu ersetzen seien. Zur Minderung des entstandenen Schadens, insbesondere zur Reduktion von durch Störungen verursachten Stillständen, habe die Erstklägerin diese teilweise selbst behoben und gegenüber der Hauptschuldnerin nach einem abgesprochenen System abgerechnet, ohne dass jedoch eine Zahlung erfolgt sei. Auch die laut Wartungsplan vorgeschriebenen Ölwechsel führe die Hauptschuldnerin seit Frühjahr 2008 nicht mehr durch. Die Erstklägerin habe diese zur Schadensabwehr selbst veranlasst. Soweit im Rahmen dieser Ersatzvornahmen Anlagen der Zweitklägerin betroffen seien, habe sie ihre Ansprüche an die Erstklägerin zum Inkasso abgetreten. Aufgrund des Wortlauts der Garantie, selbst die Verpflichtungen der Hauptschuldnerin zu erfüllen, stehe den Klägerinnen gegenüber der Beklagten der Naturalanspruch auf Verbesserung der Anlagen durch geeignete Maßnahmen, allenfalls durch den Einbau verbesserter Kühlanlagen zur künftigen Vermeidung der während des Betriebs auftretenden Drosselungen an fünf näher bezeichneten Anlagen der Erstklägerin und 14 näher bezeichneten Anlagen der Zweitklägerin zu, deren Aufwand 21.000 EUR zuzüglich USt je Anlage betrage, weshalb der Erstklägerin für fünf Anlagen der eventualiter geltend gemachte Sanierungsbetrag von 126.000 EUR und der Zweitklägerin für 14 Anlagen 352.800 EUR (jeweils inkl USt) zustünden. Aus dem gleichen Grund hätten die Klägerinnen auch Anspruch auf Vornahme der Verbesserung der darüber hinaus an den Anlagen aufgetretenen, im Einzelnen beschriebenen Mängel sowie auf die Instandsetzung der Anlagen; deren bisher geschätzten, näher aufgeschlüsselten Kosten werden in Höhe von 968.336 EUR (Anlagen D 8 Windpark N*****) und 723.676,87 EUR (Windpark G*****) von der Erstklägerin und in Höhe von 1.943.610,25 EUR von der Zweitklägerin jeweils eventualiter geltend gemacht. Die Garantie beziehe sich nicht nur auf die Kauf-, sondern auch auf die Wartungsverträge, weshalb auch ein Begehren auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, die Wartungsverträge zu erfüllen, erhoben werde. Die Beklagte schulde ihnen aber auch den Ersatz der gegenüber der Hauptschuldnerin entstandenen Nebenforderungen an bisher aufgelaufenen Verfahrenskosten von 76.983,06 EUR (Erstklägerin) und 72.523,83 EUR (Zweitklägerin), zumal es sich dabei um von der Garantie umfasste Schadenersatzansprüche handle. Die Beklagte habe den Klägerinnen auch die gegenüber der Hauptschuldnerin aufgelaufenen Verzugszinsen zu ersetzen.
Die Beklagte wendete ein, bei den PCGs handle es sich nicht um abstrakte Garantien, sondern nur um Bürgschaften, weshalb ihr aufgrund des Akzessorietätsprinzips neben ihren eigenen Einwendungen auch jene der Hauptschuldnerin zustünden. Nach § 1357 ABGB hätten die Klägerinnen die Wahl gehabt, entweder zunächst nur die Hauptschuldnerin alleine oder die Hauptschuldnerin und die Beklagte als Bürgin gemeinsam zu klagen. Sie hätten jedoch ihre Ansprüche gegen die Hauptschuldnerin bereits gerichtlich geltend gemacht, weshalb die spätere Durchsetzung der Ansprüche gegen die Beklagte als Bürgin erst nach Abschluss der Verfahren gegen die Hauptschuldnerin zulässig sei. Die Klägerinnen hätten in rechtsmissbräuchlicher Weise über ein Jahr lang vor Inanspruchnahme der Beklagten den Verlauf des Verfahrens gegen die Hauptschuldnerin abgewartet, bis sich deren finanzielle Situation bis zu ihrer Insolvenz so zugespitzt habe, dass ein Rückgriff der Beklagten nunmehr ausgeschlossen erscheine. Die Haftungserklärungen nähmen nur auf den jeweiligen Kaufvertrag Bezug, darüber hinausgehende Verpflichtungen seien ausdrücklich nicht begründet worden. Die Beklagte habe daher keine Ansprüche aus den Wartungsverträgen zu erfüllen. Im Rahmen der allgemeinen Gewährleistung für Herstellung, Lieferung und Montage habe die Beklagte jeweils nach Punkt 6.1 der Kaufverträge für den Zeitraum von 24 Monaten ab Inbetriebnahme, längstens jedoch für 30 Monate ab Meldung der Versandbereitschaft, die Kosten notwendiger Austausch- und Wartungsarbeiten und damit verbundene Nebenkosten zu tragen. Die Gewährleistung sei daher auf Verbesserungsansprüche beschränkt. Punkt 6.3. der Kaufverträge lege mit Hilfe einer Formel die Berechnung allfälliger Kaufpreisminderungsansprüche aus der Nichterreichung der Leistungskennlinie fest. Für darüber hinausgehende, aus einer mangelhaften Leistungskennlinie resultierende Betriebsverluste (Produktionsausfall oder entgangenen Gewinn) werde nicht gehaftet. Die nach der Formel berechnete Kaufpreisminderung sei auf 10 % des Kaufpreises beschränkt, eine Kaufpreisminderung auf Null sei jedenfalls ausgeschlossen worden. Die Hauptschuldnerin habe nach Punkt 6.4. der Kaufverträge jenen Anteil des Werklohns, der dem aus der Unterschreitung der technischen Verfügbarkeit ermittelten Minderertrag entspreche, zurückzuerstatten, insofern werde die Gewährleistung betragsmäßig mit der Höhe des von der Hauptschuldnerin erhaltenen Werklohns in der entsprechenden Berechnungsperiode gedeckelt. Alle über diese Begrenzungen der Gewährleistung hinausgehenden Ansprüche seien ausgeschlossen. Minderungsansprüche aus dem Unterschreiten der Leistungskennlinie setzten vorangegangene Verbesserungsversuche voraus, die mangels Nachweises des Einhaltens dieser Voraussetzungen nicht geltend gemacht werden dürften. Ansprüche, die das Jahr 2004 beträfen, seien verjährt, weil die Verfügbarkeitspönale für das jeweils vergangene Jahr ab Jänner des Folgejahres gegenüber der Hauptschuldnerin hätte abgerechnet werden können, was nicht geschehen sei. Eine verspätete Rechnungslegung schiebe den Verjährungsbeginn jedoch nicht hinaus. Aus diesem Jahr herrührende Ansprüche seien damit auch der Beklagten gegenüber nicht mehr durchsetzbar. Kosten aus den Verfahren gegen die Hauptschuldnerin stünden den Klägerinnen nicht zu, weil sie von der auf vertragliche Ansprüche begrenzten Haftungserklärung nicht umfasst seien. Für eine Geltendmachung aus dem Titel des Schadenersatzes fehle es an Kausalität und Verschulden. Zinsen könnten nur ab Verzug der Beklagten und nicht schon ab dem Verzug der Hauptschuldnerin begehrt werden.
