OGH 3Ob130/17i

OGH3Ob130/17i21.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen E*, in Obsorge der Mutter I* und des (rechtlichen) Vaters Ing. A*, beide vertreten durch Dr. Helene Klaar, Dr. Norbert Marschall, Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Kontakt- und Auskunftsrechts des Antragstellers A*, vertreten durch Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien, über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Antragstellers und der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 31. März 2017, GZ 16 R 371/15w‑40, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 23. September 2015, GZ 17 Ps 1/15i‑25, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E121025

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Abweisung des Antrags auf Einräumung eines Auskunftsrechts in Teilrechtskraft erwuchsen, werden im Übrigen, also zum Antrag auf Einräumung eines Kontaktrechts aufgehoben und die Außerstreitsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen.

 

Begründung:

Unstrittig ist:

Die Mutter I* brachte am 17. Juli 2014 ihre Tochter E* zur Welt und war zu diesem Zeitpunkt seit 5. Juni 2014 mit Ing. A* (rechtlicher Vater) verheiratet. Das Mädchen wird von der Mutter und dem rechtlichen Vater (Eltern oder Antragsgegner) betreut und wächst seit seiner Geburt in deren gemeinsamen Haushalt in Österreich im Familienverband auf, zu dem auch ein derzeit etwa siebenjähriger Sohn der Mutter zählt, der vom rechtlichen Vater adoptiert wurde.

Im Zeitraum zwischen 18. und 20. Oktober 2013 kam es zwischen der Mutter und dem in Großbritannien wohnhaften Antragsteller zu einem Intimverkehr. Seit ein Schwangerschaftstest bei der Mutter im November 2013 positiv ausfiel, behauptet der Antragsteller, er sei der Vater des Kindes. Ende November 2013 sandte ihm die Mutter eine SMS-Nachricht mit den Worten, er hätte sie geschwängert. Später übermittelte sie ihm auch ein Ultraschallbild. Im Jänner 2014 begleitete der Antragsteller die Mutter über seinen Wunsch zu einer Ultraschalluntersuchung in Österreich.

Am 17. Oktober 2014 begehrte der Antragsteller beim Erstgericht (ua) die Feststellung seiner Vaterschaft zu dem Kind. Er habe der Mutter in der empfängniskritischen Zeit im Oktober 2013 mehrmals beigewohnt. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 28. November 2014 wies das Erstgericht den Antrag zurück, weil ein Antrag auf Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter gemäß § 151 Abs 2 ABGB nur vom Kind gegen den Ehemann der Mutter und von diesem gegen das Kind gestellt werden könne.

Der Antragsteller hat das Kind bisher nie persönlich gesehen oder kennengelernt, weil das die Mutter ablehnt.

Am 16. März 2015 begehrte der Antragsteller, ihm ein Kontaktrecht zu dem am 17. Juli 2014 geborenen Mädchen einzuräumen, und zwar alle drei Wochen am Samstag für zwei Stunden, allenfalls an einem neutralen Ort und in den ersten beiden Jahren unter Begleitung. Weiters beantragte er ein Auskunftsrecht iSd § 189 ABGB. Er wiederholte sein Vorbringen vom vorhergehenden Antrag und ergänzte, die Mutter habe ihm auch mitgeteilt, dass ihr Arzt als Empfängniszeitpunkt den 20. Oktober 2013 errechnet habe. Zu diesem Zeitpunkt sei sie bei ihm in Großbritannien gewesen. Beide hätten sich auf die Geburt des gemeinsamen Kindes gefreut. Seit Kenntnis der Schwangerschaft sei es sein Wunsch, für das Kind Sorge zu tragen und eine Beziehung zu ihm auszubauen. Er habe die Mutter stets unterstützt und ihr am 5. März 2014 mitgeteilt, dass er trotz des Endes der Beziehung ein Kontakt- und Auskunftsrecht zu seiner Tochter haben und für diese sorgen wolle, was die Mutter bisher völlig abgelehnt habe. Als mutmaßlicher leiblicher Vater, der noch keine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind habe, sondern eine solche erst aufbauen wolle, sei nach der Rechtsprechung des EGMR sein nach Art 8 MRK geschütztes Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt, wenn ihm ein generelles Umgangs- und Auskunftsrecht zu seinem Kind verweigert werde. Er habe die Mutter nie unter Druck gesetzt. Sie sei sich seiner Vaterschaft vollkommen sicher gewesen, beide hätten ihr Kind zusammen großziehen wollen. Ihre Beziehung habe von Anfang Oktober 2013 bis etwa März 2014 gedauert. Die Kenntnis über die Person des biologischen Vaters sei für das Wohl des Kindes unerlässlich, das Vorenthalten dieser Kenntnis könnte das Kind langfristig in seiner Entwicklung hemmen. Auch wenn das Mädchen noch ein Kleinkind sei, habe es das Recht, zu erfahren, wer seine leiblichen Eltern sind. Sollten die vorliegenden Beweise auch nach Einvernahme der Parteien nicht ausreichen, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen, sei mittels DNA-Analyse im Kontaktrechtsverfahren die Vaterschaft inzident festzustellen. Zum Beweis dafür, dass das Umgangsrecht des Kindes mit ihm als potentiellem leiblichen Vater dem Kindeswohl entspreche, sei ein kinderpsychologisches Gutachten einzuholen.

Die Antragsgegner hielten dem entgegen, für sie bestehe kein Zweifel, dass der rechtliche auch der leibliche Vater sei. Sie führten schon seit Jahren eine Lebensgemeinschaft mit regelmäßigem ungeschützten Intimverkehr. Trotz dieser aufrechten Beziehung zum rechtlichen Vater habe die Mutter im Oktober 2013 einen einmaligen Intimverkehr mit dem Antragsteller gehabt, ohne dass zwischen ihnen eine Beziehung bestanden hätte oder sie schwanger hätte werden wollen. Die Behauptungen des Antragstellers, er sei der Vater, hätten „sich derartig auf die Kindesmutter übertragen, dass sie anfänglich selbst daran glaubte“; deshalb habe sie ihm gesagt, er habe sie geschwängert, ihm ein Ultraschallbild übersendet und ihn an einer Untersuchung im Jänner 2014 teilnehmen lassen. Der Antragsteller habe ihr angekündigt, dem rechtlichen Vater von der Schwangerschaft zu berichten und sie, falls dieser sie „rausschmeißen“ würde, aufzunehmen. Während der Schwangerschaft habe er die Mutter nach ihrer Mitteilung, das Kind sei nicht von ihm und sie wolle den Kontakt zu ihm abbrechen, regelrecht terrorisiert und behauptet, ein Recht auf das Kind zu haben. Aufgrund dieses massiven Drucks – sie habe damals dem rechtlichen Vater den Seitensprung noch nicht gestanden gehabt – sei es ihr vorerst nicht gelungen, sich vom Antragsteller und seinen Behauptungen zu lösen. Sein weiteres Beharren auf der Vaterschaft und seine Ankündigung, die Obsorge und ein Umgangsrecht zu beantragen und den Hauptaufenthalt des Kindes zu ihm zu verlegen, habe enormen Druck und Stress auf das Familienleben der Eltern ausgeübt. Der Antragsgegner, der nach eigenen Angaben wegen einer Burnout-Erkrankung und aggressiven Verhaltens in medizinischer Behandlung gewesen sei, störe das aus den Eltern und zwei Kindern bestehende familiäre Gefüge enorm. Es sei zu befürchten, dass der Antragsteller das Mädchen an sich nehmen und entführen könnte, dass er die Ehe der Eltern zum Scheitern bringen wolle, noch immer an einer Beziehung mit der Mutter interessiert sei und den Antrag benutze, um sich in deren Leben zu drängen. Eine inzidente Vaterschaftsfeststellung stehe zum geltenden Recht, das Entscheidungen über die Abstammung ausschließlich im dafür vorgesehenen Verfahren zulasse, im Widerspruch. Angesichts der Geburt am 17. Juli 2014 per geplantem Kaiserschnitt sei eine behauptete Konzeption am 18. Oktober 2013 ausgeschlossen. Die Behauptung, die Mutter habe eingewilligt, ihre Kinder gemeinsam mit ihm großzuziehen, sei absurd. Der Antragsteller sei nicht als Dritter iSd § 188 Abs 2 ABGB anzusehen, weil er nicht der biologische Vater sei. Ein kinderpsychologisches Gutachten sei nicht einzuholen, weil die soziale Familie der Mutter vor dem Eindringen des fremden Antragstellers zu schützen sei.

Das Erstgericht vernahm nur die Mutter. Ohne den übrigen Beweisanträgen des Antragstellers nachzukommen wies es den Antrag zurück, weil die Vaterschaft des Antragstellers zum Kind nicht festgestellt worden sei. Ein Recht darauf habe der Antragsteller nicht. Bis zum Beweis des Abstammungsverhältnisses sei er als Dritter ohne besonderes persönliches oder familiäres Verhältnis zum Kind iSd § 188 Abs 2 letzter Satz ABGB anzusehen und könne eine gerichtliche Kontaktregelung nur anregen, sofern sonst das Kindeswohl gefährdet wäre. Sollte das Kind den Antragsteller nicht kennenlernen, sei hier eine Gefährdung des Kindeswohls weder anzunehmen noch behauptet worden. Die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens erübrige sich daher.

Dagegen erhob der Antragsteller Rekurs undbrachte beim Verfassungsgerichtshof einen auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützten Antrag ein, die Wortfolge „sofern diese zu dem Kind in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis steht oder gestanden ist“ in § 188 Abs 2 ABGB als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erachtete den Antrag in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 2016, G 494/2015, als zulässig, wies ihn aber inhaltlich mit einer Begründung ab, auf die später eingegangen wird.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs mit der Maßgabe nicht Folge, dass der Antrag abgewiesen wurde. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig.

