VwGH 2008/21/0603

VwGH2008/21/060320.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 23. September 2008, Zl. 2 Fr-6/08, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art12 Abs1;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
AVG §6 Abs1;
EURallg;
FrG 1997 §24;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art3;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §45;
NAGDV 2005 §11 Abs1 C litb;
StGB §107 Abs1;
StGB §125;
StGB §201 Abs1;
StGB §71;
VwGG §27;
VwRallg;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL Art12 Abs1;
32003L0109 Drittstaatsangehörigen-RL;
AVG §6 Abs1;
EURallg;
FrG 1997 §24;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2;
FrPolG 2005 §56;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art3;
EMRK Art8 Abs2;
NAG 2005 §45;
NAGDV 2005 §11 Abs1 C litb;
StGB §107 Abs1;
StGB §125;
StGB §201 Abs1;
StGB §71;
VwGG §27;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und aus dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, kam Anfang 1992 im Alter von fast 20 Jahren nach Österreich, wo sich bereits seine Mutter und seine beiden Geschwister (seit etwa 1970 bzw. 1980) aufhielten. Nachdem ein nach der Einreise gestellter Asylantrag abgewiesen worden war, wurden dem Beschwerdeführer zunächst befristete Aufenthaltstitel erteilt. Seit 2. Juni 2004 verfügt er über einen Niederlassungsnachweis. Mit Bescheid vom 1. Juni 2005 wurde dem Beschwerdeführer die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zugesichert.

Der Beschwerdeführer war bereits davor mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. August 2001 der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe verhängt worden. Mit einem weiteren, in Rechtskraft erwachsenen Urteil dieses Gerichtes vom 6. September 2006 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und der (gewerbsmäßigen) Vermittlung von Scheinehen nach § 106 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 sowie wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren verurteilt. Diesem Schuldspruch liegt zugrunde, der Beschwerdeführer habe um den 17. Jänner 2004 in Klagenfurt Laura F. durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, wodurch diese ein Hämatom im Augenbereich erlitten habe, vorsätzlich am Körper verletzt. Im September 2005 habe er die Genannte - auf im angefochtenen Bescheid näher beschriebene Weise - mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe gewerbsmäßig Ehen zwischen Österreichern und Fremden vermittelt, obwohl er gewusst habe, dass sich die Betroffenen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe berufen, aber kein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen wollten, und zwar am 20. Februar 2002 und am 3. Oktober 2003 geschlossene Ehen zwischen näher bezeichneten Beteiligten.

Im Hinblick auf diese Verurteilungen erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten (die belangte Behörde) mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 23. September 2008 gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.

In der Begründung ging die belangte Behörde im Hinblick auf die zuletzt erwähnte strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers erkennbar von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 60 Abs. 2 Z 1 FPG aus. Angesichts der Art und Weise der begangenen Straftaten und des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde auch die Annahme iSd § 60 Abs. 1 FPG für gerechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Das Aufenthaltsverbot greife - so begründete die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung nach § 66 FPG - in hohem Maße in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ein. Dabei berücksichtigte die belangte Behörde vor allem den ununterbrochenen, 17 Jahre dauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, den Besitz eines Niederlassungsnachweises und den Antrag auf Staatsbürgerschaftsverleihung sowie den langjährigen Aufenthalt seiner Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer sei integriert, spreche ausgezeichnet Deutsch und sei bis zu seiner Verhaftung Anfang Februar 2006 nahezu ständig - vorwiegend im Gastronomiebereich, zuletzt als Lagerarbeiter - beschäftigt gewesen. Nunmehr lebe er mit seinem Schwager, einem österreichischen Staatsangehörigen, im gemeinsamen Haushalt. Trotz dieser starken Bindungen sei - so begründete die belangte Behörde daran anknüpfend weiter - die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers aus dem in Art. 8 EMRK umschriebenen öffentlichen Interesse (konkret: zum Schutz der Rechte und der Gesundheit Dritter und zur Verhinderung von Straftaten) dringend geboten. Wegen der sich aus der Art und Weise der begangenen Straftaten ergebenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit würden unter Abwägung aller erwähnten Umstände die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wiegen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Auch wenn die privaten und familiären Interessen bedeutend seien, müssten sie hinter dem genannten öffentlichen Interesse zurückstehen. Ein zumindest eingeschränkter Kontakt könne im Übrigen auch durch Besuche im Ausland und durch Telefonate aufrecht erhalten werden. Der Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 61 Z 3 FPG stehe dem Aufenthaltsverbot nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden sei. Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes für zulässig und eine Ermessensübung im Sinne einer Abstandnahme von dieser Maßnahme nicht für gerechtfertigt.