Das Erstgericht wies betreffend beide Klägerinnen das Feststellungs- und das Verbesserungsbegehren zur Gänze sowie das Zahlungsbegehren hinsichtlich der begehrten Prozesskosten aus dem jeweiligen Vorprozess gegen die Hauptschuldnerin (Erstklägerin 76.983,06 EUR sA, Zweitklägerin 72.523,83 EUR sA) ab. Dagegen gab es im Übrigen den jeweiligen Zahlungshauptbegehren sowie den Zahlungseventualbegehren statt. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Beklagte habe erklärt, sie werde „auf die schriftliche Erklärung der ... hin, in der die ... erklärt, dass die Hauptschuldnerin ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, diese Verpflichtungen erfüllen“. Weitere Voraussetzungen oder Formerfordernisse seien nicht vorgesehen. Damit hänge aber die Inanspruchnahme der Haftung der Beklagten allein von der (schriftlichen) Erklärung der jeweiligen Begünstigten ab, dass die Hauptschuldnerin ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Damit liege aber geradezu der „klassische Fall“ einer Garantie vor. Dazu komme, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Abgabe der „Parent Company Guarantee“ die Muttergesellschaft der Hauptschuldnerin gewesen sei, sodass auch das eigene wirtschaftliche Interesse der Beklagten auf der Hand liege. Die Klägerinnen hätten die formellen Voraussetzungen der Abrufung der Garantie erfüllt. Die Garantien umfassten auch die Ansprüche der Klägerinnen aus den jeweiligen Full-Service-Verträgen. Nicht von den Garantien erfasst seien jedoch die von den Klägerinnen geltend gemachten Prozesskosten aus der Betreibung der Forderungen gegen die Hauptschuldnerin. Dabei handle es sich nicht um Ansprüche aus den Liefer- und Wartungsverträgen. Der Garant hafte aus einem „echten“ Garantievertrag nicht für Erfüllung, sondern bis zum vereinbarten Höchstbetrag verschuldensunabhängig für den Schaden des Begünstigten. Der Garant schulde in der Regel Geld und nicht Naturalrestitution. Die Zusage mache den Garanten, der für den Erfolg eingestanden sei, nur schadenersatzpflichtig, wenn der Dritte die Leistung nicht erbringe. Zur Erfüllung der Zusage könne der Garant aber nicht herangezogen werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Parteien teilweise Folge, derjenigen der beklagten Partei Folge. Mit Teilurteil änderte es das erstgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass es dem gesamten Feststellungsbegehren (Erfüllung der jeweiligen Wartungsverträge) stattgab und - wie schon das Erstgericht - die Zahlungsbegehren hinsichtlich der Prozesskosten aus den Vorprozessen der Klägerinnen mit der Hauptschuldnerin abwies. Im Übrigen hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus:
Da im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen seien, wonach bereits bei Abschluss der Kaufverträge zu erwarten gewesen wäre, dass die Hauptschuldnerin ihren Verpflichtungen nicht nachkommen werde können, bestehe für die Annahme eines Schuldbeitritts kein Raum. In Fachwörterbüchern finde sich als deutsche Übersetzung des englischen Wortes „Guarantee“ sowohl der Begriff Bürgschaft als auch Garantie. Eine wörtliche Übersetzung des Begriffs „Parent Company Guarantee“ bringe keine eindeutige Klärung. Der erste Absatz aller drei PCGs lasse sich unschwer als Präambel definieren. Nicht nur der dritte, sondern schon der zweite Absatz sei als Garantieklausel und damit als das wesentliche Kernstück der PCGs anzusehen. Vom Wortlaut der Erklärungen sei kein eindeutiges Ergebnis dahin zu erzielen, dass tatsächlich jede Akzessorietät ausgeschaltet werden sollte. Es sei daher auf die zwischen den Parteien herrschende Interessenlage abzustellen und zu prüfen, ob diese erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zur bloßen Bürgenhaftung gefordert habe. Über das Beibringen einer Gewährleistungsbankgarantie hinaus sei es offenkundig für eine Bestellerin und damit auch für die Klägerinnen von wesentlicher Bedeutung, nicht nur die Errichtung, sondern auch die mängelfreie Nutzung der Windenenergieanlagen sicherzustellen und neben der Lieferantin auch die ihr übergeordnete Muttergesellschaft insofern einzubinden, dass der laufende Betrieb auch wartungsmäßig abgesichert sei. Es spreche für das über ein bloßes Einstehen für eine Schuld hinausgehende Vorsehen einer Naturalherstellung, wenn - wie hier - ausdrücklich die Erfüllung konkret angeführter Verpflichtungen übernommen werde. Dass jedoch für den Zeitraum nach Abnahme der Anlagen eine - einem Bardepot gleichzusetzende - Sicherheit ohne akzessorisches Abstellen auf die im Valutaverhältnis bestehende Verpflichtungen bereitgestellt werden sollte, könne nicht angenommen werden, wäre doch die Begünstigte hier unbefristet weitaus besser als übliche Werkbesteller gestellt. Anhaltspunkte, dass über die Absicherung des Risikos der Zahlungsunfähigkeit hinaus die Interessenlage der Parteien eine solche Verstärkung der Position der Klägerinnen als Werkbesteller gefordert habe, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Eine solche Lage wäre nur für den Fall denkbar, wenn für das Beistehen der Muttergesellschaft im Gegenzug auf übliche Erfüllungs- und Gewährleistungs(-bank-)Garantien verzichtet worden wäre. Die Erklärung habe hier nicht die Funktion gehabt, einen Barerlag oder einen Haftrücklass zu ersetzen, zumal zusätzlich ohnehin übliche Bankgarantien hierzu beizubringen gewesen wären. Dann wäre davon auszugehen, dass den Klägerinnen als Begünstigten auch das Risiko für den Zufall und das Entstehen von Rechtsstreitigkeiten abgenommen werden sollen. Es sei daher der Auffassung der Beklagten zu folgen, dass damit keineswegs jegliche Akzessorietät zum Valutaverhältnis habe beseitigt werden sollen. Dafür spreche schließlich auch, dass nur auf eine Einrede verzichtet worden sei. Als Zwischenergebnis sei daher festzuhalten, dass von einer Bürgschaft und nicht von einer abstrakten Garantie auszugehen sei. Aufbauend auf diesen Ergebnissen liege wegen der Aufrechterhaltung der Akzessorietät nicht einmal die Mischform der Bürgschaft auf erstes Anfordern vor.
