BVwG W116 2241898-1

BVwGW116 2241898-18.6.2021

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs2
BDG 1979 §118
BDG 1979 §43
BDG 1979 §46
BDG 1979 §53
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2241898.1.00

 

Spruch:

1) W116 2241025-1/8E

2) W116 2241898-1/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI

1) über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch BÖHMDORFER SCHENDER Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 25.02.2021, GZ: 2021-0.146.553, betreffend vorläufige Suspendierung und

2) über die Beschwerde des Disziplinaranwalts beim Bundesministerium für Justiz gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 25.03.2021, GZ: 2021-0.148.731-27, betreffend die Nichtsuspendierung des XXXX nach mündlicher Verhandlung 01.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

1) Die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 25.02.2021 wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Z 1 VwGVG iVm. § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 als unbegründet abgewiesen.

2) Der Beschwerde des Disziplinaranwalts beim Bundesministerium für Justiz gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 25.03.2021 wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Z 1 VwGVG stattgegeben, der beschwerdegegenständliche Bescheid behoben und XXXX gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst suspendiert.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (der Beschuldigte) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Republik Österreich und ist derzeit der XXXX des Bundesministeriums für Justiz. In die Zuständigkeit dieser Sektion fallen im Wesentlichen XXXX fallen dagegen in die Zuständigkeit der XXXX .

2. Mit Informationsbericht vom 25.02.2021 teilte die StA Wien der OStA XXXX in der Strafsache gegen XXXX (in der Folge: Dr. B) und anderen wegen §§ 12 zweiter Fall, 310 Abs. 1 StGB, 48 St 22/21 k, mit, dass der Beschuldigte verdächtig sei, am 24. Juni 2019 in Wien als damaliger XXXX des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, somit als Beamter, ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart zu haben, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches Interesse zu verletzen, indem er Dr. B mitteilte, dass in dem von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption zu Aktenzeichen 62 St 1 /19x geführten Ermittlungsverfahren gegen XXXX (in weiterer Folge: Dr. T) und weitere Beschuldigte am 25. Juni 2019 eine gerichtlich bewilligte Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten in 1060 Wien, XXXX , stattfinden werde.Zum Sachverhalt und den vorhandenen Beweismitteln wurde auf die als Beilage angeschlossene „ANORDNUNG ZUR SICHERSTELLUNG“ der StA Wien vom 25.02.2021 verwiesen. Darin ordnete die StA WIEN aufgrund des oben ausgeführten Verdachts die Sicherstellung sämtlicher elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und sonstige Speichermedien (wie insbesondere Mobiltelefone, Tablets, Laptops und PCs) an, die vom Beschwerdeführer verwendet wurden.Begründet wurde darin Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (in Folge: WKStA) führt seit Jänner 2019 zu Aktenzeichen 62 St 1/19x ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. T und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts der Verbrechen des schweren Betrugs und der Untreue nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB sowie anderer strafbarer Handlungen. In diesem Verfahren fand am 25. Juni 2019 eine gerichtlich bewilligte Durchsuchung zahlreicher Orte, darunter auch der Geschäftsräumlichkeiten des Dr D in 1060 Wien, XXX, statt. Der Informationsbericht, mit dem die WKStA der Oberstaatsanwaltschaft Wien über diese Anordnungen der Durchsuchung und deren geplanten Vollzug am 25. Juni 2019 berichtete, wurde am 18. Juni 2019 abgefertigt.

In einem Schriftsatz an die WKStA teilte die Verteidigerin von Dr. T, XXXX (in der Folge, Mag. L), am 24. Juni 2019 mit, dass sie seit einigen Tagen von Journalisten auf eine geplante Hausdurchsuchung bei Dr. T angesprochen werde. Nunmehr habe sie außerdem die Information bekommen, dass die geplante Hausdurchsuchung definitiv in dieser Woche stattfinden solle. Als Beilage ist dem Schriftsatz ein E-Mail einer Journalistin an Mag. L vom 14. Juni 2019 angehängt, worin die Journalistin fragt, ob es stimme, dass bei Dr. T in den letzten Tagen eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe.

Als die Kriminalpolizei und die WKStA am 25. Juni 2019 gegen 09:00 Uhr in den Geschäfts-räumlichkeiten in 1060 Wien, XXX, eintrafen, wurden sie von (unter anderem) Dr. T und Mag. L empfangen. Mag. L teilte den einschreitenden Beamten dabei mit, dass ihr Eintreffen bereits erwartet worden sei, zumal sie seit rund einer Woche Kenntnis von dem genauen Termin der Hausdurchsuchung habe. Woher ihr das exakte Datum der Durchsuchung bekannt war, teilte Mag. L allerdings nicht mit. Im Zuge der anschließend durchgeführten Durchsuchung stellte die Kriminalpolizei unter anderem das Mobiltelefon von Dr. T sicher.

Aufgrund des offensichtlichen Verrats des genauen Zeitpunkts der Durchführung der Durchsuchung, leitete die WKStA in weiterer Folge ein Verfahren gegen unbekannte Täter wegen §310 Abs 1 StGB ein und trat es an die Staatsanwaltschaft Wen zu Aktenzeichen 48 UT 69/19v ab. Mit Verfügung vom 11. Juli 2019 brach die Staatsanwaltschaft Wien dieses Verfahren mangels erfolgversprechender Ermittlungsansätze gemäß § 197 Abs 2 StPO ab.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2021 übermittelte die WKStA der Staatsanwaltschaft Wien zu Aktenzeichen 48 UT 69/19v mehrere Chatprotokolle zwischen Dr. B und Dr. T, die aus der Auswertung des sichergestellten Mobiltelefons von Letztgenanntem stammen. Daraus ergibt sich, dass Dr. B zumindest seit Einleitung des Verfahrens durch die WKStA im Jänner 2019 für Dr. T in dieser Sache intervenierte. Weiters geht aus den Chatprotokollen hervor, dass Dr. B zwischen Jänner 2019 und April 2019 mindestens drei Mal mit (dem Beschuldigten), der damals XXXX im Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz war, Gespräche über das Verfahren gegen Dr. T führte.

So schrieb Dr. T am 23. Jänner 2019 an Dr. B: „Hast du mit ihm gesprochen?“, woraufhin dieser unter anderem antwortete: „Hatte ein sehr gutes Gespräch mit dem XXXX , der das Email schon gelesen hat. Wir waren uns einig, dass aus rechtsstaatlichen Gründen alles vermieden werden muss, was den Schaden für die Unternehmen weiter vergrößert, und er wird darauf achten! …“.

Am 11. Februar 2019 schrieb Dr. B „Hatte Kontakt mit (dem Beschuldigten), habe ihm gegenüber kräftige Schadenersatzklage angekündigt...'', woraufhin Dr. T fragte: „Gibts ein hd risiko?“ und Dr. B antwortete: „Das kannst Du nicht ausschliessen, aber Gott sei Dank haben die im Ministerium grundvernünftige Ansichten, was beruhigend ist....“.

Am 12. April 2019 schrieb Dr. B „Treffe am Montag den XXXX , Den will ich natürlich schon über die jüngsten und eher kalmierenden Entwicklungen informieren, wenn das ok ist...“, worauf Dr. D antwortete: „Sicher“.

Aus den Chatprotokollen ergeben sich darüber hinaus Hinweise, dass neben den evidenten drei Treffen/Gesprächen zwischen (dem Beschuldigten) und Dr. B auch T und (der Beschwerdeführer) im April 2019 zusammengetroffen sein könnten. So schrieb Dr. T am 4. April 2019 an Dr. B: „ XXXX , kannst du garantieren, dass (der Beschuldigte) kommt? Ich würde eher nur dann fahren, wenn er (der Beschuldigte) auch kommt...“. Dieser antwortete daraufhin: „Der Termin ist am 26.4. Ich checke, ob (der Beschuldigte) kommt".

Am 14. Juni 2019, dem Tag, an dem die Verteidigerin von Dr. T, Mag. L (um 09:29 Uhr) per E-Mail eine Medienanfrage bezüglich einer möglichen Hausdurchsuchung erhielt, schrieb Dr. B um 11:16 Uhr an Dr. T: „Melde mich sobald möglich“. Dr. T antwortete daraufhin „(der Beschuldigte) wäre wichtig“.

Am 24. Juni 2019, dem Tag vor der Hausdurchsuchung, gab es zunächst zwischen 8:19 Uhr und 15:20 Uhr drei Anrufe zwischen Dr. B und Dr. T, wobei derzeit nicht feststeht, ob tatsächlich Gespräche stattfanden oder es sich um Anrufversuche handelte. Fest steht jedoch, dass Dr. B um 15:37 Uhr erfolglos versuchte, Dr. T anzurufen und ihm daraufhin um 15:40 Uhr schrieb: „Bin gerade im BMJ melde mich sobald möglich“. Rund fünfzehn Minuten später rief Dr. T Dr. B zurück.

Schließlich schrieb Dr. B am 25. Juni 2019, um 07:37 Uhr - somit rund 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung - in einer längeren Nachricht an Dr. T unter anderem: „Wenn die heute kommen: ganz ruhig bleiben…. Rechtsmittel gegen diese HD machen absolut Sinn. Die betroffenen Anwälte werden Versiegelung beantragen, hab das gestern mit K noch besprochen. Bin per SMS immer erreichbar! Venceremos!".

Die Chatprotokolle belegen somit, dass Dr. B, der in den Jahren 2013 bis 2017 XXXX war und in dieser Zeit eng mit dem damaligen XXXX , (der Beschuldigte) zusammenarbeitete, seine guten Kontakte zu Letztgenanntem nutzte, um in mindestens drei Treffen/Gesprächen für Dr. T im Zusammenhang mit dem von der WKStA gegen diesen geführten Verfahren zu intervenieren. Darüber hinaus liegt der begründete Verdacht vor, dass Dr. B am 24. Juni 2019 (den Beschuldigte) im Justizministerium aufsuchte, um von ihm - aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt kursierenden Gerüchte - zu erfahren, ob bzw. wann Hausdurchsuchungen in dem von der WKStA geführten Ermittlungsverfahren gegen DDr. T stattfinden und dabei von (dem Beschuldigte) erfuhr, dass dies am 25. Juni 2019 der Fall sein wird.

Dass zumindest Dr. T hoffte, über (den Beschuldigte) nähere Informationen über etwaige Hausdurchsuchungen zu erhalten, legt schon dessen Nachricht „(der Beschuldigte) wäre wichtig“ nahe, die Dr. T just an dem Tag verfasste, an dem seine Verteidigerin eine diesbezügliche Medienanfrage erhielt. Insofern ist auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Dr. B bei seinem Termin im Justizministerium am 24. Juni 2019, über den er Dr. T zeitgleich informierte, mit (dem Beschuldigte) zusammentraf, zumal es - wie dargelegt - zwischen den beiden bereits in den Monaten davor mehrmals Gespräche in der Strafsache T gab. Auffallend ist weiters, dass Mag. L ebenfalls am 24. Juni 2019 in einem Schriftsatz an die WKStA mitteilte, nunmehr die Information bekommen zu haben, dass die geplante Hausdurchsuchung definitiv in dieser Woche stattfinden werde. Schließlich belegt die aufmunternde Nachricht von Dr. B an Dr. T rund eineinhalb Stunden vor der Hausdurchsuchung, dass beide vorab definitive Kenntnis von deren Durchführung am 25. Juni 2019 hatten.

Dass auch (der Beschuldigte) bereits im Vorfeld über die Hausdurchsuchungen informiert war, ergibt sich aus dem Umstand, dass die WKStA bereits am 18. Juni 2019 über die Durchsuchungen und deren geplanten Vollzug an die Oberstaatsanwaltschaft XXXX berichtete, die wiederum zeitgerecht an die XXXX zu berichten hat.

Die Sicherstellung der oben bezeichneten Gegenstände ist aus Beweisgründen (§ 110 Abs 1 Z 1 StPO) erforderlich, weil sie auszuwerten sind, um etwaige Kommunikation zwischen Dr. B und (den Beschuldigte) im Zusammenhang mit dem inkriminierten Sachverhalt festzustellen und diesen dadurch aufzuklären. Die Sicherstellung nicht nur der Mobiltelefone, sondern auch sonstiger elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und Speichermedien ist geboten, zumal auch Kommunikation, die (etwa mangels Speicherplatzes) von Mobiltelefonen gelöscht wurde, in Form von „Backups“ auf solchen Geräten gespeichert sein könnte.

Die Sicherstellung steht zur Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis. …“

3. Mit Bescheid des BMJ vom 25.02.2021 wurde der Beschuldigte gemäß § 112 Abs. 1Z 3 BDG mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert. In der Begründung wurde zunächst die von der StA Wien gegen den Beschwerdeführer in oa. Informationsbericht erhobene Anschuldigung als Sachverhalt wiedergegeben.In der Folge wurde zur Beweiswürdigung ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus einer Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft Wien vom 25. Februar 2021 im Verfahren zu 48 St 22/21k, die dem Bundesministerium für Justiz anlässlich einer in seinen Räumlichkeiten durchgeführten Sicherstellung am selben Tag zur Kenntnis gebracht wurde.

Die Begründung der Sicherstellungsanordnung ist schlüssig und nachvollziehbar und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Dr. T war von der gerichtlich bewilligten Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten am 25. Juni 2019 sichtlich vorinformiert - seine Rechtsanwältin war beim Eintreffen der Ermittler bereits anwesend und äußerte diesen gegenüber, ihr Eintreffen sei bereits erwartet worden. Schriftverkehr zwischen Dr. T und XXXX Dr. B legt nahe, dass Dr. B mehrfach mit (dem Beschuldigte) über das Ermittlungsverfahren gegen Dr. T sprach und zu dessen Gunsten zu intervenieren versuchte. Dr. T erfuhr spätestens am 14. Juni 2019 aufgrund einer Medienanfrage von der Möglichkeit einer Durchsuchung seiner Geschäftsräumlichkeiten und wollte daraufhin persönlich mit (dem Beschuldigte) Kontakt aufnehmen. Dr. B suchte am 24. Juni 2019 das Bundesministerium für Justiz auf, versuchte währenddessen mehrmals Dr. T zu erreichen und wurde von diesem schließlich zurückgerufen. Zuletzt schrieb Dr. B am nächsten Morgen - dem Tag der Hausdurchsuchung - eine aufmunternde Nachricht an Dr. T, aus der sich schließen lässt, dass beide von der anstehenden Hausdurchsuchung wussten.

Dass Dr. B am 24. Juni 2019 im Bundesministerium für Justiz über die für den nächsten Tag geplante Hausdurchsuchung informiert wurde und diese Information an Dr. T weitergab, gründet sich auf die in der Sicherstellungsanordnung festgehaltenen, zahlreichen Anrufversuche in kurzer Zeit und des SMS-Verkehrs zwischen ihm und Dr. T.

Der Verdacht gegen (den Beschuldigten) wird vor allem mit vorangegangenen Treffen mit Dr. B zu einschlägigen Themen begründet; ein unmittelbarer Beweis für ein Gespräch zwischen Dr. B und (dem Beschuldigten) am 24. Juni 2019 über die anstehende Hausdurchsuchung ergibt sich aus der Sicherstellungsanordnung nicht. Dennoch begründen die Begleitumstände auch einen hinreichenden entsprechenden dringenden Verdacht gegen (den Beschuldigten), weil zumindest mehrere einschlägige Gespräche mit Dr. B im Vorfeld durch Nachrichten zwischen diesem und Dr. T angesprochen werden und nicht anzunehmen ist, dass Dr. B just die Information über die Hausdurchsuchung über einen anderen Kanal im Bundesministerium für Justiz erhalten haben sollte.“In der rechtlichen Beurteilung wird nach Wiedergabe der Dienstpflichten der §§ 43 Abs. 1 und 2 und 46 Abs. 1 BDG 1979 Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bildet eine gravierende Dienstpflichtverletzung - besonders, wenn der Beamte in leitender Funktion tätig ist (vgl. VwGH 15.02.2008, 2006/09/0240).

Würde sich der derzeit bestehende Verdacht bewahrheiten, läge eine gravierende Dienstpflichtverletzung im Kernbereich des damaligen Aufgabengebiets durch (den Beschuldigten) vor.

Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung eines Beamten zu verfügen, wenn durch seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würde (§ 112 Abs. 1 Z 3 BDG).

Bei der vorläufigen Suspendierung durch die Dienstbehörde handelt es sich um ein vorläufiges Verfahren, in dem Entscheidungen im Verdachtsbereich zu treffen sind. Der Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung ist bereits ausreichend, um die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung setzt hinreichende Anhaltspunkte, die die Annahme der Wahrscheinlichkeit der Begehung rechtfertigen, voraus. Verdacht ist mehr als die bloße Vermutung. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen reichen zur Suspendierung nicht aus, vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in subjektiver und objektiver Hinsicht gegeben sein. Da die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist und die Entscheidung im Verdachtsbereich getroffen werden muss, braucht aber nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Aus demselben Grund ist die Dienstbehörde nicht verhalten, Fragen des Verschuldens bzw. des Grades des Verschuldens für das angelastete Verhalten näher zu prüfen (Fellner, BDG § 112, E 2 bis E 4 und E7).

Nach den Feststellungen liegt der begründete Verdacht einer gravierenden Dienstpflichtverletzung im Kernbereich der damaligen Dienstpflichten durch (den Beschwerdeführer) vor.

Schon der Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch einen Amtsträger ist offenkundig geeignet, das Ansehen des Amtes und darüber hinaus auch der Strafverfolgungsbehörden insgesamt zu gefährden - besonders wenn der Verdächtige in leitender Funktion tätig ist. Die Belassung im Dienst angesichts derartiger Verdachtsmomente wäre auch geeignet, wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden (Vgl. VwGH 15.02.2008, 2006/09/0240). Die vorläufige Suspendierung von (dem Beschwerdeführer) ist daher gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG geboten.“Der Bescheid wurde dem Beschuldigten an seiner Dienststelle noch am selben Tag nachweislich übergeben. Er verweigerte die Unterschrift auf dem Zustellschein.

4. Dagegen brachte der Beschuldigte über seinen rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 09.03.2021 rechtzeitig eine Beschwerde beim BMJ ein, worin der Bescheid in seinem gesamten Inhalt und Umfang, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wird. Nach Wiedergabe der bekämpften Entscheidung wird in der Beschwerdebegründung Nachstehendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Laut dem angefochtenen Bescheid (Beilage „/1) ergeben sich diese Sachverhaltsfest-stellungen der belangten Dienstbehörde aus der Anordnung der Sicherstellungen vom 25.02.2021 im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien (StA Wien) zu GZ 48 St 22/2 lk (Beilage ./2), idF kurz: „Sicherstellungsanordnung“, und dem dort formulierten Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß § 310 Abs. 1 StGB durch den Beschwerdeführer (vgl angefochtener Bescheid, Beilage ./1, S 2). Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erschöpft sich inhaltlich darin, dass sie die Begründung dieser Sicherstellungsanordnung zusammenfasst und als „schlüssig und nachvollziehbar“ bezeichnet, ohne dies selbst näher zu begründen.

Die belangte Dienstbehörde hat den bekämpften Bescheid somit ausschließlich auf die - mangelhafte und sich in bloßen Mutmaßungen erschöpfende - Begründung der von der StA Wien getroffenen Sicherstellungsanordnung (Beilage ./2) gestützt. Eigene Beweiserhebungen wurden von der belangten Dienstbehörde nicht durchgeführt, jedenfalls werden in dem angefochtenen Bescheid keine angeführt.

Tatsächlich wurde der Beschwerdeführer erstmals am 25. Juni 2019, um 13:56 Uhr, mit einem aktenkundigen E-Mail von der Oberstaatsanwaltschaft XXXX (OStA XXXX ) von der gegenständlichen Hausdurchsuchung in Kenntnis gesetzt, und zwar dass diese bereits in Morgenstunden des 25. Juni 2019 durchgeführt worden war. Der Beschwerdeführer wurde nicht vorab über das Datum des geplanten Vollzugs der Hausdurchsuchung informiert. Diese Tatsachen hat die Dienstbehörde auf Anfrage der Bundesdisziplinarbehörde (BDB) vom 2. Marz 2021 mit Schreiben 3. März 2021 (Beilage ./3) der BDB mitgeteilt. Dieser Sachverhalt war der belangten Dienstbehörde somit bekannt und hat sie sich in dem angefochtenen Bescheid darüber hinweggesetzt.

Ebenso hat sich die Dienstbehörde in ihrer Entscheidung darüber hinweggesetzt, dass nach der im BMJ aktenkundigen Mitteilung von RA Mag. L (Beilage ./4) diese bereits am 24. Juni 2019, 9:04:41 Uhr der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) mitgeteilt hatte, dass sie von der unmittelbar bevorstehenden Hausdurchsuchung Kenntnis habe. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass das Faktum einer bevorstehenden Hausdurchsuchung nicht über den Beschwerdeführer vor Durchführung derselben in Erfahrung gebracht worden ist. Daraus ergibt sich auch ein unauflösbarer Widerspruch, zu den in der Sicherstellungsanordnung (Beilage ./2) zitierten Aussage von RA Mag. L, wonach sie das genaue Datum der Hausdurchsuchung bereits „vor einer Woche"" erfahren habe.

Der E-Mail-Verkehr (vgl. Beilagen ./3 und ./4) belegt, dass der Beschwerdeführer - entgegen der Annahme in Sicherstellungsanordnung (Beilage ./2) - die Durchführung der Hausdurchsuchung erst im Nachhinein erfahren hat und unverzüglich und ordnungsgemäß die Eingabe von RA Mag. L (Beilage ./4) im BMJ protokollieren ließ. Alle diese Tatsachen, die bei der belangten Dienstbehörde im Elektronischen Akt (ELAK.) aktenkundig sind, führen die von der StA Wien angenommenen und von der Dienstbehörde übernommene Verdachtsmomente geradezu ad absurdum.

