BVwG L518 2299406-1

BVwGL518 2299406-128.11.2024

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:L518.2299406.1.00

 

Spruch:

L518 2299406-1/8E

Schriftliche Ausfertigung des am 14.10.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. GEORGIEN, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, ASt Graz, vom 21.08.2024, ZI. 1381284707-240023193, wegen §§ 8, 10 und 57 AsylG 2005 und §§ 46, 52, und 55 FPG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.10.2024 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als „BF“ bezeichnet), ein Staatsangehöriger Georgiens, reiste am 31.12.2023 legal auf dem Luftweg von Georgien nach Österreich, wo er am 04.01.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF zum Ausreisegrund befragt vor, dass er wegen seiner Krankheit und seinen Schulden, wegen der er bedroht werde, ausgereist sei. Es würde sich um insgesamt USD 35000 Dollar handeln. Bei einer Rückkehr fürchte er, dass er getötet werden könnte.

I.3. Vom 10.01.2024 bis 15.01.2024 befand sich der BF in stationärer Behandlung auf der Inneren Medizin 2 / Pulmologie 2 des XXXX . Von 15.01.2024 bis 17.01.2024 war der BF stationär auf der Psychiatrischen Abteilung und vom 17.01.2024 bis zum 22.02.2024 wiederum auf der Abteilung Innere Medizin 2 / Pulmologie 2 des XXXX .

I.4. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 14.06.2024 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), ASt Graz, niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zum Ausreisegrund befragt aus „Nur aus medizinischen Gründen. Ich war im Krankenhaus, bevor ich ausreiste. Ich hatte Nierenprobleme.“

I.5. Am 15.06.2024 wurde vom BFA eine Anfrage an die Staatendokumentation bezüglich der vom BF bekanntgegebenen Leiden übermittelt. Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation langte am 20.08.2024 ein.

I.6. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 21.08.2024 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (SP I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (SP II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (SP III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (SP IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (SP V.) Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (SP VI.) und gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (SP VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von einem Jahr befristetes Einreiseverbot erlassen (SP VIII.).

Begründend wurde ausgeführt, dass es aufgrund der vorliegenden medizinischen Befunden glaubhaft ist, dass der BF aus medizinischen Gründen nach Österreich gereist ist. Weiters führte er an, dass er bei einer Privatperson Schulden hätte, die er nicht zurückzahlen könnte. Die vom BF geltend gemachten fluchtbegründenden Umstände sind, unbeachtlich des Wahrheitsgehaltes dieser Aussagen, nicht fähig eine asylrelevante Bedrohung zu begründen. Die von Ihnen geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe durch Private stellen auch in Ihrem Herkunftsstaat strafbare Handlungen dar, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis verfolgt und geahndet werden.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

I.7. Gegen diesen Bescheid wurde von der rechtlichen Vertretung mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist, Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde neben Wiederholungen vorgebracht, dass der BF aufgrund seiner zahlreichen Erkrankungen und schweren motorischen Schwierigkeiten als vulnerabel anzusehen ist und auch weiterhin einer abgestimmten, vollumfänglichen medizinischen Behandlung bedarf. Im Falle einer Rückkehr nach Georgien ist von einer unzumutbaren, rapiden Verschlechterung der Krankheitszustände des BF auszugehen, da ihm – wie nachfolgend ausgeführt – kein Zugang zu einer adäquaten medizinischen Behandlung im Herkunftsland offensteht beziehungsweise eine solche für den BF nicht zugänglich wäre. Die belangte Behörde hat es ihrerseits unterlassen, auf das individuelle Vorbringen des BF vor dem Hintergrund der verfügbaren Länderinformationen einzugehen. Auch sind die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig.

Es werde eine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt, weiters dem Antrag auf Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen aus dem Bereich der Inneren Medizin stattzugeben; den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes II. zu beheben und dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben, die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen; den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das die belangte Behörde zurückzuverweisen.

I.8. Am 14.10.22024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertretung sowie eines Dolmetschers für die georgische Sprache durchgeführt. Am Ende der Verhandlung wurde das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG mündlich verkündet, wobei die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.

Inhaltlich wurde unter anderem ausgeführt Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Heimatland eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass er im Falle einer Rückkehr nach Georgien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung isd GFK ausgesetzt wäre. lnsbesondere war das Vorbringen aufgrund widersprüchlicher und vager bzw. oberflächlicher und auch unschlüssiger Angaben bei wesentlichen Aspekten als nicht glaubwürdig zu qualifizieren. So vermochte der BF nicht plausibel nachvollziehbar darzulegen, weshalb dieser sich an einen mächtigen Drogendealer betreffend Kredit wandte und nicht an ein Kreditunternehmen bzw. eine Bank. Auch ist nicht plausibel, weshalb das Geld in bar und nicht mittels Überweisung übergeben wurde. Zudem gab der BF vor dem BFA noch an, dass er mit dem Kredit seine Wirtschaft vergrößern wolle, nunmehr gab er in der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass er mit dem Geld Kälber ankaufen wollte. Der BF vermochte den Vorfall, im Zuge dessen auf ihn geschossen worden sein soll nicht konkret zu datieren und gab der BF vor dem BFA noch an, dass die Polizei zu ihm gekommen sei und meinte, dass er ihn anzeigen solle. Die Anzeige habe der BF jedoch nicht unterschrieben. In der Verhandlung gab er an, dass die Polizei die Anzeigenerstattung amtswegig vorgenommen hat. Den Vorfall mit dem Messer legte der BF hingegen erstmals im Zuge der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung dar. Aufgrund der hier vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung mag zwar nicht entgegengetreten werden, als hieraus ableitbar ist, dass die Gesundheitsversorgung nicht kostenlos und nicht auf gleichem Niveau wie in Österreich gewährleistet ist, eine Überstellung nach Georgien führt jedoch nicht zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. lm vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts begründen.

I.9. Mit Eingabe vom 14.10.2024 wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.

I.10. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF führt den im Spruch genannten Namen, er ist Staatsangehöriger von Georgien, Angehöriger der georgischen Volksgruppe und orthodoxer Christ. Der BF wurde am XXXX in XXXX geboren. Der BF besuchte zehn Jahre die Mittelschule und fünf Jahre das Institut für Landwirtschaft in Tiflis. Der BF führte eine Landwirtschaft und war als LKW-Fahrer beruflich tätig. Vor der Ausreise lebte er im Haus seines Vaters in XXXX im Dorf XXXX . Die Identität des BF steht fest.

Der BF ist geschieden und Vater von zwei volljährigen Töchtern (31 und 33 Jahre alt).

Der BF leidet an Hepatitis C, chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes Melitus Typ ll., chronischer Entzündung der Harnblase, sowie einer Herzinsuffizienz, Gastritis und einer Mittelohrentzündung. Der BF hat einen Dauerkatheter, erhält Dialyse und wartet auf eine Nierentransplantation, er weiß nicht, ob er auf einer Transplantationsliste steht. Weiters spritzt er Insulin und nimmt gegen die Herzerkrankung Blutdrucksenker und Betablocker. Hinsichtlich Diabetes Mellitus ll wurde der BF in Georgien bereits behandelt und mit oraler Medikation eingestellt. Er erhielt die Medikamente Amarin und Ciapore. Ferner leidet er auch an einer Entzugssymptomatik mit Selbstverletzung bei Drogenkonsum bis Ende Dezember 2023 (Methadon und Haschisch).

In Tiflis leben seine beiden Töchter, in XXXX noch sein Vater und ein Neffe. Weiters halten sich noch Tanten und Onkeln, sowie Cousinen und Cousins in Georgien auf. Der BF hat zu seinen Verwandten Kontakt. Der Vater ist Pensionist und betreibt gemeinsam mit dem Neffen des BF eine Landwirtschaft mit fünf Kühen und fünf Schweinen.

Der BF reiste am 31.12.2023 legal auf dem Luftweg von Georgien nach Österreich, wo er am 04.01.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

Der BF verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte.

Der BF hält sich seit 31.12.2023 im Bundesgebiet auf. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet hält sich ein Taufpate des BF auf, es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Der BF besucht einen Deutschkurs, er ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Der BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig. Zu österreichischen Freunden befragt, gibt er zwei männliche Vornamen bekannt.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung bzw. Verschlechterung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person der BF gelegenen Umständen.

Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation des BF. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der BF von einer Privatperson wegen eines aufgenommenen Kredites bedroht oder verfolgt worden wäre.

In Bezug auf die individuelle Lage des BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte oder gar verschlechterte Situation festgestellt werden.

Festgestellt wird, dass die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung, sowie zusätzlich bestehende staatliche Gesundheitsprogramme gewährleistet ist. Die Behandlung der Leiden des BF ist in Georgien möglich.

Auch kann aufgrund der Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation festgestellt werden, dass sämtliche Behandlungen und Medikamente bzw. Wirkstoffe in Georgien erhältlich sind. Weiters wurde festgestellt, dass der Erlass des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N nach wie vor in Geltung steht, mit dem die Einfuhr von in Georgien nicht verfügbaren Medikamenten ermöglicht wird.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in seinem Heimatland Georgien droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Zudem konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Georgien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Die Abschiebung des BF nach Georgien ist zulässig und möglich.

 

II.1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

 

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung 2023-10-02 13:20

Sofern nicht anders angegeben, schließen die Themenbereiche zu Georgien die Situation in den separatistischen Landesteilen Abchasien und Südossetien nicht ein.

Die Verwendung von Bezeichnungen wie "Regierung", "Behörden" o. Ä. im Zusammenhang mit Abchasien oder Südossetien stellt keine Wertung der Staatendokumentation hinsichtlich des Status dieser Gebiete dar. Die in dieser Länderinformation zur Verfügung gestellten Karten dienen der Veranschaulichung und stellen keine Anerkennung der gezeigten Grenzen durch die Staatendokumentation dar.

Georgien wird in Österreich laut Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) derzeit als sicherer Herkunftsstaat geführt. Vom länderkundlichen Standpunkt aus geben die jüngsten Aktualisierungen der Länderinformationen zu Georgien keinen Anlass zur Änderung der länderkundlichen Einschätzung zur Eigenschaft als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der HStV.

Hinweis zu COVID-19:

Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports .

Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität:

https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 .

COVID-19

Letzte Änderung 2023-10-02 12:55

Die Regierung Georgiens hat alle COVID-19-Beschränkungen, außer der allgemeinen Maskenpflicht innerhalb medizinischer Einrichtungen, aufgehoben (WKO 22.3.2023; vgl. Provax o.D.).

Seit dem 15. Juni 2022 müssen Staatsangehörige aller Länder, unabhängig davon, auf welchem Weg sie nach Georgien reisen (auf dem Land-, See- oder Luftweg), keinen Nachweis über eine COVID-Impfung oder einen negativen PCR-Test vorlegen (Provax o.D.; vgl. WKO 22.3.2023).

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-10-02 14:28

Georgien wurde im April 1991 unabhängig [bis dahin Teilrepublik der Sowjetunion]. Nach der georgischen Unabhängigkeit erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien. 1992 erfolgten Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die jedoch von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden (AA 19.10.2022). Russland betreibt gegenüber beiden Regionen eine Politik der informellen militärischen und wirtschaftlichen Annexion (BPB 26.8.2020).

Durch Verfassungsänderung am 17.11.2013 wurde das Land von einer Präsidialrepublik zu einer parlamentarischen Demokratie. Die georgische Außenpolitik sieht in der Integration Georgiens in EU und NATO ein prioritäres Ziel für eine nachhaltige demokratische Entwicklung des Landes (AA 19.10.2022). In Georgien finden regelmäßige und kompetitive Wahlen statt (FH 2023a). Wie schon in den Jahren zuvor stellten auch 2022 die politische Polarisierung und die Dominanz der regierenden Partei Georgischer Traum in allen Regierungsbereichen eine Herausforderung für die wirksame Umsetzung der parlamentarischen Kontrolle dar (GIP 1.2.2023). Georgien verfügt zwar über ein dynamisches Mehrparteiensystem, aber die Oppositionsparteien sehen sich mitunter mit Hindernissen für den politischen Wettbewerb konfrontiert, darunter rechtliche und andere Schikanen. Die Fähigkeit der gewählten Beamten, die Regierungspolitik zu bestimmen und umzusetzen, wurde durch die informelle Rolle der Oligarchen beeinträchtigt. Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt von einem Gremium gewählt, bestehend aus nationalen Gesetzgebern, regionalen und lokalen Amtsträgern. Die Amtszeit soll zukünftig 5 Jahre betragen. Der Präsident ernennt formell den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 2023a). Der derzeitige Ministerpräsident ist Irakli Garibaschwili, dessen Amtsantritt am 22.2.2021 war (PMoG o.D.).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabischwili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei Georgischer Traum, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60 % der abgegebenen Stimmen gegen ihren Konkurrenten Grigol Vaschadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakaschwili unterstützt wurde (FH 2023a). Die OSZE beurteilte die Wahl als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Zu den Kritikpunkten gehören die missbräuchliche Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie eine qualitativ mangelhafte Wahl-Berichterstattung (OSCE 28.2.2019).

Das Parlament Georgiens hat 150 Sitze, wovon 120 Sitze über Parteienlisten und 30 Sitze über Direktmandate in Wahlkreisen vergeben werden (Eurasianet 29.6.2020). Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die nächsten, planmäßig 2024 stattfindenden Wahlen beschlossen (USDOS 20.3.2023). Am 6. Februar 2023 verabschiedete die Zentrale Wahlkommission Georgiens einen Erlass zur Einführung eines elektronischen Wählerregistrierungs- und Wahlsystems in den meisten Wahllokalen. 90 % der georgischen Wähler werden bei den Parlamentswahlen 2024 elektronisch wählen (Civil.ge 7.2.2023).

Bei den am 31.10.2020 durchgeführten Parlamentswahlen erzielte die bisherige Regierungspartei Georgischer Traum 48 % der abgegebenen Stimmen und erneut eine satte Mehrheit von 60 % der Mandate. Das größte Oppositionsbündnis, die Vereinigte Nationale Bewegung, erhielt 27 % der abgegebenen Stimmen zugeschrieben (Civil.ge 4.12.2020).

Die unterlegene Opposition prangerte erhebliche Wahlmanipulationen an und mobilisierte ihre Anhänger auf der Straße (REU 31.10.2020). Gemäß der OSZE waren die Parlamentswahlen weitgehend kompetitiv, und insgesamt wurden die Grundfreiheiten respektiert. Dennoch haben weitverbreitete Vorwürfe der Ausübung von Druck auf Wähler und Vorwürfe der unklaren Abgrenzung zwischen der Regierungspartei und dem Staat das Vertrauen der Öffentlichkeit in einige Aspekte des Ablaufs der Wahl unterminiert. Der grundlegend überarbeitete Rechtsrahmen bot eine solide Grundlage für die Abhaltung demokratischer Wahlen. Die technischen Aspekte der Wahlen wurden trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie effizient gehandhabt. Jedoch hat sich die Dominanz der Regierungspartei in den Wahlkommissionen negativ auf die Wahrnehmung ihrer Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ausgewirkt, insbesondere auf den unteren Ebenen (OSCE 5.3.2021).

Nach den Wahlen im Jahr 2020 boykottierte die Opposition wegen behaupteten Wahlbetrugs ihre Sitze im Parlament. Im April 2021 brachten Vermittlungsbemühungen der EU ein Abkommen zwischen der Regierungspartei Georgischer Traum und Oppositionsparteien zustande, wodurch der Boykott beendet wurde (HRW 13.1.2022). Am 8.6.2021 hat auch die größte Oppositionspartei, die Vereinigte Nationale Bewegung, ihren Boykott beendet und nahm erstmals an einer Parlamentssitzung teil (FNS 11.6.2021).

Georgien unterzeichnete 2014 ein Assoziierungsabkommen einschließlich einer vertieften und umfassenden Freihandelszone mit der EU (ADA 2.2022). Anfang März 2022 beantragte Georgien offiziell eine Mitgliedschaft bei der Europäischen Union (Zeit online 3.3.2022).

Abchasien

Letzte Änderung 2023-10-03 10:58

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich [im Jahr 1992; Time 23.7.2012] – unterstützt von Russland – als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in dem sich de facto ein politisches System mit "Regierung", "Parlament" und "Justiz" etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär und russische Grenztruppen, sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur in einem sehr geringen Maße für Einwohner des Gebietes durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 keine mehr (AA 26.5.2023).

STDOK-OSIF 12.9.2023a Diese Karte dient der Veranschaulichung und stellt keine Anerkennung der hier gezeigten Grenzen durch die Staatendokumentation dar.

Die Regierung in Tiflis hat ursprünglich die Autonomie, aber nicht die Unabhängigkeit Abchasiens anerkannt (ACLED 2.2020). Seit 2008 hat sich die Abhängigkeit von Moskau weiter verstärkt. Abchasien bemüht sich zwar, ein Mindestmaß an Unabhängigkeit von Russland zu bewahren, dies wird jedoch durch die politische und wirtschaftliche Isolation des De-facto-Staates erschwert. Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert, und trotz eines aufgeblähten Verwaltungsapparats sind öffentliche Leistungen, wie Gesundheit und Bildung, unterfinanziert. Russland betreibt eine schrittweise Eingliederung abchasischer Einheiten in die russischen Streitkräfte (BPB 26.8.2020).

Abchasien ist eine Präsidialrepublik. Das Staatsoberhaupt - der Präsident - wird für fünf Jahre gewählt. Die Legislative wird durch die Volksversammlung - das Parlament der Republik Abchasien - vertreten. Die Exekutive wird durch die Regierung repräsentiert, die vom Präsidenten geleitet wird. Das Ministerkabinett wird durch den Präsidenten der Republik Abchasien gebildet und ist ihm gegenüber rechenschaftspflichtig (PRA o.D.). Während die Volksmeinung einen Einfluss auf die abchasische Innenpolitik hat, ist das Funktionieren der politischen Institutionen Abchasiens fast ausschließlich von der wirtschaftlichen und politischen Unterstützung aus Moskau abhängig. Die Versammlungsfreiheit wird weitgehend respektiert, und die Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen organisieren regelmäßig Proteste (FH 7.7.2023). Die Wirtschaft Abchasiens hängt überwiegend vom Tourismus aus Russland ab, und in den letzten Jahren näherte sich das Land immer mehr Russland an (BBC 28.8.2023a).

Im Mai 2023 kam es zu großen Protesten, bei denen Oppositionsgruppen den Rücktritt der De-facto-Regierung forderten. Die Proteste richteten sich vor allem gegen die fragile Souveränität und die demografische Situation der von Russland unterstützten Region, aber auch gegen wirtschaftliche Probleme. Am 30. Mai fanden in Suchumi zwei parallele Kundgebungen statt - ein seit Langem geplanter Protest der Opposition und eine regierungsfreundliche Gegendemonstration. Zu den wichtigsten Anliegen der Oppositionsgruppen gehören Anstieg der Immobilienpreise, Umweltfragen und Energieengpässe sowie ein Gesetzesentwurf, der es Ausländern erlauben würde, Wohnungen für kommerzielle Zwecke zu besitzen und zu bauen (Eurasianet 31.5.2023).

Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den De-facto-Behörden verwehrt. Der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark von ethnischen Georgiern und Megreliern besiedelt. Sie werden von den abchasischen De-facto-Behörden benachteiligt (z. B. beim Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen, der Besetzung öffentlicher Stellen, dem Zugang zu Bildung oder bei der Gesundheitsfürsorge). Das Ziel ist offenbar, die georgische Bevölkerung entweder zur Aufgabe der georgischen Staatsangehörigkeit oder zum Verlassen ihrer angestammten Heimat zu veranlassen (AA 26.5.2023). Die ungelöste Konfliktsituation in Abchasien wirkt sich weiterhin negativ auf die betroffenen Bevölkerungsgruppen, besonders auf ethnische Georgier im Bezirk Gali, aus. Zu den Auswirkungen gehören Einschränkungen der Rechte auf Freiheit und Sicherheit von Personen, Bewegungsfreiheit, Zugang zum Lebensunterhalt, persönlichen Dokumenten, Gesundheitsversorgung und Grundversorgung, Familienleben, Bildung und Eigentum (UNHRC 17.7.2023).

