OGH 5Ob22/17x

OGH5Ob22/17x4.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Stefan K*****, 2. Petra K*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Forcher‑Mayr & Kantner Rechtsanwälte Partnerschaft in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 7.000 EUR) und Einverleibung (Streitwert 500 EUR) über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 17. November 2016, GZ 4 R 283/16w‑16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 30. August 2016, GZ 30 C 140/16v‑12, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00022.17X.0404.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind Kosten des weiteren Verfahrens.

 

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist eine von den Klägern behauptete Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrtrechts sowie der Nutzung von Ver‑ und Entsorgungsleitungen im Bereich des Zufahrtswegs zugunsten der Kläger als Eigentümer des Grundstücks 745/1 inneliegend EZ ***** über das im Eigentum der Beklagten stehende Grundstück 745/3 inneliegend EZ ***** derselben Katastralgemeinde.

Das Eigentumsrecht der Beklagten beruht auf folgender Vertragslage:

Mit Kaufvertrag vom 28. 3. 2014 (./4) verkaufte die u***** (in der Folge: u*****), vertreten durch den Geschäftsführer DI C***** als „außerbücherliche Eigentümerin“ der Grundstücke 745/2 in EZ ***** und 745/3 in EZ ***** je ***** einerseits und DI C***** persönlich als „außerbücherlicher Eigentümer“ des Grundstücks 745/1 in EZ ***** desselben Grundbuchs andererseits der Beklagten, ebenfalls vertreten durch DI C***** als Geschäftsführer, die Grundstücke 745/2 und 745/3 sowie das im Teilungsausweis der A***** AZ 14868/12 ausgewiesene Trennstück 1 des Grundstücks 745/1 im Ausmaß von 375 m². Dieses wurde dem Grundstück 745/3 zugeschrieben und die EZ ***** nach Einverleibung des Eigentumsrechts für die Beklagte mit der EZ ***** vereinigt. Die Verkäuferin u***** hatte das Grundstück 745/2 mit Kaufvertrag vom 15. 6. 2011, das Grundstück 745/3 mit Kaufvertrag vom 20. 4. 2011 und DI W***** das Grundstück 745/1 ebenfalls mit Kaufvertrag vom 20. 4. 2011 erworben, diese Verträge wurden zum Bestandteil des Kaufvertrags vom 28. 3. 2014 erklärt.

Die Beklagte errichtet auf dem Grundstück 745/3 eine Wohnungseigentumsanlage. Die nunmehr strittige Dienstbarkeit zugunsten des Grundstücks 745/1 ist im Lastenblatt der EZ ***** nicht eingetragen.

Die Kläger erwarben das verbleibende Grundstück 745/1 (für das die EZ ***** neu gebildet worden war) von DI W***** als Verkäufer und Alleineigentümer mit Kaufvertrag vom 14. 9. 2015 (./F = ./3) um einen Kaufpreis von 20.000 EUR, der Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den Streitteilen zur Bereinigung von Schulden des Veräußerers und „seiner“ u***** gegenüber den Klägern war. In Punkt III heißt es unter „Gewährleistung“:

Rechte und Lasten der Liegenschaft werden von den Käufern mitübernommen. Den Käufern ist der Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 21. 2. 2014/6. 3. 2014 und das Ausmaß der mit dem Eigentum am Grundstück 745/1 ***** verbundenen Rechte bekannt. Der Verkäufer verpflichtet sich diesbezüglich, die auf dem Dienstbarkeitsweg laut Servitutsplan des Dienstbarkeitsbestellungsvertrags errichtete Tiefgaragen‑ wand noch vor Übergabe der Wohnhausanlage auf Grundstück 745/3 ***** zu entfernen.

