BVwG L518 2177850-1

BVwGL518 2177850-16.2.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L518.2177850.1.00

 

Spruch:

L518 2174672-2/12E

 

L518 2174670-2/12E

 

L518 2177850-1/12E

 

L518 2177848-1/11E

 

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 13.12.2017 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, vertreten durch RA Dr. Blum, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2017, Zlen XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.12.2017, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, §§ 46, 53 FPG 2005 und § 18 Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 19.01.2015 (bP 1, bP 2 und bP 4) bzw. am 28.05.2015 (bP 3) bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und Eltern der minderjährigen bP 3 und bP 4.

 

I.2. Die bP 1 und bP 2 wurden zu den Anträgen einer Erstbefragung vor Organen der öffentlichen Sicherheit unterzogen.

 

Am 08.09.2017 langte eine Stellungnahme zur Erstbefragung ein.

 

In weiterer Folge wurden die bP 1 und bP 2 am 18.09.2017 vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

 

Zusammengefasst brachten die bP vor, dass die bP 2 erfahren habe, dass sie eine russische Mutter habe bzw. adoptiert worden sei. Die leibliche Mutter habe gedroht, dass wenn die bP 2 nicht zu ihr nach Russland geht, die bP 1 umgebracht werde. Die bP 2 habe Nachforschungen zu ihrer Adoption angestellt. Die bP 1 könne darüber hinaus nicht mehr zurück, da sie unentschuldigt vom Dienst (Militär / Polizei) fern geblieben sei.

 

Die bP legten erstinstanzlich Schulzeugnisse der Kinder, Unterstützungsschreiben aus der Schule, Unterlagen zu den Vereinsaktivitäten der Kinder, Fotos zur Beschäftigung des Vaters sowie zu den gesellschaftlichen Aktivitäten der bP, einen georgischer Veteranenausweis, ausgestellt von der Abteilung für Veteranenangelegenheiten, diverse Unterstützungserklärungen für die Familie, Ausbildungsnachweise, Arbeitsnachweise (Bestätigungen, Dienstzeugnisse, etc.) und Deutschkursbestätigungen vor.

 

Für die minderjährigen bP wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

 

I.3. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgiengemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

 

Gem. § 53 FPG wurde in Bezug auf die bP ein Einreiseverbot für die Dauer von 4 Jahren erlassen.

 

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

 

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP 1):

 

"Sie haben keine Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftslandes vorgebracht, die erkennen lassen, dass Sie in Georgien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliegen.

 

Ihrem Vorbringen, Ihre Gattin hätte Probleme mit einer Frau namens XXXX , die behauptet hätte, deren leibliche Mutter zu sein und von der Sie und Ihre Gattin verfolgt und bedroht wären, wird seitens der Behörde insofern geglaubt, als nicht ausgeschlossen wird, dass Ihre Gattin möglicherweise als Säugling widerrechtlich vom Personal des Spitals ihrer Geburt von ihrer leiblichen Mutter getrennt und zur Adoption freigegeben wurde. Nicht geglaubt wird, dass Sie bzw. Ihre Gattin mit dem Umbringen durch deren leibliche Mutter bedroht worden wären und die einzige Alternative für Sie und Ihre Familie die Flucht gewesen wäre. Sie gaben an, Ihre Gattin hätte einen Anruf von einer Frau namens XXXX erhalten, welche die leibliche Mutter Ihrer Gattin sei. Diese Aussage widerspricht den Angaben Ihrer Gattin im Kern, da diese bei der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben hat, sie wäre von einer Frau angerufen worden, welche ihr gesagt hätte, dass sie nicht Anna wäre, sondern mit richtigem Namen XXXX hieße. Ein und denselben Namen einerseits für den Verfolger und andererseits für die verfolgte Person anzugeben, ist ein dergestalt eklatanter Widerspruch, der die gesamte Fluchtgeschichte unglaubhaft erscheinen lässt. Auch dass Sie als Polizist, in dem Wissen dass es sich auch in Georgien bei Menschenhandel um eine Straftat handelt, dieses Vergehen nicht angezeigt haben wollen, lässt die Fluchtgeschichte als erfunden erscheinen. Ein weiterer Nachweis, dass es sich um eine erfundene Fluchtgeschichte handelt, ist das Faktum, dass Sie und Ihre Gattin, obwohl angeblich mit Tötung bedroht, Ihre gemeinsame Tochter im Herkunftsstaat zurückgelassen haben, angeblich an sicherer Stelle bei Ihren Eltern. Ein möglicher Verfolger würde zuallererst im unmittelbaren Umfeld der Familie versuchen, ein Druckmittel gegen den Verfolgten zu finden. Kein Druckmittel ist größer, als über das Kind Druck auf den Verfolgten auszuüben. Auch die Drohung, Sie und Ihre Gattin töten zu wollen, würden diese nicht mit Ihrer leiblichen Mutter ausreisen, ist unglaubwürdig, würde doch für diese die Gesamtsituation unverändert bleiben. Auch, dass diese von Ihrer Gattin verlangt ohne Ihre Kinder mit ihr zu kommen, erscheint unglaubwürdig. Sollten ihr Ihre Gattin derart wichtig sein, so würde dies doch auch auf Ihre Kinder, somit die Enkelkinder Ihrer leiblichen Mutter zutreffen. Ihren Angaben dass Sie, selbst Polizist, im Wissen, dass es sich bei der ganzen Geschichte um eine auch in Georgien strafbare Handlung handeln würde und Sie trotz dieser Kenntnis, von einer Anzeige bei den zuständigen Behörden abgesehen hätten und somit sogar eine Verletzung Ihrer Dienstplichten riskiert hätten wird kein Glauben geschenkt, gab doch Ihre Gattin bei deren Einvernahme vor dem Bundesamt an, Sie hätte Anzeige bei der Polizei erstattet, diese wäre jedoch untätig geblieben. Es wäre Ihnen doch, wäre es Ihnen und Ihrer Gattin wirklich wichtig erschienen, dass die Anzeige weiterverfolgt wird, möglich gewesen, bei Ihren Kollegen dahingehend zu intervenieren. Auch dass Sie und Ihre Gattin bedroht wären, Ihre Kinder, Ihre Schwiegermutter als Mitverursacherin der gegenwärtigen Situation und der Rest der Familie nach wie vor völlig unbehelligt im Herkunftsstaat leben kann, ist weiterer Hinweis, dass Ihre Fluchtgeschichte erfunden ist.

 

Wohlbegründete Furcht ist seitens der Behörde auch deswegen nicht erkennbar und unglaubhaft, als bezugnehmend auf Ihr Berufsleben, von Ihnen angegeben wurde, Sie wären vier Jahre Berufssoldat gewesen und hätten während dieser Zeit einen Afghanistan Einsatz absolviert. Daran anschließend wären Sie bis zu Ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat Polizist gewesen. Kernaufgabe eines Soldaten in einer UN Friedensmission ist es, dem Auftrag der militärischen Führung gemäß, Schutzbefohlenen Schutz und Hilfe zu gewährleisten. Die Aufgabe eines Polizisten besteht unter anderem darin, Menschen vor strafbaren Handlungen bzw. Übergriffen zu schützen. In beiden Arbeitsumgebungen mussten Sie zur Aufgabenerfüllung ausgebildet werden und entsprechende Leistungserfüllung erbringen. Wenn sie zwei Berufe angeben, deren Kernaufgabe der Schutz von Menschen zur Gewährleistung körperlicher und seelischer Unversehrtheit ist, ist es absolut unglaubhaft, dass Sie fernmündlich ausgesprochene Drohungen derart in Furcht versetzen, dass von wohlbegründeter Furcht, die Ihnen keine Maßnahme als sofortige Flucht aus dem Herkunftsstaat möglich war.

 

Ihr Fluchtweg ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass es Ihnen nicht um Schutz vor Verfolgung gegangen ist. Sie sind bis Sarpi Georgien, an der türkischen Grenze gereist und haben dort den Schlepper getroffen. Sie hätten nur die Grenze in die Türkei passieren müssen und wären vor Ihren angeblichen Verfolgern in Sicherheit gewesen. Georgischen Staatsbürgern ist die Einreise in die Türkei Ihren Angaben zufolge problemlos möglich. Da es sich bei der angeblichen Verfolgerin um eine russische Staatsbürgerin handelt, wie sie und Ihr Gatte unwidersprochen angegeben haben, ist dieser die Einreise in die Türkei unter wesentlich schwierigeren Bedingungen möglich. Besteht doch für russische Staatsbürger, wie über die Web-Site der türkischen Botschaft in Wien abrufbar, nicht wie für viele Staaten die Möglichkeit die Ausstellung eines E-Visums, sondern müssen diese ein Visum im Normverfahren beantragen. Und obwohl die Türkei fast zehnmal größer ist als Österreich und fast das Zehnfache an Einwohnern hat, gaben Sie an, sich dort nicht vor Verfolgung geschützt zu fühlen, während Ihre zurückgelassene Tochter Ihren Angaben zufolge, sogar in Georgien ohne Gefährdung gewesen ist.

 

Sie konnten auch keine asylrelevante Verfolgung iSd Gründe der GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, festgestellt werden."

 

In Bezug auf die weitern bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

 

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgientraf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

 

I.3.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 [1] 1 BFA-VG).

 

I.4. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde unrichtig sei und die Behörde ihre Ermittlungspflichten verletzt habe. Es wurde unter anderem der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt sowie das Einreiseverbot ersatzlos aufzuheben. Die bP seien unbescholten und sei im Bescheid nicht festgestellt worden, dass die bP eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wären. Es sei auch keine entsprechende Gefährdungsprognose durchgeführt worden.

 

Mit der Beschwerde wurden eine Aussage des Vaters des bP 1, eine Adoptionsurkunde und weitere Unterlagen zur Adoption, eine notariell beglaubigte Erklärung samt Übersetzung über Anrufe und Fragen nach der bP 2 von der aufziehenden Mutter, allgemeine Videos und Berichte zu illegalen Adoptionen in Georgien, Deutschkursteilnahmebestätigungen, Gewerbeanmeldung bP 2, Unterstützungserklärungen, Rechnungen sowie weitere Unterlagen zu den Beschäftigungen der bP, mehrere Fotos sowie Unterstützungsunterschriftenlisten vorgelegt.

 

Die Beschwerdevorlage langte am 28.11.2017 beim BVwG, Außenstelle Linz ein. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist (§ 18 Abs. 5 BFA-VG).

 

I.5. Mit Schreiben vom 01.12.2017 wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung der bP auf den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in der Beschwerde verwiesen und wurden unter einem Unterstützungserklärungen sowie Deutschprüfungsbestätigungen vorgelegt.

 

I.6. Am 06.12.2017 langte über das Büro von XXXX mit der Bitte um Überprüfung des Falles ein Mail einer freiwilligen Helferin der Familie ein.

 

I.7. Am 13.12.2017 langte ein weiteres Unterstützungsschreiben eines Theaterpädagogen ein, welcher Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch eine Abschiebung insbesondere der bP 3 sah.

 

I.8. Für den 13.12.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

 

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt.

 

Zu Beginn der Verhandlung brachten die befragten bP vor, bisher die Wahrheit gesagt zu haben und brachten keine Umstände vor, welche gegen die Annahme der Beweiskraft iSd § 15 AVG in Bezug auf die bisher durchgeführten Einvernahmen Zweifel aufkommen ließen.

 

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

 

Die Beschwerden wurden gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 sowie § 53 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

 

Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

 

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

 

Mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung vom 13.12.2017 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen

 

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

 

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Georgier, welche aus einem überwiegend von Georgiern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

 

Die bP 1 und 2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer –wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

 

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.

 

Die bP 1 hat elf Jahre die Schule in Georgien besucht und zwei Jahre die Sportakademie. Sie hat den Militärdienst abgeleistet und war zuletzt im öffentlichen Dienst tätig.

 

Die bP 2 hat zwölf Jahre die Schule in Georgien besucht und im Anschluss ein medizinisches Kolleg absolviert. Sie hat ein Kolleg für Manager begonnen und zuletzt in ihrem eigenen Bekleidungsgeschäft gearbeitet.

 

Die Eltern der bP 1 und ein Bruder leben nach wie vor in Georgien, die Eltern in einem ihnen gehörenden Haus. Die Mutter der bP 2 lebt ebenfalls in Georgien sowie weitere Verwandte der bP. Die Mutter der bP 2 lebt in einer der Familie gehörenden Wohnung.

 

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit drei Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung, teilweise von der saisonalen Arbeit der bP 1. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die bP 1 ist in Österreich in keinen Vereinen tätig und ging unregelmäßig gemeinnützigen Hilfsarbeiten wie Tätigkeiten im SOMA Markt nach. Saisonal arbeitete sie als Erntehelfer. Sie hat die Deutschprüfung A1 abgelegt und spricht geringfügig Deutsch.

 

Die bP 2 ist ehrenamtlich in der katholischen Pfarre XXXX tätig. Sie hat Deutschkurse besucht und die Deutschprüfung A1 bestanden, A2 wurde nicht bestanden, sie kann sich aber in Deutsch ausdrücken. Sie hat in Österreich seit kurzem ein Gewerbe angemeldet und als Reinigungskraft ca. ein Monat lang Geld verdient.

 

Die bP 3 ist Mitglied im Schwimmverein und bei der Jungschar. Sie besucht die Volksschule.

 

Die bP 4 hat in Österreich den Kindergarten besucht. Jetzt besucht sie die Volksschule und ist Nachwuchsspieler im Fußballverein.

 

Die Identität der bP steht nicht fest.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

 

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

 

KI vom 15.11.2017, Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

 

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Das Parteienbündnis des Georgischen Traums erhielt landesweit im Durchschnitt 55,7% der Wählerstimmen. Die führende Oppositionspartei, die Vereinte Nationale Bewegung, erhielt als zweitstärkste Kraft 17,1%. Die Wahlbeteiligung fiel mit 45,6% verhältnismäßig schwach aus (GA 23.10.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017).

 

Laut der OSCE-Wahlbeobachtungsmission untergrub zwischen den beiden Wahlrunden die hohe Zahl von Beschwerden, die aus verfahrensrechtlichen oder formalistischen Gründen abgewiesen wurden, das Recht der Kandidaten und Wähler auf wirksame Rechtsmittel und somit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitbeilegung. Der Wahltag verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

KI vom 30.3.2017, Visafreiheit (relevant für Abschnitt 19/ Bewegungsfreiheit)

 

Für Georgien ist am 28.3.2017 der visumfreie Reiseverkehr mit der Europäischen Union in Kraft getreten. Nach den neuen Regeln dürfen georgische Bürger die Länder des Schengen-Abkommens bis zu 90 Tage ohne ein Visum besuchen. Vorangegangen waren mehrjährige Verhandlungen (DW 28.3.2017). Die Einreise georgischer Staatsbürger in die Europäische Union ist auch nach der neuen Regelung an bestimmte Auflagen gebunden, wie an das Vorhandensein eines biometrischen Passes und den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im Mitgliedstaat der EU, nachgewiesen etwa durch Kreditkarten oder Bargeld (GS o.D.).

 

Der georgische Innenminister, Giorgi Mghebrishvili, kündigte am 27.3.2017 an, dass die georgischen Grenzbeamten georgische Reisende in den Schengenraum detailliert befragen werden, um einen Missbrauch des Visaregimes und folglich dessen mögliche Suspendierung durch die EU zu verhindern. Bei Überschreitung des Aufenthaltes, der auf 90 Tage innerhalb von 180 Tagen beschränkt ist, würden laut Innenminister die EU-Mitgliedsstaaten proaktiv informiert werden. Überdies gab Mghebrishvili bekannt, dass Georgien am 4.4.2017 ein Partnerschaftsabkommen mit EUROPOL unterzeichnen werde (Civil.ge 28.3.2017).