Die abchasischen "Behörden" und russische Streitkräfte schränken die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung beim Passieren der administrativen Grenzlinie (ABL) ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung etc. zeigen. Personen, die sich der administrativen Grenze oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch die Grenzschutzbeamten der Russischen Föderation. Russische Grenzschutzbeamte entlang der ABL setzen die Vorschriften der abchasischen "Behörden" mittels Festnahmen und Geldbußen durch (USDOS 20.3.2023). Illegale sogenannte "Grenzsicherungsmaßnahmen" werden kontinuierlich fortgesetzt, einschließlich des Ausbaus von Zäunen, Installation neuer Überwachungsanlagen und verstärkter Überwachung von "Grenzübergangsstellen" (CoE 4.4.2022).

Trotz der Versuche, die parlamentarische Aufsicht über die Justiz zu verstärken, haben Nepotismus und Korruption gemäß Berichten erhebliche Auswirkungen auf die Unabhängigkeit der Justiz. Die Umsetzung von Gerichtsentscheidungen ist uneinheitlich. Das Strafrechtssystem wird durch den eingeschränkten Zugang der Angeklagten zu qualifiziertem Rechtsbeistand, Verletzungen des ordnungsgemäßen Verfahrens und langwierige Untersuchungshaft untergraben. Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten sind Berichten zufolge unzureichend, und das Büro des örtlichen Menschenrechtsbeauftragten hat auf Fälle von angeblicher Folter und Misshandlung von Häftlingen hingewiesen (FH 7.7.2023).

Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedet jährlich eine Resolution, welche die große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Abchasien ausdrückt, wobei insbesondere der Fokus auf die Umsetzung des Rückkehrrechts von Geflüchteten sowie mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft gelegt wird (AA 26.5.2023). Hinsichtlich der Religionsfreiheit erfährt die georgisch-orthodoxe Kirche Restriktionen und Diskriminierung. Die Zeugen Jehovas sind seit 1995 verboten (USDOS 15.5.2023).

Südossetien

Letzte Änderung 2023-10-03 12:28

Südossetien - amtliche Bezeichnung in Georgien auch: Region Tskhinvali - hat eine Fläche von ca. 3.900 km². Es leben etwa 56.000 Menschen dort (BBC 28.8.2023b). Die schlechte wirtschaftliche Lage führt zu massiver Abwanderung der Bevölkerung. Unabhängige Schätzungen gehen davon aus, dass die tatsächliche Bevölkerungszahl aktuell nur noch bei 39.000 liegt (BPB 26.8.2020).

STDOK-OSIF 12.9.2023bDiese Karte dient der Veranschaulichung und stellt keine Anerkennung der hier gezeigten Grenzen durch die Staatendokumentation dar.

Große Teile Südossetiens wurden nach dem Ende eines Bürgerkriegs 1992 de facto unabhängig. Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie vieler ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt (FH 2023b; vgl. BBC 28.8.2023b).

Die Schlüsselindustrien von Südossetien sind stark von russischen Investitionen abhängig. Die begrenzte wirtschaftliche Autarkie, die grenzüberschreitende Ansiedlung von Osseten und Georgiern sowie zahlreiche familiäre Bindungen tragen zur Entstehung einer Vielzahl grenzüberschreitender Praktiken bei (wie z. B. Schmuggel) (SN 22.12.2022).

Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die "Regierungsführung" Südossetiens aus (FH 2023b). Russland unterhält weiterhin Stützpunkte und Truppen in Südossetien und betreibt die schrittweise Eingliederung südossetischer Einheiten in die russischen Streitkräfte (BPB 26.8.2020).

Im Mai 2022 gewann der Oppositionspolitiker Alan Gagloyev die Präsidentschaftswahlen in Südossetien und wurde zum neuen De-facto-Führer des Gebiets. Politische Parteien, die den Einfluss Moskaus oder das separatistische Establishment herausfordern könnten, dürfen in der Praxis nicht tätig werden. Die Wahlkommission blockiert weiterhin eine große Anzahl von Einzelkandidaten. Für den Präsidentschaftswahlkampf 2022 wurden nur fünf von 17 Kandidaten registriert. Einige der Präsidentschaftskandidaten, denen die Registrierung verweigert wurde, beschuldigten Beamte der Zentralen Wahlkommission und Anhänger des früheren Präsidenten Bibilow, sich in ihre Bewerbungen eingemischt zu haben (FH 2023b).

Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedet jährlich eine Resolution, welche die große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Südossetien ausdrückt, wobei insbesondere der Fokus auf die Umsetzung des Rückkehrrechts Geflüchteter sowie mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft gelegt wird (AA 26.5.2023). Die südossetischen De-facto-Behörden verweigern den meisten wegen des Konflikts von 2008 vertriebenen ethnischen Georgiern die Rückkehr nach Südossetien und erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang nach Südossetien zur Leistung humanitärer Hilfe (USDOS 20.3.2023).

Die Menschenrechtslage in Südossetien hat sich in mehreren Bereichen weiter verschlechtert, unter anderem beim Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Straffreiheit für frühere Verstöße hält an (AI 27.3.2023). Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der "Behörden". Selbstzensur ist weit verbreitet, und gegen kritische Medien werden häufig Verleumdungsklagen eingebracht. Die "Regierung" Südossetiens ist nicht transparent. "Behörden"-Korruption ist weit verbreitet. Ein systematischer Zugang, diese zu bekämpfen, ist nicht bis kaum vorhanden. Die "Justiz" ist nicht unabhängig. Sie unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation und dient der Bestrafung vermeintlicher politischer Gegner. Die Versammlungsfreiheit ist teilweise eingeschränkt. Die Mehrheit der Bevölkerung sind orthodoxe Christen. Es gibt aber auch eine zahlenmäßig beträchtliche muslimische Gemeinschaft. Ein Teil des Eigentums der georgisch-orthodoxen Kirche wird von der südossetisch-orthodoxen Kirche kontrolliert. Der "Oberste Gerichtshof" Südossetiens hat im Jahr 2017 die Zeugen Jehovas als extremistische Organisation verboten (FH 2023b).

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-10-03 13:29

Georgien ist von verschiedenen innenpolitischen und internationalen Risiken, Konflikten und Krisen betroffen, die die Sicherheit, den Zusammenhalt und die nachhaltige Entwicklung der Region gefährden (UB-FO 5.2022). Aufgrund des russischen militärischen Angriffs auf die Ukraine haben die Spannungen in der Region zugenommen. Auch bestehen gewisse politische Spannungen, u. a. im Zusammenhang mit den ungelösten Konflikten in den Regionen Abchasien und Südossetien. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen. Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden (EDA 16.5.2023; vgl. AA 10.8.2023).

Im März 2023 kam es in der Hauptstadt Tiflis zu mehrere Tage langen Unruhen als Reaktion auf den umstrittenen Gesetzesentwurf über "ausländische Agenten", was zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei führte. Daraufhin beschuldigten De-facto-Beamte im abtrünnigen Abchasien und russische Beamte westliche Länder, einen Putsch in Georgien anzuzetteln, um "eine zweite Front gegen Russland" zu eröffnen. Die de-facto-Führung Abchasiens organisierte vom 12. bis 14. März 2023 militärische Übungen entlang der Trennungslinie und begründete dies mit der Notwendigkeit einer verstärkten Ausbildung angesichts der "veränderten geopolitischen Lage in der Region". Abchasien und Russland hielten am 24. März 2023 eine gemeinsame "defensive" Militärübung ab (ICG 3.2023).

Die Situation an den Verwaltungsgrenzen zwischen Georgien und den Regionen Abchasien und Südossetien, welche sich nicht unter der Kontrolle der georgischen Regierung befinden, ist stabil (AA 10.8.2023). Die Beobachtungsmission der Europäischen Union in Georgien, die in erster Linie darauf abzielt, die Lage vor Ort zu beobachten, über Zwischenfälle zu berichten und generell durch ihre Präsenz in den betreffenden Gebieten zu einer Verbesserung der Sicherheitslage beizutragen (UNHRC 11.8.2023), hält die Lage hier für relativ stabil und das Risiko von Zwischenfällen gering (EUMM o.D.). Trotz vordergründiger Ruhe kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen den beiden Regionen und Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 16.5.2023; vgl. AA 10.8.2023). Die eigenen Streitkräfte der beiden Regionen werden durch russisches Militär und russische Grenztruppen unterstützt (AA 26.5.2023; vgl. UNGA 1.5.2023). Zivilpersonen, die sich hier aufhalten, sind von Inhaftierung wegen sogenannter "illegaler Grenzübertritte" betroffen (UNGA 1.5.2023). Menschen, die in der Nähe der Besatzungslinie zu Südossetien und Abchasien leben, spüren täglich die Gefahr. Dort werden zum Teil Zivilisten entführt und erleben Gewalt. Die de-facto-Grenzlinien werden von russischer Seite verschoben und willkürlich durchgesetzt (NTV 18.6.2022; vgl. NZZ 25.8.2022).

Über seine militärische Präsenz und Sicherheitsmaßnahmen entlang der Grenzen zu Georgien hinaus hat Russland mit Abchasien einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft (24. November 2014) sowie mit Südossetien einen Bündnis- und Integrationsvertrag (18. März 2015) geschlossen, welche deren Einbindung in einen gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsraum bestätigen (BS 23.2.2022). Seinerseits thematisiert Georgien die eigene territoriale Integrität, insbesondere in den Gebieten Südossetien und Abchasien, auf der politischen europäischen Ebene (LS 13.6.2023; vgl. PÖ 7.6.2023), wobei die Hoffnung auf eine engere Anbindung an die EU und die NATO gesetzt wird (EP 4.2023). Kraft des georgischen Gesetzes gelten die Gebiete der Autonomen Republik Abchasien und die Region Zchinwali (Südossetien) als besetzt (PoG 15.7.2020a). Auch das Europäische Parlament erkennt sie als besetzte georgische Gebiete an (UNSC 9.8.2023).

Die EU setzt sich entschieden für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens innerhalb international anerkannter Grenzen ein, indem sie unter anderem eine aktive Rolle bei Konfliktmanagement und -lösung spielt. Die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien, die Arbeit der Beobachtungsmission der Europäischen Union (EUMM) und eine breite Palette von Projektaktivitäten über die Verwaltungsgrenzen hinweg (ABLs) gehören zu den wichtigsten Aspekten dieser Unterstützung (EC 10.8.2022).

Der Beitritt zur EU und NATO zählt zu den wichtigsten außenpolitischen Zielen Georgiens. Im März 2022 stellte Georgien einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft (CIA 25.9.2023). 1994 trat Georgien dem Programm "Partnership for Peace" der NATO bei. Seit 2010 befindet sich ein Verbindungsbüro der NATO in Georgien (NATO 12.4.2023). Georgien ist einer der Teilnehmerstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE o.D.).

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung 2023-10-03 08:40

Die Reform der Justiz ist seit Regierungsbeginn eines der wichtigsten Vorhaben der Partei 'Georgischer Traum'. Im Vergleich zur Vorgängerregierung hat die Unabhängigkeit der Justiz große Fortschritte gemacht. In der Regel ist davon auszugehen, dass die Justiz unabhängig und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen entscheidet. Ungeachtet der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz wenig ausgeprägt. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis [zum Regierungswechsel] 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch fingierte Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden von georgischen und ausländischen NGOs nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. NGOs äußern immer wieder Zweifel an der Unabhängigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaft. Sie kritisieren, dass die Selbstverwaltung der Justiz von einer engen Machtgruppe beherrscht werde, die auch die Ernennungen der obersten Richter kontrolliere (AA 26.5.2023).

Trotz laufender Justizreformen beeinflussen Exekutive und Legislative die Justiz. Auch die mangelnde Transparenz und Professionalität bei Gerichtsverfahren stellen ein Problem dar (ADA 2.2022; vgl. FH 2023a). Richter des Obersten Gerichtshofs werden vom Hohen Justizrat ernannt und vom Parlament gebilligt. Ein Selbstverwaltungsorgan der Justiz wählt die Mehrheit der Mitglieder des Rates (FH 2023a).

Das Gesetz garantiert ein ordnungsgemäßes Verfahren, aber die damit verbundenen Vorschriften werden nicht immer respektiert. Urteile des Verfassungsgerichts in Bezug auf ordnungsgemäße Verfahren werden mangelhaft umgesetzt. Es kommt zu administrativen Verzögerungen bei Gerichtsverfahren, zu Verletzungen der Unschuldsvermutung, Nichteinhaltung von Vorschriften in Bezug auf Inhaftierung und Verhöre sowie Verweigerung des Zugangs zu einem Anwalt bei Festnahme (FH 2023a).

Obwohl sich die regierende georgische Partei dazu verpflichtet hat, eine ehrgeizige Justizreform umzusetzen, wurden die Postenbesetzungsverfahren im Justizwesen dennoch auch im Jahr 2021 ohne umfassende Reformen fortgesetzt. Die Reformen im Justizwesen sind ins Stocken geraten und haben in wichtigen Bereichen Rückschritte gemacht. In der Phase von Ernennungsverfahren durch das Parlament fehlt es an angemessenen Schutzgarantien, was die Integrität des gesamten Prozesses untergräbt (EC 10.8.2022). Das Büro der Ombudsperson hat in einer Einreichung an das georgische Parlament im Oktober 2022 eine Reihe von Vorschlägen für eine Justizreform gemacht. Keiner dieser Vorschläge wurde angenommen (UNHRC 17.7.2023).

 

 

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung 2023-10-03 08:52

Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch oft als untätig oder wenig effektiv wahrgenommen. Der Staatssicherheitsdienst tritt nicht als Repressionsinstrument auf, hat jedoch weitreichende Kompetenzen und ist in seiner Tätigkeit nur eingeschränkt transparent. Staatliche Stellen haben auch weitreichenden Zugang zu elektronischer Kommunikation der Bevölkerung und zu den persönlichen Daten, die bei privaten Netzbetreibern hinterlegt sind (AA 26.5.2023).

Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst (SSSG) tragen die Hauptverantwortung für den Gesetzesvollzug und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Das Ministerium ist die primäre Organisation für die Vollziehung von Gesetzen und umfasst die nationale Polizei, die Grenzsicherheitskräfte und die georgische Küstenwache. Der SSSG ist der Inlandsnachrichtendienst, welcher für Spionageabwehr, Terrorismusbekämpfung und Korruptionsbekämpfung zuständig ist. Es gibt Anzeichen dafür, dass Regierungsbeamte zeitweise nicht die alleinige Kontrolle über die inländischen Sicherheitskräfte ausüben(USDOS 20.3.2023).

Im Jahr 2021 stimmten die Abgeordneten des georgischen Parlaments für die Abschaffung des SIS (State Inspector’s Service) (Agenda.ge 31.12.2021; vgl. USDOS 20.3.2023), einer Behörde, die mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte untersuchte und mit der Aufsicht zum Schutz personenbezogener Daten betraut war. Mit dem neuen Gesetz sind zwei separate Institutionen (Special Investigative Service; Personal Data Protection Service) gegründet worden (UN Georgia 14.1.2022). Im Gegensatz zum bisherigen Aufgabenbereich, in allen Bereichen des Gesetzesvollzugs gleichermaßen zu ermitteln, ermächtigt das Gesetz die neue Ermittlungsbehörde nicht, bestimmte von Staatsanwälten begangene Straftaten wie Mord und Körperverletzung zu untersuchen (USDOS 20.3.2023).

Eine laufende Polizeireform zielt auf die Trennung der Rollen zwischen Staatsanwälten und Ermittlern sowie zwischen operativen und investigativen Funktionen von Polizeibeamten ab. Bürgernahe und nachrichtendienstlich geführte Polizeiarbeit soll ausgeweitet, die zentralisierte analytische Arbeit verbessert, der Kampf gegen Computerkriminalität und Organisierte Kriminalität intensiviert sowie die internationale Zusammenarbeit ausgebaut werden (EC 10.8.2022).

Mit Stand Oktober 2022 waren an das Büro der Ombudsperson 70 Beschwerden über Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder Polizei herangetragen worden (HRW 12.1.2023).

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung 2023-10-03 08:55

Georgien ist dem UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (einschließlich der Zusatzprotokolle) beigetreten (OHCHR o.D.a). Die Verfassung Georgiens sowie gesetzliche Vorgaben verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, dennoch wenden Berichten zufolge Staatsbedienstete solche Methoden in der Praxis an (USDOS 20.3.2023). Vorfälle von Gewaltanwendung scheinen auf Einzelfälle reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar (AA 26.5.2023). Mit Stand Oktober 2022 waren an die Ombudsperson 70 Beschwerden in Bezug auf Misshandlungen durch Gefängnispersonal oder Polizei herangetragen worden. Straffreiheit in Fällen missbräuchlicher Handlungen durch Gesetzesvollzugsorgane hält an (HRW 12.1.2023).

Die Vereinten Nationen und die EU zeigen sich besorgt über die Zerschlagung des georgischen Staatlichen Inspektionsdienstes (State Inspector's Service) im Jahr 2022. Der Staatliche Inspektionsdienst untersuchte als unabhängige Einrichtung behauptete Menschenrechtsverletzungen, welche von Gesetzesvollzugsorganen begangen wurden. Anstatt des Staatlichen Inspektionsdienstes entstanden nun zwei separate Institutionen: der Spezielle Ermittlungsdienst (Special Investigative Service) und der Dienst zum Schutz persönlicher Daten (Personal Data Protection Service) (UN Georgia 14.1.2022). Der Spezielle Ermittlungsdienst hat den Auftrag, Vorwürfe von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung durch Strafverfolgungsbeamte zu untersuchen. Das Büro der Ombudsperson stellte fest, dass sich die Zuständigkeit des speziellen Ermittlungsdienstes nicht auf mutmaßlich begangene Straftaten des Generalstaatsanwalts, des Innenministers oder des Leiters des Sicherheitsdienstes erstreckt (UNHRC 17.7.2023).

Die Regierung erlaubt ein unabhängiges Monitoring der Lage in den Gefängnissen durch Organisationen wie das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) (USDOS 20.3.2023). Die Ombudsperson ist der Ansicht, dass sich die Situation in Bezug auf die Behandlung von festgenommenen Personen durch die Polizei im Jahr 2022 im Vergleich zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert hat (PDG 3.4.2023). Im März 2023 stattete das CPT Georgien einen Ad-hoc-Besuch ab und untersuchte die Situation im Bereich der Gesundheitsfürsorge im Strafvollzug in der Klinik "VivaMedi"(CoE 29.3.2023). Ärztliche Untersuchungen in Haftanstalten finden in keinem vertraulichen Rahmen statt. Dies erschwert die Identifizierung und Dokumentierung von Gewaltvorfällen (PDG 3.4.2023).

Korruption

Letzte Änderung 2023-10-03 08:57

Georgien hat seit 2012 keine großen Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung gemacht (Jam News 31.1.2023; vgl. EC 10.8.2022). Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkorruption Fortschritte gemacht hat, bleibt Korruption auf höheren Ebenen ein Problem. Es existiert keine unabhängige Behörde zur Bekämpfung von Korruption auf höheren Ebenen (USDOS 20.3.2023). Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen (AA 26.5.2023).

Die Regierungspartei Georgischer Traum kontrolliert die wichtigsten staatlichen Institutionen, die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden, sodass Machtmissbrauch auf höchster Ebene weitgehend ungestraft bleibt (TI 31.1.2023). Korruption hat bei der staatlichen Postenbesetzung und bei der öffentlichen Beschaffung die Form von Vettern- und Günstlingswirtschaft angenommen. Die mangelnde Unabhängigkeit sowohl der Gesetzesvollzugsbehörden als auch der Justiz behindert die wirksame Anwendung von Antikorruptionsgesetzen. Erfolgreiche Klagen gegen hochrangige Beamte sowie gegen Personen, welche solchen Beamten nahestehen, sind selten (FH 2023a).

Die Verlegung des Sekretariats des Anti-Korruptionsrates von der analytischen Abteilung des Justizministeriums in die Verwaltung der Regierung wurde in der Praxis noch nicht vollständig umgesetzt. Infolgedessen wurden die Ausarbeitung und Annahme der neuen nationalen Korruptionsbekämpfungsstrategie und die Umsetzung der Methodologie zur Korruptionsrisikobewertung verzögert (EC 10.8.2022).

Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2022 von Transparency International wird Georgien mit 56 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Georgien liegt gleichauf mit Tschechien, Italien und Slowenien. (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor) (TI 1.2023).