Durch die schlüssige Behauptung, der leibliche Vater zu sein, sei der Antragsteller als Dritter iSd § 188 Abs 2 dritter Fall ABGB anzusehen, dem grundsätzlich ein Antragsrecht zukomme. Auch der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, es sei nicht auszuschließen, dass die Feststellung der biologischen Vaterschaft inzident stattfinden könne. Der Umstand, dass ein enges persönliches Verhältnis aus Gründen nicht bestehe, die nicht dem Antragsteller zuzurechnen seien, sei von den Antragsgegnern gar nicht in Abrede gestellt worden. Primäre Leitlinie sei das Kindeswohl. Sämtliche vom Antragsteller ins Treffen geführten Faktoren, die lediglich sein eigenes Wohl und Interesse im Auge hätten, müssten bei der vorzunehmenden Beurteilung daher außer Bedacht bleiben, weil sie den konkreten Einzelfall nicht berührten. Zwar könne das Wissen, dass man biologisch nicht vom – rechtlichen oder sozialen – „Vater“ abstammt, Kinder vor nicht unerhebliche psychische und seelische Probleme stellen. Die Antragsgegner hätten aber gar nicht die Absicht, ihre Tochter, die unbestritten Bestandteil einer sozial intakten Familie sei, auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen. Der Antragsteller führe auch keine Argumente an, warum es im konkreten Fall für das Mädchen von Vorteil sein sollte, zu wissen, dass der Ehemann ihrer Mutter nicht ihr leiblicher Vater sei. Eine Familienkonstellation mit zwei Vätern könnte das Kind überfordern, zumal der Antragsteller gar kein Hehl daraus mache, seine Vatereigenschaft auch vor dem Kind offenlegen zu wollen. Der Rekurssenat teile daher die Ansicht nicht, dass ein Eingriff in diese konkrete intakte und vollständige Familie durch Bekanntgabe eines weiteren möglichen Vaters zum Wohl des Mädchens sein könnte. Da der Antragsteller gar nicht aufzuzeigen vermöge, aus welchen Gründen im konkreten Fall sein Kontakt zu dem Kind in dessen Wohl liegen sollte, sei die tatsächliche biologische Abstammung schon deshalb von untergeordneter Bedeutung und bedürfe keiner weiteren Abklärung.

Die Antragsgegner erhoben gegen die Rekursentscheidung außerordentlichen Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn des des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob dem Antragsteller als Drittem ohne besonderes persönliches oder familiäres Verhältnis zum Kind iSd § 188 Abs 2 ABGB durch die bloße Behauptung, der leibliche Vater zu sein, Antragslegitimation zukomme. Die Eltern seien durch das nur auf diese Behauptung gestützte Antragsrecht des Dritten beeinträchtigt und benachteiligt.

Auch der Antragsteller bekämpft den Beschluss des Rekursgerichts mit außerordentlichem Revisionsrekurs. Er strebt die Abänderung im Sinn der Antragsstattgebung, hilfsweise eine Aufhebung an. Sein Rechtsmittel sei ua deshalb zulässig, weil die Judikatur, wonach ein Kontakt zum leiblichen Vater grundsätzlich dem Kindeswohl entspreche (RIS-Justiz RS0048072 [T3]), nicht angewendet worden sei und Rechtsprechung zur Frage, ob eine inzidente Vaterschaftsfeststellung zulässig sei, zum Kontaktrechtsverfahren fehle und zum Unterhaltsverfahren widersprüchlich sei.

Den Antragsgegnern wurde eine Revisionsrekursbeantwortung freigestellt. Sie bestreiten darin sowohl die Zulässigkeit als auch die inhaltliche Berechtigung des gegnerischen Rechtsmittels.

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Rechtliche Beurteilung

A. Anzuwendendes Recht:

Angesichts des Wohnsitzes des Antragstellers im Vereinigten Königreich besteht Anlass für eine amtswegige kollisionsrechtliche Prüfung des anzuwendenden Rechts (§ 2 IPRG).

A.1. Nach Art 16 Abs 1 KSÜ, das gemäß § 53 Abs 1 IPRG dem § 24 IPRG vorgeht, bestimmt sich die Zuweisung der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes ohne Einschreiten eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Da dieser in Österreich liegt, bestimmen §§ 143 und 144 Abs 1 Z 1 ABGB, dass die Antragsgegner Mutter und Vater des Kindes sind, und § 177 Abs 1 ABGB, dass beiden die gemeinsame Obsorge zukommt.

A.2. Die Regelung des Kontaktrechts fällt in den sachlichen Anwendungsbereich des KSÜ und der Verordnung (EG) Nr 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 1347/2000, Brüssel IIa-VO (Nademleinsky/Neumayr IFR² Rz 08.02 und 08.16). Beide Instrumente (Art 5 Abs 1 KSÜ/Art 8 Abs 1 Brüssel IIa-VO) sehen zur internationalen Zuständigkeit den auch hier anzuwendenden Grundsatz vor, dass an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes anzuknüpfen ist. Für die Frage nach dem anzuwendenden Recht legt das KSÜ den Grundsatz fest, dass das für die Entscheidung zuständige Gericht sein eigenes Recht anwenden soll (Art 15 Abs 1 KSÜ), das nach Art 21 Abs 1 KSÜ nicht das Kollisionsrecht umfasst. Wegen des von Anfang an in Österreich gelegenen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes sind die österreichischen Gerichte international zuständig, sodass österreichisches Sachrecht anzuwenden ist (RIS‑Justiz RS0127234 [T1]).

B. Zum Kontaktrecht des (angeblich) leiblichen Vaters:

B.1. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist biologische Verwandtschaft zwischen Vater und Kind alleine, ohne weitere rechtliche oder faktische Elemente, die auf eine enge persönliche Beziehung hinweisen, nicht ausreichend, um den Schutz von Art 8 MRK auszulösen. In Ausnahmefällen kann allerdings bereits die Absicht, ein Familienleben zu führen, als ausreichend betrachtet werden, um den Anwendungsbereich von Art 8 MRK zu eröffnen. In diesen Fällen sind folgende Faktoren von Bedeutung: die Natur der Beziehung zwischen den biologischen Eltern, ein nachweisliches Interesse des Vaters an sowie das Bekenntnis des Vaters zu dem Kind vor und nach der Geburt. Dies gilt insbesondere, wenn die Tatsache, dass ein Familienleben noch nicht voll verwirklicht wurde, dem Beschwerdeführer nicht zurechenbar ist (RIS-Justiz RS0128239).

Im Fall Anayo (EGMR 21. 12. 2010, Bsw 20578/07) kam der EGMR in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, dass es nicht mit Art 8 EMRK vereinbar sei, wenn eine gerichtliche Nachprüfung, ob der bisher von der Mutter sowie deren Ehemann als rechtlicher Vater verweigerte Kontakt des unstrittig leiblichen – jedoch nicht rechtlichen – Vaters dem Kindeswohl entspreche, nicht möglich ist.

Im Fall Schneider (EGMR 15. 9. 2011, Bsw 17080/07), in dem der Beschwerdeführer – wie hier – nicht als biologischer Vater feststand und zuvor keinerlei Kontakt zum Kind hatte, erachtete der EGMR den Umstand, dass die biologische Vaterschaft nicht feststehe, als unerheblich, wenn gar nicht abgewogen wurde, ob ein Kontakt zwischen dem (angeblich) biologischen Vater und dem Kind dessen Wohl gedient hätte. Weiters stellte der EGMR klar, dass ein Verfahren zur Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft auf die Anerkennung als rechtlicher Vater und damit auf Beendigung der Vaterschaft eines anderen Mannes gerichtet ist, womit es ein grundlegend anderes und weiterreichendes Ziel hat, als die Feststellung der leiblichen Vaterschaft zum Zweck der Einräumung von Umgang und Auskunft über die Entwicklung des Kindes.

Im Fall Adebowale (EGMR 2. 12. 2014, Bsw 546/10 mwN) führte der EGMR neuerlich aus, dass Art 8 EMRK dahingehend auszulegen ist, dass er den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt, zu prüfen, ob es dem Kindeswohl dient, dem biologischen Vater den Aufbau einer Beziehung zu seinem Kind zu ermöglichen, insbesondere durch die Gewährung eines Umgangsrechts. Dies verlangt gegebenenfalls die Feststellung der biologischen– im Gegensatz zur rechtlichen – Vaterschaft in einem Umgangsverfahren, wenn unter den besonderen Umständen der Rechtssache davon ausgegangen wird, dass ein Umgang zwischen dem mutmaßlichen leiblichen Vater – angenommen, dass er tatsächlich der biologische Vater des Kindes ist – und dem Kind dem Kindeswohl dienen würde. Allerdings hat der Gerichtshof auch festgestellt, dass sich daraus keine konventionsrechtliche Pflicht ergibt, dem mutmaßlichen leiblichen Vater zu gestatten, die Stellung des rechtlichen Vaters anzufechten oder eine separate Klage im Hinblick auf die Feststellung der biologischen – im Gegensatz zur rechtlichen – Vaterschaft zuzulassen.

B.2. Mit dem KindNamRÄG 2013 (BGBl I 15/2013) erfolgte die aktuelle Regelung des Kontaktrechts von Dritten zum Kind in § 188 Abs 2 ABGB.

Diese Bestimmung lautet: „Wenn persönliche Kontakte des minderjährigen Kindes mit einem hiezu bereiten Dritten dem Wohl des Kindes dienen, hat das Gericht auf Antrag des Kindes, eines Elternteils oder des Dritten, sofern dieser zu dem Kind in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis steht oder gestanden ist, die zur Regelung der persönlichen Kontakte nötigen Verfügungen zu treffen. Solche Verfügungen hat es auf Antrag des Kinder- und Jugendhilfeträgers oder von Amts wegen zu treffen, wenn ansonsten das Kindeswohl gefährdet wäre.“

Nach den Gesetzesmaterialien (RV 2004 BlgNR 24. GP  4, 6 und 29) sollte damit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Beschwerdesache Anayo entsprochen werden, wonach es gegen Art 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) verstoße, wenn nicht geprüft werden könne, ob ein Kontakt zwischen dem Kind und dem leiblichen (aber nicht rechtlichen) Vater dem Kindeswohl entspreche. Daher solle auch Dritten, die in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis zum Kind stehen oder gestanden sind, ein Antragsrecht (und somit Parteistellung in einem Verfahren) eingeräumt werden. Als Entscheidungsmaßstab bei Vorliegen eines Antrags (mit Ausnahme des Jugendwohlfahrtsträgers) soll das Wohl des Kindes und nicht mehr dessen Gefährdung dienen.

