AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:L518.2006411.1.00
Spruch:
L518 2006412-1/4E
L518 2006414-1/2E
L518 2006413-1/3E
L518 2006411-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RA Dr. Paya, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2014, Zl. 821701604-1586569-BFA RD Burgenland, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RA Dr. Paya, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2014, Zl. 821701702-1586555-BFA RD Burgenland, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RA Dr. Paya, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2014, Zl. 821701800-1586542-BFA RD Burgenland, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, vertreten durch RA Dr. Paya, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.03.2014, Zl. 821701909-1586534-BFA RD Burgenland, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP 1" bis "bP 4" bezeichnet), sind Staatsangehörige Armeniens und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 20.11.2012 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.
Die volljährigen bP 1-2 sind die Eltern von bP 3-4.
Die bP 1 stellte bereist am 10.05.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.12.2007 hinsichtlich § 3 Asylgesetz abgewiesen wurde. Gemäß § 8 AsylG wurde der bP 1 subsidiärer Schutz zuerkannt.
Im Rahmen des ersten Asylverfahrens der bP 1 führte diese aus, dass im Rahmen des Militärdienstes im Jahr 2007 in Armenien im Zuge eines Streites ein Militärangehöriger getötet worden sei. Im Anschluss sei versucht worden, der bP 1 die Verantwortung für diesen Vorfall zu unterstellen, wobei diese jedoch nur zufällig bei dem Vorfall anwesend gewesen sei.
Am 22.01.2008 reiste die bP 1 freiwillig in den Herkunftsstaat zurück, weshalb ihr in weiterer Folge der subsidiärer Schutz aberkannt wurde.
Im Zuge der gegenständlichen Antragstellung auf internationalen Schutz gab die bP 1 grundsätzlich an, dass die Gründe nach wie vor dieselben seien wie bei der ersten Antragstellung. Die bP 1 habe nach dem Vorfall beim Militär Armenien verlassen. Sie habe die Familie nach Österreich holen wollen und sei deshalb 2008 von Österreich ausgereist und nach Armenien zurückgekehrt. Die bP 2 sei mit ihrer Tochter im Jahr 2007 nach Russland in das Haus einer Freundin gezogen. Dort habe dann auch die bP 1 nach ihrer Rückkehr gelebt, wobei sie nur kurz zur "Durchreise" in Armenien aufhältig gewesen sei. In Russland hätten die bP 1 und 2 gearbeitet und keine Probleme gehabt. Die bP wären dann 2012 von Russland nach Österreich gereist. Die bP 2 habe sich davor zuletzt im Rahmen eines Besuches bei ihrer Mutter im Jahr 2012 für ca. 12 Tage in Armenien aufgehalten. In dieser Zeit sei sie in der Wohnung ihrer Mutter überfallen und nach dem Aufenthalt der bP 1 befragt worden.
Hinsichtlich der minderjährigen bP wurden von der gesetzlichen Vertretung keine eigenen Gründe vorgebracht.
Die bP legten vor:
Armenische Geburtsurkunden der bP 1, 2 und 3
Schulzeugnisse der bP 1 und 2
Wehrdienstbuch der bP 1
Heiratsurkunde
Krankenhausbestätigung der bP 2, Diagnose Astheno-vegetatives Syndrom vom 27.08.2012
Befund betreffend die bP 1 vom 19.04.2013, Diagnose Chron. Refluxerkrankung und Gastritis, Medikamente für 14 Wochen
Führerschein der bP 1, ausgestellt XXXX2005
Die belangte Behörde ließ in weiterer Folge im Heimatland der bP ermitteln. Die entsprechende Anfragebeantwortung vom 26.08.2013 wurde den bP zur Stellungnahme übermittelt. Über die rechtsfreundliche Vertretung der bP wurde am 18.09.2013 eine Stellungnahme zum Erhebungsergebnis eingebracht.
I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP1 in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus:
"Vorerst war nämlich Ihr Vorbringen in Hinblick auf vorgebrachte antragsrelevante Gründe zu beleuchten. Sie wären in Ihr Herkunftsland freiwillig per Flug zurückgekehrt aber gleich wieder nach Russland zu Ihrer Gattin ausgereist, zumal Sie die im ersten Verfahren geäußerten Befürchtungen und Ausreisegründe weiterhin als aktuell ansehen würden, da auch Ihre Gattin im Jahr 2012 in Erewan bedroht worden wäre und sie nun auch befürchten würden wegen Geheimnisverrates - sie hätten ja im Asylverfahren die Namen von Vorgesetzten preisgegeben - belangt werden zu können.
Es ergibt sich daher aus all Ihren Darstellungen, dass Sie weder direkt noch indirekt angeführt haben, auf welchen Konventionsgrund Sie sich beziehen. Deshalb ist der von Ihnen angegebene Grund, unabhängig von dessen Wahrheitsgehalt, für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nach den Bestimmungen der UNO-Flüchtlingskonvention von 1951 kein solcher, der Österreich unter die Verpflichtungen gemäß dieser Konvention stellt. Ihr Antrag basiert nicht auf einer Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Mitgliedschaft bei einer besonderen sozialen Gruppe oder politischen Meinung.
Die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht muss nicht nur behauptet, sondern auch glaubhaft gemacht werden. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt (auch im Licht der Umstände im Herkunftsstaat) wahrscheinlich verwirklicht worden ist somit aber zugleich auch die persönliche Glaubwürdigkeit und die Konsistenz des Vorbringens gegeben ist. Hierzu ist auszuführen, dass die Glaubhaftigkeit des gesamten Vorbringens, begründet unter den weiteren Ausführungen, nicht vorliegt.
Was Ihre Identität betrifft, so ist diese nur durch unzureichende Dokumente nachgewiesen. Sie legten zwar Kopien von Geburtsurkunden und einem Arbeitsbuch vor, allerdings ist daran nicht zu erkennen, dass diese Dokumente Sie als physische Person betreffen. Dazu kommt, dass diese Geburtsurkunde am 29.10.1981 (also zur Zeit der Sowjetunion) ausgestellt wurde und einen Stempel der armenischen Sowjetrepublik aufweist, die Druckvorlage in Russisch gehalten ist aber die Eintragungen in armenischer Schrift erfolgt sind, was angesichts der damaligen russischen Verwaltungssprache völlig unmöglich erscheint (im Gegensatz etwa zur Geburtsurkunde der behaupteten Gattin, welche Eintragungen auf Russisch enthält). Das Bundesamt kommt somit zum Schluss, dass Ihre in Kopie vorgelegte Geburtsurkunde jedenfalls eine klare Fälschung darstellt. Vor diesem Hintergrund ist auch der vorgelegte Führerschein anzuzweifeln. Was diesen im Erstverfahren vorgelegten Führerschein betrifft, so ist nämlich darauf hinzuweisen, dass daraus nicht die Staatsangehörigkeit ersichtlich ist und ein solches Dokument bloß darauf hindeuten kann, dass sie einmal in Armenien waren und dort einen Führerschein beantragt haben, was auch jedem GUS-Staatsbürger zusteht. Zudem ist durchaus amtsbekannt ist, dass derartige Dokumente im Herkunftsstaat auch als unrichtiges Dokument leicht erlangt werden kann und erklärten Sie selbst, etwa einen gefälschten Pass bei der Ausreise benützt zu haben. Vor dem Hintergrund als Sie auch angaben, dass Sie in Russland längere Zeit unter falschem bzw. anderem Namen gelebt hätten, aber soziale Leistungen wie etwa zur Geburt des behaupteten Sohnes XXXX in Anspruch nehmen hätten können, kann Ihre Identität daher mangels eindeutig verifizierbarer Ausweise nicht als ausreichend gesichert angesehen werden. Selbiges gilt für Ihre Staatsangehörigkeit, da auch nicht verifiziert werden konnte, dass Sie mittels eines armenischen Heimreisezertifikates nach Hause gereist sind. Trotz Drängens der Behörde legten Sie auch keine anderen Originalausweise oder Bescheinigungsmittel zu Ihrer Tätigkeit beim armenischen Militär (Militärbuch) vor. Angesichts der Recherche zu den persönlichen Daten ist daher darauf hinzuweisen, dass eine Person mit dem von Ihnen benützen Namen möglicherweise existent und registriert gewesen ist und angesichts der Differenzen der behaupteten Registration und Unterkunft zu Ihren Angaben sehr zweifelhaft, dass Sie das sein können, aber nicht ausgeschlossen.
Die biographischen Angaben sind nämlich ein ganz wesentlicher Teil des Vorbringens im Asylverfahren. Im gegenständlichen Fall sind die richtige und gesicherte Identität und die darin inbegriffenen richtigen familiären, ethnischen und religiösen wie weiteren persönlichen Umstände wie etwa Angaben zur Bildung insofern zwingend mit der Richtigkeit der Ausreisegründe resp. allfälliger Rückkehrbefürchtungen gekoppelt, als eine andere Identität bzw. andere persönliche Umstände Ihre Lebensverhältnisse in einem ganz anderen Aspekt und unter ganz anderen Voraussetzungen widerspiegeln. Dies gilt insofern auch, als ein etwaiger Nachweis der Verfolgung unter falscher Identität nie gelingen kann.
Aber auch die Glaubhaftigkeit des gesamten Vorbringens an sich liegt jedoch, begründet unter den weiteren Ausführungen, nicht vor. Was auch die Konsistenz der vorgebrachten Sachverhalte betrifft, so ergibt aufgrund der im Verfahren hervorgekommenen Würdigung ihrer weiteren Aussagen in Bezug zu den vorliegenden Beweismitteln, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat keinerlei für diesen Antrag relevante Gefahren befürchten müssen und auch subjektiv keinen nachvollziehbaren Grund dazu haben, solche zu befürchten. Zwar spricht für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens, das Indiz dass ein Geheimnisverrat von den armenischen Behörden sanktioniert wird und sie den Tod eines Kameraden innig geschildert haben. Allerdings die weiteren Beweismittel, worunter vorwiegend Ihre Aussagen, auf die besonderes Gewicht gelegt wurde, inbegriffen sind, sind zufolge der nachfolgenden Würdigung in den essentiellen Teilen sowohl widersprüchlich, nicht nachvollziehbar, unsubstantiiert als auch unplausibel:
So ist vorerst darauf hinzuweisen, dass Sie trotz der angeblich weiterhin vorliegenden Bedrohungen schon 2008 sogar nach Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten freiwillig in den angeblichen Herkunftsstaat zurückgereist wären. Ein solches Verhalten widerspricht einer von Ihnen dargelegten Bedrohungslage. Vor der Wahrheitsannahme Ihrer Behauptungen, dass Sie dorthin mittels eines von der armenischen Botschaft ausgestellten Heimreisezertifikates per Flug eingereist wären, müsste dieser Sachverhalt den heimatlichen Behörden jedenfalls bekannt geworden sein und ist völlig auszuschließen, dass Sie einer staatlichen oder dahingehend durch etwaige Militärangehörige instrumentalisierten staatlichen Verfolgung unterliegen. Wenn Sie vorbringen, dass Sie nur bei der Ankunft in Erewan quasi durchgeschleust worden wären, so wäre es dann einerseits völlig unplausibel, dass Sie dann überhaupt dorthin gereist sind, denn mit einem Heimreiszertifikat können Sie im Übrigen in alle GUS-Staaten reisen. Anderseits widersprechen sich Ihre Ausführungen, indem sie zuerst behaupteten, keinen Kontakt nach Hause gehabt zu haben, dann aber, dass Ihnen Ihr Vater bei dieser Schleusung behilflich gewesen wäre und sie diesen kontaktieren hätten können, wobei anzumerken ist, dass die IOM-Bestätigung, die zum Erstverfahren vorgelegt wurde aus rechtlichen Gründen grundsätzlich nur ausgestellt werden darf, wenn sich ein Rückkehrer bei diesen Stellen im Herkunftsstaat meldet. Sie erklärten auch definitiv in mehreren Verfahrensstadien, dass es keinen Haftbefehl gegen Sie gäbe und die Recherche vor Ort bestätigte diesen Umstand auch. Sie können daher auch heute ungehindert in Ihren behaupten Herkunftsstaat zurückkehren und brauchen jedenfalls keine staatlichen Maßnahmen fürchten und kann somit auch kein Verfahren gegen Sie, etwa wegen Desertion, vorliegen.
Was Ihr Vorbringen, nun wegen "Geheimnisverrates" belangt zu werden, da Sie im Rahmen Ihres Asylverfahrens Namen von Vorgesetzten bekannt gegeben hätten, betrifft, ist anzumerken, dass dies eine völlig spekulative Annahme ist und die armenischen Behörden einerseits niemals darüber Bescheid wissen können, anderseits niemals darüber eine Auskunft erhalten. Dieses Vorbringen wurde von Ihnen offenbar in Ermangelung eines relevanten Fluchtgrundes bloß zur unwahren Steigerung vorgebracht.
Dazu kommt, dass das Bundesamt davon ausgehen muss, dass Sie niemals in der von Ihnen genannten Form und über den Grundwehrdienst hinausgehend beim Militär tätig gewesen waren. Wie zuvor angeführt, ist es für das Bundesamt nicht ausgeschlossen, dass Sie irgendwann - möglicherweise auch während des Militärgrundwehrdienstes - erleben mussten, dass eine solch Ihnen vertraute Person möglicherweise unter tragischen Umständen ums Leben gekommen sein kann. Ein solcher Vorfall kann aber keinesfalls in Zusammenhang mit Ihren Ausreisegründen stehen und wurde von Ihnen offenbar aus nachfolgenden Gründen als Anlass genommen, darauf ein Konstrukt aufzubauen:
Erstens ergab etwa die Recherche, dass es zu diesem von Ihnen im Jahr 2007 angesiedelten Vorfall keinerlei Presseberichte oder andere Veröffentlichungen gegeben hat, was für sich genommen sehr unwahrscheinlich erscheint.
Zweitens gaben Sie im Zuge Ihres Erstverfahrens stets an, dass sich dieser Vorfall zum Tod des Soldaten unmissverständlich in einem Zimmer im Gebäude der Militärbasis ereignet hätte. Zuletzt erklärten Sie im Widerspruch dazu, dass der Vorfallort ein Schützengraben gewesen wäre und versuchten dann dies - offenbar in der Selbsterkenntnis des Widerspruches - völlig plump rechtzufertigen, dass es sich um einen überdachten Schützengraben gehandelt hätte.
Drittens waren Sie, obwohl Sie jedenfalls damals aufgrund Ihrer Tätigkeit alleine zeitlich eng orientiert gewesen sein mussten, nicht einmal imstande, den Vorfallstag zu bezeichnen: So verwiesen Sie im Erstverfahren darauf, dass dies einen Tag vor Ihrer Ausreise aus Armenien stattgefunden hätte, zuletzt gaben Sie aber an, entweder im März oder April 2008. Es ist hier nicht nachvollziehbar, dass ein solcherart von Ihnen behauptetes einschneidendes Ereignis auch nach Jahren nicht näher zeitlich eingeordnet werden kann, vor allem wenn dies wie vorgegeben wurde Ihr ganzes Leben verändert hätte.