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung 2023-10-03 09:15

Menschenrechtsorganisationen und andere NGOs können sich ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit durchführen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen und können auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben (AA 26.5.2023). In den meisten Fällen werden die Tätigkeiten von Menschenrechtsorganisationen durch die Regierung nicht eingeschränkt. Menschenrechtsorganisationen dürfen frei ermitteln und die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichen (USDOS 20.3.2023). Während manche NGOs in die politischen Diskussionen einbezogen werden (FH 2023a; vgl. AA 26.5.2023), berichten andere, dass sie politischem Druck ausgesetzt sind, vor allem in Form von Kritik und Ausschluss vom politischen Dialog (FH 2023a).

Da NGOs in der Gesellschaft relativ schwach verankert sind, können sie leicht ins Visier populistischer Politiker geraten. Trotzdem erlegt der Staat den NGOs keine formellen Beschränkungen auf, und sie können finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland erhalten. Ihre Einflussnahme auf die demokratische Regierungsführung bleibt begrenzt. Sie können jedoch Einfluss auf die politische Agenda nehmen, indem sie kritische Argumente für öffentliche Debatten liefern. Über die von der EU unterstützte Nationale Plattform des Forums der Zivilgesellschaft hat Letztere die Möglichkeit, ihre Anliegen auf internationaler Ebene kundzutun (BS 23.2.2022). Die Zivilgesellschaft ist weiterhin sehr aktiv, wenn es z. B. darum geht, öffentliche Institutionen, auch bis zu einem gewissen Grad auf lokaler Ebene, zur Rechenschaft zu ziehen (EC 10.8.2022).

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung 2023-10-03 09:24

Gemäß Artikel 4 der georgischen Verfassung schützt und anerkennt der Staat die universell anerkannten Menschenrechte und Freiheiten als ewige und höchste menschliche Werte. Bei der Ausübung der Staatsgewalt sind das Volk und der Staat an diese Rechte und Freiheiten als unmittelbar anwendbares Recht gebunden. Die einzelnen fundamentalen Menschenrechte sind explizit im Kapitel 2 der Verfassung aufgeführt. Die Verfassung leugnet nicht andere allgemein anerkannte Menschenrechte und Freiheiten, die hier nicht ausdrücklich erwähnt werden, die sich aber aus den Grundsätzen der Verfassung ergeben (Artikel 4) (PoG 29.6.2020).

Georgien verfügt über starke nationale und verfassungsrechtlich garantierte Menschenrechtsinstitutionen, wie z. B. das Amt der Ombudsperson (Public Defender), welches Einzelfälle aufgreift und Missstände aller Art regelmäßig öffentlich anspricht. Der vom georgischen Parlament ernannte unabhängige Public Defender beobachtet mit einem Stab von rund 140 Mitarbeitern und zehn Regionalbüros die Wahrung der Menschenrechte im Land und klärt problematische Vorfälle auf (AA 26.5.2023). Die Ombudsperson (Public Defender) berät die Regierung in Menschenrechtsfragen und analysiert außerdem die Gesetze, Strategien und Praktiken des Staates in Übereinstimmung mit den internationalen Standards und gibt entsprechende Empfehlungen ab. Basierend auf dem Gesetz zur "Beseitigung aller Formen von Diskriminierung" wird die Ombudsperson als Gleichbehandlungsstelle definiert. Eine von deren Hauptfunktionen ist es, die Umsetzung des Gesetzes zu überwachen. Das Büro der Ombudsperson führt zudem Bildungsaktivitäten im Bereich der Menschenrechte und Freiheiten durch und reicht beim Verfassungsgericht Beschwerden ein, wenn die Menschenrechte und Freiheiten durch einen normativen Akt verletzt werden (ENNHRI o.D.). Am 7. März 2023 wurde Lewan Ioseliani, Rechtsanwalt und bis zu seiner Wahl Parlamentsabgeordneter für die Oppositionspartei "Bürger", als Ombudsperson vom Parlament gewählt (AA 26.5.2023). NGOs betrachten das Amt der Ombudsperson, das sich mit Menschenrechten befasst und Anschuldigungen über Missbrauch und Diskriminierung prüft, als die objektivste Menschenrechtseinrichtung des Landes (USDOS 20.3.2023).

NGOs äußern immer wieder Zweifel an der Unabhängigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaft. Sie kritisieren, dass die Selbstverwaltung der Justiz von einer engen Machtgruppe beherrscht wird, die auch die Ernennungen der obersten Richter kontrolliert. Im Vergleich zur Vorgängerregierung hat die Unabhängigkeit der Justiz große Fortschritte gemacht. Im Justizwesen und Strafvollzug kann eine menschenrechtswidrige Behandlung, die bis 2012 systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden. Menschenrechtsorganisationen können sich ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit durchführen. Die Lage der Menschenrechte hat in vielen Bereichen einen guten Stand erreicht. Problematisch bleibt die mangelnde politische, soziale und wirtschaftliche Teilhabe Angehöriger ethnischer Minderheiten sowie insbesondere die ablehnende Einstellung der Gesellschaft gegenüber sexuellen Minderheiten (AA 26.5.2023).

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:33

Die Verfassung und die Gesetze sehen Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Bürger dürfen dieses Recht im Allgemeinen frei ausüben, obwohl die Regierung diese Freiheiten nicht ausreichend schützt. Im Laufe des Jahres 2022 äußerten Journalisten, NGOs und die internationale Gemeinschaft Bedenken hinsichtlich des Umfelds für den Medienpluralismus. Einige Medien und NGOs äußern weiterhin ihre Besorgnis über politische Einflüsse auf die Medienlandschaft. NGOs berichten von Angriffen auf Journalisten (USDOS 20.3.2023).

Die Bürger genießen im Allgemeinen Meinungsfreiheit, auch in ihrer Online-Kommunikation. Allerdings äußern Watchdog-Gruppen Bedenken, dass staatliche Behörden Überwachung und Datensammlung ohne eine angemessene Aufsicht betreiben dürfen (FH 2023a; vgl. AA 26.5.2023). Im Jahr 2022 wurden die Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsdienste ausgeweitet, während die Kontrollen der Überwachung durch die Bestimmungen eines umstrittenen Überwachungsgesetzes geschwächt wurden (FH 2023a).

Die georgische Presselandschaft ist stark politisiert und neigt schnell zu Übertreibungen (AA 26.5.2023). Trotzdem sind die Medien durchaus vielfältig. Der Staat versucht, die Medien zu kontrollieren, und auf der anderen Seite respektieren die Medienorganisationen nicht immer die journalistischen ethischen Standards (HRC 2023). Manipulation, Hassreden und Desinformation sind in den Medien weit verbreitet, insbesondere im Fernsehen, der wichtigsten Informationsquelle. Die Eigentümer der Medien kontrollieren häufig die redaktionellen Inhalte. Verbale und körperliche Angriffe auf Journalisten sind häufig, auch durch hohe Regierungsbeamte, insbesondere während Wahlkämpfen. Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2023 von Reporter ohne Grenzen rangiert Georgien gegenwärtig auf Platz 77 von insgesamt 180 Plätzen (RSF o.D.).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:35

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch die Verfassung und die Gesetze Georgiens garantiert (AA 26.5.2023). Menschenrechtsorganisationen äußern sich besorgt über die gesetzlichen Bestimmungen, darunter die Verpflichtung, dass politische Parteien und andere Organisationen den lokalen Behörden fünf Tage im Voraus mitteilen müssen, wenn sie sich in einem öffentlichen Bereich versammeln wollen, wodurch spontane Demonstrationen ausgeschlossen werden (USDOS 20.3.2023).

Es kam zu einer Reihe von Fällen außergewöhnlicher Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Georgien. Bei Versammlungen und Demonstrationen greifen Polizeikräfte für gewöhnlich ein (Eurasianet 5.6.2023) und lösen diese gelegentlich auch durch exzessive Polizeigewalt auf (FH 2023a). Versammlungen finden vor dem Hintergrund einer angespannten politischen Situation statt (BS 23.2.2022).

Die Regierung vollzieht die Gesetze, welche die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer schützen oder gewerkschaftsfeindliche Diskriminierung verbieten, nicht wirksam. Rechtsmittel, um gegen willkürliche Entlassungen anzukämpfen, und Rechtsstreitigkeiten über Arbeitsrechte sind mit langen Verzögerungen verbunden (USDOS 20.3.2023).

Im März 2023 kam es zu Demonstrationen gegen das von der Regierung geplante Gesetz "ausländischer Agent". Hierbei handelt es sich um einen Gesetzesentwurf, der NGOs und Medienunternehmen dazu verpflichten würde, sich als "ausländischer Agent" zu registrieren, wenn sie mindestens 20 % ihrer Mittel aus dem Ausland erhalten. Während der Demonstrationen nahm die Polizei mehrere Personen fest. Am 9. März 2023 kündigte schlussendlich die Regierungspartei an, die Gesetzesentwürfe zurückzuziehen (HRW 8.3.2023).

Das Versammlungsrecht sexueller Minderheiten wird selten geschützt (FH 2023a), die Versammlungsfreiheit für diese Gemeinschaft ist nicht gewährleistet (AA 26.5.2023).

Opposition

Letzte Änderung 2023-10-03 09:36

Die politischen Freiheiten sind verfassungsrechtlich verankert. Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (AA 26.5.2023).

Der politische Lernprozess wurde seit der Unabhängigkeit durch die anhaltende tiefe Spaltung in der georgischen Politik beeinträchtigt (BS 23.2.2022). Die geringe politische Erfahrung vieler Abgeordneter sowie hierarchische Traditionen und Klientelstrukturen in der Gesellschaft erschweren die Festigung demokratischer Strukturen, auch wenn Recht und Institutionen in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit seit 2012 kontinuierlich an internationale Standards angepasst wurden (AA 26.5.2023).

Die Opposition ist in Georgien nicht sehr beliebt. Sie ist gespalten, an den Rand gedrängt und bedient sich seit Jahren der gleichen Slogans (CEIP 2.5.2023). In der georgischen Gesellschaft herrscht eine tiefe politische Polarisierung. Die politischen Akteure räumen der Zivilgesellschaft wenig Raum ein und verfolgen losgelöst von ihr die eigene Agenda. Dies erschüttert das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen (Böll 21.7.2023).

Das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition bleibt konfrontativ und kontraproduktiv. Nur in seltenen Fällen gelingt es beiden politischen Lagern, ihre erheblichen Differenzen zu überbrücken. Zivilgesellschaftliche Akteure sind bei der Konfliktbewältigung und dem Aushandeln von Kompromissen (mit der Hilfe vom Westen) verstärkt aktiv und kompensieren so eine schwache politische Opposition (BS 23.2.2022).

Kritiker werfen der Regierungspartei "Georgischer Traum" vor, die Kontrolle über die staatlichen Institutionen und die Sicherheitskräfte auszuweiten (CFR 21.6.2023). Im September 2022 veröffentlichte der oppositionsnahe Fernsehsender TV Pirveli durchgesickertes Material, das angeblich die massive Überwachung von Oppositionsparteien durch den Staatssicherheitsdienst zugunsten der Regierungspartei dokumentiert. Das Material zeigt die Überwachung führender Politiker im öffentlichen und privaten Bereich (HRW 12.1.2023).

2019/2020 kam es zu einer Reihe von Strafverfahren und Verurteilungen von Oppositionspolitikern und der Opposition nahestehenden Personen wegen unterschiedlicher Delikte (AA 26.5.2023).

Haftbedingungen

Letzte Änderung 2023-10-03 09:39

Grundlegende Reformen im Strafrecht und Strafvollzug haben die Haftbedingungen in den georgischen Gefängnissen deutlich verbessert (AA 26.5.2023). Während die Lebensbedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten im Allgemeinen adäquat sind, sind in einigen älteren Einrichtungen Belüftung, natürliches Licht, Platz und Gesundheitsversorgung nicht ausreichend (USDOS 20.3.2023). Nach Angaben der medizinischen Abteilung des Strafvollzugsdienstes des Justizministeriums erlitten von 1.1.2022 bis 31.10.2022 2.047 Gefangene in Strafvollzugsanstalten Körperverletzungen. 384 dieser Verletzungen wurden von einer anderen Person verursacht. In 37 Fällen machte der Häftling keine Angaben zur Ursache der Verletzungen. Die restlichen 1.626 Fälle von Körperverletzungen wurden als Selbstverletzungen oder gewöhnliche Verletzungen registriert (PDG 3.4.2023). Gesetzliche Regelungen erlauben Alternativen zur Haft. NGOs und Gerichtsbeobachter berichten, dass die Justiz alternative Maßnahmen nicht adäquat anwendet. Auch verfügt die Regierung über keinen Monitoring-Mechanismus in Bezug auf Angeklagte, welche nicht in Haft sind (USDOS 20.3.2023).

Gemäß dem Generalinspektorat des Justizministeriums hat Gewalt von Insassen gegen Insassen zugenommen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023a).

Der „National Preventive Mechanism under the Public Defender's Office“ gibt der Ombudsperson vollen Zugang zu Haftanstalten. Die Überprüfung der Haftbedingungen gehört zu den ständigen Aufgaben des Büros des Public Defender (Ombudsperson), in dessen Jahresbericht ausführlich über Zustand und Entwicklung berichtet wird. Besuche der Ombudsperson in den Haftanstalten wurden zuletzt öfters aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Nach Angaben des Büros der Ombudsperson haben Gefängnisbehörden absichtlich Konfliktsituationen mit Häftlingen provoziert (AA 26.5.2023). Die Regierung erlaubt ein unabhängiges Monitoring der Lage in den Gefängnissen durch internationale Organisationen, darunter das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT), und durch mehrere lokale sowie internationale Menschenrechtsgruppen (USDOS 20.3.2023).

Mit Stand 30.6.2023 betrug die Gesamtanzahl der Gefängnisinsassen in Georgien 9.627. 19,1 % der Gefängnisinsassen befanden sich in Untersuchungshaft. 3,5 % der Inhaftierten sind weiblichen Geschlechts, und 0,4 % sind unter 18 Jahre alt. Die Anzahl der Haftanstalten beträgt 13. Die offizielle Kapazität des Gefängnissystems beträgt ca. 12.000. Dessen Auslastung beträgt ca. 83 % (WPB o.D.).

Todesstrafe

Letzte Änderung 2023-10-03 09:39

In Georgien wurde 1997 die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft (AA 26.5.2023; vgl. AI 16.5.2023). Dieses Verbot ist auch in Artikel 10 der Verfassung verankert (PoG 29.6.2020). Das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe hat Georgien ratifiziert (AI 16.5.2023).

Religionsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 09:45

Gemäß der Volkszählung von 2014 sind ca. 83 % der Bevölkerung griechisch-orthodox, ca. 11 % Muslime und rund 3 % Anhänger der armenisch-apostolischen Kirche. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie, Religionszugehörigkeit und Heimatregion. Die meisten ethnischen Georgier gehören der georgisch-orthodoxen Kirche an. Eine geringe Anzahl an Personen, hauptsächlich ethnische Russen, ist anderen orthodoxen Gruppen zugehörig. Ethnische Aseris – überwiegend schiitische Muslime – bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südöstlichen Region Kvemo-Kartli. Weitere muslimische Gruppen sind u. a. die ethnisch georgischen Muslime in Adscharien und die tschetschenischen Kisten im Nordosten. Ethnische Armenier gehören hauptsächlich der armenisch-apostolischen Kirche an und bilden eine Bevölkerungsmehrheit in der südlichen Region Samtskhe-Javakheti. Katholiken, Jesiden, Griechisch-Orthodoxe, Menschen jüdischen Glaubens, nicht-traditionelle religiöse Gruppen wie z. B. Baptisten, Zeugen Jehovas, Pfingstbewegung, Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein und Menschen ohne Bekenntnis machen 3 % aus (USDOS 15.5.2023; vgl. BAMF 10.2020).

Die Verfassung sieht Religionsfreiheit sowie Trennung von Kirche und Staat vor. Die Verfassung verbietet religiöse Verfolgung und erkennt die Gleichheit für alle ungeachtet der Religion an, vorbehaltlich von Erwägungen der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit oder der Rechte anderer (PoG 29.6.2020). Diskriminierung aufgrund des religiösen Bekenntnisses oder die Behinderung der Religionsausübung sind unter Strafe gestellt (AA 26.5.2023). Gesetze und politische Strategien gewähren der georgisch-orthodoxen Kirche jedoch Privilegien, die keiner anderen religiösen Gruppe gewährt werden (USDOS 15.5.2023; vgl. AA 26.5.2023). Die Rechte nicht dominanter religiöser Gruppen werden in Georgien auf Gesetzesebene sowie durch die lokalen und zentralen Regierungen verletzt (HRC 2023).

Ein Religionsrat beim Büro des Public Defender (Ombudsperson) mit Vertretern von 12 religiösen Organisationen soll den Austausch, Aktivitäten und Integration der verschiedenen Glaubensgemeinschaften fördern, konnte aber noch keine große Wirkung entfalten. Angehörige religiöser Minderheiten müssen mit Intoleranz und Nachteilen im gesellschaftlichen und beruflichen Leben rechnen, z. B. bei der Besetzung öffentlicher Ämter in verschiedenen Regionen (AA 26.5.2023). Nach Angaben der Ombudsperson gibt es eine verbesserte Tendenz zur Identifizierung von Hassmotiven, jedoch ist die Durchführung effektiver Ermittlungen durch die zuständigen Behörden bei dieser Art von Straftaten eine Herausforderung (PDG 3.4.2023).

Religiöse Minderheitengruppen berichten über Widerstand von Ortsgemeinden gegen die Errichtung von Andachtsstätten und gegen Errichtung religiöser Schulen für religiöse Minderheiten. Die Ombudsperson und religiöse Minderheitengruppen berichten über die weitverbreitete gesellschaftliche Meinung, dass religiöse Minderheiten eine Bedrohung für die Georgisch-Orthodoxe Kirche und die kulturellen Werte des Landes darstellen. Die NGO Media Development Foundation dokumentierte im Jahr 2022 98 Fälle religiös intoleranter Äußerungen in nationalen Medien, gegenüber 117 im Jahr zuvor (USDOS 15.5.2023). Religiöse Minderheiten - darunter Zeugen Jehovas und Muslime - berichten von Diskriminierung und Feindseligkeit, auch seitens georgisch-orthodoxer Priester und Anhänger (FH 2023a).

Ethnische Minderheiten

Letzte Änderung 2023-10-03 13:30

Nach der letzten Volkszählung aus dem Jahr 2014 liegt der Anteil ethnischer Minderheiten im von der georgischen Regierung kontrollierten Gebiet (d. h. ohne die abtrünnigen Regionen Abchasien und Süd-Ossetien) bei ca. 13 %. Die größte ethnische Minderheit stellen dabei die Aserbaidschaner (6,3 %), gefolgt von Armeniern (4,5 %) und Russen (0,7 %). Des Weiteren leben etliche kleinere ethnische Minderheiten in Georgien, wie z. B. Osseten, Griechen, Abchasen, Jesiden (Kurden), Ukrainer, Assyrer, Roma und Kisten (MRG o.D.; vgl. BAMF 10.2020, CIA 25.9.2023, FH 2023a).

Es gibt keine Gesetze, welche die politische Partizipation ethnischer und religiöser Minderheiten einschränken. Minderheiten sind jedoch auf allen Ebenen der Verwaltung unterrepräsentiert (FH 2023a). Die mangelnde politische, soziale und wirtschaftliche Teilhabe Angehöriger ethnischer Minderheiten bleibt eine Herausforderung. Die aserische und armenische Bevölkerung ist in den staatlichen Einrichtungen, z. B. Exekutivorganen, unterrepräsentiert (AA 26.5.2023).

Trotz einiger Fortschritte auf gesetzlicher und politischer Ebene in Georgien seit 2015 sind Rassismus und Intoleranz gegenüber einigen ethnischen Gruppen nach wie vor ein Problem (CoE 22.6.2023). Die Standards für den Schutz der Menschenrechte der verschiedenen Minderheitengruppen sind niedrig. Ethnische Minderheiten leben in einem diskriminierenden Umfeld (HRC 2023).

Die georgische Regierung bemüht sich, ethnische Minderheiten, vor allem die im Süden Georgiens in kompakten Siedlungsgebieten lebenden Armenier und Aserbaidschaner, in die georgische Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Georgischer Sprachunterricht einerseits und Fernsehsendungen in Minderheitensprachen andererseits sollen die Integration fördern und den Einfluss russischer Medien verringern (AA 26.5.2023). Das Niveau des georgischen Sprachunterrichts für ethnische Minderheiten im Land ist jedoch unzureichend. Seit 2015 werden in Georgien Sprachen nationaler Minderheiten unterrichtet (PDG 3.4.2023).