Mit den (naheliegenden und vom EGMR ebenso angesprochenen) Fragen, ob und wie eine strittige biologische Vaterschaft in einem solchen Kontaktrechtsverfahren festzustellen ist, oder ob ein (behaupteter) leiblicher Vater auch dann antragsberechtigt sein soll, wenn er ein persönliches Verhältnis zu dem Kind zwar herstellen wollte, ihm dies jedoch von der Mutter verwehrt wurde, setzt sich die RV gar nicht auseinander.

B.3. In der Literatur wird § 188 Abs 2 ABGB wie folgt kommentiert:

B.3.1. Fischer-Czermak (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 [2017] § 188 Rz 2) zählt zu den Dritten all jene Personen, die den Schutz des Familienlebens nach Art 8 EMRK genießen, wie der leibliche (nicht rechtliche) Vater, der sozial-familiären Kontakt zum Kind habe oder wünsche, selbst wenn dessen Vaterschaft nicht festgestellt sei.

B.3.2. Hopf (in KBB5 [2017] §§ 187–188 ABGB Rz 13) lehrt, dass als Bezugspersonen des Kindes, zu denen das Gericht den Kontakt regeln könne, ua der biologische, wenn auch nicht rechtliche Vater des Kindes in Betracht komme.

B.3.3. Beck (Der biologische Vater und sein Kind, EF-Z 2015, 210 [211]) vertritt, der biologische, nicht rechtliche Vater sei ein Dritter im Sinn der Bestimmung. Die Beurteilung, ob Kontakte des Kindes mit dem genetischen Vater im Interesse des Kindes lägen, erfolge nunmehr im Rahmen einer Einzelfallentscheidung und nicht mittels genereller Wertung nach der rechtlicher Vaterstellung. Bei fehlendem Nachweis der Abstammung sei der geforderte Interessenvergleich kaum durchführbar, wenn das Gericht nicht wisse, ob der Antragsteller überhaupt der biologische Vater des Kindes sei. Das Kriterium der Vaterschaft könne aber nur im Abstammungsverfahren, nicht hingegen als Vorfrage im Verfahren über persönliche Kontakte geklärt werden. Bis zum Beweis der Abstammungsverhältnisse sei der Antragsteller als Dritter ohne besonderes persönliches oder familiäres Verhältnis zum Kind iSd § 188 Abs 2 letzter Satz ABGB anzusehen und habe daher kein Antragsrecht.

B.3.4. Auch Weitzenböck (in Schwimann ABGB TaKom4 [2017] § 188 Rz 2) geht davon aus, dass als Dritter ua auch der rechtlich nicht als Vater feststehende biologische Vater in Betracht komme.

B.3.5. Khakzadeh-Leiler (Das KindNam‑RÄG 2013 aus grundrechtlicher Perspektive, iFamZ 2014, 96 [99 f]) sieht in der Regelung die Möglichkeit der Gerichte, das zu tun, was der EGMR in den Rechtssachen Anayo und Schneider eingefordert habe: Unter Berücksichtigung des Kindeswohls könne einem Dritten auf dessen Antrag hin ein entsprechendes Kontaktrecht eingeräumt werden, wobei auch der gebotene Abwägungsspielraum gegeben sei: Kindeswohl und Interesse des Dritten gelte es zueinander in ein Verhältnis zu setzen. Ob ein Vater, der zwar eine familiäre Beziehung zu seinem Kind gewollt hätte, bislang aber noch gar keine Möglichkeit gehabt habe, eine solche aufzubauen, ein antragsberechtigter Dritter sei, sei nach dem Wortlaut des Gesetzes zweifelhaft. Freilich müsse § 188 Abs 2 ABGB im Lichte des Art 8 EMRK ausgelegt werden, wonach auch der Wunsch nach einer Beziehung unter den Schutz des Art 8 EMRK fallen könne. Die Formulierung des Antragsrechts dürfe nicht strikt auf bestandene und bestehende persönliche und familiäre Verhältnisse beschränkt werden, gegebenenfalls sei auch zu berücksichtigen, ob ein „intended family life“ anzunehmen sei.

B.3.6. Nademleinsky (in Schwimann/Kodek ABGB-PraxisKomm4 [2013] § 188 Rz 5 f) meint, die Regelung erlaube eine Einzelfallabwägung und sei insoweit nun mit Art 8 EMRK konform.

B.4. Wie bereits aufgezeigt wurde, wies der VfGH den auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützten Antrag des Antragstellers, die Wortfolge „sofern diese zu dem Kind in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis steht oder gestanden ist“ in § 188 Abs 2 ABGB als verfassungswidrig aufzuheben, ab (VfGH 13. 12. 2016, G 494/2015).

Dazu führte der VfGH im Wesentlichen aus, mit der Beschränkung des Antragsrechts auf das Kind, einen Elternteil und dritte dem Kind in qualifizierter Weise nahestehende Personen verfolge der Gesetzgeber den Schutz des Kindeswohls und damit ein legitimes Ziel in Gestalt der Rechte anderer iSd Art 8 Abs 2 EMRK. Die Einschränkung durch die angefochtene Wortfolge in § 188 Abs 2 ABGB solle nach Auffassung der Bundesregierung vor der willkürlichen Antragstellung durch beliebige Dritte schützen. Diese Beschränkung der Antragslegitimation begegne unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK sowie unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EGMR (Fall Anayo, Fall Schneider und Fall Adebowale) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Gemäß § 188 Abs 2 ABGB sei ein Dritter bereits aufgrund der Behauptung seiner biologischen Vaterschaft bzw des daraus folgenden besonderen persönlichen Verhältnisses antragslegitimiert. Im Rahmen des Kontaktrechtsverfahrens, in dem zu prüfen sei, ob der Umgang des Kindes mit dem (behaupteten) biologischen Vater dem Kindeswohl dient, könne das Gericht inzidenter die Vaterschaft und auch die Frage der biologischen Abstammung klären lassen. Erst wenn sich im Gefolge dieser Prüfung ergäbe, dass der persönliche Kontakt zum (behaupteten) biologischen Vater dem Kindeswohl entspricht, stelle sich nach der Rechtsprechung des EGMR und der ihr entsprechenden Regelung des § 188 Abs 2 ABGB die Frage nach der tatsächlichen biologischen Abstammung. Diese Rechtslage bilde in der Abwägung des Wohles des Kindes, der bestehenden sozial-familiären Beziehungen zwischen der Mutter, dem Kind und dem rechtlichen Vater sowie den Interessen des (behauptetermaßen) biologischen Vaters eine verhältnismäßige Beschränkung von dessen Rechten nach Art 8 EMRK. Wie der EGMR festgestellt habe, folge aus Art 8 EMRK keine Pflicht des Staates, dem mutmaßlichen leiblichen Vater zu gestatten, die Stellung des rechtlichen Vaters anzufechten oder eine separate Klage im Hinblick auf die Feststellung der biologischen – im Gegensatz zur rechtlichen – Vaterschaft zuzulassen. Zwar könne das Interesse an der Feststellung der Vaterschaft ein durch Art 8 EMRK geschütztes Interesse darstellen, jedoch habe der EGMR auch ausgesprochen, dass dem behaupteten biologischen Vater nicht das Recht zustehe, sich auf diesem Wege in eine intakte soziale Familie zu drängen (EGMR 22. 3. 2012, Fall Kautzor, Bsw 23338/09; EGMR 22. 3. 2012, Fall Ahrens, Bws 45071/09). Vielmehr sei insoweit davon auszugehen, dass bei der Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen dem feststehenden oder mutmaßlichen leiblichen Vater in Fällen rechtlicher Vaterschaft aufgrund der Ehe der Eltern die Feststellung seiner Vaterschaft möglich sein muss, ein Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten und in dessen Rahmen auch ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gegeben sei, den der Gesetzgeber nicht überschritten habe.

B.5. Im Schrifttum finden sich folgende Stellungnahmen zu diesem Erkenntnis:

B.5.1. Nach Pesendorfer (in iFamZ 2017, 16 Entscheidungsanmerkung I) sei im Kontaktrechtsverfahren als Vorfrage zu prüfen, ob die biologische Vaterschaft vorliege (die das nötige familiäre Naheverhältnis und damit die Antragsbefugnis vermittle) und – wie in jedem Kontaktrechtsverfahren – ob Kontakte dem Kindeswohl dienten. Auch wenn der VfGH die vorgelagerte Kindeswohlprüfung anspreche, so spreche nichts gegen die zuerst vorgenommene Prüfung der biologischen Vaterschaft (insb durch DNA-Gutachten). Auf diese Weise könne man sich unter Umständen eine aufwendige Prozessführung zur Ermittlung des Kindeswohls und die weitere Einbeziehung (und damit die mögliche Belastung) des Kindes sparen. Die Feststellung der biologischen Vaterschaft im Kontaktrechtsverfahren habe keine status- und personenstandsrechtliche Bedeutung, weil ihr keine Wirkung „inter omnes“ zukomme.

B.5.2. Beck (in iFamZ 2017, 16 Entscheidungsanmerkung II) hält daran fest, die Vorteilhaftigkeit von Kontakten eines Kindes zu einem Mann, dessen Vaterschaft möglich, aber nicht erwiesen sei, sei unwahrscheinlich.