Viertens erklärten Sie im Erstverfahren stets noch am selben Tag des Vorfalles verhört worden zu sein und Sie genötigt worden wären, die Schuld auf sich zu nehmen. Im Zuge einer Überstellung nach Erewan aber hätte man Sie noch am selben Tag flüchten lassen, woraufhin Sie am nächsten Tag das Land verlassen hätten. Im völligen Widerspruch behaupteten Sie im Zuge Ihrer letzten Einvernahme mehrmals, dass Sie an diesem Vorfalltag nach Erewan überstellt worden wären und dann in einen anderen Stützpunkt gebracht worden wären, wo Sie sich jedenfalls "einige Tage" noch aufgehalten hätten.
Fünftens wollen Sie für sich reklamieren, dass Sie bei "speziellen militärischen Kräften" tätig gewesen wären. In Widerspruch dazu aber waren Sie nicht imstande, diese konkret zu benennen bzw. den Sitz dieser Einheit darzulegen. Dazu kommt, dass die Recherche ergeben hat, dass auch an der vage von Ihnen genannten Straße ("Monument-Straße") keine Militärbehörde existiert, zumal es diese Straße gar nicht gibt.
Sechstens kommt dazu, dass Sie behaupteten, dass Sie die Aufgabe gehabt hätten, am Tag in das aserbaidschanische Hoheitsgebiet einzudringen um sich dann wieder zurückzuziehen, was aber für sich absolut keinen Sinn darstellt, da damit nichts zu gewinnen war. Vor dem Hintergrund als Sie erklärten, dass Sie im Rang eines Unteroffiziers gestanden hätten und genau diese Aufgabe aber von einfachen Soldaten in der Nacht (also zu viel schwierigeren Bedingungen) übernommen worden wäre, bestätigt sich diese Ansicht des Bundesamtes und geht daraus klar hervor, dass Sie offensichtlich zu Zeiten Ihres Wehrdienstes vielleicht mit der Grenzsicherung betraut gewesen sein mögen, darüber hinaus aber keinesfalls beim Militär eine Aufgabe hatten oder tätig waren..
Siebtens ist hier auch anzumerken, dass ein Praworschnik der armenischen Armee an der Distinktion tatsächlich zwei Sterne aufweist, diese sind aber im Gegensatz zu Ihren Behauptungen in goldener Farbe ausgeführt und senkrecht übereinander und nicht nebeneinander stehen. Dies muss jedenfalls eine Person, die diese Uniform jahrelang und jeden Tag angehabt hat, wissen.
Zudem ist weder die vorgelegte Bestätigung wegen eines Kredites geeignet, Ihren Dienst beim Militär im Jahr 2007 nachzuweisen, da diese aus dem Jahr 2003 datiert ist noch stellt das Arbeitsbuch einen Beweis dazu dar, zumal aus diesem ebenso bloß Eintragungen aus dem Jahr 2002 und 2003 hervorgehen. Wären Sie nämlich wirklich beruflich beim Militär als Unteroffizier tätig gewesen ist jedenfalls davon auszugehen, dass sie solche Eintragungen etwa in einem Militärbuch oder durch Fotos nachweisen können, was nicht der Fall ist.
Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass auch zum behaupteten Vorfall gegen Ihre Frau massive Widersprüchlichkeiten hervorgekommen sind: So ergab etwa die Recherche, dass weder Sie, noch Ihre behauptete Gattin noch deren Mutter je an der behaupteten Vorfalladresse aufhältig waren und dort völlig unbekannt sind und in Wirklichkeit ganz wo anders registriert gewesen sind. Ihr Gattin behauptete nach dem Vorfall in das Krankenhaus "XXXX", sogar in die Intensivstation gebracht worden zu sein, vorgelegt hat sie aber eine Bestätigung des medizinischen Zentrums "XXXX" - zudem merkwürdigerweise auf deren Mädchenname - welches zwar im selben Bezirk aber nicht - wie sie erklärte - das große Krankenhaus vor Ort ist. Allein schon hier ist ersichtlich, dass der dahingehend ins Treffen geführte Vorfall aus 2012 bloß dazu dient, Ihr Vorbringen unwahr zu steigern und zu aktualisieren und sie eine Krankenbehandlung Ihrer behaupteten Gattin - aus welchem anderen Grund diese auch sonst erfolgen hätte können - dazu verwendeten. Letztlich wollte Ihre Gattin zwar wissen, an welchem Datum dieser Vorfall stattgefunden hätte, war aber nicht vermögens, den Wochentag zu nennen, obwohl sei dahingehend orientiert gewesen sein musste.
Es ist auch darauf zu verweisen, dass auch die Angaben ihrer Gattin zu den Ausreisebehauptungen aus dem Jahr 2007 wie auch zu Ihrer behaupteten dienstlichen Tätigkeit vor Ahnungslosigkeit strotzte und es ist völlig ausgeschlossen, dass eine Ehefrau keine verbindlichen Angaben dazu erstatten kann.
Wenn Sie in der Stellungnahme vom 17.09.2013 monieren, dass die Recherche unschlüssig und fehlerhaft wie dilettantisch sei, so waren gerade Sie nicht imstande, dies über die bloße Behauptung hinausgehend zu manifestieren. Sie legten auch trotz behaupteten Kontakten und ausreichend Zeit dafür keine weiteren objektivierbaren Beweise vor um das Ergebnis der Recherche objektivierbar zu entkräften.
Es ist hier schon zu bemerken, dass die Recherche nicht alleine und für sich genommen für den Befund der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens maßgeblich war. Vielmehr basiert dieser Schluss des Bundesamtes auf die massiven Unstimmigkeiten Ihrer Aussagen, wie zuvor angeführt, welche durch die Recherche bloß bestätigt wurden und dadurch die offensichtliche Tatsachenwidrigkeit zum Vorschein kommt.
Der Recherchebericht selbst ist schlüssig nachvollziehbar, plausibel und widerspruchsfrei und geht auf sämtliche gefragte Aspekte klar ein. Für das Bundesamt ergaben sich daher weder Bedenken hinsichtlich des darin festgestellten Sachverhaltes noch zum damit Betrauten oder dritten Auskunftspersonen bzw. zu den solcherart beigebrachten Beweismittel, es konnten konkrete Fakten vorgefunden werden, die das Vorbringen entkräften, daher wird der ermittelte Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt.
Letztlich ist im gegenständlichen Fall durchaus besonders relevant, darauf hinzuweisen, dass Sie ad personam aus den nachfolgend angeführten Umständen völlig unglaubwürdig sind; denn bei der ganzheitlichen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben spielt auch die persönliche Glaubwürdigkeit eine wesentliche Rolle.
Generell sei hier angemerkt, dass Sie vor der Asylantragstellung bereits in mehreren andere Ländern wie auch - laut eigener Behauptung in Russland sicher gewesen waren und keinen weiteren Aufenthalt gesucht haben und ist nicht ersichtlich dass Sie als GUS-Bürger nicht schon dort von Ihrem uneingeschränkten Aufenthaltsrecht Gebrauch gemacht haben, vor allem als Sie die dortige Landessprache sprechen und Ihnen eine Integration alleine schon deshalb leichter fällt. Nachvollziehbare Gründe zu einer Weiterreise konnten nicht konstatiert werden und Ihren dahingehenden Bedenken konnte nicht Rechnung getragen werden.
Ihre persönliche Glaubwürdigkeit litt nämlich vor allem unter dem Umstand, dass Sie im Zuge der Einvernahme auch angaben, Ihre persönlichen Dokumente dem Schlepper gegeben zu haben und ist diese Behauptung nur darin motiviert, damit man Sie nicht abschieben kann. Eine solche Handlungsweise spricht dafür, dass Sie bloß bestrebt sind, sich gezielt in Österreich unter Umgehung der Aufenthaltsbestimmungen niederzulassen und das Ermittlungsverfahren zu erschweren.
Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung des BAA. Diese ist zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen. Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.
Sie waren definitiv nicht imstande, das Zutreffen des Vorbringens glaubhaft darzustellen da dieses in seiner Gesamtheit als unglaubhaft befunden wurde. Somit ist eine dahingehende Wahrscheinlichkeitsprüfung der geäußerten Konstellationen anhand der Länderfeststellungen völlig obsolet, und kann -ungeachtet der Situation im Herkunftsstaat und selbst auch wenn bei Wahrheitsunterstellung solche Befürchtungen theoretisch möglich sein könnten - sohin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erkannt werden, dass Sie konkret Gefahr laufen, Opfer einer solchen Situation zu sein und deswegen intensive Befürchtungen hegen müssten. Aber auch aus den noch unabhängig von Vorbringen sonst verbleibenden Sachverhalten ergibt sich, dass in Hinblick auf die dahingehenden Feststellungen zum Herkunftsstaat allfällige Schwierigkeiten im Falle einer Rückkehr gegeben sein könnten.
Nicht in Abrede steht, dass die wirtschaftliche und soziale Situation in Armenien benachteiligt ist, auch wenn das Ausmaß keine derartigen Formen hat, dass der Durchschnittsmensch insbesondere wenn dieser gesund und arbeitsfähig wie Sie ist, keine seinen Lebensbedingungen entsprechende Arbeit finden könnte. Infolge der Lage im Herkunftsstaat und Ihren widersprüchlichen Angaben dazu ist allerdings klar erkennbar, dass Sie auch in keiner Weise von allfälligen intensiven, und existenzgefährdenden Problemen betroffen sein können. Sie sind gesund und arbeitsfähig und vermögen sich jedenfalls unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Umstände Ihre Existenz im Falle der Rückkehr sichern.
Aus den Ländererkenntnissen und den Feststellungen zu Ihren persönlichen Umständen ergibt sich bei Berücksichtigung des verbleibenden Sachverhaltes zudem, dass im Herkunftsstaat keine solchen Verhältnisse herrschen die dazu führen, dass Sie wenn Sie sich dort aufhalten, einem realem Risiko unterworfen wären, einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Gefahr ausgesetzt zu sein. Wenn Sie angeben, an Gastritis erkrankt zu sein und Kopfschmerzen aus psychischer Ursache zu haben so stellt dies für sich genommen keine ernstliche und erhebliche Erkrankung dar. Es ist auch hier auf die Länderfeststellungen zu verweisen, wonach nunmehr derartige gesundheitliche Symptome durchaus im Herkunftsstaat behandelbar sind, beispielsweise in de psychiatrischen Klinik Erwan, Nubarasheni oder im Stresszentrum in der Artashishian oder in einer der zahlreichen anderen Kliniken.
Ihnen wurde Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu den Länderfeststellungen und Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens durch Akteneinsicht gegeben, was Sie abgelehnt haben.
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesamtes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich weder eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund noch ein sonstiges Abschiebungshindernis aufgrund der Ausführungen dieses Bescheides gegeben: Sie waren nämlich weder persönlich glaubwürdig, noch konnten Sie aus den weiteren und wesentlichen Teilen des Vorbringens glaubhaft Sachverhalte anführen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung (im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention) oder unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr ausgesetzt seien bzw. sein werden.
Es steht zufolge den Ländererkenntnisse fest, dass in Ihrem Herkunftsland die Todesstrafe besteht. Zufolge des Ermittlungsverfahrens hat sich nicht ergeben, dass Sie davon betroffen sein könnten und solches wurde auch nicht behauptet.
Zur Beurteilung einer festen Verankerung in Österreich können alle Lebensumstände, Verhaltensmuster und Tatsachen herangezogen werden und sind in der Regel sämtliche Für und Wider gegenüberzustellen:
Zufolge der Ermittlungen ergibt sich, dass Sie zwar etwas Deutsch sprechen allerdings aus nachfolgend angeführten Fakten liegen keine Hinweise vor, welche den Schluss zulassen, dass durch eine zwingende Rückkehr auf sonstige Weise unzulässigerweise in Ihr Privat- oder Familienleben eingegriffen wird.
Aus Ihren Aussagen ergibt sich, dass Sie keine besondere Bindungen in Österreich haben, die über das normale Maß der Beziehungen zu anderen Personen außerhalb der Kernfamilie hinausgehen.
Sie reisten unter Umgehung der Grenzkontrolle und mit Hilfe von Schleppern in den Schengenraum ein. Der Aufenthalt von Fremden wird grundsätzlich im FrG geregelt und darf nicht unterlaufen werden, da dies zu wesentlichen Beeinträchtigungen in der Gesellschaft führen kann.
Sie sind nicht erwerbstätig und können die Sicherung der zu Ihrem Unterhalt erforderlichen Mittel und sozialen Versorgung nicht aufbringen.
Die Integration in wirtschaftlicher Hinsicht hängt davon ab, dass der betreffende Ausländer nicht von öffentlichen Mitteln lebt. Daran fehlt es hier, Sie sind ist auf finanzielle Hilfe im Rahmen der Grundversorgung angewiesen. Sie sind nicht aus eigenem auch nicht kranken- oder sozialversichert.
Eine angemessene unabhängige Unterkunft ist ebenfalls nicht vorhanden.
Sie sprechen auch kaum Deutsch. Somit können Sie sich nicht ausreichend verständlich machen und ungehindert am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen.
Sie führten auch sonst keine besonderen Bindungen zum Gastland an. Es ist nicht davon auszugehen, dass Ihnen im Herkunftsstaat besondere Schwierigkeiten bei der Rückkehr erfahren werden, zumal Ihre Anbindungen und Verwurzelungen dort weitaus stärker verfestigt sind, als in Österreich.
Eine aktive Teilnahme am sozialen Leben führten Sie nicht ins Treffen.
Da die Aufenthaltsdauer in Österreich einen geringfügigen Zeitabschnitt in Ihrem Leben darstellt, da Sie den Großteil Ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht hatten, kann angesichts dieser kurzen Dauer nicht von einer Verankerung gesprochen werden.
Des Weiteren ist Ihre Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung klar zu erkennen und hervorzuheben und kann demgemäß daraus wohl auf Ihre Einstellung während der Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft, der in diesem Staat lebenden Bürger geschlossen werden, die wohl geeignet ist, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden.
Eine besondere Bindung zu Österreich - aus welchen Gründen auch immer - konnte zufolge den obigen Überlegungen nicht festgestellt werden und es ergibt sich dass das Interesse an einer zwingenden Rückkehr allfällig entwickelten Bindungen überwiegt. Es sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die für eine Entscheidung zu Ihren Gunsten sprechen würden. Es ergab sich im Verfahren auch nicht, dass Ihre mitgereisten Angehörigen in Österreichverfestigt sind. Somit kommt Ihnen auch kein dahingehender Aufenthaltstitel zu.
Auch aus den im Akt vorhandenen Beweismitteln, Ihren Aussagen als auch entsprechenden Abfragen aus dem Fremdeninformationssystem wie den Feststellungen ergibt sich, dass Ihnen in Österreich kein anderes Aufenthaltsrecht zusteht.
