Rechtssatz
Bei Übereignung einer zweier Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, entsteht auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit. Auf diese Weise kann die Servitut nicht nur für den Erwerber, sondern auch für den Veräußerer eines Grundstückes begründet werden. Dabei wird angenommen, dass der durch den Übertragungsakt tatsächlich geschaffene Zustand die Natur einer Dienstbarkeit hat und die Servitut somit unmittelbar durch den Übertragungsakt entsteht.
6 Ob 554/86 | OGH | 20.03.1986 |
Beisatz: Zum Ausschluss des gutgläubigen Erwerbes eines Dritten muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob im Zeitpunkt der Übereignung des dienenden Grundstückes Anlagen vorhanden waren, die den Zweck des Dienens als offenkundig erkennen ließen. (T1) |
7 Ob 613/89 | OGH | 15.06.1989 |
Beis wie T1; Beisatz: Eine andere Vereinbarung wäre denkbar, ist aber nicht die Regel (T2) <br/>Veröff: JBl 1989,721 |
7 Ob 707/89 | OGH | 30.11.1989 |
nur: Bei Übereignung einer zweier Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, entsteht auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit. (T3)<br/>Beisatz: Dies gilt auch für die Veräußerung zweier Grundstücke desselben Eigentümers an verschiedene Erwerber. Voraussetzung ist die Offenkundigkeit des Dienens. Ist eine solche Dienstbarkeit entstanden, so kann deren Inhalt durch das Aufstellen einer ihr widersprechenden Tafel nicht verändert werden. (T4) <br/>Veröff: JBl 1990,584 |
6 Ob 668/90 | OGH | 29.11.1990 |
nur T3; Beisatz: Erst durch das Auseinanderfallen des Eigentumes an zwei Grundstücken, von denen offenkundig eines dem anderen dient, kann eine Dienstbarkeit neu entstehen. (T5) |
1 Ob 2419/96h | OGH | 29.04.1997 |
Auch; nur T3; Beisatz: Eine Dienstbarkeit entsteht jedoch ohne Verbücherung etwa auch dann, wenn ein bestimmtes Grundstück offenkundig einem anderen Grundstück desselben Eigentümers dient und das dienende Grundstück veräußert wird. (T6) |
1 Ob 292/98t | OGH | 27.10.1998 |
nur: Bei Übereignung einer zweier Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, entsteht auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit. Dabei wird angenommen, dass der durch den Übertragungsakt tatsächlich geschaffene Zustand die Natur einer Dienstbarkeit hat und die Servitut somit unmittelbar durch den Übertragungsakt entsteht. (T7)<br/>Beisatz: Im Zeitpunkt der Übereignung des dienenden Grundstücks müssen Anlagen vorhanden sein, die den Zweck des Dienens offenkundig machten. Der Erwerber der dienenden Liegenschaft muss somit die bisher faktisch bestehende Dienstbarkeit entweder gekannt haben oder er hätte sie wegen ihrer Offenkundigkeit zumindest kennen müssen. (T8) |
6 Ob 79/98f | OGH | 18.12.1998 |
nur T7; Beis wie T8; Beisatz: Diese Grundsätze gelten auch für den Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren. Der Rang der Servitut richtet sich nach der bücherlich durchgeführten Teilung. (T9)<br/>Veröff: SZ 71/214 |
2 Ob 200/00a | OGH | 08.09.2000 |
nur T7; Beis wie T8; Beisatz: Es kommt auf die durch Anlagen offenkundigen Verhältnisse nur für das Kennenmüssen des Erwerbers an. Hatte der Erwerber hingegen ohnehin positive Kenntnis von der faktisch bestehenden Dienstbarkeit, ist das Vorhandensein von Anlagen im Übereignungszeitpunkt nicht von Bedeutung, weil der Erwerber dann eines solchen Hinweises gar nicht bedurfte. (T10) |
8 Ob 16/00m | OGH | 07.09.2000 |
nur T7; Beis wie T8; Beisatz: Hier: Im Zuge einer Liegenschaftsveräußerung vertraglich eingeräumtes verbücherungsfähiges Dienstbarkeitsrecht, das sich in augenfälligen Anlagen manifestiert. (T11) |
3 Ob 101/01a | OGH | 30.08.2002 |
