AsylG 2005 §58 Abs9 Z2
AVG §69 Abs1 Z1
AVG §69 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:G306.2266194.1.00
Spruch:
Schriftliche Ausfertigung des am 25.04.2023 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter, nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2023, Zahl XXXX , aufgrund des Vorlageantrages des XXXX , geb XXXX , StA: Kosovo, vertreten durch RA Mag. Christian HIRSCH, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.11.2022, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Einreiseverbot auf ein Jahr (1 Jahr) herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass Spruchpunkt II. zu lauten hat:
Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 17.06.2014 wird gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG zurückgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde aufgrund seines Antrages vom 17.06.2014, am 25.06.2014 ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG, gültig bis 24.06.2015 erteilt.
2. Mit Urteil des XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Missbrauches der Amtsgewalt gemäß §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs. 1 StGB, sowie des Vergehens der Bestechung gemäß § 307 Abs. 1 StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
3. Am 13.04.2022 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF im Aufenthaltsbeendigungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.
4. Mit Bescheid des BFA, Zahl 1021623005/14717096, vom 21.11.2022, der damaligen Rechtsvertretung des BF, RAe RAST und MUSLIU, zugestellt am 25.11.2022, wurde das am 01.07.2014 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren hinsichtlich des Antrages des BF vom 17.06.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55AsylG gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. § 69 Abs. 3 AVG von Amts wegen wiederaufgenommen und festgestellt, dass das Verfahren in den Stand zurücktritt, in dem es sich vor Erteilung des Aufenthaltstitels am 01.07.2014 befunden hat (Spruchpunkt I.), der Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 17.06.2014 gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt IV.) gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.) sowie festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
5. Mit per E-Mail am 24.11.2022 beim BFA eingebrachten Schriftsatz brachte der BF durch seinen damaligen RV diverse Unterlagen in Vorlage.
6. Mit per E-Mail am 22.12.2022 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine damalige Rechtsvertretung gegen den unter Punkt I.4. genannten Bescheid des BFA Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.
7. Mit oben im Spruch genannter Beschwerdevorentscheidung des BFA, dem damaligen RV des BF zugestellt am 20.01.2023, wurde der Beschwerde insofern stattgeben, als das Einreiseverbot auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
8. Mit per E-Mail am 24.01.2023 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz beantragte der BF durch seine damalige Rechtsvertretung die Vorlage seiner Beschwerde an das BVwG (= Vorlageantrag).
9. Die gegenständliche Beschwerde samt Vorlageantrag sowie der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA am 24.01.2023 vorgelegt, und langten am 26.01.2023 ein.
10. Am 25.04.2023 fand in der Grazer Außenstelle des BVwG eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und seine damalige Rechtsvertretung teilnahmen. Die belangte Behörde wurde korrekt geladen; verzichtete jedoch auf die Teilnahme.
Am Ende der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet und eine Ausfertigung der Niederschrift samt Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG dem BF, bzw. seiner damaligen Rechtsvertretung, ausgefolgt.
Der belangten Behörde wurde eine Ausfertigung der Niederschrift auf elektronischem Wege übermittelt.
Weder der BF noch die belangte Behörde gaben einen Rechtsmittelverzicht ab.
11. Mit am 03.05.2023 auf elektronischem Wege beim BVwG eingebrachten Schriftsatz beantragte der nunmehrige Rechtsvertreter (im Folgenden: RV) des BF – fristgerecht – eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF trägt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Kosovo, ledig, kinderlos, gesund, arbeitsfähig und im Besitz eines gültigen kosovarischen Personalausweises.
Der BF wurde im Kosovo geboren, wo er auch die Schule besuchte und einen Beruf erlernte.
Der BF hält sich seit 27.06.2014 durchgehend gemeldet in Österreich auf.
Der BF stellte am 17.06.2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG, und wurde ihm ein solcher am 25.06.2014 (rechtskräftig ab 01.07.2014) erteilt. In weiterer Folge wurde ihm am 11.11.2015 ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte-Plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG idF. BGBl. I Nr. 70/2015, (im Folgenden: NAG-alt) erteilt, welcher nach wiederholter Verlängerung bis 12.11.2017 in Geltung stand. Am 20.10.2017 stellte der BF erneut einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels, über den bis dato seitens der zuständigen NAG-Behörde nicht entschieden wurde. Die zuständige NAG-Behörde erlangte erst nach der zuletzt erfolgten Verlängerung des Aufenthaltstitels des BF, konkret im Rahmen seiner letzten Antragstellung auf Verlängerung desselben, vom Verdacht der seinerzeitigen rechtswidrigen Aufenthaltstitelerteilung an den BF durch das BFA Kenntnis.
Seit 09.10.2014 geht der BF regelmäßig Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und ist aktuell bei der Firma XXXX , in XXXX beschäftigt und bringt monatlich netto zwischen EUR 2.000,- und EUR 3.000,- ins Verdienen. Von 01.08.2020 bis 24.07.2022 absolvierte der BF bei besagter Firma die Lehre zum Hochbauer, welche er am 22.07.2022 erfolgreich abschloss.