B.5.3.  Khakzadeh-Leiler (Zum Kontaktrecht eines [behaupteten] biologischen Vaters, EF-Z 2017, 66 ff) erblickt die zivilrechtlichen Implikationen des Erkenntnisses des VfGH darin, dass antragslegitimiert gemäß § 188 Abs 2 ABGB jeder Dritter sei, dessen Beziehung zum Kind von Art 8 EMRK geschützt werde. Ein Mann sei bereits aufgrund der Behauptung seiner biologischen Vaterschaft antragslegitimiert. Auch ein Mann, der bislang noch keinen Kontakt zu seinem Kind haben konnte, könne in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis zu seinem Kind stehen, sodass ihm die Möglichkeit gegeben sein müsse, ein Kontaktrecht zum Kind gerichtlich – am Maßstab des Kindeswohls – prüfen zu lassen. Nichts anderes könne für den Mann gelten, dessen biologische Vaterschaft noch gar nicht feststehe, weil er sonst das Kontaktrecht nicht beantragen könne, aber zugleich – da es bereits einen rechtlichen Vater gibt – prozessual nicht in der Lage sei, seine Vaterschaft nachzuweisen. Das habe der EGMR im Fall Schneider als konventionswidrig qualifiziert. Daher sei eine inzidente Vaterschaftsfeststellung, der keine erga-omnes-Wirkung zukomme und die an der Stellung des rechtlichen Vaters nichts ändere, grundrechtlich geboten. Dass gegebenenfalls– nämlich dann, wenn der Kontakt dem Kindeswohl entspräche – im Rahmen des Verfahrens zu prüfen sei, ob der behauptete auch tatsächlich der biologische Vater ist, verstehe sich nachgerade von selbst: Die Vermutung einer Vaterschaft reiche hin, um eine Antragslegitimation zu begründen, sie solle aber nicht dazu führen, dass einem „biologisch fremden“ Mann, der in keinerlei sonstigem Verhältnis zum Kind stehe, ein Kontaktrecht gewährt werde.

B.5.4. Weitzenböck (in Schwimann ABGB TaKom4 [2017] § 188 Rz 2) schließt sich der Ansicht an, dass dem biologischen Vater nach wie vor die Feststellung der Abstammung mit Drittwirkung verwehrt sei, im Rahmen des Kontaktrechtsverfahrens aber mit Wirkung beschränkt auf das konkrete Verfahren die biologische Vaterschaft als Vorfrage geprüft werden könne.

B.6. Der Oberste Gerichtshof hat bisher zu § 188 Abs 2 ABGB idF KindNamRÄG 2013 nur im Zusammenhang mit dem Kontaktrecht von Geschwistern Stellung genommen (RIS-Justiz RS0129309) und dazu ausgeführt, dieses Kontaktrecht stehe dem Dritten unabhängig vom Kontaktrecht jedes Elternteils nach § 187 ABGB zu (10 Ob 53/13m). Voraussetzung der Regelung sei nunmehr nur, dass die persönlichen Kontakte dem Kindeswohl dienten. Sie erlaube eine Einzelfallabwägung und sei insoweit nun Art 8 EMRK konform.

B.7. In Deutschland wurde die EGMR-Judikatur nicht nur durch eine geringfügige Anpassung der Bestimmung über das Kontaktrecht Dritter umgesetzt, sondern durch eine spezielle, für die vorliegende Konstellation geschaffene Regelung sowohl in materiell-rechtlicher als auch verfahrensrechtlicher Hinsicht. Nach § 1686a Abs 1 BGB hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt hat, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, ua ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Verfahrensrechtlich sieht § 167a FamFG Folgendes vor: Anträge auf Erteilung ua des Umgangsrechts nach § 1686a BGB sind nur zulässig, wenn der Antragsteller an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (Abs 1); soweit es in einem solchen Verfahren zur Klärung der leiblichen Vaterschaft erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann (Abs 2).

B.8. Zur Antragslegitimation:

B.8.1. Wegen der Regelungen des Kontaktrechts zu den Eltern in § 187 ABGB und Großeltern in § 188 Abs 1 ABGB sind unter Dritten jedenfalls andere Personen als die Eltern und Großeltern zu verstehen.

B.8.2. § 188 Abs 2 ABGB enthält sowohl materiell-rechtliche (was die Voraussetzungen für die Regelung des Kontaktrechts anlangt) als auch verfahrensrechtliche Elemente (soweit die Antragslegitimation festgelegt wird).

Als inhaltliche Voraussetzung für die Regelungen des Kontaktrechts zu Dritten wird ua gefordert, dass der Dritte in einem qualifizierten Verhältnis zum Kind steht oder gestanden ist sowie zu persönlichen Kontakten mit dem Kind bereit ist, und dass diese dem Wohl des Kindes dienen (§ 188 Abs 2 Satz 1 ABGB). Für ein solches Kontaktrecht sind stets das Kind und jeder Elternteil antragslegitimiert, Dritte aber nur dann, wenn sie zu dem Kind in einem besonderen persönlichen oder familiären Verhältnis stehen oder gestanden sind.

B.8.3. Demnach kommt dem diesbezüglichen gesetzlichen Kriterium (bestehendes oder früher bestandenes besonderes persönliches oder familiäres Verhältnisses des Dritten zum Kind) sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Bedeutung zu. Das zeigt sich auch darin, dass das qualifizierte, von § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB geforderte (familiäre) Verhältnis die biologische Vaterschaft des Dritten voraussetzt. Denn ihr Bestand ist nicht nur Voraussetzung dafür, dass der Mann zu einem Antrag auf Regelung des Kontaktrechts legitimiert und Partei dieses Verfahrens ist, sondern auch eine der Voraussetzungen für die inhaltliche Berechtigung des Antrags.

B.8.4. Es handelt sich daher um eine sogenannte doppelrelevante Tatsache. Dieser Begriff wurde im Zivilprozess im Zusammenhang mit Tatsachen geprägt, aus denen sowohl die (internationale) Zuständigkeit als auch die Begründetheit des Anspruchs folgen. Um die Zuständigkeitsprüfung in einem solchen Fall nicht mit einer weitgehenden Sachprüfung zu belasten, hat die Entscheidung über die Zuständigkeit auch im Fall der Unzuständigkeitseinrede des Beklagten nur aufgrund jener Tatsachenbehauptungen zu erfolgen, auf welche der Kläger sein Begehren stützt. Das erfordert, dass die entsprechenden Tatsachenbehauptungen des Klägers schlüssig sind. Begründen sie die Zuständigkeit, erweisen sie sich aber im Laufe des Verfahrens als unrichtig, ist eine Klage nicht zurückzuweisen, sondern mit Urteil abzuweisen (Mayr in Rechberger 4 § 41 JN Rz 4; RIS-Justiz RS0056159; RS0050455; RS0046201; RS0116404).

B.8.5. Nach Ansicht des erkennenden Senats spricht nichts dagegen, diese Grundsätze auch im außerstreitigen Kontaktrechtsverfahren auf strittige Tatsachen anzuwenden, von denen sowohl die Zulässigkeit eines Antrags als auch dessen inhaltliche Berechtigung abhängt. Gerade in solchen Verfahren, die iSd § 13 Abs 2 AußStrG so zu führen sind, dass das Wohl des Kindes bestmöglich gewahrt wird, greift nämlich das Argument, dass die Prüfung der Antragslegitimation nicht mit einer unter Umständen aufwändigen Sachprüfung belastet und die Sachentscheidung nicht unnötig hinausgezögert werden soll, im Besonderen (§ 13 Abs 1 Satz 1 AußStrG).

Wenn der Antragsteller sein bestehendes oder früher bestandenes qualifiziertes Verhältnis zum Kind (iSd Judikatur des EGMR) schlüssig behauptet, sind diese Behauptungen daher auch dann bei der Prüfung der Antragslegitimation zu unterstellen, wenn sie von den Antragsgegnern bestritten werden. Im Ergebnis stimmt damit die Rechtsansicht des VfGH überein, gemäß § 188 Abs 2 ABGB sei ein Dritter bereits aufgrund der Behauptung seiner biologischen Vaterschaft antragslegitimiert. Lassen sich die die Antragslegitimation begründenden Behauptungen in der Folge nicht erweisen, ist der Antrag abzuweisen, weil die Prüfung eben im Rahmen der Sachentscheidung erfolgt.

B.8.6. Da es Zweck der Neufassung der Regelung des Kontaktrechts Dritter war, der Judikatur des EGMR zum Kontaktrecht eines (nur) biologischen Vaters zu entsprechen, ist diese Rechtsprechung bei der Auslegung des § 188 Abs 2 ABGB – auch im Sinn einer verfassungskonformen Auslegung dieser Norm – zu berücksichtigen.

Angesichts der zu B.1. zitierten Judikatur des EGMR (RIS-Justiz RS0128239) ist deshalb unter einem besonderen familiären Verhältnis iSd § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB nicht bloß das Bestehen der biologischen Vaterschaft allein zu verstehen, sondern es bedarf weiterer, dort genannter faktischer Elemente. Eine schlüssige Behauptung dieses qualifizierten Verhältnisses zum Kind erfordert daher auch die Darstellung solcher weiterer Umstände.

B.9. Eine zentrale Tatbestandsvoraussetzung eines Kontaktrechts des leiblichen Vaters ist, dass es dem Kindeswohl dient.

B.9.1. Vorweg ist klarzustellen, dass die gebotene Beurteilung des konkreten Einzelfalls mit der außergewöhnlichen Konstellation, dass ein Kind mit einem rechtlichen und einem anderen biologischen Vater konfrontiert ist/werden soll, es ausschließt, hier nur mit pauschalen Einschätzungen zu argumentieren (dass etwa die Kenntnis vom und Kontakte zum biologischen Vater jedenfalls dem Kindeswohl entsprächen), und dass bei der Prüfung des Kindeswohls zu einem Zeitpunkt, in dem die biologische Vaterschaft des Antragstellers strittig und noch nicht erwiesen ist, die Tatsache der biologischen Vaterschaft des Antragstellers – wie schon der EGMR aufzeigte – zu unterstellen ist.

Es liegt aber auch auf der Hand, dass die Konfrontation eines Kindes, das in einer intakten sozialen Familie lebt, mit der Tatsache, dass ein anderer Mann sein leiblichen Vater ist/sein soll, und mit Kontakten zu diesem zwar grundsätzlich seinen Interessen an der Kenntnis seiner wahren biologischen Abstammung (und damit der Vermeidung einer Lebenslüge) entsprechen wird, gleichzeitig aber ua seine Geborgenheit und/oder seelische Integrität und/oder seine Bindungen innerhalb der sozialen Familie erschüttert werden können. Die Beurteilung, ob das gewünschte Kontaktrecht dem Wohl des Kindes dient, erfordert daher (auch in dieser Konstellation) regelmäßig nicht nur die Einschätzung künftiger Entwicklungen, sondern auch ein Abwägen von Vor- und Nachteilen. Da es nach dem Gesetzeswortlaut nicht ausreicht, wenn der Kontakt dem Kindeswohl nicht widerspricht, müssen die vom Kontakt mit dem biologischen Vater zu erwartenden Vorteile für das Kind die zu erwartenden Nachteile eindeutig überwiegen.

