OGH 4Ob219/06v

OGH4Ob219/06v19.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Richard P*****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei DI Rolf S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung und Zustimmung zur Einverleibung eines Geh- und Fahrrechts (Streitwert 4.500 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. April 2006, GZ 3 R 52/06s-21, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Bezirksgerichts Eisenkappel vom 10. November 2005, GZ C 205/05 x-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen die mit 399,74 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 66,62 EUR USt) zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte verkaufte dem Kläger und dessen Frau im Jahr 1992 ein von seiner Liegenschaft abgetrenntes Grundstück mit mehreren Gebäuden. Eines davon lag unmittelbar südlich einer öffentlichen Straße und war zumindest teilweise vermietet. Südlich daran schloss sich die weiterhin dem Beklagten gehörende Liegenschaft an, auf der sich ebenfalls ein Gebäude befand.

Der Mieter eines Geschäftslokals im vom Kläger erworbenen Gebäude durfte im Zeitpunkt der Veräußerung aufgrund des Mietvertrags eine Zufahrt südlich dieses Gebäudes (dh zwischen diesem und jenem des Beklagten) nutzen. Auch der Kläger selbst war zu diesem Zeitpunkt Mieter im von ihm erworbenen Gebäude und betrieb dort eine Tierarztordination. Sein Haupteingang lag im Norden (an der Straße); eine Tür an der Südseite verwendete er ua für die Zulieferung von Medikamenten.

Im Kaufvertrag räumte der Beklagte den Käufern ein Geh- und Fahrrecht auf einem im Teilungsplan eingezeichneten Weg ein. Diese Dienstbarkeit betraf nicht den Bereich zwischen den Gebäuden, sie ist hier nicht strittig. Ein Geh- und Fahrrecht auf dem Grundstück des Beklagten zwischen den Gebäuden begehrte der Kläger nicht. Er erwarb zwar südlich des Gebäudes einen zwei Meter breiten Grundstreifen, um den Zugang zum Gebäude rundherum zu gewährleisten; im Übrigen sagte er aber dem Beklagten, dass er sein Grundstück dort „abgeschlossen haben" und umzäunen wolle. Damit brachte er zum Ausdruck, dass er nur das von ihm erworbene Grundstück nutzen wolle; ein aufgrund der räumlichen Gegebenheiten mögliches wechselseitiges Geh- und Fahrrecht zwischen den Gebäuden wollte er nicht. Der Beklagte nahm daher an, dass im strittigen Bereich mangels Notwendigkeit keine Dienstbarkeit für den Kläger bestehen sollte. Während des Umbaus des Gebäudes erlaubte er ihm allerdings die Nutzung.

In der Folge erwarb der Kläger auch den Liegenschaftsanteil seiner Gattin und ließ das Grundstück teilen. Nach Beendigung des Mietverhältnisses über das Geschäftslokal errichtete er im Haus sechs Wohnungen. An der Südseite gibt es seither keine Tür mehr, der Eingang befindet sich im Westen. Der Kläger errichtete auch den geplanten Zaun, sodass es nun keine Durchfahrtsmöglichkeit zwischen den Gebäuden mehr gibt.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass auf der Liegenschaft des Beklagten zu Gunsten seines Grundstücks ein Geh- und Fahrrecht bestehe (nach der Klagserzählung beschränkt auf den strittigen Bereich zwischen den Gebäuden), und er beantragt, den Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit zu verpflichten. Im Zeitpunkt des Erwerbs habe das im Eigentum des Beklagten verbleibende Grundstück offenkundig dem abgetrennten Teil gedient; daher sei unmittelbar durch den Übertragungsakt eine Dienstbarkeit entstanden. Die Begründung einer (anderen) Dienstbarkeit im Kaufvertrag sei keine abschließende Regelung gewesen.