 

Quellen:

 

* Civil.ge (28.3.2017): Government Speaks on Safeguards against Visa-Waiver Abuse, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=29970 , Zugriff 30.3.2017

 

* DW – Deutsche Welle (28.3.2017): Georgier dürfen ohne Visum in die EU reisen,

http://www.dw.com/de/georgier-d ürfen-ohne-visum-in-die-eu-reisen/a-38164800, Zugriff 30.3.2017

 

* GS - Georgienseite (o.D.): Visafreiheit für georgische Staatsangehörige,

http://www.georgienseite.de/startseite/magazin-georgien-nachrichten-bilder-galerien/georgien-nachrichten-news-tbilissi-magazin/informationen-der-deutschen-botschaft/ , Zugriff 30.3.2017

 

Politische Lage

 

In Georgien leben mit Stand 1.1.2016 laut georgischem Statistikamt 3,72 Mio. Menschen. 2014 waren es noch rund 4,49 Mio. Menschen auf

69.700 km² (GeoStat 2017).

 

Georgien ist eine demokratische Republik. Das politische System hat sich durch die Verfassungsreform 2013 von einer semi-präsidentiellen zu einer parlamentarischen Demokratie gewandelt, (AA 11 .2016a). Staatspräsident ist seit 17.11.2013 Giorgi Margvelashvili (RFE/RL 17.11.2013). Regierungschef ist seit dem überraschenden Rücktritt von Irakli Garibaschwili Giorgi Kvirikashvili (seit 29.12.2015) (RFE/RL 29.12.2015). Beide gehören der Partei bzw. dem Parteienbündnis "Georgischer Traum" an.

 

Georgien besitzt ein Einkammerparlament mit 150 Sitzen, das durch eine Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht für vier Jahre gewählt wird. Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei, "Georgischer Traum", sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze im Parlament gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

 

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR u.a. 30.10.2016). Transparency International – Georgia beurteilte den Wahlgang als ruhig. Obgleich 70 relativ ernsthafte prozedurale Verstöße festgestellt wurden, hatten diese keinen entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang (TI-G 31.10.2016).

 

Die Opposition warf dem Regierungslager Wahlmanipulationen vor. Unter anderem sollen Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden (Standard 31.10.2016, vgl. CK 31.10.2016).

 

Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2013 konnte sich der Kandidat von "Georgischer Traum", Georgi Margwelaschwili, mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang gegen den Wunschkandidaten des amtierenden Präsidenten Michail Saakaschwili (Vereinte Nationale Bewegung), durchsetzen. Saakaschwili, zuletzt umstritten, durfte nach zwei Amtszeiten laut Verfassung nicht mehr zur Wahl antreten. Diese Wahl brachte den ersten demokratischen Machtwechsel an der georgischen Staatsspitze seit dem Zerfall der Sowjetunion (FAZ 27.10.2013).

 

Die Regierungspartei "Georgischer Traum" sicherte sich infolge eines überwältigenden Sieges bei den Gemeinderatswahlen im Sommer 2014 die Kontrolle über die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften. Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) berichteten, dass es im Vorwahlkampf angeblich Druck auf oppositionelle Kandidaten gab, ihre Kandidatur zurückzuziehen. Überdies sei es zu Störungen von Versammlungen der Opposition und zu etlichen Vorfällen von Gewalt gegen Wahlaktivisten gekommen. Obschon diese den Behörden bekannt waren, blieb eine amtliche Verfolgung aus (HRW 29.1.2015).

 

Am 27.6.2014 unterzeichneten die EU und Georgien ein Assoziierungsabkommen. Das Abkommen soll Georgien in den Binnenmarkt integrieren, wobei die Prioritäten in der Zusammenarbeit in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik sowie Justiz und Sicherheit liegen. Russland sah sich hierdurch veranlasst, seinen Druck auf die Regierung in Tiflis zu erhöhen. Am 24. November 2014 unterzeichneten Russland und das abtrünnige georgische Gebiet Abchasien eine Vereinbarung über eine "strategische Partnerschaft", mit der Moskau seine militärische und wirtschaftliche Kontrolle in Abchasien erheblich ausweitete (EP 5.12.2014).

 

Die EU würdigte im Juni 2016 im Rahmen ihrer Globalen Strategie zur Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik die Rolle Georgiens als friedliche und stabile Demokratie in der Region. Am 1.7.2016 trat das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien in Kraft, wodurch laut der EU die politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration zwischen Georgien und der Union merkbar gestärkt werden. Georgien hat seine Demokratie und Rechtsstaatlichkeit konsolidiert und die Respektierung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten sowie der Anti-Diskriminierung gestärkt (EC 25.11.2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

 

* CK – Caucasian Knot (31.10.2016): In Georgia, "UNM" Party claims mass violations at elections,

http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/37376/ , Zugriff 21.2.2017

 

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt , Zugriff 21.2.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 21.2.2017

 

* EP – Europäisches Parlament (5.12.2014): Assoziierungsabkommen EU-Georgien,

http://www.europarl.europa.eu/EPRS/EPRS-AaG-542175-EU-Georgia-Association-Agreement-DE.pdf , Zugriff 21.2.2017

 

* FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.10.2013): Georgi Margwelaschwili gewinnt mit klarer Mehrheit, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/praesidentschaftswahl-in-georgien-georgi-margwelaschwili-gewinnt-mit-klarer-mehrheit-12636443.html , Zugriff 21.2.2017

 

* GeoStat – National Statistics Office of Georgia (2017):

population,

http://www.geostat.ge/index.php?action=page&p_id=473&lang=eng , Zugriff 21.2.2017

 

* HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/295489/430521_de.html , Zugriff 21.2.2017

 

* IFES – International Foundation for Electoral Systems (9.3.2015a):

Election Guide, Democracy Assistance & Elections News - Georgia, http://www.electionguide.org/elections/id/2287/ , Zugriff 10.11.2015

 

* OSCE/ODIHR u.a. - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia – Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true , Zugriff 21.2.2017

 

* RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (17.11.2013):

Margvelashvili Sworn In As Georgia's New President, http://www.rferl.org/content/georgia-president-inauguration/25170650.html , Zugriff 21.2.2017

 

* RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (29.12.2015): Giorgi Kvirikashvili Confirmed As Georgia's New Premier, http://www.rferl.org/content/georgian-parliament-vote-kvirikashvili-government-december-29/27454801.html , Zugriff 21.2.2017

 

* RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html , Zugriff 21.2.2017

 

* TI-G - Transparency International – Georgia (31.10.2016):

Assessment of the 2016 Parliamentary runoff elections, http://www.transparency.ge/en/blog/assessment-2016-parliamentary-runoff-elections , Zugriff 21.2.2017

 

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html , Zugriff 21.2.2017

 

Sicherheitslage

 

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert (AA 20.3.2017a).

 

Im Zuge der Auflösung der UdSSR erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien, als der autonome Status der Provinzen von georgischen Nationalisten in Frage gestellt wurde. Nach der georgischen Unabhängigkeit führten heftige Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung 1992 zu Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die aber von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden. Der Einfluss des nördlichen Nachbarlandes wuchs kontinuierlich, unter anderem durch Ausgabe russischer Pässe an die abchasische und südossetische Bevölkerung. Nach zahlreichen blutigen Zwischenfällen und Provokationen aller Seiten eskalierte der Konflikt um Südossetien am 7. August 2008 nach einem Vorstoß georgischer Truppen in die südossetische Hauptstadt Tskhinvali zu einem georgisch-russischen Krieg, der nach fünf Tagen durch einen von der EU vermittelten Waffenstillstand beendet wurde. Am 26. August 2008 erkannte Russland Abchasien und Südossetien, einseitig und unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens, als unabhängige Staaten an und schloss wenig später mit diesen Freundschaftsverträge ab, die auch die Stationierung russischer Truppen in den Gebieten vorsehen. Infolge des Krieges wurden nach Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen bis zu 138.000 Personen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen. Etwa 30.000 Georgier aus Südossetien konnten bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die zivile EU-Beobachtermission EUMM nahm Anfang Oktober 2008 in Georgien ihre Arbeit auf. Das OSZE-Mandat lief Ende 2008 aus, UNOMIG endete im Juni 2009. EUMM ist damit die einzige verbliebene internationale Präsenz zur Stabilisierung in Georgien (AA 11 .2016b).

 

Ein wichtiges diplomatisches Instrument zur Deeskalation des Konflikts sind die sogenannten "Geneva International Discussions – GID" (Genfer Internationale Gespräche). Diese finden seit 2008 unter Beteiligung der involvierten Konfliktparteien unter dem gemeinsamen Vorsitz von Vertretern der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der OSZE statt. Aus den Genfer Gesprächen resultierte der "Incident Prevention and Response Mechanism (IPRM)" sowie die Involvierung der EUMM, sodass die lokalen Sicherheitsbehörden der Konfliktparteien vor Ort in Kontakt treten können bzw. ihnen die Möglichkeit zum Dialog eröffnet wird (OSCE 6.11.2014).

 

Abchasien und Südossetien bleiben außerhalb der Kontrolle der Zentralregierung und werden von mehreren tausend russischen Truppen und Grenzpolizisten unterstützt. Russische Grenzschutzbeamte beschränken die Bewegung der örtlichen Bevölkerung. Die Behörden beschränken die Rechte, vor allem von ethnischen Georgiern, am politischen Prozess teilzuhaben, in Eigentumsfragen oder bei der Registrierung von Unternehmen. Überdies ist die Reisefreiheit eingeschränkt. Die südossetischen Behörden verweigern den meisten ethnischen Georgien, die während und nach dem Krieg von 2008 vertrieben wurden, nach Südossetien zurückzukehren. Die Behörden erlauben den meisten internationalen Organisationen keinen regelmäßigen Zugang zu Südossetien, um humanitäre Hilfe zu leisten. Die Russische "Grenzziehung" der administrativen Grenzen der besetzten Gebiete setzte sich während des Jahres fort, trennte die Bewohner aus ihren Gemeinden und untergrub ihren Lebensunterhalt (USDOS 3.3.2017).

 

Die Vereinten Nationen zeigten sich Ende Jänner 2017 besorgt darüber, dass die angekündigten Schließungen von Grenzübertrittsstellen seitens der abchasischen Behörden negative Konsequenzen für die Bevölkerung beidseits der administrativen Grenze haben werden. Für die Menschen in Abchasien wird es schwieriger sein, auf grundlegende Dienstleistungen wie Gesundheitswesen und Bildung in Georgien zurückzugreifen und an Wirtschaftsaktivitäten und gesellschaftlichen Veranstaltungen jenseits der Grenze teilzunehmen. Auch wird der Zugang zu Schulbildung für Kinder mit georgischer Muttersprache, die aus Abchasien kommend die Grenze nach Georgien überqueren, behindert (UN 26.1.2017).

 

Quellen:

 

* AA – Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Georgien, Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8108DEE44ECFAF67827A2F89BA2ACDB3/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GeorgienSicherheit_node.html , Zugriff 20.3.2017

 

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

 

* OSCE – Organization for Security and Co-operation in Europe (6.11.2014): Geneva International Discussions remain unique and indispensable forum, Co-chairs tell OSCE Permanent Council, http://www.osce.org/cio/126442 , Zugriff 21.2.2017

 

* UN – United Nations in Georgia (27.1.2017): Statement of Niels Scott, Resident Coordinator, on behalf of the United Nations Country Team regarding announced closure of crossing points along the Inguri River,

http://www.ungeorgia.ge/eng/news_center/media_releases?info_id=507 , Zugriff 22.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt (AA 11 .2016b).

 

Fortschritte sind insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Zwei Reformwellen wurden bereits durchgeführt, die dritte Reformwelle steht seit einiger Zeit bevor. Sie betrifft insbesondere die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter und die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren. Sehr aktive NGOs und der unabhängige Ombudsmann beobachten diesen Prozess aufmerksam (AA 10.11.2016).

 

Das dritte Paket an Gesetzesänderungen, das den anhaltenden Mangel an Transparenz im Justiz-Management bereinigen soll, wozu auch die Rechenschaftspflicht des Hohen Rates der Justiz sowie die zufällige Zuweisung von Fällen gehören, konnte laut Europäischer Kommission zwar Fortschritte verzeichnen, ist jedoch noch nicht vollständig angenommen worden. Die Begründungen für das Abhalten von geschlossenen oder öffentlichen Anhörungen werden nicht immer richtig kommuniziert. Die Transparenz bei der Zuteilung von Fällen, bei der Auswahl der Richteranwärter und der Gerichtsverwalter ist nicht vollständig gewährleistet. Der Umgang mit Disziplinarverfahren erfordert eine Stärkung. Die Mehrheit der Richter hat keine dauerhafte Amtszeit und die umstrittene dreijährige Probezeit für Richter besteht weiterhin. Die Justiz ist immer noch ernsthaft unterbesetzt und der Aktenrückstand steigt (EC 25.11.2016).

 

Kritisch betrachtet werden muss weiterhin die starke Neigung von Politikern, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen eine vorrangig politische Motivation zu unterstellen und ggf. gesetzliche Änderungen vorzuschlagen. Politisch motivierte Strafverfolgung war bis 2012 erkennbar und erfolgte in der Regel durch Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch oder Steuervergehen. Nach dem Regierungswechsel wurden 190 in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft als politische Gefangene erklärte Häftlinge entlassen. Seit 2012 laufende Ermittlungen und teilweise schon mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden aus Sicht des [deutschen] Auswärtigen Amtes nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern sind Teil der erforderlichen juristischen Aufarbeitung der rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren (AA 10.11.2016).

 

Freedom House bewertete Anfang 2016 die Einmischung der Regierung und der Legislative in die Justiz weiterhin als erhebliches Problem, obwohl sich die gerichtliche Transparenz und die Rechenschaftspflicht in den letzten Jahren verbessert haben, letztere zum Teil aufgrund des verstärkten Medienzugangs zu den Gerichtssälen. Menschenrechtsorganisationen haben konsequent die Praxis der Staatsanwaltschaft kritisiert, wiederholt neue Anklagen gegen Gefangene einzureichen, um ihre Zeit in der Untersuchungshaft zu verlängern, eine Vorgehensweise, die durch eine Diskrepanz zwischen dem Strafgesetzbuch und der Verfassung möglich gemacht wird. Im September 2015 allerdings befand das Verfassungsgericht im Fall des ehem. Bürgermeisters von Tiflis, Ugulava, diese Praxis der Verlängerung der Untersuchungshaft als verfassungswidrig, weil die verfassungsmäßige Grenze von neun Monaten nicht überschritten werden darf. Ugulava gehörte zu zahlreichen ehemaligen UNM-Vertretern, die seit 2012 mit Strafprozessen konfrontiert wurden, was Fragen über den politischen Einflussnahme auf den Staatsanwalt aufwarf (FH 27.1.2016).

 

Während viele der Richter bemerkenswerte Anstrengungen unternahmen, ihr Niveau dadurch zu verbessern, indem sie ihren Entscheidungen mehr Substanz verliehen, besonders bei hochkarätigen Fällen, bleibt die Staatsanwaltschaft das schwächste Glied im Justizbereich. Bis 2012 war die Staatsanwaltschaft ein Teil der Exekutive, und die Gerichte waren bis zu einem gewissen Grad von der Exekutive abhängig. Die Staatsanwälte haben sich mittlerweile daran gewöhnt, ihren Vorbringen eine adäquate Qualität zu verleihen. Nur bei wenigen Gelegenheiten scheinen sie zurückhaltend zu sein. Nach der Trennung der Staatsanwaltschaft vom Justizministerium wurde allerdings keine Aufsichtsbehörde für die Staatsanwaltschaft institutionalisiert. Dieser Umstand beschädigt potentiell den Ruf des gesamten Justizsystems. Die Staatsanwaltschaft hat mehr als 4.000 Anträge von Opfern angeblicher Folter, unmenschlicher Behandlung oder Zwang erhalten, sowie von Personen, welche gezwungen wurden, ihr Eigentum während der Herrschaft von Mikheil Saakaschwili aufzugeben. Seit 2012 stellt der Umfang der Strafverfahren gegen die ehemalige Führung eine Herausforderung für die aktuelle Regierung dar. Ihr wird vorgeworfen, politisch motivierte Untersuchungen einzuleiten bzw. Gerichtsprozesse zu führen. Gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft oft kritisiert, weil sie nicht die Fälle von Beamten untersucht hat, die ihre Befugnisse überschritten haben, oder von Polizisten, die gegen das Gesetz verstoßen haben oder von Menschen, die behaupten, im Gefängnis misshandelt worden zu sein. Als Reaktion auf diese Situation hat die Staatsanwaltschaft ihre Absicht bekundet, eine neue Abteilung zu schaffen, die im Rahmen von Gerichtsverfahren begangene Straftaten untersuchen wird (BTI 1.2016).