Zudem ist dem Amtsvermerk des Bundeskriminalamts vom 26.06.2019 zu entnehmen, dass bereits ab ca. 9.30 Uhr (also nur eine halbe Stunde nach Beginn des Vollzuges der Hausdurchsuchung) die mediale Berichterstattung einsetzte (vgl ON 7 AS 9 zu GZ 48 St 22/21 k).

Darüber hinaus hätte mittels einer einfachen Internetrecherche (vgl Beilage ./5) festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer nicht als Quelle der Offenbarung des einschlägigen Amtsgeheimnisses in Betracht kommt:

Die Abgeordneten zum Nationalrat XXXX und Kolleginnen hatten am 30. Oktober 2019 unter der Nr. 31/J-NR/2019 an den (damaligen) Bundesminister für Justiz Univ.-Prof. Dr. J eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Informationsweitergabe rund um Hausdurchsuchung in der Causa "T" und Auffälligkeiten in anderen Causen“ gerichtet und ihm ua folgende Fragen gestellt:

„5. Wann und von welchen Stellen wurden die Hausdurchsuchungen in der Causa T und S jeweils beantragt und genehmigt, und welche Personengruppen aus welchen Organisationseinheiten des Bundes waren nach Ihrem Informationsstand jedenfalls vorab von deren Genehmigung und Planung der Hausdurchsuchungen in Kenntnis?

a. Wie viele Personen Ihres Ressorts waren in Summe von der Planung bzw. bevorstehenden Durchführung der Hausdurchsuchungen in den beiden Fällen in Kenntnis?

b. Wie viele Personen des Bundesministeriums für Inneres waren Ihres Wissens nach von der Planung bzw. bevorstehenden Durchführung der Hausdurchsuchungen in den beiden Fällen in Kenntnis?" (Hervorhebungen hinzugefugt, vgl Beilage ./3).

Diese Frage hat Herr Bundesminister für Justiz a.D. Univ.-Prof. Dr. J (betreffend die „Causa T“) wie folgt beantwortet:

„In der Causa „T" beantragte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am 14. Mai 2019 die Bewilligung der Hausdurchsuchungen. Mit Beschlüssen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien im Zeitraum vom 4. Juni bis 7. Juni 2019 wurden die Durchsuchungen gerichtlich bewilligt. Die WKStA betraute das Bundeskriminalamt mit der Planung, Koordinierung und Durchführung der Maßnahmen. Von der Genehmigung und Planung der Hausdurchsuchungen waren zumindest zehn Mitarbeiter der WKStA sowie Mitarbeiter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in Kenntnis. Im Übrigen muss ich zur Frage 5. b. auf die Zuständigkeit des Herrn Bundesministers für Inneres verweisen.“

Die gegenständliche parlamentarische Anfrage bezog sich auf das gesamte Justizresort, Herr Bundesminister für Justiz a.D. Univ.-Prof. Dr. J gab in seiner Beantwortung keinen Beamten bzw. Vertragsbediensteten des BMJ. sondern nur „zumindest zehn Mitarbeiter der WKStA sowie Mitarbeiter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien“ an. Es ist davon auszugehen, dass Herr Bundesminister für Justiz a.D. Univ.-Prof, Dr. J die oben wörtlich zitierte Auskunft wahrheitsgemäß und nach der vorherigen Prüfung der Sachlage vollständig erteilt hat. Es hätte daher schon anhand dieser Anfragebeantwortung festgestellt werden können, dass kein Beamter des BMJ somit auch nicht der Beschwerdeführer — vor der Durchführung der Hausdurchsuchung Kenntnis von deren Datum hatte. …

 

… Beschwerdegrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit

Gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG, auf den die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid stützt, hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen, wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. Entgegen der als unrichtig angefochtenen Rechtsansicht der belangten Behörde liegen diese Voraussetzungen des § 112 Abs 1 Z 3 BDG gegenständlich nicht vor und ist der angefochtene Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit belastet.

Wie sich aus dem richtigerweise ergänzten Sachverhalt (siehe Punkt II. oben) ergibt, hatte der Beschwerdeführer vor der gegenständlichen Hausdurchsuchung von dieser keine Kenntnis und konnte folglich gar kein Amtsgeheimnis betreffend diese Hausdurchsuchung bzw betreffend das Datum dieser Hausdurchsuchung verraten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung bestand und besteht beim Beschwerdeführer weder ein begründeter Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses noch ein begründeter Verdacht auf eine Dienstpflichtverletzung.

Auch die vorläufige Suspendierung gemäß §112 Abs. 1 Z 3 BDG setzt einen begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus. Bloße Mutmaßungen alleine reichen bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht aus. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sind im gegenständlichen Fall weder das Ansehen des Amtes noch wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Die in § 112 Abs. 1 Z 3 BDG normierten Voraussetzungen liegen allesamt nicht vor. Die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers ist somit rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid ist aus den ausgeführten Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet und folglich ersatzlos zu beheben. …

 

… Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften

1. Gemäß § 39 Abs. 2 AVG hat die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen. Dem ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Stattdessen hat sie den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen nur auf die Sicherstellungsanordnung der StA Wien (Beilage ./2) gestützt und keine eigenen Sachverhaltserhebungen vorgenommen. Dieser Verfahrensmangel ist entscheidungsrelevant, weil, die belangte Behörde damit den maßgeblichen Sachverhalt nur unvollständig und teilweise auch unrichtig festgestellt hat und in der Folge zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt ist. Der maßgebliche Sachverhalt ist ergänzungsbedürftig, entsprechend den obenstehenden Ausführungen des Beschwerdeführers unter Punkt II., insbesondere unter Punkt II.5. ff.

2. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer vor Bescheiderlassung überhaupt nicht angehört und ihm auch keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Damit hat die belangte Behörde das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör entscheidungsrelevant verletzt.

3. Mittels der gemäß § 39 Abs. 2 AVG gebotenen Sachverhaltserhebungen bzw der rechtlich pflichtgemäß gebotenen Anhörung des Beschwerdeführers hätte die vermutete Verdachtslage durch die StA Wien unmittelbar falsifiziert werden können, weil dadurch feststehen würde, dass der Beschwerdeführer vorab über das Datum der Hausdurchsuchung nicht informiert war. Der belangten Behörde wäre es vor der Anordnung der vorläufigen Suspendierung des Beschwerdeführers ohne nennenswerte Verzögerung möglich gewesen, selbst im Wege der Amtshilfe festzustellen, insbesondere:

(i) wann die OStA XXXX dein BMJ über den Vollzug der fallrelevanten Hausdurchsuchung berichtet hat;

(ii) ob und allenfalls wann der Beschwerdeführer Zugriffe auf den betreffenden Elektronischen Akt (ELAK.) des BMJ sowie Zugriffe in die VJ des Ermittlungsaktes der WKStA (AZ 62 St 1/19x) vorgenommen hat;

(iii) ob und allenfalls bei wem Univ.-Prof. Dr. B am 24.06.2019 einen Termin im BMJ hatte.

Unabhängig davon, wäre der in der Anordnung offengelassene Zeitpunkt der Berichterstattung der OStA XXXX über die Anordnung und den geplanten Vollzug der Hausdurchsuchung und die Frage der angeblichen Kenntniserlangung über das Datum des geplanten Vollzuges durch den Beschwerdeführer geklärt. Schon aus diesem Grunde war die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers überschießend und damit fehlerhaft und rechtswidrig. …“

Schließlich wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu feststellen, dass die vorläufige Suspendierung rechtswidrig war, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

5. Mit Schreiben vom 02.04.2021 legte das BMJ die Beschwerde samt Verwaltungsakt und einer schriftlichen Stellungnahme vom 29.03.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.In der Stellungnahme führt die Dienstbehörde zur Beschwerde Folgendes aus (auszugsweise im Original, anonymisiert):„… Der gegen (den Beschwerdeführer) bestehende Verdacht gelangte der belangten Behörde als Dienstvorgesetzte und Dienstbehörde durch den Vollzug einer Sicherstellungsanordnung durch die Staatsanwaltschaft Wien am 25. Februar 2021 zur Kenntnis. Die Staatsanwaltschaft Wien übergab die Sicherstellungsanordnung und ersuchte um Zutritt zu den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Justiz. In der Sicherstellungsanordnung führte die Staatsanwaltschaft Wien einen Verdacht gegen den Beschwerdeführer wegen einer Verletzung des Amtsgeheimnisses an und begründete diesen näher (AZ 48 St 22/21k). Bei einer Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 Abs 1 StGB) handelt es sich auch um eine Dienstpflichtverletzung (vgl. § 46 Abs 1 BDG).

Bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung hat der Dienstvorgesetzte die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten (§ 109 Abs 1 BDG). Die Dienstbehörde hat dann nach § 110 BDG vorzugehen. Dies muss umso mehr gelten, wenn der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung dem Dienstvorgesetzten/der Dienstbehörde überhaupt erst durch eine staatsanwaltschaftliche Ermittlungsmaßnahme bekannt wird.

Über die Würdigung der staatsanwaltschaftlichen Sicherstellungsanordnung hinaus waren daher gemäß § 109 Abs 1 Satz 2 BDG keine Erhebungen mehr vorzunehmen. Die Information, wonach der Beschwerdeführer erst am 25. Juni 2019 um 13.56 Uhr von der Oberstaatsanwaltschaft XXXX über die Hausdurchsuchung schriftlich im Berichtsweg in Kenntnis gesetzt wurde, wurde der Dienstbehörde erst durch einen am 1. März 2021 einlangenden Bericht bekannt. Die Dienstbehörde hat diese Information unmittelbar an die Bundesdisziplinarbehörde weitergeleitet. …

… In den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs (13.12.2018, Ra 2018/09/0156, und 07.04.2020, Ra 2019/09/0135) wird ausgeführt, dass die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK auch im Verfahren über die Suspendierung zur Anwendung kommen und Disziplinarbeschuldigten daher auch im Suspendierungsverfahren grundsätzlich ein Recht darauf zuzuerkennen ist, dass ihre Angelegenheit in einer mündlichen Verhandlung vor dem in der Sache entscheidenden Gericht erörtert wird.

Hieraus ist für den vorliegenden Fall aber nichts zu gewinnen: Zunächst bezogen sich die zitierten Erkenntnisse auf Verfahren über „endgültige" Suspendierungen durch Disziplinarkommissionen, während hier eine vorläufige Suspendierung durch die Dienstbehörde vorliegt. Diese beiden Institute sind zwar dadurch verbunden, dass eine rechtskräftige Entscheidung über eine endgültige Suspendierung auch ein Verfahren über eine vorläufige Suspendierung gegenstandslos macht, aber sonst zu unterscheiden - was sich schon in gesonderten Rechtsmittelmöglichkeiten äußert.

Weiters kann daraus, dass im gerichtlichen Verfahren entsprechend Art. 6 EMRK eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, nicht geschlossen werden, dass dies auch bereits im vorhergehenden Verwaltungsverfahren zur vorläufigen Suspendierung gilt. Vielmehr tritt gerade im Verfahren über eine vorläufige Suspendierung der Sicherungscharakter der Maßnahme noch stärker in den Vordergrund als selbst bei einer endgültigen Suspendierung. Ihrem Wesen nach ist die Suspendierung eine sichernde Maßnahme, die im Interesse des Ansehens des Dienstes liegt; sie kann demnach nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie rasch erfolgt (Fellner, BDG § 112 Anm. 3).

Gerade auch in Fällen des § 109 Abs. 1 Satz 2 BDG, in denen sich die Dienstbehörde weiterer Erhebungen zu enthalten hat, muss es ihr daher möglich sein, eine vorläufige Suspendierung zu verhängen, ohne zuvor eine Stellungnahme des Beschuldigten einzuholen. In Folge bleibt der Bundesdisziplinarbehörde ein Monat Zeit, um die Suspendierung umfassender zu prüfen und hierbei der Dienstbehörde allenfalls ergänzende Erhebungsaufträge zu erteilen. …

… Im Kern stellt sich daher die Frage, ob der in der Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft Wien vom 25. Februar 2021 dargestellte Verdacht auch einen hinreichenden Verdacht einer Dienstpflichtverletzung iSd § 112 Abs. 1 BDG bildet.

Hierzu verweist die belangte Behörde auf ihren Bescheid vom 25. Februar 2021. Hervorzuheben ist, dass schon der Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch einen Amtsträger offenkundig geeignet ist, das Ansehen des Amtes und darüber hinaus auch der Strafverfolgungsbehörden insgesamt zu gefährden - besonders wenn der Verdächtige in leitender Funktion tätig ist (vgl. VwGH 15.02.2008, 2006/09/0240). Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als XXXX , darin auch für die XXXX , eine öffentlich bekannte Person. Daran mag auch die erfolgte Reorganisation der XXXX und seine seit 1.9.2020 geänderten Zuständigkeit, nunmehr ausschließlich für XXXX , nichts ändern, denn er wird mit dem Bundesministerium für Justiz, insbesondere dem Strafrecht, assoziiert. Die Dienstbehörde muss danach trachten, das Ansehen der Strafrechtspflege zu wahren.“

6. Mit Schreiben vom 25.02.2021 hatte die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung der Bundesdisziplinarbehörde mitgeteilt. Mit Schreiben vom 01.03.2021 und vom 02.03.2021 beauftragte die Bundesdisziplinarbehörde die Dienstbehörde in der Sache mit weiteren Erhebungen zu konkreten Fragen.

Mit Schreiben vom 02.03.2021 übermittelte die Dienstbehörde weitere Unterlagen und nahm zu den Fragen der Bundesdisziplinarbehörde Stellung. Darin wurde ausgeführt, dass sich aus BMVRDJ-4078646/0013-IV 5/2019 ergebe, dass dem XXXX (dem Beschuldigten) erstmals am 25.06.2019 um 13:56 Uhr per E-Mail von LOStA XXXX (in der Folge LOStA F) über die bereits am Morgen des 23.06.2019 absolvierten Hausdurchsuchungen im formellen Weg berichtet worden sei.

7. Mit Schreiben vom 03.03.2021 übermittelte die Dienstbehörde wegen der oben wiedergegebenen Anschuldigung eine Disziplinaranzeige gegen den Beschuldigten an die Bundesdisziplinarbehörde und teilte als weiteres Erhebungsergebnis mit, dass aus einem Kalendereintrag der damaligen Kabinettchefin des Vizekanzlers und Bundesministers für Justiz, Dr. J, hervorgehe, dass am 24.06.2019 um 16:00 ein Termin zwischen dem damaligen BMJ, Dr. J und Dr. B im Bundesministerium für Justiz stattgefunden habe. Laut einer in der Sicherstellungsanordnung der StA Wien wiedergegebenen Nachricht des Dr. B habe sich dieser aber bereits seit 15:40 im Bundesministerium für Justiz befunden. Zum Aufenthalt des Dr. B zwischen 15:40 und 16:00 Uhr würden derzeit noch keine Erhebungsergebnisse vorliegen.

8. Mit Schreiben vom 14.03.2021 übermittelte die Dienstbehörde eine Nachtragsdisziplinaranzeige an die Bundesdisziplinarbehörde, wonach über die in der ersten Disziplinaranzeige formulierten Anschuldigung hinaus der begründete Verdacht bestehe, der Beschuldigte habe (im Original, anonymisert)

„1. am 15. und 16. Dezember 2020 in Wien der Redakteurin der Tageszeitung „Kurier" XXXX (in der Folge M) die zu diesem Zeitpunkt nicht öffentlich bekannte Information offenbart, dass mehrere Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA gegen die Redakteurin der Tageszeitung „Die Presse" XXXX (in der Folge A) wegen ihres Artikels mit dem Titel „Weniger Intimes darf in die Akten" Strafanzeige erstattet hätten, die StA Wien jedoch beabsichtige, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, und M dabei ersucht, über die weitere Vorgehensweise bei der Veröffentlichung dieser Information noch mit ihm Rücksprache zu halten, weil bei verfrühtem Bekanntwerden offensichtlich gewesen wäre, „wer geleakt hätte";

2. am 24. Februar 2021 in Wien Mag. XXXX (in der Folge Mag. N), XXXX , über die Mobiltelefon-Applikation „Signal" mit u. a. den Worten „Das ist ein Putsch" und „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft..." geraten, Rechtsmittel gegen eine von der WKStA im Verfahren zu 17 St 5/19d vollzogene Hausdurchsuchung im Bundesministerium für Finanzen sowie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Sachbearbeiter zu erheben, ihm rechtliche und prozesstaktische Überlegungen dazu mitgeteilt und sich erkundigt, wer „ XXXX " (gemeint: XXXX Mag. G, MBA) auf seine Beschuldigtenvernehmung vorbereiten würde, nachdem ihm Mag. N Fotos einer anlässlich der Hausdurchsuchung erhaltenen Sicherstellungsanordnung übermittelt hatte;

3. es im Februar 2021 treuepflichtswidrig unterlassen, die wiederkehrende Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus verschiedenen Verfahren, für deren Bearbeitung er nicht zuständig war - jedenfalls teilweise durch LOStA Mag. F, LL.M. oder allenfalls einen anderen Mitarbeiter der OStA XXXX - zu unterbinden, obwohl dies der Zielsetzung der mit 1. September 2020 vollzogenen Organisationsänderung im Bundesministerium für Justiz (Teilung der Zuständigkeiten für XXXX auf zwei Sektionen) zuwiderlief;

und dadurch schuldhaft seine Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 (jeweils), 46 Abs. 1 (1.) BDG verletzt."

In der Begründung wurde zur Verdachtslage hinsichtlich der einzelnen Vorwürfe Folgendes ausgeführt:

„Die Verdachtslage zu 1. und 2. ergibt sich aus elektronischen Kommunikationsverläufen, die auf einem von der Staatsanwaltschaft Wien beim Beschuldigten sichergestellten Mobiltelefon vorgefunden wurden. Die Staatsanwaltschaft Wien hat diese dem Bundesministerium für Justiz als Dienstbehörde des Beschuldigten zur Kenntnis gebracht.

Zu 1. ist dem Kommunikationsverlauf zu entnehmen, dass der Informationsfluss vom Beschuldigten in Richtung M verlief und die Information für sie neu war: Sie fragte anhand eines Links nach, ob es sich „um diesen Artikel" handle, was der Beschuldigte bejahte. Dass der Beschuldigte bei der Offenbarung der Information schuldhaft handelte, lässt sich aus seinen nachfolgenden Bemühungen ableiten, nicht durch eine verfrühte Veröffentlichung die Quelle zu offenbaren oder zumindest den Kreis der Gelegenheitspersonen maßgeblich zu beschränken („klar, wer geleakt hätte").

Zu 2. ist ergänzend festzustellen, dass der Tonfall und Kommunikationsinhalt zwischen dem Beschuldigten und Mag. N auf einen regelmäßigen Kontakt schließen lässt (zB „meine bisherige Einschätzung bleibt unverändert"). Weder hinterfragt der Beschuldigte, warum ihm Mag. N eine aktuelle Sicherstellungsanordnung übermittelt, noch scheint es für diesen ungewöhnlich, den Beschuldigten zu kontaktieren und von diesem rechtliche und taktische Einschätzungen zu erhalten. Ältere Nachrichten zwischen dem Beschuldigten und Mag. N waren nicht feststellbar, weil diese mittels „verschwindender Nachrichten" kommunizierten - eine Funktion von „Signal", mit der die Ablaufzeit für verschwindende Nachrichten auf einen Tag festgelegt wurde, wodurch die Nachrichten danach automatisch gelöscht werden. Dass der Beschuldigte zu 2. schuldhaft handelte, lässt sich aus den äußeren Umständen schließen. Ein zusätzliches Indiz dafür kann auch in der Verwendung selbstlöschender Kommunikation gesehen werden.

Die Verdachtslage zu 3. beruht zum einem auf dem „Signal" -Kommunikationsverlauf zwischen dem Beschuldigten und LOStA Mag. F, LL.M.: Ersichtlich ist eine Vielzahl an wechselseitigen Anrufen über „Signal" im Februar 2021 sowie die Übermittlung eines ungeschwärzten Beschlusses des Oberlandesgerichts XXXX zu 21 Bs 28/20a vom 19. Februar 2021 durch LOStA Mag. F, LL.M., am 25. Februar 2021 mit dem Kommentar „Ein bissl schaut das olg eh auch noch auf Präzision der Aoen (Anordnungen, Anm.), was der Beschuldigte lediglich mit „Immerhin ..."beantwortete. Hieraus ist zu schließen, dass es sich bei der Übermittlung von Aktenteilen aus Strafverfahrensakten ohne unmittelbaren dienstlichen Bezug zum Beschuldigten um keinen ungewöhnlichen Vorgang handelte. Weitere Nachrichten zwischen dem Beschuldigten und Mag. F, LL.M., waren nicht feststellbar, weil auch sie mittels „verschwindender Nachrichten" kommunizierten. Zum anderen konnten neben den Kommunikationsverläufen auf dem Mobiltelefon eine Vielzahl von Vorschaubildern von Dokumenten (Fotos, PDF -Dateien u.ä.) aus dessen Cache rekonstruiert werden, die aus dem Verschlussakt 17 St 5/19d der WKStA stammen oder mit diesem zumindest in Zusammenhang stehen und laut IT -Auswertung der Staatsanwaltschaft Wien im Februar 2021 bei der Betrachtung der Dokumente am Mobiltelefon erstellt worden sein dürften. Für den Großteil der Vorschaubilder (bzw. der dahinterstehenden Dokumente) ist auszuschließen, dass sie öffentlich bekannt waren oder für den Beschuldigten dienstlichen Bezug hatten. Dass die am Diensthandy von (Beschuldigten) befindlichen Aktenstücke von einem Mitarbeiter der OStA XXXX stammen, ergibt sich etwa hinsichtlich des Informationsberichts Nr 71 der WKStA (ON 41 S. 5) und, hinsichtlich des dienstrechtlichen Erlasses der Abteilung III5 des BMI vom 25.9.2020 (ON 4 von 6 41 S. 17) jeweils aus dem Einlaufstempel der OStA XXXX und hinsichtlich des Berichts der OStA XXXX an das BMI vom 31.8.2020 aus der Einjournalisierung im Handakt der OStA (ON 41 S. 20). Das schuldhafte Handeln des Beschuldigten lässt sich auch hier aus den äußeren Umständen schließen.