HHMit Urteil des LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2020, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2020, wurde der BF wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauches gemäß §§ 12 2. Fall, 302 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Bestechung gemäß § 307 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Der BF wurde mit besagtem Urteil für schuldig befunden, er habe in XXXX
I. Jeweils über Vermittlung durch Mitangeklagte mit dem Vorsatz, den Staat an dessen Recht, den Zuzug und den Aufenthalt von Fremden an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen und solcherart zu regulieren, zu schädigen XXXX einen Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dazu bestimmt, mit dem Vorsatz, dadurch „die Republik Österreich in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung fremdenpolizeilicher Verfahren und Einhaltung der Vorschriften des AsylG“ zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetzte Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich dadurch zu missbrauchen, dass er ausländischen Staatsangehörigen ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bzw. ohne deren Prüfung Aufenthaltstitel nach dem AsylG ausstellte, indem er ihn zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 17.06.2014 dazu (zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach dem AsylG) aufforderte, und
II. XXXX ., mithin einem Amtsträger, im Wege der zwei vermittelnden Mitangeklagten XXXX . und XXXX für die pflichtwidrige Vornahme von dem unter Punkt I. beschriebenen Amtsgeschäft einen Vorteil, nämlich Bargeld in nicht mehr feststellbarer Höhe, zumindest aber EUR 2.200,-, nicht jedoch EUR 3.000,- übersteigend, zukommen lassen.
Als mildernd wurden der ordentliche Lebenswandel, die teilweise Tatbegehung als Beteiligter, der Umstand, dass die Straftat bereits mehr als fünf Jahre zurückliegt, die reumütig geständige Verantwortung und der Beitrag zur Wahrheitsfindung, als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.
Im Herkunftsstaat leben weiterhin Angehörige des BF und sind in Österreich die Zwillingsschwester, deren drei Kinder und ein Onkel des BF rechtmäßig aufhältig. Der BF hält zu seiner Schwester regelmäßigen Kontakt, jedoch konnte kein Abhängigkeitsverhältnis festgestellt werden.
Der BF hat im Jahr 2021 einen Deutschsprachkurs der Niveaustufe A1 bis B1 besucht, am 21.05.2015 die Deutschprüfung der Niveaustufe A2 bestanden und am 21.04.2023 die Integrationsprüfung der Niveaustufe B1 abgelegt. Das Ergebnis derselben liegt jedoch noch nicht vor.
Am 16.03.2023 hat der BF die Führerscheinprüfung in Österreich bestanden.
Der BF bewohnt im Bundesgebiet eine Mietwohnung alleine und verfügt über soziale Anknüpfungspunkte in Österreich, welche sich für einen Verbleib des BF in Österreich aussprechen.
Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zu den Feststellungen:
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und abgehaltenen mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum), zur Staatsbürgerschaft, zum Familienstand sowie zur Kinderlosigkeit des BF getroffen wurden beruhen diese auf den konkreten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung und vor dem BFA, welche sich mit den Abfrageergebnissen behördlicher Datenbanken (Melderegister, Fremdenregister, Sozialversicherungsauszug, Strafregister) decken. Ferner wurden besagten Feststellungen zudem auch in der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung getroffen und vom BF in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
Das Bestehen familiärer Bezüge im Herkunftsstaat wurde vom BF vor dem BFA behauptet und bis dato nicht konkret wiederrufen, sodass mangels anderslautender Vorbringen des BF, vom weiteren Bestehen besagter Bezugspunkte im Kosovo auszugehen ist.
Die sozialen Bezugspunkte des BF in Österreich sowie deren Ausspruch für den Verbleib desselben im Bundesgebiet ergibt sich aus in Vorlage gebrachte Unterstützungsschreiben (siehe AS 437ff) und konnte der BF zudem den Besuch eines Deutschsprachkurses im Jahr 2021 (siehe AS 427), das Bestehen einer Deutschprüfung auf dem Niveaus A2 im Jahr 2015 (siehe OZ 6) sowie die Absolvierung der Integrationsprüfung auf der Niveaustufe B1 (siehe AS Beilage zum Verhandlungsprotokoll: Bestätigungsschreiben des Club für Interkulturelle Begegnung, CIB, in 1170 Wien) durch die Vorlage entsprechender Nachweise belegen. Mangels bis dato nicht erfolgter Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der Integrationsprüfung des BF, ist davon auszugehen, dass dieses noch nicht feststeht.
Die strafgerichtliche Verurteilung des BF samt den näheren Ausführungen zu den Straftaten sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteils des LG XXXX
Der Gesundheitszustand des BF ergibt sich aus den konkreten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung sowie aus dem bisherigen Nichtvorbringen des Bestehens einer Krankheit und/oder sonstigen Leidens seitens des BF und erschließt sich seine Arbeitsfähigkeit aus dem festgestellten Gesundheitszustand sowie dem Umstand der wiederholten und aktuellen Erwerbstätigkeit des BF. Gegenteiliges wurde bis dato zudem nicht behauptet.
Der durchgehende Aufenthalt des BF in Österreich beginnend mit 27.06.2014, beruht auf den im Zentralen Melderegister dokumentierten Wohnsitzmeldungen sowie den einem aktuellen Sozialversicherungsauszug zu entnehmenden gemeldeten Erwerbszeiten des BF. Demzufolge weist der BF beginnend mit 27.06.2014 durchgehende Wohnsitzmeldungen, und beginnend mit 09.10.2014 beinahe durchgehende Erwerbszeiten in Österreich auf. Besagtem Sozialversicherungsauszug kann neben den Erwerbszeiten des BF auch dessen oben genannte Lehre entnommen werden und vermochte der BF durch Vorlage einer Kopie seines Lehrabschlussprüfungszeugnisses, den positiven Abschluss seiner Lehre nachweisen (siehe AS 407).