Der im Kaufvertrag erwähnte Dienstbarkeitsbestellungsvertrag samt Plan wurde zwischen DI W***** als damals „außerbücherlichem Eigentümer“ des Grundstücks 745/1 und der u*****, vertreten durch DI W*****, als damals „außerbücherliche Eigentümerin“ der Grundstücke 745/2 und 745/3 mit der gemeinnützigen H***** (in der Folge: S*****) abgeschlossen. Danach räumte der S***** als Eigentümer des Grundstücks 742/2 in EZ ***** der u***** als Eigentümerin der Grundstücke 745/2 und 745/3 und DI W***** als Eigentümer des Grundstücks 745/1 das Recht ein, zur Verbindung der Grundstücke 745/1, 745/2 und 745/3 mit dem öffentlichen Gut eine Brücke über den an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks 742/2 verlaufenden Bach sowie in der Folge von dieser Brücke entlang der nördlichen Grundstücksgrenze einen Geh‑ und Fahrweg zur Benützung mit Fahrzeugen jeder Art zu errichten und zu erhalten wie die Brücke und der Weg auf dem Servitutsplan vom 26. 4. 2013 in grüner Farbe als Fläche 2 dargestellt ist. Der u***** und DI W***** wurde das Recht eingeräumt, zur Anbindung der Grundstücke an öffentliche oder private Versorgungsleitungen alle Ver‑ und Entsorgungsleitungen ober‑ oder unterirdisch im Bereich des Zufahrtswegs laut dieser Vereinbarung zu verlegen und zu erhalten, die zur Errichtung einer Wohnbebauung erforderlich und zweckmäßig sind, worunter insbesondere Leitungen für Strom, Kommunikation, Wasser, Kanalisation, Gasversorgung und Ähnliches zu verstehen seien. Im Übrigen enthält der Servitutsbestellungsvertrag noch die Einräumung – nicht streitgegenständlicher – wechselseitiger Gehrechte an den Teilstücken 3 und 4. Bereits bestehende und verbücherte Geh‑ und Fahrtrechte wurden laut Dienstbarkeitsbestellungsvertrag hinfällig. Bücherliche Eigentümer der herrschenden Grundstücke waren nach dem Grundbuchstand damals Michael S***** (hinsichtlich Grundstück 745/1 in EZ ***** und Grundstück 745/3 in EZ *****) bzw DI Gerhard S***** (hinsichtlich Grundstück 745/2 in EZ *****).

Eine ausdrückliche Vereinbarung einer Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrtrechts und der Versorgungsleitungen zwischen den Streitteilen anlässlich des Verkaufs im Jahr 2015 steht nicht fest. Über die Konditionen der Begründung einer solchen Dienstbarkeit wurde nach Kaufvertragsabschluss verhandelt, ohne dass es zu einem ausdrücklichen Vertragsabschluss gekommen wäre. Für die Kläger besteht zwar die Möglichkeit der Herstellung einer Zufahrt und von Zuleitungen für das Grundstück 745/1 über andere Grundstücke als über 745/3, die Errichtung ist aber kostenintensiv.

Die Kläger begehren die Feststellung der eingangs beschriebenen Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrtrechts laut Servitutsplan ./A und der Nutzung aller Ver‑ und Entsorgungsleitungen zu ihren Gunsten als Eigentümer des Grundstücks 745/1 in EZ ***** auf Grundstück 745/3 in EZ *****, die Beklagte sei weiters schuldig in die Einverleibung der Dienstbarkeit einzuwilligen. Im Wesentlichen brachten sie vor, die Grundstücke seien vereint gewesen, im Zug der Teilung sei es ex lege zur Entstehung notwendiger Dienstbarkeiten gekommen, weil das Grundstück 745/3 als „vorgelagert“ dem Grundstück 745/1 offensichtlich gedient habe. Im Zug der Dienstbarkeitsbestellung für DI W***** und „seine“ u***** sei auch die nunmehr behauptete Dienstbarkeit ob 745/3 zugunsten 745/1 vereinbart worden. DI W***** habe beim Verkauf an die Kläger auf die bekannte Dienstbarkeitssituation, den Plan und den Dienstbarkeitsbestellungsvertrag verwiesen und sich verpflichtet, die die Ausübung der Dienstbarkeit hindernde Wand der Tiefgarage zu entfernen. Der Verkäufer sei Alleineigentümer und Geschäftsführer der Beklagten.