Weitere Erhebungen wären vor Erstattung der Disziplinaranzeige zulässig, soweit kein sachverhaltsidentes Strafverfahren anhängig wäre und kein entsprechender strafrechtlicher Tatverdacht bestünde. Hier gehen jedoch sämtliche verdachtsrelevanten Umstände aus den von der Staatsanwaltschaft Wien übermittelten Unterlagen hervor."Der Disziplinaranzeige sind folgende Unterlagen beigeschlossen:

1. ein Informationsbericht der StA Wien vom 08.03.2021,

2. ein Bericht der StA Wien über die Sicherung der Kommunikationsverläufe der Applikation Signal vom Mobilgerät des Beschuldigten,

3. ein Bericht der StA Wien über Funde von Daten aus dem Verschlussakt 17 St 5 /19d auf dem Mobilgerät des Beschuldigten,

4. die Anordnungen der StA Wien der Sicherstellung sämtlicher elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und sonstiger Speichermedien des Dr. B und des Beschuldigten vom 25.02.2021 (AS 104 – 113),

5. ein weiterer Informationsbericht der StA Wien vom 11.03.2021 (AS 115 – 119) worin mitgeteilt wird, dass Dr. B, der Beschuldigte, Mag. F und Mag. N als Beschuldigte geführt werden. Konkret ist darin unter anderem Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„Es sind verdächtig in Wien …

… II. (der Beschuldigte) …

B. am 15. und am 16. Dezember 2020 als XXXX im Bundesministerium für Justiz, somit als Beamter ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart zu haben, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, indem er M mitteilte, dass mehrere Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption Strafanzeige gegen A wegen eines in der Tageszeitung „Die Presse“ erschienenen Artikels der Genannten mit dem Titel „Weniger Intimes darf in die Akten“ erstatteten, die Staatsanwaltschaft Wien jedoch beabsichtigt, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen A abzusehen;

III. Mag. N am 24. Februar 2021 als XXXX Mag. B, somit als Beamter ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart zu haben, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches Interesse zu verletzen, indem er die an das Bundesministerium für Finanzen gerichtete Anordnung der Sicherstellung der WKStA zu AZ 17 St 5/19d vom 19. Februar 2021 über die App „Signal“ an (den Beschuldigten) übermittelte;

IV. Mag. F am 25. Februar 2021 als Leitender Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft XXXX , somit als Beamter ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart zu haben, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, indem er den Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX zu AZ 21 Bs 28/20a vom 19. Februar 2021 über die App „Signal“ an (den Beschuldigten) übermittelte. …“

Der Information ist ein Ausdruck des Chatverlaufs zwischen dem Beschwerdeführer und M vom 15. und 16.12.2020 beigeschlossen (AS 120 -124).

9. Mit Schriftsatz vom 24.03.2021 übermittelte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter eine umfangreiche Stellungnahme an die Bundesdisziplinarbehörde und legte weitere Unterlagen vor. Darin wird nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes zu den einzelnen Anschuldigungspunkten Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„(Der Beschuldigte) hat keine ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrauten oder zugänglich gewordenen Geheimnisse offenbart oder verwertet. Insbesondere hat er nicht am 24.06.2019 Herrn Univ.-Prof. Dr. B mitgeteilt, dass im Verfahren 62 St l/19x der WKStA am 25.06.2019 eine gerichtlich bewilligte Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten in 1060 Wien, XXX, stattfinden werde.

Am 24.06.2019 hatte (der Beschuldigte) noch keine behördeninterne Information über die geplante Hausdurchsuchung am 25.06.2019 erhalten. Er war daher zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt (24.06.2019) noch nicht über die bevorstehende Hausdurchsuchung informiert und konnte daher (mangels Kenntnis) diese Information nicht preisgeben (siehe hierzu näher unten).

Gegen die Annahme des Tatverdachts gegen (den Beschuldigten) sprechen auch die Angaben der Anordnung der Sicherstellung der StA Wien vom 25.02.2021 (idF: „Sicherstellungsanordnung“), aber umso mehr die (dem Beschuldigten) zur Verfügung gestellten Erhebungsergebnisse der BDB.

Wie in der Folge dargestellt werden wird, liegen die Voraussetzungen für eine Suspendierung von (dem Beschuldigten) nicht vor. …

(Es folgen Ausführungen zum ersten Tatvorwurf, die sich im Wesentlichen mit jenen in der oben wiedergegebenen Beschwerde gegen die vorläufigen Suspendierung decken.)

… Weder in der Sicherstellungsanordnung der StA Wien noch in den ausschließlich darauf zurückgreifenden Begründungen der Dienstbehörde im Bescheid vom 25.02.2021 bzw. in der Disziplinaranzeige vom 01.03.2021 werden konkrete (tatsachenbezogene) Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass dem Beschuldigen das betreffende Geheimnis überhaupt bekannt war:

(i) Die Sicherstellungsanordnung der StA Wien führt für die Annahme, dass (dem Beschuldigten) das fallrelevante Geheimnis zum relevanten Zeitpunkt anvertraut war aus (vgl ON 8 S 18):

„Dass auch (der Beschuldigte) bereits im Vorfeld über die Hausdurchsuchung informiert war, ergibt sich aus dem Umstand, dass die WKStA bereits am 18. Juni 2019 über die Durchsuchungen und deren geplanten Vollzug an die Oberstaatsanwaltschaft XXXX berichtete, die wiederum zeitgerecht an die XXXX zu berichten hat.“ (Hervorhebungen hinzugefugt).

Die StA Wien schließt vom Sollen (Pflicht der Oberstaatsanwalt XXXX (idF: „OStA XXXX “) zu einer zeitgerechten Berichterstattung über den geplanten Vollzug der fallrelevanten Hausdurchsuchung an „die XXXX “) auf ein Sein (die tatsächliche Berichterstattung der OStA XXXX an „die XXXX “ über den Vollzug der fallrelevanten Hausdurchsuchung). Logischerweise kann von dem bloßen Bestehen einer Verpflichtung (also einer Norm) nicht auf das tatsächliche Handeln geschlossen werden. Die Argumentation der StA Wien baut somit schon grundlegend auf einem Fehlschluss auf.

Die Begründung der Sicherstellungsanordnung führt weiters missverständlich aus, „dass die WKStA bereits am 18. Juni 2019 über die Durchsuchung und deren geplanten Vollzug an die Oberstaatsanwaltschaft XXXX berichtete“ (ON 8 AS 18 letzter Absatz, Hervorhebung hinzugefügt). Tatsächlich teilte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (idF: „WKStA“) der StA Wien aber mit, dass der „Informationsbericht zu AZ 62 St l/19x“ am 18. Juni 2019 bei der WKStA abgefertigt wurde (ON 8 AS 16 1. Absatz, Hervorhebung hinzugefügt). Die Abfertigung bei der WKStA sagt aber nicht aus, wann der „Informationsbericht“ bei der OStA XXXX einlangte, so dass vor Anordnung der Sicherstellung von der StA Wien nicht einmal der Zeitpunkt des Einlangens des Informationsberichtes bei der OStA XXXX erhoben, geschweige denn, wann dieser Bericht von der OStA XXXX in Bearbeitung genommen oder an die „ XXXX “ tatsächlich weitergeleitet wurde. Dabei ist zu beachten, dass der 20.06.2019 ein gesetzlicher Feiertag (Fronleichnam) war. Vor allem aber wurde der Zeitpunkt der Weiterleitung des Berichtes von der OStA XXXX an das BMJ von der StA Wien, aber auch vom BMJ vor Ausspruch der vorläufigen Suspendierung nicht überprüft. Erst ab diesem Zeitpunkt könnte nämlich allenfalls auf eine Kenntnis des (Beschuldigten) geschlussfolgert werden.

Aus dem vom BMJ mit Bericht am 03.03.2021 übermittelten E-Mail-Verkehr zwischen OStA XXXX und (dem Beschwerdeführer) geht aus der Nachricht von OStA Mag. W einerseits hervor, dass selbst der Leiter der OStA XXXX (LOStA Mag. F) erst am 25.06.2019, 13:45 Uhr, informiert worden war. Aus dieser E-Mail-Nachricht an den Leiter der OStA XXXX geht aber auch hervor, dass die Durchsuchungsanordnungen „nur in elektronischer Form auf DVD“ bei der OStA vorliegen würden (vgl. ON 8 AS 11). Daraus ergibt sich, dass der Informationsbericht von der WKStA an die OStA XXXX postalisch (unter Anschluss einer DVD) übermittelt worden sein muss. Schon deshalb ist aus dem Zeitpunkt der Abfertigung bei der WKStA (18.06.2019) kein Rückschluss auf das Einlangen des Informationsberichts (samt DVD) bei der OStA XXXX zu schließen. Unter Berücksichtigung des Postlaufs und des gesetzlichen Feiertags (20.06.2019) ist vielmehr als frühester anzunehmender Einlangenszeitpunkt des Informationsberichts bei der OStA XXXX der „Fenstertag“ des 21.06.2019 (ein Freitag) anzunehmen. Wann dann dieser Informationsbericht der zuständigen Referentin der OStA XXXX (offenbar OStA Mag. W) tatsächlich vorgelegt wurde, ist weitere Spekulation.

Die Sachverhaltsannahme betreffend die Kenntnis des (Beschwerdeführers) von dem geplanten Vollzug im Talzeitraum (24.06.2019) wird daher nicht durch Tatsachen, sondern durch (irreführende) normative Erwägungen bzw unbestimmte Mutmaßungen begründet. Dabei ist es auffällig, dass sich die StA Wien auch nicht mit der zum angenommenen Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage betreffend die Berichtspflichten der Oberstaatsanwaltschaften an das Bundesministerium für Justiz auseinandergesetzt hat. Nach der damals geltenden Erlasslage hatte die OStA XXXX dem BMJ erst nach dem Vollzug der Maßnahme einen diesbezüglichen Bericht zu erstatten. Daher stützt die zum vermuteten Tatzeitraum geltende Rechtslage (sog. „Berichtspflichtenerlass“) die Schlussfolgerung bzw. Vermutung der StA Wien (in der Begründung der Anordnung der Sicherstellung) gerade nicht, sondern indiziert das genaue Gegenteil. Dafür, dass dem BMJ (bzw. in concreto (der Beschuldigte)) über die geplante Hausdurchsuchung vor deren Durchführung berichtet worden wäre, gibt es keine (schon gar keine konkreten) Anhaltspunkte. …

Mit Bericht des BMJ, GZ: 2021-0.155.146 vom 02.03.2021 teilte das BMJ mit „dass dem BMJ (der Beschuldigte) erstmals am 25. Juni 2019 um 13:56 Uhr per E-Mail von LOStA Mag. F (Beilage 2) über die bereits am Morgen des 25. Juni 2019 absolvierten Hausdurchsuchungen im formellen Wege berichtet wurde “ (Hervorhebungen hinzugefügt, vgl ON 8 S 2). Aus dem, dem Bericht des BMJ als Beilage ./2 angeschlossenen E-Mail-Verkehr ergibt sich ferner, dass LOStA Mag. F seinerseits erst kurz davor (am 25.06.2019, 13:45 Uhr, somit ebenfalls nach Beginn der Hausdurchsuchung) von der (offenbar zuständigen) Sachbearbeiterin der OStA XXXX (OStA Mag. W) informiert worden war und diese E-Mail am 25.06.2019, 13:57 Uhr, an (den Beschuldigten) weiterleitete. …

… Für einen früheren Informationsfluss über andere Informationskanäle gibt es keinerlei konkrete Anhaltspunkte, sondern kann die Annahme eines solchen (früheren) Informationsflusses lediglich auf bloßen Vermutungen und/oder Spekulationen beruhen. Dies ist aber weder ausreichend, um eine Verdachtslage in Richtung Verletzung eines Amtsgeheimnisses zu begründen noch darauf aufbauend eine Suspendierung von (dem Beschuldigten) zu rechtfertigen. …

… Unabhängig davon, dass - wie bereits ausgeführt wurde - keine tatsachenbezogenen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass (der Beschuldigte) überhaupt Kenntnis von dem in Rede stehenden Amtsgeheimnis hatte, fußt auch die Annahme, dass Univ.- Prof. Dr. B am 24.06.2019 im BMJ (den Beschuldigten) aufsuchte, auf bloßen Vermutungen und/oder Spekulationen. …

… Mit Bericht des BMJ, GZ 2021-0.154.406, vom 03.03.2021, teilte das BMJ der BDB mit, „dass am 24. Juni 2019 um 16:00 Uhr ein Termin zwischen Dr. J und Dr. B im Bundesministerium für Justiz stattfand“ (vgl. ON 11 AS 3, Hervorhebungen hinzugefügt). Zudem wird der entsprechende Eintrag im Kalender der (damaligen) Kabinettschefin von Justizminister Dr. J als Beilage ./2 dem Bericht des BMJ angeschlossen (ON 11 AS 9).

Damit ist auch der Verdacht widerlegt, dass sich Univ.-Prof. Dr. B ins BMJ begab, um (den Beschuldigten) zu treffen, Vielmehr begab er sich zu einem Termin beim damaligen Bundesminister für Justiz. …

… Der Rückschluss des BMJ im Bericht vom 03.03.2021, wonach sich aus einer in der Sicherstellungsanordnung der StA Wien wiedergegebenen Nachricht ergeben würde, dass sich Univ.-Prof. Dr. B am 24.06.2019 um 15:40 Uhr bereits im BMJ befand, ist demgegenüber spekulativ. Aus der Nachricht von Univ.-Prof. Dr. B an DDr. T von 15:40 Uhr lässt sich nichts ableiten (außer allenfalls vage Vermutungen): Univ.-Prof. Dr. B könnte zu diesem Zeitpunkt gerade am Parkplatz des BMJ oder beim Betreten des BMJ gewesen sein, sich im Warteraum des Ministerbüros befunden haben oder auch auf dem Weg dorthin gewesen sein. Dass er sich gerade mit (dem Beschuldigten) getroffen hätte, ist spekulativ und durch keinerlei konkrete Anhaltspunkte indiziert. …

… 7. Die bevorstehende Hausdurchsuchung war DDr. T und dessen Verteidigern bereits vor dem 24.06.2019 bekannt

Aus der Aktenlage ergibt sich eindeutig, dass DDr. T bzw. dessen Verteidiger schon Tage vor dem Vollzug der Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten in 1060 Wien, XXX, Kenntnis über die bevorstehende Hausdurchsuchung hatten und dieser Umstand daher - zumindest aus Sicht von DDr. T und seiner Verteidiger, zu denen Univ.-Prof. Dr. B gehörte - kein Geheimnis war:

(i) Die Sicherstellungsanordnung der StA Wien führt aus, dass die Verteidigerin von DDr. T, RA Mag. L, am 24.06.2019 in einem Schriftsatz an die WKStA mitteilte, dass sie seit Tagen von Journalisten auf eine geplante Hausdurchsuchung bei DDr. T angesprochen werde. Sie habe „nunmehr“ außerdem die Information bekommen, dass die geplante Hausdurchsuchung „definitiv in dieser Woche stattfinden“ solle (vgl. ON 8 AS 16 2. Absatz).

Der Schriftsatz der Kanzlei L Rechtsanwälte GmbH, auf den die Sicherstellungsanordnung Bezug nimmt, wurde vom BMJ mit Bericht vom 03.03.2021 an die BDB übermittelt (vgl. ON 8 AS 5 ff). Die genaue Uhrzeit der Einbringung dieses Schriftsatzes wird nicht in der Sicherstellungsanordnung und auch nicht im Bescheid des BMJ vom 25.02.2021 und auch nicht in der Disziplinaranzeige des BMJ angeführt.

Aus dem vom BMJ übermittelten Schriftsatz der Kanzlei L Rechtsanwälte GmbH geht jedoch eindeutig hervor, dass dieser Schriftsatz bereits am 24.06.2019 um 09:04:41 Uhr im Wege des web-ERV bei der WKStA eingebracht wurde (vgl. ERV-Übermittlungsprotokoll, ON 8 AS 9). Erst nach Einbringung dieses Schriftsatzes bei der WKStA übermittelte RA Mag. L den Schriftsatz um 09:12 Uhr auch unaufgefordert an (den Beschuldigten), der diese Eingabe unverzüglich und pflichtgemäß im BMJ protokollieren und somit erfassen ließ (vgl. ON 8 AS 13), darüber hinaus aber keinerlei Veranlassungen traf.

Die Mitteilung der L Rechtsanwälte GmbH, in der bereits ausgeführt war, dass man „nunmehr“ die Information bekommen hätte, dass die geplante Hausdurchsuchung nun definitiv in dieser Woche stattfinden soll, wurde also bereits Stunden (09:04 Uhr) vor dem behaupteten Tatzeitpunkt (vermuteter Termin von Univ.-Prof. XXXX im BMJ am 24.06.2019, ab 15:40 Uhr) an die WKStA übermittelt. Daraus erhellt, dass spätestens am 24.06.2019, 09:04 Uhr, den Verteidigern des DDr. T jedenfalls bereits bekannt war (ausweislich der Mitteilung an die WKStA), dass die Hausdurchsuchung unmittelbar („definitiv in dieser Woche“) bevorstand.

(ii) Dem Schriftsatz der L Rechtsanwälte GmbH vom 24.06.2019 war zudem eine Medienanfrage vom 14.06.2019 angeschlossen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal die WKStA ihren Informationsbericht an die OStA XXXX „abgefertigt“ hatte (Abfertigung des Informationsberichts durch die WKStA am 18.06.2019, vgl. ON 8 AS 16) und somit (der Beschwerdeführer) jedenfalls noch keine Kenntnis über die bevorstehende Hausdurchsuchung hatte. Auch im Schriftsatz der L Rechtsanwälte GmbH vom 24.06.2019, 09:04 Uhr, wird zudem ausgeführt, dass die Verteidiger des DDr. T bzw. deren Mandant selbst ,,[s]eit einigen Tagen [...] von Journalisten auf offenbar geplante Hausdurchsuchungen angesprochen [werden]“. Daraus geht hervor, dass es sich bei der Anfrage der Tageszeitung „Die Presse“ vom 14.06.2019 demnach nicht um die einzige Journalistenanfrage an DDr. T bzw. dessen Verteidiger gehandelt hatte. Vielmehr geht daraus hervor, dass man seit Tagen von Journalisten (Mehrzahl!) auf die geplante Hausdurchsuchung angesprochen worden sei. Dies wiederum bedeutet, dass offenbar mehrere Journalisten über die geplante Hausdurchsuchung informiert waren und sie es waren, die diese Information an DDr. T bzw. dessen Verteidiger weitergaben (und zwar zu einem Zeitpunkt als (der Beschuldigte) jedenfalls keine Kenntnis hiervon hatte).

(iii) Nach dem Bekanntwerden der Durchführung der Sicherstellungsanordnung der StA Wien bei (dem Beschuldigten) (und Univ.-Prof. Dr. B) bestätigte die Tageszeitung „Die Presse“ sogar ausdrücklich in einem Artikel, dass „Die Presse“ bereits am 13.06.2019 von der Hausdurchsuchung erfahren hatte. In „Der Presse“ vom Sonntag, 28.02.2021, wird hierzu ausgeführt:

„Am 13. Juni 2019 wurde dann die Hausdurchsuchung bei T genehmigt. „Die Presse“ erfuhr am selben Tag davon (übrigens nicht aus der Justiz) und fragte bei T einen Tag später nach, ob es eine Hausdurchsuchung gegeben habe. Hatte es nicht - aber T war aufgescheucht.“ (Hervorhebung hinzugefügt).

Beweis: Artikel „Die Presse am Sonntag“, 28.02.2021, S 2, Beilage ./7

Somit wusste - zumindest - „Die Presse“ bereits am 13.06.2019 (!) von der Genehmigung einer Hausdurchsuchung bei DDr. T und stellte die (ohnehin urkundlich dokumentierte) Anfrage an die Verteidiger des DDr. T vom 14.06.2019. Zudem führt die Redakteurin aber auch aus, dass sie diese Informationen „nicht aus der Justiz“ erhalten habe.