Zuvor genanntem Melderegister kann weiters entnommen werden, dass der BF alleine wohnt und ergibt sich aus der vom BF in Vorlage gebrachten Kopie seines Mietvertrages die Anmietung seiner aktuellen Unterkunft in Österreich. (siehe AS 429f)
Das Nichtbestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem BF und seiner Zwillingschwester beruht auf dem Umstand, dass der BF dies in der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht hat. Zwar gab dieser auf seine familiären Bezugspunkte und seinen Grund zur Aufenthaltnahme in Österreich befragt an, dass er von seiner Schwester, welcher bereits seit 2012 in Österreich lebe, seinerzeit gebeten worden sei nach Österreich zu kommen, er mit dieser immer „zusammen gewesen sei“ und anfangs bei ihr gewohnt habe. Nähere Angaben zur aktuellen Ausgestaltung der Beziehung zwischen dem BF und seiner Schwester blieb der BF jedoch schuldig. Im Falle des Vorliegens eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem BF und seiner Schwester wäre davon auszugehen gewesen, dass der BF dies zur Untermauerung seines Standpunktes in Österreich verbleiben zu wollen/können, insbesondere in einem, den Aufenthalt des BF im Bundesgebiet betreffenden, fremdenrechtlichen Verfahrens, jedenfalls thematisiert hätte. Die dem BF eingeräumte Möglichkeit am Ende der mündlichen Verhandlung frei Vorzubringen was ihm noch wichtig erscheint, nutze der BF seinen Willen in Österreich zu verbleiben mit dem Verweis auf seine bisherige Aufenthaltsdauer zu bekunden, ohne auf allfällige familiäre Bezuge konkret zu thematisieren. Darüber hinaus lebt der BF allein und seine Schwester in einer aufrechten Ehe, sodass sich ohne Nennung konkreter eine Abhängigkeit begründender Sachverhalte kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem BF und seiner Schwester und/oder seinem Onkel festgestellt werden.
Das monatliche Einkommen des BF beruht auf in Vorlage gebrachte Lohnzettel (siehe OZ 6; Beilage zum Verhandlungsprotokoll: Lohnzettel von März 2023) sowie einem aktuellen Sozialversicherungsauszug.
Das Bestehen der Führerscheinprüfung hat der BF durch die Vorlage einer Kopie des Prüfungsergebnisses (siehe OZ 4) sowie einer Kopie seines vorläufigen Führerscheins (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll: Vorläufiger Führerschein, Nr. XXXX der LPD XXXX VA, vom 16.05.2023) nachgewiesen.
Die nach der letzten Aufenthaltstitelverlängerung erlangte Kenntnis der NAG-Behörde vom Verdacht der rechtswidrigen Aufenthaltstitelerteilung an den BF durch einen Organwalter des BFA, beruht auf einem Schreiben der besagten NAG-Behörde, Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, an das BFA vom 20.10.2017, worin ausgeführt wird, dass aufgrund der Antragstellung des BF auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels angestrengte Ermittlungen ein anhängiges Verfahren beim BFA zu Tage befördert hätten. Mit Verweis auf bereits erfolgte Aufenthaltstitelerteilungen an den BF wurde im besagten Schreiben daher um Auskunft über den Stand des Verfahrens beim BFA ersucht. (siehe AS 129)
Die Einstufung Kosovo als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 2 HStV.
Dem Zentralen Fremdenregister können die dem BF erteilten Aufenthaltstitel nach dem NAG sowie der am 25.10.2017 vom BF gestellte Verlängerungsantrag samt dessen bisher unterbliebene Erledigung durch die zuständige NAG-Behörde entnommen werden.
Im Akt einliegend findet sich der damalige (und gegenständliche) Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 BFA-VG (siehe AS 1f), die Bestätigung über die Übernahme des beantragten Aufenthaltstitels durch den BF am 25.06.2014 (siehe AS 27f) sowie eine Kopie des kosovarischen Personalausweises des BF (siehe AS 19).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Rechtliches:
3.1.1. Der mit „Beschwerdevorentscheidung“ betitelte § 14 VwGVG lautet:
„§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch Art. 5 Z 11, BGBl. I Nr. 138/2017)“
Der mit „Vorlageantrag“ betitelte § 15 VwGVG lautet:
„§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.
(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde
1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;
2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.
Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.
(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.“
3.1.2. Die Beschwerdevorentscheidung derogiert den Ausgangsbescheid, das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt aber im Fall eines zulässigen Vorlageantrags die Beschwerde; der Vorlageantrag richtet sich nämlich (nur) darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird. (vgl. VwGH 09.09.2019, Ro 2016/08/0009)
Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die - außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde - an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung. (vgl. VwGH 09.09.2019, Ro 2016/08/0009)
Gegenstand der Prüfung auf eine Verletzung des Vorlageantragstellers ist nicht der ursprüngliche Bescheid, sondern die Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). (vgl. VwGH 27.02.2019, Ra 2018/10/0052)
„Ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid berechtigt, so ist sie vom Verwaltungsgericht stattzugeben: Eine Beschwerdevorentscheidung, die der Beschwerde ebenfalls im gebotenen Umfang stattgegeben hat und den Ausgangsbescheid im Rahmen des durch die Beschwerde abgesteckten Verfahrensgegenstandes rechtskonform abgeändert ober behoben hat, ist zu bestätigen, eine rechtswidrige – den Ausgangsbescheid entweder bestätigende oder in rechtswidriger (etwa nicht weit genug gehender Weise) abändernde – Beschwerdevorentscheidung ist ihrerseits abzuändern (das heißt: durch ein rechtmäßiges Erkenntnis zu ersetzten) oder gegebenenfalls – wenn eine Entscheidung in der betreffenden Sache gar nicht hätte ergehen dürfen – ersatzlos zu beheben. (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rn 774 Ziffer 2)
„Ist die Beschwerde zulässig, wurde sie mit der Beschwerdevorentscheidung aber zurückgewiesen, so hat das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern), wobei seine Entscheidung an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, ohne dass diese explizit behoben werden muss.“ (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026)
3.1.3. Dem RV des BF wurde die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung am 20.01.2023 zugestellt und wurde der gegenständliche Vorlageantrag am 24.01.2023, sohin rechtszeitig beim BFA eingebracht
3.2. Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung:
3.2.1. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Der mit „Wiederaufnahme des Verfahrens“ betitelte § 69 AVG lautet:
„§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;
4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“
§ 70 AVG normiert:
„(1) In dem die Wiederaufnahme bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist, sofern nicht schon auf Grund der vorliegenden Akten ein neuer Bescheid erlassen werden kann, auszusprechen, inwieweit und in welcher Instanz das Verfahren wieder aufzunehmen ist.