Angehörige ethnischer Minderheiten gehören häufig zugleich auch einer religiösen Minderheit an. Auch aufgrund der Religionszugehörigkeit kann es zu bereits dargestellten Problemen wie Diskriminierungen oder Vorurteilen kommen (BAMF 10.2020).

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung 2023-10-03 10:17

Georgier dürfen frei reisen, im Inland innerhalb des von der Regierung kontrollierten Territoriums sowie ins Ausland. Sie dürfen ihren Wohnsitz, ihre Beschäftigung und ihre Ausbildung ohne unangemessene Einmischung wechseln (FH 2023a).

Es ist nach georgischem Recht illegal, von Russland aus über Südossetien oder Abchasien nach Georgien einzureisen, da es keine offiziellen Grenzkontrollen gibt. Wer auf diesem Weg nach Georgien gelangt, muss mit Strafverfolgung rechnen (DFA 17.4.2023; vgl. FCDO o.D.), welche mit potenziell hohen Geldstrafen und/oder einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren verbunden ist. Wenn der Reisepass mit Ein-/Ausreisestempeln der separatistischen "Behörden" versehen ist, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübergang werten (FCDO o.D.).

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt eine Pass- und Identitätskontrolle unter Nutzung eines EDV-basierten zuverlässigen Systems. Es überprüft die Personalien des Reisedokuments mit der im System hinterlegten Datenbank mit durch Georgien gesuchten Personen und gibt Hilfestellung bei der Echtheitsprüfung des Dokuments. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter und irreguläre Migranten, zu identifizieren (AA 26.5.2023).

Georgische Staatsbürger dürfen visafrei in den Schengen-Raum einreisen (EC 10.8.2022; vgl. SVI o.D.). Zur Unterstützung und Gewährleistung der wirksamen Umsetzung der visafreien Regelung wurde unter Mitwirkung von EU-Experten das "Gesetz über die Regeln und Verfahren für georgische Staatsbürger bei der Aus- und Einreise nach Georgien" geändert. Gemäß der neuen Verordnung werden die Dokumente von Bürgern, die in die EU/Schengen-Mitgliedstaaten reisen, auch an den Grenzübergängen Georgiens nach den Schengen-Kriterien geprüft. Bei Einreisebeschränkungen in einen EU/Schengen-Mitgliedstaat oder bei Fehlen der entsprechenden Dokumente kann dem Bürger der Grenzübertritt verweigert werden (MFAG o.D.; vgl. Agenda.ge 1.1.2021).

Die De-facto-Behörden und russische Streitkräfte in den von Russland besetzten Gebieten Abchasien und Südossetien schränken die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung beim Passieren der administrativen Grenze ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung usw. zeigen. Personen, die sich der administrativen Grenze nähern, riskieren die Inhaftierung durch den Grenzschutz der Russischen Föderation (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 28.2.2022).

In Georgien gibt es kein zentrales Melderegister. Jedoch existiert ein auskunftsfähiges, zentrales Personenregister, da jedem georgischen Staatsbürger von Geburt an eine persönliche Identitätsnummer zugeteilt wird (AA 26.5.2023; vgl. VB Tiflis 10.8.2022). Adressanmeldungen werden durchgeführt. Diese werden in den sogenannten "Public Halls" administriert, welche vom Justizministerium verwaltet werden (VB Tiflis 10.8.2022).

IDPs und Flüchtlinge

Letzte Änderung 2023-10-03 10:22

Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Binnenvertreibung (IDMC) gab es in Georgien mit Ende 2022 308.000 Binnenvertriebene (IDMC o.D.). Zu dieser Zahl gehören u. a. Personen, welche nach Abchasien und Südossetien zurückgekehrt sind, sowie diejenigen, die im Konflikt von 2008 vertrieben und anschließend umgesiedelt wurden oder eine Unterkunft oder Barausgleich erhalten haben. Die meisten im Jahr 2008 Vertriebenen erhielten den formellen Status eines Binnenvertriebenen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften, obwohl einige Personen, welche der Konflikt 2008 nicht vertrieben hat und die in der Nähe der administrativen Grenze (ABL) lebten, offiziell als in einer 'IDP-ähnlichen Situation' beschrieben wurden (USDOS 20.3.2023).

UNHCR engagiert sich in der Schutzüberwachung und Interessenvertretung mit der Regierung. Die politischen Diskussionen mit allen wichtigen Interessengruppen werden fortgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf der Ermittlung der Bedürfnisse Binnenvertriebener und der Aktualisierung der Regierungsstrategie liegt (UNHCR 2.2023). Die Regierung bietet den Binnenvertriebenen weiterhin alternative Lösungen in Bezug auf Wohnraum und Verbesserung der sozioökonomischen Bedingungen an. Darüber hinaus gewährt die staatliche Agentur für Binnenvertriebene, Wirtschaftsflüchtlinge und Lebensunterhalt in Georgien Binnenvertriebenen monatliche Zuwendungen und einmalige finanzielle Unterstützung (CoE 3.4.2023). Trotz der vom Staat erklärten Verantwortung, sie zu unterstützen und ihnen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, lebt ein beträchtlicher Teil unverändert unter unzureichenden Bedingungen und/oder erhält keine dauerhafte Unterkunft (PDG 23.12.2022).

Binnenvertriebene (IDPs) aus Abchasien und der Region Tskhinvali haben weiterhin nicht die Möglichkeit, in ihre Häuser zurückzukehren. Die Mehrheit der Binnenvertriebenen lebt in den vom Staat oder/und internationalen Organisationen errichteten Häusern, wo sie mit Problemen wie Feuchtigkeit, Rissbildung, Überhitzung und Kälte konfrontiert sind. Neben sozioökonomischen Problemen haben Binnenflüchtlinge auch Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (HRC 2023).

Binnenvertriebene stellen eine sozioökonomisch gefährdete Gruppe dar, die eine etwa doppelt so hohe Arbeitslosenquote im Vergleich zur übrigen Bevölkerung aufweist. Mehr als die Hälfte der Binnenvertriebenen lebte vor ihrer Vertreibung in ländlichen Siedlungen und war in der Landwirtschaft tätig. Nach der Vertreibung mussten sich 77 % der betroffenen Personen in Städten niederlassen, was ein zusätzliches Problem bei der Arbeitssuche darstellt (PDG 23.12.2022).

Zwischen 45.000 und 60.000 IDPs sind nach Abchasien (in die Bezirke Gali, Tkvartscheli und Otschamtschire) zurückgekehrt. Allerdings verwehren die De-facto-Behörden den Binnenflüchtlingen eine Rückkehr in andere Bezirke. In Abchasien verbietet das "Rechtssystem" Eigentumsansprüche ethnischer Georgier, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg 1992-1993 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.3.2023).

Ausländische Flüchtlinge erfahren in Georgien nur geringe Aufmerksamkeit. Unterstützungsleistungen für Flüchtlinge kommen überwiegend von internationalen Organisationen und Projekten (v. a. IOM, UNHCR) (AA 26.5.2023). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen (USDOS 20.3.2023). Eine Integration ausländischer Flüchtlinge ist wegen Sprachbarrieren und einer distanzierten georgischen Mehrheitsgesellschaft schwierig (AA 26.5.2023).

Grundversorgung und Wirtschaft

Letzte Änderung 2023-10-03 10:24

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die staatliche Sozialhilfe liegt bei bis zu GEL 220 [ca. EUR 80] im Monat. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband (AA 26.5.2023). Mit 1.1.2023 stieg die Alterspension auf GEL 300 [ca. EUR 107] für Personen unter 70 Jahre und auf GEL 365 [ca. EUR 130] für Personen über 70 Jahre. Es gibt Zuschläge für Pensionisten, die in Hochgebirgssiedlungen leben (Jam News 3.1.2023).

Große Teile der georgischen Bevölkerung sind unterbeschäftigt oder arbeitslos (ADA 2.2022). Das nationale Statistikbüro Georgiens gibt die Arbeitslosenrate für das Jahr 2022 mit 17,3 % an(Geo Stat o.D.a). Etwa 15,6 % der Georgier leben in Armut (Agenda.ge 29.5.2023). Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch besonders gefährdete Gruppen in Städten, wie Binnenvertriebene und Alleinerziehende. Ländliche Armut führt häufig zu Landflucht oder Emigration (ADA 2.2022).

Die meisten Personen sind in der Landwirtschaft, Jagd und Forstwirtschaft tätig. Die größte Nachfrage nach Arbeitsplätzen besteht im Dienstleistungssektor (IOM 12.2022). Der Industriesektor ist gering ausgeprägt (WKO 5.2023). Die meisten Erwerbstätigen sind zwischen 30 und 55 Jahre alt (IOM 12.2022). Das monatliche Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbstständig Beschäftigten lag im vierten Quartal 2022 bei den Männern bei ca. GEL 2.123 [ca. EUR 757] und bei den Frauen bei GEL 1.412 [ca. EUR 504](Geo Stat o.D.b).

Das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug im Jahr 2022 10,1 % (Geo Stat o.D.c). Der georgische Lari wertete 2022 ab, und das Leistungsbilanzdefizit bleibt hoch. Eine hohe Energie- und Rohstoffabhängigkeit sowie der herrschende Fachkräftemangel bilden eine schlechte Grundlage, um das bestehende Außenhandelsdefizit zu verringern. Im Jahr 2022 betrug die Inflation durchschnittlich 11,9 % (WKO 5.2023). Im Bankensektor hat sich der Zugang zu Finanzmitteln verbessert (THF 2023). Der starke Anstieg von internationalen Besuchern in Georgien trug im ersten Halbjahr 2022 rund 3,7 Milliarden GEL [ca. EUR 1,3 Milliarden] zur Wirtschaft bei. Der Hauptgrund für den Anstieg sind Ankünfte aus Russland, die in dem genannten Zeitraum um das Sechsfache gestiegen sind (GIP 1.2.2023).

Hauptexportgüter sind neben landwirtschaftlichen Produkten vor allem Rohstoffe mit geringer Wertschöpfung: Kupfer, Metalle bzw. gebrauchte Autos, zunehmend auch Textilien. Hauptzielländer der georgischen Exporte waren 2022 die Mitgliedsländer der EU mit einem Anteil von 15,4 %. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind auch die „Gastarbeiterüberweisungen“ aus dem Ausland. Im Jahr 2022 betrugen diese Überweisungen insgesamt USD 4,4 Mrd.; 86 % mehr als im Vorjahr (WKO 5.2023).

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung 2023-10-03 10:24

Es gibt ein staatliches Sozialprogramm für Unterhaltsbeihilfen. Familien unterhalb der Armutsgrenze können mit einer Unterstützung von GEL 30-60 [ca. EUR 11-22] pro Familienmitglied rechnen (IOM 12.2022). Um Sozialhilfe zu erhalten, muss ein Antrag bei der für den Wohnort zuständigen Gebietseinheit des Sozialamtes gestellt und das vorgeschriebene Antragsformular zur Registrierung in der Datenbank ausgefüllt werden. Danach besucht ein Vertreter der Social Service Agency die Familie vor Ort, wobei die „Familiendeklaration“ den sozio-ökonomischen Status der Familie festhält. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 [ca. EUR 17] für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 und alle anderen Familienmitglieder GEL 48 [ca. EUR 14] pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere Gefängnishaft, Militärdienst oder beispielsweise ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten (GYLA o.D.).

Eine Arbeitslosenunterstützung existiert nicht. Es gibt ein staatliches Pensionssystem. Bezugsberechtigt sind Männer ab 65 und Frauen ab 60 Jahre. Der Pensionsantrag ist bei der nächstgelegenen Sozialdienststelle einzureichen. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen (IOM 12.2022). Die Höhe der Pension wird jährlich gemäß Inflationsrate und Wirtschaftswachstumsdaten angeglichen (Agenda.ge 5.1.2021). Mit 1.1.2023 stieg die Alterspension auf GEL 300 [ca. EUR 107] für Personen unter 70 Jahre und auf GEL 365 [ca. EUR 130] für Personen über 70 Jahre. Es gibt Zuschläge für Pensionisten, die in Hochgebirgssiedlungen leben (Jam News 3.1.2023). Seit 2019 ist ein kumulatives Pensionssystem eingeführt worden, welches für Selbstständige freiwillig ist, auch für Arbeitnehmer über 40 Jahre. Die Teilnahme an diesem System ist für georgische Staatsbürger unter 40 Jahren, die angestellt und/oder selbstständig erwerbstätig sind, sowie für Ausländer, die im Besitz einer Daueraufenthaltsgenehmigung sind, verpflichtend. 2 % des Gehalts des Beitragszahlers gehen auf dessen persönliches Pensionskonto. Darüber hinaus überweisen die Regierung und der Arbeitgeber 2 % auf das Konto des Beitragszahlers. Bei Erreichen des Pensionsalters hat der Beitragszahler Anspruch auf eine Pension auf monatlicher Basis (IOM 12.2022).

Im Gesetz ist ein bezahlter Mutterschaftsurlaub von 126 Kalendertagen und im Falle von Komplikationen während der Geburt oder bei der Geburt von Zwillingen ein Mutterschaftsurlaub von 143 Kalendertagen festgelegt (LHG 17.5.2023). Die georgische Regierung hat mit Anfang 2023 die einmalige staatliche Finanzhilfe für den Mutterschaftsurlaub im ganzen Land von GEL 1.000 [ca. EUR 349] auf GEL 2.000 [ca. EUR 697] erhöht (Agenda.ge 23.1.2023).

Der Staatliche Fonds zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel verfügt über zwei Unterkünfte in Tiflis und Batumi für Opfer von Menschenhandel und häuslicher Gewalt. Betroffene können außerdem in einem Krisenzentrum in Tiflis untergebracht werden und erhalten u. a. folgende Dienstleistungen: psychologische Unterstützung, medizinische Hilfe, Rechtsbeistand und Übersetzungsdienst (IOM 12.2022).

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung 2023-10-03 10:35

Gemäß der georgischen Gesetzgebung sorgt das georgische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales für die Verfolgung der staatlichen Gesundheitspolitik. Es erarbeitet und erlässt in seinem Zuständigkeitsbereich entsprechende Rechtsakte. Einer der Grundsätze der staatlichen Gesundheitspolitik ist die allgemeine und gleichberechtigte Zugänglichkeit zur Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung im Rahmen der staatlichen Verpflichtungen, die in den staatlichen Gesundheitsprogrammen vorgesehen sind. Der Staat ist für die Zertifizierung von Ärzten, Zulassung medizinischer Tätigkeiten und Erteilung von Genehmigungen für medizinische Einrichtungen zuständig (PoG 10.12.1997).

Die Weltgesundheitsorganisation betont, dass Georgien der Stärkung der primären Gesundheitsversorgung durch verschiedene Reformen und Programme stets Priorität einräumt. Diese werden jedoch von uneinheitlicher Umsetzung, unvollendeten Agenden und mangelnder Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitssystems beeinträchtigt (WHO 2023).

Im Februar 2013 wurde das staatlich verwaltete Universelle Gesundheitsversorgungsprogramm (Universal Health Care Program - UHCP) mit überwiegend privaten medizinischen Einrichtungen eingeführt (MIdpLHSA o.D.; vgl. EOHSP 2022) und ermöglichte Personen, die zuvor nicht versichert waren, den Anspruch auf ein "Mindestleistungspaket", nachdem sie sich bei einer Primärversorgungseinrichtung ihrer Wahl angemeldet hatten. Dies wurde im Juli 2013 auf nicht notfallmedizinische Operationen, Herzoperationen, Chemotherapie, Hormontherapie, Strahlentherapie und Entbindungen ausgeweitet. Im Jahr 2020 wurde eine neue nationale Gesundheitsbehörde eingerichtet, um das UHCP und die meisten anderen Gesundheitsprogramme zu verwalten (EOHSP 2022). Das UHCP bietet Gesamt- und Basispakete von Leistungen (IOM 12.2022), welche nach Einkommen und anderen vorrangigen Gruppen unterteilt werden (EOHSP 2022; vgl. IOM 12.2022). Für einige medizinische Leistungen müssen verschiedene Nutzerkategorien eine Zuzahlung leisten. Das UHCP gewährleistet die finanzielle und geografische Zugänglichkeit der wichtigsten medizinischen Leistungen für alle Nutzer (MIdpLHSA o.D.). Die medizinische Versorgung ist durch das staatlich finanzierte UHCP sowie zusätzlich durch bestehende staatliche Gesundheitsprogramme für bestimmte Krankheitsbilder (z. B. Diabetes, Hepatitis C, Tuberkulose) je nach sozialer Lage kostenlos oder mit Zuzahlungen gewährleistet. Mit privater Krankenversicherung kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden (AA 26.5.2023). In dringenden Fällen wendet sich der UHCP-Teilnehmer an eine beliebige medizinische Einrichtung des UHCP. Für eine geplante stationäre Behandlung darf die Agentur für soziale Dienste mit einem Formular der medizinischen Einrichtung kontaktiert werden, in der die Behandlung erfolgen soll (MIdpLHSA o.D.).

Das georgische Gesundheitsministerium hat ein Punktesystem entwickelt, um festzustellen, ob eine Person als sozioökonomisch gefährdet einzustufen ist. Die Höhe der Punktzahl hängt vom Vermögen, Einkommen und der Haushaltszusammensetzung ab und bestimmt, ob eine Person Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen und auf das öffentliche Krankenversicherungssystem hat (EUAA MedCOI 3.8.2022).

UHCP-Versicherte müssen ihren Hausarzt kontaktieren, um eine Überweisung für einen Facharzt zu erhalten (IOM 12.2022). Für Behandlungskosten, welche von Patienten selbst getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Die Unterstützungsleistungen hängen sowohl von der Art der Erkrankung bzw. Therapie als auch von der Bedürftigkeit der Person selbst ab. Bei manchen Therapien gibt es z. B. für "Veteranen" 100 % Vergütung, bei anderen Erkrankungen nur 50 % oder gar keine Unterstützung. Manches Mal sind die Unterstützungsleistungen auch zeitlich begrenzt. Aus diesem Grund muss betreffend Unterstützung bei Behandlungskosten jede Erkrankung/Medikament/Therapie separat betrachtet werden (VB Tiflis 30.8.2022). Die Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu einem Alter von 5 Jahren sind teilweise gedeckt, abhängig von der Art der Erkrankung (IOM 12.2022). Das Recht auf medizinische Versorgung haben georgische Staatsbürger und Staatenlose mit entsprechendem Status in Georgien (PoG 10.12.1997; vgl. EUAA MedCOI 9.5.2023, AA 26.5.2023). Die Abteilung für medizinische Länderinformationen der European Union Agency for Asylum (EUAA MedCOI) geht davon aus, dass es keine Beschränkungen für Bürger gibt, die seit mehreren Jahren nicht mehr in Georgien aufhältig sind (EUAA MedCOI 9.5.2023). Das UHCP steht weiters Einwohnern Abchasiens und Südossetiens, welche ein sogenanntes neutrales Reisedokument besitzen (MIdpLHSA o.D.), sowie Asylbewerbern und Personen mit humanitärem oder Flüchtlingsstatus offen (IOM 12.2022; vgl. MIdpLHSA o.D.).

Die Anspruchsberechtigung für das UHCP und die Höhe der Zuzahlung für diejenigen Personen, die keine private Versicherung haben, sind einkommensabhängig (EOHSP 2022). Sozial schwache Gruppen haben Anspruch auf das Gesamtpaket des UHCP. Erwerbstätige, deren Bruttogehalt GEL 1.000 [ca. EUR 360] übersteigt, aber das Jahreseinkommen weniger als GEL 40.000 [ca. EUR 14.422] beträgt, haben Anspruch auf das UHCP mit eingeschränkten Leistungen. Die einkommensstärksten Haushalte sind seit 2017 von den meisten Leistungen des UHCP ausgeschlossen, haben aber weiterhin Anspruch auf einige Leistungen (IOM 12.2022; vgl. MIdpLHSA o.D.), die durch vertikale Programme angeboten werden - es gibt 22 vertikale nationale Gesundheitsprogramme, die die gesamte Bevölkerung für bestimmte Krankheiten oder Behandlungen abdecken. Es wird von ihnen erwartet, dass sie eine private Krankenversicherung abschließen (EOHSP 2022).