Es ergibt sich auch in Hinblick auf die mit 01.01.2014 eingetretenen Gesetzeslage kein Hinweis, dass Ihnen ein sonstiges Aufenthaltsrecht nach diesen Bestimmungen zu.
Zufolge der Feststellungen ist Ihr Aufenthalt weder geduldet noch ergibt sich aus der Stellungnahme der Landespolizeidirektion, dass Sie Opfer von Gewalt sind, noch dass Ihre Anwesenheit im Bundesgebiet zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder Geltendmachung der Durchsetzung von Ansprüchen zwingend erforderlich ist. Somit kommt Ihnen auch kein dahingehender Aufenthaltstitel zu.
Ebenso wenig hat sich ergeben oder wurde vorgebracht, dass eine Abschiebung nicht möglich wäre."
In Bezug auf die minderjährigen bP sowie die bP 2 wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde ausführliche Feststellungen.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.
I.3. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Es lägen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie ein fehlerhaftes Ermittlungsverfahren vor. Die Angaben der bP seien nicht überprüft und offene Fragen nicht erörtert worden. Es läge antizipierende Beweiswürdigung vor und sei das Asylverfahren so gestaltet worden, dass sich dem Vorbringen kein asylrelevanter Sachverhalt entnehmen ließe.
In weiterer Folge wurde das gesamte Fluchtvorbringen der bP nochmals auf 34 Seiten schriftlich wiederholt, in einigen Punkten erweitert und versucht, die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu entkräften. Dies unter anderem mit Ausführungen zu Übersetzungsfehlern durch den Dolmetscher sowie einer behaupteten schlampigen Protokollführung. Weiters seien unzureichende Feststellungen zur Thematik von Todesfällen, Misshandlungen und Folterungen von Soldaten während ihres Wehrdiensts getroffen worden.
Die bP 1 habe auch Angst vor den Familienangehörigen des Ermordeten, welche sich wohl an ihr rächen wollten. Darüber hinaus fürchte sie Übergriffe durch den eigentlichen Mörder, welcher selbst Angst habe, dass die Wahrheit ans Licht käme. Letztlich sei der eigentliche Mörder einflussreich und würde der bP 1 zu Unrecht eine Verurteilung wegen Mordes drohen. Der armenische Staat sei nach wie vor nicht in der Lage, gegen Korruption vorzugehen.
Überdies könne der Staat die Familie der bP nicht vor den befürchteten Übergriffen durch diese Privatpersonen schützen. Selbst wenn man die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit dem Argument ablehnen wollte, dass die Verfolgungshandlungen lediglich einen kriminellen Hintergrund hätten, sei der Familie daher zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.
Weiters würde die Familie in eine existenzielle Notlage im Falle der Rückkehr gelangen.
Zusätzlich wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde die Interessensabwägung iSd § 9 BFA-VG nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Die bP hätten sich um Integration bemüht.
Gerade auch im Hinblick auf die minderjährigen bP sei die belangte Behörde in Anbetracht der zitierten Judikatur und gesetzlichen Bestimmungen (Grundrechtscharta der Europäischen Union, BVG über die Rechte der Kinder, UN-Kinderrechtskonvention, Czech, Jedes Kind zählt oder doch nicht?, die Bedeutung der Kinderrechte bei Ausweisungen, Fremde- und asylrechtliche Blätter, I/2012-1) nicht ausreichend auf die bP bzw. das Kindeswohl der bP 3 und 4 eingegangen. Die bP 3 besuche die 2 Klasse Volksschule, die bP 4 den Kindergarten. Die bP 3 habe Armenien im Alter von 1. Jahr verlassen und die bP 4 sei in Russland geboren.
Überdies sei der Gesundheitszustand der bP 2 nicht berücksichtigt worden, welcher durch die Vorlage eines Befundes des medizinischen Zentrums "XXXX" belegt sei. In Stresssituationen würde die bP 2 zu Erstickungs- und Ohnmachtsanfällen neigen. In Österreich sei bei der bP 2 eine reaktive somatisierte Depression diagnostiziert worden und leide sie außerdem an einer schweren Allergie gegen Hausstaubmilben und Gräserpollen. Sie nehme Xanor, Cipralex, Pasedan, Cetirisin und Alprazolam ein und sei in der vierten Woche schwanger.
Vorgelegt wurden:
Schreiben des Vermieters
Bestätigung der Marktgemeinde Bernstein
Schreiben des Pfarrers der Aufenthaltsgemeinde der bP
Schreiben der Diakonie Flüchtlingsdienst
Bestätigung des Volksschuleiters der bP 3
Befund betreffend bP 1, Chron. Refluxerkrankung, chron. Gastritis, Medikamentöse Behandlung für ca. 14 Wochen, dann neuerliche Kontrolle
Kurzmitteilung XXXX, FA für Neurologie und Psychiatrie vom 19.03.2014, betreffend bP2, Diagnose reaktive somatisierte Depression in der Schwangerschaft, 4 Schwangerschaftswoche, Kontrolle in 3 Monaten, Therapievorschlag Cipralex, Xanor bei Angst, Absetzung von Deanxit und Trittico retard
Kurzmitteilung XXXX, FA für Neurologie und Psychiatrie vom 08.10.2013
Kurzmitteilung XXXX, FA für Neurologie und Psychiatrie vom 17.12.2013,
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien
Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP 1 und 2 besuchten die Schule, absolvierten weiterführende Ausbildungen und sprechen Armenisch und Russisch.
Die beschwerdeführenden Parteien bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage.
Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 - 4 ist durch ihre Eltern gesichert.
Die Eltern der bP 1 sowie die Mutter der bP 2 leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP.
Die bP 2 wurde in Armenien wegen astheno-vegetativen Symptomen behandelt. In Österreich wird sie wegen reaktiver somatisierter Depression in der Schwangerschaft behandelt. Sie leidet an Pollen- und Hausstauballergie. Die bP nimmt Cipralex und bei Angst Xanor ein. Sie ist - nachdem ihr im November 2013 eine Spirale entfernt wurde - in der 11.ten Schwangerschaftswoche.
Die bP 1 nahm Medikamente wegen Gastritis und Reflux ein.
Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis behandelten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.
Die bP sind strafrechtlich unbescholten.
Die Identität der bP steht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien werden folgende Feststellungen getroffen:
Armenien ist knapp 29.800 km² groß und hat fast 3 Millionen Einwohner. Davon sind 97,9% Armenier, 1,3% Jesiden, 0,5% Russen und 0,3% andere (CIA 7.1.2014). Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Präsidialrepublik. Das Einkammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Parlamentswahlen am 6.05.2012 ergaben folgende Stimmenverteilung: Republikanische Partei 44,1%, Partei „Blühendes Armenien" 30,0%, Armenian National Congress 7,1%, Rechtsstaatspartei 5,5%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Partei "Erbe" 5,8%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze (69 von 131 Sitzen), bildet aber gleichwohl eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei. Der bisherige Koalitionspartner "Blühendes Armenien" ist in die Opposition gegangen. Ministerpräsident bleibt der parteilose ehemalige Vorsitzende der Zentralbank, Tigran Sargsyan (AA 10.2013a).
2009 hatte Ankara unter Schweizer Vermittlung und Patronanz der US-Regierung zwei Protokolle zur Normalisierung der Beziehungen mit der früheren Sowjetrepublik unterschrieben. Eine Anerkennung des Völkermords an den Armeniern machte Yerewan gar nicht erst zur Bedingung; der armenischen Regierung ging es in erster Linie um die Öffnung der Grenzen und die wirtschaftliche Entwicklung. Der türkische Staatspräsident kam gar zu einem Fußballspiel in die armenische Hauptstadt. Am Ende aber beugte sich Ankara dem Druck des Öl- und Gaslieferanten Aserbaidschan und verlangte von Armenien Zugeständnisse bei den Karabach-Verhandlungen. Die "Zürich-Protokolle" sind deshalb nicht ins türkische Parlament zur Ratifizierung gekommen (Standard 11.12.2013).
Bei den Parlamentswahlen am 6. Mai 2012 wurde die Republikanische Partei von Präsident Serge Sarkisjan stärkste Kraft. Zwar blieben die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit rund um die Wahlen weitgehend uneingeschränkt, doch berichteten Wahlbeobachter, es habe massive Stimmenkäufe gegeben und auf Wähler sei Druck ausgeübt worden (AI 23.5.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Reise & Sicherheit, Armenien; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 14.1.2014
AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Armenia; http://www.ecoi.net/local_link/247902/374002_de.html , Zugriff 15.1.2014
CIA - Central Intelligence Agency (7.1.2014): The World Factbook, Armenia;
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 14.1.2014
derStandard.at (11.12.2013): Ankara drückt "Reset"-Taste für Armenienpolitik;
http://derstandard.at/1385170713334/Ankara-drueckt-Reset-Taste-fuer-Armenienpolitik , Zugriff 15.1.2014
Sicherheitslage
Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny-Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände mehr als 15% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt. An der Waffenstillstandslinie kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen (AA 10.2013b).
Der Territorialkonflikt um Nagorny-Karabach zwischen Armenien und Aserbeidschan bleibt sehr volatil und ist immer wieder durch Perioden von höherer bzw. niedrigerer Intensität gekennzeichnet. Eine Lösung zeichnet sich derzeit nicht ab, trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens der Konfliktparteien. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln und bewaffneten Auseinandersetzungen an den Grenzen der beiden Staaten auch abseits von Nagorny-Karabach. Begriffe wie "Blitzkrieg", "Präventivschlag" oder "totaler Krieg" werden dabei von beiden Seiten bemüht. Regelmäßig kommt es zu militärischen Übungen beider Länder, begleitet von entsprechender Kriegsrhetorik. Solche Aktionen dienen oft auch der Ablenkung von innenpolitischen Problemen, der Waffenstillstand bleibt so weiterhin sehr fragil, mit der Möglichkeit eines jederzeitigen Ausbruchs. Beide Seiten misstrauen den Friedensbemühungen der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der diesen Konflikt zu lösen angetretenen "Minsk-Gruppe" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE), der führend die USA, Russland und Frankreich angehören (ICG 26.9.2013).
Die Beziehungen zur Türkei sind aufgrund des von Armenien erhobenen Vorwurfs des "Völkermords" an 1,5 Mill. Armeniern im Osmanischen Reich (1915/16) schwerbelastet. Im Oktober 2009 unterzeichneten die Türkei und Armenien zwei Protokolle über die Aufnahme und Entwicklung diplomatischer Beziehungen. Die Türkei knüpfte die Ratifizierung der Protokolle allerdings nachträglich an Fortschritte bei der Lösung des Bergkarabach-Konflikts, was von Armenien strikt abgelehnt wird. Zudem belastet der türkisch-armenische Streit um die Bewertung der Ereignisse von 1915/16 den Verständigungsprozess. In der Folge suspendierte auch Armenien die Ratifizierung der Protokolle, seither ruht die offizielle Annäherung zwischen den beiden Staaten. Seit einigen Jahren gibt es allerdings eine offene Debatte und verstärkte Annäherungsbemühungen auf Ebene der beiden Zivilgesellschaften.
Wegen der regionalen Isolation Armeniens ist das Nachbarland Iran wichtiger Handelspartner und Energielieferant und stellt neben Georgien die zweite offene Grenze dar. (AA 10.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Reisen & Sicherheit;
Zugriff 15.1.2014
ICG - International Crisis Group (26.9.2013): Update Briefing N°71, Armenia and Azerbaijan: A Season of Risks, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380192899_b071-armenia-and-azerbaijan-a-season-of-risks.pdf , Zugriff 17.1.2014
Rechtsschutz/Justizwesen
Im Jahr 2008 wurde das Gerichtssystem neu organisiert. Neben den spezialisierten Gerichten (Zivilrechts-, Strafrechts- und Verwaltungsgerichtshöfe) gehören auch die Gerichtshöfe der allgemeinen Rechtsprechung zur ersten Instanz. Berufungsgerichte sind der Appellationsgerichtshof für Zivilrechtssachen und jener für Strafrechtssachen. Die höchste Instanz ist der Kassationshof - ausgenommen für Verfassungsrecht, hier ist der Verfassungsgerichtshof zuständig (BAA-Analyse 31.5.2010, vgl. auch: AA 25.1.2013). Der Kreis der Antragsberechtigten vor dem Verfassungsgericht wurde im Rahmen der 2005 durchgeführten Verfassungsänderungen stark erweitert. Dies hat zur Folge, dass dort jeder Bürger in Fällen, die höchstinstanzlich entschieden wurden, antragsberechtigt ist (Art. 101 Punkt 6 der Verfassung) (AA 25.1.2013).
Die Justiz ist zwar offiziell unabhängig, Gerichte unterliegen aber weiterhin politischem Druck der Exekutive, sowie der Erwartung, dass Richter einen Angeklagten in fast allen Fällen für schuldig befinden. Dies schränkt das Recht auf einen fairen Prozess teilweise ein. UNHCR berichtete 2011, dass der Kampf der Regierung gegen die Korruption auch negative Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Richter habe, da diese aus Angst, als korrupt eingestuft zu werden, strengere Strafen verhängten. Ein Justizrat ist für die Ernennung und Entlassung von Richtern zuständig. Dieser kann Richter wegen des Delikts eines Justizirrtums auch dann anklagen, wenn gegen das Ersturteil kein Einspruch erhoben wurde. Verfahren erfüllten üblicherweise die meisten Standards für Fairness, jedoch waren sie der Sache nach oft unfair, da viele Richter sich veranlasst sehen, gemeinsam mit den Staatsanwälten Verurteilungen zu erwirken.
Angeklagte, Strafverteidiger und die geschädigte Partei haben das Recht, gegen ein Gerichtsurteil in Berufung zu gehen. Es gibt keine Geschworenengerichtsbarkeit, ein Einzelrichter entscheidet in allen Gerichtsverfahren, außer bei Verbrechen, die mit lebenslanger Haftstrafe bedroht sind. Angeklagte haben das Recht, eine Rechtsberatung zu beanspruchen, der Staat ist verpflichtet, auf Antrag einen Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Außerhalb Yerewans wurde diese Verpflichtung aufgrund des Mangels an Verteidigern oft nicht eingehalten (USDOS 19.4.2013).
Die Justizblieb blieb weiterhin unter starkem Einfluss der Exekutive. Mitte 2012 führte die Regierung eine große Exekutiv- und Strafjustizreform durch, die besonders auf Effizienz, Unparteilichkeit und Transparenz abgezielt ist. Die Reformen beinhalteten dabei Änderungen zum Strafrecht, die Einführung eines Bewährungssystems, die klarere Aufteilung von Zuständigkeiten, die Reduzierung der Dauer von Gerichtsverfahren und einem gesicherten Zugang zu Verteidigern und Rechtshilfe. Als Indikator für diese Reformen soll das öffentliche Vertrauen in die Justiz ab nun zweimal im Jahr erhoben werden. Bis zum Dezember 2012 wurden folgende Komponenten der Reform umgesetzt: ein neues Ausbildungs- und Ernennungssystem für Richter, ein neues Strafgesetzbuch, Untersuchungen über langsame Verfahren und Ergänzungen zum Verwaltungsverfahrensgesetz (FH 18.6.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf , Zugriff 17.1.2014
US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014
Sicherheitsbehörden
Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt: so ist für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Hin und wieder treten aber Kompetenzstreitigkeiten auf, z.B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.
Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige der Sicherheitsbehörden in Einzelfällen ihre Machtposition in privaten Streitigkeiten ausnutzen (AA 25.1.2013).
Der Polizei und dem NSD mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an Strukturen zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem und es gibt keinen unabhängigen Mechanismus für Untersuchungen von Übergriffen durch die Polizei. Bürger können die Polizei vor Gericht in eingeschränktem Ausmaß anklagen. Korruption bei der Polizei bleibt weiterhin ein Problem, es wurden jedoch Maßnahmen gegen einige Polizeibeamte gesetzt. Zum Beispiel wurde der ehemalige Chef der Generaldirektion für strafrechtliche Untersuchungen wegen Machtmissbrauch zu vier Jahren Haft verurteilt. Der ehemalige Chef der Verkehrspolizei wurde aufgrund von Machtmissbrauch, schwerem Diebstahl und Veruntreuung zu sechs Jahren Haft verurteilt (US DOS 19.4.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014
Allgemeine Menschenrechtslage
Auf der Grundlage von Empfehlungen des Europarats erarbeitete die armenische Regierung einige Gesetzesänderungen, um einen besseren Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. So wurden das Versammlungsrecht reformiert und Änderungen des Strafgesetzbuches verabschiedet. Das Versammlungsgesetz, das Medien- und das Wahlgesetz wurden neu formuliert, um den von der Venedig-Kommission (Europäische Kommission für Demokratie durch Recht) sowie Experten des Europarates und der OSZE ausgesprochenen Empfehlungen nachzukommen. Durch weitere Reformen im Justizsektor soll die Unabhängigkeit der Judikative gestärkt werden (AA 10.2013a).
Die Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts (Art. 8; 14-43), der auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einschließt. Durch die 2005 erfolgten Verfassungsänderungen wurden die Grundrechte weiter gestärkt. Eine wichtige Neuerung war Art. 3 Abs. 1, der bestimmt, dass der Mensch, seine Würde, die Grundrechte und Freiheiten die höchsten Werte sind. Allerdings bestehen erhebliche Einschränkungsmöglichkeiten (Art. 44 bis 46), insbesondere durch den Präsidenten, dem die Verfassung weitgehende Vollmachten (Notverordnungsrecht nach Art. 55 Abs. 14) einräumt. Armenien ist an zahlreiche internationale Übereinkommen auf dem Gebiet der Menschenrechte gebunden (AA 25.1.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
AA - Auswärtiges Amt (10.2013a). Reise & Sicherheit, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 16.1.2014
Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder glaubwürdig von Fällen, in denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll. (AA 25.1.2013) Die meisten Fälle von Misshandlungen kamen in den Polizeistationen vor, die nicht unter öffentlicher Beobachtung standen, und nicht in Gefängnissen oder Hafteinrichtungen der Polizei, die solcher Beobachtung unterliegen (US DOS 19.4.2013).
Folteropfer können den Rechtsweg nutzen, einschließlich der Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof bzw. den EGMR zu wenden. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind. Betroffene beschweren sich nur selten, weil sie Repressalien befürchten (AA 25.1.2013).
Die armenische Gesetzgebung bezüglich der Kriminalisierung von Folter stellt insofern ein Problem dar, als sie nicht konform mit der Definition von Folter, festgelegt in der UN-Konvention gegen Folter, geht. Die armenischen Gesetze kennen diesbezüglich nur Bestimmungen, die auf Folterhandlungen ausschließlich begangen von Individuen im privaten Bereich reflektieren. Entsprechend wurde bisher kein öffentlich Bediensteter in Armenien wegen Folter angeklagt oder verurteilt (EC 20.3.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014
US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014
Korruption bis in die höchsten Instanzen ist weiterhin ein sehr verbreitetes Problem. So sind beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen sogenannte "Kickback"-Zahlungen an die ausschreibenden Behörden üblich, um Aufträge zu erhalten. Präsident Sargsyan hat die eigene Regierung im September 2012 öffentlich für ihre Tatenlosigkeit gegenüber der Korruption scharf kritisiert, was ihm jedoch als Wahlkampftaktik ausgelegt wurde (AA 25.1.2013).
Die 2011 und 2012 eingeführten Antikorruptionsmaßnahmen haben zwar zu Verbesserungen geführt, ein Durchbruch war aber 2012 nicht ersichtlich. Die Korruption sinkt langsam, doch unterminieren Korruptionsanschuldigungen bei staatlichen Institutionen das öffentliche Vertrauen in den Staat. Die 2012 angenommenen Gesetze reduzieren das Risiko von Korruption, es mangelt jedoch an der Umsetzung. Der Bericht der Staatengruppe gegen Korruption (Council of Europe Group of States against Corruption - GRECO) vom Dezember 2012 fiel in Bezug auf Einführung von Empfehlungen positiv aus, da Armenien 16 von 19 Empfehlungen der Staatengruppe zufriedenstellend eingeführt hat. Positiv hervorzuheben ist die Einführung einer "e-payment" Homepage, um die Kosten der Serviceleistungen zu reduzieren und den Umgang mit Bargeld von öffentlich Bediensteten zu minimieren (FH 18.6.2013, vgl. auch: EC 20.3.2013).
Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2013 verbesserte sich Armenien von Platz 105 im Jahre 2012 auf Platz 94 von insgesamt 175 untersuchten Staaten (TI 2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
EC - European Commission (20.3.2013): Implementation of the European Neighbourhood Policy in Armenia Progress in 2012 and recommendations for action,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1364315499_2013-progress-report-armenia-en.pdf , Zugriff 17.1.2014
FH - Freedom House (18.6.2013): Nations in Transit 2013 - Armenia, http://www.ecoi.net/file_upload/3256_1371628253_nit13-armenia-3rdproof.pdf , Zugriff 17.1.2014
TI - Transparency International (2013): Corruption Perceptions Index 2013, http://cpi.transparency.org/cpi2013/results/ , Zugriff 27.1.2014
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen (wie Helsinki Committee, Yerevan Press Club, Transparency International) sind registriert. Es gibt keine Berichte darüber, dass die Registrierung einer Menschenrechts- oder einer politischen Organisation abgelehnt wurde. Die Menschenrechtsorganisationen haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.
Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird seitens der Exekutive nicht unterstützt. Gelegentlich werden Fälle bekannt, in denen NGOs behindert werden. So wird immer wieder berichtet, dass Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu verwertbaren Informationen und Zahlen seitens der Behörden und Regierung erschwert wird (AA 25.1.2013, vgl. auch US DOS 19.4.2013).
Die Hilfeleistungen aller NGOs werden durch unterschiedlichste Projekte, aber auch direkte humanitäre Hilfe erbracht. Als Beispiele hierfür seien die Verteilung von Kleidung, Schuhen, Nahrungsmitteln, etc. angeführt. Weiter sind Fortbildungsmaßnahmen zu nennen, wie zum Beispiel Fremdsprachen- oder Computerkurse. Um die Nachhaltigkeit der Hilfe zu sichern gibt es auch spezielle Existenzaufbauprogramme, die den Menschen Möglichkeiten zur Einkommensgenerierung bieten und somit die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Betroffenen wieder heben (siehe Kapitel 22 Grundversorgung/Wirtschaft) (BAA-Analysen 26.8.2010).
In Armenien gibt es eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, deren Tätigkeit offiziell keinen Einschränkungen durch staatliche Organe unterliegt. Nationale und ethnische Minderheiten sind integriert und im Rat der Nationalen Minderheiten organisiert (AA 10.2013a).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
AA - Auswärtiges Amt (10.2013a). Reise & Sicherheit, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 16.1.2014
BAA-Analysen der Staatendokumentation (26.8.2010): Frauen in Armenien - Versorgungsmöglichkeiten nach Rückkehr
US DOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Armenia, http://www.ecoi.net/local_link/245168/355092_en.html , Zugriff 17.1.2014
Ombudsmann
Jedes Individuum, ungeachtet seiner ethnischen Herkunft, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Wohnort, Rasse, Alter, politischer oder anderer Zugehörigkeit und Tätigkeiten, kann eine Beschwerde einbringen. Der Ombudsmann kann ohne Einschränkungen jegliche öffentliche Einrichtung oder Organisation besuchen (z.B. militärische Einheiten, Justizvollzugsanstalten, Untersuchungshafteinrichtungen und Strafanstalten) und er kann notwendigen Unterlagen, Dokumente und Erklärungen von jeglicher (staatlicher oder lokal verwalteter) Einrichtung, die mit einem Fall in Zusammenhang stehen, verlangen.
Der Ombudsmann kann auch selbstständig tätig werden, wenn ihm Informationen über massive Verletzungen der Grund- und/oder Menschenrechte vorliegen, Themen von herausragender sozialer Wichtigkeit, oder auch Verletzungen von Rechten von Personen, die nicht selbst tätig werden können (BAA-Analysen 31.5.2010).
Neben der Zentrale in Yerewan gibt es sechs weitere regionale Büros in den Regionen Schirak, Gyumri, Gegharqunik, Vayots Dzor, Syunik, Tavush und Lori. Ebenso ist eine Hotline verfügbar (HRD o.D.).
Quellen:
BAA-Analysen der Staatendokumentation (31.5.2010): Justizsystem in Armenien
HRD - Human Rights Defender of the Republic of Armenia (o.D.):
offizielle Homepage, http://ombuds.am/en/guards/browse , Zugriff 17.1.2014
Wehrdienst
Männer armenischer Staatsangehörigkeit unterliegen vom 18. bis zum 27. Lebensjahr der allgemeinen Wehrpflicht (24 Monate) (AA 25.1.2013, vgl. auch CIA 7.1.2014). Die Einberufung von Wehrdienstleistenden wird jeweils im Frühjahr und im Herbst auf der Basis eines Dekrets des Präsidenten nebst Regierungserlass durchgeführt. Es besteht die Möglichkeit der Rückstellung aus sozialen Gründen (z.B. Hochschulstudium, pflegebedürftige Eltern, zwei Kinder oder mehr), die in Armenien beantragt werden muss. Die Einberufung zu jährlichen Reserveübungen ist möglich. Männliche Armenier ab 16 Jahren sind zur Wehrregistrierung verpflichtet. Sofern sie sich im Ausland aufhalten und sich nicht vor dem Erreichen des 16. Lebensjahres aus Armenien abgemeldet haben, müssen sie zur Musterung nach Armenien zurückkehren; andernfalls darf ihnen kein Reisepass ausgestellt werden. Nach der Musterung kann die Rückkehr ins Ausland erfolgen. Ab dem 18. Lebensjahr muss entweder der Wehrdienst abgeleistet werden oder eine Rückstellung erfolgen (AA 25.1.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
CIA - Central Intelligence Agency (7.1.2014): The World Factbook, Armenia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/am.html , Zugriff 20.1.2014
Wehrersatzdienst
Armenien hätte mit Jänner 2004 die Möglichkeit der Ableistung einer zivilen Alternative zur verpflichtenden Wehrdienstleistung einführen sollen. Neun Jahre später wurde nun dieser mit Ratifizierung der Menschenrechtskonvention eingegangenen Verpflichtung durch Änderungen der Gesetze des Wehrersatzdienstes und des Gesetzes über die Implementierung des Strafgesetzbuches Rechnung getragen und sind mit 8.6.2013 in Kraft getreten. Es gibt nun zwei Arten von Ersatzdienst, einen 30 monatigen militärischen Ersatzdienst, jedoch ohne jegliche Ausbildung an der Waffe und einen 36 monatigen alternativen Arbeitsdienst, der nicht in Verbindung mit den Streitkräften steht. Dieser alternative Arbeitsdienst steht allen jungen wehrpflichtigen Männern, die aus Gewissensgründen keinen Militärdienst leisten wollen offen, egal ob sie religiös sind oder nicht (Forum 18 6.6.2013).
Armeniens' Zeugen Jehovas begrüßten die Freilassung aller 71 wegen Wehrdienstverweigerung inhaftierten Personen und deren gleichzeitige Anerkennung ihrer Ansuchen zum Wehrersatzdienst. Zum ersten Mal seit 1993 sind nun keine Zeugen Jehovas wegen Wehrdienstverweigerung in Haft (Forum 18 28.11.2013).
Quellen:
Forum 18 (6.6.2013): Armenia: New legal amendments to end conscientious objector jailings?
http://www.ecoi.net/local_link/251278/375612_de.html , Zugriff 17.1.2014
Forum 18 (28.11.2013): Armenia: Jailed conscientious objectors freed - but alternative service applications missing?
http://www.ecoi.net/local_link/264185/390714_de.html , Zugriff 17.1.2014
Wehrdienstverweigerung / Desertion
Wehrpflichtige, die sich zunächst ihrer Wehrpflicht entzogen haben, müssen trotz vorhandener Strafvorschriften grundsätzlich nicht mit einer Bestrafung rechnen, wenn sie sich nach Rückkehr bei der zuständigen Einberufungsbehörde melden. Auch bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Wehrdienstentzugs werden in solchen Fällen eingestellt. Zudem gibt es Amnestien, zuletzt 2001. Männer über 27 Jahre, die sich der Wehrpflicht entzogen haben, können gegen Zahlung einer Geldbuße die Einstellung der strafrechtlichen Verfolgung erreichen (AA 25.1.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
Forum 18 (28.11.2013): Armenia: Jailed conscientious objectors freed - but alternative service applications missing?
http://www.ecoi.net/local_link/264185/390714_de.html , Zugriff 17.1.2014
Grundversorgung/Wirtschaft
In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2012 zufolge leben 35 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2009: 34,1 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. 2010 sollen nach Angaben der armenischen Migrationsbehörde 29.900 Armenier das Land verlassen haben, darunter auch viele Hochqualifizierte (AA 25.1.2013).
Die kriegerischen Auseinandersetzungen von 1988 bis 1994 mit Aserbaidschan und die andauernde Isolation durch geschlossene Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei belasten die armenische Wirtschaft bis heute. Nachdem die armenische Wirtschaftsleistung 2004 wieder den Stand von 1990 erreicht hatte, traf die internationale Finanzkrise Armenien hart. 2011 war eine Erholung mit einem Wirtschaftswachstum von 4,6% zu beobachten, die sich 2012 mit einem Wachstum von 7,2% fortgesetzt hat. Nach Angaben der Zentralbank hat das Volumen der Geldtransfers der armenischen Diaspora 2012 wieder zugenommen und betrug mehr als 1,5 Mrd. USD. Die Arbeitslosenquote lag 2012 offiziell unverändert bei 7%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig, Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 10.2013c).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
AA - Auswärtiges Amt (10.2013c): Reise & Sicherheit, Armenien, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Armenien/Wirtschaft_node.html , Zugriff 22.1.2014
Das soziale Sicherungssystem Armeniens wird derzeit durch den Staatshaushalt (Familien-und andere Beihilfen, Pensionen für Militärbedienstete, soziale Unterstützungsprogramme sowie seit 2003 auch Sozialrenten) sowie durch die staatliche Sozialversicherung (Staatsrenten, Arbeitslosenunterstützung und Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit oder Schwangerschaft) finanziert. Eine Reihe von Sozialprogrammen wird wesentlich durch Spenden unterstützt. Dies gilt insbesondere für öffentliche Arbeiten und Sozialversicherungsprogramme (IOM 8.2013).
Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.
Einmalige Beihilfen
Können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate von dem Amt geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).
Kindergeld
Kindergeld wird Personen gewährt, die Kinder unter 2 Jahren versorgen. Die monatlichen Leistungen für Personen, die Kinder unter 2 Jahren versorgen, belaufen sich auf etwa 3.000 Dram.
Medizinische Versorgung
Einwohnerzahl beträgt ein Arzt pro 1 200 bis 2 000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Yerewan vorbehalten ist. Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Yerewan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist. Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Es wird geschätzt, dass 25% der gesamten jährlichen Kosten des Gesundheitswesens vom Staat, 15% von humanitären Hilfsorganisationen und 60% von den Patienten getragen werden (IOM 8.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
IOM - International Organization for Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Armenien
Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (AA 25.1.2013).
Rückkehrer
Rückkehrer werden nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt. Es gibt keine Berichte darüber, dass Personen, die im Ausland politisch aktiv waren, nach ihrer Rückkehr nach Armenien Repressionen erfahren haben (AA 25.1.2013).
Aufgrund fehlender finanzieller Mittel gibt es zurzeit kein staatliches Programm zur Vorbereitung auf die Unterbringung von Heimkehrern in Armenien. Eine vorübergehende Unterkunft (maximal 2 Monate) kann den Flüchtlingen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, von der Migrationsbehörde der Republik Armenien zur Verfügung gestellt werden. Jeder Fall wird jedoch ausführlich geprüft und die endgültige Entscheidung über die Bereitstellung der Unterkunft erfolgt nach dem Kollegialprinzip (IOM 08.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
IOM - International Organization for Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Armenien
50% Verbesserung, nächste Kontrolle in 6 Monaten
Gynäkologie-Befundblatt, Krankenhaus Oberwart vom 10.03.2014, Letzter FA-Besuch im November 2013, bei dem eine Spirale entfernt wurde, aktuell schwach positiver Schwangerschaftstest, Medikation:
Antihistaminika, Pollen- und Hausstauballergie
Befund Allergie- Ambulatorium Burgenland vom 24.09.2013, seit Jahren Rhinoconjunctivitis (allergisch entzündete Nasenschleimhaut), Diagnose Allergie gegen Hausstaubmilben und Gräserpollen.
II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es konnte nicht festgestellt werden, dass den bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.
Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung der bP nach Armenien festzustellen ist.
Beweiswürdigung
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel. Beim Scheckkartenformat-Führerschein mit Lichtbild der bP 1 konnten im Rahmen einer Untersuchung durch das Kriminalamt keinerlei Verfälschungsmerkmale erkannt werden. Der Sachverständige für Armenien hatte ebenfalls keine Bedenken hinsichtlich der Echtheit des Führerscheins sowie der Heiratsurkunde.
II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werdenaufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).
Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.
Der belangten Behörde kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie lediglich allgemeine Feststellungen zum Wehrdienst getroffen hat. Dass Misshandlungen und Tötungen von Personen, die ihren Dienst beim Militär verrichten, eventuell keine Seltenheit darstellen, ist im gegenständlichen Verfahren nicht von Belang und gehen auch der diesbezügliche Verweis auf die Ausführungen und Feststellungen im ersten Asylverfahren sowie die angeführte Judikatur und Berichte in der Beschwerde ins Leere. Wie noch näher auszuführen ist, war dem Vorbringen der bP die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Überdies hätte sich der behauptete Vorfall gemäß Angaben der bP eben gerade nicht im Rahmen eines Vorgesetztenverhältnisses ergeben bzw. hätten die korrupten Verhältnisse beim Militär zum Vorfall geführt, sondern sei ein privater Streit zwischen gleichrangigen Militärangehörigen eskaliert. Daher kann auch eine konkrete Auseinandersetzung mit staatlichen Schutzmechanismen in Zusammenhang mit Korruption unterbleiben.
Weiters ist festzuhalten, dass der Umstand, dass sich ein Vorbringen - wie in der Beschwerde behauptet - mit Berichten in Einklang bringen lässt, lediglich ein Indiz für eine Glaubwürdigkeit des Vorbringens, welches einer individuell konkreten Würdigung zu unterziehen ist, darstellen kann. Am Rande wird im Hinblick auf die mehrmals zitierten Entscheidungen des Unabhängigen Bundesasylsenates darauf hingewiesen, dass eben jeder Einzelfall einer individuellen Prüfung zu unterziehen ist, und es keinerlei Bindungswirkungen der Entscheidungen des Unabhängigen Bundesasylsenates für das Bundesverwaltungsgericht gibt.
Soweit in der Beschwerde Ausführungen zu den schlechten Haftbedingungen in Armenien getroffen werden, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das gesamte Vorbringen der bP als unglaubwürdig beurteilt worden ist. Daher liegen aus hg. Sicht auch keinerlei Gefahren in diesem Zusammenhang im Falle einer Rückkehr vor, da nicht davon auszugehen ist, dass gegen die bP in Armenien tatsächlich ein Strafverfahren eingeleitet wird.
II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig ist
In der Beschwerde wurde nicht konkretisiert, welche Fragen offen geblieben wären bzw. welche relevanten Angaben noch überprüft werden hätten sollen. Auch wurde nicht konkretisiert, inwiefern die Einvernahmen so gestaltet worden wären, dass sich daraus kein relevanter Sachverhalt ergeben hätte können. Vielmehr wurden die bP mehrmals zu ihren Fluchtgründen befragt, und konnten eben gerade kein glaubwürdiges bzw. relevantes Vorbringen erstatten. Dass eine antizipierende Beweiswürdigung vorläge, kann aufgrund der Protokolle nicht erkannt werden.
Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese anführt, dass das Vorbringen der bP aufgrund der aufgetretenen Widersprüche unglaubwürdig ist. Auch die Einschätzung, dass die bP 1 vielleicht tatsächlich erlebt hat, dass eine vertraute Person unter tragischen Umständen beim Militär gestorben ist, dies jedoch nicht kausal für die Ausreise war und lediglich als Vorwand verwendet wurde, um eine Fluchtgeschichte zu konstruieren, begegnet keinen Bedenken. So hat die belangte Behörde richtig festgehalten, dass gerade zwischen den Angaben der bP 1 im ersten Asylverfahren und den nunmehr im zweiten Verfahren getätigten Angaben gravierende Widersprüche aufgetreten sind. Geht man davon aus, dass dieser Vorfall tatsächlich so einschneidend gewesen wäre, dass sich die bP gezwungen gesehen hätte, auszureisen, so wäre davon auszugehen, dass sie die Geschehnisse konsistent schildern kann.
Demgegenüber hat die bP jedoch tatsächlich im ersten Verfahren ausgeführt, dass der Mord in einem Zimmer auf der Militärbasis passiert sei, während sie im zweiten Verfahren angegeben hat, dass es in einem Schützengraben passiert sei. Weder über Vorhalt dieses Widerspruches im Zuge der Einvernahme noch mit den Ausführungen in der Beschwerde konnte die bP diesen gravierenden Widerspruch aufklären. Die nachfolgend widergegebenen Angaben im Rahmen der Einvernahme erscheinen völlig unplausibel und ist es damit erlässlich, auf die Ausführungen hierzu in der Beschwerde einzugehen:
F: Wo genau fand dieser Vorfall statt als David getroffen wurde? Sie sagten, dass dies an der Grenze war, wo genau?
A: In einem Schützengraben an der Grenze.
F: Haben Sie den David versorgt?
A: Er starb in diesem Schützengraben in meinen Armen.
V: Im Erstverfahren gaben Sie an, dass sich dies in einem Zimmer abgespielt hatte!
A: Es ist eine Plantage, Schützengraben vielleicht hat der Dolmetscher Zimmer verstanden, es war dort wo sich die Soldaten hinlegen und ruhen.
V: Es ist ein riesiger Unterschied zwischen einem Schützengraben und einem Zimmer!
A: Es ist ein Schützengraben in der Erde und verdeckt.
Weiters konnte die bP die zeitliche Einordnung nicht konsistent treffen. Führte sie im ersten Asylverfahren noch aus, dass sich der Vorfall einen Tag vor der Ausreise ereignet habe, gab sie im Zuge des zweiten Verfahrens an, dass es März oder April 2008 gewesen sei. Zudem wäre sie gemäß Angaben im ersten Verfahren noch am Vorfallstag verhört worden und im Zuge einer Überstellung an diesem Tag geflohen. Nunmehr gab die bP 1 an, dass sie am Vorfallstag überstellt worden sei und an einem anderen Stützpunkt mehrere Tage angehalten worden sei, bevor sie fliehen habe können.
Überdies hat die bP 1 tatsächlich keinerlei spezielles Wissen über das Militär bzw. konnte sie nicht einmal angeben, wo ihre Spezialeinheit stationiert gewesen sei. Sie verfügt auch über die Ränge beim Heer bzw. die Abzeichen kein Wissen und konnte nicht einmal die Sterne für ihren Dienstgrad richtig beschreiben. Darüber hinaus finden sich eben im vorgelegten Wehrdienstbuch nur Eintragungen für 2002-2003, was gänzlich unplausibel erscheint, wenn die bP tatsächlich bis 2007 gedient hätte.
Richtig hat die belangte Behörde auch festgehalten, dass die nunmehr getroffenen Angabe, dass die bP 1 wegen "Geheimnisverrat" angezeigt werden würde, völlig unplausibel ist, da die Behörden im Heimatland der bP die genauen Daten von Österreichischen Asylverfahren nicht erfahren. Eine Verfolgung wegen Angabe von einem bestimmten Namen eines Militärangehörigen kann damit - mangels Veröffentlichung personenbezogener Daten - keine Gefährdung auslösen.
Zudem verwickelte sich die bP 1 im Zusammenhang mit der Rückkehr aus Österreich im Jahr 2008 in Widersprüche. So gab die bP 1 vorerst an, dass sie keinen Kontakt zu ihrer Familie in Armenien habe, um dann aber anzugeben, dass der Vater bei der Weiterreise von Armenien nach Russland geholfen habe.
II.2.5. In Ergänzung zu den Ausführungen der belangen Behörde wird seitens des erkennenden Gerichts Folgendes erwogen:
II.2.5.1. Der belangten Behörde wird zwar insofern gefolgt, dass die vorgelegten Unterlagen an sich schon betreffend ihrer Herkunft - insbesondere die Geburtsurkunde der bP 1 - zweifelhaft und nicht geeignet sind, die Identität der bP zu belegen. Es ist jedoch der Beschwerde dahingehend zu folgen, dass die Identität der bP nunmehr durch die Anfragebeantwortung und letztlich auch den Führerschein mit Lichtbild der bP 1 als bestätigt anzusehen ist.
Hinsichtlich der Stellungnahme vom 18.08.2013 sowie den Ausführungen in der Beschwerde zur Anfragebeantwortung ist festzuhalten:
Die belangte Behörde bediente sich eines Sachverständigen, welcher in einem schlüssigen und nachvollziehbaren Bericht das von den bP bekämpfte Rechercheergebnis lieferte. In Zusammenhang mit den Recherchen vor Ort und dem daraus resultierenden Ermittlungsergebnis ist zwar festzuhalten, dass dies kein Gutachten im eigentlichen Sinn darstellt und somit der freien Beweiswürdigung unterliegt. Die Angaben stammen von einem Sachverständigen, welcher von österreichischen Vertretungsbehörden ausgewählt wurde und sich diese sichtlich vor Ort ein Bild über dessen Verlässlichkeit machen. Schon in der Quellenbewertung der Anfrage ist festgehalten, dass die eingesetzten Sachverständigen, Vertrauensanwälte und Gutachter dem Anforderungsprofil der Vertretungsbehörde entsprechend ihr Fachwissen einsetzen. Ebenso hat der Sachverständige sichtlich kein Interesse am Ausgang des Verfahrens, im Gegensatz zu den bP. Es ist letztlich dem schlüssigen Ermittlungsergebnis, dem weder auf dem gleichen fachlichem Niveau entgegen getreten wurde, noch darin gravierende Ungereimtheiten insbesondere hinsichtlich der nicht anzunehmenden Ermordung eines Kollegen der bP beim Militär aufgezeigt wurden bzw. die fachliche Qualifikation des Sachverständigen auch von der bP nicht begründet und substantiiert angezweifelt wurde, höherer Beweiswert zuzumessen, als den Ausführungen der bP.
Hinsichtlich des Umstandes, dass bezüglich einiger Anfragepunkte aus Datenschutzgründen keine Angaben gemacht werden konnten, ist festzuhalten, dass dies lediglich Nebenumstände betrifft und im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben und erhobenen Fakten schon gänzlich zu versagende Glaubwürdigkeit der bP auch keine weitere Überprüfung von Angaben notwendig ist.
Dass die Zusammenfassung in Deutsch nicht der Übersetzung des Ermittlungsergebnisses in Englisch entspricht und die Übersetzung unvollständig und fehlerhaft ist, wurde nicht näher an konkreten Beispielen festgemacht. Es lagen den bP überdies eben offenbar die Antworten in beiden Sprachen vor und kann kein derart grober Übersetzungsfehler erkannt werden, dass der Sinn der Antworten verändert worden wäre.
Konkret ausgeführt wird in der Beschwerde, dass gerade das Ermittlungsergebnis hinsichtlich des Überfalles im Jahr 2012 auf die bP 2 in Frage zu stellen sei. Wie, wo und wodurch die Angaben an "beiden Adressen überprüft" worden wären, sei nicht ersichtlich und werde vom Sachverständigen nur äußerst vage und kursorisch dargestellt. Es werde in Punkt 11 lediglich ohne weitere Begründung behauptet, dass "Nachbarn und Polizeimitglieder befragt worden sind". Die Quellen zur Ermittlung dieses Ergebnisses seien aber nicht angegeben worden. Das Rechercheergebnis sei eine Aufstellung von Vermutungen des Sachverständigen und so sei auch in Punkt 12 nur die persönliche Meinung des Sachverständigen festgehalten. Auch zu Punkt 13 lägen keine werthaltigen Aussagen vor. Welche Quellen und welche Personen und Organisationen verwendet oder befragt wurden, sei nicht offen gelegt worden. Das Gutachten weise einen Höchstgehalt von Ungereimtheiten und vagen Auskünften auf, wie "sources in the military prosecutor¿s office" bzw. zu Punkt 7 "colleagues working fort he prosecutor". Anonyme Aussagen seien für ein ordnungsgemäßes Ermittlungsergebnis im Rahmen der Grundsätze der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit nicht zu verwerten. Die Ausführungen des Sachverständigen seien auch vor dem Hintergrund, dass militärfremde Personen keine Auskünfte zu militärischen Vorfällen erhielten unrichtig und nicht verwertbar. Die bP hätten überdies im Hinblick auf die Fragen zum Krankenhausaufenthalt der bP 2 (8-10) ihre Zustimmung zur Aufhebung des Datenschutzes jederzeit erteilt. Soweit der Sachverständige annehme, dass es keine Beweise für eine Desertation gäbe, gäbe es aber auch den Beweis des Gegenteils nicht. Genauso verhalte es sich auch mit dem Ergebnis über das Vorliegen eines Haftbefehls.