Wenn im ersten Absatz der PCGs nach Nennung eines einzelnen Vertrags dann aber nicht nur auf die Lieferung und die Errichtung des Werks, sondern auch auf das in Wahrheit jeweils einem eigenen Wartungsvertrag überlassene Full-Service Bezug genommen werde, könne dies bei vernünftiger Betrachtungsweise nur so gedeutet werden, dass auch die Wartung miteinbezogen sein sollte. Im Fall unvertretbarer oder höchstpersönlicher Leistungen sichere die Bürgschaft allein das Erfüllungsinteresse des Gläubigers. Entsprechendes sei im Zweifel auch bei der Sicherung einer auf eine vertretbare Leistung gerichteten Verbindlichkeit anzunehmen. Gesichert werden könne jedoch jede obligatorische Verpflichtung des Hauptschuldners. Die Parteien könnten daher selbstverständlich eine Naturalherstellung vorsehen. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte nach dem Wortlaut der PCGs ausdrücklich zugesagt, die Verpflichtungen der Hauptschuldnerin selbst zu erfüllen, was allein schon für eine Verpflichtung zur Naturalherstellung spreche. Daran hätten die Rechtsvorgänger der Klägerinnen auch ein erkennbares Interesse gehabt. Die Klägerinnen würden die Leistungen aus dem Wartungsvertrag auch nicht umsonst erhalten. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei daher von einer Verpflichtung zur Naturalerfüllung durch die Beklagte auszugehen.
Der Vorwurf der Beklagten, die Klägerinnen hätten die Haftung der Beklagten rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen, gehe ins Leere. Es sei nämlich nicht nachvollziehbar, wie ein Gläubiger nach Inanspruchnahme des Hauptschuldners durch das von der Beklagten hier allein vorgeworfene Zuwarten mit einer Klagsführung gegen den Bürgen die Lage des Hauptschuldners verschlechtern könne.
Der Verzug des Gläubigers löse mangels entsprechender eindeutiger Regelung im Bürgschaftsvertrag gemäß § 1353 Satz 1 ABGB nach ständiger Rechtsprechung keine zusätzliche Haftung des Bürgen aus. Eine eindeutige Klarstellung betreffend Verzugszinsen und Prozesskosten fehle in den PCGs, sodass diese von der Haftung der Beklagten nicht umfasst seien.
Aufgrund der Akzessorietät der vorliegenden PCGs seien der Beklagten keine Einwendungen aus dem Valutaverhältnis abgeschnitten. Da Feststellungen inhaltlicher Art über Mängel und Schäden und über die weiteren Einwendungen der Beklagten fehlten, erweise sich die Aufhebung des angefochtenen Urteils im ausgesprochenen Umfang als notwendig. Da die Beklagte zur Leistung in natura verpflichtet sei, sei insoweit der Berufung der Klägerinnen gegen die Abweisung des Leistungshauptbegehrens Folge zu geben gewesen. Mangels Spruchreife erweise sich jedoch auch dazu die Aufhebung als notwendig. Spruchreif hingegen sei das Feststellungsbegehren betreffend die Wartungsverträge. Dass die (inzwischen im Konkurs befindliche) Hauptschuldnerin keinerlei Wartung mehr durchführe, sei unbestritten. Die Beklagte bestreite ihre Erfüllungspflicht in natura, weshalb am Feststellungsinteresse der Klägerinnen nicht zu zweifeln sei. Spruchreif sei weiters das Klagebegehren hinsichtlich der - unberechtigten - Zahlungsbegehren betreffend die Verfahrenskosten aus den Prozessen gegen die Hauptschuldnerin.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision und den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zu, weil die Frage der Abgrenzung zwischen Garantie und Bürgschaft außerhalb des Bankenbereichs trotz der zahlreichen im Bankenbereich ergangenen Entscheidungen über den Einzelfall hinaus von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO sei.
Gegen den stattgebenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Teilurteil im stattgebenden Umfang aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die „unteren Instanzen“ zurückzuverweisen sowie (in eventu?) das Teilurteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Kaufverträge, nicht aber auch die Wartungsverträge zu erfüllen.
Die Klägerinnen beantragen in der Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Gegen den abweisenden Teil des berufungsgerichtlichen Teilurteils richtet sich die Revision, gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und berufungsgerichtlicher Verfahrensmängel mit dem erkennbaren Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung abzuändern.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisions- und Rekursbeantwortung, den Rechtsmitteln der Klägerinnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist unzulässig. Die Revision und der Rekurs der Klägerinnen sind zulässig und berechtigt.
1. Zur Revision der Beklagten:
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Beklagte, das Erstgericht habe trotz entsprechendem Vorbringen keine Feststellung darüber getroffen, dass die Beklagte den Klägerinnen gegenüber die Bürgschaft aus wichtigem Grund gekündigt habe. Obwohl die Beklagte diesen Feststellungsmangel des Ersturteils ausdrücklich in ihrer Berufung gerügt habe, habe sich das Berufungsgericht damit nicht auseinandergesetzt. Wäre die Feststellung getroffen worden, hätte sich daraus rechtlich ergeben, dass sämtliche Ansprüche der Klägerinnen, die den Zeitraum ab dem 14. 1. 2009 (Wirksamkeit der Kündigungen) betreffen, abzuweisen gewesen wären.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 10. 3. 2009 vorgebracht, sie habe gegenüber den Klägerinnen die jeweiligen Parent Company Gurantees mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund, und zwar aufgrund des über das Vermögen der Hauptschuldnerin eröffneten Insolvenzverfahrens gekündigt.
Die von der Beklagten vermisste Feststellung ist irrelevant, weil es ja geradezu der Hauptzweck einer Bürgschaft ist, den Gläubiger im Insolvenzfall des Hauptschuldners abzusichern. Dies stellt daher keinen wichtigen Grund dar, der den Bürgen zur Kündigung der Bürgschaft berechtigen würde. Würde man die Insolvenz des Hauptschuldners als wichtigen Grund für die Kündigung der Bürgschaft durch den Bürgen anerkennen, hieße dies, das Institut der Bürgschaft an sich ad absurdum zu führen.
Ein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens liegt somit nicht vor.