In Georgien werden drei Arten von Paketen der staatlichen medizinischen Versorgung angeboten: ein Standard- und Minimalpaket sowie ein Paket für bestimmte Alters- und Risikogruppen. Im Standardpaket sind geplante ambulante Gesundheitsdienste (70 bis 100 % finanziert), verschiedene Fachärzte, mehrere geplante Operationen, nicht-chirurgische Behandlung onkologischer Erkrankungen, Entbindungen sowie diagnostische Verfahren eingeschlossen. Im Minimalpaket, das bis dato privat versicherte Personen vorsieht, die ihren Vertrag mit der privaten Versicherungsanstalt kündigen, stehen Allgemeinmediziner, kostenlose Pflegedienste, eine vollständige Finanzierung von Blut- und Urintests sowie ambulante und stationäre Behandlungen für mehr als 450 spezifische Indikationen des UHCP zur Verfügung (Kostengrenze GEL 15.000 [ca. EUR 5.334]). Schließlich gilt beim Paket für bestimmte Alters- und Risikogruppen eine hundertprozentige Abdeckung der UHCP-Leistungen (einschließlich der medizinischen Grundversorgung), jedoch mit gewissen Einschränkungen. Darüber hinaus ist hierin eine hundertprozentige Kostenübernahme für diagnostische Verfahren wie Fluoroskopie, Radio- und Mammografie vorgesehen (UNHCR 2020).

Georgien bietet staatliche Programme zur Behandlung verschiedener Krankheiten wie beispielsweise Hepatitis C, HIV/AIDS und Drogenabhängigkeit (MIdpLHSA o.D.; vgl. IOM 12.2022). Auch bestehen staatliche Programme betreffend eine Reihe von Behandlungen psychischer Krankheiten, spezielle Medikamente für spezifische Erkrankungen wie unter anderem Diabetes, angeborene Zerebralparese und Downsyndrom, Medikamente für Brustkrebs im Frühstadium, Behandlung von Tuberkulose, Dialyse und Nierentransplantation, palliativmedizinische Versorgung und nicht zuletzt Notfallversorgung und Krankentransport (MIdpLHSA o.D.).

Große Apotheken bieten eine Vielzahl von Medikamenten an. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann online oder telefonisch überprüft werden: Medizinischer Informationsdienst, http://www.mis.ge/ka , Tel. +995 032 2 252233. Die meisten Medikamentenkosten werden nicht von staatlichen Programmen abgedeckt (IOM 12.2022). Seit März 2023 gilt in Georgien eine Preisobergrenze für 300 Medikamente zur Behandlung onkologischer und verschiedener chronischer Krankheiten. Für insgesamt 1.100 Arzneimittel gelten derzeit Festbeträge. Das Gesundheitsministerium verspricht, dass die Liste schrittweise erweitert werden soll (NG 18.3.2023; vgl. EK 18.3.2023).

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge hat Georgien den Zugang zu grundlegenden Diensten verbessert, vor allem bei Infektionskrankheiten, insbesondere bei der Behandlung von HIV, Tuberkulose und Hepatitis C. Herausforderungen bestehen beim Zugang zur Behandlung chronischer Erkrankungen und bei vorbeugenden Behandlungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (WHO 2023).

Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität (AA 26.5.2023). Die medizinische Versorgung, insbesondere außerhalb von Tiflis, ist unzureichend. Außerhalb von Städten kann sie häufig nicht gewährleistet werden (AA 10.8.2023). Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 26.5.2023). Die öffentlichen Krankenhäuser, vor allem außerhalb der Hauptstadt, entsprechen nicht dem europäischen Standard (schlechte hygienische Verhältnisse, Mangel an Fachpersonal, unzureichende Versorgung mit Medikamenten) (BMEIA 22.8.2023; vgl. AA 10.8.2023). In Tiflis, Batumi und Kutaissi gibt es einige private Einrichtungen, die hinsichtlich der Unterbringung und der technischen und fachlichen Ausstattung modern und auf dem neuesten Stand sind (AA 10.8.2023; vgl. BMEIA 22.8.2023, AA 26.5.2023). Viele Gesundheitsleistungen sind noch nicht von der staatlichen Versicherung abgedeckt. Im Rahmen des UHCP ist die Notfallversorgung zu 70-100 % abgedeckt (IOM 12.2022).

Im Jahr 2021 erklärte die Ombudsperson, dass sich der Zugang zu Medikamenten in Georgien aufgrund der ständig steigenden Preise allmählich verschlechtert und es daher für einen großen Teil der Bevölkerung schwierig ist, sich Medikamente zu leisten. Weiters stellt sie fest, dass die Qualität der Medikamente oft nicht den Anforderungen entspricht und ihre Wirksamkeit fraglich ist (CoE 3.2022).

Im Jahr 2022 wurde das Verfahren Diagnosis Related Groups (DRG) im Bereich der Gesundheitsversorgung vorgestellt. Das DRG-System dient der Überprüfung der Sätze für medizinische Leistungen, der Übertragung von Budgetbeträgen, der Klassifizierung von Leistungen und der Erstellung gemeinsamer Tarife. Bei Nichteinhaltung der Vorgaben können Krankenhäuser vom UHCP ausgeschlossen werden (GIP 1.2.2023).

Rückkehr

Letzte Änderung 2023-10-03 10:38

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die allgemeinen, wenn auch in der Regel insgesamt unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Traditionell bietet der Familienverband eine soziale Absicherung. Internationale Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), bieten Beratung und finanzielle Unterstützung für Rückkehrer an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbstständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen. Die georgische Regierung stellt sich zunehmend den Problemen von Rückkehrern (AA 26.5.2023).

Das staatliche Programm zur Reintegration von Rückkehrern sieht die Unterstützung des Reintegrationsprozesses georgischer Staatsbürger, die aus der Emigration zurückkehren, vor. Das Programm sieht die Bereitstellung von Zuschüssen, Berufsausbildung, medizinischer Hilfe und vorübergehendem Wohnraum zur Schaffung einer Einkommensquelle und zur Förderung der Selbstständigkeit vor. Teilnahmeberechtigt sind georgische Staatsbürger (oder staatenlose Personen, die dauerhaft in Georgien leben), welche sich seit mehr als 12 Monaten unrechtmäßig im Ausland aufhalten oder im Ausland Asyl beantragt oder erhalten haben (GDA n.d).

IOM bietet Rückkehrern Unterstützung im Rahmen des AVRR-Programms an (Assisted Voluntary Return and Reintegration). Im Rahmen von Programmen zur unterstützten Rückkehr erhalten Migranten administrative, logistische und finanzielle Unterstützung (IOM o.D.).

Dokumente

Letzte Änderung 2023-10-03 10:58

Die Echtheit behördlich ausgestellter Dokumente steht in der Regel außer Zweifel. Problematisch sind privatrechtliche Bescheinigungen zum Nachweis von tatsächlich vorhandenen Eigenschaften/Qualifikationen (AA 26.5.2023). Gemäß Experten sind Dokumentenvermittler, die gegen Bezahlung gefälschte Dokumente wie Arbeitsbescheinigungen oder Dokumente zur Untermauerung von Asylanträgen ausstellen, in Georgien sehr gefragt. Trotz der angeblich hohen Nachfrage nach diesen Diensten ist die Verwendung gefälschter Dokumente für Reisen von Georgien in die EU-Mitgliedstaaten relativ selten (EUAA 18.8.2022).

Im Rahmen des IOM-Projekts "Unterstützung der integrierten Grenzverwaltung in Georgien" wurde eine Schulung zur Überprüfung von Dokumenten und zur Aufdeckung von Betrug für die Grenzkontrollbeamten der Polizeipatrouille des Innenministeriums und die Zollbeamten der Steuerbehörde initiiert. Ziel ist es, die Fähigkeiten der Mitarbeiter verschiedener Grenzübergangsstellen in ganz Georgien im Bereich der Erkennung betrügerischer und gefälschter Dokumente zu verbessern (IOM 22.7.2022).

Eine Identitätsfeststellung georgischer Staatsangehöriger, die ohne Reisedokumente in Georgien eintreffen, ist in der Regel zügig möglich, da umfangreiche Datensätze – inklusive einer unveränderbaren persönlichen Identifikationsnummer von Geburt an – bestehen. Personenstandsurkunden verfügen seit geraumer Zeit nicht mehr über klassische Sicherheitsmerkmale wie Unterschrift oder Siegel; ihre Echtheit lässt sich aber online über ein Portal der Bürgerämter anhand einer Dokumentennummer prüfen. Erkenntnisse über gefälschte Haftbefehle gibt es nicht. Das Einspeisen von falschen oder zumindest übertriebenen Informationen in die Presse zur Dokumentation staatlicher Repressionsmaßnahmen ist durchaus möglich: Die Presselandschaft ist stark politisiert und neigt schnell zu Übertreibungen (AA 26.5.2023).

 

II.2. Beweiswürdigung:

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren, sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des BF ergeben sich aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie den Sprach- und Ortskenntnissen und dem vorgelegten georgischen Reisepass.

II.2.3. Die Feststellungen betreffend die vom BF in Anspruch genommenen Leistungen der Grundversorgung ergeben sich zweifelsfrei aus dem amtswegig angefertigten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des BF in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsichtnahme in das Strafregister).

Den Daten des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister kann schließlich entnommen werden, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet nie nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet war. Hinweise darauf, dass sein weiterer Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig wäre oder der Beschwerdeführer im Bundesgebiet Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO wurde, kamen im Verfahren nicht hervor und es wurde auch kein dahingehendes Vorbringen erstattet, sodass keine dahingehenden positiven Feststellungen getroffen werden können.

II.2.4. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Der BF trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

II.2.5. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten -–z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit von Angaben eines Asylwerbers hat der Verwaltungsgerichtshof als Leitlinien entwickelt, dass es erforderlich ist, dass der Asylwerber die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294) und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 05.04.1995, Zl. 93/18/0289). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, genügt zur Dartuung von selbst Erlebtem grundsätzlich nicht. Der Asylwerber hat im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage und allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069; 30.11.2000, Zl. 2000/01/0356). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Es entspricht ferner der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, Zl. 95/20/0650). Die Unkenntnis in wesentlichen Belangen indiziert ebenso mangelnde Glaubwürdigkeit (VwGH 19.03.1997, Zl. 95/01/0466).

II.2.6. Der belangten Behörde ist insofern zuzustimmen, als sie zum Schluss kommt, dass der BF in Georgien keiner asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt war bzw. im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Darüber hinaus geht aber auch das BVwG aus folgenden Erwägungen von der Unglaubwürdigkeit der Angaben des BF aus:

Ein Indiz dafür ist bereits der Umstand, dass der BF legal auf dem Luftweg von Georgien ausreiste und dabei keine Probleme zu gewärtigen hatte. Wäre der BF in der Heimat tatsächlich asylrelevant verfolgt worden und gesucht werden, wäre eine Ausreise auf legalem Weg nicht möglich gewesen. In diesem Fall wäre die Gefahr, bei der Ausreise festgenommen zu werden, viel zu groß gewesen.

Auch hinsichtlich seiner Lebens- und Wohnumstände widerspricht sich der BF massiv. Vor dem BFA teilte er mit, dass er bei seinem Vater im Dorf XXXX in der Stadt XXXX wohnte. Dieser hätte beim Haus auch einen Garten und eine Kuh (AS91). In der mündlichen Verhandlung gab er diesbezüglich bekannt, dass er bis 2022 im eigenen Haus gelebt habe, dies jedoch wegen ausständiger Kreditzahlungen verloren habe und von 2022 bis Dezember 2023 im Huas des Vaters gelebt habe. Über Nachfragen gab der BF schließlich an, dass sein Vater das Haus im Mai 2023 dem Neffen des BF überschrieben hätte. Der BF habe sohin dann mit seinem Vater im Haus seines Neffen zusammengewohnt (S6 der Verhandlungsschrift). Auch würde der Neffe am Haus eine Landwirtschaft mit fünf Kühen und fünf Schweinen betreiben.

Im Zuge der Erstbefragung teilte der BF zur seinen Ausreisegründen dann mit „Wegen meiner Krankheit und meinen Schulden für die ich bedroht werde. Es sind insgesamt 35.000 Dollar“. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er getötet werden könnte. Er fürchte um sein Leben und weil er sich verstecken müsse, könne er sich nicht behandeln lassen.

Dies wiederum widerspricht massiv seinen in der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung getätigten Ausführungen, wenn er angibt bis Dezember 2023 mit seinem Vater im Haus des Neffen gelebt zu haben. Dass er sich hätte verstecken müssen, brachte der BF in der Beschwerdeverhandlung nicht vor.

Vor dem BFA teilte er mit, dass er wegen seinem Drogenkonsum bereits von 2007 bis 2012 im Gefängnis war. 2015 wäre er nochmals für ein Jahr im Gefängnis gewesen, ebenfalls wegen der Drogenproblematik. Mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen hatte er nur wegen seines Drogenkonsums Probleme gehabt. Mittlerweile sie er jedoch clean.

In weiterer Folge wurde er befragt, ob seine Angaben zu den Ausreisegründen in der Erstbefragung, wegen der medizinischen Behandlung und seinen Schulden, korrekt sind. Diese stimme so, er hätte bei privaten Personen Schulden, wie er weiter bekannt gab. So habe er sich 2021 Geld geborgt, um seine Landwirtschaft zu vergrößern. Inhaltslos führte er weiter aus, dass er diesen Mann, von dem er sich das Geld borgte, kannte. Zudem hätte ihm jemand diese Leute empfohlen. Der BF ist sich demnach nicht sicher, ob es sich um eine oder mehrere Personen handelt. Die Kreditsumme belief sich auf 100.000 Lari, er hätte jedoch nicht alles zurückgeben müssen. Es war so geplant, dass er seine Wirtschaft vergrößert und er in weiterer Folge dann die Einnahmen mit dem Geldgeber teilt. Es sei jedoch in weiterer Folge zum Streit gekommen, weil ihm dieser Mann sein noch nicht fertig gebautes Haus weggenommen hätte. Das Objekt hatte laut dem BF einen Wert von 10.000 Lari. Diesen Wert hätte der Mann, der Name des Geldgebers war dem BF offenbar nicht bekannt, von der Kreditsumme abgezogen. Jedenfalls hätte er dann nur noch 90.000 Lari zurückbezahlen müssen. Die Tilgung von 80.000 Lari wäre ihm dann in Aussicht gestellt worden, wenn er diesem Mann die nächsten zwei Jahre beim Verkauf von Drogen helfen würde. Die restlichen 10.000 Lari wären ihm erlassen worden. Er hätte jedoch keine Drogen verkauft, weswegen die Summe von 80.000 Lari wieder zur Tilgung offenstand. Aufgrund der Schulden, habe er dann in weiterer Folge die Landwirtschaft seinem Vater übergeben, der diese dann verkauft hätte. Dafür hätte sein Vater insgesamt 12.000 Lari erhalten. Es ist jedoch nicht glaubhaft, dass der BF die Landwirtschaft erst seinem Vater übergibt, damit dieser das Objekt verkauft. Hätte der BF tatsächlich Geld für die Zurückzahlung benötigt, hätte er selbstverständlich selber das Anwesen verkauft.

Die Frage, warum er sich vor dem Geldgeber verstecken müsse, teilte er dann mit, dass ihm zwei Personen das Geld gebracht hätten, er hätte dies mit seiner Unterschrift bestätigt. Einer der beiden wäre der Vermittler selbst gewesen. Die beiden Personen, abermals konnte er keine Namen nennen, hätten in weiterer Folge bei ihm gegessen, getrunken und auch übernachtet. Am nächsten Tag wären dann sowohl die Personen als auch das Geld weg gewesen. Er sei aber nicht zur Polizei gegangen, weil den Kreditgeber, ein Aserbaidschaner, jeder kennt. Zudem hätte er es nicht beweisen können. In seinem Umfeld gebe es aserbaidschanische Siedlungen, der Kreditgeber würde zudem dafür sorgen, dass IVANISHVILI die notwendigen Stimmen bei den Wahlen erhält. Darum würde auch die Polizei nichts unternehmen. Konträr dazu gab er noch bekannt, dass dieser mysteriöse Geldgeber auch mit Drogen handelt. Dieses Vorbringen demonstriert ein weiteres Mal die Unglaubwürdigkeit des BF. Es ist bei lebensnaher Betrachtung nicht nachvollziehbar, dass zwei Personen mit 100.000 Lari zu ihm nach Hause kommen, ihm das Geld übergeben, bei ihm essen, trinken und sogar schlafen. Am nächsten Tag wären sie dann mit dem gesamten Geld wieder weg gewesen.

Zur Frage, wann der BF den Kredit zurückzahlen hätte müssen, vermeinte dieser, dass er nicht alles hätte zurückzahlen müssen, sondern es so vereinbart gewesen sei, dass er seine Wirtschaft vergrößere und der BF mit dem Geldgeber die Einnahmen teilen würde.

Zu den konkreten Problemen befragt führte der BF an, dass ihm der Geldgeber sein – noch nicht fertiggebautes - Haus weggenommen und dafür 10.000 Lari gutgeschrieben hätte. 10.000 Lari hätte der Geldgeber ihm – aus welchem Grund auch immer – erlassen und 80.000 Lari hätte er zurückzahlen müssen. Dem BF wurde vorgeschlagen, dass, wenn er für zwei Jahre Drogen für den Geldgeber verkaufen würde, 80.000 Lari getilgt würden. Den Erhalt des Kredites datierte der BF auf das Jahr 2021.

Der BF steigert jedoch in weiterer Folge seine Ausführungen nochmals massiv, als er bekannt gab, dass der – unbekannte – Geldgeber ihn sogar töten wollte. Dazu gab er bekannt, dass er vor diesem Mann Angst habe. Weil im Oktober Wahlen sind, würde er von dieser Person getötet werden, bzw. würde er diese Person töten. Freilich konnte er nicht erklären, welche Rolle eine Wahl für seine Tötung spielt. Jedenfalls hätte er sich im November 2023 im Krankenhaus aufgehalten. Der Unbekannte sei dann gekommen und hätte auf ihn geschossen. Jetzt hätte zudem die Polizei gemeint, dass er diesen ominösen Geldgeber anzeigen soll. Dies hätte er aber aus Angst um seinen Vater und seine Töchter nicht gemacht. An anderer Stelle der Einvernahme teilte er ja noch mit, dass eine Anzeigenerstattung bei der Polizei zu nichts geführt hätte, weil diese gegen den aserbaidschanischen Geldgeber ohnehin nichts unternehmen würde.

Die vagen und inhaltslosen Ausführungen, sowie seine massiven Widersprüche setzten sich in der mündlichen Verhandlung fort. Zu dem behaupteten Kreditproblem teilte er nun mit, dass dieses zwar bestand, aber ohnehin nicht akut war. So hätte er bei einem Aserbaidschaner 100.000 Lari Schulden gehabt. Diesem Geldgeber gab der BF nun den Namen XXXX . Die Frage nach konkreten Drohungen oder Tätlichkeiten beantwortete der BF nichtssagend mit einem einfachen Ja. Nachgefragt teilte er dann, sichtlich gelangweilt mit, dass dieser XXXX im November 2023 in das Krankenhaus gekommen sei, indem er sich aufhielt und mit einer Pistole auf ihn geschossen hätte. Deswegen wurde er aufgefordert, die Situation detailreich zu schildern. Dazu führte der BF emotionslos aus, dass er auf dem Balkon im zweiten Stock des Krankenhauses eine Zigarette rauchte. Plötzlich wäre ein schwarzer Geländewagen vorgefahren, XXXX sei ausgestiegen, hätte ihn beschimpft und in seine Richtung geschossen. Mehr wollte bzw. konnte der BF zu diesem Vorfall nicht bekannt geben. Das BVwG geht deswegen davon aus, dass es sich bei diesem Vorfall um ein reines Gedankenkonstrukt handelt und in der Realität so nie passierte. Dafür spricht auch der Umstand, dass der BF vor dem BFA die Frage, aus welchen Gründen er Georgien verlassen hat, mit „Nur aus medizinischen Gründen. Ich war im Krankenhaus, bevor ich ausreiste. Ich hatte Nierenprobleme“ beantwortete.