B.9.2. Von den nach § 138 ABGB bei der Beurteilung des Kindeswohls maßgeblichen Kriterien sind im gegebenen Zusammenhang vor allem die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der seelischen Integrität (Z 2), die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern (Z 3), verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtige Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen (Z 9), die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes (Z 10) und die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes (Z 11) hervorzuheben.

Die hier zu beantwortende Frage der „Kindeswohldienlichkeit“ ist daher – auf der Basis regelmäßig mit sachverständiger Hilfe getroffener, möglichst konkreter und präziser Feststellungen dazu – jeweils nach der konkreten familiären Situation, der Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, der bestehenden Beziehungskonstellation bzw dem Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen und deren Fähigkeit, diese begrenzen zu können, dem Alter und der psychischen Widerstandsfähigkeit des Kindes, dem Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, der Dauer seiner (allfälligen) Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters, aber auch dessen Eignung/Bereitschaft, bei der Ausübung des Kontaktrechts die spezielle Situation des Kindes und das Erziehungsmonopol der rechtlichen Eltern zu respektieren, zu beurteilen. Dabei ist zB zu untersuchen, ob und in welchem Ausmaß die Konfrontation mit einem „zweiten Vater“ und Kontakte zu diesem zwar biologisch verbundenen, aber außerhalb der bestehenden sozialen Familie stehenden, allenfalls dem Kind bisher völlig unbekannten Mann für dieses Kind zu einer seelischen Belastung führen werden, und ob bzw in welchem Ausmaß dessen Verunsicherung zu befürchten ist; ebenso ob die Kenntnis der Abstammung und der Kontakt im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung dieses Kindes positiv zu bewerten sind. Da in der Praxis beim hier zu beurteilenden gesetzlichen Tatbestand der leibliche Vater oft in ein (intaktes) Familiensystem eingreifen wird und sich die rechtlichen Eltern ebenso häufig gegen ein Kontaktrecht sperren werden, ist klarzustellen, dass der Umstand allein, dass sich die rechtlichen Eltern beharrlich weigern, einen Kontakt zuzulassen (ohne dass dadurch mittelbar das Kindeswohl beeinträchtigt wird), nicht genügt, um den Umgang der Kinder mit ihrem leiblichen Vater abzulehnen. Würde man bereits eine solche ablehnende Haltung als Hinderungsgrund akzeptieren, ginge die beabsichtigte Stärkung der Stellung des leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters nämlich ins Leere. Soll das Kontaktrecht dem Art 8 EMRK mit dem ihm vom EGMR beigegebenen Gehalt gerecht werden, darf der leibliche Vater nicht generell als Störer der rechtlichen Familie angesehen und damit praktisch eine Vermutung gegen die „Kindeswohldienlichkeit“ etabliert werden (idS auch BGH vom 5. 10. 2016, XII ZB 280/15, NZFam 2016, 1179, bei insofern vergleichbarer Rechtslage [§ 1686a Abs 1 Z 1 BGB fordert ebenfalls, dass der Umgang dem Kindeswohl dient]; Hennemann in MüKoBGB7 [2017] § 1686a BGB Rz 19 ff).

B.10. Zur inzidenten Feststellung der biologischen Vaterschaft:

B.10.1. Es gilt grundsätzlich (§ 140 ABGB), dass das nach § 144 ABGB begründete Abstammungsverhältnis solange bestehen bleibt, als es nicht auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg beseitigt wird, weshalb bis dahin eine selbständige Beurteilung der Abstammung oder Nichtabstammung im Rahmen einer Vorfragenprüfung ausgeschlossen ist (RIS-Justiz RS0128912) und dass nach der geltenden Gesetzeslage Fragen der Vaterschaft im Abstammungsverfahren nach §§ 81 ff AußStrG zu prüfen sind. Dafür bestehen besondere Verfahrensgrundsätze, welche die Richtigkeit der Feststellungen gewährleisten sollen (wie etwa Mitwirkungspflichten nach § 85 AußStrG), vor allem weil die so gefällten Entscheidungen gegenüber jedermann wirken (sog erga-omnes-Wirkung). Sollen daher Rechte aus Abstammung oder Nichtabstammung mit Außenwirkung geltend gemacht werden, ist dies nur nach Maßgabe der entsprechenden Statusentscheidungen möglich; eine diesbezügliche Vorfragenbeurteilung findet nicht statt.

B.10.2.  Der Oberste Gerichtshof hat demgegenüber aber jüngst in einem Unterhaltsregressprozess des Scheinvaters nach § 1042 ABGB ausgesprochen, die Beurteilung, ob der Beklagte der biologische Vater des Kindes ist, sei – als Vorfrage mit den Mitteln der ZPO und mit Wirkung bloß zwischen den Parteien und für dieses Verfahren – zulässig, wenn nach Beseitigung des den Scheinvater als Vater feststellenden Rechtsakts oder der auf der Geburt in aufrechter Ehe gründenden Vaterschaftsvermutung keine Vaterschaft eines anderen Mannes feststehe und keine negative Statusentscheidung hinsichtlich des Beklagten vorliege (7 Ob 60/15x = RIS-Justiz RS0130379). Diese Rechtsansicht fand breite Zustimmung in der Lehre (vgl ua die Entscheidungsanmerkungen von Schneider in EF‑Z 2016/112, Bernat in EF-Z 2016/32, Pierer in EvBl 2016/16 und Schoditsch in ecolex 2016/166).

B.10.3. Im Schrifttum verneint Beck (s B.3.3.) die Möglichkeit einer Vaterschaftsfeststellung als Vorfrage im Kontaktrechtsverfahren. Nademleinsky (EF-Z 2012, 140 Entscheidungsanmerkung) sieht darin einen fundamentalen Widerspruch zur geltenden inländischen Rechtsordnung. Khakzadeh-Leiler (s B.5.3.) und Pesendorfer (s B.5.1.) bejahen demgegenüber diese Möglichkeit.

B.10.4. Im Zusammenhang mit der Judikatur, dass auch im Hinblick auf Art 8 EMRK keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Ausschluss eines Antragsrechts des (behaupteten) biologischen Vaters auf Feststellung seiner Vaterschaft gegenüber einem ehelich geborenen Kind bestehen, das im Familienverband mit seinem „rechtlichen“ Vater lebt (RIS-Justiz RS0122236), wies der Oberste Gerichtshof bereits darauf hin, dass bei der von der Rechtsprechung des EGMR unter Bezug auf Art 8 EMRK geforderten Prüfung, ob es dem Kindeswohl dienlich ist, dem biologischen Vater eine Beziehung zu seinem Kind zu erlauben, auch die Feststellung der biologischen Vaterschaft im Umgangsverfahren einschließen kann. Damit wurde die Möglichkeit der inzidenten Vaterschaftsfeststellung im Kontaktrechtsverfahren des angeblichen biologischen Vaters bereits bejaht.

B.10.5. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem zu 7 Ob 60/15x entschiedenen zwar ganz wesentlich dadurch, dass hier eine rechtliche Vaterschaft des Ehemanns der Mutter besteht, also kein „statusrechtliches Vakuum“ vorliegt.

Allerdings hat der Antragsteller auch in der gegebenen Konstellation keine Möglichkeit, die Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter feststellen zu lassen (§ 151 Abs 2 ABGB). Es gilt daher auch für den Antragsteller, dass er ein grundrechtlich gesichertes Kontaktrecht im dafür vorgesehenen Verfahren nicht durchsetzen könnte, wenn die Antragsberechtigten ein Verfahren auf Feststellung der Nichtabstammung nicht einleiten und man ihm die selbständige Vorfragenbeurteilung im Kontaktrechtsverfahren auch in der vorliegenden Konstellation verwehrt. Die Zulassung der inzidenten Vaterschaftsfeststellung im Kontaktrechtsverfahren des angeblich leiblichen Vaters ist daher schon zur Vermeidung einer Grundrechtsverletzung notwendig (so auch Khakzadeh-Leiler s B.5.3.). In diesem Sinne sprach auch der VfGH (s B.4.) aus, dass das Gericht inzidenter die Vaterschaft und auch die Frage der biologischen Abstammung klären lassen könne.

Dazu kommt, dass das Feststellungs- und Beseitigungsmonopol nach § 140 ABGB mit der für die Sachentscheidung notwendigen Beurteilung einer Vorfrage deshalb nicht beeinträchtigt wird, weil diese nur inter partes wirkt, also die erga-omnes-Wirkung der Vaterschaftsvermutung nach § 144 Abs 1 Z 1 ABGB insofern nicht berührt, als sie an der rechtlichen Vaterschaft des Ehemanns der Mutter nichts zu ändern vermag. Zwar kommt grundsätzlich (auch abweisenden) Beschlüssen im Außerstreitverfahren die gleiche Rechtskraftwirkung wie einem nach den Vorschriften der ZPO ergangenen Urteil oder Beschluss (§ 411 ZPO; RIS-Justiz RS0007171 [T15]) zu; allerdings entfalten bloße Vorfragenbeurteilungen keine Bindungswirkung in einem Folgeverfahren (RIS-Justiz RS0039843 [T21, T23, T30, T39]; RS0127052), sodass auch keine Rechtskraftwirkung eintritt.

Eine inzidente Vaterschaftsfeststellung im Kontaktrechtsverfahren des angeblich leiblichen Vaters nach § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB ist daher zulässig.