(2) Frühere Erhebungen und Beweisaufnahmen, die durch die Wiederaufnahmsgründe nicht betroffen werden, sind keinesfalls zu wiederholen.
(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 33/2013)“
„Im Hinblick auf § 69 AVG vertritt der VwGH, dass die Behörde die Wiederaufnahme nicht binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem sie vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, einleiten muss. § 69 Abs. 3 AVG bindet nämlich die Behörde ausdrücklich nur an die Bedingungen des Abs. 1, sodass klar ist, dass die im Abs. 2 gesetzte Fallfrist nur für die Parteien gilt, welche einen Wiederaufnahmeabspruch geltend machen wollen (Hinweis VwGH 23.9.1927, 629/26, VwSlg. (alt) 14 920 A; 27.6.1989, 86/04/0006, VwSlg. 12955 A). Die 14-tägige subjektive Frist des § 69 Abs. 2 AVG ist daher für eine von Amts wegen verfügte Wiederaufnahme ohne Bedeutung.“ (vgl. VwGH 04.11.2022, Ra 2022/22/0146)
„§ 69 Abs. 1 Z 1 AVG verlangt nur, dass der Bescheid durch die strafbare Handlung herbeigeführt worden ist und nicht, dass die Straftat von der betroffenen Partei gesetzt wurde. Wer die strafbare Handlung begangen hat, ist für die Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Bedeutung (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz. 9).“ (vgl. VwGH 18.10.2012, 2009/22/0084)
„Gegenstand der neuen, im wiederaufgenommenen Verfahren zu treffenden Sachentscheidung ist jene Verwaltungsangelegenheit („in gleicher Weise, wie sie den Gegenstand der Entscheidung im früheren Verfahren gebildet hat“ [Mannlicher/Quell AVG § 70 Anm 6]), die durch den Bescheid bzw das Erkenntnis (den Beschluss) des VwG erledigt wurde, der/das im wiederaufgenommenen Verfahren ergangen ist (vgl VwSlg 153 A/1947; 5294 A/1960; Antoniolli/Koja 815). Mit der Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens wird die materielle Rechtskraft des im früheren Verfahren erlassenen Bescheides bzw des Erkenntnisses des VwG durchbrochen und die nach § 69 Abs 4 AVG zuständige oder von ihr bestimmte Behörde bzw das VwG verpflichtet, in derselben Sache neuerlich zu entscheiden. Jedoch hat die neue Entscheidung im Rahmen des wiederaufgenommenen Teiles des Verfahrens zu ergehen und den „Umfang der Wiederaufnahme“ (vgl VwGH 30. 8. 2007, 2007/21/0178) zu beachten (vgl Antoniolli/Koja 815; Kolonovits/Muzak/Stöger11 Rz 621; Schulev-Steindl6 Rz 352).
Mit der neuen Entscheidung in der Sache wird der/das durch die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens weggefallene (Rz 85 f) Bescheid/Erkenntnis des VwG ex tunc ersetzt (VwSlg 814 A/1949; VwGH 17. 1. 1995, 93/08/0114; 21. 11. 2002, 2001/07/0027; 28. 8. 2009, 2007/19/1116), dh die Behörde bzw das VwG hat dieselbe Verwaltungssache, die durch die Wiederaufnahme in den Stand vor Erlassung des weggefallenen Bescheides/Erkenntnisses zurückversetzt wird, neuerlich ex tunc zu entscheiden (vgl VwSlg 814 A/1949; VwGH 27. 9. 2005, 2002/01/0206; 28. 8. 2009, 2007/19/1116).“ (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at)
„Maßgeblich für die neue Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des neuen Bescheides bzw des neuen Erkenntnisses (Beschlusses) im wiederaufgenommenen Verfahren (vgl VwSlg 153 A/1947 [Rz 90]; 16.724 A/2005; ferner Hellbling 467; Kolonovits/Muzak/Stöger11 Rz 618, 621; Schulev-Steindl6 Rz 352).“ (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at)
3.2.2. Gemäß dem oben zitierten Strafurteil des LG XXXX hat der BF einen Organwalter, mithin einen Beamten, des BFA mit einer EUR 3.000,- nicht übersteigenden nicht mehr feststellbaren Bargeldsumme, zumindest jedoch mit EUR 2.200,- bestochen um von diesem einen Aufenthaltstitel gemäß des AsylG erteilt zu bekommen, ohne die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt zu haben bzw., dass das Vorliegen dieser überprüft wurde. Der vom BF bestochene Beamte erteilte dem BF in rechtwidriger Ausnutzung seiner Amtsstellung den vom BF beantragten Aufenthaltstitel, obwohl der BF die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt hat, bzw. ohne das Vorliegen derselben geprüft zu haben. Sowohl der BF als auch der besagte Organwalter des BFA wurden wegen besagter Handlungen mit anfangs genanntem Strafurteil des LG XXXX für schuldig befunden.