Auch im Rahmen der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF zum fluchtkausalen Grund befragt an, dass er im Jahr 2023 unerwartet ins Krankenhaus gekommen sei und Wasser im Bauchraum bekommen habe. Erst über konkretes nachfragen, ob er ausschließlich wegen des Gesundheitszustandes ausgereist sei, vermeinte der BF nunmehr, dass er noch ein anderes Problem gehabt habe.

Zu den Rahmenbedingungen des Kredites befragt, teilte er mit, dass die 100.000 Lari als Investition für Kälber vorgesehen waren. Er hätte einen Grund in der Größe von 160 ha gehabt. Abermals steigerte der BF nun sein Vorbringen, wenn er bekannt gibt, dass vereinbart gewesen wäre, dass XXXX im Gegenzug für die Überlassung des Geldes als Teilhaber bei ihm einsteigt. Dabei wurde ihm vorgehalten, dass es absolut nicht plausibel ist, dass XXXX ihm zwar 100.000 Lari leihweise zur Verfügung stellt um Teilhaber zu werden, andererseits aber wieder die gesamte Summe zurückverlangt. Dazu führte er aus, dass XXXX ihm lediglich die Zinsen erlassen hätte, den gesamten Betrag von 100.000 Lari jedoch in zwei Jahren komplett zurückverlangt hätte. Erst über weiteres Nachfragen gab der BF an, dass XXXX ein großer Drogendealer mit Kontakten bis in die Politik sei und der BF 2022 sein Haus samt Grundstück auf ihn überschreiben musste und ihm der Geldgeber 10.000 Lari als Gegenwert vom Darlehen abgezogen habe. Weitere 10.000 Lari konnte der BF dem Geldgeber herunterhandeln und für 80.000 Lari hätte der BF mit Drogen dealen müssen.

Der BF führte an, dass er sich bei der Bank keinen Kredit aufnehmen hätte können, weil diese eine Gegenleistung erwartete und der Geldgeber eine bekannte Persönlichkeit ist und dem BF Werbung verschafft hätte. Es ist grundsätzlich richtig, dass die Bank als Gegenleistung die Begleichung des Kredits samt Zinsen verlangt, jedoch verfügte der BF ja laut seinen Angaben über eine kleine Landwirtschaft, bzw. ein Haus mit Grundstück, das als Sicherheit hätte dienen können. Auch wären die durch die Kreditsumme angekauften Kälber als Gegenwert in Betracht zu ziehen. Weil er den Kredit in weiterer Folge nicht zurückzahlen konnte, hätte er XXXX jedenfalls im Jahr 2022 das Haus samt Grundstück überschreiben müssen. Dafür zog er dem BF 10.000 Lari von der Kreditsumme ab. Auch hätte er verlangt, dass der BF mit Drogen deale, dafür wären ihm 80.000 Lari erlassen worden. Dazu bleibt festzuhalten, dass der BF demnach mehrere Varianten bezüglich der Überschreibung des Hauses anbietet. Bei der ersten Variante hätte er seinem Vater das Haus überschrieben, welches es in weiterer Folge verkaufte. Im Rahmen der zweiten Variante überschrieb der Vater das Haus im Mai 2023 dann dem Neffen des BF und laut dritter Version überschrieb nun der BF selbst dem Drogendealer und Geldgeber XXXX , jedoch bereits im Jahr 2022. Diese massiven Widersprüche demonstrieren sohin abermals nur, dass dieses Vorbringen nicht annähernd der Wahrheit entspricht.

Der BF wurde in weiterer Folge noch zu dem von ihm vor dem BFA bekanntgegebenen Vorfall befragt, bei welchen der – damals noch unbekannte Geldgeber – und eine weitere Person ihm das Geld gebracht und nach durchzechter Nacht wieder mit dem Geld das Haus des BF verlassen hätten. Dabei steigerte er auch dieses Vorbringen gleich, indem er nun ausführte, dass er sich mit XXXX und der anderen Person zu einem Notar begab und dort einen Kreditvertrag unterschrieben hätte. Erst dann wären sie zu ihm nach Hause und hätten ausgiebig gefeiert. In der Früh wären dann beide Gäste weg gewesen. Am Abend hätte er dann bemerkt, dass auch das Geld weg war. Einen Notariatsakt bzw. einen notariellen Kreditvertrag hätte er aber nicht, den hätte nur XXXX erhalten, wie der dem Richter auf diesbezügliche Befragung bekannt gab. Dieses Vorbringen unterscheidet sich zum einen von jenem, welches der BF vor dem BFA vorbrachte. Bei der Version vor dem BFA hätten beide Personen ihm das Geld daheim vorbeigebracht, was er mit seiner Unterschrift bestätigte. Bei der Version im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätte sich die Vertragsunterzeichnung und die Geldübergabe dann jedoch bei einem Notar abgespielt. Zum anderen ist es vollkommen unlogisch, dass der BF, falls der Vertrag bei einem Notar unterzeichnet wurde, keine Ausfertigung des Vertrages bzw. Notariatsaktes erhalten hätte. Diese enormen Widersprüche zeigen nur abermals auf, dass die Angaben des BF nicht glaubhaft sind. Ungeachtet des Umstandes, dass es nicht glaubwürdig ist, dass der BF diesen Notariatsakt nicht als Bescheinigungsmittel in Vorlage bringen kann, erweist sich auch die Bargeldübergabe als nicht glaubwürdig, ist doch bei einem Notariatsakt wohl von einer bargeldlosen Übergabe auszugehen.

Der BF wurde dann nochmals zur der Schussabgabe auf ihn befragt, präziser, wann genau sich diese ereignet hätte. Dazu gab er zur Antwort, im November 2023, ein genaues Datum wisse er nicht. Wäre auf den BF tatsächlich geschossen worden, hätte er sich selbstverständlich den Tag genau gemerkt und könnte darüber auch Auskunft geben. Es stellt sicher im Leben eines – vermutlich – jeden Menschen ein grob einschneidendes Erlebnis dar, wenn auf ihn geschossen wird. Dieses Datum würde man sich mit Sicherheit ein Leben lang merken, der BF kann dies offensichtlich nicht einmal ein Jahr später konkret bekanntgeben. Er kann dessen ungeachtet nur das Monat angeben, obwohl ihm seine ausgezeichnete Schulbildung wohl mehr ermöglichen müsste. Nichts destotrotz steigerte er dann sein Vorbringen bei der Frage, ob es sonst noch Vorfälle gab, abermals massiv, indem er bekannt gab, dass er bereits im April oder März 2022 mit einem Messer verletzt worden wäre. Dieses hätte ihm XXXX in seine linke Gesäßseite gerammt. Er hätte dabei einen fünf bis sechs Zentimeter langen Stich in sein Gesäß erlitten, den er im Krankenhaus versorgen ließ. Unterlagen, Befund oder Atteste könne er jedoch nicht vorlegen, auch hätte er keine sonstigen Bescheinigungsmittel. Mangels konkreter oder gründlicher Auskünfte geht das Bundesverwaltungsgericht jedoch davon aus, dass auch dieses Vorbringen lediglich den Gedanken des BF entspringt und sich real nie zugetragen hat. Völlig unplausibel ist in diesem Zusammenhang auch, dass der BF keines seiner Vorbringen durch geeignete Bescheinigungsmittel untermauern kann, obwohl - bei hypothetischer Wahrunterstellung - sowohl der Kreditvertrag, als auch die Übertragung einer Immobilie eines Notares bedurften und dem BF auch die Beibringung von medizinischen Unterlagen, wie auch ggf. Polizeiprotokolle betreffend der Schussabgabe möglich sein müsste.

Aber selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens würde eine Schutzgewährung ausscheiden. Der BF behauptet, durch Privatpersonen verfolgt zu werden, eine staatliche Verfolgung wurde nicht behauptet. Hinsichtlich Georgien ist festzuhalten, dass die Polizei bzw. staatlichen Behörden Schutzfähig und Schutzwillig sind. Auch wenn ein solcher Schutz nicht lückenlos (so wie in keinem Staat auf der Erde) möglich ist, stellen die geschilderten Drohungen in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und existieren andererseits im Herkunftsstaat Behörden, welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben. Zudem wäre es den BF freigestanden, sich an eine übergeordnete Polizeidienststelle, eine StA ein Gericht oder einer NGO oder den Ombudsmann zu wenden. Letztgenannter unterstützt Personen auch bei rechtswidrigem Verhalten durch Polizeiorgane.

II.2.7. Glaubhaft sind die Angaben des BF zu seinen gesundheitlichen Leiden. Diesbezüglich teilte er ja vor dem BFA mit, dass ihm von einer guten Bekannten geraten wurde, nach Österreich zu kommen. Hier würde er medizinische Behandlung und Therapie erhalten. Auch andere Leute, die schon in Österreich waren, haben es ihm empfohlen. Der BF hat sich demnach entschlossen in das Bundesgebiet zum Zwecke kostenloser Behandlungen zu reisen.

Der BF leidet an Hepatitis C, chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes Melitus Typ ll., chronischer Entzündung der Harnblase, sowie einer Herzinsuffizienz, Gastritis und einer Mittelohrentzündung. Der BF hat einen Dauerkatheter erhält Dialyse und wartet auf eine Nierentransplantation, er weiß jedoch nicht, ob er auf einer Transplantationsliste steht. Weiters spritzt er Insulin und nimmt gegen die Herzerkrankung Blutdrucksenker und Betablocker. Hinsichtlich Diabetes Mellitus ll wurde der BF in Georgien bereits behandelt und mit oraler Medikation eingestellt. Er erhielt die Medikamente Amarin und Ciapore. Ferner leidet er auch an einer Entzugssymptomatik mit Selbstverletzung bei Drogenkonsum bis Ende Dezember 23 (Methadon und Haschisch).

So gab er vor dem BFA bekannt, dass es bei einer Rückkehr nach Georgien sehr schwer für ihn werden würde, weil er in Österreich Dialyse erhält. In Georgien wäre er in einem Krankenhaus in Tiflis behandelt worden. Die Ärzte hätten ihn untersucht und festgestellt, dass er eine Nierentransplantation benötige. Für diese OP hätte er 200.000 Lari bezahlen müssen. Die Ärzte hätten ihm weiters mitgeteilt, dass er ohne OP nur mehr drei Monate überleben würde. Deswegen habe er das Krankenhaus verlassen. Seit zwei Wochen (ca. Anfang Juni 2024) würde er im Bundesgebiet dreimal wöchentlich Dialyse erhalten. Weiters brachte der BF vor, dass er auch Probleme mit der Leber und dem Herz hat. Die medizinischen Befunde wurden dabei von ihm in Vorlage gebracht.

Vom BFA wurde hinsichtlich der Leiden und benötigten Behandlungen und Medikamente eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation – Georgien Medizinische Anfrage vom 20.08.2024 eingeholt.

Dabei wurden folgende Details den BF betreffend festgehalten:

In Österreich wurden folgende Erkrankungen diagnostiziert:

Dekompensierte Hepatitis C-Zirrhose Child B/7 (K73), Akut auf chron. Nierenversagen (N19), Arterielle Hypertonie (I10), Vorbeschriebene Herzinsuffizienz (I50), Diabetes mellitus (E11), Chronische Otitis media rechts – Cholesteatom (H65.4), Cholestaetom (H71), Hydronephrose I bds. (N13), Splenomegalie (R16.1), ÖVAR (I85), Cholezystolithiasis (K80), Harnwegsinfekt (N39.0), Eisenmangel (E61.1) und Anpassungsstörungen (F43.2).

Bisherige Behandlungen in Österreich:

MaviretTherapie für 16 Wochen (Beginn: 25.01.2024), Anlage einer Double-J-Schiene 7/28 bds. am 20.01.2024, CR Thorax (Verbesserung ersichtlich), CT Abdomen (Leberzirrhose, Cholezystolithiasis, Splenomegalie, Hydronephrose Grad III links), Sonographie Urologie, US Abdomen Radiologie – Sonographie der Abdome, Gastroskopie (Soorösophagitis, Ösophagusvarizen, Hepatische Gastropathie, Hepatische Gastropathie, leichtgradige Antrumgastritis), Psychiatrische Behandlung (Anpassungsstörung mit Beeinträchtigung von verschiedenen Gefühlen), Notwendige weitere Behandlungen und Nachfolgebehandlungen: Typmanoplastik rechts, Fortführung der Hämodialysen Augmentin für 7 Tage bei HWI, Absetzen Lokelma und Phphrotrans bei Dialysepflicht,

Aktuell verschriebene Medikamente:

*LASIX (harntreibendes Mittel, *DILATREND (Blutdrucksenker, Wirkstoff: Carvedilol), *AMLODIBENE (Hypertonie, Wirkstoff: Amlodipin), *HYDAL (stark schmerzstillend, Wirkstoff: Hydromorphonhydrochlorid), *QUETIALAN (Antipsychotika), *SEVELAMER (Phosphatbinder, Dialysepatienten), *LOKELMA (Hyperkaliämie, Wirkstoff: Natriumzirconiumcyclosilicat) und *MAVIRET abgesetzt! (Hepatitis C)

Der Anfragebeantwortung der Staatendoku- bzw. MedCoi-Anfrage ist zu entnehmen, dass folgende Behandlungen in Georgien verfügbar sind:

• ambulante Behandlung und Nachsorge durch einen Allgemeinmediziner;

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Gastroenterologen;

• sstationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge einen Facharzt für Innere Medizin

(Internist);

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Kardiologen;

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Endokrinologen;

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt

(HNO);

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Nephrologen;

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Urologen;

• stationäre und ambulante Behandlung sowie Nachsorge durch einen Hämatologen;

• Nephrologie: chronische Hämodialyse;

• Laboruntersuchung: Überwachung des vollständigen Blutbildes: z. B. Hb, WBC und Thrombozyten;

• Laboruntersuchung: Nierenfunktion (Kreatinin, Harnstoff, Proteinurie, Natrium- und Kaliumspiegel);

• Diagnostischer Test: Leberbiopsie;

• Laboruntersuchung: Leberfunktion (PT, Albumin, Bilirubin, Transaminasen: ASAT(=SGOT),

ALAT(=SGPT) usw.);

• Diagnostische Bildgebung: Endoskopie;

• Gastroenterologie: Behandlung von Ösophagusvarizen: endoskopische Varizenbänderung/-ligatur.

In Georgien gibt es derzeit keine formale Anerkennung von Diätassistenten oder Ernährungsberatern als eigenständiger Beruf oder Spezialisierung. Personen, die eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen möchten, können jedoch auf das Fachwissen von Fachleuten in verwandten Bereichen wie Gastroenterologie und Endokrinologie zurückgreifen (AVA 18366).

Alle angefragten Medikamente sind außer die Wirkstoffkombination Glecaprevir + Pibrentasvir, Natriumzirconiumcyclosilicat und Hydromorphonhydrochlorid in Georgien verfügbar. Alternativ zu Glecaprevir + Pibrentasvir ist die Wirkstoffkombination Sofosbuvir + Velpatasvir und alternativ zu Hydromorphonhydrochlorid ist der Wirkstoff Morphin verfügbar. Zum Wirkstoff Natriumzirconiumcyclosilicat gibt es keine verfügbare Alternative (AVA 18366).

Gemäß einer Anfragebeantwortung von MedCOI bietet die öffentliche Versicherung in Georgien Folgendes (ACC 8027):

• Hepatitis C: Vollständig durch das staatliche Programm abgedeckt, einschließlich Medikamente, Konsultationen, medizinische Diagnostik und Laboranalysen;

• akute bis chronische Niereninsuffizienz: Intensivpflege (falls erforderlich) und Dialysedienstleistungen sind vollständig abgedeckt. Der Patient zahlt den Rest der Behandlung aus eigener Tasche;

• Die Intensivpflege ist vollständig abgedeckt;

• stationäre Pflege wird zu 70 % übernommen, wobei der Patient die restlichen 30 %, wenn diese

Art der Versorgung aufgrund von Komplikationen erforderlich ist. Die Medikamente sind aus eigener Tasche zu zahlen, mit Ausnahme von der Wirkstoffkombination Sofosbuvir + Velpatasvir und dem Wirkstoff Morphin, deren Kosten vom staatlichen Programm vollständig abgedeckt sind (ACC 8027). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Georgien die fehlende Verfügbarkeit einer Behandlungsoption und von 3 aktuellen Medikamenten folgende Auswirkungen haben wird:

Diätassistent: Aufklärung über die Auswahl von Lebensmitteln bei Nierenversagen. Derzeit gibt es keine formale Anerkennung von Diätassistenten oder Ernährungsberatern als eigenständiger Beruf oder Spezialisierung. Personen, die eine Ernährungsberatung wünschen, können jedoch auf das Fachwissen von Fachleuten in verwandten Bereichen wie Gastroenterologie und Endokrinologie zurückgreifen.

Glecaprevir+Pibrentasvir: wird zur Behandlung von Hepatitis C über einen Zeitraum von maximal 12 Wochen eingesetzt. Da das Medikament Anfang 2024 begonnen wurde, wäre die Behandlung spätestens im Mai 2024 beendet gewesen. Sollte der Patient eine Wiederholung der Behandlung benötigen, steht eine Alternative zur Verfügung: Sofosbuvir

+ Velpatasvir (wie Epclusa®). Ribavirin (AVA 17477 vom 26.11.2023) kann im Falle einer dekompensierten Hepatitis-C-Zirrhose zu dieser Kombinationsmedikation hinzugefügt werden.

Hydromorphonhydrochlorid: wird zur Behandlung von Schmerzproblemen eingesetzt. Eine Alternative ist verfügbar: Morphin.

Natrium-Zirkonium-Cyclosilikat: zur Behandlung von Hyperkaliämie (hoher Kaliumspiegel im Blut). Es ist keine Alternative verfügbar. Sollte der Patient jedoch die Hämodialyse fortsetzen müssen, würde dieses Medikament abgesetzt werden (gemäß der Fallbeschreibung). Andere Möglichkeiten zur Behandlung der Hyperkaliämie (zur Senkung des hohen Kaliumspiegels im Blut) sind:

• Verlängern der Hämodialysezeit oder Hinzufügen eines zusätzlichen Hämodialysetages. Die Hämodialyse kann das Serumkalium innerhalb von vier Stunden normalisieren.

• Änderung der Ernährung (durch Ernährungsberatung) durch Einhaltung einer kaliumarmen Diät.

• Verwendung eines Diuretikums wie das derzeit verfügbare Medikament Furosemid.

• Behandlung der chronischen metabolischen Azidose mit einem derzeit verfügbaren Medikament: Natriumbicarbonat.

Die Substitution von Medikamenten liegt im alleinigen Ermessen des behandelnden Arztes.

In der mündlichen Verhandlung gab er bekannt, dass er an Hepatitis C sowie an chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes Melitus Typ ll., chronischer Entzündung der Harnblase, sowie eine Herzinsuffizienz und einer Mittelohrentzündung leide. Nachgefragt teilte er mit, dass er auch an Gastritis leide, deren Ursache unbekannt sei. Bezüglich der Hepatitis C erhielt er in Georgien eine 16-wöchige medikamentöse Behandlung, welche jedoch keinen Erfolg zeitigte. Deswegen müsse die Gallenblase operativ entfernt werden. Bezüglich der Niereninsuffizienz erhält er Dialyse und warte auf eine Nierentransplantation. Nachgefragt gab er an, dass er nicht weiß, ob er auf der Transplantationsliste steht. Betreffend der Harnblase bekam er einen Dauerkatheter. Nachgefragt teilte er mit, dass er nicht wisse, wie lange dieser Katheter verbleibt. Gegen Diabetes Melitus spritze er Insulin, bezüglich der Herzproblematik bekommt er ein Medikament gegen Bluthochdruck und erhält er auch einen Betablocker, wie er dem Richter auf dessen Befragung bekannt gab.

Weiters geht aus dem Befund des XXXX vom 15.02.2024 hervor, dass der BF auch an einer Entzugssymptomatik mit Selbstverletzung bei Drogenkonsum bis Ende Dezember 23 (Methadon und Haschisch) litt. Deswegen wurde er gefragt, ob er derzeit Drogen nehme. Dazu gab er bekannt, dass er in Österreich keine Drogen mehr bekomme. Zur Dauer des Drogenkonsums und der Art der Drogen befragt, teilte er mit, dass er lediglich neun Monate Methadon, bis ca. Dezember 2023, konsumierte, früher hätte er auch Cannabis konsumiert, jedoch nur ein Jahr lang. Weil der BF selbst bekannt gab, dass er wegen Drogendelikten zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt wurde, wurde er an die Wahrheitspflicht erinnert. Dazu führte er aus, dass ihm 2007 und 2015 Heroin untergeschoben worden wäre, weswegen er verurteilt wurde.