Auch daraus erhellt, dass die Information über die bevorstehende Hausdurchsuchung nicht von (dem Beschuldigten) erteilt wurde („nicht aus der Justiz “) und zudem zu einem Zeitpunkt erfolgte, als (der Beschuldigte) von einer geplanten Hausdurchsuchung - selbst nach dem Vorbringen der Sicherstellungsanordnung der StA Wien - jedenfalls noch keine Kenntnis hatte und auch nicht haben konnte. …

… Jedenfalls ist aber die von der StA Wien angenommene Verdachtslage gegen (den Beschuldigten), auf der auch sowohl der Bescheid des BMJ vom 25.02.2021 betreffend die vorläufige Suspendierung von (dem Beschuldigten) sowie die vom BMJ erstattete Disziplinaranzeige aufbauen, massiv erschüttert.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Verdachtslage nicht bereits gänzlich entkräftet ist, so erwiese sich ein allenfalls noch verbleibender (Rest-) Verdacht als derartig gering, dass er eine Suspendierung durch die BDB nicht rechtfertigen würde.

II. Zu den Vorwürfen der Nachtragsdisziplinaranzeige des BMJ, GZ 2021-0.187.003 vom 14.03.3021 (ON 18)

Vorweg ist festzuhalten, dass sich die Begründung dieser Nachtragsanzeige auf eine Datenauswertung stützt, deren Richtigkeit und Vollständigkeit vom Einschreiter derzeit mangels vollständiger Akteneinsicht in die Ermittlungsakte des nunmehr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck geführten Strafverfahrens nicht überprüft werden kann.

Ungeachtet dessen, bestehen gegen die Verwendung dieser Auswertungsergebnisse im Disziplinarverfahren rechtliche Bedenken.

Dem Disziplinarverfahren und dem Bescheid über die vorläufige Suspendierung liegt der Verdacht zu Grund, dass der Einschreiter am 24. Juni 2019 Univ. Prof. Dr. B das Datum der Durchführung der gerichtlich bewilligten Hausdurchsuchung in den Büroräumlichkeiten des DDr. T verraten habe. Mit welcher Berechtigung zur Untermauerung oder Entkräftung dieses Verdachts das dienstlich und privat verwendete Mobiltelefon des Einschreiters für den Zeitraum Februar 2021 und Dezember 2020 umfassend ausgewertet und private wie auch dem Redaktionsgeheimnis unterliegende Kommunikation offengelegt wird, erschließt sich nicht.

Im Rahmen ihrer Aufgaben sind Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Anfangsverdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist (§ 71 Abs 1 erster Satz StPO), in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären (§ 2 Abs 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat zudem das Ermittlungsverfahren zu leiten (§101 Abs 1 ers¬ter Satz StPO) und für die zur Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen (§ 4 Abs 1 zweiter Satz StPO).

In diesem Sinn notwendig sind Ermittlungen zu erheblichen Tatsachen - soweit hier relevant - zur Klärung, ob das Verhalten einer bestimmten Person eine rechtliche Kategorie des Kriminalstrafrechts begründet. Beigebrachte (angezeigte) Tatsachen oder Beweismittel müssen ebenso im dargestellten Sinn erheblich sein.

Informationen, deren Erheblichkeit für das angesprochene Thema auch als Kontrollbeweis nicht erkennbar sind, sind vom Verfahrensgegenstand nicht umfasst. Sie dürfen weder ermittelt noch zu den Akten genommen oder dort belassen werden, was schon die ausdrücklichen Vernichtungsanordnungen der StPO zeigen. Die Ermittlungsakten sind nicht faktisch, sondern rechtlich determiniert. Ebenso wenig dürfen Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht im Rahmen ihrer Aufgaben nicht erforderliche personenbezogene Daten verarbeiten (§ 74 Abs 1 erster Satz StPO; vgl. RIS-Justiz RS 0133323).

Auf diese Grundsätze einer zulässigen Auswertung (also Beschränkung der Auswertung der gespeicherten Kommunikationsverläufe auf den Zeitraum Jänner bis 25.06.2019) hat der Einschreiter im Ermittlungsverfahren der StA Wien aufmerksam gemacht und auch entsprechende Anträge (Schriftsatz vom 02.03.2021) gestellt; alleine der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft Wien der Dienstbehörde Auswertungsergebnisse aus dem Zeitraum Dezember 2020 bis Februar 2021 übermittelte, zeigt freilich, dass sie diese rechtlichen Grenzen des Umfangs der Auswertung beruflicher und privater Kommunikation nicht beachtete.

Dieser Umstand lässt an der Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten im Rahmen des Disziplinarverfahrens zweifeln, wird dem Einschreiter doch durch die Punkte 2. und 3. der Nachtragsdisziplinaranzeige keine von Amts wegen zu verfolgende gerichtliche Straftat unterstellt, sodass keine Grundlage nach der StPO bestand, diese Kommunikationsverläufe bzw. Dateien zu übertragen und sie sodann der Dienstbehörde zu übermitteln. Ein allfällig disziplinär zu würdigendes Ergebnis ist kein nach der StPO zulässiger Zufallsfund (siehe § 122 Abs. 2 StPO). Die Staatsanwaltschaft trifft auch keine disziplinarrechtliche Anzeigepflicht. Überdies bestand nach § 76 Abs. 4 StPO keine rechtliche Deckung für diese Datenübermittlung, weil nicht nur die Zulässigkeit der Verwendung dieser Daten in einem Strafverfahren zu bestreiten ist, sondern es dem BDG auch an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung mangelt, auf Grund welcher die Staatsanwaltschaft der Dienstbehörde im Wege der Amtshilfe solche unzulässig ausgewerteten Daten übermitteln dürfte.

Es wird daher beantragt, die Punkte 2. und 3. der Nachtragsdisziplinaranzeige zu Grunde liegenden Auswertungsergebnisse im Verfahren zur Entscheidung über die Suspendierung nicht zu verwenden und sie der Staatsanwaltschaft zurück zu stellen.

Was den Vorwurf laut Punkt 1. der Nachtragsdisziplinaranzeige betrifft, so stützt sich dieser auf einen Kommunikationsverlauf mit der Journalistin M und umgeht damit das auch im Disziplinarverfahren zu schützende Redaktionsgeheimnis (§ 31 Abs. 2 MedienG), weshalb auch dieser Nachrichtenverlauf unberücksichtigt zu bleiben hat.

Abgesehen davon, besteht auch ein Widerspruch zwischen der Begründung der Nachtragsdisziplinaranzeige und dem Verlauf der Kommunikation. Tatsächlich wird die Kommunikation zu diesem Thema von M am 15.12.2020 mit der Nachricht begonnen „Aber das mit der A ist schlimm - irgendwie stasi Methode“ (ON 18 ...). Für die Annahme, dass der Informationsfluss zu diesem Thema schon im Zuge eines persönlichen Treffens am 15.12.2020 fehlt es an einer nachvollziehbaren Grundlage. Alleine, dass in überschießender Weise auch ein Chat über ein privates Treffen am 15.12.2020 übertragen wurde, kann keinen Beleg dafür bieten, dass es just während dieses Treffens zu einem Verrat eines Amtsgeheimnisses gekommen ist; im Gegenteil: Die Bewertung von M dieses Treffens in ihrer Nachricht vom 16.12.2020 Ich habe mich übrigens auch gefreut. War lustig...“ (Informationsbericht Nr. 2 der StA Wien vom 11. März 2021, S 5) spricht deutlich gegen die Annahme, dass es im Zuge dieses Treffens zu einer Offenbarung von Amtsgeheimnissen oder anderen ernsthaften Gesprächen gekommen ist. Der Umstand, dass M in einer weiteren Nachricht vom 16.12.2020 einen Artikel schickte und in einer unmittelbar darauffolgenden Nachricht nachfragte „Um den Artikel geht es oder“ lässt sich nicht als Bestätigung interpretieren, dass M dieser Umstand neu war, sondern belegt bloß eine sorgfältige journalistische Recherche. Mit anderen Worten ergibt sich aus dem Kommunikationsverlauf kein Beleg dafür, dass der Einschreiter ein ihm amtlich zur Kenntnis gelangtes Geheimnis geoffenbart hat; es ist vielmehr davon auszugehen, dass M über selbstrecherchiertes Wissen verfügte, das sie mit dem Einschreiter abgleichen wollte.

Wäre es dem Einschreiter darauf angekommen, dass es zu einer für die WKStA nachteiligen Berichterstattung kommt, so wäre es nicht verständlich, warum er gerade um das Gegenteil bemüht war (zur Veröffentlichung kam es erst nach Bestätigung des Vorgehens nach § 35c StAG am 17. Jänner 2021 durch die StA Wien) und auf M einwirkte, von einer frühzeitigen Berichterstattung Abstand zu nehmen. Damit setzte er exakt das um, was ihm nun vorgeworfen wird, nämlich Rücksichtnahme auf § 12 StPO und den damit bezweckten Schutz öffentlicher und privaten Interessen.

Die zum Nachteil des Einschreiters getroffene Würdigung, er habe Sorge gehabt, dass anderenfalls offensichtlich würde, wer als Leak in Frage käme, ist nicht eindeutig oder von jedem Zweifel erhaben. Immerhin geht es ja auch um den Anschein. So wie die Dienstbehörde es jetzt unterstellt, so wäre auch zum damaligen Zeitpunkt der Verdacht geäußert worden, dass die Quelle nur innerhalb OStA XXXX /BMJ liegen könnte. Die Dienstbehörde vermag in der Begründung keinen konkreten Bezug herzustellen, auf welche Weise der Einschreiter angeblich Kenntnis von der gegen die Journalistin A erstatteten Anzeige erlangt hat; sie unterstellt schlichtweg den gebotenen unmittelbaren Zusammenhang des Geheimnisses mit der amtlichen Tätigkeit, obwohl es ihr möglich gewesen wäre, einen unberechtigten Zugriff des Einschreiters auf ELAK/VJ festzustellen bzw. auszuschließen. Sie trifft zu dieser entscheidungswesentlichen Frage keine Feststellungen; die Begründung enthält nur Rechtsausführungen ohne einen Bezug zum angezeigten Sachverhalt.

Die dem Einschreiter in weiterer Folge unterstellte Absicht, das seiner Ansicht nach verfehlte Vorgehen der WKStA öffentlich zu machen, ohne mit der Veröffentlichung in Verbindung gebracht zu werden, ist insoweit lebensfremd, als er zu diesem Zeitpunkt (also 16.12.2020) mangels Zuständigkeit innerhalb des BMJ mit der Veröffentlichung nicht in Verbindung gebracht worden wäre, sondern im Gegenteil unbekannte Personen im Wirkungsbereich von StA Wien, OStA XXXX oder der zuständigen XXXX im BMJ. Er handelte daher gerade entgegen dem Vorwurf, einer das Vertrauen in seine sachliche Aufgabenerfüllung untergrabenden Handlungsweise, wirkte er doch eben daraufhin, dass keine unsachliche Berichterstattung stattfand. Eine schuldhafte Pflichtverletzung kann in diesem Bemühen, eine Berichterstattung vor Kenntnis der betroffenen Redakteurin A von der gegen sie erstatteten Anzeige und ihrer Behandlung zu vermeiden, nicht erblickt werden.

Wenn dem Einschreiter zu Punkt 2, der Nachtragsdisziplinaranzeige zur Last gelegt wird, den Eindruck erzeugt zu haben, Partei für den im Strafverfahren Beschuldigten ergriffen zu haben, so übersieht die Dienstbehörde den privaten Charakter des gegenständlichen Informationsaustausches; im Übrigen hat hier vorgelagert eine Kommunikation mit dem Präsidenten der Finanzprokuratur stattgefunden, die bezeichnender Weise von der StA Wien nicht ausgewertet wurde, obwohl deren Inhalt sodann Gegenstand der freundschaftlichen Beratung mit Mag. N wurde (Siehe „Meine Empfehlung wäre: BMF sucht aufgrund der Ao das dazu passende heraus. Wenn das der StA nicht genügt, muss sie sehen, wie sie zu mehr kommt.“ „Zusammengefasst: In Wahrheit ist man auf die Kooperation mit dem BMF angewiesen; mit Zwangsgewalt werden die angestrebten Beweismittel von Externen kaum zu finden sein.“ „Vernünftig und der einzige Weg aus der Misere herauszukommen; man darf ja nicht übersehen, dass Weisung des Beschuldigten, nicht auszufolgen strafgesetzwidrig und daher nicht zu befolgen wäre ...“ „Einspruch würde ich dennoch empfehlen.“ Hier handelt es sich nämlich um die Weiterleitung des zuvor stattgefundenen rechtlichen Meinungsaustausches mit dem Präsidenten der Finanzprokuratur zum selben Thema. Daraus erklärt sich auch, warum der Einschreiter nicht hinterfragt hat, warum ihm Mag. N eine aktuelle Sicherstellungsanordnung übermittelt hat, nämlich weil er vom Inhalt dieser Anordnung bereits durch den Präsidenten der Finanzprokuratur informiert war, der ihm auch seine rechtliche Einschätzung übermittelt hat. Warum es dem Einschreiter untersagt sein sollte, sich mit dem ihm freundschaftlich verbundenen Mag. N über rechtliche Aspekte auszutauschen und den Rat zu erteilen, die (gesetzlich vorgesehene!) Kontrolle der Gerichtsbarkeit zu aktivieren, dafür bleibt die Dienstbehörde jedes Argument schuldig. Aus der Kommunikation geht doch immerhin klar hervor, dass der Beschuldigte jede unzulässige Intervention in das Verfahren oder auch nur eine Veröffentlichung seiner Kritik am Vorgehen der WKStA unterließ; der Rat, Einspruch bzw. Beschwerde zu erheben und somit die von der StPO vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen, kann keine schuldhafte Verletzung einer Dienstpflicht darstellen.

Wenn nun bereits die Verwendung selbstlöschender Kommunikation als Indiz für das schuldhafte Handeln des Einschreiters gelten soll, wird deutlich, dass die Kommunikation und das Verhalten des Einschreiteres grundsätzlich in malem partem ausgelegt wird. Hier wäre das amtliche Wissen der Dienstbehörde zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit eine Vielzahl von E-Mails des Einschreiters den Weg in die Öffentlichkeit fanden, sodass er ein natürliches Interesse daran hatte, solche Veröffentlichungen zu seinem Nachteil nicht möglich zu machen.

Was nun die Verdachtslage zu Punkt 3. der Nachtragsdisziplinaranzeige betrifft, so wird aus einem durch den Leiter der OStA XXXX , Mag. F per „Signal“ übermittelten Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX zu 21 Bs 28/20a und der lapidaren Antwort des Beschuldigten „Immerhin ...“ der unterstellende Schluss gezogen, dass es sich bei der Übermittlung von Aktenteilen aus Strafverfahrensakten ohne unmittelbaren dienstlichen Bezug zum Einschreiter um keinen ungewöhnlichen Vorgang handelt. Dies einerseits schon deshalb, weil der dienstliche Bezug gar nicht hinterfragt wird; immerhin ist die Präzision der Bestimmungen der StPO und ein möglicher Verbesserungsbedarf von unmittelbarem Interesse für den Einschreiter, dem es ja obliegt, zu prüfen, ob Mängel in der Rechtsanwendung auf z.B. unklare Bestimmungen in der StPO zurückzuführen sind. Natürlich ist hier ein fachlicher Austausch mit dem Leiter der OStA XXXX von unschätzbarem Wert für die legistische Arbeit des Einschreiters. Im konkreten Fall ging es - wie aus dem Wortlaut der Mitteilung des LOStA Mag. F ersichtlich („Ein bissl schaut das olg eh auch noch auf die Präzision der Aoen“) - um keinen konkreten Verfahrensbezug, sondern um den Aspekt der Qualitätssicherung durch die unabhängige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Wien. Der Umstand, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien zu 21 Bs 28/20a vom 19.02.2021 ungeschwärzt übermittelt wurde, kann einerseits dem Einschreiter nicht zur Last gelegt werden und stellt andererseits auch keine Verfehlung des LOStA Mag. F dar, weil es ihm ja nicht um einen verfahrensbezogenen Austausch, sondern um den konkreten Hinweis auf den aufhebenden Teil des Beschlusses gegangen ist, dessen Inhalt auch zum Gegenstand eines klarstellenden allgemeinen Erlasses gemacht werden könnte, für den die XXXX des BMJ zuständig wäre.

Wenn schon Telefonate zwischen dem Leiter der OStA XXXX und dem Einschreiter als belastend dargestellt werden, so übersieht die Dienstbehörde ihr amtliches Wissen, dass beide nicht nur Betroffene von strafrechtlichen Anzeigen waren, sondern sich auch laufenden medialen Angriffen ausgesetzt sahen, sodass ein häufiger Austausch zur gegenseitigen Unterstützung wenig verwundert.

Was nun die Vorschaubilder von Dokumenten betrifft, so sei einmal mehr festgehalten, dass die Richtigkeit der Auswertung zu gegebenem Zeitpunkt vom Einschreiter nicht überprüft werden kann. Aber abgesehen davon, lässt die Dienstbehörde die notwendige Objektivität in der Darstellung der Verdachtslage vermissen; es ist wiederum als bekannt vorauszusetzen, dass der Einschreiter wiederholt seit Mai 2019 im Zentrum heftiger medialer und politischer Kritik stand und sich auch unberechtigten Vorwürfen amtsmissbräuchlichen Handelns ausgesetzt sah. Dass es hier ohne aktives Zutun des Einschreiters auch innerhalb der Justiz zu einer Frontenbildung kam, sollte gerade der Dienstbehörde bekannt sein. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass dem Einschreiter manche Dokumente aus unterschiedlichen Quellen übersandt wurden, die seine Position gegenüber den Angriffen und Anzeigen stärken sollten. Auch hier leugnet die Dienstbehörde pauschal ein dienstliches Interesse, ohne konkret darzulegen, welchen Inhalt die Dokumente mit allfälligem Bezug zu aktuellen rechtpolitischen Themenstellungen konkret haben. Übersehen wird auch das legitime Verteidigungsinteresse, weil der Einschreiter strafrechtlichen Anzeigen ausgesetzt war (die wiederum Gegenstand einer breiten medialen Berichterstattung war), deren Inhalt er mangels Zugangs zu den jeweiligen Berichten nicht hinreichend widerstreiten konnte (auch dadurch veranlasst, weil die Dienstbehörde entgegen ihren Schutz- und Sorgfaltspflichten jede Unterstützung des Einschreiters vermissen hat lassen).

Wäre das Interesse des Einschreiters tatsächlich in einer unzulässigen Verbreitung dieser Unterlagen gelegen, so kann es nicht vernünftig erklärt werden, warum keine dieser angeblich aus dem Februar 2021 stammenden Bildern bzw. Dokumente Gegenstand einer Weiterleitung oder der medialen Berichterstattung waren.

Insgesamt lässt die Nachtragsdisziplinaranzeige eine lebensnahe Würdigung des fachlichen Austausches zwischen dem Leiter der OStA XXXX und dem Einschreiter als für XXXX zuständigen XXXX vermissen. Ein solcher Austausch wäre nämlich gar nicht sinnvoll möglich, wenn nicht mitunter auf Dokumente referenziert wird, die Grundlage der Argumentation und des Diskurses sind. Dass ein solcher fachlicher Austausch von dienstlichem Interesse ist und zu einer Präzisierung der Argumente führt, wird man vernünftiger Weise nicht bestreiten können, wenn die Beteiligten durch die Wahl des Kommunikationsmittels auch bestmöglich sicherstellen wollten, dass dieser Austausch „inter partes“ bleibt. Würde man die strenge Ansicht, die der Disziplinaranzeige zu Grunde gelegt wird, praktisch umsetzen wollen, so wäre jedwede gegenseitige Beratung und ein fachlicher Meinungsaustauch unmöglich. Vor diesem Hintergrund hatte der Einschreiter jedenfalls keinen Anlass, derartige Zusendungen zu unterbinden, weil sie eben einem zulässigen Zweck dienten. …

Zurückzuweisen ist auch der Vorwurf, der Einschreiter habe entgegen den Zielsetzungen der Organisationsreform gehandelt; ganz im Gegenteil: Er hat sich um bestmögliche Umsetzung des Regierungsprogramms bemüht und die entsprechenden Entwürfe zeitgerecht und in bestmöglicher Qualität der Ressortleitung zur Verfügung gestellt. Das Engagement des Einschreiters im Zuge der Verhandlungen über das 1. Antiterrorpaket und zum Entwurf einer Reform des Maßnahmenvollzugs mit vielen Verhandlungsstunden und Arbeiten über das Wochenende wäre nicht zu erklären, wenn er sein Wirken nicht voll und ganz im Sinne der Zielsetzungen der Organisationsreform im BMJ ausgeübt hätte.

Dass er ungeachtet dieses hohen Arbeitseinsatzes wiederholt Subjekt von medialen Untergriffen und Anzeigen mit entsprechender medialer Begleitmusik wurde, hat der Einschreiter auch mehrmals mit der Ressortleitung als für ihn und seine Familie äußerst belastend erörtert (in der Weise, dass er sich seit zwei Jahren einer gegen ihn gerichteten medialen und politischen Kampagne ausgesetzt sieht, die seinen Gesundheitszustand gefährdet), ohne dass hier die zu erwartende Unterstützung (etwa durch eine mediale Klarstellung seitens der Ressortleitung) geboten wurde. Auch daraus erklärt sich, dass der Einschreiter mit LOStA Mag. F einen engen telefonischen Kontakt pflegte, weil dieser sich in einer vergleichbaren Position befand und laufend wegen seiner Amtsführung politisch und medial angegriffen winde. Es stellt sicher keine wie immer geartete dienstliche Verfehlung dar, wenn ein derart wertschätzender Umgang zwischen Spitzenrepräsentanten der Justiz gepflegt wird, der erkennbar der wechselseitigen Unterstützung und eines fachlichen Austausches diente.