 

Das georgische Strafrecht mit dem ursprünglichen Ansatz einer "zero tolerance policy" zeigte eine enorm hohe Verurteilungsrate von 99%, mitunter wegen konstruierter Straftaten, sowie hohe Haftstrafen. Mit dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts durch Reduzierung der Strafmaße, aber auch eine erkennbar geringere Verurteilungsrate; diese ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess (AA 10.11.2016).

 

Am 12.1.2016 präsentierte der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muižnieks, seine Beobachtungen zur Menschenrechtslage in Georgien. Mehrere Gesprächspartner wiesen auf die Mängel bei der Auswahl, Ernennung und Versetzung von Richtern hin. Versetzungen und Beförderungen von Richtern scheinen nicht durch spezifische Regeln und Kriterien reguliert zu sein, was die diesbezüglichen Entscheidungen als willkürlich erscheinen lässt und folglich das öffentliche Vertrauen in die Justiz untergräbt. Der Menschenrechtskommissar empfahl die diesbezügliche Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des Direktorats für Menschenrechte des Europarats (DHR) aus dem Jahr 2014. Überdies empfahl er, dass die Gerichtsfälle nach dem Zufallsprinzip den Richtern zugeteilt werden. Denn es gab Befürchtungen, dass prominente Fälle Richtern zugeteilt wurden, die als loyal zur Regierung gelten. Überdies sah der Menschenrechtskommissar die geltende dreijährige Probezeit für Richter als bedenklich an, weil letztere hierdurch anfälliger gegenüber einer möglichen Druckausübung sind. Auch in diesem Punkt empfahl Muižnieks die Umsetzung der Empfehlungen der Venediger Kommission und des DHR, welche die Abschaffung der Probezeit für Richter vorsahen. Dem Menschenrechtskommissar wurden Berichte zuteil, wonach es wiederholt zu Drohungen und Einschüchterungen von Verfassungsrichtern kam. So beispielsweise im Fall "Ugulava [ehem. Bürgermeister von Tiflis] gegen das Parlament Georgiens". Richter und deren Familienmitglieder wurden von Bürgern bedrängt, die sich vor den Privathäusern der Richter versammelten und u.a. mit physischer Gewalt drohten (CoE-CommHR 12.1.2016).

 

Am 21.7.2016 erklärte der Vorsitzende des Verfassungsgerichts, dass einige Richter des Gerichtshofes von den Behörden unter Druck gesetzt worden seien, in mehreren hochkarätigen Fällen Urteile zu verschieben oder zugunsten Angeklagten zu entscheiden. Staatsanwälte haben am 1.8.2016 darauf reagiert und eine Untersuchung zu den Vorwürfen eingeleitet (AI 22.2.2017).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

 

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights – Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html , Zugriff 27.2.2017

 

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 — Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 24.2.2017

 

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH (2016)2, Zugirff 27.2.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 24.2.2017

 

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 – Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html , Zugriff 27.2.2017

 

Sicherheitsbehörden

 

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen in Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016).

 

Im Verlaufe des Jahres 2016 gab es keine Berichte, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte unter Straflosigkeit Missbrauch begangen haben. Der Ombudsmann dokumentierte Fälle von übermäßigem Einsatz von Gewalt durch die Polizei. Laut Innenministerium wurden zwischen Jänner und Juli 2016 rund 1.300 Disziplinarverfahren eingeleitet. 23 Fälle sind dem Generalstaatsanwalt zu Ermittlungen überreicht worden, wobei zehn Fälle mit einer Verurteilung endeten (USDOS 3.3.2017).

 

Angesichts der Sorge in Bezug auf Folter, Misshandlungen und andere Missbräuche durch die Strafverfolgungsbeamten hat die Regierung keine Gesetzgebung geschaffen, die einen unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Menschenrechtsverletzungen vorsieht, die von Strafverfolgungsbehörden begangen wurden (AI 22.2.2017).

 

Dem Menschenrechtskommissar des Europarates wurden alarmierende Fälle von Polizeigewalt im Speziellen auf Polizeiposten berichtet. Der Menschenrechtskommissar forderte die Behörden dazu auf, allen Anschuldigungen, besonders auf Grundlage der Informationen des Ombudsmannes, nachzugehen. Überdies sollte ein Untersuchungsmechanismus etabliert werden, der auf der Basis der Vorschläge des georgischen Ombudsmannes und des Europarats angebliche Rechtsverletzungen der Exekutive untersucht (CoE-CommHR 12.1.2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights – Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/336488/466107_en.html , Zugriff 27.2.2017

 

* CoE-CommHR - Commissioner for Human Rights of the Council of Europe (12.1.2016): Observations on the human rights situation in Georgia: An update on justice reforms, tolerance and non-discrimination [CommDH(2016)2], https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?coeReference=CommDH (2016)2, Zugirff 27.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Obschon die Verfassung und Gesetze derartige Praktiken verbieten, gab es Berichte, dass Regierungsbeamte von diesen Gebrauch machten. Auch wenn die Zahl und die Schwere der Beschuldigungen solcher Missbrauchsfälle durch das Gefängnispersonal laut Ombudsmann abgenommen habe, bleiben Berichte über Misshandlungen von Festgenommenen durch Polizisten ein akutes Problem. Der Ombudsmann betrachtet die betreffenden Ermittlungen in genannten Fällen als nicht effektiv, prompt und unparteiisch. NGOs und Ombudsmann empfehlen weiterhin die Schaffung eines unabhängigen Untersuchungsmechanismus bei Vorwürfen von Fehlverhalten von Amtsträgern (USDOS 3.3.2017).

 

Die Georgische Vereinigung Junger Anwälte (GYLA) kam, basierend auf 21 Einzelfällen von vermeintlichen Übergriffen der Gesetzesvollzugsorganen zu mehreren Schlussfolgerungen. Untersuchungen bei Beschwerden von Gewaltanwendung durch Exekutivbeamte wurden zwar eingeleitet, ihre Durchführung der meisten Untersuchungen erfolgte jedoch ineffizient, was sich insbesondere in ihrer verspäteten Durchführung äußerte. In einigen Fällen wurde gegen betroffene Personen, die angesichts der Übergriffe seitens der Exekutivorgane Ungehorsam oder Widerstand leisteten, eine Strafverfolgung eingeleitet. Zeugenaussagen durch Polizisten wurde seitens des Gerichts ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit geschenkt, ohne dass Zweifel erhoben wurden (GYLA 2016).

 

Umfangreicher Personalaustausch insbesondere in den Behördenleitungen, die begonnene juristische Aufarbeitung sowie Reformen innerhalb der Polizei und erkennbare Verbesserungen im Strafvollzug, inklusive radikaler Veränderungen im Gefängnismanagement, haben Vorfälle von Gewaltanwendung überaus deutlich reduziert, ein systemischer Charakter ist nicht mehr feststellbar. Ombudsmann und zivilgesellschaftliche Organisationen sprechen bekannt werdende Vorfälle von Gewaltanwendung und ggf. unzureichend betriebene Ermittlungen öffentlich an (AA 10.11.2016)

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* GYLA – Georgian Young Lawyers’ Association (2016): Crimes Allegedly Committed By Law Enforcement Officers And The State’s Response To Them,

https://www.gyla.ge/files/news/2016 წლის გამოცემა/სამართალდამცავთა საქმეები - ENG.pdf, Zugriff 27.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Korruption

 

Georgien hat die Zivil- und Strafrechtskonventionen über Korruption des Europarates sowie die UNO-Konvention gegen Korruption (UNCAC) ratifiziert. Die Gesetzgebung befolgt die UNO-Konvention gegen Korruption. Georgiens Strafgesetzgebung sieht Straften wegen versuchter Korruption, aktiver und passiver Bestechung, Bestechung ausländischer Beamter, sowie Geldwäsche vor. Der Strafrahmen reicht bis zu 15 Jahren Gefängnis und dem Entzug des Eigentums. Georgien hat die "Konvention über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr" der OECD aus dem Jahr 1999 bislang nicht unterzeichnet. Allerdings hat das Land die Antikorruptions-Konventionen des Europarates ratifiziert (BACP 5.2015).

 

Basierend auf dem Gesetz über "Interessenskonflikt und Korruption im Öffentlichen Dienst" wurde der Anti-Korruptions-Rat errichtet. Dieser dient der Koordinierung der Anti-Korruptionsaktivitäten, der Aktualisierung und Kontrolle der Umsetzung der Anti-Korruptionsstrategie und des Aktionsplanes sowie der Kontrolle der Berichterstattung an internationale Organisationen. Überdies kann er Empfehlungen abgeben und Gesetzesinitiativen anregen. Dem Rat können neben Regierungsvertretern auch Mitglieder lokaler NGOs, Internationaler Organisationen sowie wissenschaftliche Experten angehören (IDFI 5.8.2014).

 

Die Regierung des "Georgischen Traums" (GD) erbte ein System, das weitgehend von der Korruption unter der Vereinten Nationalen Bewegung (UNM) unter Ex-Präsident Saakashvili befreit worden war. Die UNM-Regierung hat es auch geschafft, die Macht des organisierten Verbrechens zu verringern. Allerdings verstießen die Anti-Korruptionsmaßnahmen mitunter gegen Rechtsstaatlichkeit, und eine Reihe von UNM-Beamten benutzten die Machthebel, um Reichtum anzuhäufen oder eine immer größere Kontrolle in Bereichen der Wirtschaft zu erlangen. Die Art des Vorgehens der GD-Regierung gegen Spitzenkorruption nach dem Machtwechsel 2012 brachte den Vorwurf der Politisierung des Anti-Korruptionskampfes mit sich, wonach der Korruption angeklagte GD-Funktionäre weniger verfolgt würden als etwa UNM-Politiker. Des Weiteren ist der Eindruck stärker geworden, dass Vetternwirtschaft ein wachsendes Problem in der georgischen Gesellschaft geworden ist. Laut einer Umfrage, die von Transparency International in Auftrag gegeben wurde, glaubte 2015 ein Viertel der GeorgierInnen, dass Spitzenbeamte ihre Positionen für private Zwecke nützen würden. 2013 lag der Wert noch bei 12%. 44% der Georgier hätten von Nepotismus bei der Anstellung im öffentlichen Dienst gehört (FH 12.4.2016).

 

Was die Prävention und die Bekämpfung der Korruption betrifft, so hat Georgien die Korruption in der öffentlichen Verwaltung effektiv eingedämmt und verbesserte im Jahr 2015 das öffentliche Beschaffungssystem (EC 25.11.2016).

 

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Während die Regierung das Gesetz effektiv gegen die Korruption in den unteren Bereichen umsetzte, merkte "Transparency International Georgia" an, dass die mangelnde Unabhängigkeit der Gesetzesvollzugsorgane deren Fähigkeit einschränke, Fälle von hochkarätiger Korruption zu untersuchen. Es gibt keine Mechanismen der Korruptionsprävention in staatlichen Unternehmen. Die Regierung installierte im Jänner 2015 eine Spezialeinheit innerhalb der Generalstaatsanwalt zwecks Untersuchung und Verfolgung von vormaligen und gegenwärtigen Korruptionsfällen auf höheren Ebenen. Der Rechnungshof (State Audit Office) gilt als unabhängig, transparent und fair (USDOS 3.3.2017).

 

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

 

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2016" auf Rang 44 (2014: 52) von 176 Ländern (25.1.2017).

 

Quellen:

 

* BACP - The Business Anti-Corruption Portal (5.2015): Georgia Country Profile, Georgian Legislation, http://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/europe-central-asia/georgia/legislation.aspx , Zugriff 27.2.2017

 

* CoE – Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?p=&Ref=DC-PR004 (2017)&Language=lanEnglish&Ver=original&Site=DC&BackColorInternet=F5CA75&BackColorIntranet=F5CA75&BackColorLogged=A9BACE&direct=true, Zugriff 28.2.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 27.2.2017

 

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html , 27.2.2017

 

* IDFI - Institute for Development of Freedom of Information (5.8.2014): Anti-Corruption Council, https://idfi.ge/en/anti-corruption-council , Zugriff 27.2.2017

 

* TI - Transparency International (25.1.2017): Corruption Perceptions Index 2016,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016 , Zugriff 27.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

NGOs und Menschrechtsaktvisten

 

Nichtregierungsorganisationen können sich in der Regel ohne Probleme registrieren und ihre Arbeit aufnehmen. Sie werden in der Öffentlichkeit gut wahrgenommen, und können in Einzelfragen auch Einfluss auf die politische Willensbildung ausüben. Trotz der Versprechen der gegenwärtigen Regierung, systematische Änderungen der Gesetzeslage, z.B. zur Finanzierung von NGOs, auf den Weg zu bringen, gibt es immer noch keine ausreichenden gesetzlichen Schutzmechanismen (AA 10.11.2016).

 

Ein wachsendes Netzwerk sog. "Watchdog"-NGOs hat seine Leistungsfähigkeit gesteigert, damit Bürgerrechte mittels Kampagnen vertreten werden. Der zivilgesellschaftliche Sektor wächst weiter zahlenmäßig und hinsichtlich der Kapazitäten, bleibt aber in erster Linie in der Hauptstadt und anderen größeren Städte konzentriert. NGOs haben nur schwache Verbindungen mit der breiteren Bevölkerung. NGOs in Georgien zeigen weiterhin ein niedriges Niveau der Nachhaltigkeit (BTI 1.2016).

 

Heimische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen in Georgien ohne Einschränkung durch die Regierung. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und publizieren ihre Ergebnisse. Manche NGOs erfreuen sich einer engen Kooperation mit der Regierung, und Offizielle sind kooperativ und offen für deren Ansichten. Andere NGOs berichten hingegen von Kritik und Verbalattacken durch die Regierung, die Justiz, die Opposition und oppositionelle Medien. Im April 2016 kritisierte der Hohe Justizrat öffentlich die NGOs für deren Behauptung, dass die Auswahl und Ernennungen in der Justiz intransparent wären. Das Sekretariat des Hohen Justizrates drohte den NGOs, so die Kritik nicht aufhöre, Informationen über deren Finanziers und "wahren" Unterstützer zu veröffentlichen (USDOS 3.3.2017).