nur T3; Beisatz: Dies gilt dann, wenn Anlagen vorhanden sind, aus denen sich offenkundig ergibt, dass sie weiterhin bestehen bleiben sollen, weil sie zur Benützung des "herrschenden" Grundstücks notwendig sind. (T12)<br/>Veröff: SZ 2002/111 |
1 Ob 83/03t | OGH | 29.04.2003 |
nur T3; Beis wie T8; Beisatz: Dabei wird angenommen, dass der mittels des Übertragungsakts tatsächlich geschaffene Zustand der Natur einer Dienstbarkeit entspricht und die Dienstbarkeit somit unmittelbar durch den Übertragungsakt entsteht, weil im Zweifel anzunehmen ist, dass ein bestehender Zustand aufrecht bleiben und demnach die Eigentümerbefugnis als Grunddienstbarkeit fortbestehen soll. (T13) |
1 Ob 271/03i | OGH | 25.06.2004 |
nur T3; Beis wie T13; Beis ähnlich wie T8, Beisatz: Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn in einem behördlichen Grundzusammenlegungsverfahren das Eigentum an einer Liegenschaft oder eines Liegenschaftsteils einem anderen zugewiesen wird, es sei denn, dem stünde eine ausdrückliche gesetzliche Regelung entgegen. (T14) |
1 Ob 114/06f | OGH | 11.07.2006 |
Beis wie T13; Beisatz: Dies muss insbesondere gelten, wenn der Eigentümer zweier Grundstücke auf einem Grundstück Anlagen - hier eine Brunnenanlage - für Zwecke des anderen Grundstücks geschaffen hat. (T15)<br/>Beisatz: In solchen Fällen steht ein vertragliches Veräußerungsverbot und Belastungsverbot - selbst wenn es verdinglicht ist - der Einverleibung der Dienstbarkeit nicht entgegen, da auch der Verbotsberechtigte Adressat der zu Grunde liegenden rechtsbeschränkenden oder - entziehenden Norm ist (vergleiche SZ 73/192). (T16) |
4 Ob 219/06v | OGH | 19.12.2006 |
nur: Bei Übereignung einer zweier Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, entsteht auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit. (T17)<br/>Beis wie T2; Beisatz: Allerdings können die Vertragsparteien ausdrücklich oder schlüssig etwas anderes vereinbaren. (T18) |
4 Ob 74/07x | OGH | 22.05.2007 |
Auch; nur T7; Beis wie T8 nur: Der Erwerber der dienenden Liegenschaft muss somit die bisher faktisch bestehende Dienstbarkeit entweder gekannt haben oder er hätte sie wegen ihrer Offenkundigkeit zumindest kennen müssen. (T19)<br/>Veröff: SZ 2007/80 |
5 Ob 273/07v | OGH | 19.02.2008 |
Vgl; Beis wie T13; Beisatz: Einen anderen Ansatz als die „ruhende Eigentümerservitut" befürwortet jener Teil der Lehre und Judikatur, der bei Auseinanderfallen des bisher gleichen Eigentums an zwei Liegenschaften eine stillschweigende Dienstbarkeitsbestellung unter der Voraussetzung annimmt, dass der Erwerber der dienenden Liegenschaft die bisher faktisch bestehende Dienstbarkeit kannte oder aufgrund der offenkundigen Verhältnisse kennen musste (mH ua auf RS0011643). (T20)<br/>Beisatz: Ist Offenkundigkeit des dienenden Zwecks zu bejahen, kommt es bei beiden Begründungsansätzen (Begründung der „ruhenden" Servitut oder vertraglich durch Stillschweigen begründete Servitut) auf die - fahrlässige - Unkenntnis der Erwerber nicht an. (T21) |
2 Ob 28/10x | OGH | 06.05.2010 |
nur T3; nur: Auf diese Weise kann die Servitut nicht nur für den Erwerber, sondern auch für den Veräußerer eines Grundstückes begründet werden. (T22) |
3 Ob 109/10s | OGH | 11.11.2010 |
Vgl; nur T3; Beisatz: Hier: Zur Frage der Möglichkeit der Verbesserung der außerbücherlich entstandenen Servitut. (T23) |
4 Ob 192/13h | OGH | 17.12.2013 |
Auch; Beis wie T1; Beisatz: Diese Sonderrechtsbeziehung ist somit für die Ausübung und die Grenze der beiderseitigen Rechte und Verbindlichkeiten der Nachbarn maßgebend. (T24) |
4 Ob 232/13s | OGH | 17.02.2014 |