 

Zur für den 27.03.2025 terminierten OP teilte er mit, dass es sich dabei um eine Untersuchung wegen der Gallenblase handelt. Dabei soll festgestellt werden, ob eine OP erforderlich ist oder nicht.

Zum ausreisekausalen Gründen befragt, führte er aus, dass er im Jahr 2023 unerwartet in ein Krankenhaus gekommen ist. Im Bauchraum hat sich Wasser angesammelt. Ohne näher auf die gesundheitlichen Aspekte einzugehen, fuhr er jedoch gleich damit fort, dass der Staat für die erste Behandlung nur 70 % übernommen hätte. Die Folgebehandlung hätte er selber zahlen müssen. Die Ärzte hätten ihm eine Lebenserwartung von drei Monaten gegeben, deswegen hat er Georgien verlassen.

In weiterer Folge steigerte der BF sein Vorbringen dahingehend, dass er im Heimatland keine Behandlung erhalten hätte. Sie hätten alle Leiden auf seine Leberprobleme geschoben, wie er weiter ausführte. Entgegnet wurde ihm, dass er am Anfang der Verhandlung bekannt gab, dass er eine Behandlung erhalten habe, bei welcher 70% vom Staat übernommen wurden. Dies beantwortete der BF damit, dass er nur Untersuchungen erhalten habe, dabei wäre die Hepatitis Erkrankung festgestellt worden. Diesbezüglich wäre er jedoch schon behandelt worden. Die Wasseransammlung wurde auf das Leberproblem geschoben und die Nierenproblematik wäre überhaupt nicht erkannt worden. Bezüglich der Leberbehandlung hätte er eine Behandlung bekommen, diese habe aber nicht angeschlagen. Alle anderen Behandlungen würden wohl in Georgien durchgeführt werden, dies sei jedoch sehr teurer. So würden sich die bisherigen Behandlungskosten auf etwa 4.000 Lari belaufen, von denen er 570 Lari selber bezahlen hätte müssen. Hinsichtlich finanzieller Unterstützung hätte er bei der regionalen Bezirkshauptmannschaft angefragt, welche jedoch abgelehnt hätte. Er hätte einen Antrag gestellt, dass er unter der Armutsgrenze lebe, der Antrag wäre ebenfalls abgelehnt worden. Weitere Anträge hätte er nicht eingebracht. Auch ein Invaliditäts- bzw. Behindertenstatus wäre abgelehnt worden. Diesbezügliche Bescheinigungsmittel konnte er nicht vorlegen.

Bevor das Erkenntnis in der Verhandlung mündlich verkündet wurde, wurde dem BF die Feststellung zur Kenntnis gebracht, dass seine vorgebrachten Erkrankungen im Heimatland behandelbar sind. Zu einer Stellungnahme zu dieser Beurteilung befragt, gab er bekannt, dass er den Status nicht habe, dass er kostenlose Untersuchungen etwa Blutuntersuchungen erhalten würde.

Wie bereits ausgeführt, entschloss sich der BF nach umfangreichen Recherchen, dass die weitere Behandlung in Österreich erfolgen soll. Hier ist die Behandlung höherwertiger als in Georgien und vor allem kostenlos. Die diesbezüglichen Ausführungen der rechtsfreundlichen Vertretung sind deswegen nicht beachtlich. Eine Erschöpfung der finanziellen Ressourcen des BF kann fallgegenständlich nicht vorliegen, wenn der Neffe oder Vater, der BF ist sich dabei nicht sicher, eine Landwirtschaft mit zumindest fünf Kühen und fünf Schweinen betreiben, die der BF eben an seine Verwandten überschrieben hat. Hinsichtlich finanzieller Unterstützung gibt er zwar bekannt, dass er Anträge bei der regionalen Bezirkshauptmannschaft gestellt hätte. Bescheinigungsmittel konnte er dessen ungeachtet nicht vorlegen. Auch hat er offensichtlich nicht einmal versucht bei NGO’s Hilfe zu beantragen, sondern reiste nach Österreich um sich hier kostenlos behandeln zu lassen.

II.2.8. Neben der bereits zitierten Anfragebeantwortung, welche vom BFA dem Verfahren zugezogen wurde, ist auch noch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Georgien chron. Hep. C, Leberzirrhose, DLBCL, Kosten für Behandlung und Medikamente“ im gegenständlichen Fall beachtlich.

1. Sind die bezeichneten Krankheiten (chron. Hepatitis C, Leberzirrhose, DLBCL) in Georgien behandelbar bzw. können die erforderlichen Therapien in Anspruch genommen werden?

Zusammenfassung: Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass sowohl Behandlungsmöglichkeiten von Hepatitis C, Genotyp A als auch der anderen angeführten Erkrankungen gemäß der "staatlichen Programme" zur Behandlung von "Patienten mit Suchtmittelkonsum" zur Behandlung von "Patienten mit onkologischem Behandlungsbedarf sowie allfällige Behandlungen von "Patienten durch chirurgische Operationen" jedenfalls gewährleistet sind.

Angemerkt wird, dass die Frage betreffend der Behandlungsmöglichkeiten von Lebezirrhose durch die im Anhang befindlichen AFBs abgedeckt ist (GEOR_RF_MEv-Behandlungskosten Hepatitis B_2017_05_09_K; GEOR_RF_MEV_Leberzirrhose_2Afi_11_09_K; Local doctor via MedCOl (1 9.8.2016): BMA 8517).

Einzelquellen: Der VB des BM.l für Georgien und Aserbaidschan gibt dazu an: Aufgrund der gestellten Anfrage wurde vom zuständigen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mitgeteilt, dass die Behandlung von Hepatitis C, Genotyp A, in Georgien gewährleistet ist. Die dazu erforderlichen Therapien werden ebenfalls, nach vorhergehender Bewilligung durch vom Ministerium eingesetzte Kommissionen, gewährt und können in Georgien durchgeführt werden. Hinsichtlich der Kostenbeteiligungen, bzw. Kostenersatz darf auf die Antwort bei Frage 3 und 4 verwiesen werden.

Betreffend der anderen angeführten Erkrankungen wurde vom zuständigen Ministerium mitgeteilt, dass die entsprechende medizinisch Versorgung gemäß der "staatlichen Programme" zur Behandlung von "Patienten mit Suchtmittelkonsum", zur Behandlung von "Patienten mit onkologischem Behandlungsbedarf', sowie allfällige Behandlungen von "Patienten durch chirurgische Operationen" jedenfalls gewährleistet ist. Hinsichtlich der Kostenbeteiligungen, bzw. allfälliger Kostenersatz darf auf die Antwort bei Frage 3 und 4 verwiesen werden.

VB des BM.t für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mail

2. Sind die angeführten Medikamente oder entsprechende Wirkstoffe in Georgien erhältlich?

Einzelquellen: Der VB des BM.l für Georgien und Aserbaidschan gibt dazu an:

Zu den angeführten Medikamenten wird nachstehendes mitgeteilt:

o Mabthera (Wirkstoff - Rituximab) ist in Georgien registriert und erhältlich (siehe Anhang 1) aber nicht mit der Dosierung von 375mg.

o NaCl 0.9% 1000ml sind in Georgien registriert (siehe Anhang 2).

. 1A Dibondrin (Wirkstoff - Diphenhydramin) ist nach derzeitigem Stand in Georgien nicht registriert und daher nicht zulässig. Gleichzeitig wird eine Liste anderer Medikamente mit demselben Wirkstoff angeführt, die in Georgien registriert und zulässig sind (sieheAnhang 3).

. Mexalen Tbl. 500mg (Paracetamol) ist nach derzeitigem Stand in Georgien nicht registriert und daher nicht zulässig. Gleichzeitig wird eine Liste anderer Medikamente mit demselben Wirkstoff angeführt, die in Georgien registriert und zulässig sind (sieheAnhang 4).

Navoban (Wirkstoff Tropisetron) ist nach derzeitigem Stand in Georgien nicht registriert und daher nicht zulässig. Es gibt in Georgien mit dem angeführten Wirkstoff Tropisetron auch keine anderen Medikamente'

Cyclophosphamid 750mg ist kein einziges pharmazeutisches Produkt in Georgien registriert und zugelassen. Es gibt in Georgien registrierte Medikamente, die denselben Wirkstoff, aber eine andere Dosierung haben (siehe Anhang 5).

Doxorubicin 50mg, ist in Georgien erhältlich. Die entsprechende Liste der registrierten und zugelassenen Medikamente, darunter auch mit der Dosierung 50m9, ist angeschlossen (siehe Anhang 6).

Vincristin 1,4mg, ist in dieser Dosierung in Georgien nicht vorhanden. Eine Liste mit den in Georgien vorhandenen und daher auch registrierten Medikamenten ist angeschlossen (siehe Anhang 7).

Aprednisolon 100mg (Wirkstoff Prednisolon) ist nach derzeitigem Stand in Georgien nicht registriert und daher nicht zulässig. Eine Liste mit Medikamenten die den angeführten Wirkstoff enthalten ist angeschlossen (siehe Anhang 8). Keines der angeführten Medikamente hat aber die Dosierung von 100mg.

Als Zusatzinformation wurde die Web-Seite der staatlichen Regulierungsagentur JPöR (u.a. für Zulassungen von Medikamenten zuständig) auf der sich die Informationen der in Georgien registrierten pharmazeutischen Produkte befinden: http ://pharmacy.moh.gov.ge/

VB des BM.t für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mail

3. Wer trägt die Kosten der Behandlung bzw. der Medikamente?

Einzelquellen:

Der VB des BM.l für Georgien und Aserbaidschan gibt dazu an:

Vom zuständigen Ministerium wurde die Beantwortung der Behandlungskosten wie folgt beantwortet:

o Hepatitis C wird für Personen bei denen bereits eine entsprechende Untersuchung durchgeführt wurde und ein positives Resultat vorliegt, im Rahmen des staatlich vorgesehenen ,,Steuerung von Hepatitis C" - Programms unterstützt. Die anfallenden Kosten für die Behandlungen müssen zu 70 Prozent vom Patienten getragen werden.

o Eine Reduzierung der Behandlungskosten für den Patienten auf 30 Prozent erfolgt nur aufgrund der Verordnung der georgischen Regierung vom 21.02.2013, Nr. 36, über Maßnahmen zum allgemeinen Gesundheitsschutz, wenn die Voraussetzungen von Artikel 2/2 lit. a.a und lit. a. vorliegen.

o Zugleich wurde mitgeteilt, dass die Maßnahmen in Kategorien gruppiert sind und der Kostenersatz nicht höher ist, als in diesen Kategorien festgehalten'.

o Bei Hepatitis C mit HCV RNM (quantitativ, qualitativ Genexpert), oder Hepatitis C mit HCV RNM (Core Antigen) werden die Kosten vollständig vom Staat ersetzt, dies basiert auf einer Regelung die seit 01.12.2017 gültig ist. Ebenfalls wird die quantitative Bestimmung von HCV RNM im Blut mit der PJR - Methode, die zur Einschätzung der Effizienz der Behandlung in der 12. oder 24. Woche nach dem Abschluss der Behandlung durchgeführt wird, zur Gänze vom Staat finanziert.

o Die erforderliche Medikation zur Behandlung von Hepatitis C wird vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt.

Zur Behandlung von Patienten mit Suchtmittelerkrankungen (Drogenabhängigen) wird mitgeteilt, dass die gesetzliche Vorsorge diesbezüglich eine staatlichen Entzug und erstmalige Rehabilitation bei psychischen Verhaltungsstörungen, sowie die Durchführung einer Ersatztherapie und die Versorgung der psychosozialen Rehabilitation vorsieht.

o Patienten mit der Diagnose Lymphom - onkologische Patienten generell, werden gemäß der Verordnung der georgischen Regierung vom 21.02.2013, Nn 36, dahingehend finanziell unterstützt, dass es eine 80-90-100-prozentige Mitfinanzierung gibt, wobei Chemotherapie, Hormontherapie, Strahlentherapie und die mit diesen Therapien verbundenen Untersuchungen und der Vergabe von Medikamenten mit einem Jahreslimit von GEL 12.000,00.- bis GEL 15.000,00 finanziert werden.

Durch diese Verordnung sind planmäßige chirurgische Eingriffe und alle damit verbundenen Laboruntersuchungen, sowie weitere instrumentale Untersuchungen ebenfalls mit einem Kostenersatz durch den Staat von 70-100 Prozent vorgesehen, Jahreslimit beträgt hier GEL 15.000,00.-

VB des BM.l für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mail

4. Sollten die Behandlungen/Therapien oder Medikamente vom Patienten selbst bezahlt werden müssen, wie hoch sind die Kosten?

Einzelquellen:

Der VB des BM.l für Georgien und Aserbaidschan gibt dazu an:

Anfallende Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, können gemäß dem staatlichen Programm zur Abdeckung von Dienstleistungen bei der zuständigen Kommission des Ministeriums, JPÖR, mittels entsprechenden Antrags eingebracht werden und um Kostenersatz ersucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular (Form Nr: lV-100/a) ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des RP oder Pers. Ausweis) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandene Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionist, sozialgeschützte Person, Binnenvertriebene/r, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens 2x im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden.

VB des BM.t für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mail

IOM - International Organization for Migration gibt in seinem Länderinformationsblatt Georgien 2017 an:

Allgemeine Informationen: Georgien bietet ein staatlich finanziertes, Gesundheitssystem an. Dieses umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

.offen für alle Staatsbürgerlnnen, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

.stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

.Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie lnsulin für Diabetespatienten

.Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

.Kosten, abhängig von der Krankheit, für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren werden teilweise gedeckt

.Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit

.lnformationen über Anbieter finden sich hier: http://cloud.moh.gov.ge/Default . aspx?languagePair=en-US

Unterstützung:

Die Kosten bei Behandlungen von ambulanten Patienten werden zu 1O0 % übernommen. Behandlungen durch spezialisierte Arzte nach Überführung durch Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70o/o), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL), Geburten (bis zu 500GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800GEL).

Kosten:

Werden die Kosten nicht zu 100% übernommen, dann müssen Patienten für die restlichen Kosten aufkommen. Für Rentnerlnnen zahlt der Staat monatlich zusätzlich 100GEL für 3 Monate. Die Erstattung erfolgt durch Bürgerämter.

Medizinische Einrichtungen und Arzte: Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürgerlnnen zu jeder Zeit und jede Klinik aufsuchen. Die Leistungen müssen dann jedoch bezahlt werden. Es ist sehr zu empfehlen, im Vorfeld einen Termin zu vereinbaren. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin möglich. Dennoch muss mit langen Wartezeiten gerechnet werden.

Zusammenfassend kann sohin festgehalten werden, dass sämtliche für den BF erforderlichen Behandlungen in Georgien verfügbar sind und ist die weitere Kontrolle des BF gewährleistet ist. Auch erfüllt der BF die Voraussetzungen für die Übernahme der Gesundheitsausgaben durch den Staat, indem er die georgische Staatsbürgerschaft besitzt und wohl ein monatliches Einkommen von weniger als 1 .000 Lari hat. Zudem wird er in die Kategorie der sozial schwachen Menschen fallen (eine Punktzahl zwischen 70.000 und 100.000 im Punktsystem des georgischen Ministeriums für Binnenvertriebene aus den besetzten Gebieten, Gesundheit, Arbeit und Soziales).

Weil, wie bereits ausführlich erörtert, der Gesundheitszustand umfassend festgestellt wurde und die erforderlichen Behandlungen und Medikamente bzw. Wirkstoffe in Georgien erhältlich sind, kann auch dem Antrag auf Erstellung eines Gutachtens durch einen medizinischen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin nicht nachgekommen werden, zumal keine Sachverhaltsrelevanz vorliegt.

II.2.9. Die Erkrankung des BF wurde vom Bundesamt anhand der beigebrachten medizinischen Schriftstücke berücksichtigt und auch im angefochtenen Bescheid festgestellt und gewürdigt. Auch bleibt hinsichtlich der medizinischen Versorgung in Georgien festzuhalten, dass diese grundsätzlich für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet ist. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. XXXX ist ca. 60 km von Tiflis entfernt, in Tiflis selbst wohnen beide Töchter des BF.

Hinsichtlich der Monierung der rechtlichen Vertretung, dass die Behandlungen und Medikamente in Georgien nicht bzw. nicht in dieser Qualität erhältlich sind, sind folgende Überlegungen maßgeblich: wie bereits erörtert, bleibt nochmals festzuhalten, dass in Georgien die Behandlung der Leiden des BF möglich und die benötigten Medikamente verfügbar sind. Zudem hat nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Den Länderinformationen ist ferner zu entnehmen, dass die Kosten zu 80 % in Georgien abgedeckt sind.

Zudem steht auch nach wie vor der Erlass des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N in Geltung. Im Rahmen dieses Erlasses wird die die Einfuhr von bestimmten Medikamenten und Heilmitteln und deren Mengen geregelt und auch tatsächlich nach nachstehenden Kriterien ermöglicht:

a) Ohne eine entsprechende medizinische Dokumentation für den individuellen Bedarf einer natürlichen Person dürfen nicht mehr als zehn Standardpackungen eingeführt werden. Hinsichtlich der Verwendung und Wirkung des betreffenden Medikaments erfolgt dies „auf eigene Verantwortung“

b) Sollte eine natürliche Person georgischer Staatsbürger Medikamente / Heilmittel in Standardpackung, einer größeren (mehr als 10) Zahl benötigen, kann das notwendige Medikament / Heilmittel entsprechend einer vorliegenden medizinischen Dokumentation mit der Auflistung / Berechnung der notwendigen Tagesdosis eingeführt werden. (VB des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail)“.

Aus diesen Gründen kann keine Verletzung der Art 2 und 3 dem EMRK festgestellt werden. Zudem ist anzuführen, dass sich auch das Gesundheitssystem in Georgien kontinuierlich verbessert und erweitert und auch die dort praktizierenden Ärzte im Rahmen des hippokratischen Eides auf die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Patienten achten und das Bestmögliche tun werden.

Den Länderinformationen zu Georgien ist weiters zu entnehmen, wie sich der Zugang zur medizinischen Behandlung, besonders für Rückkehrer gestaltet:

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden. Weil der BF georgischer Staatsbürger ist, ist er automatisch versichert und muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufsuchen.

Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Der BF ist jedenfalls in der Lage ist, eine Klinik aufzusuchen.

Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis. Der BF ist im Besitz eines gültigen Reisepasses.

Daher ist dem BF der Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung nicht nur grundsätzlich, sondern auch tatsächlich möglich. Der BF erfüllt alle Kriterien für den Zugang zu den entsprechenden Behandlungsmöglichkeiten bei einer Rückkehr. Auch kann für Behandlungskosten, welche von Patienten selbst getragen werden müssen, bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden, wie den Länderinformationen zu entnehmen ist. Dass der BF einem realen Risiko ausgesetzt wäre, unter qualvollen Umständen zu sterben, ergibt sich in diesem Fall nicht.

Es wird auch angemerkt, dass der BF während des Rücktransfers in sein Heimatland bei Bedarf ärztliches Beisein zur Verfügung gestellt werden kann. Bei einer Abschiebung nach Tiflis ist jedenfalls eine adäquate ärztliche Behandlung des BF realistisch und durchführbar. Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass der BF im Herkunftsstaat für den Fall einer Rückkehr jedenfalls adäquat behandelt werden kann und demnach für den Fall einer Rückkehr in keine lebensbedrohende Situation geraten würde. Eine fehlende Behandlungsmöglichkeit in Georgien liegt – wie umfassend dargelegt – jedenfalls nicht vor.

II.2.10. Die wirtschaftliche Lage stellt sich für den BF bei einer Rückkehr nach Georgien ausreichend gesichert dar. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen und deren Aufenthalt ergeben sich aus den Angaben des BF im Asylverfahren. Wie den Feststellungen entkommen werden kann, leben in Tiflis seine beiden Töchter, in XXXX noch sein Vater und ein Neffe. Weiters halten sich noch Tanten und Onkeln, sowie Cousinen und Cousins in Georgien auf. Der BF hat zu seinen Verwandten Kontakt. Der Vater ist Pensionist und betreibt gemeinsam mit dem Neffen des BF eine Landwirtschaft mit fünf Kühen und fünf Schweinen. Auch gab er bekannt, dass er noch zahlreiche Freunde und Bekannte hat. Es ist davon auszugehen, dass der BF von der Verwandtschaft in Georgien unterstützt wird. So lebte der BF eigenen Angaben zu Folge mit seinem Vater bis Ende 2023 im Haus des Neffen. Ebenso durfte der BF bei seiner Schwägerin und seinem Cousin einige Male kostenlos essen. Es kann nicht ersehen werden, weshalb der BF nunmehr keine Unterstützung durch seine im Heimatland lebenden Familienangehörigen erhalten sollte.