Die Adressenrecherche habe nicht berücksichtigt, dass die bP nicht unter der angegebenen Adresse registriert gewesen und dort unangemeldet gewohnt hätten. Auskünfte unidentifizierter Nachbarn bildeten keine Grundlage für eine fundierte Recherche.
Dass die von der bP 1 angegebene Adresse nicht existieren soll, sei schlichtweg unrichtig und belege die mangelnde Kompetenz des Sachverständigen. Man könne nicht davon ausgehen, dass der Sachverständige an der richtigen Adresse recherchiert habe.
Aus der Anfragebeantwortung geht hervor, dass die von der bP 1 angegebene Adresse weder Vor Ort (many people in the Area, respective Condominium workers were asked) noch im Wählerregister existiert.
Die von der bP 2 angegebene Adresse konnte vor Ort gefunden werden. Allerdings leben dort - registriert - drei andere Personen. Den dort ansässigen Personen und Nachbarn ist weder die bP 1 noch deren dort angeblich aufhältige Mutter bekannt. Die Namen der dort registrierten Personen sind in der originalen Anfragebeantwortung angeführt.
Festgestellt werden konnte demnach jedoch, dass die bP 1 an der Adresse XXXX und die bP 2 zusammen mit ihrer Mutter an der Adresse XXXX registriert sind.
Die bP 1 gab an, dass ihre Eltern in Armenien in der XXXX leben würden, die Adresse der Schwiegermutter (eine Straße weiter!) kenne er nicht. Während die bP 1 vorerst behauptete, sie sei im Elternhaus seit der Geburt registriert, habe aber woanders gelebt, gab sie konkret nachgefragt dann plötzlich an, dass sie doch bis zur Ausreise im Elternhaus gelebt habe. Angesprochen auf diesen Widerspruch führte die bP dann plötzlich an, immer in XXXX registriert gewesen zu sein, der Vater habe ein Haus in XXXX gekauft, dort hätten die bP aber nicht gelebt. Gemäß den letzten Angaben der bP 1 hätte sie mit der bP 2 in XXXX seit der Ehe gelebt, davor hätte die bP 2 in XXXX gelebt. Dort würden die Eltern der bP 2 wohl noch immer leben. Darüber hinaus gab die bP 1 an, in Russland sei sie selbst unter falschem und die Ehegattin sowie deren Kinder unter dem Mädchennamen der Frau registriert gewesen.
Die bP 2 gab hinsichtlich ihrer Wohnadresse in Armenien demgegenüber befragt an: "XXXX. Es gibt keinen Straßennahmen, es ist ein Wohnblock im Ort Erewan...". Dort habe sie ständig bei ihrer Mutter gelebt. Auch die bP 1 habe nach der Hochzeit an dieser Adresse gelebt. Weder sie selbst noch die bP 1 oder die Kinder seien in Russland registriert gewesen. Die Schwiegereltern der bP 2 würden in einem Dorf in der Nähe von Erewan leben, sie glaube der Name sei "XXXX". Davor hätten die Schwiegereltern auch in Erewan, gegenüber von den bP XXXX, Hausnummer wisse sie nicht, gelebt. Nachdem die bP 1 und 2 sich kennen gelernt hätten, seien die Eltern der bP 1 weggezogen.
Diesen Angaben der bP 2 stehen die Aussagen der bP 1 diametral entgegen, wonach die bP 2 im Rahmen des Aufenthaltes im August 2012 in Armenien auch die Eltern der bP 1 besucht habe. Diese Angabe bekräftige die bP 1 sogar nochmals, indem sie angab, dass die Frau ihre Eltern getroffen habe und diese ihnen einen Teil des Geldes für die Verbringung nach Österreich gegeben hätten.
Vor dem Hintergrund des diesbezüglich eindeutigen Anfrageergebnisses, welches sich auf die staatliche Registrierungsdatenbankstützt, müssen die diesbezüglich an sich schon vagen, widersprüchlichen und ausweichenden Antworten der bP als Versuch gesehen werden, die Herkunft zu verschleiern.
Aus dem Zusammenhang ergibt sich aus der Anfragebeantwortung letztlich eindeutig, dass mit an "beiden Adressen" recherchiert gemeint ist, an der von den bP 2 behaupteten (wo andere Personen registriert sind) sowie der vom Sachverständigen ermittelten. Hinsichtlich keiner der beiden Orte fand sich in den Polizeiakten oder über Befragung der jeweiligen Nachbarn ein Hinweis, dass tatsächlich im Jahr 2012 die bP 2 dort überfallen worden wäre.
Selbst wenn die Frage des Geburtsortes der bP 4, die Fragen hinsichtlich des Krankenhausaufenthalts der bP 2 sowie die Berufstätigkeit der bP 1 für das Militär aus Datenschutzgründen nicht erhoben werden konnten, so ist dennoch den erhebbaren Daten des Verbindungsbeamten zu folgen. Demnach hat der Sachverständige für Armenien gerade zumindest über die Polizei erheben können, dass gegen die bP kein Haftbefehl besteht und nach ihr auch nicht gefahndet wird.
Wenn auch eben individuell konkret nichts zum militärischen Hintergrund recherchiert werden konnte, so konnte dennoch erhoben werden, dass die Angaben der bP 1 zum näheren militärischen Umfeld bzw. zur Örtlichkeit falsch waren. Die Information, dass dort entgegen den Ausführungen der bP 1 tatsächlich eben nicht eine Spezialeinheit sondern andere Behörden untergebracht sind und vor allem nicht die Straße Monument-Straße heißt, sondern nur das Areal Monumentum genannt wird, begegnet keinen Bedenken. Vor allem konnte die bP 1 gerade nicht eine konkrete Adresse ihrer Arbeitsstätte oder Einheitskennung benennen, was im Hinblick auf eine militärische Einrichtung und damit verbundene genau strukturierte zeitliche, örtliche und hierarchische Vorgaben gänzlich unplausibel erscheint. Vielmehr führte die bP lediglich auf die konkrete Befragung wie folgt aus:
F: Und in Armenien? Wo und wann waren Sie da beschäftigt?
A: Ich war bei einer speziellen Behörde.
V: Das ist dürftig, schreiben Sie den genauen Namen und den Sitz dieser Behörde und ihrer Dienststelle auf!
A: Ich weiß keine Adresse, dieses Büro gehört dem Generalstab, es gab keine fixe Dienststelle, wir wurden befohlen, etwa an der Grenze zu stehen.
F: Also Sie wissen von dieser früheren Arbeitgeber nichts?
A: Den Namen kann ich schrieben, sonst weiß ich nichts. Monument.
V: Schreiben Sie die genaue Adresse und den Namen dieser Dienststelle auf!
A: Spezielle Militärische Kräfte, Hauptstab Stadt Erewan, Monument-Straße. Ich war nur einmal im Monat dort.
V: Eine Behörde mit einem solchen Namen gibt es in Armenien nicht!
A: Wie kann das sein.
F: Von wann bis wann genau waren Sie dort beschäftigt und in welcher Aufgabe und Rang?
A: Gleich nach meinem Militärdienst.
V: Sie weichen aus, von wann bis wann genau?
A: Soll ich meinen Wehrdienst auflisten.
V: Noch einmal von wann genau bis wann waren Sie bei dieser Einheit?
A: Ungefähr von 2005 bis 2007.
F: Genau wissen Sie das nicht?
A: Nein, ich weiß die Monate nicht.
F: In welcher Eigenschaft und welchem Rang waren Sie dort, welche Aufgabe hatten Sie dabei genau?
A: Wir wurden an der aserbaidschanisch-armenischen Grenze stationiert, manchmal kamen aserbaidschanischen Soldaten um bei uns zu spionieren und wir machten es auch an der anderen Seite. An manchen Stellen liegen die Grenzen zusammen an manchen liegen die Grenzen dieser Länder weiter auseinander (kilometerweit). Mein Gruppe hatte am Tag Dienst, in der Nacht machten das die einfachen Soldaten, wir wurden an verschiedenen Stellen eingesetzt.
F: Sie beantworten diese Frage wiederum unzulänglich und ausweichend, Sie wurden gefragt, was war dabei Ihre Aufgabe und was war Ihr rang! Für die Behörde ist offensichtlich, dass Sie dort nie tätig gewesen sein konnten!
A: Ich war Offizier, Praworschnik (der AW schreibt auf cyrillisch: Proprtschik).
F: Also Sie waren etwas Höheres?
A: Ja, zwei silberne Sterne, es spielt keine Rolle ob es silberne Sterne oder Goldsterne sind, das ist dasselbe.
V: Nun listen Sie die Ränge auf vom einfachen Soldaten bis zum Praworschnik!
A: Scharkayin ist einfacher Soldat, dann Yefretor, Grtzer Sergeant, Sergeant, Awak Sergeant, Yentasba (das ist Prawortschik, Prawortschik ist der russische Name).
V. Dann waren Sie nicht Offizier sondern bestenfalls Unteroffizier!
A: Ja.
Damit muss der Beschwerde zwar im Hinblick darauf, dass die bP einmal zwar tatsächlich nur "Monument" angegeben hat, gefolgt werden. Insgesamt hat die bP aber gerade keine richtigen und aussagekräftigen Angaben zu ihrem Arbeitgeber bzw. nachvollziehbare Angaben zur militärischen Einheit oder ihrer Tätigkeit dort gemacht.
Die bP 1 tätigte sogar im Zusammenhang mit den angeblichen Verfolgern derart vage Angaben, dass nicht einmal klar erkennbar war, ob sie staatliche, militärische oder private Verfolgung fürchte. So gab sie befragt dazu, wer die Verfolger gewesen seien, vorerst an: "Es sind die Leute die mir Probleme machen". Weiter befragt dazu nannte die bP 1 dann wieder wie im ersten Asylverfahren die Familiennamen der angeblich in den Zwischenfall beim Militär verwickelten Personen, deren Verwandte Angehörige der Militärpolizei wären.
Vor allem konnte der Sachverständige nach Anfragen bei zwei NGO¿s, welche sich konzentriert mit Problemen im Zusammenhang mit dem Militärdienst beschäftigen, einen Vorfall wie von der bP 1 behauptet im Jahr 2007 nicht bestätigen. Auch die Medienberichte in diesem Zeitraum wurden überprüft und führten zu keinem Ergebnis. Schließlich konnte auch von der Militär-Staatsanwaltschaft, welche für derartige Ermittlungen im Zusammenhang mit kriminellen Handlungen beim Militär zuständig ist, ein derartiger Vorfall nicht bestätigt werden.
Wie schon die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, kann davon ausgegangen werden, dass wenn tatsächlich die bP in Zusammenhang mit einem Mord beim Militär gebracht worden wäre, ein entsprechender Haftbefehl ausgestellt worden wäre. Dies verneinte die bP 1 jedoch mehrmals und ist auch vor dem Hintergrund der Rückkehr mit einem Heimreisezertifikat und der Landung auf einem armenischen Flughafen jedenfalls davon auszugehen, dass dieser Umstand den Behörden bekannt geworden ist und sie bei entsprechendem Interesse an der Person der bP 1 diese am Flughafen angehalten hätten.
F: Wurden Sie dabei angezeigt, gab es ein Strafverfahren?
A: Ich wollte den Mord nicht auf mich nehmen, es gab kein Strafverfahren und ich habe kein Geständnis abgelegt sondern bin geflüchtet.
F: Haben Sie je versucht, etwa über einen Anwalt oder die Zentralstelle des Militärs diesen Vorfall aufzuklären?
A: Nein, ich habe keine Chance gegen die höherrangigen vorzugehen. Er verlangt von mir, die Schuld auf mich zu nehmen.
F: Also Sie haben nur von diesen beide Familien etwas zu befürchten?
A: Ja.
V: Das ist unlogisch, beide wisse ja was sich wirklich abgespielt hat! Die haben gar keine Veranlassung Sie zu verfolgen! Normalerweise müsste eine Familie die andere zur Rechenschaft ziehen!
A: Meine Spuren waren ja an der Waffe zu sehen und die Familie des Erschossenen glaubt, dass ich es war.
V: Dann ist nicht plausibel, dass es kein Strafverfahren gibt! Ihr Vorbringen ist völlig unlogisch!
A: Sie wollen lieber Blutrache üben.
F: Wo war dieser Vorfall genau?
A: An der Grenze.
V: Die ist lange?
A: Bei der XXXX, das sind Grenzdörfer.
F: Wann genau war dieser Vorfall?
A: Im Frühjahr 2007.
F: Wann genau?
A: Entweder im März oder im April. Genauer weiß ich es nicht, ich kann mich nicht erinnern.
II.2.5.2. Auch die Angaben der bP waren von Widersprüchlichkeiten und vagen Angaben zu Kernpunkten geprägt. Dies nicht nur hinsichtlich der Angaben zum angeblichen Aufenthaltsort. So gab die bP 2 erstbefragt an, aus Angst nach Russland gezogen zu sein und dort Angst gehabt zu haben, dass man sie auch dort fände. Während die bP 2 weder im Rahmen der Erstbefragung noch zu Beginn der Einvernahme vor der belangten Behörde eigene Probleme angegeben hat, schob sie plötzlich im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 25.06.2013 eigene Fluchtgründe nach. Sie behauptete nunmehr, dass sie bei ihrem Besuch in Armenien - welchen sie kurz zuvor ohne besondere Vorkommnisse zu Protokoll gegeben hat (AS 53) - bedroht worden sei. Erst nachdem sie zuerst behauptete hat, dass sie keine eigenen Ausreisegründe oder Rückkehrbefürchtungen habe, und nur deshalb ausgereist sei, da der Ehegatte auch ausreiste, beantwortete sie plötzlich die Frage, ob sie je selbst Repressionen wahrgenommen habe wie nachstehend:
"Wir sind spontan aus Armenien 2007 geflüchtet. Als ich letztes Jahr nach Armenien zu Besuch gefahren bin haben es diese Leute erfahren und einige Tage später kamen sie bei uns in die Wohnung und wollten mich entführen und haben mich angeschrien und sagten dass sie mich umbringen würden und meinen Mann finden und rächen würden."
