Normen
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs4;
FrG 1993 §37 Abs5;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §65 Abs1;
EMRK Art6;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs4;
FrG 1993 §37 Abs5;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §65 Abs1;
EMRK Art6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der nach eigenen Angaben in Monrovia geboren und daher Staatsangehöriger von Liberia sei, reiste im April 1997 in das Bundesgebiet ein und ersuchte um Asyl. Zu seinen Fluchtgründen gab er vor dem Bundesasylamt an, er habe Liberia "wegen der Politik und wegen des Krieges", in den er nicht verwickelt werden wolle, verlassen. Er habe sich seit 1995 "in dem Peacekeeping-Camp" aufgehalten und sei, als er zur Kirche gegangen sei, "in diesem Camp aufgefordert" worden, sich den Rebellen anzuschließen. Auf die Frage, wer ihn dazu aufgefordert habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er die Namen der Gruppen nicht wisse; man habe ihn in einem großen Lkw mitgenommen. Auch wisse er nicht, wohin er dann gebracht worden sei. Nachdem er "dort...drei Wochen" festgehalten worden sei, habe er entkommen können und sei danach "wieder im ECOMOG-Camp" gewesen; dies habe sich 1995 ereignet. Befragt, was ihn im Jahr 1997 zur Flucht bewogen habe, gab der Beschwerdeführer an, er habe 1995 einen Soldaten, von dem er glaube, dass er zur Moslemgruppe gehört habe, getötet, und zwar "dort wo ich im Lager war". Da man den Beschwerdeführer "erst jetzt" als Täter herausgefunden habe, werde nun immer wieder nach ihm im ECOMOG-Camp gesucht. Zu den daraufhin an den Beschwerdeführer gerichteten Fragen die Hauptstadt Monrovia betreffend (konkret in welchem Distrikt die Stadt und in welchem Stadtteil Monrovias das Camp liege und wie der Fluss in Monrovia heiße) gab der Beschwerdeführer jeweils an, dass er das nicht wisse bzw. vergessen habe. Ergänzend führte der Beschwerdeführer aus, er sei nicht in Gefahr gewesen, wenn er "im ECOMOG-Camp drinnen war", wohl aber, wenn er das Camp verlassen habe. Er habe den Soldaten auch außerhalb des Camps getötet.
Am 13. Juni 1997 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag nach § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992. Dazu führte er aus, er sei mit dem Krieg in seiner Heimat nicht einverstanden und habe auch nie an Kampfhandlungen teilnehmen wollen. Im Jahr 1995 habe eine Gruppe, die von Moslems organisiert werde, unter anderem den Beschwerdeführer "in einer Kirche, welche wir Christen besuchten", rekrutieren wollen und gefangen genommen. Der Beschwerdeführer habe jedoch "nach etwas mehr als einer Woche" fliehen können und sei in das ECOMOG-Camp gelangt. Von dort sei er im Jänner 1997 geflüchtet und habe Liberia verlassen.
Mit Bescheid vom 5. September 1997 stellte die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 54 Abs. 1 FrG fest, es bestünden keinerlei stichhaltige Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Liberia gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Begründend führte sie dazu aus, es bestünden beträchtliche Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer, der nicht im Besitz eines Reisedokumentes oder Identitätspapiers von Liberia sei, aus diesem Staat stamme, zumal ihm selbst die elementarsten geographischen Begriffe von Liberia nicht geläufig seien. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sei aber auch absolut unglaubwürdig, da er die Vorfälle im ECOMOG-Camp widersprüchlich geschildert habe. So habe er vor der Asylbehörde zunächst angegeben, dass er innerhalb des Camps zwangsrekrutiert worden sei, dann jedoch vorgebracht, er wäre im ECOMOG-Camp nicht in Gefahr gewesen. Gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers spreche ferner, dass dieser nicht einmal angeben habe können, von welcher Gruppe er zwangsrekrutiert und wohin er dabei mitgenommen worden sei. Aber selbst wenn man von den Angaben des Beschwerdeführers über seine Staatsangehörigkeit und seine Fluchtgründe ausginge, wäre daraus eine aktuelle Bedrohung im Sinne des § 37 FrG nicht ableitbar. Im August 1995 seien nämlich zwischen den Bürgerkriegsparteien in Liberia ein Waffenstillstand und anschließend ein Friedensabkommen geschlossen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer wendet zunächst die sachliche Unzuständigkeit der belangten Behörde ein. Dazu verweist er einerseits auf § 37 Abs. 4 und Abs. 5 FrG und meint, nicht die Fremdenpolizeibehörde sondern die Asylbehörde wäre zur Entscheidung über seinen Antrag nach § 54 FrG zuständig gewesen. Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass § 37 Abs. 4 und 5 FrG die Zuständigkeit der Asylbehörde unter näheren Voraussetzungen für die Feststellung normiert, ob die Abschiebung eines Fremden in einen Staat zulässig ist, in dem er im Sinne des Abs. 2 bedroht ist. Während eine Entscheidung nach § 37 Abs. 4 und Abs. 5 FrG daher das Feststehen einer Bedrohung im obgenannten Sinn bereits voraussetzt, geht es bei der davon zu unterscheidenden Feststellung der Behörde gemäß § 54 Abs. 1 FrG erst darum, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 bedroht ist. "Behörde" im Sinn des § 54 Abs. 1 FrG ist gemäß § 65 Abs. 1 FrG die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese. Zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Feststellung der Bundespolizeidirektion Graz nach § 54 Abs. 1 FrG war entgegen der Beschwerdemeinung die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark zuständig (§ 70 Abs. 1 leg. cit.).
Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht ausreichend begründet, weshalb sie den Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen keinen Glauben geschenkt habe, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Angesichts der dargestellten Beweiswürdigung der belangten Behörde, der die Beschwerde nicht konkret entgegen tritt, insbesondere der erwähnten widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen (so waren etwa auch die Angaben über die Dauer seiner Gefangenhaltung deutlich divergierend) sowie seiner fehlenden Kenntnisse sowohl über die ihn zwangsrekrutierende Gruppe als auch über seine angebliche Geburts- und Heimatstadt Monrovia (der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben neun Jahre die Schule besucht) hegt der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides.
Die Beschwerde wendet ein, die belangte Behörde habe gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen, indem sie den Beschwerdeführer nicht vernommen habe. Durch die persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren hätte dieser die belangte Behörde von seiner Glaubwürdigkeit überzeugen können. Dieser Beschwerdeeinwand geht schon mangels dargelegter Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ins Leere, liefert die Beschwerde doch keine Angaben darüber, wie der Beschwerdeführer im Rahmen einer Vernehmung die erwähnten Kenntnismängel über seine Heimatstadt plausibel begründen oder die aufgezeigten Widersprüche hätte auflösen können. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war im vorliegenden Fall - bei dem es sich nicht um eine Zivil- oder Strafsache im Sinn des Art. 6 EMRK handelt (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis von 22. März 2002, Zl. 2000/21/0008) - mangels gesetzlicher Anordnung nicht zwingend.
Was schließlich das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen eines Suchtgiftdeliktes rechtskräftig verurteilt worden und habe (auch) deshalb in seinem Heimatstaat die Todesstrafe zu befürchten, so verstößt dieser Einwand gegen das Neuerungsverbot des § 41 VwGG und war daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu berücksichtigen.
Da die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung somit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am 5. September 2002
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