B.11. Bejaht man die Möglichkeit der Klärung der biologischen Vaterschaft als Vorfrage im Kontaktrechtsverfahren nach § 188 Abs 2 ABGB mit bloßer Wirkung für die Parteien dieses Verfahrens, stellt sich mit Rücksicht auf die naheliegende Einholung eines DNA‑Gutachtens zu diesem Zweck unmittelbar anknüpfend die Frage, ob dafür die für das Abstammungsverfahren in § 85 AußStrG normierten, zwangsweise durchsetzbaren Mitwirkungspflichten gelten sollen.

B.11.1. Zu dieser offenkundigen Problematik gibt die gesetzliche Regelung des § 188 Abs 2 ABGB keine Auskunft (ebensowenig wurde dazu in der RV Stellung genommen). Eine gesetzliche Grundlage für die Annahme von zwangsweise durchsetzbaren Mitwirkungspflichten wurde also – anders als nach der Rechtslage in Deutschland (vgl § 1686a Abs 2 BGB) – in der österreichischen Rechtsordnung nicht geschaffen.

B.11.2. Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit der Problematik der Erstreckung der Mitwirkungspflichten auf eine Vorfragenbeurteilung bereits auseinanderzusetzen; dies allerdings in einem Unterhaltsregressprozess (7 Ob 60/15x), wo die Ansicht vertreten wurde, dass dem Kläger mangels gesetzlicher anderslautender Grundlage nur jene Beweismittel zur Verfügung stünden, die die ZPO allgemein vorsehe. Die analoge Anwendung von Bestimmungen des AußStrG wurde in dieser Entscheidung somit abgelehnt.

B.11.3. Die überwiegende Lehre stimmt dem mit dem Argument zu, die Mitwirkungspflichten nach § 85 AußStrG hätten ihren Ursprung im besonderen, erga-omnes-Wirkung entfaltenden Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft, sodass bei bloßer inter-partes-Wirkung der Vorfragenentscheidung im Zivilprozess kein Bedarf nach diesen speziellen Verfahrenssicherungen bestehe (Pierer in EvBl 2016/16 und in Deixler-Hübner Handbuch Familienrecht [2015] Abstammung 215 [226]; Schoditsch in ecolex 2016/166; im Ergebnis auch Schneider in EF‑Z 2016/112; idS auch Spitzer in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG [2013] Vor §§ 81–85 Rz 4).

Demgegenüber wollen Lurger/Tscherner (in JBl 2009, 205 [214 f]) und Bernat (in EF-Z 2016/32) § 85 AußStrG analog anwenden, weil dessen Abs 2 bei Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Interessen ein Recht der Verweigerung einräume und die Interessen des Beklagten im Unterhaltsregressprozess nicht insgesamt schutzwürdiger erscheinten.

Nach Gitschthaler (in EF-Z 2009/94 [133]) könne der Beklagte nur dann zur Mitwirkung an der DNA‑Untersuchung gezwungen werden, wenn der Scheinvater ausreichende Umstände dartue, aufgrund derer der Beklagte als Vater in Betracht komme; eine Verweigerung eines DNA-Gutachtens sei unter diesen Umständen nach § 381 ZPO zu würdigen (Gitschthaler in EF-Z 2016/26).

B.11.4. Soweit überblickbar, wurde in der Lehre zur Berücksichtigung der §§ 81 bis 85 AußStrG in einem vom angeblichen biologischen Vater angestrengten Kontaktrechtsverfahren noch nicht Stellung genommen.

B.11.5. Obwohl auch das Kontaktrechtsverfahren ein außerstreitiges Verfahren darstellt, scheidet eine unmittelbare Anwendung der besonderen, hier in Frage kommenden Verfahrensbestimmungen in Abstammungsverfahren aus, weil diese in die speziellen Verfahrensbestimmungen zur Regelung der Obsorge und der persönlichen Kontakte (§§ 104 ff AußStrG) nicht übernommen wurden.

B.11.6. Jedenfalls kommen aber die Bestimmungen des AußStrG zum Beweisverfahren zur Anwendung. Darunter auch die Bestimmung des § 35 AußStrG, der für die darin näher bezeichneten Beweisaufnahmen und für die einzelnen Beweismittel die subsidiäre Geltung der ZPO anordnet und so zu einem Globalverweis auf die §§ 277, 282287, 289a und 289b sowie 292383 ZPO führt (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 35 Rz 3). Davon erfasst sind also auch die Regelungen der ZPO zum Sachverständigenbeweis (allerdings flexibilisiert durch § 31 Abs 3 AußStrG) und deshalb ua § 359 ZPO. Dieser sieht in seinem Abs 2 Mitwirkungspflichten der Parteien und dritter Personen vor, zu denen (nach deren Anhörung) ein nicht anfechtbarer Auftrag des Gerichts (nur) an die Parteien erteilt werden kann, dessen zwangsweise Durchsetzung allerdings nicht möglich ist (s dazu näher Schneider in Fasching/Konecny³ [2017] § 359 ZPO Rz 9 ff).

B.11.7. Davon unterscheidet sich § 85 AußStrG im Wesentlichen dadurch, dass die Parteien und alle Personen, die nach den Ergebnissen des Verfahrens zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können, bei der Befundaufnahme durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen, insbesondere an der notwendigen Gewinnung von Gewebeproben, Körperflüssigkeiten und Blutproben, mitzuwirken haben, soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist (Abs 1). Die Pflicht zur Mitwirkung besteht nicht, soweit diese mit einer ernsten oder dauernden Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden wäre, wobei über eine Weigerung zur Mitwirkung mit besonderem, selbständig anfechtbaren Beschluss zu entscheiden ist (Abs 2). Weiters hat das Gericht zur Gewinnung von Gewebeproben mit Methoden, bei denen die körperliche Integrität nicht verletzt wird, erforderlichenfalls die zwangsweise Vorführung und die Anwendung angemessenen unmittelbaren Zwanges anzuordnen (Abs 3). Schließlich kann das Gericht von jedermann die Herausgabe notwendiger Gewebeproben, Körperflüssigkeiten und Blutproben verlangen, auch wenn die Person, von der diese stammen, bereits verstorben ist, wenn nach den Abs 1–3 die Erlangung des für die Untersuchungen erforderlichen Materials nicht möglich ist (Abs 4). Für die regelmäßig gegebene Abhängigkeit der Entscheidungsfindung in Fragen der Abstammung von einer forensischen Begutachtung (vor allem eines DNA-Gutachtens) liegt der gravierende Unterschied zur Regelung in der ZPO somit in der zwangsweisen Durchsetzbarkeit der Mitwirkungspflichten (auch gegenüber dritten Personen), die ihre Begründung in der besonderen, aus der erga-omnes-Wirkung resultierenden Bedeutung der Vaterschaftsfeststellung im Abstammungsverfahren findet.

B.11.8. Zu bedenken ist, dass die Feststellung der biologischen Vaterschaft im Kontaktrechtsverfahren nur als für Folgeverfahren nicht bindende Vorfragenbeurteilung inter partes erfolgt. Die Möglichkeiten der Vaterschaftsfeststellung sind auch nicht auf ein DNA-Gutachten beschränkt; vielmehr besteht für den Außerstreitrichter nach § 31 Abs 1 AußStrG keine Beschränkung der zulässigen Beweismittel. Daher kann unter Umständen auch aufgrund von anderen Beweisergebnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die biologische Vaterschaft geschlossen und das Verhalten der Parteien im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 32 AußStrG) berücksichtigt werden. Es besteht demnach kein Anlass, diese Vorfragenbeurteilung anders zu behandeln, als Vorfragenbeurteilungen in sonstigen Außerstreitverfahren, weshalb auch dem erkennenden Senat weitergehende oder speziellere Regelungen des Beweisverfahrens in einem Kontaktrechtsverfahren nach § 188 Abs 2 ABGB nicht erforderlich erscheinen.

Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Gesetzgeber ungeachtet der Offenkundigkeit der dargestellten Problematik von der Anordnung einschneidender, der Regelung des § 85 AußStrG entsprechender Mitwirkungspflichten Abstand genommen hat. Schon das Vorliegen einer Gesetzeslücke als Voraussetzung einer Analogie (RIS-Justiz RS0098756) ist daher zu verneinen, sodass eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 85 AußStrG ausscheidet.

B.12. Da die Gewährung des Kontaktrechts nach § 188 Abs 2 ABGB ua sowohl vom Bestehen eines besonderen Verhältnisses (das in der gegebenen Konstellation nur bei Bestehen der biologischen Vaterschaft des Antragstellers bejaht werden kann) als auch davon abhängt, ob es dem Kindeswohl dient, stellt sich insbesonders im Fall der Einholung eines DNA-Gutachtens die Frage, ob die Reihenfolge der Prüfung des Kindeswohls einerseits und der leiblichen Vaterschaft andererseits vorgegeben ist oder nicht.

B.12.1. In der Judikatur des EGMR ist nämlich die Rede davon, es könne allenfalls die Feststellung der biologischen – im Gegensatz zur rechtlichen – Vaterschaft in einem Umgangsverfahren nötig sein, wenn unter den besonderen Umständen der Rechtssache davon ausgegangen wird, dass ein Umgang zwischen dem mutmaßlichen leiblichen Vater – unterstellt, dass er tatsächlich der biologische Vater des Kindes ist – und dem Kind dem Kindeswohl dienen würde; allerdings wird eine Rangordnung der Prüfung der Voraussetzungen nicht ausdrücklich festgelegt.

Auch der VfGH geht von einer vorgelagerten Kindeswohlprüfung aus, trifft aber ebenfalls keine dezidierte Aussage dazu (idS auch Khakzadeh-Leiler [s B.5.3.]; aA Pesendorfer, für den nichts gegen die zuerst vorgenommene Prüfung der biologischen Vaterschaft spricht [s B.5.1.]).

Weder der Regelung des § 188 Abs 2 ABGB, der die Klärung der biologischen Vaterschaft gar nicht anspricht, noch der RV ist zum in Frage stehenden Problem etwas zu entnehmen. Insbesondere wurde nicht festgelegt, dass die Abstammungsklärung erst dann erfolgen dürfte, wenn sichergestellt ist, dass die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Es steht daher grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob es im Einzelfall zunächst die biologische Vaterschaft oder das Kindeswohl prüft.