 

Der zivilgesellschaftliche Sektor in Georgien ist robust und aktiv. Nichtstaatliche Organisationen spielen eine herausragende Rolle in Politikforschung, Interessenvertretung und Meinungsführerschaft. NGOs werden häufig in den Medien zitiert, und NGO-Leiter werden regelmäßig nach ihrem Kommentar und ihrer Analyse gefragt. Die georgischen NGOs decken zumeist ein breites Spektrum ideologischer Ansichten ab und haben eine gewisse Tradition in der Beratung der Regierung hinsichtlich politischer Vorschläge und Maßnahmen. Insgesamt können NGOs in Georgien ohne Störungen oder Einschüchterung arbeiten. In der Praxis ist die Registrierung und Aufrechterhaltung gesetzlicher Anforderungen für NGOs unkompliziert und kann oft in kurzer Zeit erledigt werden. Doch während das Spektrum der NGOs breit ist, ist es auch zugleich polarisiert. Es besteht im zivilgesellschaftlichen Sektor die weit verbreitete Auffassung, dass einzelne NGOs zu einer bestimmten Partei, Bewegung oder Persönlichkeit "gehören". Es ist demnach nicht ungewöhnlich, dass unterschiedlich positionierte NGOs in eine offene, manchmal sogar physische Konfrontation geraten, mitunter angefacht von politischen Vertretern (FH 12.4.2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 — Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 28.2.2017

 

* FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/324981/451155_en.html , 28.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Ombudsmann

 

Der georgische Ombudsmann ist eine Verfassungsinstitution, welche den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten innerhalb der Jurisdiktion überwacht. Der Ombudsmann stellt Verletzungen der Menschenrechte fest und trägt zu deren Wiederherstellung bei. Der Ombudsmann ist unabhängig in seinen Aktivitäten und gehört zu keiner Regierungsstelle. Er überwacht die staatlichen Stellen, die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften, öffentliche Institutionen und Offizielle. Der Ombudsmann untersucht Menschenrechtsverletzungen sowohl auf der Basis eigener Initiative als auch infolge von erhaltenen Ansuchen. Der Ombudsmann unterbreitet Vorschläge und Empfehlungen in Bezug auf die Gesetzgebung und Gesetzesvorlagen aber auch in Richtung öffentlicher Institutionen aller Ebenen in Hinblick auf Menschen- und Grundrechtsfragen. Er erfüllt gleichzeitig die Rolle als Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen (PD 2014).

 

Die Kompetenzen und Sanktionsmöglichkeiten des Ombudsmannes sind beschränkt, aber seine Behörde, die sich stetig vergrößert und inzwischen über 170 Mitarbeiter hat, meldet sich öffentlich regelmäßig zu vielen Themen kritisch zu Wort (AA 10.11.2016).

 

Der Ombudsmann wurde weiterhin von NGOs als die objektivste Menschenrechtsinstitution der Regierung betrachtet. Dieser hat ein Mandat, die Menschenrechte zu beobachten und Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Er hat jedoch keine Kompetenz, Strafverfolgung oder andere rechtliche Aktionen anzustoßen. Er kann aber eine Vorgehensweise empfehlen, worauf die Regierung antworten muss. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet generell ohne Einmischung der Regierung und wird als effektiv angesehen. Der Ombudsmann berichtet, dass die Regierung auf seine Anfragen und Empfehlungen oft nicht oder nur teilweise antwortet. Der Ombudsmann kann den Vollzugsbehörden unverbindliche Empfehlungen geben, bestimmte Menschenrechtsfälle zu untersuchen. Regierungsstellen müssen auf jegliches Informationsbegehren des Ombudsmanns binnen 20 Tagen antworten (USDOS 3.3.2017).

 

2016 verzeichnete das Büro des Ombudsmannes 8.827 Anträge und Beschwerden, wobei mit Berichtsabschluss bereits 7.196 Fälle bearbeitet waren. Auf Grundlage dessen wurden seitens des Ombudsmannes 77 Empfehlungen und Vorschläge an unterschiedliche Regierungsstellen und Privatpersonen gerichtet. Rund die Hälfte der Vorschläge wurde gänzlich oder teilweise bereits umgesetzt, während 17% noch nicht implementiert waren. Die Kommunikation mit internationalen Organisationen wurde merkbar gesteigert und das Medienecho nahm zu (PD 6.2.2017).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* PD - Public Defender of Georgia (2014): Mandate, http://www.ombudsman.ge/en/public-defender/mandati , Zugriff 28.2.2017

 

* PD - Public Defender of Georgia (6.2.2017): Public Defender’s Activity Report 2016,

http://www.ombudsman.ge/en/reports/saqmianobis-angarishebi/public-defenders-activity-report-20161.page , Zugriff 28.2.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln (Artikel 14 ff.) postuliert. Mit dem Ombudsmann für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten zur Untersuchung von Vorgängen, greifen viele Themen auf und sind öffentlich sehr präsent. Mit Reformen haben in den letzten Jahren auch Staatsanwaltschaft und Gerichte in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und werden zunehmend zur Wahrung bzw. Einklage individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern (AA 10.11.2016).

 

Georgien hat einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die Menschenrechte und die Anti-Diskriminierung verabschiedet. Ein neuer, umfangreicher Aktionsplan zu den Menschenrechten für die Periode 2016-2017 wurde beschlossen. Die Umsetzung des rechtlichen Rahmenwerkes wird laut Europäischer Kommission insbesondere für Minderheiten und vulnerable Gruppen wichtig werden, damit sie ihre Rechte in Anspruch nehmen können (EC 25.11.2016).

 

Die im April 2014 beschlossene "nationale Strategie zum Schutz der Menschenrechte" stellt einen Meilenstein dar, da sie den höchsten internationalen Standards entspricht. Die Strategie bietet Beteiligungsmöglichkeiten für die Zivilgesellschaft, um die Einhaltung der Menschenrechte in Georgien zu stärken. Allerdings sind die Mechanismen für die Umsetzung der Strategie noch nicht vollständig vorhanden. Es gibt immer noch ernsthafte Probleme bei der Umsetzung der grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte, insbesondere im Zusammenhang mit der selektiven Rechtsprechung, der häufigen Straflosigkeit der Gesetzesvollzugsorgane und der ungerechtfertigten oder übermäßigen Gewaltanwendung, wenn auch nicht in einem massiven Ausmaß (BTI 1.2016).

 

Menschenrechtsorganisationen kritisierten beständig die Staatsanwaltschaft, wonach diese die Untersuchungshaft durch neue Anklagepunkte zu verlängern trachtet, namentlich wenn es um Funktionäre der ehemaligen Regierungspartei UNM geht. Sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch die Ombudsmannstelle drängten die Regierung weiterhin zu angemessenen Ermittlungen bei Anschuldigungen von Polizeigewalt (FH 27.1.2016).

 

Die georgische Menschenrechtsorganisationen "Human Rights Center" kritisierte in ihrem Jahresbericht 2016, dass die Rechtsvollzugsorgane weiterhin Menschenrechtsverletzungen gegen vulnerable Gruppen ungenügend nachgehen und bestrafen. Dazu gehören auch religiöse Minderheiten, LGBT-Individuen, sowie Frauen. Die Sicherung der Rechte von Menschen mit Behinderung stellt nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die Regierung dar. Das gilt sowohl für das diesbezügliche Gesetzeswerk als auch für die soziale Integration. Zahlreiche Beispiele, wie seitens Regierungsvertretern Druck auf die Medien ausgeübt wurde, gab es auch 2016. Die Schaffung eines effektiven unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Fälle, bei denen die Gesetzesorgane strafbare Handlungen verübten, stellt ebenso eine Herausforderung dar, wie die Rehabilitation und Resozialisierung von Häftlingen, die Opfer von Folter wurden (HRC 2017).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* BTI - Bertelsmann Stiftung (1.2016), BTI 2016 — Georgia Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Georgia.pdf , Zugriff 1.3.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 1.3.2017

 

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 – Georgia, http://www.ecoi.net/local_link/327696/454796_en.html , Zugriff 1.3.2017

 

* HRC – Human Rights Center (2017): Annual Reprot, State of Human Rights in Georgia 2016,

http://www.humanrights.ge/admin/editor/uploads/pdf/angarishebi/hridc/ANNNUAL2017-ENG.pdf , Zugriff 1.3.2017

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die unter der Vorgängerregierung Saakaschwili gewachsene direkte politische und wirtschaftliche Einflussnahme auf die Presse ist seit 2012 deutlich zurückgegangen. Medienschaffende können freier arbeiten – insbesondere bei den privaten Medienanstalten. Gleichwohl ist auch in der Medienlandschaft eine Tendenz und zum Teil Polarisierung entlang der politischen Parteien zu erkennen. Das 2013 überarbeitete Rundfunkgesetz verpflichtet Kabelbetreiber, alle verfügbaren Sender auch zu übertragen; auch hat das Gesetz bessere Transparenz zu den Eigentumsverhältnissen geschaffen. Letztendlich bleiben mangelnde Professionalität und Selbstzensur der Journalisten problematisch und beschränken nicht nur Qualität, sondern auch Unabhängigkeit der Presse. Durch den politisch brisanten Prozess um die Eigentumsrechte am privaten regierungskritischen Sender Rustavi 2, wird von vielen Beobachtern und NGOs befürchtet, dass eine zivilrechtliche Rückübertragung der während der Saakashvili-Zeit ggf. widerrechtlich entzogenen Eigentumsrechte an die früheren Eigentümer jetzt eine Beeinträchtigung der Medienfreiheit in Georgien zur Folge haben könnte (AA 10.11.2016).

 

Die Verfassung garantiert die Rede- und Pressefreiheit und verbietet die Zensur. Gesetzesbestimmungen zur Informationsfreiheit garantieren den Zugang zu öffentlicher Information. Das Rundfunkgesetz besagt, dass sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Sender eine pluralistische und nicht-diskriminierende Berichterstattung über alle relevanten Standpunkte in ihren Nachrichtenprogrammen gewähren sollten. Georgien verfügt über eine lebendige Medienlandschaft mit dem Fernsehen als primäre Informationsquelle. Seit 2012 ist es zu einer Verbesserung des Pluralismus im Medienbereich gekommen. Jedoch bewirkt der begrenzte Werbemarkt, dass die Mehrheit der Medien wirtschaftlich nicht überlebensfähig und infolgedessen nicht völlig unabhängig von externen Druck, etwa seitens politischer Akteure, ist. Insbesondere werden die Rundfunkanstalten als entlang politischer Gräben polarisiert wahrgenommen. In einigen Fällen besteht eine offensichtliche Verbindung zwischen Medieneigentümer und der Politik (OSCE 3.2.2017).

 

Laut "Reporter ohne Grenzen" rangierte Georgien im "World Press Freedom Index 2016" auf Platz 64 von 180 Ländern und verbesserte sich um fünf Ränge im Vergleich zu 2015. Die Transparenz hinsichtlich der Eigentumsstruktur im Medienbereich hat sich verbessert, die Rundfunk-Regulierungsbehörde wurde reformiert und Gewalt gegen Journalisten tritt weniger häufig auf, obschon Drohungen gegen Journalisten vermeldet worden sind. Die Medien sind weiterhin polarisiert, und trotz gewisser Fortschritte mischen sich die Eigentümer in redaktionelle Inhalte ein. Der Krieg um die Eigentümerschaft über die wichtigsten Fernsehsender stellt laut RWB eine künftige Gefahr für den Medienpluralismus dar (RWB 1.3.2017).

 

Die Verfassung garantiert die Meinungs- sowie Pressefreiheit. Die BürgerInnen haben im Allgemeinen die Freiheit diese Rechte in Anspruch zu nehmen, obgleich es Anschuldigungen gibt, wonach die Regierung bei Zeiten die BürgerInnen nicht angemessen bei Ausübung ihrer Rechte schützt. NGOs äußerten die Besorgnis, dass sowohl Mitglieder der gegenwärtigen als auch der vormaligen Regierung zivilgesellschaftliche Akteure und Medien kritisierten und zu Ermittlungen gegen einzelne NGO-Leiter aufriefen. Dies führte zur Selbstzensur bei Journalisten und NGO-Akteuren (USDOS 3.3.2017).

 

Der International Research and Exchanges Board (IREX) bewertete für 2016 den Stand der Pressefreiheit differenziert. Was die Vielfalt der öffentlichen und privaten Medien anlangt, so offerieren diese eine Vielfalt von Standpunkten. Die Bürger haben freien Zugang zu heimischen und internationalen Medien. Unabhängige Nachrichtenagenturen sammeln und verteilen die Nachrichten an die diversen Medien. Die vorhandene Transparenz der Eigentümerschaft erlaubt es den Konsumenten die Objektivität der jeweiligen Medien zu beurteilen. Es besteht keine Medienkonzentration. Das weite Spektrum gesellschaftlicher Interessen wird wiedergegeben bzw. ist vorhanden. Dazu gehören auch Medieninformationen in den Minderheitensprachen. Auf der vierstufigen Sub-Skala für Nachrichtenvielfalt erhielt Georgien 2016 2,61 von maximal 4 Punkten. Die Indikatoren für die Meinungsfreiheit zeigen, dass rechtliche und gesellschaftliche Schutzmechanismen für die freie Rede bestehen und umgesetzt werden. Die Lizenzierung oder Registrierung von Medien schützt ein öffentliches Interesse. Straftaten gegen Medienvertreter, Bürgerreportern und Media-Outlets werden streng verfolgt, obgleich solche Straftaten rar sind. Das Gesetz schützt die redaktionelle Unabhängigkeit bei staatlichen Medien. Um den Beruf eines Journalisten ausüben zu können, braucht es keiner Lizenz oder Registrierung. Mediale Verleumdung wird zivilrechtlich verfolgt. Allerdings bestehen für Vertreter der Öffentlichkeit höhere Standards, und die angegriffene Partei muss die Falschheit und den Vorsatz nachweisen (IREX 2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* IREX – International Research and Exchanges Board (2016): Media Sustainability Index 2016 - The Development of Sustainable Independent Media in Europe and Eurasia,https://www.irex.org/sites/default/files/pdf/media-sustainability-index-europe-eurasia-2016-full.pdf.pdf , Zugriff 1.3.2017

 

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (3.2.2017): Georgia - Parliamentary Election – 8 and 30 October 2016, OSCE/ODIHR Election Observation Mission, Final Report, ,http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/297551?download=true , Zugriff 1.3.2017

 

* RWB – Reporter Without Border (2017): Georgia - ?Media independence, the final frontier; 2016 World Press Freedom Index, https://rsf.org/en/georgia , Zugriff 1.3.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Haftbedingungen

 

Im Jahr 2015 wurde eine überarbeitete Strategie gegen Misshandlungen verabschiedet. Eine weitere Reform des Haftanstaltengesetzes führte zu strukturellen Veränderungen im Ministerium für den Strafvollzug. Dem Ombudsmann und den Mitgliedern der Speziellen Präventionsgruppe (Special Preventive Group) wurden zusätzliche Überwachungsrechte eingeräumt. Die Behandlung der Gefangenen verbesserte sich, aber das Verhältnis von Gefängnisinsassen zur Bevölkerungszahl blieb eines der höchsten in Europa. Der Schutz und die Verbesserung der Bestimmungen des Gesundheitswesens (einschließlich psychologischer Versorgung) in Gefängnissen, polizeilichen Hafteinrichtungen und anderen geschlossenen Anstalten müssen laut Europäischer Kommission mit den europäischen Normen und den "Best Practices" in Einklang stehen (EC 25.11.2016).

 

Mit Stand 31.7.2016 befanden sich 9.765 Personen in Haft, davon 11,5% in Untersuchungshaft, verglichen mit 10.372 im Jahr 2014 und

19.350 im Jahr 2012 (ICPS 2016).

 

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter lobte 2015 die positiven Entwicklungen seit 2012, insbesondere das Verschwinden physischer Bestrafung und erzwungener Geständnisse sowie der Überbelegung der Gefängnisse. Zudem sei in die Verbesserung der Infrastruktur investiert und adäquate Voraussetzungen für die medizinische Versorgung und Ernährung geschaffen worden. Kritisiert wird allerdings, dass Untersuchungshäftlingen, manchmal sogar über Monate hinweg, nicht gestattet wird, zu telefonieren oder Besuch durch Angehörige zu empfangen (OHCHR 19.3.2015).