Die Beklagte bestritt das Entstehen einer offenkundigen Dienstbarkeit durch Teilung, das Grundstück 745/1 sei nicht nur über 745/3 zu erschließen. Eine Servitut hätten die Streitteile nicht vereinbart. Im Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 21. 2./6. 3. 2014 sei eine Dienstbarkeit zugunsten des Grundstücks 745/1 gerade nicht begründet worden. Selbst bei Bestehen einer außerbücherlichen Servitut hätte DI W***** am 28. 3. 2014 anlässlich des Verkaufs eines Teils des Grundstücks 745/3 hierauf verzichtet und bestätigt, dass keine außerbücherlichen Lasten bestünden.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger dahin Folge, dass es das Ersturteil aufhob und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwies. Es verneinte einen Begründungsmangel, übernahm die bekämpften Feststellungen zur Frage des Abschlusses eines ausdrücklichen Dienstbarkeitsvertrags zwischen den Streitteilen und verneinte aus rechtlicher Sicht das Zustandekommen einer ausdrücklichen Vereinbarung. Allerdings habe sich das Erstgericht mit dem weiteren Rechtsgrund des Entstehens notwendiger Dienstbarkeiten ex lege nicht auseinandergesetzt. Übereigne der Eigentümer zweier Liegenschaften eine von beiden, von denen die eine offenkundig der anderen diene und weiter dienen solle, entstehe eine offenkundige Dienstbarkeit auch ohne entsprechende Vereinbarung und ohne Eintragung ins Grundbuch. Dabei sei wesentlich, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Übereignung des dienenden Grundstücks entsprechende Anlagen vorhanden sind oder bestimmte Vorgänge objektiv auf das Bestehen einer Dienstbarkeit hindeuten. Hier seien die Grundstücke 745/3 und 745/1 zum Zeitpunkt des Verkaufs formell nicht im Eigentum derselben Person gestanden. Allerdings sei DI W***** als Eigentümer des Grundstücks 745/1 gleichzeitig Alleingesellschafter und Geschäftsführer der u***** gewesen, diese wiederum Alleingesellschafterin der Beklagten, die bei Klagseinbringung außerbücherliche Eigentümerin des Grundstücks 745/3 gewesen sei. DI W***** sei auch Geschäftsführer der Beklagten. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei von Eigentümeridentität zu sprechen. Im Übrigen seien die von den Klägern begehrten Dienstbarkeiten zu Lasten des weiter südlich liegenden Grundstücks 742/2 bereits eingetragen und das Grundstück 745/3 liege zwischen 745/1 und 742/2. Die bloße Möglichkeit der Herstellung einer Zufahrt und von Zuleitungen zum Grundstück 745/1 könne die Entstehung notwendiger bzw konkludenter Dienstbarkeiten zugunsten 745/1 nicht ausschließen. Da aufgrund der Feststellungen nicht beurteilt werden könne, ob ein dienender Zweck des Grundstücks 745/3 offenkundig gewesen sei oder tatsächliche Kenntnis von der faktischen Nutzung bestanden habe, habe das Erstgericht dies im fortgesetzten Verfahren zu prüfen und entsprechende Feststellungen zu treffen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Grundsätze der ruhenden Eigentümerservitut bzw der stillschweigenden Dienstbarkeitsbestellung auch im Fall mangelnder formeller Eigentümeridendität anwendbar sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten, der auf eine Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung hinaus will.

Die Kläger beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Der von den Vorinstanzen übereinstimmend verneinte Rechtstitel der ausdrücklichen Vereinbarung der Dienstbarkeit zwischen den Streitteilen ist nicht mehr Gegenstand des Rekursverfahrens. Zwar hat aus Anlass eines Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts der Oberste Gerichtshof nicht nur die aufgeworfene Rechtsfrage, sondern die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht in jeder Richtung zu überprüfen (RIS‑Justiz RS0043903). Der Prüfungsumfang ist allerdings insoweit nicht unbegrenzt, als in sich geschlossene selbständige Tatsachenkomplexe der Nachprüfung nicht unterliegen, wenn sie nicht Gegenstand der Anfechtung sind (5 Ob 167/10k mwN). Dies ist hier hinsichtlich der von den Vorinstanzen verneinten ausdrücklichen Begründung der Dienstbarkeit bei Abschluss des Kaufvertrags ./F anzunehmen. Die sowohl in der Berufungsentscheidung wie auch in der Rekursbeantwortung angesprochene Frage einer konkludenten Einräumung der Dienstbarkeit ist hingegen im Folgenden sehr wohl zu erörtern.