Trotz eingehender Befragung blieben die Angaben der bP 2 zu diesem behaupteten Vorfall auch weiterhin - wie bei dieser Aussage - im absolut im vagen Bereich. Dies sei am 27. Oder 28. August gewesen. Sie konnte nicht einmal angeben, ob es an einem Wochentag oder am Wochenende bzw. zu welcher Zeit es passiert sei. Selbst wenn in der Beschwerde richtig ausgeführt wurde, dass protokolliert wurde, dass die bP im Rahmen der Befragung bei der Schilderung geweint hat, so kann allein daraus nicht auf die Glaubwürdigkeit geschlossen werden. Vor allem kann ein persönliches Verhalten der bP ho. nicht mehr überprüft werden, es liegen jedoch vielmehr weit gravierendere Umstände vor, welche eher den Umstand nahe legen, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. So ist es an sich schon nicht plausibel, dass die bP nach fünfjährigem Aufenthalt in Russland wieder in Armenien einreist und hier dann tatsächlich überfallen wird. Die bP machte keinerlei Angaben dazu, um wen es sich bei "diesen Leuten" gehandelt hätte. Auch behauptete sie wie schon dargestellt, im Rahmen dieser Reise nur bei ihrer Mutter gewesen zu sein, während ihr Mann angab, dass sie auch seine Eltern besucht hätte, von den die bP 2 wiederum behauptete, nicht einmal die genaue Adresse zu kennen.
Entgegen den späteren Ausführungen in der Beschwerde, dass die bP 2 im Rahmen dieses Übergriffes nach dem Aufenthaltsort des Gatten befragt worden sei und diesen genannt hätte, erwähnte die bP 2 derartiges im Rahmen ihrer persönlichen Einvernahme gar nicht. Auch diesbezüglich erscheint es so, dass im Rahmen der Beschwerde versucht wurde, mit einem teilweise neuen Vorbringen das alte Vorbringen plausibel zu machen. Wenn jedoch nunmehr in der Beschwerde vorgebracht wird, dass deshalb der Aufenthaltsort in Russland bekannt geworden sei und darum die Familie jetzt letztlich Russland verlassen habe, so kann das nur ein weiteres Konstrukt sein, mit dem die bP versuchen, ihr Vorbringen plausibel erscheinen zu lassen. Dass sie deshalb Russland verlassen hätten müssen, haben aber weder die bP 1 noch die bP 2 im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens behauptet.
Die bP 1 hat vielmehr selbst im Rahmen der Erstbefragung lediglich ausgeführt, dass die Familie in Russland gelebt habe und sie daher nicht in Armenien bleiben habe wollen, Die Frau sei Nervenkrank und in Russland bereits einmal zusammengebrochen. Die bP 1 habe keine neuen Gründe. Sie hätte Angst wegen ihrer Familie gehabt. Sie hätte schon das erste Mal die Familie mitnehmen wollen, aber diese hätten damals noch nicht ausreisen wollen. Sie werde von der Familie des getöteten Mannes beim Militär verfolgt und dies sei auch der Grund für die erste Ausreise gewesen.
Soweit die bP 2 nunmehr behauptet, im Anschluss an diesen Überfall ins Krankenhaus gekommen zu sein, und sogar auf der Intensivstation gewesen zu sein, ist festzuhalten, dass dies nicht damit zusammen passt, dass die bP 2 nur einen Tag im Krankenhaus gewesen sein will und dann zu einem Onkel gereist sei. Ein derart kurzer Aufenthalt auf der Intensivstation vermag auch nicht damit gerechtfertigt werden zu können, dass die bP 2 eigentlich in ein anderes Krankenhaus überstellt werden hätte sollen.
Weiters ist festzuhalten, dass die bP einen Bericht eines Krankenhauses vorgelegt hat. Die möglichen Ursachen von einer derartigen Behandlungen sind vielfältig, dass aus dem Umstand, dass die bP diese Behandlung mit Krankenhausbericht nachweisen konnte, zwar die Behandlung an sich, nicht jedoch deren Ursache feststellbar ist. Zur Ursache machte die bP keine glaubhaften Angaben und scheinen solche auch im Bericht nicht auf, weshalb zwar die Behandlung wegen einer "Nervenerkrankung", aber nicht deren Ursache feststellbar ist.
Schließlich konnte die bP 2 die Angaben der bP 1 hinsichtlich der angeblich beruflichen Tätigkeit für das Militär über einen längeren Zeitraum mangels entsprechendem Wissen hierzu nicht bestätigen. Die bP 2 gab vage an, die bP 1 habe "immer" bzw. schon bei ihrer Hochzeit beim Militär gearbeitet. Sie wisse nicht, für welche Abteilung die bP 1 gearbeitet habe oder wie ein Dienstplan gewesen sei. Sie wisse nicht, wie lange und wie oft die bP 1 weg gewesen oder wo sie stationiert oder eingesetzt gewesen sei.
II.2.5.3. Auch wenn die beiden in der Beschwerde wörtlich zitierten Passagen der Niederschriften der bP tatsächlich "unglücklich" formuliert erscheinen, so ist dennoch festzuhalten, dass generell die Niederschriften so gestaltet sind, dass trotz einiger grammatikalischer Fehler durchgängig der Sinn eindeutig erfassbar ist. Schließlich hat die bP 2 selbst am Ende der Einvernahme vom 25.06.2013 angegeben, dass sie alles verstanden habe und es keine Verständigungsprobleme gegeben habe. Die bP 2 hat sogar nach Rückübersetzung das Protokoll dahingehend korrigiert, dass die standesamtliche Eheschließung kurz vor der Geburt des ersten Kindes und damit im September 2005 gewesen sein muss. Auch die bP 1 verneinte Verständigungsprobleme im Rahmen der Einvernahme explizit.
Grundsätzlich ist hinsichtlich der in der Beschwerde behaupteten Dolmetscherproblemen anzuführen, dass bei einer Sichtung der Einvernahmeprotokolle, welchen unwiderlegt die Beweiskraft des § 15 AVG zukommen, seitens des erkennenden Gerichts der Eindruck entstand, dass die Befragungen ohne Probleme von statten gingen. Die bP mussten sichtlich nie nachfragen, wurden über die Rolle des Dolmetschers manuduziert und erklärten sich einverstanden, dass die Einvernahme in Armenisch erfolgt. Darüber hinaus stehen die protokollierten Fragen und Antworten in einem logischen Konnex, so dass nie der Eindruck entstand, dass irgendetwas falsch verstanden worden wäre. Auch wurden den bP 1-2 die Einvernahmen rückübersetzt und bestätigten diese deren Richtigkeit mit ihrer Unterschrift, bzw. wurden ihre Angaben korrigiert, ergänzt und diese Korrektur bestätigt. Vor dem Hintergrund, dass offensichtlich Rückübersetzungen stattgefunden haben, in denen gegen den Inhalt der Einvernahmeprotokolle seitens der bP keine Einwände außer den beschriebenen erhoben wurden, wäre das Vorbringen hinsichtlich der Existenz von evident falschen bzw. unvollständigen Protokollierungen nur in einem absurden Fall schlüssig. Nämlich dann, wenn das Vorbringen der bP vom Dolmetsch falsch und unvollständig übersetzt und in weiterer Folge diese falsche und unvollständige Übersetzung protokolliert und letztlich die falsche Protokollierung vom Dolmetsch inhaltlich in jener Weise wiederholt wurde, wie das Vorbringen von der bP ursprünglich erstattet und im Rahmen der Rückübersetzung den bP zur Kenntnis gebracht wurde. Dass dieser Fall schon aufgrund des Umfanges der Niederschrift ausgeschlossen werden kann, und kein vernünftiger Anlass für die belangte Behörde besteht, dermaßen vorzugehen bedarf wohl keinen näheren Ausführungen.
Darüber hinaus wurde auch im Protokoll der bP 1 festgehalten, dass dieser Dolmetscherprobleme verneint hat. Die bP wurden in der armenischen Sprache einvernommen, es gibt keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Dolmetschers und gehen schon daher Ausführungen hinsichtlich der Dolmetscherprobleme ins Leere.
Aufgrund dieser Ausführungen kann mit der Berufung auf Dolmetscherprobleme keiner der Widersprüche aufgeklärt werden.
II.2.5.4. Was die Ausführung in der Beschwerde betrifft, die Bescheide hinsichtlich der bP 2-4 seien in ihrer Begründung schon deshalb mangelhaft, weil diese kurz gehalten worden wären, ist festzuhalten, dass für die Minderjährigen keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden sind und damit der Verweis auf die Begründung hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit des Vaters auf dessen Bescheid legitim ist. Auch erscheint es gerade noch ausreichend, dass im Bescheid der bP 2 wörtlich die Passagen des Bescheides der bP 1 zitiert sind, in welchen Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit der bP 2 getroffen werden. Auch die - erstinstanzlich trotz entsprechender Aufforderung, Unterlagen hierzu vorzulegen- noch unbelegten Feststellungen zum Gesundheitszustand der bP 2 begegnen keinen Bedenken.
Die bP 2 gab im Rahmen ihrer Befragung am 25.06.2013 vorerst an, dass sie gesund sei, sich auf die Befragung und Erzählung konzentrieren und sich auch erinnern könne, die Dolmetscherin gut verstehe und nichts gegen diese einzuwenden habe. Im weiteren Verlauf gab sie zu Protokoll, dass sie an einer "Nervenentzündung" leide, oft krank gewesen und sogar einmal in Russland in der Polyklinik in XXXX gewesen sei. Sie habe eine "Nervenentzündung" gehabt und sei dort mit ähnlichen Medikamenten wie hier in Österreich behandelt worden. Nunmehr kann aufgrund der im Rahmen der Beschwerde vorgelegten ärztlichen Bestätigungen von österreichischen Ärzten festgestellt werden, dass die bP 2 tatsächlich aktuell an keiner lebensbedrohlichen bzw. iSd § 3 EMRK relevanten Erkrankung leidet (vgl. hierzu Ausführungen unten zum subsidiären Schutz) sondern wegen einer Depression behandelt wird.
Weiters kann der Beschwerde nicht gefolgt werden, wenn sie anführt, dass im Hinblick auf das Privat- und Familienleben nur unzureichende individuelle Feststellungen getroffen worden wären. Richtig ist zwar, dass sich die belangte Behörde teilweise Textblöcken bedient hat, diese wurden jedoch sodann individuell erörtert und der festgestellte Sachverhalt unter die Bestimmungen ordnungsgemäß subsumiert. Vor allem wird bereits an dieser Stelle hervorgehoben, dass die bP sich erst lediglich zwei Jahre in Österreich aufhalten und auch das "Kindeswohl" einer Rückkehrentscheidung nicht entgegensteht (vgl. Ausführungen unten).
II.2.5.5. Im Falle einer Rückkehr nach Armenien kann auch entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht erkannt werden, dass die bP einer existenzbedrohenden Gefahr ausgesetzt wären. Neben den familiären Anknüpfungspunkten kann die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse gemäß den Feststellungen zum staatlichen System der Grundversorgung in Armenien als gesichert angenommen werden. Selbst wenn die bP tatsächlich für mehrere Jahre in Russland vor der Ausreise aufhältig gewesen wären, kann dadurch alleine nicht davon ausgegangen werden, dass sie mit den Lebensverhältnissen in Armenien, in dem Land, in welchem sie Sozialisiert wurden und den überwiegenenden Zeitraum ihres Lebens verbrachten, nicht mehr vertraut wären. Darüber hinaus konnten sie ja sogar in Russland sofort nach Einreise beide einer Arbeit nachgehen, was einerseits die Arbeitsfähigkeit und andererseits die Anpassungsfähigkeit der bP belegt. Die Familienmitglieder der bP in Armenien beziehen darüber hinaus alle Pensionen, sodass auch davon ausgegangen werden kann, dass diese die Familie in ihrem Lebensunterhalt unterstützten können. Auch wenn die staatlichen Unterstützungsleistungen eher von geringer Höhe sind, so sind dennoch Sozialleistungen vorhanden und ist eben für alle in Armenien lebenden Personen die Grundversorgung gewährleistet. Spezifische Gründe dafür, warum die bP stärker als andere Einwohner von der schlechten wirtschaftlichen Lage betroffen wären, wurden auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Auch wenn der Staat keine spezielle Hilfe für Rückkehrer anbietet, kann darin kein Hinweis auf eine Schlechterstellung gesehen werden und besteht letztlich die Möglichkeit, in Österreich unter Gewährung von Rückkehrhilfe auszureisen. Damit werden die bP in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) auch im Falle einer Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation ausgesetzt sein (vgl. auch unten rechtliche Ausführungen).
II.2.5.6. Der Anfragebeantwortung war damit hinsichtlich ihrer wesentlichen Aussagen zu folgen und kann damit weder ein Vorfall im Zusammenhang mit der bP 1 im Jahr 2007 beim Militär noch ein Vorfall im Zusammenhang mit der bP 2 im Jahr 2012 bestätigt werden. Diese Anfragebeantwortung wird auch an sich nur als weiteres Beweismittel herangezogen. Die Angaben der bP waren schon an sich aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit und der vagen Angaben zu wesentlichen Kernpunkten des Vorbringens unglaubwürdig. Am Rande sei noch erwähnt, dass hinsichtlich des behaupteten Mordes beim Militär sowie des Übergriffes auf die bP 2 fünf Jahre später keinerlei Beweismittel vorgelegt worden sind.
Hinsichtlich etwaiger wirtschaftlicher Schwierigkeiten bzw. schwieriger sozialer Bedingungen ist anzumerken, dass wirtschaftliche Probleme objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen. Der bloße Wunsch in Österreich ein besseres Leben aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt zu haben, vermag die Gewährung von Asyl jedenfalls nicht zu rechtfertigen.
II.2.5.7. Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers moniert wird, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde mangelhaft sei, wird festgestellt, dass nach Ansicht des ho. Gerichts die belangte Behörde ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Der bP ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufgekommen wären. Da somit weder aus dem amtswegigen Ermittlungsergebnis im Beschwerdeverfahren noch aus den Ausführungen der bP ein substantiierter Hinweis auf einen derartigen Mangel vorliegt, kann ein solcher nicht festgestellt werden.
Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Zu A) (Spruchpunkt I)
II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) ...
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
..."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung (vgl. Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass die bP nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).
Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:
Die bP haben ihren Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe der bP, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.
Sofern die bP wirtschaftliche Gründe für das Verlassen Armeniens ins Treffen führen, ist darauf hinzuweisen, dass alleine in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine Verfolgung gesehen werden kann (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 unter Bezugnahme auf VwGH 24.10.1996, Zl. 95/20/0321, 0322) und eine den bP diesbezüglich aus Gründen der GFK drohende Verfolgung nicht ersichtlich ist.
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorlieben der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. ...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung
nach § 3 ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
..."
Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen.
Bei bP1 und bP2 handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Die Pflege, Obsorge und der Unterhalt der minderjährigen bP3 -4 ist durch bP1 und bP2 gesichert.
Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem qualifiziert vulnerablen Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr leben zu meistern.
Auch steht es den bP1 und bP2 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Die bP 1 und 2 haben sowohl in Armenien als auch in Russland gearbeitet und sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, warum es ihnen nicht wiederum möglich sein sollte.
Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre dort lebenden Familienangehörigen erwarten.
Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
In Bezug auf die minderjährigen bP ist sicherzustellen, dass die Pflege und Obsorge durch bP1 und bP2 im Zuge der Außerlandesbringung nicht vereitelt wird.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.
Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.
Soweit die beschwerdeführende Partei bP 2 ihren psychischen Gesundheitszustand thematisiert wird Folgendes erwogen:
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armenien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.
In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngere diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.
Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab:
Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.
Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.
Gerade zur von der bP vorgebrachten Behandlungsbedürftigkeit aufgrund des psychischen Zustandes wird Folgendes erwogen:
Wie bereits erwähnt, geht der EGMR weiters davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet und kann nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall")}. Im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers nahm der EGMR außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände im "St. Kitts-Fall" an. Im Mai 1997 hatte der EGMR die Abschiebung eines HIV-infizierten Drogenhändlers, welcher laut medizinischen Erkenntnissen auch in Großbritannien bei entsprechender Behandlung nur mehr ca. 8 - 14 Monate zu leben gehabt hätte und sich somit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befand, aus Großbritannien auf seine Heimatinsel St. Kitts/kleine Antillen (Karibik) als "unmenschliche Behandlung" im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention angesehen. Die im zitierten Erkenntnis beschriebene außergewöhnliche, exzeptionale Notlage ( er hätte dort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Betreuung, nicht einmal zu einem Pflegebett gehabt hätte und wäre so qualvollst, einsam und in extremer Armut gestorben) die ihn dort erwarte, würde seine Lebenserwartung deutlich reduzieren und ihn psychischem und physischem Leiden aussetzen. Diese Abschiebung war daher in diesem Einzelfall unzulässig (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964).
Ähnlich entschied die Europäische Kommission für Menschenrechte 1998 im Falle eines AIDS-Kranken aus der Demokratischen Republik Kongo (B.B. gegen Frankreich, 9.3.1998, Nr. 30930/96). Auch die Kommission stellte auf die fortgeschrittene Erkrankung, die fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Heimat mit der großen Gefahr opportunistischer Erkrankungen, fehlende familiäre Bindungen und die Übernahme der (medizinischen) Verantwortung Frankreichs durch die Behandlung ab und bejahte ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK.
In der Entscheidung vom 15.2.2000 (S.C.C. gegen Schweden, Nr. 46553 /99) kam der EGMR zu einer entgegen gesetzten Auffassung. Die Antragstellerin stammte aus Sambia. Sie machte geltend, es sei im Jahr 1995 eine HIV-Infektion bei ihr festgestellt worden, mit einer Therapie habe man im Jahr 1999 begonnen. Der EGMR verneinte eine Verletzung von Art. 3 EMRK unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass erst kürzlich mit einer Therapie begonnen worden sei, dass Verwandte in Sambia lebten und dass nach Vortrag der schwedischen Botschaft die Behandlung von AIDS in Sambia möglich sei.
Auch in seiner sonstigen, dem in die Literatur unter der "St. Kitts-Fall" bekannten Fall nachfolgenden Rechtsprechung hat der EGMR (unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen konkreten Umstände) in keinem Fall eine derart außergewöhnliche - und damit vergleichbare - Situation angenommen (vgl. z.B. EGMR 10.11.2005, Paramsothy gegen die Niederlande [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom], EGMR 10.11.2005, Ramadan gegen die Niederlande, Nr. 35989/03 [Erkrankung an Depression, teils mit psychotischer Charakteristik], EGMR 27.09.2005, Hukic gegen Schweden, Nr. 17416/05 [Erkrankung am Down-Syndrom], EGMR 22.09.2005, Kaldik gegen Deutschland, Nr. 28526 [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom mit Selbstmordgefahr], EGMR 31.05.2005, Ovdienko gegen Finnland, Nr. 1383/04 [Erkrankung an schwerer Depression mit Selbstmordgefahr], EGMR 25.11.2004, Amegnigan gegen die Niederlande, Nr. 25629/04 [HIV-Infektion], EGMR 29.06.2004, Salkic gegen Schweden, Nr. 7702/04 [psychische Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen], EGMR 22.06.2004, Ndangoya gegen Schweden, Nr. 17868/03 [HIV-Infektion], EGMR 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich [Erkrankung an Schizophrenie]).
Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier aus der Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden zitiert, wo es um die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina ging, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig erheblich unterliegt:
"Das Gericht ist sich bewusst, dass die Versorgung bei psychischen Problemen in Bosnien-Herzegowina selbstverständlich nicht den gleichen Standard hat wie in Schweden, dass es aber dennoch Gesundheitszentren gibt, die Einheiten für geistige Gesundheit einschließen und dass offensichtlich mehrere derartige Projekte am Laufen sind, um die Situation zu verbessern. Auf jeden Fall kann die Tatsache, dass die Lebensumstände der Antragsteller in Bosnien-Herzegowina weniger günstig sind als jene, die sie während ihres Aufenthaltes in Schweden genossen haben, vom Standpunkt des Art. 3 [EMRK] aus nicht als entscheidend betrachtet werden (siehe, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich Urteil, oben angeführt, Art. 38).
...
Abschließend akzeptiert das Gericht die Schwere des psychischen Gesundheitszustandes der Antragsteller, insbesondere den der beiden Kinder. Dennoch mit Hinblick auf die hohe Schwelle, die von Art. 3 [EMRK] gesetzt wurde, besonders dort, wo der Fall nicht die direkte Verantwortlichkeit des Vertragsstaates für die Zufügung von Schaden betrifft, findet das Gericht nicht, dass die Ausweisung der Antragsteller nach Bosnien-Herzegowina im Widerspruch zu den Standards von Art. 3 der Konvention stand. Nach Ansicht des Gerichtes zeigt der vorliegende Fall nicht die in seinem Fallrecht festgelegten außergewöhnlichen Umstände auf (siehe, unter anderem, D. gegen Vereinigtes Königreich, oben angeführt, Art. 54). Dieser Teil des Antrages ist daher offenkundig unbegründet."
Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:
Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter wären als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.
In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.
In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.
In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.
Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".
Die bP 2 wurde in Armenien wegen astheno-vegetativen Symptomen behandelt. In Österreich wird sie wegen reaktiver somatisierter Depression in der Schwangerschaft behandelt. Sie wurde in Armenien gemäß eigenen Angaben mit ähnlichen Medikamenten behandelt. Sie leidet an Pollen- und Hausstauballergie. Die bP nimmt Cipralex und bei Angst Xanor ein. Sie ist - nachdem ihr im November 2013 eine Spirale entfernt wurde - in der 11.ten Schwangerschaftswoche.
Die bP 1 nahm Medikamente wegen Gastritis und Reflux ein.
Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP 1 und 2 keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.
In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko
v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)
Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange.
Im gegenständlichen Fall sei auch auf das Erk. des AsylGH GZ E10 258.448-3/2009-9E (die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde an den VfGH wurde mit Beschluss vom 3.9.2009, U1302/09-10 mit Verweisen auf seine bisherige Judikatur abgelehnt) und die dort getroffenen Aussagen zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von psychischen Erkrankungen vor dem Hintergrund der in Armenien bestehenden Behandlungsmöglichkeiten verwiesen.
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.
II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:
§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer
Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von
Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
der Grad der Integration,
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von
Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:
§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels
gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."
§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich
eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
II.3.4.2. Die gegenständlichen, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).
II.3.4.4. Die bP haben in Österreich über die im gegenständlichen Erkenntnis behandelten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit eineinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben kaum Deutschkenntisse. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Die bP 3 besucht die Vollksschule, die bP 4 den Kindergarten.
Die Ausweisung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst -bezogen auf das Lebensalter der bP - kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.
II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.
Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:
- Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046),
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271)
- und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00),
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
- den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582;
9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560;
16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124),
- die Bindungen zum Heimatstaat,
- die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch
- Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und
- Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).
Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).
Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP sind seit eineinhalb Jahren in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]
Die bP verfügen über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte
- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]
Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.
Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.
v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.
Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN).
- Grad der Integration
Die beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.
Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten.
Zum Schulbesuch von bP 4 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die bP 1 und 2 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armeninen Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren, selbst wenn sie die letzten Jahre in Russland lebten.
Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die bP 3 dennoch im Herkunftsstaat geboren wurde, sich dort eine zeitlang aufhielt und die bP 3 als auch die bP 4 über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel (Kindergarten, Volksschule) zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
Die bP sind strafrechtlich unbescholten.
Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Die bP reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den genannten bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.
In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.
- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer
Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.
- weitere Erwägungen
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der bP in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die bP halten sich im Vergleich mit ihrem Lebensalter erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, sind auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar. Für die bP spricht damit lediglich, dass sie zumindest geringe Deutschkenntnisse aufweisen, eine Einstellungszusage vorliegt und sie regelmäßig die Kirche besuchen.
Was die Empfehlungsschreiben der Bürgermeisterin und des Pfarrers sowie der Diakonie und des Unterkunftgebers betrifft, so ist dazu auszuführen, dass die bP erst seit Jänner 2013 in dieser Gemeinde gemeldet sind. Den Unterstützungsschreiben kann nicht entnommen werden, aufgrund welcher Tatsachen die bP besonderes Engagement zur Integration in Österreich gezeigt hätten, bzw. ist teilweise auch nicht erkennbar, woher zB die Bürgermeisterin die bP kennt. Es mag wohl so sein, dass die bP durch ihre Kirchenbesuche und ihr Wohlverhalten vor allem auch in ihrer Unterkunft durch Mitarbeit Laien den Eindruck einer "den Gesetzen zum Aufenthalt berechtigenden entsprechenden Integration" vermitteln kann. Bei genauerer Betrachtung sind die von den bP gesetzten Integrationsschritte im Rahmen der Interessensabwägung jedoch stark in ihrer Gewichtung gemildert. Einer Arbeitsplatzzusage kann in einem Verfahren betreffend Ausweisung mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis der Fremden keine wesentliche Bedeutung Zukommen (VwGH vom 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323;).
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist gerade Kindern, welche noch im jungen Alter sind und die mit ihren Eltern gemeinsam ausreisen, die (Re‑)Integration im Herkunftsstaat der Eltern zumutbar. So nahm der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.08.2011, Zl. 2009/21/0015 an, dass bei einem 6 Jahre und 3 Monate dauernden Aufenthalt in Österreich erwartet werden kann, die Kinder werden sich im Rahmen des gewohnten familiären Umfeldes an die neuen Begebenheiten im Herkunftsstaat der Eltern anpassen können (vgl. auch VwGH vom 19. Mai 2011, Zlen. 2009/21/0115, 116, mwN). Selbst Schwierigkeiten bei der (Re )Integration sind in derartigen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH vom 5. Juli 2011, Zl. 2008/21/0282).
Verwandte der bP leben noch im Herkunftsstaat, wo die bP 1-2 den Großteil des Lebens verbracht haben und sozialisiert wurden, und ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen familiären und privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Armenien eine - wenn überhaupt vorhanden - Integration in Österreich bei weitem überwiegen.
Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der bP in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig zu erklären wären.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
II.3.4.8. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass der bP ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Es liegt im gegenständlichen Fall schon die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG (Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK) nicht vor.
II.3.4.9. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.
II.3.4.10. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.
Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste femdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
II.3.4.11. Die bP 2 ist in der elften Schwangerschaftswoche. In den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 116/2009, wird für Frauen ein absolutes Beschäftigungsverbot von acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung bis acht Wochen nach der Entbindung normiert (Mutterschutz). Die hinter dieser Bestimmung liegende generelle Wertung, dass Frauen in diesem Zeitraum vor und nach der Geburt einer körperlichen Schonung bedürfen, ist nach Ansicht des Gerichts auch auf Rückkehrentscheidungen im Asylrecht übertragbar.
Da damit der Geburtstermin nicht in den genannten Zeitraum fällt, kann aktuell von keinem Überstellungshindernis im Hinblick auf die bP 2 ausgegangen werden. Da aktuell damit hinsichtlich der erst in 25 Wochen stattfindenden Geburt kein besonderer Schonungsbedarf vorliegt, sind auch diesbezüglich keine Gründe ersichtlich, die einer Rückkehrentscheidung aktuell entgegenstehen würden.
II.3.4.12. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreisen vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
II.3.5. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
§ 24 VwGVG lautet:
"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt (§ 24 Abs. 4 VwGVG). Zum einen liegt ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren vor und zum anderen werden die seitens der bP beschriebenen Anknüpfungspunkte in Österreich nicht in Zweifel gezogen. Ebenso legten die bP nicht dar, was sie in einer weiteren Verhandlung noch zusätzlich vorzubringen beabsichtigten.
Eine Verletzung von Art. 6 EMRK stellt die unterlassene Verhandlung nicht dar, zumal gem. ständiger Judikatur VwGHs (vgl. Erk. vom 5.9.2002, Zl 98/21/0124 mwN) und des VfGHs (vgl. etwa Erk. v. 15.10.2004, GZ G237/63 ua) Art. 6 EMRK im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren nicht zur Anwendung kommt (vgl. auch EGMR 5.10.2000, Fall Maaouia, Appl. 39.652/98).
Ebenso ergibt sich auch aus dem auf Asylverfahren anwendbaren Art 47 der Grundre-chtecharta der Europäischen Union im gegenständlichen Fall keine Verhandlungspflicht (Erk. d. VfGH U 466/11-18, U 1836/11-13). In diesem Zusammenhang wird auch auf das Erk. des VwGH vom 27.9.2013, Zl. 2012/05/0213 verwiesen ("...Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht
erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche ... Fragen betrifft,
zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (Hinweis E vom 28. Mai 2013, 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint."), wo das genannte Höchstgericht zum Schluss kam, dass keine Verhandlung durchzuführen ist (zumal sich § 24 Abs. 4 VwGVG mit § 39 Abs. 2 Z 6 WvGG inhaltlich deckt, erscheinen die dort angeführten Überlegungen im gegenständlichen Fall sinngemäß anwendbar).
Soweit die bP nochmals die persönliche Einvernahme beantragen, wird festgestellt, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon wiederholt stattgefundenen persönlichen Einvernahme (das in diesen Einvernahmen erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahmen wurde in entsprechenden Niederschriften, denen die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können, insbesondere, womit die bP die aufgetretenen und für die Entscheidung maßgeblichen Widersprüche und Unplausibilitäten, die zur Nichtglaubhaftmachung seiner ausreisekausalen Gründe führten, aufzuklären beabsichtigten. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was seine ergänzende Einvernahme an diesen Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.
Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.
II.3.6. Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Amenien dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 AsylG ausgesetzt wären.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, die im gegenständlichen Fall den Ausspruch, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, rechtfertigen würden.
Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist.
Auch Umstände, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen nicht vor.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde zwar behauptet, konnte jedoch nicht schlüssig dargelegt werden.
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen den 3. Spruchteil des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 und 55 Abs. 1 FPG idgF sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 idgF als unbegründet abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Auch legt das ho. Gericht in seinen Ausführungen in Bezug auf das Absehen einer mündlichen Verhandlung die bereits beschriebenen Tatbestandsmerkmale im Lichte der ebenfalls zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH aus.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