Der Beklagte bestreitet das Vorliegen einer offenkundigen Dienstbarkeit. Vielmehr habe der Kläger selbst Absperrungen vorgenommen, die dem nun behaupteten Recht entgegenstünden. Der Beklagte habe sowohl dem Kläger als auch dem ehemaligen Mieter die Benutzung seiner Liegenschaft untersagt, was diese akzeptiert hätten. Der Kläger habe durch die Umzäunung seines Grundstücks im Süden eine allenfalls mögliche Durchfahrt zwischen den Gebäuden blockiert und damit zum Ausdruck gebracht, dass er insofern keine Rechte habe. Die Regelung im Kaufvertrag sei abschließend gewesen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Kläger habe bei Vertragsabschluss kein Interesse an einer Zufahrt im Süden (zwischen den Gebäuden) gehabt, sondern vielmehr dem Beklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er sein Grundstück dort einzäunen wolle. Zudem sei eine Dienstbarkeit wegen der Zufahrtsmöglichkeit von Norden (öffentliche Straße) nicht erforderlich.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu. Werde eine von zwei Liegenschaften desselben Eigentümers übereignet, so entstehe (nur) dann auch ohne spezifische Vereinbarung und Verbücherung eine Dienstbarkeit, wenn eine davon offenkundig der anderen diene und weiterhin dienen solle. Für den Kläger sei von Anfang an erkennbar gewesen, dass die Zufahrt zur Südseite des Hauses jeweils nur in Ausübung von Bestandrechten, und zwar seiner eigenen und jener des anderen Mieters, erfolgen konnte. Als Mieter hätten beide eine Dienstbarkeit nicht ersitzen können. Ihre Benützungsrechte an der Zufahrt seien rein obligatorisch gewesen und somit auch nicht einverleibungsfähig. Der Kläger habe zudem bei Vertragsabschluss seine Absicht bekundet, dass er sein Grundstück einzäunen werde. Zur Ermöglichung des Zugangs habe er lediglich einen zwei Meter breiten Grundstreifen südlich des Hauses erwerben wollen. Hätten die Parteien das Vorliegen eines Servitutswegs angenommen, wäre das nicht notwendig gewesen. Die Revision sei zuzulassen, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine Wegedienstbarkeit durch Übertragung einer von zwei Liegenschaften desselben Eigentümers auch dann begründet werden könne, wenn der Weg bisher auf Grund eines Bestandvertrags benutzt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch unzulässig

Veräußert der Eigentümer eine von zwei Liegenschaften, von denen eine offenkundig der anderen dient und auch weiterhin dienen soll, so entsteht nach herrschender Ansicht auch ohne spezifische Vereinbarung und Verbücherung eine Dienstbarkeit (RIS-Justiz RS0011618, RS0011643;

zuletzt etwa 1 Ob 114/06f). Allerdings können die Vertragsparteien

ausdrücklich oder schlüssig etwas anderes vereinbaren. Es ist daher

denkbar (wenngleich im Regelfall nicht anzunehmen), dass sie das

Entstehen einer Dienstbarkeit ungeachtet von darauf hinweisenden

Anlagen durch Vereinbarung ausschließen (7 Ob 613/89 = JBl 1989, 721;

1 Ob 58/97d = MietSlG 49.026 = MietSlg 49.687, 1 Ob 292/98t = EvBl

1999/70; zuletzt 1 Ob 114/06f).

Wie schon das Erstgericht im Ergebnis richtig erkannt hat, liegt hier ein solcher Fall vor. Der Kläger wollte das von ihm erworbene Grundstück südlich des Gebäudes (also im strittigen Bereich) „abgeschlossen haben" und umzäunen. Das Grundstück des Beklagten sollte hier daher - für diesen erkennbar - gerade nicht weiter als Zufahrt dienen. Zudem wäre die Alternative zum Wegfall der Zufahrt nach den Feststellungen ein wechselseitiges Geh- und Fahrrecht gewesen, das der Kläger aber nicht wollte. Zusammen mit der ausdrücklichen Einräumung einer anderen Dienstbarkeit und der Möglichkeit, das Gebäude des Klägers unmittelbar von der öffentlichen Straße aus zu erreichen, lässt das nur den Schluss zu, dass die Parteien den Fortbestand eines allfälligen Geh- und Fahrrechts im jetzt strittigen Bereich ausschließen wollten.

Damit ist die vom Berufungsgericht angesprochene Frage, ob auch die Benutzung (nur) aufgrund eines Bestandverhältnisses zur Annahme einer offenkundigen Dienstbarkeit führen kann, unerheblich. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Kläger hat daher nach §§ 50, 41 ZPO Anspruch die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

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