Als unrichtige rechtliche Beurteilung rügt die Beklagte die Auslegung des Berufungsgerichts, die von der Beklagten übernommenen Bürgschaften würden die Beklagte als Bürgin zur Erfüllung der Kaufverträge und der Wartungsverträge selbst verpflichten.
Die diesbezügliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist nicht korrekturbedürftig: Im ersten Absatz der jeweiligen Erklärungen ist auch der „Full-Service“ erwähnt, was sich unschwer als auf die Wartung bezugnehmend verstehen lässt. Im dritten Absatz erklärt die Beklagte unmissverständlich, dass sie diese Verpflichtungen „erfüllen“ wird. Das Wort „erfüllen“ ist eindeutig im Sinne der identen Übernahme einer bestimmten Verpflichtung zu verstehen, mag es sich dabei auch um eine nicht in einer Geldzahlung bestehende Verpflichtung handeln. Das bloße Einstehen für einen Erfolg dergestalt, dass die Haftung für den aus dem Nichteintritt eines versprochenen Erfolgs entstehenden Schadens in Geld übernommen wird, wird gemeinhin mit dem Wort „haften“ ausgedrückt, das die Beklagte aber nicht verwendet hat. Der Bürge kann sich im Rahmen der Privatautonomie auch zur Erfüllung vertretbarer Handlungen oder Unterlassungen verpflichten (P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³ § 1350 Rz 1; Gamerith in Rummel 3 § 1350 Rz 1; Mader/W. Faber in Schwimann 3 § 1350 Rz 1). Dasselbe gilt auch für den Garantievertrag (Koziol, Der Garantievertrag 46).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.
2. Zur Revision und zum Rekurs der Klägerinnen:
In der Rechtsrüge führen die Klägerinnen zahlreiche Argumente an, warum die Beklagte aus den Haftungserklärungen abstrakt hafte. Die Lösung der Frage, ob aus Bürgschaft auf erstes Anfordern oder aus Garantie gehaftet werde, könne einem allfälligen Kondiktionsprozess überlassen werden. Die eingeklagten Prozesskosten seien eine Folge der Vertragsverletzungen der Hauptschuldnerin. Prozesskosten seien zivilrechtlich nichts anderes als Schadenersatz, sodass die Beklagte, die ausdrücklich auch die Haftung für Schadenersatz übernommen habe, auch dafür hafte.
Hiezu wurde erwogen:
Bürgschaftsverträge bzw Bürgschaftserklärungen wie auch Garantieverträge sind grundsätzlich nach den §§ 914 f ABGB auszulegen (RIS-Justiz RS0017797 [T9]; für Garantieverträge: RIS-Justiz RS0033002).
Gemäß § 914 ABGB ist bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
Bei der Auslegung ist daher zunächst vom Wortlaut auszugehen (RIS-Justiz RS0017915), woraus sich Folgendes ergibt:
Die Überschrift enthält - wie auch der vorletzte Absatz - das englische Wort „Guarantee“. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass im Englischen damit sowohl Garantie als auch Bürgschaft bezeichnet wird. Für den konkreten Fall ist jedoch darüber hinaus Folgendes zu berücksichtigen: Die Klägerinnen sind in Österreich ansässige Gesellschaften. Die Streitteile haben für die Haftungserklärungen jeweils österreichisches Recht unter Ausschluss der Kollisionsnormen vereinbart (vorletzter Absatz), weiters als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten ausschließlich Wien (letzter Absatz). Der Beklagten war daher klar bzw musste ihr zumindestens klar sein, dass die Klägerinnen die Haftungserklärung aus ihrem österreichischen (und somit deutschsprachigen) Empfängerhorizont verstehen würden. Nun lässt sich nicht leugnen, dass das englische Wort „Guarantee“ sowohl von der Schreibweise her als auch phonetisch große Ähnlichkeiten mit dem deutschen Wort „Garantie“ hat, wohingegen eine solche Ähnlichkeit mit dem deutschen Wort „Bürgschaft“ nicht besteht. Die Beklagte musste daher damit rechnen, dass das in der Überschrift verwendete englische Wort „Guarantee“ beim österreichischen Vertragspartner Erwartungen in Richtung einer nach österreichischem Recht abstrakten Garantie wecken könnte.
Die Bezeichnung eines Vertrags durch die Parteien ist zwar jedenfalls dann für die rechtliche Beurteilung des Vertragsverhältnisses nicht entscheidend, wenn ein mit der Bezeichnung nicht im Einklang zu bringender Vertragsinhalt und eine auf diesen Vertragsinhalt gerichtete Parteiabsicht festgestellt sind (RIS-Justiz RS0017836; vgl auch Koziol, Der Garantievertrag, 8 ff). Umgekehrt schließt etwa die gleichzeitige Verwendung der Worte „als Bürge und Zahler“ die Annahme einer Bankgarantie nicht zwangsläufig aus (RIS-Justiz RS0016992 [T9]).
Der erste Absatz nennt in Form einer bei Garantien sonst üblichen Präambel das der Haftungserklärung zu Grunde liegende Vertragsverhältnis unter Anführung seiner Nummer und spezifiziert dieses näher als „über die Lieferung, Errichtung und Full-Service von ... Windenergieanlagen“. Nach ständiger Rechtsprechung kann aus der Anführung des Valutaverhältnisses allein noch nicht auf eine Akzessorietät der Haftung geschlossen werden (RIS-Justiz RS0061794; RS0016997 [T2, T3]).
Der zweite Absatz verwendet einmal das Wort „verbürgen“ und im letzten Satz das Wort „Bürgschaft“, wie im Übrigen auch die Gerichtsstandsklausel des letzten Absatzes. Die Verwendung dieser Worte deutet auf die Übernahme einer (akzessorischen) Bürgschaft hin. Auch hier gilt aber wiederum, dass allein diese Wortwahl noch nicht zwingend eine Garantie ausschließt (RIS-Justiz RS0016992 [T9]; vgl auch Koziol, Der Garantievertrag, 8 ff; P. Bydlinski, ÖBA 1991/298, 826 [Anm zu 1 Ob 525/91]).
Aus österreichischem Erklärungsempfängerhorizont deutet die Wendung „unter ausdrücklichem Verzicht auf die Einreden der Vorausklage“ gerade nicht auf eine Bürgschaft hin. Nach § 1355 ABGB setzt die Fälligkeit der Bürgenhaftung nur die (außergerichtliche) Einmahnung, nicht auch die gerichtliche Klage voraus. Für eine österreichische Bürgschaftsverpflichtung ergibt der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage gerade keinen Sinn. Die Klägerinnen mussten nicht wissen, dass der Urkundenverfasser (nach dem Vorbringen der Beklagten ein deutscher Rechtsanwalt) damit offensichtlich auf § 771 BGB Bezug genommen hat, wonach nach deutschem Recht der Bürge die Einrede der Vorausklage hat.