Zu dem mit der Berufung verbundenen Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes von drei Monaten merkte die belangte Behörde an, im Berufungsverfahren könne darüber nicht mehr entschieden werden. Der Antrag sei während des erstinstanzlichen Verfahrens einzubringen und über ihn sei gleichzeitig mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes durch die Erstbehörde abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Aufenthaltsverbot auf § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG gestützt. Nach § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht (unter anderem) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

Die genannten Alternativen dieses Tatbestandes sind im gegenständlichen Fall ausgehend von der vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren und angesichts des einschlägigen Verhältnisses iSd § 71 StGB von gefährlicher Drohung und Sachbeschädigung zu Gewaltdelikten (vgl. dazu etwa das Urteil des OGH vom 4. März 1987, 9 Os 5/87) erfüllt.

Die Beschwerde tritt der auf das zugrundeliegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers gestützten Ansicht der belangten Behörde, es sei die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt, entgegen und meint in diesem Zusammenhang, das jahrelange völlig gesetzestreue Verhalten sei von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer sei aufgrund persönlicher Ereignisse (seine Ehefrau sei in Serbien ermordet worden) gesellschaftlich abgeglitten. Er habe die über ihn verhängte Freiheitsstrafe, aus der er am 2. März 2002 (gemeint: 2008) mit einer günstigen Zukunftsprognose bedingt entlassen worden sei, verbüßt und er bereue sein Verhalten. Er habe sich nunmehr seit langer Zeit wiederum völlig wohlverhalten. In diesem Zusammenhang verweist der Beschwerdeführer noch darauf, dass er den Bestimmungen der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (im Folgenden: RL) unterliege. Art. 12 Abs. 1 der RL erlaube den Mitgliedstaaten die Verhängung aufenthaltsbeendender Maßnahmen über diese Personen nur dann, wenn sie eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen. Das habe die belangte Behörde aber nicht festgestellt.

Nach Art. 4 der RL erteilen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörigen, die sich unmittelbar vor Stellung des entsprechenden Antrags fünf Jahre lang ununterbrochen rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufgehalten haben, die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten, sofern sie die Bedingungen nach Art. 5 der RL erfüllen und keine Versagungsgründe iSd Art. 6 der RL gegeben sind. Zur Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten hat der Fremde einen Antrag iSd Art. 7 Abs. 1 der RL zu stellen, über den nach Abs. 2 eine fristgebundene Entscheidung der zuständigen nationalen Behörden zu ergehen hat. Liegen die Voraussetzungen der Art. 4 und 5 der RL vor und stellt die Person keine Gefahr iSd Art. 6 dar, so erkennt der Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltberechtigten zu (Art. 7 Abs. 3 der RL) und stellt ihm einen Aufenthaltstitel mit der Bezeichnung "Daueraufenthalt - EG" aus (Art. 8 Abs. 3 der RL). Nach Art. 12 Abs. 1 der RL können die Mitgliedstaaten gegen einen langfristig Aufenthaltsberechtigten nur dann eine Ausweisung verfügen, wenn er eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit darstellt.

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Niederlassungsnachweises (langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG) iSd § 24 Fremdengesetz 1997, der seit dem Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG am 1. Jänner 2006 als - das unbefristete Niederlassungsrecht dokumentierender - Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" iSd § 45 NAG gilt (§ 11 Abs. 1 C lit. b NAG-DV). In diesem Sinn führen die Erläuterungen zu § 45 NAG (RV 952 BlgNR 22. GP 137) auch aus, der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" sei den zum langfristigen Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen nach Maßgabe der Richtlinie 2003/109/EG zu erteilen und ersetze den bisherigen "Niederlassungsnachweis" (langfristige Aufenthaltsberechtigung - EG) im Sinn des § 24 FrG 1997.