Da gegenständlich die Erteilung des in Rede stehenden Aufenthaltstitels an den BF unrechtmäßig erfolgte und dieser strafbare Handlungen zugrunde lagen (vgl. VwGH 23. 3. 2006, 2004/07/0047: Hinsichtlich der Bindung des BVwG an ein rechtskräftiges Urteil des Strafgerichts) erweist sich die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 17 VwGVG iVm. § 69 Abs. 3 AVG im gegenständlichen Fall als zulässig, wodurch das Verfahren in den Stand vor der erfolgten Erteilung des in Rede stehenden Aufenthaltstitels an den BF zurücktritt.
In diesem Kontext gilt es festzuhalten, dass es im Rahmen der amtswegigen Wiederaufnahme iSd. § 69 Abs. 3 AVG keine Bindung des BFA an die 14-tägige subjektive Frist des § 69 Abs. 2 AVG besteht, welche demzufolge für eine von Amts wegen verfügte Wiederaufnahme ohne Bedeutung ist. Insofern kommt dem Umstand, dass die belangte Behörde bereits seit längerem von den Anschuldigungen gegen den rechtswidrig handelnden Organwalter gewusst – das Aufenthaltsbeendigungsverfahren gegen den BF war laut Aktenvermerk des BFA vom 07.10.2019 am besagten Tag bereits anhängig (siehe AS 121) – aber dennoch die gegenständliche Verfügung der Wiederaufnahme des Aufenthaltstitelverfahrens nicht zeitnahe verfügt habe, keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu.
Bei mit strafbare Handlungen herbeigeführten behördlichen (bescheidmäßigen) Entscheidungen kommt es nicht darauf an, ob der BF oder der betroffene Organwalter strafrechtswidrig agiert haben, sondern einzig darauf, dass der Bescheid durch die strafbare Handlung herbeigeführt worden ist. Ferner ist die zuständige Behörde, hier das BFA, in besagten Fällen, konkret bei durch strafbare Handlungen herbeigeführten Bescheiden gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 3 AVG an keine Frist gebunden um eine amtswegige Verfügung der Wiederaufnahme zu vorzunehmen.
Demzufolge war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der Spruchpunkt I. der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung:
3.3.1. Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:
„ § 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Gemäß § 58 Abs. 8 AsylG hat das Bundesamt für den Fall das ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen wird, darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen, wobei gemäß Abs. 9 leg cit ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn der Drittstaatsangehörige:
„1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 5 des Amtssitzgesetzes – ASG, BGBl. I Nr. 54/2021, über einen Lichtbildausweis verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist“
Gegenstand der neuen, im wiederaufgenommenen Verfahren zu treffenden Sachentscheidung ist jene Verwaltungsangelegenheit die durch den Bescheid erledigt wurde, der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at)). Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass über den vom BF am 08.06.2015 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abzusprechen ist, wobei die Entscheidung des erkennenden Gerichts nach aktueller Sach- und Rechtslage zu erfolgen hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 (Stand 1.1.2020, rdb.at)).
Wenn auch mit der erfolgten Wiederaufnahme des gegenständlichen Verfahrens die Aufenthaltstitelerteilung an den BF iSd. § 55 AsylG ex tunc (rückwirkend) aufgehoben wurde, bewirkt dies nicht schon von sich aus auch eine Aberkennung/Rücknahme der dem BF im Rahmen des NAG erteilten Aufenthaltstitels. Die Erteilung und Aberkennung von Aufenthaltstiteln nach dem NAG fällt nicht in die sachliche Zuständigkeit des BFA und stellen demzufolge Entscheidungen des BFA allenfalls Vorfragen iSd. § 38 AVG in Verfahren der NAG-Behörden dar, welche diese unter Umständen – im Falle anderer oder geänderter Entscheidungen in rechtlich verknüpften Verfahren, in jenen eine Aufenthaltstitelentscheidung des BFA nach dem AsylG Voraussetzung für eine Aufenthaltstitelzuerkennung iSd. NAG darstellt – zur selbstständigen Verfügung von Wiederaufnahmen in Aufenthaltstitelverfahren nach dem NAG berechtigen. Besagter Aufenthaltstitel nach dem NAG bleibt jedoch bis zu einer angeordneten Aberkennung und/oder im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens verfügten Nichtzuerkennung weiterhin in Geltung.
Dem BF wurde aufgrund seines Antrages am 17.06.2014 ein befristeter Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt, welcher wiederholt verlängert wurde, und hat der BF rechtzeitig am 27.10.2017 einen Verlängerungsantrag hinsichtlich des ihm zuletzt erteilten gültigen Aufenthaltstitels gestellt.
Der vom BF gemäß § 24 Abs. 1 NAG fristgerecht gestellte Verlängerungsantrag bewirkt, dass sich sein weiterer Aufenthalt in Österreich bis zur Entscheidung der zuständigen NAG-Behörde über den Verlängerungsantrag des BF weiterhin rechtmäßig erweist. (vgl. § 24 Abs. 1 dritter Satz NAG)
Gemäß § 58 Abs. 9 AsylG sind jedoch Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige, hier der BF, sich (Z 1) in einem Verfahren nach dem NAG befindet oder (Z 2) bereits über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG verfügt.