In lebensfremder Weise lässt die Dienstbehörde aber auch den Umstand des pandemie-bedingten Lockdowns außer Betracht, der natürlich zu einer intensiveren Nutzung von elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten führte. Es ist auch hier wieder entscheidend, dass die Dienstbehörde nicht ihre amtliche Kenntnis ins Kalkül zieht, dass in der Vergangenheit mehrfach auf ungeklärter Weise privater und dienstlicher E-Mailverkehr des Einschreiters mit LOStA Mag. F den Weg in die Öffentlichkeit fand und zum Nachteil der beiden ausgeschlachtet und missinterpretiert wurde (entsprechende Untersuchungen, auf welche Weise dies geschehen konnte, etwa durch illegalen Zugriff auf die dienstlichen E-Mailaccounts, sind der Dienstbehörde, da von ihr in Auftrag gegeben, bekannt). Vor diesem Hintergrund mag es nicht zu verwundern, dass ein sicherer elektronischer Kommunikationsweg (wegen der end-to-end- Verschlüsselung) gewählt und zusätzlich die Funktion verschwindende Nachrichten aktiviert wird, weil eben alles verhindert werden sollte, was eine Preisgabe des Inhalts der Kommunikation an unberechtigte Dritte ermöglicht hätte. Damit steht auch der Umstand im Einklang, dass Vorschaubilder von diversen Dokumenten gesichert werden konnten, weil auch hier die Absicht dokumentiert wird, dass diese Dokumente nicht in Hände unberechtigter Dritter gelangen (aus diesem Wissen hat etwa LOStA Mag. F einen nicht geschwärzten Beschluss des Oberlandesgerichts Wien im Wege von Signal verwendet, weil es ihm offensichtlich wichtig war, den Einschreiter auf die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts hinzuweisen und er sich sicher sein konnte, dass die Nachricht samt Beschluss nach Ablauf der vorgegebenen Zeit gelöscht wird). Hätte der Einschreiter die Absicht gehabt, diese Dokumente weiterzuleiten, hätte er sie gespeichert und wären sie im Speicher des von ihm verwendeten Mobiltelefon aufgefunden worden. …

Dass diese Vorgehensweise ganz und gar nicht auf den Kontakt mit LOStA Mag. F beschränkt war, zeigt die Auswertung, wonach zB auch LStAin Dr. X und LStAin Mag. Y im Signalkontakt mit dem Einschreiter standen und auch hier die Funktion verschwindende Nachrichten aktiviert war.

Der Vorwurf, der Einschreiter habe Einzelstrafsachen mit Unbefugten erörtert oder gar versucht, ihren Verlauf in welcher Weise auch immer zu beeinflussen (S 6 der Nachtragsdisziplinaranzeige), entbehrt jeder konkreten Feststellung, wird dem Beschuldigten doch eine solche Beeinflussung in der Nachtragsdisziplinaranzeige gar nicht zum Vorwurf gemacht; der Rat, Rechtsbehelfe und Rechtsmittel zu ergreifen, also eine Entscheidung der unabhängigen Gerichtsbarkeit zu erwirken, kann doch in einem Rechtsstaat niemals als unzulässige Beeinflussung aufgefasst werden.

III. Antrag

Allgemeine Voraussetzung für eine Suspendierung im Sinne des BDG 1979 ist, dass schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Es genügt im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ein entsprechend konkreter Verdacht ("begründeter Verdacht" iSd § 109 Abs. 1 BDG), auch wenn die Dienstpflichtverletzung zum Zeitpunkt der Suspendierung auch noch nicht nachgewiesen sein muss (vgl. VwGH 20.11.2001, 2000/09/0133; 29.11.2002, 95/09/0039; 4.9.2003, 2000/09/0202).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei einem konkreten Verdacht um "hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte", aus denen nach der Lebenserfahrung mit Wahrscheinlichkeit auf ein Vergehen geschlossen werden kann (VwGH 27.6.2002, 2001/09/0012; 29.4.2004, 2001/09/0086; 16.9.2009, 2009/09/0121).

Auch wenn in Hinblick auf die Funktion der Suspendierung an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden müssen, so kann nicht der bloße Umstand der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens automatisch zur Suspendierung eines Beamten führen. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. VwGH, 27.06.2002, 2000/09/0053 und 27.02.2003, 2001/09/0226, und die jeweils darin angegebene Judikatur).

Nach der Rechtsprechung des VwGH müssen zumindest hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer gewichtigen Dienstpflichtverletzung vorliegen. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 112 Abs 1 BDG 1979 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen (VwGH 28.10.2014 GZ 2002/09/0212).

Gegenständlich wird bei der Entscheidung über die Suspendierung auch zu beachten sein, dass (der Beschwerdeführer) nicht mehr Teil der Weisungskette des BMJ ist, sondern XXXX - und somit für XXXX zuständig ist - und keinerlei Einfluss und Kompetenzen auf anhängige Verfahren hat. Auch der Grundsatz der Geltung der Unschuldsvermutung ist zu berücksichtigen. Mit einer Suspendierung ist eine erhebliche Stigmatisierung und - zumindest im gegenständlichen Fall - eine mediale Vorverurteilung verbunden.

Aus den in § 112 Abs 1 BDG 1979 normierten Gründe für eine vorläufige Suspendierung, welche auch von der BDB bei der Entscheidung über die Suspendierung gemäß Abs 2 leg cit anzuwenden sind, folgt, dass eine Suspendierung nur bei gravierenden Vorwürfen und gravierender Verdachtslage zu erfolgen hat. So sieht § 112 Abs 1 BDG 1979 keinesfalls vor, dass die bloße Einleitung eines Strafverfahrens quasi automatisch zur Suspendierung führen müsste. Dies ist nur in jenen Fällen vom Gesetz vorgesehen, wenn über die Beamtin oder den Beamten die Untersuchungshaft verhängt wird (ZI) oder wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen bestimmter, taxativ aufgezählter Tatbestände des StGB (§§ 92, 201 bis 217, 312, 312a StGB) vorliegt.

Gegenständlich wurde zwar ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen (den Beschwerdeführer) eingeleitet, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren soll aber gerade dazu dienen, einem (allenfalls von der Staatsanwaltschaft angenommenen) Anfangsverdacht nachzugehen. Es ist Sinn und Zweck eines Ermittlungsverfahrens nach der StPO, einem von der Staatsanwaltschaft angenommenen Anfangsverdacht nachzugehen, um zu ermitteln, ob sich dieser Verdacht bestätigt oder nicht. Nach der Aktenlage ist der Verdacht - wenn nicht schon als entkräftet - als vage zu beurteilen, sodass der Ausspruch einer Suspendierung einer Vorverurteilung des Betroffenen gleichkäme.

Der StA Wien wären - wie dargestellt wurde - einfache, gelindere und dennoch effektive Ermittlungsmaßnahmen vor Anordnung einer Zwangsmaßnahme zur Verfügung gestanden, die sie jedoch unterlassen hat. Die zielgerichteten Erhebungen der BDB zeigen, dass rasch (binnen weniger Tage) im Wege einer einfachen Amtshilfe wesentliche Verdachtsannahmen entkräftet werden konnten. Die Erhebungen der BDB und deren Erhebungsergebnisse zeigen, dass die Voraussetzungen einer Suspendierung nicht vorliegen. ...“

10. Mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 25.03.2021 wurde der Beschuldigte gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 nicht vom Dienst suspendiert. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges, des Inhalts der gegen den Beschuldigten erstatteten Disziplinaranzeigen sowie der vom Beschuldigten eingebrachten Stellungnahmen führten die Bundesdisziplinarbehörde in der Begründung des beschwerdegegenständlichen Bescheides folgendes aus (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„1. Feststellungen

1.1. Zum Disziplinarvorwurf aus der Disziplinaranzeige vom 01.03.2021:

Die ursprüngliche Annahme der StA Wien in ihrer Sicherstellungsanordnung, wonach davon auszugehen sei, dass der Beschuldigte aufgrund einer Berichtspflicht der OStA XXXX an das BMJ davon Kenntnis haben musste, hat sich als falsch herausgestellt. Laut Auskunft des BMJ hat die OStA XXXX dem BMJ erstmals am 25.06.2019 um 13:56 Uhr darüber berichtet. Konkrete Anhaltspunkte dafür, ob sowie allenfalls wann und durch wen der Beschuldigte im Vorfeld von dieser Hausdurchsuchung informiert war, liegen somit nicht vor.

Die StA Wien ging nach der Sicherstellungsanordnung überdies davon aus, dass Dr. B den Beschuldigten am 24.06.2019 im BMJ aufsuchte, um von diesem den Termin der Hausdurchsuchungen zu erfahren. Aufgrund der durchgeführten Erhebungen steht fest, dass Dr. B an diesem Tag um 16:00 Uhr einen Termin beim damaligen Vizekanzler und Justizminister Dr. J im BMJ hatte. Zwar legt eine SMS- Nachricht von Dr. B an DDr. T nahe, dass er bereits um 15:40 Uhr im BMJ war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es dabei auch zu einem Treffen/Gespräch zwischen Dr. B und dem Beschuldigten gekommen ist, liegen aber nicht vor und lassen sich aus der SMS-Nachricht auch nicht schließen.

1.2. Zum Disziplinarvorwurf 1 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Der Chatverlauf zwischen dem Beschuldigten und der Redakteurin der Tageszeitung „Kurier" vom 15. und 16.12.2020 ergibt sich aus dem Datenbestand des ausgeschiedenen Diensthandys des Beschuldigten, das die StA Wien auswerten ließ. Daraus ist der Verdacht abzuleiten, dass der Beschuldigte bei einem vorangegangenen Treffen die Anzeige mehrerer Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA gegen A wegen eines in der Tageszeitung „Die Presse" erschienen Artikels offenbarte.

1.3. Zum Disziplinarvorwurf 2 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Der Chatverlauf zwischen dem Beschuldigten und Mag. N wurde aus dem von der StA Wien beim Beschuldigten sichergestellten Diensthandy ausgelesen. Danach hat Mag. N dem Beschuldigten eine Sicherstellungsanordnung der WKStA übermittelt und der Beschuldigte diese inhaltlich kritisiert, ein Rechtsmittel dagegen angeraten („Dos ist ein Putsch" „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft...") sowie rechtliche und prozesstaktische Überlegungen dazu mitgeteilt.

1.4. Zum Disziplinarvorwurf 3 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Aus der Auswertung der App „Signal" auf dem Diensthandy des Beschuldigten durch die StA Wien ergibt sich, dass dem Beschuldigten am 25.02.2021, 08:33 Uhr von LOSTA Mag. F ein Beschluss des OLG Wien mit dem Kommentar „Ein bissl schaut das olg eh auch noch auf Präzision der Aoen" ungeschwärzt übermittelt wurde, was der Beschuldigte mit „Immerhin..." beantwortete.

Darüber hinaus wurden auf dem Mobiltelefon 24 Vorschaubilder von Dokumenten (Fotos, PDF-Dateien u.ä.) aus dessen Cache rekonstruiert, die laut IT-Auswertung der StA Wien im Februar 2021 bei der Betrachtung der Dokumente am Diensthandy erstellt worden sein dürften. Obwohl die Bildqualität schlecht ist, kann man die dahinterstehenden Dokumente zum Teil einem Verschlussakt der WKStA zuordnen. Aus 5 Vorschaubildern lassen sich 4 Dokumente (eines doppelt) dem Verschlussakt zuordnen, die mit einem Datum versehen sind, das nach der Organisationsänderung im BMJ (Trennung von XXXX ) liegt. Die Dokumente hinter 14 Vorschaubildern sind entweder undatiert oder vor der Organisationsänderung datiert. 5 Vorschaubilder sind nicht relevant, da sie öffentlich zugängliche Dokumente (z.B. Protokolle aus dem Untersuchungsausschuss) oder Inhalte, die einer Veröffentlich bestimmt war (z.B. E-Mail der Medienstelle an Journalisten), abbilden. Anhand der Vorschaubilder lässt sich nicht feststellen, wann und durch wen sowie zu welchem Zweck die dahinterliegenden Dokumente an den Beschuldigten übermittelt wurden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte in Dokumente, die vor der Organisationsänderung datiert sind, bis zu diesem Zeitpunkt auch zulässigerweise im Rahmen der Fachaufsicht Einsicht hatte. Für die danach datierten Dokumente lässt sich lediglich aus einem Vorschaubild ableiten, dass dieses Dokument aus der OStA XXXX stammt (Einlaufstempel).

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Disziplinarvorwurf aus der Disziplinaranzeige vom 01.03.2021:

Aus den Chatprotokollen lässt sich zwar ableiten, dass Dr. B wiederholt beim Beschuldigten für DDr. T intervenierte. Konkrete Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte im Vorfeld vom Termin dieser Hausdurchsuchung überhaupt Kenntnis hatte und diese Information am 24.06.2019 im BMJ an Dr. B offenbarte, liegen hingegen nicht vor. Demgegenüber lässt sich aus dem Schriftsatz von Mag. L vom 24.09.2019 an die WKStA („Nunmehr haben wir wiederum die Information bekommen, dass die geplante Hausdurchsuchung nun definitiv in dieser Woche stattfinden soll."), der bereits um 09:04 Uhr eingebracht worden war, und ihren Angaben gegenüber den einschreitenden Beamten während der Hausdurchsuchung (laut Sicherstellungsanordnung gab sie am 25.06.2019 gegenüber den einschreitenden Beamten an, dass sie seit rund einer Woche Kenntnis von dem genauen Termin der Hausdurchsuchung habe) schließen, dass DDr. T der konkrete Termin der Hausdurchsuchungen bereits früher bekannt war.

2.2. Zum Disziplinarvorwurf 1 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Zum Einwand, dass sich der Vorwurf auf einen Kommunikationsverlauf mit einer Journalistin stütze und aufgrund des auch im Disziplinarverfahren zu schützenden Redaktionsgeheimnisses (§ 31 Abs 2 MedienG) unberücksichtigt zu bleiben haben, bleibt zunächst festzuhalten, dass das Redaktionsgeheimnis lediglich Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitsnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes schützt (§ 31 Abs 1 MedienG), nicht aber Beamte. Eine Umgehung iSd § 31 Abs 2 MedienG kann hier ebenso wenig erkannt werden, zumal es sich um einen Zufallsfund handelt, der aufgrund seiner strafrechtlichen Relevanz jedenfalls zu verwerten ist.

Dass die Information über die Anzeige für die Redakteurin der Tageszeitung „Kurier" offenbar neu war, kann aus dem Chatverlauf geschlossen werden („Um den Artikel geht es oder?"). Ebenso, dass dem Beschuldigten diese Information ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sein muss („...die StA kein Verfahren einleiten will...", „...das Ganze liegt bei der OStA..."). Dass der Beschuldigte zunächst bemüht war, eine frühzeitige Berichterstattung zu verhindern, spricht dem nicht entgegen, zumal sich diese Bemühungen offenbar darauf gerichtet haben, damit seine Quelle zu schützen („...das Ganze liegt bei der OStA, so wäre klar, wer geleakt hätte..."), nicht einer Berichterstattung generell entgegenzuwirken („...vielleicht geht das auf anderem Weg (parl. Anfrage); dann wäre ich froh, wenn Sie was machen..."). Dass die Angezeigte von dieser Anzeige auf andere Weise nicht Kenntnis erlangen würde, muss ihm zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen sein (..."weil die StA kein Verfahren einleiten will, in welchem Fall T gar nicht verständigt wird.").

2.3. Zum Disziplinarvorwurf 2 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

In der Stellungnahme vom 24.03.2021 erhebt der Beschuldigte rechtliche Bedenken gegen die Verwendung dieser Auswertungsergebnisse im Disziplinarverfahren und begründet dies damit, dass eine Auswertung des Zeitraums von Dezember 2020 bis Februar 2021 nach der Sicherstellungsanordnung nicht zulässig war und sich daraus überdies kein Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung gegen ihn ergebe, weshalb eine Weiterleitung solcher Zufallsfunde auch durch § 76 Abs 4 StPO nicht mehr gedeckt sein.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Verwaltungsverfahren kein Beweisverwertungsverbot kennt (VfGH 13.09.2013, B579/2013) und demnach auch Beweismittel, die durch eine Rechtsverletzung erlangt wurden, gemäß § 46 AVG zur Ermittlung der materiellen Wahrheit herangezogen werden müssen, es sei denn, ihre Verwertung würde dem Zweck des Verbots, das durch die Gewinnung verletzt wird, widersprechen (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG §46 Rz 13). Im gegenständlichen Fall kann jedoch weder eine Rechtsverletzung erkannt werden, weil ein sachverhaltsidentes Strafverfahren gegen Mag. N anhängig ist, noch eine Umgehung eines Verbotszweckes.

2.4. Zum Disziplinarvorwurf 3 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021;

Zu den rechtlichen Bedenken gegen die Verwendung der Auswertungsergebnisse siehe bereits die obigen Ausführungen unter 11.2.3. mit der Maßgabe, dass im gegenständlichen Fall ein sachverhaltsidentes Strafverfahren gegen LOStA Mag. F anhängig.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Zum Disziplinarvorwurf aus der Disziplinaranzeige vom 01.03.2021:

Die Annahmen der StA Wien, wonach der Beschuldigte über die Hausdurchsuchung bereits im Vorfeld aufgrund einer Berichtspflicht der OStA XXXX informiert war und am 24.06.2019 von Dr. XXXX im BMJ aufgesucht wurde, haben sich nicht bestätigt. Damit liegen jedoch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte Träger dieses Amtsgeheimnisses war und es gegenüber Dr. B offenbarte. Von einem begründeten Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung, die eine Suspendierung rechtfertigen würde, kann somit nicht ausgegangen werden.

3.2. Zum Disziplinarvorwurf 1 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Das BMJ sieht darin Dienstpflichtverletzungen nach §§ 43 Abs 1 und 2 sowie 46 Abs 1 BDG 1979. Dabei verkennt das BMJ jedoch, dass es sich bei den im § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG 1979 geregelten Dienstpflichten um allgemeine Dienstpflichten handelt, die grundsätzlich subsidiär zu den konkreten Dienstpflichten zu sehen sind. Die allgemeinen Dienstpflichten bilden gleichsam den Rahmen für disziplinär relevantes Verhalten und greifen nur dort, wo zwischen den konkreten Dienstpflichten Lücken geblieben sind (siehe etwa VwGH 1.7.1998, 96/09/0373).

Eine Verletzung von § 46 Abs 1 BDG 1979 setzt zudem voraus, dass bestimmte öffentliche oder berechtigte private Interessen verletzt wurden. Darauf wird in der Disziplinaranzeige nicht näher eingegangen, sondern deren Verletzung offenbar bereits durch die Offenbarung des Amtsgeheimnisses angenommen.

Als öffentliche Interessen kommen nur die in § 46 Abs 1 BDG 1979 normierten in Frage. Betroffen könnte im gegenständlichen Fall das Interesse der Vorbereitung einer Entscheidung sein. Die RV erachtet das genannte Interesse als verletzt, wenn durch eine Information „eine rechtmäßige bzw zweckmäßige Entscheidung einer Behörde unmöglich oder wesentlich erschwert würde." (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4 S. 270). Nachdem die StA Wien im gegenständlichen Fall der OStA XXXX bereits über ihr Vorhaben, von einer Einleitung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 35c StAG absehen zu wollen, berichtet hatte und mit der Offenbarung dieses Geheimnisses offenbar auch kein Druck auf diese Entscheidung ausgeübt werden sollte, kann eine Beeinträchtigung dieses Interesses hier nicht ohne weiteres angenommen werden.

In Frage kommt jedoch auch ein berechtigtes privates Interesse. Auch Beamte sind dabei Parteien iSd Art 20 Ab.s 3 B-VG, deren Interessensphäre zu schützen ist (vgl Wieser in Korinek/Holoubek {Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Art20/3 Rz 35). Den Anzeigern kann somit auch ein berechtigtes privates Interesse zukommen, dass dieses Geheimnis - zumindest solange von der StA Wien nicht ein Strafverfahren eingeleitet wird, wodurch die Angezeigte ohnehin verständigt werden müsste - nicht offenbart wird.

Die Geheimhaltung in diesem Interesse muss jedoch auch „geboten" sein, weshalb allenfalls in Konflikt stehende Interessen gegeneinander abzuwägen sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, aaO S. 274). Im gegenständlichen Fall sind vor allem andere Grundrechte, nämlich das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit (Art 13 StGG, Art 10 EMRK), berührt, zumal sich die Anzeige gegen die Redakteurin einer Tageszeitung wegen eines kritischen Artikels über die WKStA richtete, was nach Bekanntwerden für erhebliche Kritik in der Öffentlichkeit sorgte.

Im Ergebnis ist zwar der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung anzunehmen, ihre Schwere hängt jedoch auch vom Ergebnis dieser Interessensabwägung ab. Aufgrund der vorliegenden Informationen und deren rechtlicher Würdigung kann nicht von einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung, die eine Suspendierung erforderlich machen würde, ausgegangen werden.

Nachdem dazu ein Strafverfahren bei der StA Innsbruck anhängig ist, was nach § 114 Abs 2 BDG 1979 eine Unterbrechung des Disziplinarverfahrens bewirkt, ist zunächst der Fortgang dieses Strafverfahrens, in dem auch zu klären sein wird, ob der Nachrichtenverlauf aufgrund des Redaktionsgeheimnisses allenfalls unberücksichtigt zu bleiben hat, abzuwarten. Nach § 95 Abs 2 BDG 1979 ist die Disziplinarbehörde schließlich im Falle einer Verurteilung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen eines Strafgerichtes gebunden.