 

Am 23.9.2016 äußerte sich das Ministerkomitee des Europarats dahingehend, dass die georgische Regierung Schritte unternommen hat, das Leben von Gefängnisinsassen zu verbessern, insbesondere durch die Beseitigung der Überbelegung der Zellen. Überdies wurde die Arbeit des ressortübergreifenden Rates für den Kampf gegen Folter und Misshandlung gelobt bzw. der Anti-Folter-Aktionsplan der Regierung gebilligt (Agenda.ge 23.9.2016).

 

Anlässlich des Berichts des Ministeriums für Strafvollzug an das Parlament sah der Ombudsmann seine Empfehlungen zum intensiven Fortbildungsprogramm für das medizinische Gefängnispersonal sowie die Entwicklung einer neuen Form zur Beschreibung von Körperverletzungen im Einklang mit dem Istanbuler Protokoll erfüllt. Empfehlungen bezüglich der Verbesserung der Infrastruktur und der Bedingungen in den Haftvollzugsanstalten wurden graduell bzw. teilweise umgesetzt. Weitere Verbesserungen sind jedoch notwendig, damit die internationalen Standards erfüllt werden. Einigen Fortschritt gab es hinsichtlich der empfohlenen Rehabilitationsaktivitäten innerhalb der Haftanstalten. Allerdings sind diese in einigen Gefängnissen nach wie vor unzureichend. Empfehlungen zur Verbesserung des Gesundheitssystems in den Gefängnissen, inklusive die psychologische Gesundheitsbetreuung, wurden teilweise umgesetzt. Bedauernswerterweise sind trotz der Einführung des Programms zur Suizid-Prävention die Fälle von Selbstmordversuchen und Suiziden angestiegen. Nicht umgesetzt wurden die Empfehlungen, jugendliche Straftäter zu ihrem Schutz vorübergehend in anderen Institutionen unterzubringen, lebenslängliche Häftlinge am Rehabilitationsprogramm teilhaben zu lassen und eine vollständige Videoüberwachung der Haftanstalten zu installieren. Darüber hinaus wurden keine Maßnahmen gesetzt, dass Ausländer und Staatenlose den vollen Zugang zum Gesundheitssystem in den Haftanstalten in einer verständlichen Sprache bekommen (PD 23.2.2017).

 

Quellen:

 

* Agenda.ge (23.9.2016): Council of Europe: Prison conditions improving in Georgia, http://agenda.ge/news/66002/eng , Zugriff 2.3.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 2.3.2017

 

* ICPS - International Centre for Prison Studies (2016): World Prison Brief – Georgia,

http://www.prisonstudies.org/country/georgia , Zugriff 2.3.2017

 

* OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (19.3.2015): Georgia Has Come A Long Way, But More Needs To Be Done – Un Special Rapporteur On Torture, http://www.ecoi.net/local_link/299359/435934_de.html , Zugriff 2.3.2017

 

* PD – Public Defender of Georgia (23.2.2017): Report of Ministry of Corrections on Implementation of Public Defender's Recommendations, http://www.ombudsman.ge/en/news/report-of-ministry-of-corrections-on-implementation-of-public-defenders-recommendations1.page , Zugriff 2.3.2017

 

Todesstrafe

 

1997 wurde die Todesstrafe abgeschafft und 2007 diese Abschaffung in der Verfassung verankert (AA 20.3.2017a).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (20.3.2017a): Staatsaufbau/Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html , Zugriff 20.3.2017

 

Ethnische Minderheiten

 

Gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2014 sind 86,8% der Bevölkerung ethnische Georgier, 6,3% Aseri, 4,5% Armenier und 2,3% gehören anderen ethnischen Gruppen an. 87,6% der Bevölkerung sprechen offiziell Georgisch, 6,2% Aserisch, 3,9% Armenisch 1,2% Russisch, und 1% sprechen eine andere Sprache (CIA 12.1.2017).

 

Hinsichtlich der Gleichbehandlung wurde im August 2015 eine Gleichheits- und Integrationsstrategie mit einem dazugehörigen Aktionsplan (2015-2020) beschlossen. Die Aktivitäten zur Integration ethnischer Minderheiten sind bislang nicht in konkrete Fortschritte umgesetzt worden (EC 25.11.2016).

 

Eine gesellschaftliche Gleichstellung von Minderheiten kann allerdings auch staatlicherseits nicht ausreichend gewährleistet werden. Die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und damit ein sozio-ökonomischer Aufstieg bleiben vielen Angehörigen ethnischer Minderheiten aufgrund von mangelnder Kenntnisse der georgischen Sprache faktisch verwehrt. Auch spiegelt sich z.B. der Anteil der der aserbaidschanischen und armenischen Bevölkerung in den Exekutivorganen nicht wider. Staatliche Informationsquellen wie Fernsehen und Radio sind allein in georgischer Sprache verfügbar (AA 10.11.2016).

 

Ethnische Minderheiten sind in gewählten Positionen unterrepräsentiert. Im Parlament gab es drei Parlamentarier armenischer und vier aserbaidschanischer Herkunft, jedoch keinen Minderheitenvertreter in der Regierung, dem Höchst- oder dem Verfassungsgericht (USDOS 3.3.2017).

 

Die Verfassung verbietet die Diskriminierung aufgrund der Religion oder der ethnischen Herkunft, und die nationalen Minderheiten genießen alle politischen Rechte, auch das Recht ihre Muttersprache im privaten und öffentlichen Raum zu verwenden. Georgien hat auch die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutze der nationalen Minderheiten ratifiziert, jedoch nicht die Europäische Charta für regionale oder Minderheitensprachen (ECRML). Die politische Teilnahme der nationalen Minderheiten ist begrenzt. Zu den Parlamentswahlen im Herbst 2016 nominierten etliche Parteien und Parteienbündnisse Kandidaten nationaler Minderheiten, allerdings wenige an aussichtsreichen Positionen. Die Minderheitensprachen wurden in den Minderheitengebieten, insbesondere in den aserischen, von den politischen Parteien und Kandidaten intensiv und ohne Hindernisse verwendet (OSCE 3.2.2017).

 

Historisch ethnischen Minderheiten in Georgien erfahren weiterhin Probleme im Bildungsbereich. Die Qualität der aus Georgischen in die Minderheitensprachen übersetzten Lehrbücher ist oft schlecht. Rund 70% der Texte wurden übersetzt, während 30% nur auf Georgisch verfügbar sind und meist von Lehrern in Minderheitenschulen ignoriert werden. Die Qualität des Georgisch-Unterrichts als Zweitsprache für Kinder ethnischer Minderheiten bleibt problematisch. All diese Faktoren führen zu einem niedrigeren Bildungsstandard bei Kindern ethnischer Minderheiten und verursachen später Hindernisse für diese in der Hochschulbildung und am Arbeitsplatz (ECRI 1.3.2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* CIA – Central Intelligence Agency (29.10.2015): The World Fact Book – Georgia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gg.html , Zugriff 13.11.2015

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 3.3.2017

 

* ECRI – European Commission against Racism and Intolerance (1.3.2016): ECRI REPORT ON GEORGIA (fifth monitoring cycle) [CRI (2016)2],

https://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/Country-by-country/Georgia/GEO-CbC-V-2016-002-ENG.pdf , Zugriff 3.3.2017

 

* OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (3.2.2017): Georgia - Parliamentary Election – 8 and 30 October 2016, OSCE/ODIHR Election Observation Mission, Final Report, ,http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/297551?download=true , Zugriff 3.3.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 17.3.2017

 

Bewegungsfreiheit

 

Es ist nach dem georgischen Recht illegal, Georgien von Russland über Südossetien oder Abchasien zu betreten, da es keine offizielle Grenzkontrolle gibt. Wer auf diese Weise einreist, kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren bestraft werden. Wenn der Reisepass Ein- und Ausstiegsstempel von den separatistischen Behörden hat, können die georgischen Behörden dies als illegale Einreise über einen nicht anerkannten Grenzübertritt betrachten (Gov.UK 8.3.2017).

 

Bei der Ausreise aus Georgien erfolgt dem Anschein nach eine strenge Pass- und Identitätskontrolle. Ziel ist es, aufenthaltsrechtliche Verstöße, insbesondere aber mit Haftbefehl gesuchte Straftäter zu identifizieren. Die wiederholten Festnahmen von Personen, die mit internationalem Haftbefehl gesucht werden, lassen eine gründliche Durchführung von Kontrollen erkennen (AA 10.11.2016).

 

Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Auswanderung und Rückkehr von Bürgern vor, aber die de facto-Behörden in Abchasien und Südossetien beschränken diese Freiheit. Die südossetischen Behörden führten im Dezember 2016 einen neuen ab 1.1.2017 gültigen Grenzübertrittausweis ein, der drei Jahre gültig sein soll. Die abchasischen Behörden erlauben folgenden Personengruppen das passieren der georgisch-abchasischen Grenze:

Inhaber abchasischer und sowjetischer Reisepässe, Form-Nr. 9-Passierscheine, Angestellte mit georgischen oder internationalen Pässen des grenznahen Wasserkraftwerkes Enguri, Kinder unter 14 Jahren, zumeist ethnischen GeorgierInnen aus dem Bezirk Gali sowie georgische StaatsbürgerInnen, die eine offiziell bestätigte Einladung aus Abchasien besitzen. Während es seitens der georgischen Behörden keine Einschränkungen für internationale humanitäre Organisationen hinsichtlich des Zutritts nach Abchasien und Südossetien gibt, schränken russische, südossetische und abchasische Behörden internationale Organisationen in Bezug auf ihre Bewegungsfreiheit ein. Beschränkungen betreffen vor allem die lokale Bevölkerung hinsichtlich der medizinischen Versorgung, der Bildung, des Pensionswesens und der Gottesdienste (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* Gov.UK (20.3.2017): Foreign travel advice – Georgia, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/georgia/safety-and-security , Zugriff 20.3.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 10.3.2017

 

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

 

Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen beim Schutz und der Unterstützung von Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, Rückkehrern, Asylsuchenden und Staatenlosen zusammen. Laut Berichten möchte die Mehrheit der 250.000 Binnenflüchtlinge aus Abchasien und Südossetien wieder in ihr Ursprungsgebiet zurückkehren. Nach Angaben des Ministeriums für Binnenflüchtlinge gab es mit Stand August 2016 271.525 Binnenflüchtlinge. UNHCR schätzte, dass 166.000 Personen sich in einer volatilen Sicherheitslage, die der von Binnenflüchtlingen ähnelte, befanden und somit Schutz und humanitäre Hilfe brauchten. Hierzu zählten auch Personen, die nach Abchasien und Südossetien entlang der Verwaltungsgrenze zurückgekehrt waren. Das für die Binnenflüchtlinge zuständig Ministerium gewährt monatliche Beihilfen für anerkannte Binnenflüchtlinge und fördert deren sozioökonomische Integration. 45.000 Personen arbeiten als Saisonarbeiter und konnten in die abchasischen Bezirke Gali und Otschamtschire zurückkehren. Allerdings verwehren die abchasischen Defacto-Behörden eine Rückkehr der Binnenflüchtlinge in andere Gebiete Abchasiens. Personen, die ihr Eigentum in Abchasien reklamierten, wurden 2008 per Gesetz enteignet (USDOS 3.3.2017).

 

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Binnenflüchtlinge, Chaloka Beyani, konstatierte anlässlich seines Besuches in Georgien Ende September 2016, dass Georgien Fortschritte hinsichtlich der Verbesserung der Lebenssituation von Binnenflüchtlingen gemacht habe, dazu zählte insbesondere die Verbesserung der Wohnungslage (GT 29.9.2016, vgl. Agenda.ge). Der Ombudsmann informierte den UN-Sonderberichterstatter, dass trotz der positiven Schritte etliche Probleme der Binnenflüchtlinge ungelöst blieben, was erhebliche Anstrengungen und eine aktive Arbeit seitens der maßgeblichen Behörden notwendig mache. Insbesondere müssten laut Ombudsmann die gesetzlichen Regelungen dahingehend adaptiert werden, damit es zu einem bedarfsorientierten Zugang in der Frage der Binnenflüchtlinge und es somit zu langfristigen Lösungen käme. Hierzu zählt insbesondere die Förderung der sozioökonomischen Integration der Binnenflüchtlinge (PD 26.9.2016).

 

Vor diesem Hintergrund und der Herausforderung der Unterstützung und Integration dieser Binnenflüchtlinge erfahren ausländische Flüchtlinge in Georgien nur geringe Aufmerksamkeit. Ihre Zahl ist im Vergleich gering. In den letzten fünf bis sechs Jahren gab es insgesamt etwa 5.000 Asylbewerber. Nach einem deutlichen Anstieg 2014-2015 (vor allem Iraker, Ukrainer) ist die Zahl der Neuanträge stark rückläufig. Sie finden bislang nur geringe Wahrnehmung – Unterstützungsleistungen für Flüchtlinge, auch finanzieller Art, kommen faktisch ausschließlich von internationalen Organisationen und Projekten. Eine Integration von Flüchtlingen ist auch durch Sprachbarrieren und eine gegenüber Fremden distanzierte georgische Öffentlichkeit schwierig (AA 10.11.2016).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* Agenda.ge (26.9.2016): UN Special Reporter: "Georgia’s improved living conditions of IDPs", http://agenda.ge/news/66135/eng , Zugriff 15.3.2017

 

* GT – Georgian Today (29.9.2016): Chaloka Beyani: Georgia Has Made Progress with IDP Situation,

http://georgiatoday.ge/news/4760/Chaloka-Beyani:-Georgia-Has-Made-Progress-with-IDP-Situation- , Zugriff 15.3.2017

 

* PD – Public Defender of Georgia (26.9.2016):Public Defender Meets with UN Special Rapporteur on Human Rights of Internally Displaced Persons,

http://www.ombudsman.ge/en/news/public-defender-meets-with-un-special-rapporteur-on-human-rights-of-internally-displaced-persons.page , Zugriff 15.3.2017

 

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016,

http://www.ecoi.net/local_link/337143/466903_en.html , 10.3.2017

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Bedingt durch den Aufschwung im Finanz-, Immobilien-, Transport- und Bausektor verzeichnete Georgien Wachstumsraten in zum Teil zweistelliger Höhe. Der Krieg zwischen Georgien und Russland 2008 sowie die globale Wirtschafts- und Finanzkrise führten allerdings zu einem neuerlichen Einbruch. Daraufhin sagte die internationale Gebergemeinschaft Hilfszahlungen in der Höhe von insgesamt 4,5 Milliarden US-Dollar zu. Die georgische Währung hat seit November 2014 gegenüber dem US-Dollar stark an Wert verloren (über 30 Prozent). Ursachen dafür sind der aktuell sehr starke Dollar, der Rückgang von Devisenzuflüssen aufgrund geringerer Exporte und steigender Importe sowie geringeren Direktinvestitionen aus dem Ausland. Auch die Rücküberweisungen der georgischen Diaspora vor allem aus Russland gingen deutlich zurück (ca. um 30 Prozent). Die Nationalbank Georgiens versuchte, die Sicherung der Preisstabilität mit einer strafferen Geldpolitik zu gewährleisten. Die Abwertung der Georgischen Währung gegenüber dem US-Dollar ging weiter und hatte Ende November 2016 den historischen Tiefpunkt erreicht. Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos und verarmt. Die offizielle Arbeitslosenquote lag 2014 bei 12,4 % und 2015 bei 12%. 10,1% der GeorgierInnen leben in Armut. Vor allem die BewohnerInnen der ländlichen Gebiete in den Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende intern Vertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten AuslandsmigrantInnen machen mit ca. 24% einen nennenswerten Anteil des Volkseinkommens aus (ADA 12.2016).