Der BF war im Besitz eines Aufenthaltstitels und befindet sich wegen eines bis dato unentschiedenen fristgerechten Verlängerungsantrag in einem Verfahren nach dem NAG, weshalb der gegenständliche Antrag des BF gemäß § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG – ohne Einstieg in eine inhaltliche Prüfung des Antrages des BF – als unzulässig zurückzuweisen ist.
3.4. Zu den Spruchpunkten III. und IV. der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung:
3.4.1. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“
Gemäß § 41a Abs. 9 NAG alt ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu erteilen, wenn sie (Z 1) für einen Zeitraum von zwölf Monaten über eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß §§ 55 Abs. 1 oder 56 Abs. 1 AsylG 2005, (Z 2) für einen Zeitraum von zwölf Monaten über eine „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß §§ 55 Abs. 2 oder 56 Abs. 2 AsylG 2005 oder (Z 3) über eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 verfügen und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt haben oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausüben, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird.
Gemäß § 24 Abs. 1 NAG sind Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmungen nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Der mit „Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel“ betitelte § 11 NAG lautet:
„§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;4. der Grad der Integration;5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.
(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
3.4.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
3.4.2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der BF ist aufgrund seiner Staatsangehörigkeit von Kosovo sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
3.4.2.2. Staatsangehörige der Republik Kosovo müssen nach Art 3 Abs. 1 iVm. Anlage I der Verordnung (EU) Nr. 2018/1806 , vom 14.11.2018, Abl. L 303/39 vom 28.11.2018, beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedsstaaten im Besitz eines Visums sein.
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind.
Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
3.4.2.3. „Die Bestimmung der Z 1 des § 52 Abs. 4 FrPolG 2005 verlangt, dass während des Zeitraums der Gültigkeit des Aufenthaltstitels eine Rückkehrentscheidung nur dann erlassen werden kann, wenn ein Versagungsgrund nach der Aufenthaltstitelerteilung eintritt oder bekannt wird (vgl. VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0403 und VwGH 29.9.2020, Ra 2020/21/0230). Ist allerdings die Gültigkeit des dem Drittstaatsangehörigen erteilten Aufenthaltstitels abgelaufen und ein Verlängerungsverfahren anhängig, so ist allein die Bestimmung nach der Z 4 des § 52 Abs. 4 FrPolG 2005 einschlägig, wonach gegen den (aufgrund eines rechtzeitigen Verlängerungsantrags gemäß § 24 Abs. 1 dritter Satz NAG 2005) rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 und 2 NAG 2005 entgegensteht (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0200; VwGH 24.1.2019, Ra 2018/21/0227).“ (vgl. VwGH 19.08.2021, Ra 2021/21/0031)
„Das BFA prüfte das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 Z 4 FrPolG 2005. In seiner dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Fremde vor, dass ihm zwischenzeitig der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" verlängert worden sei. Das angefochtene Erkenntnis enthält aber keine Feststellungen dazu, ob die Niederlassungsbehörde - etwa durch einen Strafregisterauszug - zum Zeitpunkt der letzten Verlängerung des Aufenthaltstitels über die vom Fremden begangenen, nun als Versagungsgrund nach § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 NAG 2005 angesehenen Straftaten und die deshalb erfolgten strafgerichtlichen Verurteilungen informiert war. Derartige Feststellungen wären jedoch erforderlich gewesen, weil die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes davon abhängt, ob die Erteilung des Aufenthaltstitels in Form der Stattgabe des letzten Verlängerungsantrages in Kenntnis des zur Begründung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme herangezogenen Sachverhalts erfolgt war, zumal keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass dieser Sachverhalt nicht schon damals einen Versagungsgrund dargestellt hätte (vgl. VwGH 4.3.2020, Ra 2019/21/0403).“ (vgl. VwGH 12.07.2021, Ra 2019/21/0375)
Der BF war im Besitz eines bis 11.11.2017 gültigen befristeten Aufenthaltstitels nach dem NAG und stellte er am 17.10.2017 einen Verlängerungsantrag, über jenen bis dato nicht entschieden wurde. Demzufolge hält sich der BF gemäß § 24 Abs. 1 dritter Satz NAG weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet auf und hat das BFA rechtsrichtig eine Rückkehrentscheidung anhand § 52 Abs. 4 FPG, wobei verfahrensgegenständlich Abs. 4 Z 4 leg cit einschlägig ist, geprüft.
3.4.2.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Şerife Yiğit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
- die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
- die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
- den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
- die Bindungen zum Heimatstaat,
- die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
- auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).
3.4.2.5. Gegenständlich bedeutet dies:
Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).
Der BF stellte am 17.06.2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG welcher ihm trotz Nichtvorliegens der notwendigen Voraussetzungen durch einen Beamten des BFA, den der BF durch Zahlung einer unbekannten Bargeldsumme bestach, unter Missbrauch seiner Amtsgewalt ausgestellt wurde. Dafür wurde der BF wegen Bestechung und Anstiftung zum Amtsmissbrauch rechtskräftig zu einer 10-monatigen bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe verurteilt und wurde mit gegenständlichem Erkenntnis das seinerzeitige Aufenthaltstitelverfahren wiederaufgenommen und in den Verfahrensstand vor Erteilung des rechtswidrig erteilten Aufenthaltstitels an den BF zurückversetzt. Letzten Endes wurde der seinerzeitige Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Die ex tunc Wirkung der Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens hat verfahrensgegenständlich zur Folge, dass der BF bis zu seiner ersten Aufenthaltstitelerteilung nach dem NAG am 11.11.2015, aufgrund des einer Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AsylG gemäß § 58 Abs. 13 erster Satz AsylG nicht zukommenden aufenthaltslegitimierende Wirkung, rückwirkend als unrechtmäßig zu beurteilen ist.