Weiters wird in diesem Satz auf die Verpflichtungen aus den oben genannten Verträgen (Mehrzahl) Bezug genommen, wenngleich im vorherigen Absatz nur von einem Vertrag die Rede ist. Im Zusammenhang mit der Erwähnung von „Full-Service“ im ersten Absatz der Haftungserklärung durften die Klägerinnen diese Mehrzahl von Verträgen im zweiten Absatz der Erklärung zwanglos dahin verstehen, dass Gegenstand der Absicherung durch die Haftungserklärung nicht nur der jeweilige Vertrag über Lieferung und Aufbau von Windenergieanlagen war, sondern auch der jeweils gesondert abgeschlossene Wartungsvertrag, der die Überschrift „Full-Service-Paket“ trägt, miteingeschlossen sein sollte. Der nächstfolgende Halbsatz „jedoch ausdrücklich beschränkt auf etwaige Verpflichtungen aus den vorab bezeichneten Vertragsverhältnissen und ohne hierüber hinausgehende Verpflichtungen [der Beklagten] zu begründen“ kann in verschiedener Weise verstanden werden: Es kann sich dabei um die Erklärung der Beklagten handeln, nur streng akzessorisch haften zu wollen. Diesem Halbsatz kann aber auch eine redundante Bedeutung dahingehend beigemessen werden, die Beklagte wolle nur Verpflichtungen im Zusammenhang mit den zu Grunde liegenden Kauf- und Wartungsverträgen, nicht aber etwa auch mit allenfalls anderen Verträgen aus anderen Projekten zwischen den Klägerinnen und der Hauptschuldnerin übernehmen.
Dass der Text der Haftungserklärung (auch) überflüssige (redundante) Ausführungen enthält, ist eindeutig aus dem letzten Satz der Haftungserklärung (Gerichtsstandsklausel) ersichtlich, wo nach der Nennung „für alle Streitigkeiten“ noch einmal angeführt ist „für alle Prozesse, Rechtsstreitigkeiten und Klagen“, was alles dasselbe bedeutet.
Der letzte Satz des zweiten Absatzes hingegen hat (teilweise) durchaus eine eigenständige Bedeutung, weil die aus der „Bürgschaft“ eingegangene Verpflichtung näher umschrieben wird. Während die Anführung von „Erfüllungs- und Gewährleistungsverpflichtungen“ noch selbstverständlich und angesichts der vorherigen Verpflichtungserklärung nicht notwendig erscheint, stellt die weitere Anführung von Ansprüchen auf „Schadensersatz“ und aus ungerechtfertigter Bereicherung klar, dass sich die Verpflichtungserklärung der Beklagten nicht nur auf unmittelbar aus den Verträgen entspringende Leistungsverpflichtungen der Hauptschuldnerin, sondern auch auf Schadenersatz aus (verschuldeter, auch teilweiser) Nichterfüllung und sogar auf ungerechtfertigte Bereicherung bezieht, was begrifflich voraussetzt, dass die Verträge oder Teile davon (ex tunc oder ex nunc) aus welchem Grund auch immer nicht zu Recht bestehen, woraus sich bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche ableiten können.
Der dritte Absatz der Haftungserklärung wäre, wenn man den zweiten als zentrale Verpflichtungserklärung ansieht, bloß mehr oder weniger redundant und würde gerade soviel aussagen, dass die Inanspruchnahme der Bürgschaft schriftlich geschehen müsse, und allenfalls, dass es für die Fälligkeit der Bürgschaft keiner vorausgehenden (außergerichtlichen) Mahnung (§ 1355 ABGB) bedürfe, sich die Beklagte somit als Bürge und Zahler iSd § 1357 ABGB verpflichtet hätte. Damit hätte der dritte Absatz aber kaum eine tragende Bedeutung, ist doch die Geltendmachung einer Bürgschaft durch den Gläubiger bloß mündlich nicht praktisch und bietet der Verzicht auf eine außergerichtliche Mahnung keine besondere Begünstigung des Gläubigers bzw Belastung des Bürgen mit sich, muss doch der Bürge auch bei vorheriger Mahnung des Hauptschuldners nach erfolglosem Verstreichen einer angemessenen Leistungsfrist dennoch leisten. Wollte man dem dritten Absatz nur diese Bedeutung unterstellen, wären überdies andere Formulierungen viel naheliegender gewesen, wie etwa „Die Geltendmachung der Bürgenhaftung bedarf der Schriftform.“ und „Wir verpflichten uns als Bürge und Zahler“.
Ein anderes Verständnis scheint näherliegend zu sein: In diesem Satz fehlen zwar bei Garantien sonst übliche Wendungen wie „auf erstes Anfordern“, „ohne Einwendung“ oder „ohne Prüfung des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses“ oder ähnliche Wendungen (vgl RIS-Justiz RS0016992). Dies schließt aber eine Garantie nicht zwangsläufig aus (SZ 48/130; 1 Ob 525/91 ÖBA 1991/298 [zust P. Bydlinski]; 4 Ob 207/98i). Vor allem erinnert der Wortlaut des Satzes doch sehr an eine sonst bei Garantien übliche Formulierungsweise. Besonders ist darauf hinzuweisen, dass in der Bedeutung zwischen der Formulierung „wir werden auf erstes Anfordern der ... hin“ und der hier gewählten Formulierung „wir werden auf die schriftliche Erklärung der … hin“ kein Unterschied besteht, sieht man vom Formerfordernis („schriftliche Erklärung“) ab. Wie schon das Erstgericht ausgeführt hat, kann vielmehr der dritte Absatz so verstanden werden, die Beklagte erkläre, auf die (bloße) schriftliche Erklärung (eben nicht „Nachweis“, vgl Koziol, Der Garantievertrag, 13) hin, in der erklärt wird, dass die Hauptschuldnerin ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, diese Verpflichtungen „ohne Wenn und Aber“, also ohne Einwendungen (die sich nicht aus der Verpflichtungserklärung selbst ergeben) zu erfüllen (in diesem Sinn auch Koziol, Der Garantievertrag, 11 f zur Formulierung „auf erstes Anfordern“). Die Voraussetzung, dass der Begünstigte erklären muss, die Hauptleistung nicht erhalten zu haben, steht der Annahme einer Garantie nicht entgegen (4 Ob 2330/96t).