Vor diesem Hintergrund ist dem Beschwerdeführer dahin beizupflichten, dass ihm die Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen im Sinne der RL zukommt. Er übersieht bei seiner Argumentation allerdings, dass der von ihm ins Treffen geführten Beschränkung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen langfristig Aufenthaltsberechtigte im Art. 12 Abs. 1 der RL im innerstaatlichen Recht mit § 56 FPG Rechnung getragen wurde. Eine analoge Anwendung des § 86 Abs. 1 FPG, der Sonderbestimmungen für Aufenthaltsverbote gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige enthält, auf Aufenthaltsverbote gegen langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige ist daher - entgegen der Auffassung in der Beschwerde - nicht angezeigt. Der erwähnte § 56 FPG lautet samt Überschrift:

"Aufenthaltsverfestigung bei Fremden mit einem Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' oder mit 'Daueraufenthalt-Familienangehöriger'

§ 56. (1) Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' oder 'Daueraufenthalt-Familienangehöriger' verfügen, dürfen nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(2) Als schwere Gefahr im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht

1. wegen eines Verbrechens oder wegen Schlepperei, Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt, Eingehen oder Vermittlung von Aufenthaltsehen oder gemäß der §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 und 32 Abs. 1 SMG oder nach einem Tatbestand des 16. oder 20. Abschnitts des Besonderen Teils des StGB oder

2. wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht, wie eine andere von ihnen begangene strafbare Handlung, deren Verurteilung noch nicht getilgt ist, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist.

(3) § 55 Abs. 4 und 5 gilt."

Nach § 61 Z 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. Im Wege dieser Bestimmung gelten die Bedingungen des § 56 Abs. 1 FPG daher nicht nur für Ausweisungen, sondern auch für Aufenthaltsverbote gegen langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl. 2007/21/0347).

Im Abs. 2 des § 56 FPG nennt das Gesetz - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen - Beispielsfälle, bei deren Verwirklichung die im Abs. 1 genannte Gefährdungsprognose ("schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit") indiziert ist. Bei dieser Prognosebeurteilung kommt es wie bei der - in Relation zu § 56 Abs. 1 FPG ein geringeres Maß verlangenden - Gefährdungsprognose nach § 60 Abs. 1 FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" oder "Zuwiderlaufen anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen") und der - im Verhältnis zu § 56 Abs. 1 FPG ein höheres Maß fordernden - Gefährdungsprognose nach den ersten beiden Sätzen des § 86 Abs. 1 FPG ("tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") und wie schließlich bei der noch weiter gesteigerten Gefährdungsprognose nach dem 5. Satz des § 86 Abs. 1 FPG ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen letztlich aber immer auf das zugrundeliegende Verhalten an. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. dazu etwa Punkt 2. und 3. der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197).

Im vorliegenden Fall wäre zunächst zu beachten, dass § 56 FPG auf den Beschwerdeführer nur dann Anwendung fände, wenn er über den Niederlassungsnachweis bereits "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" verfügt hätte, also zum Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (vgl. das Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0173, mwN). Da das gegenständliche Aufenthaltsverbot (vom Beschwerdeführer insoweit unbekämpft) schon auf die der Verurteilung im Jahr 2001 zugrundeliegenden Straftaten, vor allem aber auch auf die - ebenfalls vor der Erteilung des Niederlassungsnachweises am 2. Juni 2004 begangenen -

strafbaren Handlungen der gewerbsmäßige Vermittlung von Scheinehen in den Jahren 2002 und 2003 und der Körperverletzung Anfang 2004 in maßgeblicher Weise gestützt wurde, wäre das am Maßstab des innerstaatlichen Rechts vorliegend nicht der Fall.