Der BF hat sich sein Aufenthaltsrecht in Österreich durch die absichtliche Bestechung eines dafür empfänglichen Organwalters des BFA erschlichen. Aufgrund des dem BF rechtswidrig erteilten Aufenthaltstitels, war dieser in der Lage Erwerbstätigkeiten in Österreich nachzugehen und in weiterer Folge ein auf diesen Titel aufbauenden Aufenthaltstitel gemäß dem NAG erteilt zu bekommen (vgl. § 41a Abs. 9 NAG alt), welcher – aufgrund der Unkenntnis der NAG-Behörde hinsichtlich der unrechtmäßigen Erlangung des ersten Aufenthaltstitels des BF nach dem AsylG – wiederholt verlängert wurde.
Der BF verfügt zwar über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, in Form seiner Zwillingsschwester und deren Kinder sowie eines Onkels, jedoch konnte kein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis oder ein gemeinsamer Haushalt nicht festgestellt werden.
Wenn der BF auch in der Zeit seines Aufenthaltes in Österreich wiederholt Erwerbstätigkeiten nachgegangen ist, Deutsch auf dem Niveaus A2 erlernt, einen Lehre erfolgreich absolviert und aktuell die Integrationsprüfung der Niveaustufe B1 abgelegt hat (Ergebnis steht noch nicht fest), so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der BF besagte Integrationsschritte im Bundesgebiet nur deshalb setzen konnte, weil er sich einen Aufenthaltstitel auf rechtswidrige Weise erschlichen hat. Aufgrund der auf einer Bestechung eines „Beamten“ beruhenden Aufenthaltstitelerteilung erweist sich der Aufenthalt des BF als durchgehend unsicher, zumal der BF nicht ernsthaft davon ausgehen konnte, dass seine Taten dauerhaft unentdeckt blieben und er mit keinen fremden- und strafrechtlichen Sanktionen im Falle seiner Überführung zu rechnen hätte.
Vor diesem Hintergrund haben die vom BF gesetzten Integrationsschritte eine maßgebliche Schmälerung hinzunehmen, zumal der BF sich die Möglichkeit einer Integration in Österreich rechtswidrig erschlichen hat. Ferner lässt das rechtsverletzende Verhalten des BF keinen Willen auf eine wahre Integration in die österreichische Gesellschaft erkennen.
Wie in der rechtlichen Begründung zum Einreiseverbot noch näher dargelegt wird – ist das vom BF gezeigte Verhalten geeignet öffentliche Interessen maßgeblich iSd. § 11 Abs. 2 und 4 NAG zu gefährden, was der Verlängerung des Aufenthaltstitels des BF im Wege steht und damit eine Rückkehrentscheidung iSd. § 52 Abs. 4 Z 4 FPG zulässig macht.
Nach einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293) ein hoher Stellenwert zuzukommen habe, ist die belangte Behörde unter Berücksichtigung der familiären Bezugspunkte des BF im Kosovo sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet selbst unter Berücksichtigung der familiären Bezugspunkte in Österreich, verfahrensgegenständlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.
Die Rückkehr des BF in den Kosovo muss nicht unweigerlich mit einem Verlust des Kontakts zu seiner Zwillingsschwester und seinem Onkel einhergehen. Vielmehr wird der BF durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel und Besuchsfahren seitens seiner in Österreich lebenden Angehörigen weiterhin Kontakt zu dieser halten können.
3.4.2.6. Schließlich, unter Verweis auf die Judikatur des VwGH, wonach über die Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen sei und demzufolge die Feststellung iSd. § 52 Abs. 9 FPG bloß der Festlegung des Zielstaates der Abschiebung diene, (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119), jedoch dem Vorbringen substantiierter Rückkehrhindernisse Beachtung zu schenken sei (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234) sind im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des BF nach Kosovo unzulässig wäre. Derartiges wurde auch weder vor dem BFA noch in der gegenständlichen Beschwerde oder in der mündlichen Verhandlung behauptet. Vielmehr weist der BF familiäre Bezugspunkt im Kosovo auf. (vgl. auch VwGH 22.01.2013, 2012/18/0182; 17.04.2013, 2013/22/0068; 20.12.2012, 2011/23/0480, wonach im Verfahren über das Treffen einer Rückkehrentscheidung nicht primär die Fragen des internationalen Schutzes im Vordergrund stünden, sondern dies Aufgabe eines eigenen Verfahrens sei).
Demzufolge war die Beschwerde in diesem Umfang spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids:
3.5.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
(Anm.: aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 202/2022)
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“
3.5.2. Die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot war insoweit stattzugeben: Dies aus folgenden Erwägungen:
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).
Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, der BF habe sich seinen Aufenthalt in Österreich durch die Bestechung eines Amtsträgers erschlichen und erweise sich besagtes Verhalten des BF als die öffentlichen Interessen relevant gefährdend, was nach Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer, der familiären Bezugspunkte und Integrationsschritte des BF in Österreich die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von zwei Jahren rechtfertige und erforderlich mache.