Nach diesem Verständnis stellt sich der zweite Absatz der Verpflichtungserklärung eher noch als eine erweiterte Präambel, der dritte Absatz hingegen als die eigentliche, zentrale Verpflichtungserklärung dar.
Das Wort „Verpflichtungen“ mag zunächst zwar „tatsächlich bestehende Verpflichtungen“ bedeuten, sodass man unter Umständen in der Formulierung einen nochmaligen Hinweis auf die Akzessorietät der Verpflichtung sehen könnte. Die Erklärung kann man aber auch anders verstehen, nämlich dahin, dass die Leistungsbereitschaft eben auch für den Fall, dass die Verpflichtungen gar nicht bestehen, erklärt wird, wenn bloß vom Begünstigten erklärt wird, die Hauptschuldnerin wäre ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen („diese Verpflichtungen“). So hat auch das Oberlandesgericht München der Wendung „an den Auftraggeber auf erstes Anfordern zu zahlen, sofern der Auftragnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt“ nicht die Bedeutung beigemessen, dass der Begünstigte erst den Beweis für die Nichterfüllung der Vertragspflichten führen müsste. Vielmehr sei nahegelegen, dass die Begünstigte diesen Zusatz dahingehend auffassen würde, die Nichterfüllung mit wenigen Worten lediglich beschreiben zu müssen, um der bürgenden Bank die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Fall der Nichterfüllung überhaupt möglich sein könne (OLG München 23. 7. 1997, WM 1998, 342). Dieses Verständnis kann auch auf die vorliegende Formulierung des dritten Absatzes angewendet werden (vgl auch 4 Ob 207/98i).
Die letzten vier Absätze der Verpflichtungserklärung der Beklagten werfen keine besonderen Auslegungsprobleme auf und können insgesamt für die Auslegung der Erklärung nur insoweit helfen, als sich aus dem letzten Absatz (Gerichtsstandsklausel) - wie erwähnt - eindeutig eine gewisse Redundanz und damit mangelnde Sorgfalt bei der Erstellung der Verpflichtungserklärung ergibt, sodass Redundanzen auch in anderen Teilen der Verpflichtungserklärung nicht ausgeschlossen werden können.
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Auslegung der Erklärung nach dem Wortlaut kein eindeutiges Auslegungsergebnis bringt und somit weiterhin offen ist, ob hier eine akzessorische Bürgschaftsverpflichtung, allenfalls eine in ihrer Akzessorietät abgeminderte „Bürgschaft auf erstes Anfordern“, oder eine abstrakte Garantie vereinbart wurde.
Bei der Auslegung ist aber nicht beim Wortsinn der Erklärung in seiner gewöhnlichen Bedeutung stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen (RIS-Justiz RS0017915; vgl auch RS0017783). Dazu haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen.
Die Klägerinnen haben in erster Instanz vorgebracht, sie hätten bei den Vertragsverhandlungen mit der Hauptschuldnerin eine Garantie der Beklagten als Abschlussvoraussetzung verlangt. Sie hätten unter „Parent Company Guarantee“ eine Leistungsgarantie verstanden. Sie hätten das gegenüber der Hauptschuldnerin zu verstehen gegeben. Ihnen sei niemals erklärt worden, dass nur eine Bürgschaft gegeben würde. Die Beklagte habe als Muttergesellschaft der Hauptschuldnerin die Haftungserklärung abgegeben, damit ihre Konzerntochter ihre Umsätze deutlich habe ausweiten können. Ziel sei gewesen, den Marktanteil signifikant zu erhöhen. Das eigenwirtschaftliche Interesse der Beklagten habe darin bestanden, die Umsätze der Hauptschuldnerin, deren Anteile im Mai 2002 erworben worden seien, durch fördernde Maßnahmen zu „puschen“ und damit aus der Übernahme der Anteile der Hauptschuldnerin Profit zu ziehen. Im Windpark N***** seien erstmals Anlagen eines neuen größeren Typs in einem größeren Verband aufgestellt worden. Die Klägerinnen hätten die Anlagen ohne die Garantie nicht gekauft, zumal es noch keine ausreichenden Referenzen gegeben habe.
Zum Beweis boten die Klägerinnen die Einsichtnahme in zwei bezeichnete Gerichtsakten des Erstgerichts (offenbar aus den Vorprozessen gegen die Hauptschuldnerin), sowie die Einvernahme der Geschäftsführer der Klägerinnen sowie eines Zeugen an.
Die Beklagte bestritt, dass die Klägerinnen bei den Vertragsverhandlungen mit der Hauptschuldnerin eine Garantie der Beklagten als Abschlussvoraussetzung verlangt hätten.
Das Erstgericht schenkte diesem Vorbringen der Klägerinnen und den Beweisanträgen dazu keine Beachtung, weil es schon aufgrund der Urkundenauslegung zum Ergebnis kam, es liege eine Garantie vor. Die Klägerinnen waren daher durch die Unterlassung entsprechender Beweisaufnahmen und Feststellungen nach dem erstinstanzlichen Urteil nicht beschwert. In ihrer Berufungsbeantwortung haben die Klägerinnen für den Fall, dass die Haftungserklärung doch als Bürgschaft „auf erstes Anfordern“ oder als einfache Bürgschaft aufzufassen wäre, die Unterlassung der Erörterung dieses Themenkomplexes und der Aufnahme der beantragten Beweise als Verfahrensmangel gerügt.
Nunmehr rügen die Klägerinnen im Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts als Mangel des Berufungsverfahrens, dass das Berufungsgericht trotz seiner Beurteilung der Verpflichtungserklärung der Beklagten als Bürgschaft den in der Berufungsbeantwortung hilfsweise gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht behandelt habe.
Dieser Verfahrensmangel haftet dem Berufungsverfahren tatsächlich an: Könnten die Klägerinnen ihr Vorbringen, sie hätten als Bedingung für den Abschluss der Verträge nicht bloß Bürgschaften, sondern Garantien verlangt, erweisen, so hätte dies angesichts der dann erweiterten Sachverhaltsbasis über die „Absicht der Parteien“ iSd § 914 ABGB zweifellos auf die Auslegung der Verpflichtungserklärung der Beklagten Einfluss.