Ungeachtet dessen wäre aber auch eine Gefährdungsprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 FPG gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer wurde nämlich einerseits wegen eines Verbrechens und wegen Vermittlung von Aufenthaltsehen und andererseits auch wegen einer Vorsatztat, die auf derselben schädlichen Neigung beruht, wie eine andere von ihm begangene strafbare Handlung, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Es sind somit die Bedingungen der Z 1 (erster und fünfter Fall) und der Z 2 des § 56 Abs. 2 erfüllt. Sowohl von daher als auch angesichts des den Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden, in gravierender Weise in die Integrität einer (weiblichen) Person und in die Fremdenrechtsordnung eingreifenden strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers kann es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinem Zweifel unterliegen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers eine (gegenwärtige, hinreichend) schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

An dieser Einschätzung vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf das (in zeitlicher Hinsicht jedoch nicht konkretisierte) "persönliche Ereignis" nichts zu ändern, unterlässt er doch jede Begründung dafür, weshalb in Zukunft ein "gesellschaftliches Abgleiten" ausgeschlossen sein soll. Der Beschwerdeführer ist aber vor allem darauf zu verweisen, dass er beginnend mit den der Verurteilung im Jahre 2001 zugrundeliegenden Aggressionsdelikten, der gewerbsmäßigen Vermittlung von Scheinehen in den Jahren 2002 und 2003, danach mit der im Jahr 2004 begangenen Körperverletzung und schließlich mit der Vergewaltigung im September 2005 in kontinuierlicher Weise und mehrfach wiederholt gerichtliche Straftatbestände verwirklicht hat. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer nicht nur bezüglich auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Delikte rückfällig geworden ist, sondern dass sich die Straftaten in ihrer Brutalität und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer massiv gesteigert haben. Darüber hinaus liegt dem Beschwerdeführer mit der Vermittlung von Scheinehen ein unter fremdenrechtlichen Gesichtspunkten besonders verwerfliches Verhalten zur Last, aus dessen gewerbsmäßiger Begehung auch auf das Fortbestehen einer Wiederholungsgefahr geschlossen werden durfte. Angesichts dieser in den letzten Jahren gezeigten gravierenden Delinquenz kommt einem davor gezeigten straffreien Verhalten - entgegen der Meinung in der Beschwerde - keine maßgebliche Bedeutung mehr zu. Im Übrigen ist aber zu diesem Vorbringen noch anzumerken, dass die belangte Behörde - in der Beschwerde nicht konkret bestritten - feststellte, dem Beschwerdeführer seien im Mai 2005 sechs Verwaltungsübertretungen vorgehalten und für den Fall weiterer Bestrafungen die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angedroht worden. Dass schließlich die Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers seit der Haftentlassung in der Dauer von etwas mehr als sechs Monaten bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zu kurz ist, um den Wegfall seiner Gefährlichkeit annehmen zu können, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Vor diesem Hintergrund vermag die Beschwerde die von der belangten Behörde nach § 60 Abs. 1 FPG getroffene negative Zukunftsprognose, für die das Gesetz im Vergleich zu dem nach § 56 Abs. 1 FPG notwendigen Gefährdungsmaßstab - wie erwähnt - geringere Anforderungen verlangt, jedenfalls nicht zu erschüttern. Da aber - wie gezeigt - auch eine Gefährdungsprognose iSd § 56 Abs. 1 FPG vorliegend gerechtfertigt ist, braucht auch nicht weiter untersucht werden, ob die sich aus der Wendung "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ergebende Einschränkung des Ausweisungsschutzes von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in der RL Deckung findet.