2.1. Die Grundsätze der – in der Lehre überwiegend gebilligten ( Hofmann in Rummel ABGB 3 § 480 Rz 2; Spath in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 480 Rz 3; Koch in KBB 4 § 480 Rz 1) höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum Entstehen einer offenkundigen Dienstbarkeit auch ohne entsprechende Vereinbarung im Fall des Auseinanderfallens des bisher gleichen Eigentums an zwei Liegenschaften hat das Berufungsgericht grundsätzlich zutreffend dargestellt, darauf ist zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Sie sind kurz dahin zusammenzufassen, dass bei Übereignung einer von zwei Liegenschaften desselben Eigentümers, von welchen eine offenkundig der anderen dient und weiterhin dienen soll, auch ohne Verbücherung eine Dienstbarkeit entsteht. Auf diese Weise kann die Servitut nicht nur für den Erwerber, sondern auch für den Veräußerer des Grundstücks begründet werden. Dabei wird angenommen, dass der durch den Übertragungsakt tatsächlich geschaffene Zustand die Natur einer Dienstbarkeit hat und die Servitut somit unmittelbar durch den Übertragungsakt entsteht (RIS‑Justiz RS0011618). Die Grundsätze gelten auch für die Veräußerung zweier Grundstücke desselben Eigentümers an verschiedene Erwerber (RIS‑Justiz RS0011618 [T4]), ebenso beim Entstehen neuen Eigentums nach Teilung einer Liegenschaft (4 Ob 74/07x). Abzustellen ist darauf, ob der tatsächliche Zustand im Zeitpunkt der Übertragung durch offenkundige oder doch ersichtliche Anlagen erkennbar war (RIS‑Justiz RS0011618 [T25]) oder der Erwerber der dienenden Liegenschaft die bisher faktisch bestehende Dienstbarkeit selbst kannte (4 Ob 74/07x). Allerdings steht es den Vertragsparteien auch offen, ausdrücklich oder schlüssig etwas anderes zu vereinbaren (4 Ob 219/06v; 1 Ob 114/06f), wenn dies auch im Regelfall nicht anzunehmen ist.

2.2. Zu der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall bereits Stellung genommen. Dort waren eine GmbH & Co KG und der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft Eigentümer benachbarter Liegenschaften, wobei die dort Beklagte die Liegenschaft der KG durch freiwillige Feilbietung, der dortige Kläger die des Geschäftsführers durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erworben hatte. Die Zufahrt zur Liegenschaft des dortigen Klägers war nur über die Liegenschaft der dortigen Beklagten möglich. Der 3. Senat sprach aus, dass sich die ständige Rechtsprechung zur Begründung auf § 526 ABGB berufe, der das „Ruhen“ der Dienstbarkeit während der Dauer der Vereinigung des herrschenden und dienenden Grundstücks anordne. Diese Erwägungen würden für den dort zu beurteilenden Fall nicht gelten, sodass sich für eine analoge Übertragung dieser Rechtsprechung auf Fälle einer bloß wirtschaftlichen Nahebeziehung zwischen den Liegenschaftseigentümern weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch § 526 ABGB ins Treffen führen lasse (3 Ob 29/14g).

Diese Grundsätze sind auch hier auf die Veräußerung des Grundstücks 745/1 an die Kläger anzuwenden. Die zweifellos gegebene wirtschaftliche Nahebeziehung zwischen dem Veräußerer DI W***** und der Beklagten als Eigentümerin des angeblich dienenden Grundstücks 745/3 reicht nicht aus, um selbst im Fall der Offenkundigkeit von einem Entstehen einer Dienstbarkeit ex lege zu Lasten des Grundstücks 745/3 bei Veräußerung des einem anderen Eigentümer gehörenden Grundstücks 745/1 ausgehen zu können. Es wäre DI W***** und der Beklagten freigestanden, die Dienstbarkeit zu vereinbaren und einverleiben zu lassen. Der Grundsatz, dass eine Eigentümerservitut im Grundbuch nicht eingetragen werden kann (RIS-Justiz RS0122304) wäre dem nicht entgegengestanden. Insoweit ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts daher zu korrigieren. Im Ergebnis hat es aber wegen der im Folgenden dargestellten Erörterungs- und Feststellungsmängel bei der Aufhebung zu verbleiben.