Dieser Verfahrensmangel ist aber aus folgenden Erwägungen im Ergebnis nicht entscheidungsrelevant:
Als nächste Stufe der Auslegung sieht § 914 ABGB vor, der Vertrag sei so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Speziell bei Haftungserklärungen ist nach der Rechtsprechung bei der Auslegung auf die konkreten Umstände, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage, Bedacht zu nehmen. Vor allem die Interessenlage ist für die Abgrenzung der Garantie von der Bürgschaft von wesentlicher Bedeutung. Forderte die Interessenlage erkennbar die Sicherung des Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis oder sonst eine Verstärkung seiner Stellung im Vergleich zu bloßer Bürgenhaftung, spricht das auch ohne Verwendung des Ausdrucks Garantie - ja selbst bei Verwendung des Begriffs Bürgschaft - für eine Garantie. Dagegen kann aus der auch bei einer Garantie üblichen Bezugnahme auf das Valutaverhältnis nicht allein auf eine akzessorische Haftung geschlossen werden, weil dadurch in erster Linie bloß umschrieben werden soll, welche Leistung eines bestimmten Dritten dem Begünstigten garantiert werden soll (RIS-Justiz RS0045922; 4 Ob 2330/96t).
Schon das Berufungsgericht hat sich mit der Interessenlage der Parteien auseinandergesetzt. Im vorliegenden Fall ist jedoch aus der „Übung des redlichen Verkehrs“ oder aus der „Interessenlage der Parteien“ nichts zu gewinnen, weil dazu nicht nur Feststellungen fehlen, sondern es auch - im Gegensatz zu Bankgarantien - keine gerichtsbekannten Gepflogenheiten gibt. Die „Interessenlage der Parteien“ hilft hier auch deshalb nicht weiter, weil naturgemäß die Klägerinnen an einer möglichst weitgehenden, also nicht akzessorischen Verpflichtung der Beklagten, die Beklagte hingegen an einer möglichst wenig umfänglichen Verpflichtung interessiert ist.
Zeitigt die Auslegung eines Vertrags nach § 914 ABGB kein eindeutiges Ergebnis, so ist subsidiär § 915 ABGB heranzuziehen (RIS-Justiz RS0017752; RS0017957; RS0017951; RS0109295), was grundsätzlich (zumindest für § 915 erster Fall ABGB) auch für Bürgschaft und Bankgarantie anerkannt ist (RIS-Justiz RS0017973 [T1]; RS0017945 [T2]; vgl RS0017957 [T1]; vgl Koziol, Der Garantievertrag, 9 f).
Bei der Bürgschaft ist allerdings das Verhältnis von § 915 ABGB zu § 1353 erster Satz ABGB, wonach die Bürgschaft nicht weiter ausgedehnt werden kann, als sich der Bürge ausdrücklich erklärt hat, nicht ganz klar (vgl Th. Rabl in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 0.03 § 1353 Rz 4: „ungeklärt“). „Ausdrücklich“ iSd § 1353 ABGB bedeutet nach der Rechtsprechung nicht mehr als „deutlich erkennbar“ (RIS-Justiz RS0032159) bzw „hinreichend deutlich“ (RIS-Justiz RS0032050 [T4]; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³ § 1353 Rz 1 mwN).
Zählt man die Bürgschaft zu den einseitig verbindlichen Geschäften, gibt es kein maßgebliches Auslegungsproblem, weil § 915 erster Fall ABGB („eher die geringere Last“) und § 1353 erster Satz ABGB zum selben Ergebnis führen.
Wie schon das Erstgericht erkannt hat, ist hier aber die Verpflichtungserklärung der Beklagten als zweiseitig verbindliches Geschäft iSd § 915 ABGB anzusehen, weil die Übernahme der „Parent Company Guarantee“ Bestandteil der jeweiligen Lieferverträge mit der Hauptschuldnerin war und somit jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin in einem Entgeltsverhältnis steht (7 Ob 260/99g; in diesem Sinn auch Koziol aaO 10; F. Bydlinski, ÖBA 1999, 824 [826 f; Anm zu 1 Ob 326/98t]; P. Bydlinski, ÖBA 2001, 478 [479; Anm zu 1 Ob 163/00b]; derselbe in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³, § 1346 Rz 4 mwN; Binder in Schwimann 3 § 915 Rz 13 mwN; Rummel, ÖBA 2000, 210 [216 f]).
Bei zweiseitig verbindlichen Bürgschaften (und sonstigen Sicherungsgeschäften wie Garantien) hält die Rechtsprechung und überwiegende Lehre die Unklarheitenregelung gemäß § 915 zweiter Halbsatz ABGB für anwendbar (8 Ob 610/87; 4 Ob 207/98i; 7 Ob 260/99g [„im Zweifelsfall contra proferentem“]; Koziol aaO 10; Binder aaO § 915 Rz 13, 40; Gamerith in Rummel 3 § 1353 Rz 1; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³, § 1346 Rz 4, der dort [nur] § 915 Fall 1 ABGB als durch § 1353 erster Satz ABGB verdrängt bezeichnet; dagegen derselbe Koziol/Bydlinski/Bollenberger³, § 1353 Rz 1, wo er § 1353 erster Satz ABGB als spezielle Auslegungsregel, die § 915 ABGB [ohne Differenzierung zwischen erstem und zweitem Halbsatz] vorgehe, bezeichnet; vgl auch F. Bydlinski, ÖBA 1999, 824 [826 f; Anm zu 1 Ob 326/98t]; P. Bydlinski, ÖBA 2001, 478 [479; Anm zu 1 Ob 163/00b]; Rummel in Rummel 3 § 880a Rz 8; aA M. Gruber, ÖBA 2002, 885 [889]; Mader/W. Faber in Schwimann 3 § 1353 Rz 4, die § 915 zweiter Halbsatz ABGB nur auf die Gläubigererklärung, wegen § 1353 Satz 1 ABGB nicht aber auch auf die Bürgenerklärung anwenden wollen).
Sofern die Haftungserklärung vom daraus Begünstigten formuliert wurde (was bei Bankgarantien und Bankbürgschaften meist der Fall ist), kommt auch bei einer zweiseitig verbindlichen Haftungserklärung der Frage, ob § 915 zweiter Fall ABGB oder § 1353 erster Satz ABGB anzuwenden ist, keine entscheidende Bedeutung zu, weil beide Regelungen Unklarheiten zugunsten des Bürgen bzw Garanten ausschlagen lassen.
Nach § 915 zweiter Halbsatz ABGB wird bei zweiseitig verbindlichen Verträgen eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen erklärt, der sich derselben bedient hat. Dabei ist unter diesem derjenige zu verstehen, der die Erklärung formuliert, ausgearbeitet oder sonst in das vertragliche Geschehen eingeführt hat (Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³§ 915 Rz 3, jeweils mwN). Nach dem Vorbringen der Beklagten selbst hat der deutsche Rechtsanwalt der Hauptschuldnerin die Verpflichtungserklärung ausgearbeitet. Dass dieser Anwalt nicht auch der Anwalt der Beklagten war, hindert entgegen der unzutreffenden Rechtsansicht der Beklagten die Anwendung der Unklarheitenregelung zu ihren Lasten nicht, hat diese doch die vom deutschen Anwalt der Hauptschuldnerin formulierte Erklärung übernommen, somit gebilligt und in die Vertragsverhandlungen mit den Klägerinnen eingeführt.