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG ist eine Ausweisung, mit der in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Eine Ausweisung darf nach § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen sowie auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen. Nach § 60 Abs. 6 FPG gilt § 66 FPG auch für Aufenthaltsverbote. Bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsverbot ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

Vor allem unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt des Ermessens, aber auch in Bezug auf die Interessenabwägung nach den genannten Bestimmungen führt die Beschwerde die oben bei der Bescheidwiedergabe erwähnten integrationsbegründenden Umstände ins Treffen und meint, sie seien zu gering gewichtet worden. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft sei außerdem ohne Verschulden des Beschwerdeführers gescheitert, weil ihm im Hinblick auf seine Desertion aus der jugoslawischen Armee im Jahre 1991 die Entlassung aus dem Staatsbürgerschaftsverband verweigert worden sei. Dem sei zu Unrecht überhaupt kein Stellenwert zugemessen worden. Das Faktum seiner völligen Integration bleibe im Verhältnis zu seiner Fehlleistung, für die er ohnehin die Strafe verbüßt habe, ohne jegliche Gewichtung. Die belangte Behörde habe den nunmehr fast 18-jährigen ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und seine perfekten Deutschkenntnisse nicht angemessen berücksichtigt.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde auf die für ihn sprechenden Umstände, insbesondere auch auf den sehr langen Inlandsaufenthalt und seine familiären und privaten Bindungen ausreichend Bedacht genommen. Demzufolge ist die belangte Behörde auch von einem durch das Aufenthaltsverbot in hohem Maß bewirkten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgegangen. In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumerken, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine Kernfamilie (Ehefrau, minderjährige Kinder) verfügt und auch mit seinen Eltern oder Geschwistern nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, sodass durch das Aufenthaltsverbot nicht in ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK eingegriffen wird.

Dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen jedoch das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten, insbesondere von Gewaltdelikten der hier in Rede stehenden Art, aber auch das hohe öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, das der Beschwerdeführer durch die gewerbsmäßig begangene Vermittlung von Scheinehen massiv beeinträchtigt hat, gegenüber. Davon ausgehend ist es aber nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde dem Interesse des Beschwerdeführers kein höheres Gewicht beigemessen hat als den genannten gegenläufigen öffentlichen Interessen. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde somit im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 66 Abs. 1 und 2 FPG für zulässig angesehen hat.

Demzufolge hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer zutreffend darauf verwiesen, dass er die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen habe. Dazu gehören auch Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung infolge des in der Beschwerde behaupteten Fehlens von Anknüpfungspunkten in Serbien, die allerdings angesichts des Verlassens des Heimatlandes erst im Alter von fast 20 Jahren nicht unüberwindlich scheinen. Eine angeblich noch aktuelle Gefahr einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung wegen der seinerzeitigen Desertion ist für die Frage der Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aber jedenfalls irrelevant (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2006/18/0254). Schließlich ist für den Beschwerdeführer aber auch aus dem Umstand, dass seine Einbürgerung aus den von ihm genannten Gründen gescheitert ist, nichts zu gewinnen, erfolgte die Staatsbürgerschaftszusicherung doch noch vor der zweiten Verurteilung und der davor erfolgten Festnahme.

Soweit der Beschwerdeführer noch meint, sein Integrationsgrad sei derartig hoch gewesen, dass ihm bereits im Jahre 2005 die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zugesichert worden sei, spricht er damit den Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 61 Z 3 FPG an. Nach dieser Bestimmung darf zwar ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 StbG verliehen hätte werden können. Davon macht das Gesetz aber unter anderem für den Fall eine Ausnahme, dass der Fremde - wie der Beschwerdeführer - wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mindestens einer unbedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand schließlich für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, im Rahmen der Ermessensübung von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung eines Fremden - wie hier - wegen einer im § 55 Abs. 3 Z 1 FPG genannten strafbaren Handlung (die Aufzählung entspricht jener im oben wiedergegebenen § 56 Abs. 2 Z 1 FPG) wäre nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbots offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0299, u.a. mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2006/18/0066).

Unter dem Gesichtspunktpunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer noch, dass die belangte Behörde nicht über den Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes in der Dauer von drei Monaten abgesprochen habe. Selbst wenn ihre Rechtsansicht zutreffen sollte, hätte sie gegen die Verpflichtung nach § 6 Abs. 1 AVG zur Weiterleitung an die zuständige Behörde verstoßen.

Daraus ist für den Beschwerdeführer aber nichts zu gewinnen, weil er damit in Wahrheit nur eine Säumnis der belangten Behörde und keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides geltend macht (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0401).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. November 2008

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