3.3. Zum Disziplinarvorwurf 2 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Das BMJ sieht in diesem Verhalten eine Verletzung der Dienstpflichten nach § 43 Abs 1 und 2 BDG 1979.

Die - nach § 43 Abs 1 BDG 1979 einzuhaltenden - dienstlichen Aufgaben des Beamten ergeben sich aus dem Arbeitsplatz, der dem Beamten zugewiesen ist, und in inhaltlicher Hinsicht aus den maßgeblichen (Verwaltungs-)Vorschriften (VwGH 23.4.2013, 2012/09/0045). Nachdem XXXX seit der Organisationsänderung nicht mehr zum Aufgabenbereich des Beschuldigten gehören, fehlt es hier an einem Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben, weshalb § 43 Abs 1 BDG 1979 nicht herangezogen werden kann.

In Frage kommt ein Verstoß gegen § 43 Abs 2 BDG 1979, wonach der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Schutzobjekt dieser Regelung ist nicht mehr ein „Standesansehen" von Beamten, sondern das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (vgl Kucsko-Stadlmayer, aaO S. 162).

Bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ist ein strengerer Maßstab (nicht bloßes geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. Dies folgt aus der mit dem Wortlaut zu vereinbarenden Absicht des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Verantwortung des Beamten für den außerdienstlichen Bereich (Freizeitverhalten) einzuschränken [Hinweis EBZRV, 11 BlgNR, 15 te GP, wonach nach dem BDG 1979 nur mehr die Verletzung von Dienstpflichten disziplinär zu ahnden sei. Nur in besonders krassen Fällen sei auch das außerdienstliche Verhalten zu überprüfen, wie etwa bei Trunkenheitsexzessen und Gewalttätigkeiten] (VwSlg 15468 A/2000).

Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle (VwSlg 14221 A/1995).

Der Beschuldigte ist seit der Organisationsänderung nicht mehr für XXXX , sondern ausschließlich für XXXX zuständig. Ein besonderer Funktionsbezug kann im Zusammenhang mit diesem Vorwurf somit nicht angenommen werden, zumal die Organisationsänderung genau den Zweck verfolgt hat, den Anschein einer Befangenheit in XXXX zu vermeiden.

Ein allgemeiner Funktionsbezug liegt vor, wenn Verhaltensweisen unabhängig von der Stellung des jeweiligen Beamten eine unsachliche Amtsführung befürchten lassen, was etwa auch bei unsachlicher öffentlicher Kritik anzunehmen wäre (vgl Kucsko-Stadlmayer, aaO S. 178, 182 ff). Im konkreten Fall ist jedoch zu bedenken, dass der Beschuldigte in privaten Nachrichten Kritik am Vorgehen der StA geübt sowie rechtliche und prozesstaktische Überlegungen zur Erhebung von Rechtsmitteln mitgeteilt hat. Von einer unsachlichen öffentlichen Kritik kann daher nicht ausgegangen werden.

Ob ein außerdienstliches Verhalten eines Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist, spielt zwar grundsätzlich keine rechtserhebliche Rolle. Beim Austausch privater Nachrichten sind jedoch zwangsläufig auch Grundrechte betroffen, die eine grundrechtskonforme Interpretation dienstrechtlicher Vorschriften erfordern. So hat es etwa der VfGH als mit Art 13 StGG unvereinbar gehalten, Äußerungen in Gesprächen mit Freunden, von denen angenommen werden kann, dass sie über den Kreis der Gesprächspartner nicht hinausgehen werden, als Dienstvergehen zu verfolgen (VfSIg 6166).

Die Ansicht des BMJ, ein XXXX müsse eine neutrale Haltung gegenüber dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft in XXXX einnehmen, würde im Ergebnis auch sachliche Kritik verbieten, was mit Art 10 EMRK unvereinbar wäre. Ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung liegt somit nicht vor, weshalb eine Suspendierung aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

3.4. Zum Disziplinarvorwurf 3 aus der Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021:

Das BMJ sieht in der Unterlassung, die wiederkehrende Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus verschiedenen Verfahren, für deren Bearbeitung er nicht zuständig war, eine Treuepflichtverletzung nach § 43 Abs 1 und 2 BDG 1979. Eine ausdrückliche inhaltliche Determinierung der in § 43 Abs. 1 BDG 1979 festgelegten Treuepflicht des Beamten ist weder der Bundesverfassung noch auch dem BDG 1979 zu entnehmen. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Stammfassung des BDG 1979 geben den Hinweis darauf, dass das Wort "treu" in § 43 Abs. 1 BDG 1979 der Angelobungsformel des § 7 Abs. 1 BDG 1979 entnommen ist (11 BlgNR 15. GP , 85). Der Inhalt der Treuepflicht des Beamten ist im Zusammenhang des § 43 Abs. 1 BDG 1979 in Verbindung mit der Pflicht zur rechtmäßigen Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zu sehen, im Hinblick auf das außerdienstliche Verhalten des Beamten besteht ein Zusammenhang mit dem Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit auf die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (VwGH 3.10.2013, 2013/09/0077). Die Frage, ob eine Verletzung dieser Pflicht vorliegt, kann nur unter verständiger Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände im Einzelfall beurteilt werden (VwGH 1.7.1998, 96/09/0373).

Nachdem der Beschuldigte seit der Organisationsänderung nicht mehr für XXXX zuständig ist, kann beim gegenständlichen Vorwurf ein Zusammenhang mit seinen dienstlichen Aufgaben nicht erkannt werden. Ebenso wenig kann dabei eine Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben ( XXXX ) angenommen werden. Eine Handlungspflicht im Sinne einer Zurückweisung oder Meldung solcher Aktenübermittlungen lässt sich daher nicht aus der Treuepflicht ableiten.

Allerdings handelt es sich bei den im § 43 Abs 1 und Abs 2 BDG 1979 geregelten Dienstpflichten um allgemeine Dienstpflichten, die grundsätzlich subsidiär zu den konkreten Dienstpflichten zu sehen sind. Die allgemeinen Dienstpflichten bilden gleichsam den Rahmen für disziplinär relevantes Verhalten und greifen nur dort, wo zwischen den konkreten Dienstpflichten Lücken geblieben sind (VwGH 1.7.1998, 96/09/0373).

Im konkreten Fall könnte die Meldepflicht nach § 53 Abs 1 BDG 1979 verletzt sein. Danach hat jeder Beamte, dem in Ausübung seines Dienstes der begründete Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung bekannt wird, die den Wirkungsbereich seiner Dienststelle betrifft, dies unverzüglich dem Leiter/der Leiterin der Dienststelle zu melden.

Fraglich ist daher, ob die Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus Verfahren, für deren Bearbeitung der Beschuldigte nicht zuständig war, den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung begründen.

Im Fall der Übermittlung des OLG-Beschlusses durch LOStA Mag. F hat die StA Wien ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren wegen § 310 Abs 1 StGB eingeleitet. Hierbei kann zwar auch davon ausgegangen werden, dass diese Übermittlung dem Beschuldigten in Ausübung seines Dienstes bekannt wurde und der Wirkungsbereich seiner Dienststelle (BMJ-Zentralstelle) betroffen ist, zumal die Dienst- und Fachaufsicht über die OStA XXXX von dieser wahrgenommen wird. Allerdings erfordert § 310 Abs 1 StGB auch eine Eignung zur Interessensverletzung, was im konkreten Fall aufgrund der vorliegenden Information nicht abschließend beurteilt werden kann. Der Chatverlauf zwischen dem Beschuldigten und LOStA Mag. F lässt zumindest einen dienstlichen Bezug erkennen („Ein bissl schaut das olg eh auch noch auf Präzision der Aoen", „Immerhin...“). Ob dadurch öffentliche oder berechtigte private Interessen verletzt wurden, wird daher im anhängigen Strafverfahren erst zu prüfen sein.

Hinsichtlich der übrigen Aktenbestandteile lässt sich anhand der wiederhergestellten Vorschaubilder nur eingeschränkt beurteilen, ob der Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung vorliegt, zumal noch nicht feststeht, wann und durch wen diese Aktenbestandteile an den Beschuldigten übermittelt wurden, weshalb auch hier abzuwarten bleibt, ob sich aus dem Strafverfahren weitere Anhaltspunkte dazu ergeben. Zum jetzigen Zeitpunkt kann somit nicht vom Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung ausgegangen werden, die eine Suspendierung erfordern würde. …“

11. Mit Schriftsatz vom 22.04.2021 brachte der Disziplinaranwalt beim BMJ gegen diesen Bescheid rechtzeitig eine Beschwerde bei der Bundesdisziplinarbehörde ein. Darin wird nach Wiedergabe des Verfahrensganges Folgendes ausgeführt (auszugsweise im Original, anonymisiert):

„… Die Bundesdisziplinarbehörde nimmt in concreto unzulässigerweise eine vorwegnehmende Beurteilung der im Raum stehenden Vorwürfe gegen den Disziplinarbeschuldigten sowohl in strafrechtlicher als auch in disziplinarrechtlicher Hinsicht vor. Bei der Suspendierung handelt es sich nur um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende, bloß vorläufige, auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme, mit der nicht abschließend über eine "Streitigkeit" über ein Recht entschieden wird. (zB VwGH vom 7.4.2020, Ra 2019/09/0135). Eine Entscheidung erfolgt hier lediglich im Verdachtsbereich. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung, in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten, eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Tatsächlich ist in sämtlichen in den beiden Disziplinaranzeigen zur Anzeige gebrachten Fakten ein Strafverfahren gegen den Disziplinarbeschuldigten (1. und 2.) oder dessen Chatpartner (3. und 4.) anhängig, diese Strafverfahren sind im Stadium des Ermittlungsverfahrens und bis dato nicht abgeschlossen. Die Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz kommt der Bundesdisziplinarbehörde aber überhaupt nicht zu, vielmehr hat sie den Ausgang der bezughabenden Strafverfahren abzuwarten (§ 114 BDG 1979). Sie hat daher im Suspendierungsverfahren auch keine (geradezu abschließende) Beurteilung der disziplinarrechtlich im Raum stehenden Vorwürfe vorzunehmen. Zu beurteilen hat sie zunächst, ob ein genügend substantiierter Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gegeben ist. Das kann aber im konkreten Fall nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden und ergibt sich - neben den wörtlich vorliegenden Chatverläufen - schon aus der Tatsache, dass die staatsanwaltschaftlichen Behörden in allen angezogenen Fakten über die Anfangsverdachtsprüfung hinaus entsprechende strafrechtliche Relevanz zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gesehen haben. Im Sinne der Ausführungen in den Disziplinaranzeigen haben die strafrechtlich in Prüfung stehenden Vorwürfe selbstverständlich auch zur Folge, dass der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen im Raum steht. Ob sich ein solcher Verdacht erhärten oder letztlich als gegenstandslos erweisen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden und ist erst im eigentlichen Disziplinarverfahren abschließend zu beurteilen. Eine solche Beurteilung ist im Suspendierungsverfahren hingegen nicht vorzunehmen, daher sind die dazu getroffenen Feststellungen nicht rechtserheblich.

Zu Faktum 1. kann daher nicht abschließend gesagt werden, dass sich die Vorwürfe nicht bestätigt haben, das Strafverfahren ist nach wie vor anhängig. Die daher nach wie vor aufrechte Verdachtslage begründet zudem ohne Zweifel den Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung, weil das dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten darauf hinausläuft, anhängige Ermittlungen im bezughabenden Strafverfahren konterkariert zu haben; dies noch dazu in der Funktion als XXXX der für XXXX im Bundesministerium für (damals Verfassung, Reformen Deregulierung und) Justiz damals zuständigen XXXX . Ein solches Verhalten widerstreitet aber jedenfalls der Dienstpflicht des § 46 BDG 1979. Mag auch die Bestimmung des § 46 leg.cit. als „besondere“ Pflicht den allgemeinen Dienstpflichten des § 43 BDG 1979 Vorgehen, ist dennoch darauf hinzuweisen, dass ein solches Verhalten mit der treuen und unparteiischen Erfüllung der dienstlichen Aufgaben nicht vereinbar ist und auch geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Disziplinarbeschuldigten nachhaltig zu erschüttern.

Zu Faktum 2. vermeint die Bundesdisziplinarbehörde, dass die Dienstbehörde die im Raum stehende Dienstpflichtverletzung rechtlich falsch qualifiziert hat. Selbst wenn dies so wäre, ist es für die Frage der Prüfung der Suspendierung irrelevant, weil der Sachverhalt (die Verdachtslage) ausreichend konkret substantiiert ist und die rechtliche Qualifizierung der entscheidenden Behörde selbst obliegt. Dass in der Disziplinaranzeige nicht näher auf eine allenfalls durchzuführende Interessenabwägung eingegangen wird, ist auch nicht relevant, weil zunächst das Ergebnis des auch hier anhängigen Strafverfahrens gegen den Disziplinarbeschuldigten abgewartet werden muss. Im Übrigen geht die Bundesdisziplinarbehörde hier ja selbst vom Vorliegen des Verdachts einer Dienstpflichtverletzung aus, hält diese allerdings nicht für schwerwiegend, wozu weiter unten noch Ausführungen folgen. Festzuhalten ist auch bei diesem Faktum, dass inhaltlich eine Intervention gegen die „eigenen“ Behörden im Raum steht. Auch als XXXX der im Dezember 2020 für die XXXX zuständigen XXXX des Bundesministeriums für Justiz besteht ja dennoch ein enger Bezug zu den staatsanwaltschaftlichen Behörden, ist die XXXX etwa auch für die Bestimmungen der StPO legistisch zuständig. Der Disziplinarbeschuldigte hätte durch das ihm vorgeworfene Verhalten auch zu diesem Faktum diese Bestimmungen unterlaufen; dies ist mit der vom BDG intendierten Erfüllung der Dienstpflichten wie bei Faktum 1 nicht vereinbar. Der Disziplinarbeschuldigte steht daher auch hier im Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung.

Zu Faktum 3. vermeint die Bundesdisziplinarbehörde, dass kein Funktionsbezug vorliege, weil der Disziplinarbeschuldigte seit der Organisationsänderung nicht mehr für XXXX zuständig ist. Aber gerade der allgemeine Funktionsbezug liegt selbstverständlich vor, ist doch der Disziplinarbeschuldigte einer der ranghöchsten Verwaltungsbeamten des Ressorts und nach wie vor mit dem Strafrecht befasst. Wenn also bekannt würde (und erfahrungsgemäß ist die Berichterstattung in den Medien gerade im Zusammenhang mit der Person des Disziplinarbeschuldigen mittlerweile ausführlich), dass der Disziplinarbeschuldigte im politischen Umfeld eine „Beratungstätigkeit“ vornimmt und das Vorgehen der staatsanwaltschaftlichen Behörden in medienträchtigen Strafverfahren (sei es letztlich auch sachlich) kritisiert, wäre das Ansehen des Amtes zweifellos gefährdet. Gerade im Hinblick auf die hervorgehobene Stellung des Disziplinarbeschuldigten und auch auf seine bisherige berufliche Laufbahn muss eine gewisse Neutralität vom ihm verlangt werden und ist eine solche auch zu erwarten. So hat ja etwa auch die allgemein bekannte Tatsache, dass der Disziplinarbeschuldigte zwei prominente Beschuldigte im den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Justiz empfangen hat zu einer ausführlichen, kritischen Berichterstattung in den Medien geführt. … (beispielsweise https://orf.at/stories/3153135/ oder https://www.diepresse.com/5763430/causa-casinos-sektionschef-traf-beschuldiqte-zadic-erteilt-r üge; die erwähnten Artikel sind im Ausdruck als Beilagen der Beschwerde angeschlossen) und auch dazu, dass die Bundesministerin für Justiz solche Treffen untersagt hat. Auch in seiner neuen Funktion ist ein solches Verhalten oder ein dem gleich zu setzendes Verhalten als Dienstpflicht anzunehmen. Einerseits haben Beamte allgemein nicht gegen die (dienstlichen) Interessen ihres Ressorts zu arbeiten oder auch nur den Anschein zu erwecken, dies zu tun, andererseits kommt Personen in hervorgehobenen Funktionen besondere Vorbildwirkung zu und müssen diese daher besonders darauf achten, keinen Anschein von Befangenheit, unsachlicher Beeinflussung oder gar aktiver Behinderung der Arbeit unterstellter Behörden zu erwecken. Aussagen im Chatverlauf mit Mag. N wie etwa „Meine Empfehlung wäre: BMF sucht aufgrund der Ao das dazu Passende heraus. Wenn das der StA nicht genügt muss sie sehen wie sie zu mehr kommt...“ sind mit der ausgeübten Funktion des Disziplinarbeschuldigten unvereinbar und wiederum dahingehend zu verstehen, dass aktiv versucht wird, durch die Erteilung dieser Ratschläge die Arbeit der Ermittlungsbehörden in einem besonders sensiblen Verfahren, das eine Nähe zur Politik aufweist, zu behindern. Die Äußerung von Kritik an der staatlichen Verwaltung oder Vollziehung wird - allerdings kommt es immer auf die Umstände im Einzelfall an - solange sie sachlich bleibt, wohl grundsätzlich keine Dienstpflichtverletzung darstellen und vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein. Davon kann im konkretem Fall ja aber nicht ausgegangen werden, weil die Äußerungen über eine sachliche Kritik weit hinausgehen. Diese Äußerungen verfolgen ja dem Anschein nach auch nicht primär den Zweck, sachliche Kritik zu üben, sondern sollen Handlungsanleitungen geben, wie die Ermittlungen effektiv behindert oder umgangen werden können. Sie sind deshalb als schwerwiegende Dienstpflichtverletzung zu werten. Dies ist wiederum geeignet, das Vertrauen in die sachliche Amtsführung durch den Disziplinarbeschuldigten zu erschüttern. Eine Unvereinbarkeit mit Art. 10 EMRK liegt daher nicht vor.

Selbst wenn die einschlägige Kommunikation daher - wie die Bundesdisziplinarbehörde ausführt - als außerdienstlich zu werten ist, liegt es gerade im Wesen der Dienstpflicht des § 43 Abs 2 BDG 1979, auch diese zu erfassen, soweit dadurch Rückwirkungen auf den Dienst entstehen. Auch zu diesem Faktum ist zudem wie schon erwähnt ein nicht abgeschlossenes Strafverfahren anhängig.

Hinzu kommt, dass sich aus den vorliegenden Sprachnachrichten Rückschlüsse ergeben, dass der Disziplinarbeschuldigte schon zuvor Mag. N gegenüber rechtsberatend in Bezug auf das gegen den Bundesminister für Finanzen geführte Ermittlungsverfahrens tätig geworden ist (arg „Meine bisherige Einschätzung zu Verdacht und Verhältnismäßigkeit bleibt unverändert.“), wobei die bezüglichen Sprachnachrichten offenbar bereits gelöscht waren.

Dass der Disziplinarbeschuldigte der ÖVP wiederholt als Berater zur Verfügung stand, ergibt sich nicht zuletzt auch aus dem Umstand, dass er von der ÖVP bei der Erstellung einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesministerin für Justiz zu Rate gezogen wurde

(vgl ON 41 S 4 des Ermittlungsakts und https://www.parlament.gv.at/PAKTA/HG/XXVIl/J/J_05397/index.shtml ).

Dass er somit ohne Wissen und ohne Information der Ressortspitze bei der Erstellung von eben an diese Ressortspitze gerichteten parlamentarischen Anfragen eingebunden war, lässt eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Disziplinarbeschuldigten, der als XXXX auch an den Verhandlungen über Gesetzesentwürfe mit dem Koalitionspartner teilzunehmen hätte, hinkünftig schwer vorstellbar erscheinen.

Zu Faktum 4. verneint die Bundesdisziplinarbehörde einerseits ebenfalls den Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben. Dazu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Andererseits geht sie dennoch davon aus, dass die Übermittlung des OLG-Beschlusses dem Disziplinarbeschuldigten in Ausübung des Dienstes bekannt wurde (Seite 21, 2. Absatz). Zum behaupteten dienstlichen Bezug darf ausgeführt werden, dass die XXXX naturgemäß die Rechtsprechung in ihrem Bereich im Auge haben muss, um allenfalls legistische Maßnahmen ergreifen zu können. Dass dies im Zuge einer quasi privaten Kommunikation über „Signal“ mit selbstlöschenden Nachrichten mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft XXXX (oder allenfalls anderen Mitarbeiterinnen dieser Behörde) zu erfolgen hat, kann aber wohl nicht ernsthaft behauptet werden. Es steht jeder Behörde frei, solche Wünsche im offiziellen Wege an die dafür zuständigen Organisationseinheiten der Zentralstelle (anonymisiert) heranzutragen. Wenn die Bundesdisziplinarbehörde schließlich meint, das Ergebnis und die weiteren Ermittlungen des Strafverfahrens blieben abzuwarten, ist ihr zuzustimmen. Dennoch verneint die Bundesdisziplinarbehörde erkennbar die strafrechtliche Relevanz des angezogenen Verhaltens. Dies kommt ihr aber nicht zu und steht im Widerspruch zu den soeben zitierten Ausführungen. Im Hinblick auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse sind jedenfalls genug Verdachtsmomente vorhanden, um anzunehmen, dass hier eine strukturierte Kommunikation zwischen dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft XXXX (allenfalls auch anderen Mitarbeiterinnen der Oberstaatsanwaltschaft XXXX ) und dem Disziplinarbeschuldigten gegeben war, die möglichst geheim gehalten werden sollte (selbstlöschende Nachrichten) und Inhalte betroffen hat, die der Disziplinarbeschuldigte in dieser Form im Dienstweg nicht mehr erlangt hätte (Verschlussakten).