3.1. Wenn das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Entstehens einer offenkundigen Dienstbarkeit ausschließlich auf den Zeitpunkt des Kaufvertrags zwischen den Klägern und DI W***** vom 14. 9. 2015 (bzw dessen Verbücherung) abstellt, greift dies nach der unter Punkt 2.1. dargestellten Rechtsprechung unter Berücksichtigung des– wenn auch nicht sonderlich präzisen – Prozessvorbringens der Kläger, wonach die streitgegenständlichen Grundstücke vormals unter einem Eigentümer vereinigt gewesen seien, zu kurz. So ergibt sich aus den Feststellungen und der Vertragslage, dass sich der Kaufvertrag vom 28. 3. 2014 auf das von seiner Lage her nicht näher beschriebene Teilstück des Grundstücks 745/1 bezog, das dem Grundstück 745/3 zugeschrieben wurde. Mit den Parteien wird daher zunächst zu erörtern sein, ob sich die Behauptung der Kläger, durch Teilung seien offenkundige Dienstbarkeiten entstanden, auch auf die Abschreibung dieses Teilstücks und Zuschreibung zum Grundstück 745/3 beziehen sollte, bejahendenfalls, ob dieses Teilstück offenkundig dem Zweck des Gehens und Fahrens bzw der Verlegung der Versorgungsleitungen zugunsten des verbleibenden Trennstücks des Grundstücks 745/1 diente bzw die Beklagte von einem solchen Zweck allenfalls in Kenntnis war. Hinsichtlich des Grundstücks 745/1 in seiner ursprünglichen Ausdehnung lag nämlich jedenfalls Eigentümeridentität vor.

3.2. Auch zu einem weiteren Erwerbsvorgang besteht Erörterungsbedarf und fehlen erstgerichtliche Feststellungen. Die Vorinstanzen sprachen im Zusammenhang mit dem Dienstbarkeitsvertrag und dem Kaufvertrag 2014 zwar vom außerbücherlichen Eigentum des DI W***** und der u*****. Nach allgemeinen Grundsätzen stellt allerdings beim Eigentumserwerb von Liegenschaften die Eintragung im Grundbuch den Modus dar (§ 431 ABGB; RIS‑Justiz RS0011117). Außerhalb der vom Gesetz normierten – hier offensichtlich nicht vorliegenden – Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz ist kein Platz für sogenanntes „außerbücherliches Eigentum“. Im Bereich der Geltung des Eintragungsgrundsatzes bewirkt die Übergabe der Liegenschaft in Verbindung mit einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft nur einen auf Erwerb des dinglichen Rechts gerichteten Titel, nicht jedoch das dingliche Recht selbst (5 Ob 91/13p; 8 Ob 71/15x). Aus dem im Verfahren nicht bestrittenen Dienstbarkeitsbestellungsvertrag ./A bzw ./1 (er wurde von beiden Parteien vorgelegt) ergibt sich, dass die Grundstücke 745/1 und 745/3 im Alleineigentum des Michael S***** standen, der sie – nach Inhalt des Kaufvertrags ./4 – am 20. 4. 2011 an DI W***** einerseits und die u***** andererseits verkaufte. Bei der Beurteilung des offenkundigen Dienens im Sinn der Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichts wird daher jedenfalls auch auf diesen Zeitpunkt abzustellen sein, an dem das Eigentum an angeblich herrschender und dienender Liegenschaft jedenfalls auseinanderfiel.