B.12.2. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind allerdings folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Zum einen ist (auch) ein Kontaktrechtsverfahren nach § 13 Abs 2 AußStrG so zu führen, dass das Kindeswohl bestmöglich gewahrt wird. Zum anderen ist zu bedenken, dass auch das Familienleben der bestehenden (rechtlichen) Familie gemäß Art 8 Abs 1 EMRK geschützt ist und die Anordnung und Durchführung einer Abstammungsuntersuchung einen Eingriff in dieses geschützte Familienleben darstellen (vgl BVerfG 19. 11. 2014, 1 BvR 2843/14, NJW 2015, 542 [zu Art 6 Abs 1 GG]). Im Rahmen eines Kontaktrechtsverfahrens nach § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB erfolgt dieser Eingriff aber iSd Art 8 Abs 2 EMRK auf gesetzlicher Grundlage, die als legitimes Ziel den Schutz der Rechte anderer, nämlich dem grundrechtlich anerkannten Kontaktrecht des leiblichen Vaters verfolgt. Die Zulässigkeit des Eingriffs verlangt letztlich, dass er in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, dh verhältnismäßig sein muss (Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger Bundesverfassungsrecht11 [2015] Rz 1425). Schon daraus ergibt sich, dass das Gericht die Reihenfolge nicht allein aus bloß das Verfahren betreffenden Praktikabilitätserwägungen wählen darf.

B.12.3. Eine Abstammungsuntersuchung ist jedenfalls dann nicht notwendig, wenn schon eine der weiteren Voraussetzungen für das begehrte Kontaktrecht zu verneinen ist, also wenn dem Antragsteller etwa der Nachweis seines Interesses als Vater an, sowie seines Bekenntnisses zum Kind vor und nach der Geburt, oder des Umstands, dass ein Familienleben aus Gründen, die ihm nicht zurechenbar sind, noch nicht voll verwirklicht wurde, nicht gelungen ist. Dann hätte eine solche zu unterbleiben.

Im Übrigen ergeben sich für die Praxis schwierige Abwägungsfragen: Insbesondere wegen der familiären Auswirkungen der Abstammungsklärung kann es zur Vermeidung unnötiger Eingriffe in das Familienleben geboten sein, die Abstammungsklärung erst herbeizuführen, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen; ist hingegen absehbar, dass die Klärung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen für die Betroffenen ungleich belastender ist (zB weil dem Kind erstmals eröffnet werden muss, dass ein Dritter sein biologischer Vater ist und es sehen möchte), kann es umgekehrt geboten sein, zuerst die Abstammungsklärung vorzunehmen (sofern sich dadurch die sonst gegebenen Belastungen vermeiden oder lindern lassen). Je gravierender diese Belastungen sind, desto mehr spricht im Einzelfall für die vorrangige Prüfung der Abstammung. Wenn sich die Frage der „Kindeswohldienlichkeit“ ohne großen Aufwand und ohne erhebliche Belastung des Kindes klären lässt, wird das Gericht in der Regel vorab keine Abstammungsuntersuchung anordnen dürfen. Deren Anordnung vor Klärung der sonstigen Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB scheidet aber regelmäßig auch dann aus, wenn nach dem Stand der Ermittlungen unwahrscheinlich ist, dass die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Je wahrscheinlicher hingegen ist, dass die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und je geringer die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Familienlebens wären, desto eher darf eine Abstammungsuntersuchung vor der abschließenden Klärung der sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen angeordnet werden. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigungen des Familienlebens kann insbesondere dem Umstand Bedeutung zukommen, ob die Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers zwischen den Beteiligten streitig ist oder nicht, weil im zweiten Fall erhebliche psychische Auswirkungen der Abstammungsklärung auf die Beteiligten nicht zu erwarten sind (vgl erneut BVerfG 19. 11. 2014, 1 BvR 2843/14; Hennemann in MüKoBGB7 [2017] § 1686a BGB Rz 14; Götz in Pallandt BGB76 [2017] § 1686a Rz 8).

Besteht daher die Möglichkeit, die strittige Tatbestandsvoraussetzung der biologischen Vaterschaft des Antragstellers in einer die Eltern nicht (oder wenig) beeinträchtigenden Weise zu klären (zB weil ihnen die Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers ohnehin bekannt ist) und ist die Probenentnahme beim Kind (zB wegen seines geringen Alters) möglich, ohne ihm den Grund dafür auseinandersetzen zu müssen (also jedenfalls ohne Gefährdung des Kindeswohls), dann hat die Abstammungsklärung vorweg zu erfolgen, weil der Eingriff in das Familienleben so am Geringsten gehalten werden kann.

C. Zum Informationsrecht des (angeblich) leiblichen Vaters:

C.1. Im (bereits zu B.1. dargestellten) Fall Schneider (EGMR 15. 9. 2011, Bsw 17080/07), in dem der Beschwerdeführer – wie hier – nicht als biologischer Vater feststand und zuvor keinerlei Kontakt zum Kind hatte, nahm der EGMR eine Verletzung von Art 8 EMRK (auch deshalb) an, weil die innerstaatlichen Gerichte es verabsäumten zu erwägen, ob Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und dem Kind dem Kindeswohl gedient hätte oder ob zumindest sein Interesse an Auskunft über die Entwicklung des Kindes gegenüber den Interessen der rechtlichen Eltern überwogen hätte.

C.2. Nach § 189 Abs 1 Z 1 ABGB (idF KindNamRÄG 2013) ist ein nicht mit der Obsorge betrauter Elternteil durch die mit der Obsorge betraute Person von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 167 Abs 2 und 3 ABGB, rechtzeitig zu verständigen und kann sich hiezu in angemessener Frist äußern.

In den Gesetzesmaterialien ist zwar ganz allgemein die Rede davon, dass „menschenrechtliche Vorgaben“ umgesetzt werden sollen (RV 2004 BlgNR 24. GP  6), im Besonderen Teil wird allerdings bei der Behandlung des § 189 ABGB Judikatur des EGMR nicht angesprochen (RV 2004 BlgNR 24. GP 29 f).

C.3. Mit der Problematik eines Informationsrechts des (nur) biologischen Vaters setzt sich im Schrifttum – soweit überblickbar – Beck (in Kindschaftsrecht² [2013] Rz 912) auseinander und kommt zum Ergebnis, dass das Auskunftsrecht nach § 189 Abs 1 ABGB grundsätzlich nur dem nicht mit der Obsorge betrauten (rechtlichen) Elternteil zustehe, weshalb ein Antrag eines biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters ohne nähere Prüfung zurückzuweisen sei (idS auch Ferrari, EGMR fordert Besuchs- und Informationsrecht des biologischen Vaters, iFamZ 2012, 60 [noch zu § 178 ABGB idF KindRÄG 2001]).

C.4. In der Judikatur des Obersten Gerichtshofs wurde zu § 189 ABGB (idF KindNamRÄG 2013) bereits Stellung genommen und ausgeführt (4 Ob 104/15w = RIS‑Justiz RS0130523), dass mit dieser Bestimmung der bisherige § 178 ABGB idF KindRÄG 2001 anders gegliedert, jedoch inhaltlich im Wesentlichen unverändert übernommen wurde. Das Recht auf Information des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils richtet sich demnach gegen die Person, die mit der Obsorge betraut ist. Im Streitfall hat das Gericht daher nach § 189 Abs 4 ABGB in erster Linie dem Obsorgebetrauten aufzutragen, dem nicht obsorgebetrauten Elternteil bestimmte Informationen zu erteilen. Erst wenn einem solchen Auftrag nicht nachgekommen wird, ist mit weitergehenden Verfügungen im Sinne der angeführten Gesetzesstelle vorzugehen, worunter auch die Ermächtigung des anderen Elternteils zur direkten Informationsbeschaffung bei Dritten fällt.

C.5. Diese Ausführungen sind dahin zu ergänzen, dass das Bestehen des Informationsrechts nicht voraussetzt, dass es dem Kindeswohl dient. Vielmehr kommt nur bei Gefährdung des Kindeswohls bei der Wahrnehmung des Informationsrechts dessen Einschränkung oder Entziehung in Betracht (§ 189 Abs 2 ABGB).

Wird die Ablehnung eines Kontaktrechts eines angeblich biologischen, aber nicht rechtlichen Vaters nach § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB nur damit begründet, dass es nicht dem Kindeswohl diene, wäre es daher nicht gerechtfertigt, allein deshalb auch ein Informationsrecht zu verneinen.

Wie noch zu zeigen sein wird, erübrigen sich aber schon aus formalen Gründen weitere Überlegungen sowohl zur Legitimation für einen darauf gerichteten Antrag als auch zu den Voraussetzungen eines Informationsrechts des (nur) biologischen Vaters.

D. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner:

Angesichts der Erfolglosigkeit des vom Antragsteller erhobenen Begehrens in beiden Instanzen stellt sich zunächst die Frage, ob die Antragsgegner durch die Rekursentscheidung beschwert sind.

Bei der Beschwer unterscheidet man die formelle von der materiellen Beschwer. Letztere liegt vor, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird, diese also für ihn ungünstig ausfällt (RIS-Justiz RS0041868), formelle Beschwer hingegen dann, wenn die gefällte Entscheidung von der beantragten zu Ungunsten des Rechtsmittelwerbers abweicht (RIS-Justiz RS0043917).

Die Antragsgegner begehrten in erster Instanz mehrfach die Abweisung der Anträge, nicht jedoch deren Zurückweisung. Diesem erstinstanzlichen Begehren entspricht die antragsabweisende Rekursentscheidung, sodass schon die formelle Beschwer der Antragsgegner an deren Bekämpfung zu verneinen ist. Außerdem zeigen die Antragsgegner eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung durch die abweisende Sachentscheidung (gegenüber der Zurückweisung des Antrags) nicht einmal ansatzweise auf (vgl RIS-Justiz RS0041758 [insbes T11 und T18]).

Ihr außerordentlicher Revisionsrekurs ist daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen.

E. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers:

E.1. Vorweg bedarf es der Klärung des Anfechtungsumfangs.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Einräumung sowohl eines Kontakt- als auch eines Auskunftsrechts ab und begründete dies ausschließlich damit, dass ein Kontaktrecht nicht dem Kindeswohl diene. Wenn es dem Antragsteller deshalb auch ein Informationsrecht verweigerte, ging es – erkennbar – davon aus, die „Kindeswohldienlichkeit“ sei auch Voraussetzung dafür, die Antragsgegener als (rechtliche) Eltern zur Information zu verpflichten. Wie bereits dargelegt, trifft dies allerdings nicht zu. Zwar lautet der Rechtsmittelantrag auch auf Abänderung dahin, dass dem Antragsteller ein Auskunftsrecht eingeräumt werde; die Abweisung seines Antrags, ihm ein Auskunftsrecht einzuräumen, wird in der Ausführung des (17-seitigen) Revisionsrekurses allerdings mit keinem Wort thematisiert. Vielmehr setzt sich dieser nur mit dem Kontaktrecht eines (nur) biologischen Vaters auseinander, während sich Erwägungen und Argumente weder zur Antragslegitimation noch zu den Voraussetzungen für einen Informationsanspruch nach § 189 Abs 1 ABGB finden, obwohl § 65 Abs 3 Z 4 AußStrG fordert, dass die Gründe, aus welchen die rechtliche Beurteilung unrichtig erscheine, darzulegen sind. Jedenfalls angesichts des vorliegenden außerordentlichen Rechtsmittels ist daher davon auszugehen, dass die Abweisung des Antrags auf Einräumung eines Auskunftsrechts – ungeachtet des Rechtsmittelantrags – inhaltlich unbekämpft blieb und daher auf ein Informationsrecht nach § 189 Abs 1 ABGB nicht weiter einzugehen ist.

E.2. Zum Kontaktrecht nach § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB ist das Rechtsmittel zur Klarstellung der Rechtslage jedoch zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu einem darauf gerichteten Antrag eines angeblich leiblichen Vaters iSd § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB noch nicht Stellung genommen hat, und auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

E.3. In der Sache ist – angesichts der konsequent betriebenen Versuche des Antragstellers, ein Kontaktrecht zum Kind durchzusetzen – seine Bereitschaft dokumentiert, ein solches auszuüben.

Wegen der bereits angesprochenen Zugeständnisse und unterbliebenen Bestreitungen der Mutter ist auch davon auszugehen, dass das von § 188 Abs 2 Satz 1 ABGB geforderte besondere familiäre Verhältnis des Antragstellers zum Kind gegeben ist, allerdings vorbehaltlich der Feststellung, dass es von ihm gezeugt wurde, also von ihm abstammt.

Neben dieser Tatfrage zur Abstammung blieb die weitere Voraussetzung für die Regelung des Kontaktrechts strittig, ob ein solches Kontaktrecht dem Kindeswohl dient.

E.4. Im Revisionsrekus wirft der Antragsteller dem Rekursgericht im Wesentlichen vor, der Schutz der sozialen Familie rechtfertige es nicht, ein Kontaktrecht des biologischen Vaters pauschal als kindeswohlgefährdend auszuschließen. Es fehle an Feststellungen, dass ein Kontaktrecht im konkreten Fall dem Wohl des Kindes ausnahmsweise nicht entspreche. Nicht er habe zu behaupten, warum das Kontaktrecht dem Wohl des Kindes diene (was ihm mangels Kontakts gar nicht möglich sei), sondern die Antragsgegner bzw die Vorinstanzen hätten darzulegen gehabt, warum dies ausnahmsweise nicht der Fall sein solle. Damit macht der Antragsteller als unrichtige rechtliche Beurteilung Feststellungsmängel zur „Kindeswohldienlichkeit“ und das Verkennen der Beweislastverteilung (vgl RIS-Justiz RS0039939 [T25]) und als Mangel des Rekursverfahrens die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes des § 16 Abs 1 AußStrG geltend.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu:

E.5. Das Rekursgericht begründete die Antragsabweisung im Kern damit, es könne nicht von der „Kindeswohldienlichkeit“ eines Kontaktrechts ausgegangen werden; eine Offenlegung der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers könnte das Kind, das in einer sozial intakten Familie lebe, nämlich überfordern. Die zweite Instanz verneinte die „Kindeswohldienlichkeit“ daher – ohne Tatsachengrundlage zu den zu B.9.2. dargestellten Kriterien – einerseits mit einer bloß abstrakten generellen Befürchtung, die auf einen vorrangigen pauschalen Schutz der sozialen Familie hinausläuft. Wie bereits erwähnt (B.9.1.) verbietet die bestehende Rechtslage gemäß § 188 Abs 2 ABGB aber eine Beurteilung der „Kindeswohldienlichkeit“ bloß nach pauschalen Einschätzungen, weil damit die geforderte Einzelfallabwägung entfällt. Zum vom Antragsteller mehrfach zitierten Rechtssatz RIS-Justiz RS0048072 [T3], wonach es grundsätzlich dem Interesse eines Heranwachsenden entspreche, in einer seiner Entwicklung gemäßen Weise über seine blutsmäßige Abstammung unterrichtet zu werden und die Möglichkeit zu erhalten, über seinen leiblichen Vater ein auf eigenem Erleben und Empfinden beruhendes Bild zu gewinnen, ist nicht weiter Stellung zu nehmen, weil diese Rechtsprechung bisher nur auf weit ältere Minderjährige als das hier ca dreieinhalbjährige Mädchen angewendet wurde.

Wenn das Rekursgericht die fehlenden Feststellungen damit rechtfertigen will, dass der Antragsteller nicht aufgezeigt habe, aus welchen Gründen im konkreten Fall die Kenntnis von seiner Vaterschaft und ein Kontakt zu ihm dem Wohl des Kindes dienen sollte, nimmt es zu Unrecht die Behauptungslast des Antragstellers für diese Umstände an. Dieser Vorwurf gegenüber dem Antragsteller übergeht, dass er das Mädchen gar nicht persönlich kennt, seit seiner Geburt keinen Einblick in seine Lebensumstände hat und schon deshalb außer Stande ist, konkrete Umstände zum Kind und der sozialen Familie, in der es lebt, die eine „Kindeswohldienlichkeit“ seines Kontaktrechts belegen könnten, wahrheitsgemäß anzuführen (ihn insoweit eine Parteienpflicht nach § 16 Abs 2 AußStrG also gar nicht treffen kann). Das Rekursgericht übergeht auch den durch den Grundsatz des Amtsbetriebs nach § 13 Abs 1 AußStrG ergänzten Untersuchungsgrundsatz nach § 16 Abs 1 AußStrG, der besonders die Berücksichtigung der Interessen Pflegebefohlener verlangt (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG [2013] § 16 Rz 12): Im vorliegenden, von der Wahrung des Kindeswohls gekennzeichneten Kontaktrechtsverfahren hatte das Gericht nämlich – wenn auch nur im Rahmen der gestellten Anträge – sämtliche relevanten Beweisaufnahmen und Tatsachenerhebungen von Amts wegen durchzuführen (RIS‑Justiz RS0006330), weil hier eben nicht über vermögensrechtliche Ansprüche entschieden wurde (vgl RIS‑Justiz RS0006261); eine subjektive Behauptungslast, wie sie das Rekursgericht dem Antragsteller auferlegte, bestand daher nicht. Das zweitinstanzliche Verfahren, in dem (erstmals) in der Sache entschieden wurde, blieb daher insofern mangelhaft.

Dies und die bereits aufgezeigten Feststellungsmängel machen eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz, damit die relevanten Entscheidungsgrundlagen gesammelt werden können, unumgänglich. Auf die weiteren Argumente des Revisionsrekurses braucht daher nicht eingegangen zu werden; vielmehr genügt ein Hinweis auf die vorausgehenden allgemeinen Ausführungen.

E.6. Für den zweiten Rechtsgang ist aber noch Folgendes zu beachten:

Nach dem Vorbringen der Antragsgegner, das einen Intimverkehr der Mutter mit dem Antragsteller im empfängniskritischen Zeitraum gar nicht in Abrede stellt, muss ihnen die Möglichkeit seiner biologischen Vaterschaft bekannt sein. Darauf, dass die Aktenlage nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass der rechtliche Vater schon bei der Eheschließung mit der Mutter die Abstammung des damals noch ungeborenen Kindes von einem anderen Mann in Betracht ziehen musste, kommt es daher gar nicht an: Ist doch schon die nunmehr unstrittige Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers ein Umstand, der eine gravierende Beeinträchtigung der Antragsgegner als Eltern durch die Abstammungsklärung nicht erwarten lässt. Angesichts des Alters des Mädchens von derzeit etwa dreieinhalb Jahren ist nach Ansicht des erkennenden Senats keine Notwendigkeit (bzw sinnvolle Möglichkeit) gegeben, das Mädchen über den Grund der Probenentnahme für ein DNA-Gutachten zu informieren, sodass eine Gefährdung des Kindeswohls durch die Abstammungsklärung von vornherein ausgeschlossen erscheint. In dieser Konstellation erweist sich die Klarstellung der biologischen Vaterschaft als vorrangig (und ist daher vor der Beurteilung der „Kindeswohldienlichkeit“ eines Kontakts) vorzunehmen (vgl B.12.3.), soweit nicht davon auszugehen ist, dass eine „Kindeswohldienlichkeit“ des Kontakts aus allein in der Sphäre des Antragstellers liegenden Gründen (s die Vorwürfe der Antragsgegner gegen die Person des Antragstellers und sein Verhalten) unwahrscheinlich ist. Daher wird erst dann, wenn von der biologischen Vaterschaft des Antragstellers auszugehen ist, die „Kindeswohldienlichkeit“ eines Kontakts des Kindes zum Antragsteller zu prüfen sein. Zu den relevanten Kriterien – sowohl auf Seiten der rechtlichen Familie, des Kindes als auch des Antragstellers – werden unter Beiziehung eines (vom Antragsteller bereits beantragten) kinderpsychologischen Sachverständigen konkrete Feststellungen zu treffen sein, ohne die eine abschließende Beurteilung auch dieser Frage nicht möglich ist.

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