 

Mit 1.7.2016 trat das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Georgien in Kraft. Dazu gehörte auch das sog vertiefte und umfassende Freihandelsabkommen (DCFTA). Bereits 2015 stiegen die georgischen Exporte in die EU um 16%. Nichtsdestoweniger blieb der georgische Handel fragil. Die makroökonomische Situation blieb stabil, sodass 2015 ein Wachstumsplus von 2,5% verzeichnet werden konnte, trotz der unvorteilhaften regionalen Lage. Das Budgetdefizit hat allerdings in den letzten Jahren zugenommen, sodass es nach 3,5% im Jahr 2015 bereits 4,5% im Jahr 2016 betrug. Die öffentliche Verschuldung betrug 2015 42,7% des Bruttoinlandsproduktes. Das angewachsene Handelsdefizit konnte durch die signifikante Zunahme von ausländischen Investitionen kompensiert werden. Die Inflation lag im September 2016 bei fast Null-Prozent. Das Geschäftsumfeld in Georgien gilt als das beste in der gesamten Region und hat sich weiterhin verbessert. Die Landwirtschaft ist weiterhin der Hauptbeschäftigungssektor in Georgien. Rund die Hälfte der aktiven Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Die Defizite sind eine Fragmentierung des Landes, begrenzter Zugang zur Bildung, modernen Technologien und Agrarkrediten. Georgien hat sich bemüht die Produktivität seiner Wirtschaft, darunter die Landwirtschaft, zu steigern. 2016 wurde eine nationale Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raumes gestartet, die die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Wirtschaft und ihrer Gemeinden unterstützen soll (EC 25.11.2016).

 

Quellen:

 

* ADA – Austrian Development Agency (12.2016): Georgien – Länderinformation,

http://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/LI_Georgien_Dez2016.pdf , Zugriff 15.3.2017

 

* EC – European Commission (25.11.2016): Association Implementation Report on Georgia [SWD (2016) 423 final], https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/1_en_jswd_georgia.pdf , Zugriff 8.3.2017

 

Sozialbeihilfen

 

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen

Zuschüsse: Existenzhilfe, Reintegrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, soziale Sachleistungen und Sozialpakete.

 

Gesetzliche Renten:

 

Voraussetzungen (nicht alle müssen erfüllt sein):

 

 

 

 

Die monatliche staatliche Rente beträgt 180 GEL (IOM 2016).

 

Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL bzw. 24 EUR monatlich; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL bzw. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband (AA 10.11.2016).

 

Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).

 

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* IOM - International Organisation for Migration (2016):

Länderinformationsblatt Georgien

 

* SSA – Social Service Agency (o.D.a.): Pecuniary Social Assistance (Subsistence Allowance),

http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=35 , Zugriff 16.3.2017

 

* SSA – Social Service Agency (o.D.b.): Reimbursement of leave for maternity and childcare, as well as for adoption of a new-born child, http://ssa.gov.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=375 , Zugriff 16.3.2017

 

Medizinische Versorgung

 

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 10.11.2016)

 

Das "Universal Health Care" umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen:

 

 

 

 

 

 

von der Krankheit (IOM 2016).

 

Zugang besonders für Rückkehrer:

 

 

 

 

Unterstützung

 

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überführung durch Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL) (IOM 2016).

 

Kosten

 

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für

 

Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro 3 Monate (IOM 2016).

 

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen. Jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2016).

 

Nach der Einführung der universalen Gesundheitsvorsorge hat sich der Zugang der Bevölkerung zu den Dienstleistungen des Gesundheitsbereiches signifikant verbessert. Allerdings finanziert das Programm eine Reihe medizinischer Betreuungsmaßnahmen nicht und der Finanzierungsumfang ist zu gering. Der georgische Ombudsmann empfahl die Liste der Krankheiten im Rahmen des Gesundheitsprogrammes zu erweitern und die Finanzierungsgrenzen zu erhöhen (PD 2015).

 

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlose versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* IOM - International Organisation for Migration (2016):

Länderinformationsblatt Georgien

 

* JF – The Jamestown Foundation (9.3.2015): Why Are Ossetians and Abkhazians Coming to Georgia for Medical Treatment? https://jamestown.org/program/why-are-ossetians-and-abkhazians-coming-to-georgia-for-medical-treatment/ , Zugriff 16.3.2017

 

* PD – Public Defender (Ombudsman) of Georgia (2015): Annual Report of the Public Defender of Georgia the Situation of Human Rights and Freedoms in Georgia 2015,

http://www.ombudsman.ge/uploads/other/3/3892.pdf , Zugriff 16.3.2017

 

Rückkehr

 

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die gewöhnlichen, wenn auch unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Basisversorgung. Darüber hinaus bietet der Familienverband traditionell eine soziale Absicherung. Gesetzliche Grundlagen (Migrationsstrategie, neues Ausländerrecht) wurden geschaffen und weiterentwickelt und erstmals auch Haushaltsmittel für die Reintegration von Rückkehrern zur Verfügung gestellt. Maßgebliche Gründe für diese Entwicklung waren vor allem die angestrebte Visaliberalisierung mit der EU, das anhaltende Engagement internationaler Organisationen vor Ort und die Zusammenarbeit aufgrund von Rückübernahme-Abkommen mit verschiedenen Partnern. Die überwiegende Zahl der Rückkehrer wendet sich dem Familienverband zu und erhält dort Unterstützung. 2014 hat die georgische Regierung erstmalig aus eigenen Haushaltsmitteln Gelder für Reintegrationsprojekte durch sieben zivilgesellschaftliche Akteure zur Verfügung gestellt. Internationale Organisationen – wie IOM, ICMPD – bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU-Mitgliedstaaten) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. Staatliche Repressalien gegenüber Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich (AA 10.11.2016).

 

Das Ministerium für Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge ist für die Koordinierung der Reintegrationsmaßnahmen verantwortlich, welche in der Migrationsstrategie 2016-2020 neu geplant worden sind. Gemäß dieses Programms werden eine nachhaltige Finanzierung sowie eine erweiterte Kapazität garantiert, dass die sog. Mobilitätszentren unterschiedliche Reintegrationsdienste leisten. Überdies wird innerhalb des Ministeriums eine analytische Abteilung errichtet, die Daten zu Rückkehrern, beispielsweise zu ihren Qualifikationen und Bedürfnissen, sammelt (EC 18.12.2015).

 

2015 wurden im Staatsbudget 400.000 GEL für Reintegrationsmaßnahmen reserviert. Aus den Geldern wurden Mikro-Geschäfts-Projekte, temporäre Unterkünfte, Aus- und Fortbildungskurse, Förderungen für bezahlte Praktiken, Erste Hilfe und medizinische Grundversorgung, psychologische Rehabilitation und Rechtshilfe für Rückkehrer unterstützt. Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien angekommen sind (MRA o. D.). 2016 wurde das Programm auf 600.000 GEL aufgestockt, und das Ministerium setzte dessen Umsetzung unter Einbeziehung von NGOs fort (SCMI 16.8.2016)

 

Quellen:

 

* AA - Auswärtiges Amt (AA - Auswärtiges Amt (10.11.2016): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien): Bericht

über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

 

* EC – European Commission (18.12.2015): Report from the Commission to the European Parliament and the Council. Forth Progress Report on the implementation by Georgia of the Action Plan on Visa Liberalisation [COM(2015) 299 final], http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e-library/documents/policies/international-affairs/general/docs/fourth_report_georgia_implementation_action_plan_visa_liberalisation_en.pdf , Zugriff 16.3.2017

 

* MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.):"Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants"Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769 , Zugriff 16.3.2017

 

* SCMI – State Commission on Migration Issues (16.8.2016):

Information Meeting on Reintegration of Returned Migrants in Sadakhlo Community Center,

http://migration.commission.ge/index.php?article_id=248&clang=1 , Zugriff 16.3.2017

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die bP den von ihr behaupteten Gefährdungen ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt wären.

 

2. Beweiswürdigung

 

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich –vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

 

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der bP nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt werden, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der bP als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

 

Anzuführen ist, dass es den volljährigen bP aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit möglich wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammen, welcher die Existenz seiner Bürger dokumentiert und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt.

 

Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung der bP an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher von den bP zu vertreten.

 

Der von dem bP 1 vorgelegte Ausweis (Veteranenausweis) stellt jedenfalls keinen solchen geeigneten Identitätsnachweis dar, zumal es sich dabei nicht um ein von den dafür zuständigen Behörden ausgestelltes Identitätsdokument handelt. Gleiches gilt für die Adoptionsurkunde, welche zusätzlich nicht einmal ein Lichtbild aufweist.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

 

Die bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).

 

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten -–z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

 

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

 

II.2.4.1. Wie schon die belangte Behörde nimmt auch das BVwG an, dass die bP 2 aufgrund ihres nicht widerlegbaren Vorbringens und den vorgelegten Unterlagen hierzu adoptiert worden ist. Darüber hinaus verkennt das BVwG auch nicht, dass es in Zusammenhang mit Adoptionen in Georgien vor einigen Jahren zu Problemen gekommen ist, welche aufgearbeitet werden. Nicht nachvollziehbar konnten die bP jedoch darlegen, dass sie in Georgien relevanten Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen ausgesetzt waren oder im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wären. Das von den bP geschilderte diesbezügliche Bedrohungsszenario in Zusammenhang mit einer Bedrohung durch die Mutter der bP war als absolut unglaubwürdig einzustufen. Darüber hinaus wäre – bei Wahrunterstellung – der georgische Staat jedenfalls als schutzfähig und schutzwillig anzusehen, weshalb das Vorbringen an sich schon keine Asylrelevanz aufweist. Auch Probleme der bP 2 generell im Zusammenhang mit ihrer Adoption oder Recherchen diesbezüglich konnten nicht glaubhaft gemacht werden. Selbst das Vorbringen betreffend einer etwa der bP 1 nunmehr wegen ungerechtfertigtem Verlassen des Dienstes drohende Verfolgung weist jedenfalls keinerlei Asylrelevanz auf.

 

Die bP konnten keine Umstände dartun, die die Annahme rechtfertigen würden, dass sie in ihrem Heimatstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt wären, und konnten daher die geltend gemachten Fluchtgründe nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Es ist den bP in diesem Zusammenhang nicht gelungen, eine gezielt und konkret gegen sie gerichtete, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende, Asylrelevanz erreichende Verfolgung darzutun.

 

Dies aus nachstehenden Gründen:

 

II.2.4.2. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG konnten die bP kein stimmiges, nachvollziehbares Vorbringen erstatten und erweckten vielmehr den Eindruck, dass sie sich eines eingelernten Vorbringens bedienten. Die erfüllten die Kriterien für die Erstattung eines glaubwürdigen Vorbringens nicht. Dies weder im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde noch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Insbesondere hinterließen sie keinen persönlich glaubwürdigen Eindruck, vielmehr zeichnete sich das Vorbringen dadurch aus, dass es in den relevanten Teilen vage und nicht nachvollziehbar gestaltet wurde und Widersprüche aufwies, sowie teilweise gesteigert wurde.

 

II.2.4.3. Die bP 2 gab im Rahmen ihrer Erstbefragung lediglich an, dass sie seit Sommer 2014 telefonische Anrufe bekomme. Eine Frau habe behauptet, ihre leibliche Mutter zu sein. Diese Frau habe sie damit bedroht, dass falls sie nicht nach Russland zu ihrer Mutter ginge, entführt werde und die bP 1 ermordet werden würde. Auch hätten die Nachbarn erfahren, dass sei eine Russin wäre und hätten sie diese beschimpft. Die bP 1 gab ebenfalls ausschließlich diese Fluchtgründe an und verneinte wie die bP 2, dass sie im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe.

 

Im Schreiben vom 08.09.2017 teilten die bP mit, dass sie sich im Zuge der Vorbereitung auf die Einvernahme vor der belangten Behörde das Protokoll der Erstbefragung von einem diplomierten Dolmetscher übersetzen lassen haben. Letzter ausgeübter Beruf der bP 1 sei Polizist, die bP 2 sei Studentin bzw. im Einzelhandel gewesen. Der tatsächliche Anlassfall für die Ausreise sei nicht protokolliert worden. Dieser sei gewesen, dass sie einen Anruf einer männlichen Person erhalten hätten. Es sei ein 7-Tage Ultimatum gestellt worden unter "Androhung von Gewalt an die Familienmitglieder". Im Falle der Rückkehr würden sie Gewaltanwendung und Entführung sowie strafrechtliche Konsequenzen für die bP 1 aufgrund der "nicht ordentlichen" Abmeldung vom Polizeidienst befürchten. Es habe Verständigungsprobleme gegeben und sei das Beweismaterial nicht übersetzt worden.

 

Auch in den Einvernahmen vor der belangten Behörde erstatten die bP 1 und bP 2 im Wesentlichen dieses Vorbringen mit etwas mehr Details ausgestattet. Es wurden konkretere Eckdaten zu den telefonischen Bedrohungen genannt. Konkreter wurde auch angegeben, dass die erziehende Mutter der bP 2 zugegeben habe, einer Krankenschwester Geld für ihre Adoption bezahlt zu haben. Die bP 2 sei nach der Geburt offiziell für tot erklärt worden.

 

Erstmalig sei die bP 2 von der leiblichen Mutter im September 2014 kontaktiert worden. Das nächste Mal sei sie im Oktober kontaktiert und von der leiblichen Mutter bedroht worden. Sie hätten es versucht, aber die Telefonnummer nicht ausforschen können. Die bP 2 sei dann in ihr Geburtskrankenhaus gegangen und habe eine Frau gefunden, die ihr die Adoptionsunterlagen besorgt hätte.

 

II.2.4.3. In der Beschwerde wurde von den bP in mehreren Punkten das Vorbringen ohne nähere Erklärung dazu, warum es ihnen nicht möglich gewesen ist, diese Punkte bereits bei den Einvernahmen vorzubringen, gesteigert.

 

Von der bP 2 wurde erstmalig behauptet, dass sie auch bemerkt habe, dass sie aus einem Auto fotografiert worden sei. Darüber hinaus sprachen die bP 1 und bP 2 vor der belangten Behörde noch davon, dass die leibliche Mutter früher auch beim Militär gewesen sei. Nunmehr in der Beschwerde wurde plötzlich behauptet, dass die leiblichen Eltern der bP 2 für den KGB arbeiten würden. Es sei mitgeteilt worden, dass niemand etwas über die Identität der bP 2 erfahren dürfe, da die leibliche Mutter sehr gefährlich sei. In der mündlichen Verhandlung behauptete die bP 2 dann, schon die Mutter selbst hätte sie im Rahmen der Drohanrufe darüber aufgeklärt, dass sie beim KGB ist. Gerade derartige Umstände, dass man von KGB Mitarbeitern bedroht wird, würde man bei tatsächlichem Vorliegen bereits bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, jedenfalls aber im Rahmen der schriftlichen Korrektur der Erstbefragung bzw. zumindest in der weitreichenden Schilderung in der Einvernahme vor der belangten Behörde angeben, was die bP aber gerade nicht getan haben.

 

Absolut neu war auch das Vorbringen der bP 2 in der Beschwerde, sie habe herausgefunden, dass in diesem Krankenhaus Kinder mit gefälschten Dokumenten verkauft wurden. Als sie im Internet zu diesen Vorfällen nachgeforscht hätte, seien diese Internetseiten gesperrt worden.

 

Vor der belangten Behörde wurde auch nicht erwähnt, dass die bP 2 wie in der Beschwerde angeführt im November von einer Frau die Adoptionsurkunde und einen gerichtlichen Beschluss erhalten habe, welche sie eigentlich nicht besitzen dürfe, weil dies strafbar sei.

 

Auch habe ihr gemäß den Angaben in der Beschwerde die Mutter mitgeteilt, dass ihre Familie die Adoption nicht befürwortet und sich deshalb abgewandt hätte. Die Familie der bP 1 habe der bP 2 Vorwürfe gemacht und sei auf die Tür ihrer erziehenden Mutter: "Du bist ein russisches Schwein", geschrieben worden. Diese Umstände erwähnten die bP in der mündlichen Verhandlung nicht mehr. Dafür behaupteten die bP erstmalig in der mündlichen Verhandlung, dass auch mit sexueller Gewalt gegen die bP 2 gedroht worden sei, offensichtlich um ihren Vorbringen in ihren Augen mehr Gewicht beizumessen.