3.3. Zu erörtern wird auch sein, wie der dem Ersturteil angeschlossene Plan ./A, auf den sich die Kläger zur näheren Beschreibung ihrer Dienstbarkeit berufen, und auf dem auch das Grundstück 745/2 aufscheint, mit dem Umstand in Übereinstimmung zu bringen ist, dass offensichtlich (siehe den Katasterplan Beilage ./T und den aktuellen Grundbuchsauszug EZ *****) das Grundstück 745/2 mittlerweile nicht mehr existiert. Zwar kann zwecks ausreichender Bestimmtheit eines Begehrens im Sinn des § 226 Abs 1 ZPO auf Urkunden verwiesen werden (RIS-Justiz RS0037420), allerdings verlangt § 12 Abs 2 GBG als Grundlage der – hier auch begehrten – Einverleibung von Grunddienstbarkeiten die genaue Bezeichnung der räumlichen Grenzen der Dienstbarkeit. Ein Lageplan, der auf mittlerweile erfolgte Grundstücksveränderungen nicht Bezug nimmt, reicht dafür nicht aus.

3.4. Zum Entstehen einer notwendigen Dienstbarkeit bereits bei Teilung des (ursprünglichen) Grundstücks 745 fehlen zwar Feststellungen des Erstgerichts, allerdings lässt sich dem bisherigen Vorbringen der Kläger hiezu nicht einmal der Zeitpunkt dieser Teilung entnehmen (auf den zur Beurteilung des offenkundigen Dienens abzustellen wäre). Auch dies wird zu erörtern sein.

4.1. Unabhängig von der Frage des Entstehens einer notwendigen Dienstbarkeit durch Teilung/Veräußerung an unterschiedliche Eigentümer wird sich das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren mit der Frage der allenfalls konkludenten Dienstbarkeitseinräumung zu befassen und hiefür eine entsprechende Tatsachengrundlage zu schaffen haben. Auch ein Dienstbarkeitsbestellungsvertrag kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (§ 863 ABGB) geschlossen werden (10 Ob 10/13p). Zwar ist bei der Beurteilung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage größte Vorsicht geboten und für die Annahme der schlüssigen Einräumung einer Dienstbarkeit sind – da dies einem Teilrechtsverzicht gleichkommt – strenge Anforderungen zu stellen. Es müssen über die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs hinausgehende Sachverhaltselemente vorliegen, die auf einen rechtsgeschäftlichen Willen des Belasteten im Hinblick auf die Begründung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht schließen lassen (RIS‑Justiz RS0111562). Aus dem bloßen Umstand der stillschweigenden Duldung der Nutzung eines Grundstücks durch eine andere Person während eines kürzeren Zeitraums als des für die Ersitzung erforderlichen kann ein konkludenter Rechtsverlust noch nicht abgeleitet werden (1 Ob 87/15y).

4.2. Hier haben sich die Kläger zur Begründung der Dienstbarkeitseinräumung auf Gespräche mit dem Veräußerer DI W***** – auch in seiner Funktion als Geschäftsführer der u***** und der Beklagten – im Vorfeld des Kaufvertragsabschlusses vom 14. 9. 2015 berufen und Korrespondenz hiezu vorgelegt. Daraus soll sich ergeben, dass – auch die rechtsfreundliche Vertretung des DI W***** die Dienstbarkeitseinräumung zugunsten des Grundstücks 745/1 bestätigt haben soll. Feststellungen hiezu fehlen im Ersturteil, sind aber für die erschöpfende rechtliche Beurteilung einer allenfalls schlüssigen Einräumung der begehrten Dienstbarkeit durch die Beklagte an DI W***** und die Weitergabe dieser Rechte anlässlich des Vertragsabschlusses des DI W***** mit den Klägern nach den Grundsätzen des § 863 ABGB erforderlich. In diesem Zusammenhang wird auch die in Punkt III des Kaufvertrags ./F aufgenommene Verpflichtung des Veräußerers, die „auf dem Dienstbarkeitsweg laut Servitutsplan errichtete Tiefgaragenwand zu entfernen“ miteinzubeziehen und der diesbezügliche Parteiwillen (§ 914 ABGB) zu ermitteln sein.

5. Im Ergebnis hat es daher bei einer Aufhebung zur Verfahrensergänzung zu verbleiben.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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