Insgesamt liegt daher der Verdacht von vier Dienstpflichtverletzungen vor, die allesamt als schwerwiegend zu beurteilen sind, dies schon im Hinblick auf die dienstrechtlich hervorgehobene Stellung des Disziplinarbeschuldigten und seine damit verbundene Vorbildfunktion. Sie sind aber auch im Hinblick auf die Art der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung schwerwiegend.

So bildet etwa ein Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit eine gravierende Dienstpflichtverletzung - besonders, wenn der Beamte in leitender Funktion tätig ist (vgl. VwGH 15.02.2008, 2006/09/0240). Über die einzelnen Fakten hinaus kommt erschwerend das sich auftuende Gesamtbild einer wiederholten, geradezu konspirativen Kommunikation zur Verfolgung dienstgeberfremder Interessen hinzu (selbstlöschende Nachrichten, Planung des Zeitpunkts bzw. der Form der Veröffentlichung nicht öffentlicher Informationen).

Es kann daher kein Zweifel bestehen, dass jedenfalls im Sinne des §112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die Belassung im Dienst bis zur endgültigen Klärung der straf- und disziplinarrechtlichen Vorwürfe das Ansehen des Amtes gefährden würde. Im Sinne der nachfolgend zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist aber auch von einer Gefährdung der wesentlichen Interessen des Dienstes auszugehen. Aus Sicht der Dienstbehörde ist jedenfalls das Vertrauen in die Amtsführung des Disziplinarbeschuldigten durch die ihm derzeit zur Last liegenden Vorwürfe so erschüttert, dass eine Suspendierung bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe unabdingbar scheint. Eine gedeihliche Zusammenarbeit und somit eine Belassung im Dienst ist derzeit nicht vorstellbar. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind jedenfalls gegeben.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, gerade bei Beamten in leitender Funktion, ist eindeutig (Hervorhebungen vom Beschwerdeführer):

„Die dem Sicherheitswachebeamten im Verdachtsbereich zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen erforderten die Maßnahme der Suspendierung, weil sie den gravierenden Vorwurf der Entgegennahme von regelmäßigen Geldleistungen zugleich mit der Bereitschaft zur Beschaffung und Weiterleitung von Informationen aus der Polizeiarbeit und die tatsächliche Beschaffung von derartigen Informationen und deren Herausgabe an Außenstehende im Rahmen eines organisierten Zusammenwirkens von mehreren Personen innerhalb des Polizeiapparates umfassten. Eine derartige Vorgangsweise eines Sicherheitswachebeamten war - ungeachtet der Frage, ob und inwieweit sie nun tatsächlich in die Öffentlichkeit gedrungen ist - offenkundig geeignet, das Ansehen des Amtes und darüber hinaus auch der Sicherheitsbehörden insgesamt zu gefährden. Sie war überdies auch dazu geeignet, wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden, weil die dem Sicherheitswachebeamten im Verdachtsbereich vorgeworfene Vorgangsweise den dienstlichen Interessen offensichtlich entgegenläuft“ (VwGH vom 29.04.2004, 2001/09/0086).

„Die Dienstpflichtverletzungen umfassten nämlich die gravierenden Vorwürfe der Entgegennahme von Geldleistungen sowie der Verletzung des Amtsgeheimnisses. Eine derartige Vorgangsweise eines Sicherheitswachebeamten war offenkundig geeignet, das Ansehen des Amtes und darüber hinaus auch der Sicherheitsbehörden insgesamt zu gefährden, wobei im vorliegenden Fall noch hinzukommt, dass der Beschwerdeführer in leitender Funktion tätig war. Die Belassung im Dienst angesichts derartiger Verdachtsmomente wäre daher geeignet gewesen, wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden, sodass die Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 BDG 1979 zulässig war“ (VwGH vom 15.05.2008, 2006/09/0240).

„Bei ihrer Beurteilung hat die Disziplinaroberkommission - in Bindung gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an den Spruch des gegen den Beamten ergangenen rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichts für Strafsachen Wien - das vom Beamten begangene Fehlverhalten (Verrat von Polizeiaktionen (Planquadraten) durch den Beamten) zu Recht in Bezug auf seine dienstlichen Aufgaben als eine äußerst gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 gewertet (Hinweis E vom 19. September 2001, ZI. 2001/09/0040, ua.). Es ist insbesondere auch nicht - etwa im Sinne eines Milderungsgrundes - von Bedeutung, dass der Beamte die Planquadrate "nur global" an Besitzer übel beleumundeter Lokale verraten hat. Auch der Hinweis darauf, dass der Mittäter "eine höhere strafrechtliche Verurteilung" erhalten habe, disziplinär jedoch milder behandelt worden sei, zeigt schon angesichts der Begründung der Disziplinaroberkommission, dass der Beamte der Vorgesetzte des Mittäters war "und diese Tatsache natürlich auch Rückwirkungen auf die Strafhöhe im Disziplinarverfahren" habe, angesichts der Vorbildfunktion des Vorgesetzten und des Umstandes, dass dem Beamten unbestritten noch eine beträchtliche Zahl weiterer Dienstpflichtverletzungen zur Last liegt, keine Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides auf. Dass aber - allenfalls - auch gegen den Mittäter eine strengere Disziplinarstrafe hätte verhängt werden können, ist im gegenständlichen Verfahren unbeachtlich.“ (VwGH vom 14.11.2002, 2002/09/0056).

„Das Vertrauen in die Geheimhaltung (und der damit gewährleisteten Objektivität) ist ein hoher Wert, den der Beschuldigte in seiner Funktion als Prüfungsteammitglied im aktuellen Fall (und als Prüfungsleiter und damit Vorbild in anderen Prüfungsfällen) zu schützen hatte, weil dies eine Grundbedingung einer erfolgreichen und glaubwürdigen Aufgabenerfüllung und damit eine Kernpflicht eines jeden RH-Beamten ist. Die grob fahrlässige Verletzung dieser Kernpflicht indiziert einen hohen Unrechtsgehalt, zumal - wie den Verschlussvorschriften zu entnehmen ist und auch die DA ausgeführt hat - ein hoher Aufwand betrieben wird, um die Vertraulichkeit zu gewährleisten. Ein Aufwand, der, wenn die Mitarbeiter ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und leichtfertig mit den Vorschriften umgehen, frustriert wird. Der Verstoß gegen die Amtsverschwiegenheit zur Vorbereitung einer Entscheidung (§ 46 Abs. 1 BDG) war daher als schwerste Dienstpflichtverletzung zu werten, wobei es unerheblich war, dass der dem H. vom Beschuldigten zum Kopieren überlassene Berichtsentwurf nicht jener war, der letztlich einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend war, dass dem H. zum Tatzeitpunkt keine amtliche Mitteilung über die detaillierten Formulierungen zu machen gewesen ist und dieser genau davon durch die Kopie Kenntnis erlangte.“ (BVwG vom 24.3.2015, W208 2016899-1).

Die zitierten Entscheidungen belegen, dass Dienstpflichtverletzungen wie sie dem Disziplinarbeschuldigten vorgeworfen werden, grundsätzlich ihrer Art nach als schwerwiegend zu betrachten sind und in der Judikatur auch so betrachtet wurden. Im Hinblick auf die hervorgehobene dienstliche Stellung des Disziplinarbeschuldigten und die zwangsläufig damit verbundene Vorbildwirkung nach innen und nach außen wiegen diese Vorwürfe noch schwerer, zumal mehrere Fakten Zusammenkommen. Über das konkrete Verfahren wurde ausführlich in den Medien berichtet. Dadurch wurde zweifellos das Ansehen des Amtes in dem Sinne gefährdet, dass die Unabhängigkeit und Objektivität der Justiz in der Öffentlichkeit durch das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten generell in Zweifel gezogen wurde. Auch das Vertrauen in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch die Beamtenschaft wurde durch das vorgeworfene Verhalten erschüttert. Beispielsweise darf etwa auf folgende Artikel hingewiesen werden: …

Alle erwähnten Artikel sind der Beschwerde im Ausdruck als Beilagen angeschlossen.

Die Bundesdisziplinarbehörde hätte daher in ihrer Entscheidung die aufgezeigten Umstände, den Zweck und den Verfahrensgegenstand des Suspendierungsverfahrens und die aufgezeigte Judikatur berücksichtigen müssen. Es wird daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht wolle in Stattgebung dieser Beschwerde den angefochtenen Bescheid abändern und (den Beschuldigten) gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst suspendieren.

12. Mit Schreiben vom 23.04.2021 legte die Bundesdisziplinarbehörde diese Beschwerde samt Verwaltungsakten und einer Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo sie am 27.04.2021 einlangten und ebenfalls der Gerichtsabteilung W116 zugeteilt wurden. In ihrer Stellungnahme führt die Bundesdisziplinarbehörde Folgendes aus (im Original):

„Der BF vermeint, schon aus der Tatsache, dass die staatsanwaltschaftlichen Behörden in allen angezogenen Fakten über die Anfangsverdachtsprüfung hinaus entsprechende strafrechtliche Relevanz zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gesehen haben, würde sich ein genügend substantiierten Verdacht von Dienstpflichtverletzungen ergeben (ON 30 S. 5). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) genügt es jedoch gerade nicht, wenn eine Behörde einen Tatverdacht gegen einen Beamten damit begründet, dass gegen diesen ein gerichtliches Strafverfahren anhängig sei (VwGH 5.4.1990, 90/09/0008). Vielmehr hat die Behörde selbst in der Begründung des Bescheides die Sachverhaltselemente darzulegen und zu würdigen, die für den Verdacht und die Einordnung des dem Beamten vorgeworfenen Verhaltens als Dienstpflichtverletzung maßgebend gewesen sind (VwGFI 24.4.2006, 2003/09/0002). Es müssen dabei greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein (VwGH 29.4.2004, 2001/09/0086).

Die BDB hat daher - wie im Übrigen jede Behörde in einem Bescheidverfahren - ein Ermittlungsverfahren zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes durchzuführen (§ 37 AVG). Wenn die BDB dabei zum Ergebnis gelangt, trotz eines anhängigen Strafverfahrens (das im Übrigen erst im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung eine Bindungswirkung für die Disziplinarbehörden iSd § 95 Abs 2 BDG hat) liegt kein begründeter Verdacht in Richtung auf die objektive und subjektive Tatseite der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen (!) vor, ist das weder eine unzulässige vorwegnehmende Beurteilung, noch eine Beurteilung der strafrechtlichen Relevanz.

Zu 1. hat die BDB festgestellt, die ursprünglichen Annahmen der StA Wien, der Beschuldigte habe aufgrund einer Berichtspflicht der OStA XXXX an das BMJ vorab Kenntnis vom Hausdurchsuchungstermin gehabt sowie der Beschuldigte sei am 24.06.2019 von Dr. XXXX im BMJ aufgesucht worden, haben sich aufgrund des Ermittlungserfahrens der BDB nicht bestätigt. Damit wird über die strafrechtliche Relevanz keine Aussage getroffen. Für das Suspendierungsverfahren ergibt sich daraus jedoch, dass dadurch keine greifbaren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung in Richtung auf die objektive Tatseite mehr gegeben sind. Dies stellt auch noch keine unzulässige vorwegnehmende Beurteilung im Disziplinarverfahren dar, das ohnehin gemäß § 114 Abs 2 BDG bis zur Beendigung des Strafverfahrens unterbrochen ist. Dadurch wird vielmehr eine rechtlich gebotene Bewertung im Suspendierungsverfahren vorgenommen, ob sich aus dem maßgebenden Sachverhalt ein ausreichend begründeter Verdacht ableiten lässt.

Auch zu 2. verkennt der BF (ON 30 S. 6), dass sich der begründete Verdacht auf die gesamte objektive Tatseite der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung beziehen muss und daher auch die Interessensabwägung („geboten") in die Verdachtsprüfung miteinzubeziehen ist.

Entgegen den Ausführungen des BF in der Beschwerde zu 3. (ON 30 S. 6 ff), hat die BDB ausschließlich einen besonderen Funktionsbezug verneint. Ein allgemeiner Funktionsbezug kam schließlich nicht mehr zum Tragen, zumal die Äußerungen nicht öffentlich getätigt wurden und die private Kommunikation nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSIg 6166) nicht als Dienstvergehen geahndet werden darf. Es war daher unerheblich, ob es sich inhaltlich um eine sachliche oder unsachliche Kritik oder Äußerung gehandelt hat.

Wenn der BF vermeint, eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Disziplinar- beschuldigten erscheine hinkünftig schwer vorstellbar (ON 30 S. 8), muss darauf hingewiesen werden, dass das Vertrauen eines Vorgesetzten oder einer Behörde bei § 43 Abs 2 BDG nicht relevant ist (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4 S. 200 mwN). Es ist daher Aufgabe der Dienstbehörde, derartige Problemstellungen selbst, allenfalls mit den Mitteln des Dienstrechtes, zu lösen und nicht an die Disziplinarbehörde auszulagern.

Der BF führt zu 4. aus, die BDB habe einerseits einen Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben verneint, andererseits sei sie dennoch davon ausgegangen, die Übermittlung des OLG-Beschlusses sei dem Beschuldigten in Ausübung des Dienstes bekannt geworden (ON 30 S. 8 f). Die BDB ist zu 4. davon ausgegangen, dass hinsichtlich des vom BMJ erhobenen Vorwurfes, der Beschuldigte habe es unterlassen, die wiederkehrende Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus verschiedenen Verfahren, für deren Bearbeitung er nicht zuständig war, zu unterbinden, kein Zusammenhang mit seinen dienstlichen Aufgaben besteht und sich aus der Treuepflicht keine derartige Handlungspflicht ableiten lässt, sondern dazu vielmehr auf die konkrete Dienstpflicht nach § 53 Abs 1 BDG abzustellen ist. Ob für die Übermittlung des OLG-Beschlusses durch LOStA Mag. F eine dienstliche Veranlassung bestand, ist davon unabhängig und im Strafverfahren zu klären.

Inwiefern die BDB eine strafrechtliche Relevanz zu diesem Punkt verneint haben soll (ON 30 S. 8), ist ebenso nicht erkennbar. Die BDB wurde vom BMJ zu 4. bis dato lediglich darüber in Kenntnis gesetzt, dass gegen LOStA Mag. F ein Strafverfahren wegen der Übermittlung eines OLG-Beschlusses an den Beschuldigten anhängig sei. Über allfällige weitere Strafverfahren - insb zu den Vorschaubildern - hat die BDB keine Kenntnis. Deswegen wurde dazu am 07.04.2021 auch ein Ermittlungsauftrag (ON 28) an die Dienstbehörde erteilt, der noch unbeantwortet ist. Insofern hat die BDB nicht eine strafrechtliche Relevanz verneint, sondern aufgrund des bekannten Sachverhaltes keinen ausreichenden Verdacht gesehen, dass der Beschuldigte seine Meldepflicht nach § 53 Abs 1 BDG im Zusammenhang mit der Übermittlung dieser Vorschaubilder verletzt habe (dazu darf im Übrigen auf die Einschätzung des Verfassungs- und Verwaltungsrechtsexperten Bernd-Christian Funk in dem der Beschwerde beigeschlossenen Artikel der Tageszeitung „Die Presse" vom 03.04.2021 hingewiesen werden: „Die Tatsache allein, dass er die Fotos hatte, reicht nicht!“).

Nach aktuellem Kenntnisstand der BDB ist das Disziplinarverfahren zu 3. und 4. - entgegen der Ansicht des BF (ON 30 S. 5) - nicht nach § 114 Abs 2 BDG unterbrochen, da zu diesen Vorwürfen keine sachverhaltsidenten Strafverfahren gegen den Disziplinarbeschuldigten anhängig sind. Der Umstand, dass Strafverfahren gegen Dritte anhängig sind, ändert daran nichts, zumal sich aus dem untrennbaren Zusammenhang mit § 94 Abs 2 BDG ergibt, dass eine Hemmung der Verjährungsfrist nur dann eintritt, wenn ein sachverhaltsidentes Strafverfahren gegen den Disziplinarbeschuldigten anhängig ist (vgl VwGH 25.10.2018, Ro 2018/09/0005).

Abschließend sei zu den in der Beilage zur Beschwerde übermittelten Medienberichten - die sich im Übrigen entweder nicht auf die konkreten Disziplinarvorwürfe beziehen oder erst nach Bekanntwerden der angefochtenen Entscheidung aufgrund einer öffentlichen Diskussion der Inhalte der bezughabenden Strafakten entstanden sind - angemerkt, dass dem tatsächlichen Bekanntwerden eines disziplinären Vorfalls in der Öffentlichkeit weder bei der objektiven Betrachtung der Schwere der Dienstpflichtverletzung noch im Rahmen der Milderungsgründe und Erschwerungsgründe entscheidende Bedeutung zukommt, weil dieser Umstand von Zufälligkeiten abhängt, die sich der Objektivierung bzw der persönlichen Einflussnahme des Beamten entziehen (VwGH 21.1.1998, 95/09/0186).“

13. Mit Schriftsatz vom 27.05.2021 übermittelte der Beschuldigte eine weitere Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht (eingelangt am 28.05.2021), worin im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der Beschwerde des Disziplinaranwalts keine Berechtigung zukomme. Der Bescheid der Bundesdisziplinarkommission sei richtig und eingehend begründet. Wie die belangte Behörde eingangs ihrer Stellungnahme vom 23.04.2021 (Seite 2) unter Zitierung der ständigen Rechtsprechung des VwGH aufzeige, sei auch im Verfahren über die Suspendierung der maßgebliche Sachverhalt von der erkennenden Behörde selber festzustellen (Amtswegigkeitsprinzip) und zur Klärung dieses maßgeblichen Sachverhalts ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Dass der Beschwerdeführer nun gerade daraus der belangten Behörde einen Vorwurf machen wolle, sei nicht nachvollziehbar und gänzlich unbegründet. Die belangte Behörde habe geprüft und Feststellungen dazu getroffen, ob ein konkreter Verdacht bzw. greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung, die eine so schwerwiegende Maßnahme wie eine Suspendierung rechtfertigen, vorliegen würden. Anhand der eindeutigen Sach- und Rechtslage, wie sie sich aus dem Behördenakt ergebe, habe die belangte Behörde dies richtigerweise verneint und zu Recht ausgesprochen, dass der Beschuldigte nicht vom Dienst suspendiert werde. Die in der Beschwerde zitierte Judikatur sei für gegenständlichen Fall irrelevant.

Im vorgelegten Behördenakt finde sich auch die ausführliche Stellungnahme des Disziplinarbeschuldigten vom 24.03.2021 (samt Beilagen). Der Disziplinarbeschuldigte verweise auf die durchgeführten Erhebungen der belangten Behörde sowie insbesondere auf seine Stellungnahme an die BDB vom 24.03.2021.

Ferner verweise der Disziplinarbeschuldigte auf die Urkunden (Beilagen ./1 bis ./8), die er mit seiner vorgenannten Stellungnahme vom 24.03.2021 vorgelegt habe. Diese Urkunden würden auch im gegenständlichen Verfahren vor dem BVwG zum Beweis für das gesamte Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten und zum Beweis für das Nichtvorliegen der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beschwerdegründe geführt. In der Folge wurden im Wesentlichen Ausführungen aus vorhergehenden Stellungnahmen wiederholt.

Abschließend wurde ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte gegenüber Medien jedweden Kommentar betreffend das gegenständliche Verfahren und auch betreffend das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft abgelehnt habe und auch weiterhin ablehne. Der Disziplinarbeschuldigte habe sich - weder offiziell noch inoffiziell - gegenüber den Medien betreffend das gegenständliche Verfahren geäußert. An den vom Beschwerdeführer angeführten Medienberichten habe der Disziplinarbeschuldigte in keiner Weise mitgewirkt. Wie der VwGH in seiner grundlegenden Entscheidung vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/09/0156, und vom 7. April 2020, Ra 2019/09/0135 unter Heranziehung der Judikatur des EGMR (vgl EGMR 23. Mai 2017, Paluda/Slowakei, 33392/12; 30. September 2008/ Mclck Sima Yilmaz/Türkei, 37.829/05) ausgesprochen habe, hätten die Verfahrensgarantien des Art 6 MRK im Verfahren über die Suspendierung zur Anwendung gelangen. Eine Entscheidung von so weitreichender Bedeutung wie eine Suspendierung davon abhängig zu machen, ob und wie die Medien über das Suspendierungsverfahren berichten, wäre geradezu willkürlich. Dass der Beschwerdeführer allen Ernstes seine Beschwerde mit den Medienberichten begründe, zeige jedoch einmal mehr, dass weder triftige Beschwerdegründe gegen den angefochtenen Bescheid noch greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung, die gegenständlich eine Suspendierung rechtfertigen würde, vorliegen würden.

Der Beschuldigte beantrage daher, die von ihm angebotenen Beweise aufzunehmen, der Beschwerde des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Justiz nicht Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde zu bestätigen.