Auch; nur T3; Beisatz: Wenn der tatsächliche Zustand im Zeitpunkt der Übertragung durch offenkundige oder doch ersichtliche Anlagen erkennbar war. (T25)<br/>Beisatz: Da die Dienstbarkeit bereits durch die Übereignung und ohne besondere vertragliche Grundlage außerbücherlich entsteht, ist es unerheblich, ob der Veräußerer den Erwerber auf die offenkundige Dienstbarkeit bei Vertragsabschluss ausdrücklich aufmerksam gemacht oder ihm die bücherliche Lastenfreiheit zugesichert hat. (T26) |
3 Ob 29/14g | OGH | 08.04.2014 |
auch; Beisatz wie T1; Beisatz wie T4<br/>Beisatz: Für eine „analoge Übertragung“ dieser Rechtsprechung auf Fälle einer bloß wirtschaftlichen Nahebeziehung zwischen den Liegenschaftseigentümern (hier waren eine GmbH & Co KG und der Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft Eigentümer benachbarter Liegenschaften) lassen sich weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch die Bestimmung des § 526 ABGB ins Treffen führen. (T27) |
2 Ob 108/13s | OGH | 28.03.2014 |
Beisatz: Bei Auseinanderfallen des bisher gleichen Eigentums erst durch die Versteigerung ist ein vorrangiger Rechtserwerb keinesfalls möglich. Die behauptete offenkundige Dienstbarkeit hätte daher nur in Anrechnung auf das Meistbot übernommen werden müssen. (T28) |
2 Ob 74/16w | OGH | 05.08.2016 |
Auch; Beis wie T2; Beis wie T18; Beisatz: Hier: Befestigter Gehweg und Einfahrtstor; jedoch Zugang zur öffentlichen Straße auch auf eigenem Grund, und Errichtung eines Zaunes vereinbart. (T29)<br/> |
10 Ob 13/16h | OGH | 21.03.2017 |
Beis wie T8; Beisatz: Ob im Zeitpunkt des Erwerbs des dienenden Grundstücks Anlagen oder sonstige Einrichtungen vorhanden waren, die den Zweck des Dienens als offenkundig erkennen ließen und eine Erkundigungspflicht auslösten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt aufgrund der Einzelfallbezogenheit nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterläuft, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. (T30) |
5 Ob 22/17x | OGH | 04.04.2017 |
Beis ähnlich wie T4; Beis wie T18; Beis wie T19; Beis wie 25; Beis ähnlich wie T27 |
8 Ob 65/17t | OGH | 29.06.2017 |
Auch; Beis wie T18; Beisatz: Jene Begründungslinie, die von einer stillschweigenden Vereinbarung ausgeht, wird abgelehnt. Sie würde ein eindeutiges Erklärungsverhalten des Eigentümers des nunmehr belasteten Grundstücks voraussetzen, das objektiv als Einverständnis zur Begründung einer Dienstbarkeit gedeutet werden kann. Ein derartiger Erklärungswert kann bei Aufhebung der Eigentümeridentität nicht ohne weiteres unterstellt werden. (T31) |
6 Ob 158/17d | OGH | 21.11.2017 |
Beisatz: Eine solche Servitut kann nicht nur bei Veräußerung des dienenden, sondern auch bei Veräußerung des herrschenden Grundstücks entstehen. (T32) |
1 Ob 220/20i | OGH | 21.12.2020 |
Beis wie T2; Beis wie T10; Beis wie T18; Beisatz: Das gilt auch für den Fall der Teilung eines bisher einheitlichen Grundstücks und Übertragung eines (dann herrschenden oder dienenden) Grundstücksteils an einen Dritten. (T33) |
2 Ob 156/20k | OGH | 21.10.2021 |
Beis wie T10; Beis wie T13; Beis wie T18; Beis wie T33 |
8 Ob 52/22p | OGH | 25.05.2022 |
Vgl; Beis wie T8; Beis wie T10; Beis wie T13; Beis wie T19 |
8 Ob 122/22g | OGH | 16.12.2022 |
Vgl; Beisatz: Hier: Dauerhafte Widmung von Wegegrundstücken zur Verkehrsanbindung von Wohnungseigentumsobjekten, sodass bereits mit dem Abverkauf dieser Objekte durch den Bauträger jeweils Wegedienstbarkeiten zugunsten der Eigentümergemeinschaft begründet wurden. (T34) |
5 Ob 30/23g | OGH | 18.04.2023 |
Beisatz wie T10; Beisatz wie T18 |
1 Ob 171/23p | OGH | 20.12.2023 |
vgl; Beisatz wie T10; Beisatz wie T2; Beisatz wie T13; Beisatz wie T18 |
Dokumentnummer
JJR_19840222_OGH0002_0010OB00001_8400000_001
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