In der Beschwerde bestreitet der BF die Verwirklichung einer maßgeblichen Gefährdung öffentlicher Interessen und fordert er unter Berücksichtigung seines Privat- und Familienlebens iSd. Art 8 EMRK die Behebung des Einreiseverbotes.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
3.5.3. Der BF wurde am mit Urteil des LG XXXX wegen des Verbrechens des Amtsmissbrauches sowie des Vergehens der Bestechung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Demzufolge hat der BF einen Organwalter des BFA durch die Zahlung einer unbekannten jedoch EUR 3.000,- nicht übersteigenden Bargeldsumme erfolgreich dazu bestimmt ihm einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG ohne Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen bzw. ohne Prüfung des Vorliegens derselben zu erteilen. Dem nicht genug, erschlich der BF sich in weiterer Folge die Erteilung wiederholt verlängerter Aufenthaltstitel nach dem NAG, indem er im Wissen um die unrechtmäßige Erlangung seines ersten Aufenthaltstitels nach dem AsylG diesen Umstand bewusst verschweigend und missachtend den Erhalt eines Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 9 NAG alt erwirkte.
Dem BF sind daher nicht nur seine strafgerichtlich abgeurteilten Handlungen anzulasten, sondern auch der Umstand seines bisherigen Schweigens darüber sowie die auf sein rechtswidriges Verhalten aufbauenden Aufenthaltstitel- und Verlängerungsanträge nach dem NAG.
Der Aufenthalt des BF fußt letztlich auf strafbaren Handlungen und wurde er in Österreich auch zu einer 10-monatigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt, womit einer der Tatbestände des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (eine mehr als sechsmonatige bedingte Freiheitsstrafe) dem Grunde nach erfüllt ist.
Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen fremden-, unions-, straf- und verwaltungsrechtliche Bestimmungen, kann eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden [vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293 (Beachtlichkeit der Einhaltung fremdenrechtlicher Normen) und VwGH 06.03.2009, AW 2009/18/0050 (Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen durch unrechtmäßige Aufenthaltsnahme)]
Ferner lässt der BF Reue und Einsicht vermissen. Vielmehr bestreitet er eine schwerwiegende Gefährdung öffentlicher Interessen durch sein Verhalten bewirkt zu haben und betont wiederholt seine Integrationsleistungen während seines Aufenthaltes in Österreich, ohne auf sein zuvor bereits wiederholt dargelegtes rechtwidriges Verhalten samt dessen damit rechtswidrig geschaffenen Möglichkeit zum Aufenthalt in Österreich einzugehen. Der Regress des BF auf sein Familienleben in Österreich und seine gesetzten Integrationsschritte greifen vor dem Hintergrund seiner Taten viel zu kurz. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht gesagt werden, dass der BF sich seit seiner seinerzeitigen Bestechung eines Organwalters des BFA wohl verhalten hätte, was letztlich auch, mangels erkennbarer Reue, nicht möglich macht, dem BF eine positive Zukunftsprognose zu erstellen.
Es kann daher der belangten Behörde nichts vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall aufgrund des vom BF in seiner Gesamtheit gezeigten Verhaltens von einer schwerwiegenden Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung, sowie wirtschaftliche Belange Österreichs ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische und unionsrechtliche Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.
Auch die im Lichte des Art 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.
Der Lebensmittelpunkt des BF liegt zwar seit mehr als 8 Jahren durchgehend in Österreich und weist er familiäre Bezugspunkte im Bundesgebiet auf. Jedoch – wie bereits wiederholt ausgeführt – gründet sich der Aufenthalt des BF und die Begründung seines Privatlebens in Österreich auf sein rechtswidriges Verhalten, was dessen Integrationsleistungen und Bezüge im Bundegebiet massiv schmälert.
Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen kommt das erkennende Gericht zur Auffassung, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer Rechtsverstöße, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, geboten ist und somit die öffentlichen Interessen schwerer wiegen als jene des BF.
Der BF wird auch weiterhin den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel und/oder Besuchsfahrten nach Kosovo seitens dieser aufrechterhalten können. Gegenteiliges wurde vom BF nicht behauptet und konnte ferner nicht festgestellt werden.
3.5.4. Im gegenständlichen Fall erweist sich jedoch die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes zu hoch, zumal das Verfahren zur Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes zumindest fünf Jahre in Anspruch nahm und der BF letztlich in der mündlichen Verhandlung glaubhaft zu erkennen gab, den Unwert seines Verhaltens bzw. seiner Taten und die damit einhergehende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen einzusehen. Damit wurde seitens des BF zumindest die Grundlage für eine tatsächliche Reue – nach der noch zu erfolgenden die eigene Schuld reflektierenden Auseinandersetzung mit seinem Verhalten – geschaffen. Vor diesem Hintergrund war das Einreiseverbot daher auf 1 Jahr herabzusetzen.
3.6. Zu Spruchpunkt VI. der angefochtenen Beschwerdevorentscheidung:
Der mit „Frist für die freiwillige Ausreise“ betitelte § 55 FPG lautet:
„§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.“
Unter Berücksichtigung der nichterfolgten Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der gegenständlichen Beschwerde seitens des BFA sowie der familiären und wirtschaftlichen Bezüge des BF im Bundesgebiet kann der belangten Behörde im gegenständlich konkreten Fall ebenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn diese dem BF eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt hat.
Demzufolge ist die gegenständliche Beschwerde auch im besagten Umfang als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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