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann, zumal ein Asylwerber keine sich bietende Gelegenheit ungenützt vorübergehen lassen würde, ein zentrales entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten (vgl. VwGH, 07.06.2000, 2000/01/0250).

 

II.2.4.3. Für die bereits von der belangten Behörde angenommene Unglaubwürdigkeit der Angaben der bP spricht alleine schon auch der gravierende Widerspruch, dass die bP 1 vor der belangten Behörde angab, sie hätten einen Anruf von einer Frau namens XXXX , der Mutter der bP 2 erhalten, während die bP 2 meinte, ihr sei von der Mutter mitgeteilt worden, sie selbst heiße XXXX . Die Angabe in der Beschwerde, dass von einer Namensgleichheit auszugehen sei, erscheint in dem an sich unstimmigen Vorbringen der bP lediglich als Schutzbehauptung, um eine Erklärung für diesen Widerspruch zu finden. Weder die bP 1 noch die bP 2 haben erwähnt, dass die bP 2 wie ihre Mutter heißen sollte, und hat die bP 1 sogar in der Einvernahme dezidiert angeführt, dass eine Frauenstimme gesagt habe, ich bin XXXX und du heißt Anna.

 

Völlig unplausibel und von den bP auch in der mündlichen Verhandlung nicht erklärbar war der Umstand, dass sie ihre Tochter bei ihrer Flucht nicht mitgenommen haben, sondern gerade bei den Eltern der bP 2 gelassen haben. Wären die bP tatsächlich von der Mutter der bP 2 oder deren Gehilfen verfolgt und bedroht worden, so hätten diese wohl zuerst die im zurückgebliebenen Familienkreis befindliche Tochter als Druckmitte gegen die bP verwendet. Am Rande sei dazu ausgeführt, dass entgegen der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, dass die finanziellen Mittel nicht ausgereicht hätten, die Tochter mitzunehmen, in der mündlichen Verhandlung angegeben wurde, dass man die Tochter – um ihre Psyche zu schonen – nicht gleich mitgenommen habe.

 

II.2.4.4. Offensichtlich verschleiern wollten die bP auch die Tätigkeit der bP 1.

 

Die bP 1 gab vor der belangten Behörde an, zuerst beim Militär und dann beim Innenministerium als Polizist gearbeitet zu haben. Er habe strategische Leitungen geschützt.

 

Befragt in der mündlichen Verhandlung, was genau ihr Mann bei der Polizei gearbeitet hat, gab die bP 2 an, dass er beim Militär gewesen sei. Sie wisse es nicht so genau, er sei Offizier gewesen. Er sei bis zum Schluss in einer Abteilung zum Schutz von Leitungen gewesen. Über Vorhalt, dass die bP 1 angegeben hat, dass er beim Innenministerium beschäftigt gewesen sei, gab sie an, dass dies richtig sei, in Georgien wäre "alles beisammen". Die bP 1 wiederum gab in der mündlichen Verhandlung an, im Innenministerium in der Militärabteilung gearbeitet zu haben bzw. einfacher Soldat gewesen zu sein.

 

Nicht nur, dass die bP 1 und bP 2 vor der belangten Behörde auch zu einem weiteren markanten Punkt wie dem Umstand, ob eine Anzeige erstattet wurde oder nicht, ein widersprüchliches Vorbringen erstatteten (bP 1 – keine Anzeige; bP 2 Anzeige gemeinsam mit Bruder des bP 1 erstattet). Nachvollziehbar wurde im bekämpften Bescheid auch dargelegt, dass die bP 1 als Polizist im Wissen um den Menschenhandel und die damit strafbare Handlung jedenfalls Anzeige erstatten hätte müssen, andernfalls sogar Dienstpflichtsverletzungen vorliegen könnten. Gefolgt werden kann der belangten Behörde in diesem Zusammenhang in ihren Ausführungen, dass eine Person wie die bP 1, die Soldat in einer UN Friedensmission und Polizist in Georgien sein will, jedenfalls die Schutzpflichten aufgrund entsprechender Ausbildungen zur Aufgabenerfüllung bekannt sein müssten. Dass die bP 1 ihre Schwiegermutter nicht anzeigen wollte und diesbezüglich auch ein Aussageverweigerungsrecht bestehe, vermag in diesem Fall keine Entkräftung des Vorwurfs der Nichtanzeige durch die bP 1 bringen. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass wohl eine Morddrohung, die zum Verlassen des Landes führt, anders einzuschätzen ist als der Schutz der Schwiegermutter.

 

Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob die bP 1 nunmehr Polizist oder Soldat gewesen ist, da jedenfalls Personen mit derarigen Dienstverhältnissen Umstände wie diese Dienstpflichtverletzung genauso bekannt sein müssen, wie die Pflichtverletzung der angeblich mangelnden Aufnahme der Anzeige der bP 2.

 

Die bP 2 sei mit dem Bruder der bP 1 zur Polizei gegangen, welche die Anzeige wegen fehlender Beweise nicht aufgenommen hätte. Abgesehen vom erstinstanzlichen Widerspruch betreffend der Anzeigeerstattung gestand die bP 1 in der mündlichen Verhandlung ein, zu Wissen, dass die Nichtannahme einer Anzeige durch die Polizei in Georgien eine Straftat darstellt. Dennoch konnte weder sie noch die bP 2 erklären, warum sie sich dann nicht an eine vorgesetzte Polizeidienststellt, an eine Staatsanwaltschaft, eine NGO, ein Gericht oder den Ombudsmann gewandt haben. Gerade bei einer Person wie der bP 1, die selbst im öffentlichen Dienst arbeitet, kann davon ausgegangen werden, dass er in einem sicheren Herkunftsstaat wie Georgien Kontakt mit weiteren Dienststellen aufnimmt und vor allem auch mit seinen Vorgesetzten spricht. Die Angabe der bP 2 in der Verhandlung, dass die Polizei nicht helfen hätte können, da sie korrupt sei und Gefangene foltere, relativierte sie dann über mehrfaches Nachfragen nach dem Verhalten ihres Ehegatten in diesem Zusammenhang.

 

Die schriftlich festgehaltene Aussage des Schwiegervaters (lt. Beschwerde) bzw. Bruders (lt. vorgelegtem Schreiben und Angabe der bP in der Verhandlung) der bP 2 vermag das Vorbringen der bP zudem nicht zu stützen. Darin wir bestätigt, dass die Reaktion der Polizei gewesen sei, dass sie Beweise vorlegen müssten, damit eine Anzeige aufgenommen werden hätte können. Der Bruder ist der Sphäre der bP zuzuordnen und hat dieser wohl für seine Verwandten – in der Hoffnung auf einen positiven Abschluss des Asylverfahrens – dieses Schreiben aus Gefälligkeit verfasst. Grundsätzlich kommt einer derartigen Bestätigung eines Angehörigen lediglich geringer Beweiswert zu und würde mit diesem Schreiben auch nicht erklärt werden können, warum sich die bP 1 nicht an übergeordnete oder andere Dienststellen gewandt hat, dies vor allem vor ihrem beruflichen Hintergrund.

 

II.2.4.5. Was den Umstand betrifft, wonach die bP 1 Probleme bei einer Rückkehr in Zusammenhang mit ihrem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst betrifft, so ist festzuhalten, dass dies auch ein in Österreich unter Strafe gestelltes Verhalten betrifft.

 

Die Kernfrage, welche sich letztlich in diesem Zusammenhang stellt, ist jene, ob die (Straf‑)Verfolgung im gegenständlichen Fall einen gerechtfertigten bzw. legitimen oder ungerechtfertigten Eingriff des Heimatstaates in die persönliche Sphäre der bP darstellt. Die Unterscheidung zwischen legitimen Verfolgungen und solchen, die der verfolgten Person die Flüchtlingseigenschaft verleihen, wird in der englischen Rechtsterminologie offensichtlich. Der Begriff "prosecution" umschreibt die rechtsstaatlich legitime strafrechtliche Verfolgung von Delinquentinnen und Delinquenten. Im Gegensatz dazu bezeichnet "persecution" jene Verfolgungshandlungen, die ihre Motivation in den in § 3 Absatz 1 AsylG genannten Gründen finden. Die als persecution zu qualifizierenden Verfolgungen sind somit im Sinne des Asylgesetzes verpönt und machen die verfolgten Personen zu Flüchtlingen. Liegt kein unzulässiger Eingriff iSv "persecution" vor, ist die Flüchtlingseigenschaft nicht gegeben.

 

Im Handbuch von UNHCR über die Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, welchem in Österreich zwar keine normative Wirkung zukommt, jedoch als Auslegungshilfe für die GFK heranzuziehen ist, ist zum oa. Problembereich Folgendes ausgeführt:

 

"Es muss zwischen Verfolgung und Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen bestehendes Recht unterschieden werden. Normalerweise sind Personen, die vor Strafverfolgung oder Bestrafung wegen eines Deliktes fliehen, keine Flüchtlinge. Ein Flüchtling ist ja das Opfer - oder potentielle Opfer - von Ungerechtigkeit, und nicht ein Flüchtling vor der Gerechtigkeit.

 

... Mitunter verwischen sich jedoch die Trennungskriterien. Erstens kann eine Person, die sich eines Verstoßes gegen die Gesetze schuldig gemacht hat, einer so exzessiven Bestrafung unterworfen werden, dass diese einer Verfolgung im Sinne der Definition gleichkommt. Darüber hinaus kann die strafrechtliche Verfolgung aus einem in der Definition genannten Gründe (z.B. in Bezug auf die "illegale" religiöse Unterweisung eines Kindes) schon in sich den Tatbestand der Verfolgung erfüllen.

 

... Zweitens kann es Fälle geben, in denen eine Person, die eine strafrechtliche Verfolgung oder Bestrafung wegen eines Deliktes zu fürchten hat, darüber hinaus "begründete Furcht vor Verfolgung" haben kann. In solchen Fällen ist die betreffende Person ein Flüchtling. Es kann jedoch auch notwendig werden, Überlegungen darüber anzustellen, ob das fragliche Verbrechen nicht so schwer ist, dass eine der Ausschlussklauseln auf den Antragsteller Anwendung findet.

 

... Um feststellen zu können, ob die strafrechtliche Verfolgung wegen eines Deliktes einer Verfolgung im Sinne des Abkommens gleichkommt, ist es unumgänglich, sich mit den Gesetzen des betreffenden Landes auseinander zu setzen, da es möglich ist, dass ein Gesetz nicht den anerkannten Grundsätzen der Menschenrechte entspricht. Häufiger jedoch ist weniger das Gesetz, als vielmehr die Art, wie es angewandt wird, diskriminierend. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen einer Verletzung "der öffentlichen Ordnung", z.B. wegen der Verteilung von Flugblättern, mag ein Mittel zur Verfolgung eines Einzelnen wegen des politischen Inhalts der Veröffentlichung sein.

 

... Da der Umgang mit den Gesetzen eines anderen Landes offensichtlich mit Schwierigkeiten verbunden ist, werden die staatlichen Stellen sich oft gezwungen sehen, sich bei ihrer Entscheidung der Gesetze ihres eigenen Landes als Gradmesser zu bedienen. Eine wertvolle Hilfe bei der Rechtsfindung können auch die, in verschiedenen internationalen Verträgen enthaltenen Grundsätze zur Frage der Menschenrechte sein; ..."

 

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist daher vorerst die Frage zu stellen, ob das Verhalten des georgischen Staates, die wie in der Beschwerde angeführt unter eine mehrjährige Haftstrafe zu stellen per se eine ungerechtfertigte Verfolgung darstellt, was zweifelsfrei zu verneinen sein wird, zumal sich ähnliche Bestimmungen auch im österreichischen Rechtsbestand befinden. Es wird davon ausgegangen, dass ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst ein bestrafungswürdiges Verhalten darstellt.

 

Seitens des erkennenden Gerichts besteht daher kein Anlass zur Annahme, das nach dem georgischen Recht pönalisierte Fernbleiben vom Dienst eine Polizei/Militärmitarbeiters stelle "persecution" dar.

 

Zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Strafdrohung ist im Rahmen eines Vergleichs mit der ho. Rechtslage (z.B: Unerlaubte Abwesenheit nach § 8. Militärstrafgesetz – MilStG: Wer seine Truppe, militärische Dienststelle oder den ihm sonst zugewiesenen Aufenthaltsort verläßt oder ihnen fernbleibt und sich dadurch, wenn auch nur fahrlässig, dem Dienst für länger als vierundzwanzig Stunden entzieht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, entzieht er sich aber dem Dienst für länger als acht Tage, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.) in einer Zusammenschau mit dem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des georgischen Staates, sowie eines besonderen generalpräventiven Bedürfnisses, davon auszugehen, dass die seitens des georgischen Staates festgesetzten Strafdrohungen von bis zu sieben Jahren nicht unverhältnismäßig sind. Eine Mindeststrafe findet sich in der im Bescheid zitierten Gesetzesstelle für das unqualifizierte Verlassen des Dienstortes nicht.

 

Ein etwa gegen die bP 1 im Falle der Rückkehr geführtes Ermittlungs- bzw. Strafverfahren entspricht daher dem legitimen Strafverfolgungsanspruch des georgischen Staates und ist darin keine Verfolgungshandlung gelegen, die gegen die bP 1 aufgrund eines seiner Person innewohnenden Merkmals iSd GFK gerichtet wäre. Es ist im Lichte des Vorbringens auch nicht erkennbar geworden, dass das geführte Ermittlungs- oder Strafverfahren aus Konventionsgründen unfair oder parteiisch durchgeführt wurde.

 

Aus den Länderberichten ging im Übrigen auch hervor, dass Fortschritte insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug zu erkennen sind, wo inzwischen eine unmenschliche Behandlung (auch Folter), die in der Vergangenheit durchaus systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann.

 

Zur Frage der in der Beschwerde angesprochenen Haftbedingungen ist festzuhalten, dass sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass die positiven Entwicklungen gelobt werden und Schritte unternommen werden, das Leben von Gefängnisinsassen zu verbessern. Einzig der in der Beschwerde aufgegriffene Umstand, dass Untersuchungshäftlinge teilweise nicht gestattet wird, zu telefonieren, führt nicht zu einer anderen Einschätzung und wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt.

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist daher letztlich davon auszugehen, dass das Gerichtsverfahren und die gegen die bP 1 hierbei verhängte Haftstrafe den in der GFK angeführten Begriff der "Verfolgung" nicht erfüllt, weshalb die Gewährung von Asyl aus diesem Grunde ausscheidet.

 

Insbesondere dieses Vorbringens führte zur Durchführung einer Verhandlung, da die belangte Behörde dieses nicht behandelte, es mangelte ihm jedoch von vorneherein rechtlich an Asylrelevanz.

 

II.2.4.6. Der belangten Behörde ist aber kein Vorwurf zu machen, wenn sie die vorgelegten, allgemeinen Videos (Rede eines Parlamentariers zu illegalen Adoptionen in Georgien etc) nicht zum Akt genommen hat. Dies da eben davon ausgegangen wird und wurde, dass es in Georgien zu illegalen Adoptionen gekommen ist. Gerade derartige Videos sowie auch die vorgelegten Berichte dazu belegen, dass man sich mit dieser Situation auseinandersetzt und werden nicht verkannt. Vielmehr zeigt einer der vorgelegten Berichte, dass entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wohl nicht die Personen bedroht werden, welche die Fakten auf den Tisch bringen, sondern vielmehr die Personen gerichtlich verurteilt werden, welche illegale Adoptionen durchführen (Bericht "Georgien Nachrichten"). Auch aus dem englischsprachig vorgelegten Bericht des HRC geht hervor, dass es zwar ein Problem mit illegalen Adoptionen gäbe, dennoch aber zwischen 2013 und 2015 zumindest 12 Untersuchungen eingeleitet wurden und zur Verurteilung von 8 Personen führte.