Bei Anwendung von § 915 zweiter Fall ABGB geht somit jede Unklarheit zulasten der Beklagten, bei Anwendung von § 1353 Satz 1 ABGB hingegen zu ihren Gunsten.
Bei der Frage, welche dieser gegensätzlichen Normen hier anzuwenden ist, ist Folgendes zu berücksichtigen: Es ist Unternehmern im Wirtschaftsleben zu unterstellen, Geschäfte wie das vorliegende in der Absicht abzuschließen, daraus einen Vorteil etwa in Form eines Gewinns, der Ausweitung des eigenen Aktionsradius' oder der Steigerung des Werts des eigenen Unternehmens zu erzielen. Wie schon das Erstgericht erkannt hat, hatte hier die Beklagte als Muttergesellschaft der Hauptschuldnerin ein nicht zu leugnendes eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen der Verträge (in diesem Sinn bei Muttergesellschaften als Sicherheitenbesteller eher Garantie annehmend Koziol, Der Garantievertrag, 14 f; zur Bedeutung des (eigen-)wirtschaftlichen Interesses für die Auslegung von Haftungserklärungen vgl RIS-Justiz RS0032011; Th. Rabl, Bürgschaft, 23-28). Ein durch das Zustandekommen der Verträge erzielter Vorteil kommt letztlich auch der Beklagten zugute, etwa in Form ausgeschütteter Gewinne oder der Wertsteigerung ihrer Beteiligung an der Hauptschuldnerin.
Aufgrund dieses ausgeprägten eigenwirtschaftlichen Interesses der Beklagten ist der erkennende Senat der Ansicht, dass hier bei Auslegung der Haftungserklärung nicht § 1353 Satz 1 ABGB, der nach der Lehre dispositiv ist (Wilhelm, ecolex 1996, 225 [226]; Th. Rabl in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 0.03 § 1353 Rz 7), sondern § 915 zweiter Halbsatz ABGB anzuwenden ist (in diesem Sinn auch Koziol, Der Garantievertrag, 10; Binder in Schwimann 3 § 915 Rz 13, 40 jeweils mwN). § 1353 Satz 1 ABGB ist somit nur auf unentgeltliche und allenfalls auf entgeltliche Sicherungsgeschäfte ohne ein ausgeprägtes eigenwirtschaftliches Interesse des Sicherungsgebers anzuwenden.
Angesichts der oben ausführlich dargestellten verschiedenen Deutungsmöglichkeiten der in Rede stehenden Verpflichtungserklärung ist somit die für die Klägerinnen günstigste, für die Beklagte ungünstigste Auslegungsvariante zu wählen. Unter Berücksichtigung der bereits vorgetragenen Argumente kommt der Senat somit zum Ergebnis, dass bei der für die Beklagte ungünstigsten Auslegung die Verpflichtungserklärung zumindest die Anforderungen an eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erfüllt.
Darunter wird verstanden, dass dem Bürgen wie dem Garanten verwehrt ist, gegen seine Inanspruchnahme Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis zu erheben. Die Akzessorietät ist jedoch insofern nicht aufgehoben, als der Bürge bei fehlendem Grundverhältnis wieder zurückfordern kann („zuerst zahlen, dann prozessieren“: Mader/W. Faber in Schwimann 3 § 1346 Rz 73; Gamerith in Rummel 3 § 1346 Rz 3a). Dieses im Gesetz nicht geregelte Institut ist von Rechtsprechung und Lehre anerkannt (1 Ob 208/99s; 7 Ob 559/95; Mader/W. Faber aaO; Gamerith aaO; vgl auch P. Bydlinski, AcP 1990, 165 [168-173]).
Ob darüber hinaus (unter Umständen in Zusammenhang mit den hier nicht festgestellten, aber von den Klägerinnen behaupteten „Absichten der Parteien“ iSd § 914 ABGB) eine Garantiehaftung vorliegt, ist nicht entscheidungsrelevant.
Was den Leistungsinhalt betrifft (Verpflichtung zur Erfüllung in natura und bloße Haftung in Geld), wird auf die Ausführungen bei der Zurückweisung der Revision der Beklagten verwiesen.
Der Bürge haftet mangels ausdrücklicher Übernahme nicht für die Verzugsfolgen des Schuldners (RIS-Justiz RS0032184). Da hier aber die Beklagte im zweiten Absatz ausdrücklich „Ansprüche auf Schadensersatz“ (Verzugsfolgen begründen solche Ansprüche) erwähnt und sich im dritten Absatz der Haftungserklärung sinngemäß für den jeweiligen Bestand der Hauptverbindlichkeit verpflichtet hat („dass die [Hauptschuldnerin] ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen ist“), haftet die Beklagte auch für die Prozesskosten der Vorprozesse, da auch diese eine „Verpflichtung“ der Hauptschuldnerin sind (7 Ob 559/95 = RIS-Justiz RS0048314; vgl Gamerith in Rummel 3 § 1353 Rz 5; Mader/W. Faber in Schwimann 3 § 1353 Rz 5; Th. Rabl in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 0.03 § 1353 Rz 3, jeweils mwN).
Da für die Verbesserung die Frist von 14 Tagen zu kurz erscheint, war im Sinn des diesbezüglichen Eventualantrags der Klägerinnen die Leistungsfrist für die Verbesserung mit drei Monaten festzusetzen (§ 409 Abs 2 ZPO).
Die Kostenentscheidung für alle drei Instanzen gründet sich auf die §§ 50, 41 und 46 ZPO. Da die Klägerinnen nicht solidarisch berechtigt sind, steht ihnen nach dem Grundgedanken des § 46 ZPO der Kostenanspruch nur anteilig zu (vgl 2 Ob 84/90). Im erstinstanzlichen Verfahren war die Erstklägerin im ersten Verfahrensabschnitt mit rund 60 %, im zweiten und dritten Verfahrensabschnitt mit rund 56 %, im vierten Verfahrensabschnitt mit rund 57 % beteiligt. Die Barauslagen wurden der Erstklägerin zu 57 % zuerkannt. Im Verfahren zweiter Instanz war die Erstklägerin im Verfahren über die Berufung der Klägerinnen mit rund 41 %, im Verfahren über die Berufung der Beklagten mit rund 56 % beteiligt. Im Revisionsverfahren war die Erstklägerin im Verfahren über die Revision und den Rekurs der Klägerinnen mit rund 57 % im Verfahren über die Revision der Beklagten zur Hälfte beteiligt.
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