Für den Fall einer Rückkehr ist demnach nicht davon auszugehen, dass dem BF seine Lebensgrundlage entzogen wäre. Vielmehr hat er in Georgien familiären Anschluss und steht ihm die Rückkehr in seinen Familienverband unverändert offen. Laut Länderinformationen gibt es in Georgien zudem für Familien, welche unter der Armutsgrenze leben, die Möglichkeit, um Sozialhilfe anzusuchen.

Gemäß § 52a BFA-VG kann auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für den Neubeginn in der Republik Georgien gewährt werden. Rückkehrerinnen werden auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage vom ersten Informationsgespräch bis zur tatsächlichen Rückreise in einer Einrichtung beraten, begleitet und umfassend unterstützt. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist darüber hinaus eng verbunden mit der Schaffung von Überlebensgrundlagen im Herkunftsstaat. Abgestimmt auf die individuelle Situation der Rückkehrenden sind verschiedene Formen der Unterstützung notwendig bzw. möglich:

Schaffung des Zugangs zu Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten; Beschaffung von Arbeitsgeräten; Vermittlung zu den Hilfsorganisationen im Heimatland; finanzielle Unterstützung. Durch den Aufbau eines Netzwerkes von Kontakten zu Hilfsorganisationen in den jeweiligen Rückkehrländern soll der Neubeginn der rückkehrenden, in der Regel entwurzelten Menschen während der Anfangsphase erleichtert werden (vgl. hierzu www.verein-menschenrechte.at und www.caritas.at/return ).

Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD –bieten ebenfalls Unterstützung an.

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

- Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

- Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

- Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

- Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

- Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

- Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) – Kakheti

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen – gültig für das gesamte Staatsgebiet:

- Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

- Finanzierung einkommensschaffender Projekte

- Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten

- Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

Im staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.). Der BF erfüllt daher die Voraussetzungen für die Teilnahme an diesem staatlichen Programm.

In diesem Zusammenhang darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der rechtsfreundlich bzw. durch eine im Asyl- und Fremdenwesen versierte Organisation vertretene BF im Rahmen der ihm bekannten Obliegenheit zur Bescheinigung seines Vorbringens keinen einzigen Beleg über das Nichtvorhandensein von Wohnmöglichkeiten in Georgien vorlegte.

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die allgemeinen, wenn auch in der Regel insgesamt unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Traditionell bietet der Familienverband eine soziale Absicherung. Internationale Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), bieten Beratung und finanzielle Unterstützung für Rückkehrer an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbstständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen. Die georgische Regierung stellt sich zunehmend den Problemen von Rückkehrern (AA 26.5.2023).

Das staatliche Programm zur Reintegration von Rückkehrern sieht die Unterstützung des Reintegrationsprozesses georgischer Staatsbürger, die aus der Emigration zurückkehren, vor. Das Programm sieht die Bereitstellung von Zuschüssen, Berufsausbildung, medizinischer Hilfe und vorübergehendem Wohnraum zur Schaffung einer Einkommensquelle und zur Förderung der Selbstständigkeit vor. Teilnahmeberechtigt sind georgische Staatsbürger (oder staatenlose Personen, die dauerhaft in Georgien leben), welche sich seit mehr als 12 Monaten unrechtmäßig im Ausland aufhalten oder im Ausland Asyl beantragt oder erhalten haben (GDA n.d).

IOM bietet Rückkehrern Unterstützung im Rahmen des AVRR-Programms an (Assisted Voluntary Return and Reintegration). Im Rahmen von Programmen zur unterstützten Rückkehr erhalten Migranten administrative, logistische und finanzielle Unterstützung (IOM o.D.).

Auch aufgrund des ergänzendem Ermittlungsverfahren und im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergab sich keine andere Einschätzung des Sachverhaltes, wie dies bereits vom Bundesamt aufgezeigt wurde.

Der BF verfügt über ein weitreichendes verwandtschaftliches und soziales Netz, welches ihn bei der Existenzsicherung unterstützen kann. Der BF steht zudem in Kontakt zu den Verwandten in Georgien. Unterkunftsmöglichkeiten stehen den BF, wie schon vor der Ausreise, in der ehelichen Wohnung, zur Verfügung. Neben der staatlichen Sozialhilfe kann auch vom österreichischen Staat Rückkehrhilfe gewährt werden. Auch internationale Organisationen bieten für Rückkehrer Unterstützung an.

Das BVwG geht daher zusammenfassend davon aus, dass der BF – wie auch von ihm bekannt gegeben – aus rein gesundheitlichen Motiven heraus sein Heimatland verlassen hat. Das Vorbringen hinsichtlich der Kreditgewährung, Schussabgabe und Verletzung durch einen Messerstich, wurde als nicht glaubhaft beurteilt, wie umfangreich erörtert wurde. Zusammenfassend ist zum Vorbringen auszuführen, dass das erkennende Gericht zur Überzeugung gelangte, dass in den Angaben des BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren. Dazu ist grundsätzlich in diesem Zusammenhang auszuführen, dass etwaige wirtschaftliche oder private Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen.

II.2.11. Die Monierungen in der Beschwerde sind unbeachtlich, weil das Bundesamt das Vorbringen und den Gesundheitszustand des BF ausreichend und umfangreich gewürdigt und abgeklärt und somit die gebotene Tiefe mehr als erfüllt hat. Die Erkrankungen, die damit verbundenen Kontrolluntersuchungen und benötigten Medikamente des BF sind in Georgien erhältlich, wie bereits umfangreich ausgeführt wurde. Auch können benötigte und nicht vorrätige Medikamente im Rahmen des Erlasses des Gesundheitsministeriums vom 15.Juni 2011, No:01 31/N eingeführt werden, weswegen eine adäquate Behandlung des BF gewährleistet ist.

Jede Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts stellt zudem eine Einzelfallentscheidung mit Prüfung des konkreten Sachverhalts dar, sodass keine Bindungswirkungen zu anderen Entscheidungen bestehen. Genauso würden auch Ausführungen zu abgeschobenen Personen, welch eine Verschlechterung des Zustandes in Georgien erfahren hätten, keine Relevanz entfalten. Derartige Umstände wären weder belegt, noch auf den jeweiligen Einzelfall zu übertragen.

Der BF verließ Georgien aus rein gesundheitlichen Gründen, ohne jedoch einer asylrelevanten individuellen Gefährdung ausgesetzt gewesen zu sein.

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372 mwN).

Nach der geltenden Rechtslage wäre eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde; dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

II.2.12. Der BF ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in der Lage, sein Auskommen im Herkunftsstaat zu bestreiten, so war er auch trotz seiner Leiden bis kurz vor der Ausreise in der familiären Landwirtschaft beschäftigt. Dass die Wirtschaftslage in Georgien derzeit unzureichend sein mag, stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Anbetracht des persönlichen Profils des BF und der bestehenden Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat keine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet auch nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 17.09.2019, Ra 2019/14/0160).

 

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Dass Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A)

II.3.2.Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten

II3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) …

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

...“

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen war.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

II.3.2.2. Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (in etwa VwGH vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731; vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre überhaupt fraglich, ob unter solchen Umständen noch von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (vgl. VwGH vom 20.05.2015, Zl. Ra 2015/20/0030 und vom 10.08.2017, Zl. Ra 2017/20/0153).

Die StatusRL 2011/95/EU sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH vom 16.11.2016, Zl. Ra 2016/18/0233).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 und vom 01.09.2005, 2005/20/0357).

II.3.2.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:

Es ist festzuhalten, dass der BF keine Fluchtgründe ins Treffen führte, die auf eine persönliche Verfolgung im Herkunftsland im Sinne der GFK, mithin aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung schließen lassen.

Auch eine Verfolgung durch staatliche Behörden bzw. dass eine solche Verfolgung durch staatliche Behörden drohen würde, wurde vom BF nicht in substantiierter Weise behauptet oder belegt und verneinte er eine solche vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung zudem dezidiert.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft, wobei als zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ erachtet wird. Diese ist dann gegeben, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist.

II.3.2.4. Wie im gegenständlichen Fall aber bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war das Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund, demnach die Erkrankung zwar glaubwürdig, ein Asylgrund kann dementsprechend von vornherein jedoch ausgeschlossen werden. Das Vorbringen hinsichtlich der Kreditgewährung, Schussabgabe und Verletzung durch einen Messerstich, wurde als nicht glaubhaft beurteilt, wie umfangreich erörtert wurde. Aber selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens würde eine Schutzgewährung ausscheiden. Der BF behauptet, durch Privatpersonen verfolgt zu werden, eine staatliche Verfolgung wurde zu keiner Zeit behauptet.

Im gegenständlichen Fall gelangt das Bundesverwaltungsgericht aus oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörterten Gründen zum Ergebnis, dass der BF keiner individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt war oder im Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre, sodass internationaler Schutz nicht zu gewähren ist. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

Bezüglich der Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder unruhebedingten Lebensbedingungen zurückzuführen sind, bleibt festzuhalten, dass diese keine Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetzes darstellen, da alle Bewohner gleichermaßen davon betroffen sind.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass bestehende schwierige Lebensumstände allgemeiner Natur hinzunehmen sind, weil das Asylrecht nicht die Aufgabe hat, vor allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die etwa in Folge des Krieges, Bürgerkrieges, Revolution oder sonstiger Unruhen entstehen, ein Standpunkt den beispielsweise auch das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft in Punkt 164 einnimmt (VwGH 14.03.1995, Zl. 94/20/0798). Die Beschwerdeführer sind außerdem sunnitischen und schiitischen Glaubens, sie haben demnach im Fall einer Rückkehr insbesondere keine Schwierigkeiten aufgrund ihres Religionsbekenntnisses zu befürchten.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.

der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.

  

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 … zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.…“

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den „Herkunftsstaat“ des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.“

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffenen Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss ein BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen. Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind, und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts im Sinn des Art. 15 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solch innerstaatlich bewaffneter Konflikt kann überdies landesweit oder regional bestehen, er muss sich mithin nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (VG München 13.05.2016, M 4 K 16.30558).

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH U. 17.02.2009, C-465/07). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen: ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt jedoch nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; EGMR U 20.07.2010, N. gegen Schweden, Nr. 23505/09; U 13.10.2011, Husseini gegen Schweden, Nr. 10611/09). Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad). Die bloße Möglichkeit einer den betreffenden Bestimmungen der EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).

Im Hinblick der Gefahrendichte ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die der Beschwerdeführer typischerweise zurückkehren wird. Zur Feststellung der Gefahrendichte kann auf eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung zurückgegriffen werden. Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (dt BVerwG 17.11.2011, 10 C 13/10).

Dessen ungeachtet sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch dann abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (§ 8 Abs. 3 AsylG 2005).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen im Übrigen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Georgien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch der BF selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Georgien jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Zu den gesundheitlichen Leiden des BF bleibt festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier auf die Entscheidung SALKIC and others against Sweden (Application no. 7702/04) hingewiesen, wo die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina bejaht wurde, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig unterliegt.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005 (Appl. 1383/04), wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden hat und der selbstmordgefährdet war, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes „real risk“.

Aufgrund der hier vorliegenden Krankheitsbilder ist jedenfalls nicht ableitbar, dass eine Überstellung nach Georgien zu einer Beeinträchtigung des gesundheitlichen Zustandes des BF führt, womit keine Verletzung von Art 3 EMRK gegeben ist.

Es liegt aktuell auch beim BF keine derartige Erkrankung vor, welche das Risiko bergen würde, im Falle der Rückkehr unter qualvollen Umständen in Georgien zu sterben. Es gibt in Georgien und in speziell in Tiflis auch wie in der Beweiswürdigung bereits ausführlich erörtert ausreichend Behandlungsmöglichkeiten. Es kann zwar eventuell mit einer Verschlechterung des persönlichen Zustandes des BF gerechnet werden, diese ist jedoch nicht unwiederbringlich oder derart gravierend, dass eine Abschiebung unzulässig zu erklären oder subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. In Georgien sind nach wie vor zahlreiche Verwandte des BF aufhältig, welche ihn bei der Rückkehr unterstützen werden, wie sie das schon vor der Ausreise taten. Neben den Möglichkeiten, Sozialleistungen zu beziehen, steht dem BF damit auch ein Netz von Verwandten zur Verfügung, welche zur Finanzierung der etwaig teilweise kostenpflichtigen Behandlung beitragen können. Zudem ist es dem BF zumutbar (neuerlich) einen Behinderten- bzw. Invaliditätsstatus sowie bei staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen um Unterstützung anzusuchen, wenngleich der BF unbescheinigt behauptet, dass ihm der Behindertenstatus, wie auch bei der regionalen Bezirkshauptmannschaft Anträge abgelehnt wurden.

Aufgrund der hier vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung mag zwar nicht entgegengetreten werden, als hieraus ableitbar ist, dass die Gesundheitsversorgung nicht kostenlos und nicht auf gleichem Niveau wie in Österreich gewährleistet ist, eine Überstellung nach Georgien führt jedoch nicht zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK.

Dem BF steht es frei, das wenngleich nicht auf gleichem Niveau befindliche Sozialsystem in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass es dem BF freisteht, auch finanzielle oder anderweitige Unterstützung im Heimatland in Anspruch zu nehmen.

Im vorliegenden Fall konnte seitens des BF keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Georgien belegt werden, welche die Notwendigkeit weiterer Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts notwendig machen würden.

Im gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass der BF vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Georgien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens des BF beschriebenen und diagnostizierten Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktische Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person des BF gelegenen Umständen belegen würden, kamen nicht hervor.

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN). Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiter festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört er keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

II.3.3.3. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.

Weder droht dem BF im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen, sodass der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu Recht abgewiesen wurde.

 

II.3.4 Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.“

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017 aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel “Daueraufenthalt – EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

II.3.4.2. Der gegenständlich in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargelegt.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

II.3.4.4. Der BF hält sich seit 31.12.2023 im Bundesgebiet auf. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet hält sich ein Taufpate des BF auf, es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Der BF besucht einen Deutschkurs, er ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Der BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig. Zu österreichischen Freunden befragt, gibt er zwei männliche Vornamen bekannt.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, sondern allenfalls einen solchen in das Privatleben.

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der geltenden Judikatur Folgendes:

- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Der BF ist seit 31.12.2023 in Österreich aufhältig. Er reiste legal aus Georgien auf dem Luftweg aus und in das Bundesgebiet ein. Weil er aber im Bundesgebiet von der Grundversorgung lebt, wurde die Einreise rechtswidrig und konnte der BF seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätte er diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre er rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.

- das tatsächliche Bestehen eines Privatlebens:

Der BF verfügt über keine privaten Anknüpfungspunkte.

- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens

Der BF begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert war. Auch war der Aufenthalt des BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass der BF nicht gezwungen ist, nach einer Ausreise allenfalls bestehende Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN).

- Grad der Integration

Der BF ist erst sehr kurz in Österreich aufhältig, hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und war im Asylverfahren nicht in der Lage, seinen Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Im Bundesgebiet hält sich ein Taufpate des BF auf, es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis. Der BF besucht einen Deutschkurs, er ist in keinen Vereinen oder Organisationen Mitglied und leistet keine ehrenamtlichen Tätigkeiten. Unterstützungsschreiben oder Verpflichtungserklärungen wurden nicht eingebracht. Der BF ist für keine Personen im Bundesgebiet sorgepflichtig. Zu österreichischen Freunden befragt, gibt er zwei männliche Vornamen bekannt.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen- Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

- Bindungen zum Herkunftsstaat

Der BF verbrachte annähernd sein gesamtes Leben in Georgien, wurde dort sozialisiert, bekennt sich zum dortigen christlich-orthodoxen Glauben und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. In Tiflis leben seine beiden Töchter, in XXXX noch sein Vater und ein Neffe. Weiters halten sich noch Tanten und Onkeln, sowie Cousinen und Cousins in Georgien auf. Der BF hat zu seinen Verwandten Kontakt. Der Vater ist Pensionist und betreibt gemeinsam mit dem Neffen des BF eine Landwirtschaft mit fünf Kühen und fünf Schweinen.

Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

- strafrechtliche Unbescholtenheit

Der BF ist bislang strafrechtlich unbescholten.

Diese Feststellung stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

- die Frage, ob das Privatleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren

Dem BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass sein Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist.

- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer

Ein derartiges Verschulden kann der Aktenlage nicht entnommen werden.

 

- Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf den BF

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass –wie bereits mehrfach erwähnt- gem. § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs. 2 leg. cit. genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für einen BF grundsätzlich nicht mehr möglich, den Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass der BF gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung ihres Aufenthaltes vom Inland aus offensteht, sodass sie mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der BF somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des BF unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man – wie die Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

Weiter wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.4.6. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der vom BF in seinem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht ansatzweise erkennbar. Der BF hält sich im Vergleich zu seinem Lebensalter erst einen sehr kurzen Zeitraum in Österreich auf. Eine über das normale Maß hinausgehende gesellschaftliche Integration ist nicht erkennbar. Der BF hat nahezu sein gesamtes Leben in Georgien verbracht und wurde dort sozialisiert. Es ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen Beziehungen zum Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Georgien eine – wenn überhaupt vorhandene – Integration in Österreich bei weitem überwiegen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

II.3.5. Abschiebung

II.3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Gemäß § 50 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Im gegenständlichen Fall sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden bzw. werden hierzu bereits an entsprechend passenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses Ausführungen getätigt, welche die in § 50 Abs. 1 und 2 FPG erforderlichen Subsumtionen bereits vorwegnehmen.

Eine im § 50 Abs. 3 FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

II.3.5.2. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

Dass besondere Umstände, die die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidungen geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen bereits festgehalten, dass es sich bei den in § 55 Abs. 2 und 3 FPG genannten „besonderen Umständen“, die gegebenenfalls im Rahmen der gebotenen Abwägung zu einer Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise über 14 Tage hinaus führen können, ohnehin nur um solche handeln kann, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind (VwGH vom 31.07.2020; Ra 2020/19/0252; vgl. VwGH 20.2.2014, 2013/21/0114; vgl näher zu der nach § 55 FPG zu setzenden Frist VwGH 16.5.2013, 2012/21/0072, mwN).

Im Hinblick darauf, dass das Gesetz bei der Verlängerung der in einer Rückkehrentscheidung festgelegten Ausreisefrist ebenfalls auf die "Regelung der persönlichen Verhältnisse" abstellt und die (Verlängerung der) Ausreisefrist auch der Sache nach i.W. dieselbe Zielrichtung hat wie der Durchsetzungsaufschub, ist die erwähnte Rechtsprechung auch bei der Auslegung des§ 55 Abs. 2 und 3 FPG einzubeziehen. Demnach muss es sich bei den in diesen Bestimmungen genannten "besonderen Umständen" um solche handeln, die bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Organisation der freiwilligen Ausreise zu berücksichtigen sind.

Vor diesem Hintergrund ist § 55 Abs. 2 und 3 FPG auszulegen und zu beurteilen, ob im jeweiligen Einzelfall besondere Gründe im genannten Sinn, welche die Einräumung einer mehr als 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise notwendig machen, gegeben sind. Dabei ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Weiters ist zu beachten, dass es sich bei den Gründen, die eine Verlängerung der Ausreisefrist rechtfertigen können, schon definitionsgemäß um vorübergehende Umstände handeln muss; ihre Beseitigung bzw. ihr Wegfall muss absehbar sein.

II.3.5.3. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.5.4. Da auch alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, waren die Beschwerden auch gegen diese Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

 

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, der hier vertretenen Zurechnungstheorie und den Anforderungen an einen Staat und dessen Behörden, um von dessen Willen und Fähigkeit, den auf seinem Territorium aufhältigen Menschen Schutz vor Übergriffen zu gewähren ausgehen zu können, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht. Entsprechende einschlägige Judikatur wurde bereits zitiert.

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