 

Dies ändert letztlich nichts daran, dass alle auf dieses Grundvorbringen der Adoption aufgebauten, konstruierten Verfolgungsbehauptungen absolut unglaubwürdig waren und konnten die bP selbst letztlich keinen konkreten persönlichen Bezug zu diesen Berichten herstellen.

 

Auch in der mündlichen Verhandlung konkretisierte die bP 2 ihr in der Beschwerde erstmalig erstattetes Vorbringen, dass im Zuge ihrer Recherchen Internetseiten bzw. ihre Postings gesperrt worden wären, nicht. Die bP legten selbst nicht persönlich dar, in welchem Zusammenhang dieses Vorbringen mit der Flucht steht. Darüber hinaus erwähnte die bP 2 befragt zu einer stattlichen Verfolgung lediglich die Probleme des Ehegatten als Deserteur. Schließlich ist auch dieses Vorbringen in Anbetracht der unbegründeten Steigerung des Vorbringens gänzlich unglaubwürdig, da nicht einsichtig ist, warum die bP 2 nicht schon erstinstanzlich Probleme aufgrund ihrer Recherchen behauptete.

 

II.2.4.7. Abschließend wird festgehalten, dass auch die Angaben der bP zum Fluchtweg gegen ihr Vorbringen, Schutz vor Verfolgung finden zu wollen, sprechen. Hätten die bP tatsächlich ihr Heimatland lediglich wegen der Suche nach Schutz verlassen, wäre dieses Ziel bereits in der Türkei erreicht gewesen, wohin sie als georgische Staatsangehörige im Gegensatz zu Russischen auch leicht legal reisen konnten.

 

Das BVwG geht daher zusammenfassend davon aus, dass die bP lediglich aus persönlichen Motiven heraus bzw. aus wirtschaftlichen Gründen ihr Heimatland verlassen haben. Aus diesem Grund sah das erkennende Gericht ebenso wie bereits das BFA auch keine Veranlassung für weitergehende Erhebungen im Herkunftsstaat des BF.

 

Zusammenfassend ist zum Vorbringen auszuführen, dass das erkennende Gericht zur Überzeugung gelangte, dass in den Angaben der bP glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren. Das BVwG gewann vielmehr den Eindruck, dass sie primär aus privaten Gründen nach Österreich reisten. Unter Heranziehung dieses Sachverhaltes und der offensichtlich missbräuchlichen Asylantragstellung im Zusammenhang mit der allgemein gehaltenen, widersprüchlichen und teilweise nicht nachvollziehbaren Begründung des Antrages auf internationalen Schutz ist daher davon auszugehen, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und lediglich zur Begründung des Asylantrages und unter Umgehung der fremdenrechtlichen sowie niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zur Erreichung – wenn nicht sogar zur absichtlichen Erschleichung – eines Aufenthaltstitels für Österreich nach dem Asylgesetz frei konstruiert wurde.

 

Dazu ist grundsätzlich in diesem Zusammenhang auszuführen, dass etwaige wirtschaftliche oder private Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der GFK zu begründen. Der bloße Wunsch in Österreich ein besseres Leben aufgrund eines erhofften leichteren Zugangs zum Arbeitsmarkt zu haben, vermag die Gewährung von Asyl jedenfalls nicht zu rechtfertigen.

 

II.2.4.8. Es besteht auch – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – keine Verpflichtung zur Vorhaltung hinsichtlich der eigenen Angaben der Partei oder Beweismitteln, die sie selbst vorgelegt hat oder auf die sich selbst berufen hat (VwGH 25.09.2014, Zl. 2011/07/0006). Es besteht keine Verpflichtung der belangten Behörde, vor Bescheiderlassung den bP ihre Widersprüche vorzuhalten.

 

II.2.4.9. Zu den behauptetermaßen mangelhaften Ermittlungen im Lichte des § 18 Abs. 1 AsylG weist das ho. Gericht darauf hin, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen wird. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber, auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

 

Der das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 18 Asylgesetz 2005 sieht keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Asylwerber vor, sondern geht aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 18 Asylgesetz nicht (vgl. schon die Judikatur zu § 28 AsylG 1997, VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

 

Mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

 

Auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung – und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Bei entsprechender Weigerung kann die Mitwirkung nicht erzwungen werden, es steht den Asylbehörden jedoch frei, diese Verweigerung der freien Beweiswürdigung zu unterziehen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die verweigerte Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung -idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).

 

Weiters reicht bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung für eine Glaubhaft-machung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

 

Umgelegt auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass die bP ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung bzw. zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens nicht nachkamen, indem sie dieses bloß behaupteten bzw. behördliche Feststellungen bestritten.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat

 

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

 

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

 

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

 

Gemäß dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

 

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

 

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

 

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

 

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

 

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

 

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

 

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

 

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

 

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

 

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

 

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

 

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

 

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

 

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

 

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

 

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

 

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

 

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

 

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese obliegenheit wurde seitens der bB übererfüllt.

 

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von den bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Rein hypothetisch betrachtet und ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen, wäre es den bP möglich und zumutbar, sich im Falle der behaupteten Übergriffe an die Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, Schutz zu gewähren.

 

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die geschilderten Übergriffe im Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat des BF Behörden, welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus:

 

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

 

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

 

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist umso eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.")."

 

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist (vgl. hierzu die im Erkenntnis noch zu treffenden Ausführungen zum Wahrscheinlichkeitskalkül).

 

Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem

vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :

 

Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083 ; ...".

 

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

 

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs. 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

 

Im gegenständlichen Fall haben die bP weder glaubhaft behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen, in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin und ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

 

Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung handelt, vom dem aufgrund der normativen Vergewisserung seiner Sicherheit anzunehmen ist, dass er auf seinem Territorium Schutz vor Verfolgung bietet.

 

Die bP bescheinigte im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

 

Im Ergebnis hat der BF letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.- wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

"

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Georgien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Regionen Abchasien und Südossetien nicht angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese in Georgien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei den volljährigen bP handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern.

 

Auch steht es den bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das –wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten.

 

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden, maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. 2. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. – 5. (2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) ..."

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) –(4) § 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) – (6) "

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

"§ 52. (1) (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. – 4. und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3)- (11)..."

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1)...

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) – (5).

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

 

II.3.4.4. Basierend auf den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst –bezogen auf das Lebensalter der bP – kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl bei der belangten Behörde als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen, um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass eine Aufenthaltsdauer von 3 Jahren viel zu kurz ist, um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1; Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029; vgl. aber auch zur Unbeachtlichkeit selbst hoher Integration nach dreijährigem Aufenthalt nach rechtswidriger Einreise und negativ entschiedenem Asylverfahren VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten) hingewiesen. In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führte, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen können. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter, nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den im Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

 

Die bP verfügt über die keine familiären bzw. die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

 

 

Die volljährigen beschwerdeführenden Parteien sind –in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist. Die bP haben Deutschprüfungen abgelegt und Deutschkurse besucht.

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die volljährigen bP vollständig selbsterhaltungsfähig wären. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Eltern der minderjährigen bP aus eigener Finanzkraft für den Unterhalt der minderjährige bP aufkommen können.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die –hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben und Unterschriftenlisten dokumentieren, dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung im Bundesgebiet aufbauten, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.

 

Anzuerkennen ist, dass die bP 1 und 2 ehrenamtlich tätig sind und teilweise gearbeitet haben. Sie sind in keinem Verein, die bP 3 und bP 4 besuchen neben der Schule auch noch Vereine.

 

Zur Unterschriftenliste ist anzuführen, dass die Gefertigten mehrheitlich keine sichtlich unmittelbare persönliche Bindung zu den bP unterhalten, sondern es sich allenfalls um Personen handelt, welche im nahen Lebensumfeld der bP leben und sie einen Vordruck unterfertigten, ohne eine persönliche Bemerkung zum Aufenthalt der bP abgaben.

 

Zum Schulbesuch von bP 3 und 4 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

 

Zur anzuerkennenden sozialen Vernetzung der bP und den zahlreichen Unterstützungsschreiben ist festzuhalten, dass die diversen Unterstützungsleistungen und Integrationshilfen der freiwilligen Helfer gesehen werden, diese aber bei den erst relativ kurz in Österreich aufhältigen bP noch zu keiner außergewöhnlichen Integration im Sinne der Judikatur geführt haben.

 

Überdies hat der Freiwilligenverein in der Heimatgemeinde von sich aus die integrativen Maßnahmen getätigt bzw. initiiert und ist die diesbezügliche Integration der bP daher nicht auf ihre eigene Initiative zurückzuführen, wenngleich die Leistungen des Vereins bzw. der Helfer anerkannt werden und festzuhalten ist, dass die bP zumindest diese Angebote angenommen haben.

 

Es wird auch nicht verkannt, dass die bP freundlich und hilfsbereit sind und bei sozialen Veranstaltungen, in der Gemeinde oder in der Pfarre helfen. Auch ist bei den bP 3 und bP 4 durch ihre altersadäquate Freizeitgestaltung (Schwimmen, Fußball) und den Schulbesuch eine gewisse Integration vorhanden.

 

Für eine nachhaltige Integration in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht sind die nicht verkannten privaten Anknüpfungspunkte – vor allem in Zusammenhang mit der geringen Aufenthaltsdauer – auf jeden Fall zu wenig. Werte wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft etc. sind nicht als Zeichen besonderer Integration anzusehen und werden gerade für Personen, die sich in Österreich auf Dauer niederlassen wollen, vom erkennenden Gericht als selbstverständlich vorausgesetzt.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es den bP frei – so wie jedem anderen Fremden auch - sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitel den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet – unverzüglich – zu verlassen.

 

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders zu berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt worden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

 

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten (nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens) im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führt. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

 

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Georgien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Georgien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine Zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, ebenso wie in die österreichische auch wieder in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

 

Es wird im gegenständlichen Fall auch darauf hingewiesen, dass es nunmehr an den Eltern der minderjährigen bP liegen wird, ihrer Verpflichtung zum Bundesgebiet nachzukommen und nicht in weiterer Folge rechtswidrig in diesem zu verharren, zumal sie durch ein solches Verhalten die Eingliederung ihrer Kinder verzögern bzw. erschweren und ihnen somit schaden würden.

 

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzten die bP hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.

 

Soweit die minderjährigen bP hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten.

 

Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu unten angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle verweisen.

 

 

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.

 

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Georgien auf die bP

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Georgien ist zu berücksichtigen, dass –wie bereits mehrfach erwähntgem. § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

 

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

 

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

 

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde.

 

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser es als nicht erforderlich erachtete, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht unmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Georgien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits bei den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 50 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

II.3.4.9. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.10. Eine Frist zu freiwilligen Ausreise besteht gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht.

 

II.3.4.11. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, sind die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

 

II.3.4.12. Gem. § 18 Abs. 1 Z 1 kann die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Da –wie bereits wiederholt festgestellt wurde- es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, erkannte die belangte Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu Recht ab. Seitens des ho. Gerichts war diese mangels der Vorlage entsprechender rechtlicher Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen (siehe entsprechenden Punkt im Verfahrensgang, ebenso die zu diesem Punkt relevanten Teile der Punkte II.3.3. und II.3.4. des gegenständlichen Erkenntnis).

 

II.3.5. Einreiseverbot

 

II.3.5.1. Die belangte Behörde hat in ihren Bescheiden betreffend dem Einreiseverbot im Wesentlichen festgehalten (Auszüge aus dem Bescheid der bP 1):

 

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots:

 

Gemäß Artikel 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher,

 

falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder

 

falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

 

In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

 

Das Bundesamt hat gem. § 18 Abs. 1 Z 1 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

 

Aufgrund Ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit in Österreich wurde die Dauer des Einreiseverbots auf 4 Jahre herabgesetzt.

 

Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden (§ 53 Abs. 1 FPG).

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist dieses vorbehaltlich Absatz 3 für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen, wobei bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen ist, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

 

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

 

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000,-- Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

 

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

 

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

 

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

 

6. dem Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

 

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

 

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zu Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

 

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Die Aufzählung des § 53 FPG ist demonstrativ und demnach nicht als enumerativ abschließend anzusehen, was auch eindeutig aus dem Gesetzestext hervorgeht, nachdem klar festgestellt wird, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit insbesondere gegeben ist, wenn einer der aufgezählten Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG vorliegt. Es sind daher weitere Verhaltensweisen, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden, jedenfalls auch geeignet ein Einreiseverbot zu rechtfertigen.

 

Gemäß Artikel 11 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher,

 

a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder

 

b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

 

In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

 

In Ihrem Fall ist lit. a erfüllt. Das Bundesamt hat gem. § 18 Abs. 1 Z 1 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gem. § 55 Abs. 1a besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

Gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Wird die aufschiebende Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht innerhalb o.a. Wochenfrist nicht zuerkannt, wird die Entscheidung zur Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien, bis zu einer möglicherweise späteren Zuerkennung durch das Bundesverwaltungsgericht, durchführbar.

 

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwgH 7.11.2012, 2012/18/0057).

 

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in Ihrem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

 

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte hat daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist daher zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

 

Das Einreiseverbot bezieht sich gem. § 53 Abs. 1 FPG auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, womit lt. VwGH vom 22.5.2013, 2013/18/0021 jene Staaten erfasst sind, für die die Rückführungsrichtlinie, (RL 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) gilt.

 

Demnach umfasst das Einreiseverbot alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland und das Vereinigte Königreich. Umfasst sind allerdings weiters Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.

 

Sie sind daher angewiesen, im festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet dieser Staaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages Ihrer Ausreise.

 

II.3.5.2. Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237 zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs. 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Dass bei Vorliegen der letztgenannten Konstellation - wie die ErläutRV formulieren- "jedenfalls" ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen ist, findet im Gesetz aber keine Deckung und stünde auch zu Art. 11 Abs. 2 der Rückführungs-RL (arg.: "kann") in Widerspruch. Dagegen ist festzuhalten, dass -wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. E 20. November 2008, 2008/21/0603)- in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen auch an dieser Stelle nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum früher geltenden § 63 FPG (IdF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

 

Eine entsprechende Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK wurde bereits durchgeführt, ebenso wurde bereits dargelegt, welchen öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet widerspricht.

 

Die bP zeigen auch keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre.

 

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP 1 und 2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

 

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahmen und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

 

Hinsichtlich der minderjährigen bP wird auf die unter Punkt II.3.4.6. getroffenen Ausführungen betreffend der Vorwefbarkeit des Verhaltens der Eltern im Zusammenhang mit Kindern verwiesen, welche auch in diesem Punkt heranzuziehen sind.

 

Die belangte Behörde hat damit zu Recht ein Einreiseverbot erlassen (vgl. Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008: " Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt

 

wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen", welcher im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation des § 53 FPG zur berücksichtigen ist und der lediglich demonstrativen Aufzählung der Tatbestände des Abs. 2 leg. cit.).

 

Die Länge des Einreiseverbots kann nicht als rechtswidrig erachtet werden (vgl. hierzu etwa Erk. d. VwGH vom 13.9.2012, 2011/23/0156, wo dieser –freilich basierend auf eine andere [und in Bezug auf die Dauer strengere] Rechtslage bei vorliegender Mittellosigkeit ein Aufenthaltsverbot von 5 Jahren als nicht unangemessen ansah). Aufgrund der nunmehrigen Rechtslage erscheint bei Berücksichtigung sämtlicher im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführter Tatsachen die Länge von 4 Jahren nicht unangemessen.

 

II.4. Familienverfahren.

 

Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung ergingen, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

 

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

 

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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