14. Am 01.06.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht zu beiden Verfahren eine gemeinsame mündliche Verhandlung durch, zu der die Parteien der Verfahren entsprechend geladen wurden.Zu Anschuldigungspunkt 1 gab der Beschuldigte an, dass er dazu von der Dienstbehörde nicht befragt worden sei. Die Information der OStA betreffend die bei Dr. T geplante Hausdurchsuchung habe er erst am 25.06.2019 erhalten. Aus dem von ihm diesbezüglich vorgelegten E-Mail der Oberstaatsanwältin W ergebe sich, dass auch der LOStA F zuvor nicht informiert gewesen sei. Der Rechtsvertreter des Beschuldigten ergänzte, dass es sich dabei um ein E-Mail der OStA Mag. W handeln würde, welches an LOStA F ging, worin sie diesem gegenüber ausführt, dass der bezughabende Bericht am 21.06.2019 per Boten eingelangt sei und die im Berichtspflichterlass angeführten 3 Werktage noch nicht verstrichen wären. Es tue ihr leid, dass sie den Bericht nicht wahrgenommen habe. Aus dem E-Mail gehe eindeutig hervor, dass die OStA W den LOStA F erst am 25.06.2019 von der Durchsuchung bei Dr. T informiert habe. Daraus ergebe sich wieder, dass LOStA F selbst noch nicht von der Durchsuchung informiert gewesen sei, woraus sich wieder ergebe, dass Dr. F auch den Beschuldigten nicht vor Beginn der Durchsuchung darüber informieren habe können. Aus dem E-Mail der OStA W ergebe sich auch, dass ihr selbst der Bericht bis zum 25.06.2019 entgangen sei. Es könne also auch niemand anderer von der OStA XXXX den Beschuldigten informiert haben.

Aus einem weiteren vom Beschuldigten vorgelegten E-Mail-Verlauf zwischen OStA W und LOStA F vom 25.06.2019 beginnend um 13:45 Uhr gehe hervor, dass der Bericht der WKStA samt den Durchsuchungsanordnungen nur physisch auf DVD vorgelegen und nur im Zimmer der W gelegen sei. Dieses E-Mail von W sei dann von F am 25.06.2019 um 13:55 Uhr dem Beschuldigten weitergeleitet worden, mit dem Text: „Hier die Grundlagen zu den heute durchgeführten Durchsuchungen bei T zu deiner Vorausinformation.“ Daraus ergebe sich, dass der Beschuldigte vorab nicht informiert worden sei.

Auf die Frage, ob der Beschuldigten Dr. B am 24.06.2019 im Ministerium gesehen habe, antwortete dieser, dass er sich daran nicht erinnern könne. Er habe keinen Termin mit ihm gehabt, wisse aber nicht, ob er ihn vielleicht am Gang gesehen habe.

Auf Vorhalt, dass die StA in ihren Informationsbericht diesen Vorwurf im Wesentlichen darauf gründe, dass der Beschuldigte bereits vorab Kenntnis gehabt hätte, weil ihm rechtzeitig berichtet worden sei, was sich nun so nicht darstelle, brachte der Disziplinaranwalt vor, dass er die genauen Informationen nicht kenne. Es bestehe nach wie vor der Verdacht des Verstoßes gegen § 310 StGB. Es sei richtig, dass von der Dienstbehörde keine weiteren Erhebungen durchgeführt worden seien und die vorläufige Suspendierung ausschließlich auf die Feststellungen der StA gründen würden. Jedoch seien Erhebungen durch die Dienstbehörde im Zusammenhang mit § 109 Abs. 1 BDG dann nicht vorgesehen, wenn der Verdacht der Pflichtverletzung auch den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung begründe. Auf die Frage, wie es dazu komme, dass Parteiengehör mit weiteren Erhebungen gleichsetzt würde, gab der Disziplinaranwalt an, dass er das nicht beantworten könne, es sei grundsätzlich nicht dasselbe.

Der Beschuldigte gab dazu an, dass jedenfalls die Möglichkeit bestanden hätte, ihm entsprechendes Parteiengehör einzuräumen. Dabei hätte er die Möglichkeit gehabt entsprechende Informationen und Beweismittel vorzubringen, um den gegen ihn erhobenen Verdacht zu entkräften. Dabei verweise er auch auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage des damaligen BMJ vom 30.12.2019, worin der BMJ ausdrücklich vorbringe, dass vor der Hausdurchsuchung, von deren Genehmigung und Planung, zumindest 10 Mitarbeiter der WKStA sowie Mitarbeiter des LG für Strafsachen Wien Kenntnis hatten. Aus dem Umkehrschluss ergebe sich aus der Fragestellung, dass Mitarbeiter des Bundesministeriums davon keine Kenntnis hatten. Außerdem ergebe sich aus der zitierten Begrüßung der Mag. L bei Beginn der Hausdurchsuchung, dass diese bereits seit einer Woche Kenntnis von der geplanten Hausdurchsuchung und den genauen Termin gehabt habe. Dies stehe so in der Sicherstellungsanordnung.

Der Disziplinaranwalt brachte vor, dass die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung nicht ausschließlich wegen dem Umstand ausgesprochen habe, dass ein Strafverfahren eingeleitet gewesen sei, sondern den Bericht der StA entsprechend gewürdigt habe. Die Suspendierung sei eine Entscheidung im Verdachtsbereich. Zu diesem Zeitpunkt müsse noch nicht geklärt sein, ob eine Pflichtverletzung auch tatsächlich begangen wurde. Die Dienstbehörde habe daher gesetzmäßig gehandelt. Aus der parlamentarischen Anfragebeantwortung lasse sich nicht ableiten, dass niemand im Ministerium Kenntnis von der Hausdurchsuchung gehabt habe. Es spiegle lediglich den Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung wieder.

Auf Vorhalt, dass dem Beschuldigten Recht zu geben sei, wenn er vorbringt, dass er bei Einräumung des Parteiengehörs zumindest in der Lage gewesen wäre, ein wesentliches Argument in der Anordnung zur Sicherstellung, nämlich, dass er bereits im Vorfeld aufgrund der Berichtspflicht informiert gewesen sei, zu entkräften, gab der Beschuldigte an, dass es auch Zweck des Parteiengehörs sei, Widersprüche aufzuklären bzw. darauf hinzuweisen. In der Anordnung zur Sicherstellung würden sich einige Schlüsse finden, wie z.B. der Ablauf der Berichtspflicht. Hier hätte er sehr schnell aufklären können, dass dies in der Praxis so nicht funktioniere. Aus den Äußerung von Mag. L ergebe sich zusammengefasst, dass nicht er der Überbringer dieser Information gewesen sei, sondern sie schon über mehrere Tage diese Information gehabt habe.

Der Rechtsvertreter brachte ergänzend vor, dass die Sicherstellungsanordnung der StA Wien und darauf aufbauend der Bescheid über die vorläufige Suspendierung des BMJ auf einen Aufenthalt von Dr. B im BMJ am 24.06.2019 ab 15:40 Uhr verweisen und daraus schließen würden, dass er während dieses Aufenthalts im BMJ von der Durchführung der Hausdurchsuchung am 25.06.2019 erfahren habe. Dies stelle die Sicherstellungsanordnung in Zusammenhang mit einem Schriftsatz von Mag. L vom 24.06.2019. Aus der von BMJ bei der Bundesdisziplinarbehörde vorgelegten Schriftsatz der Mag. L vom 24.06.2019 ergebe sich aber aus dem ERV-Übermittlungsprotokoll, dass dieser Schriftsatz (mit der Aussage, dass man die Information bekommen habe, dass die geplante Hausdurchsuchung definitiv in dieser Woche stattfinden solle) bereits am 24.06.2019, um 09:04 Uhr im Wege des ERV an die WKStA übermittelt worden sei und somit Stunden vor dem Zeitpunkt des angenommenen Geheimnisverrates.

Der Beschuldigte ergänzte, dass jedenfalls zu prüfen sei, wie schwerwiegend der vorliegende Verdacht sei. Dazu weise er darauf hin, dass es auch in der Anordnung zur Sicherstellung kein einziges direktes Beweismittel gebe, dass den Verdacht gegen ihn begründe. Es handle sich bei den von der StA gezogenen Schlüssen lediglich um Chatverläufe anderer Personen, worin er lediglich erwähnt werde.

Zum zweiten Anschuldigungspunkt befragt, gab der Beschuldigte an, dass er aufgrund der Anzeigen und der Suspendierung derzeit wesentlicher Verteidigungsmöglichkeiten beraubt sei, weil er weder Zugriff auf die Geräte habe, noch auf Sichtung oder Auswertung der vorgelegten Chats. Er könne auch nicht verifizieren, was und ob alles vollständig vorgelegt worden sei. Er habe im Strafverfahren einen entsprechenden Antrag bei der StA gestellt, dies sei jedoch noch nicht genehmigt worden. Es komme bei solchen Chats auch immer auf den konkreten Zusammenhang an, wenn man derartige Aussagen bewerten wolle. Solche Nachrichten könnten einen anderen Sinn ergeben, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden. Aus diesem Grund könne er zurzeit dazu nur wenig Angaben machen. Wenn man den Chatverlauf, so wie er vorliegt, betrachte, ergebe sich, dass er eben bemüht gewesen sei zu verhindern, dass es zu einer Veröffentlichung dieser Information komme, bevor die von der Anzeige betroffene A selbst von diesem Umstand von der StA informiert werde. Tatsächlich stehe rückwirkend fest, dass es auch erst danach zu einer Veröffentlichung gekommen sei.

Auf konkrete Nachfrage, ob er Frau M mitgeteilt habe, dass gegen A Strafanzeigen anhängig seien, verwies der Beschuldigte auf die von ihm eingebrachte schriftliche Stellungnahme. Er wolle hinzufügen, dass hier unbestritten sei, dass diese Anzeige der WKStA in der Fachwelt und medialen Welt in breite Kritik gezogen worden sei und dass es in seiner Situation, in welcher er seit 2019 von Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen der WKStA ausgesetzt sei, deren Vorgehen kritisch betrachten würde.

Auf weiteren Vorhalt, dass ihm hier vorgeworfen werde, dass er eine Information weitergegeben habe, die zu diesem Zeitpunkt noch geheim gewesen sei, entgegnete der Beschuldigte, dass er in dem Chatverlauf im Zuge einer journalistischen Recherche auf etwas angesprochen worden sei.

Der Disziplinaranwalt entgegnete, dass er nicht wüsste, wie man diesen Chatverlauf sonst auslegen sollte, als dass ein Verdacht nach § 310 StGB bestehe. Zu diesem Ergebnis sei auch die Bundesdisziplinarbehörde in ihrem Bescheid gekommen, nämlich, dass ein Verdacht einer Pflichtverletzung begründet sei. Nur habe die Bundesdisziplinarbehörde zu Unrecht ausgeführt, dass es sich hier lediglich um den Verdacht einer leichten Pflichtverletzung handeln würde. In diesem Zusammenhang wolle er darauf hinweisen, dass der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt XXXX und mit den konkreten Angelegenheiten der StA nicht mehr befasst gewesen sei. Darüber hinaus habe der Beschuldigte aufgrund seiner hochrangigen Dienststellung eine gewisse Vorbildfunktion, weshalb es sich beim Verdacht des Verrats eines Geheimnisses schon deshalb nur um den Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung handeln würde. Es gebe hierzu auch Judikatur des VwGH, welche einen Verdacht nach § 310 StGB als schwerwiegende Pflichtverletzung betrachte.

Darauf entgegnete der Beschuldigte, dass journalistische Berichterstattung nicht möglich wäre, wenn es nicht auch entsprechende Kontakte zu den Medien geben würde. Er habe sich jedoch ausdrücklich bemüht, dass es zu keiner verfrühten Berichterstattung komme. Ihm sei es daher auch nicht darum gegangen eine kritische Berichterstattung gegen die WKStA zu initiieren.

Zum dritten Vorwurf gab der Beschuldigte an, dass sich zunächst der Präsident der Finanzprokuratur telefonisch an ihn gewandt und mit ihm die Problematik dieser Sicherstellungsandordnung erörtert habe. Nach seiner Erinnerung dann auch mittels eines Chats, wo er seine Meinung dargelegt habe, wie jetzt weiter vorzugehen sei. Auf die Frage, was der Präsident der Finanzprokuratur damit zu tun habe, antwortete der Beschuldigte, dass dieser nach seinem Verständnis vom BMF eingeschaltet worden sei, um eine Vermittlerrolle zwischen den Positionen des BMF und der WKStA einzunehmen. Dieser habe die Anordnung auch schon gehabt und das zeige jetzt wieder die Problematik der Situation. Er könne diesen Chat nicht vorlegen, weil er keinen Zugang zu seinem Diensthandy mehr habe.

Auf die Frage, wie es dann zu dem Chat mit Mag. N gekommen sei, gab der Beschuldigte an, dass es zuvor telefonischen Kontakt gegeben habe. Mit Mag. N verbinde ihn aufgrund seiner langjährigen Mitarbeit in Kabinetten des BMJ eine sehr enge Freundschaft und sie hätten natürlich auch in diesem Rahmen freundschaftliche Kontakte. Im Rahmen von freundschaftlichen Chatverläufen sei normalerweise nicht davon auszugehen, dass diese zu einem öffentlichen Statement werden oder dass diese überhaupt veröffentlicht werden. Man unterhalte sich daher unter Freunden anders. Wenn er jemanden den Rat erteile, dass er ein Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Maßnahme einbringen solle oder könne, so sei das ein Recht, dass die STPO so vorsehe. Wie man darin eine Behinderung der Justiz erkennen könne, erschließe sich ihm nicht. Darüber hinaus hätten die von ihm angesprochenen Rechtsmittel auch keine aufschiebende Wirkung gehabt, weshalb damit in keinem Fall eine Verzögerung des gerichtlichen Verfahrens eingetreten wäre. Den in diesem Zusammenhang gegen ihn geäußerten Vorwurf könne er nicht nachvollziehen.

In der Folge verwies der Rechtsvertreter neuerlich auf die bereits in den Stellungnahmen geäußerte Rechtsansicht, dass die Übermittlung dieser Informationen an die Dienstbehörde nicht rechtmäßig bzw. die Verwertung dieser Informationen durch die Dienstbehörde nicht zulässig wäre.

Der Disziplinaranwalt führte dazu ins Treffen, dass hier schon ein besonderer Umstand vorliegen würde, nämlich dass der Eindruck entstehe, dass ein hochrangiger XXXX des BMJ im politischen Umfeld Personen berät, wie sie den Maßnahmen der Justiz entgehen können. Dass dabei ein Konflikt mit der Treuepflicht eines Beamten gesehen werden könne, leuchte ein.

Der Rechtsvertreter entgegnete, dass der hier vorgehaltene Verweis auf in der StPO explizit vorgesehene Rechtsmittel und die Möglichkeit deren Erhebung keine Disziplinarpflichtverletzung sein könne. Es gehe hier nicht darum einer Strafverfolgungsmaßnahme zu entgehen, sondern eine von der StA gesetzte Ermittlungsmaßnahme in einem von der StPO vorgesehen Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit zuzuführen.

Zum vierten Anschuldigungspunkt führte zunächst der Rechtsvertreter aus, dass die übermittelten Vorschaubilder – soweit derzeit erkennbar – keine tagesaktuellen Sachverhalte betreffen würden, sondern es sich dabei um Rechtssachen handeln würde, die zum Teil schon länger zurückliegen.

Auf Vorhalt, dass die Dienstbehörde und der Disziplinaranwalt in diesem Zusammenhang argumentieren würden, dass es dem Beschuldigten möglich gewesen wäre, die Dokumente in anonymisierter Form auf offiziellem Wege zu bekommen, wenn diese für die Legistik benötigt würden, antwortete der Rechtsvertreter, er wolle klarstellen, dass der im Vorwurf implizierte Schluss, dass in der Art der Übermittlung über SIGNAL ein Indiz für eine rechtswidrige Übermittlung zu sehen sei, nicht nachvollzogen werden könne, zumal aus den Akten auch hervorgehe, dass andere hochrangige Mitarbeiter des BMJ über SIGNAL kommuniziert hätten.

Auf Vorhalt, dass dennoch der Vorwurf bleibe, dass LOStA F Akten, die nicht jedermann zugängig waren bzw. Aktenteile davon an jemanden weitergeleitet habe, der eigentlich aus dienstlichen Gründen keinen Zugang zu diesen Dokumenten hatte – zumindest in der Form, in welcher sie vorliegen - antwortete der Rechtsvertreter, dass sich der disziplinarrechtliche Vorwurf im Wesentlichen darauf beschränke, dass sich der Beschuldigte nicht dagegen gewehrt habe, solche Dokumente zu bekommen. Sie hätten auch hierzu sehr viel ausgeführt. Er wolle darauf hinweisen, dass sich zu diesem Komplex im Akt ergebe, dass die Bundesdisziplinarbehörde ein umfangreiches Ermittlungsersuchen bzw. Fragenliste an das BMJ gerichtet habe (07.04.2021), zu dem nach derzeitigen Wissenstand noch keine Beantwortung seitens des BMJ erfolgt sei. Dabei gehe es genau um diesen Themenkomplex 3 der Nachtragsanzeige. Daraus gehe hervor, dass zu diesem Themenkomplex sehr viele detaillierte Fragen offen seien, die insbesondere technische Hintergründe zu den Daten betreffen und sich auch hier wieder zeige, dass der Beschuldigte hier mangels Vorliegen seiner eigenen Daten selbst keine Antwort geben könne.

Der Disziplinaranwalt ergänzte, dass nicht vorgeworfen werde, dass Signal verwendet worden sei, sondern die Selbstlöschung der Nachrichten. Darauf entgegnete der Rechtsvertreter, dass auch andere Mitarbeiter diese Funktion verwenden würden.

Auf Vorhalt, dass der Umstand bestehen bleibe, dass Daten übermittelt worden seien, welche nicht übermittelt hätten werden dürfen, was aber eigentlich LOStA F betreffe, die Bundesdisziplinarbehörde in ihrer Entscheidung bereits ausgeführt habe, dass hier allenfalls § 53 BDG betroffen sein könnte, wonach ein Beamter, der in seinem dienstlichen Umfeld Kenntnis von einer gerichtlich strafbaren Handlung erlangt, dies der vorgesetzten Dienststelle melden muss, damit diese Strafanzeige erstatten kann, antwortete der Beschuldigte, dass es nicht stimmen würde, dass ihm nach der Organisationsänderung überhaupt keine Zuständigkeit betreffend die konkreten Belange der StA mehr zukommen würde. Tatsache sei, dass sie in der XXXX auch für die Erlässe betreffend die Anwendung der StPO zuständig seien. Aus einer ihm von LOStA F übermittelten Nachricht gehe seiner Ansicht nach z.B. ausdrücklich hervor, dass er ihm ein Dokument hinsichtlich der Qualitätssicherung übermittelt habe. Der Rechtsvertreter ergänzte, dass sie im Wesentlichen auch hier auf die eingebrachten Stellungnahmen verweisen würden.

Der Disziplinaranwalt brachte abschließend vor, dass er auf die Ausführungen in der Beschwerde verweise und den gestellten Antrag aufrechthalte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Suspendierung gegen den Beschuldigten aussprechen. Man befinde sich nach wie vor im Verdachtsbereich. Konkret liege der Verdacht von vier Pflichtverletzungen vor, die Voraussetzungen für eine Suspendierung nach § 112 BDG seien erfüllt.

Der Rechtsvertreter brachte abschließend vor, sie hätten betreffend den Akt der Beschwerde gegen die vorläufige Suspendierung ausführlich Stellung genommen. Das Beweisverfahren habe auch heute klar ergeben, dass von Seiten der Dienstbehörde keine Erhebungen vor der vorläufigen Suspendierung durchgeführt worden seien und der Beschuldigte auch keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt habe. Damit sei er in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weshalb dieser Bescheid schon aus diesem Grund aufzuheben sei. Darüber hinaus sei schon damals klar gewesen, dass der Verdacht, der von der StA geäußert wurde nicht ausreiche, um eine Suspendierung auszusprechen. Die den Vorwürfen zugrundeliegende Sicherstellungsanordnung weise viele Widersprüchlichkeiten auf, die von der Behörde zu klären gewesen wären. Weiters habe sich eindeutig ergeben, dass der Beschuldigte am 24.06.2019 noch keine Kenntnis vom Termin der Hausdurchsuchung gehabt habe und daher nicht Träger eines Geheimnisses gewesen sei, weshalb er es in Folge auch nicht verraten habe können. Weiters habe sich ergeben, dass es an diesem Tag auch zu keinem Treffen mit Dr. B gekommen sei, der nachweislich einen Termin beim ehemaligen Bundesminister gehabt habe. Aus den Unterlagen würden sich auch keine Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen mit dem Beschuldigten geben. Weiters habe sich klar ergeben, dass die Anwälte des Dr. T bereits Tage zuvor über die bevorstehende Hausdurchsuchung Bescheid gewusst hätten. Auch der von der Anwältin übermittelte Schriftsatz an die WKStA vom 24.06.2019 sei bereits Stunden vor dem angeblichen Treffen übermittelt worden. Betreffend die übrigen Vorwürfe wäre jedenfalls auch zu beurteilen, ob die Schwere sowohl hinsichtlich Tatverdachts als auch des Tatvorwurfs eine Suspendierung rechtfertigen würden, was nicht zutreffe. Schließlich stelle sich der Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde insgesamt als mängelfrei dar. Die gestellten Anträge würden daher aufrecht gehalten. Konkret werde beantragt, der Beschwerde des Beschuldigten gegen die vorläufige Suspendierung der Dienstbehörde stattzugeben und den Bescheid aufzuheben. In weiterer Folge werde beantragt, den vom Disziplinaranwalt angefochtenen Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde zu bestätigen und die Beschwerde des Disziplinaranwalts abzuweisen.

Der Beschuldigte schloss sich den Ausführungen seines Rechtsvertreters an.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zu Tatvorwurf 1:Auf Grundlage der vorliegenden Beweismittel besteht für eine Suspendierung nach § 112 BDG 1979 aktuell kein ausreichend begründeter Verdacht, dass der Beschuldigte am 24.06.2019 als damaliger XXXX des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, somit als Beamter, ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes oder zugänglich gewordenes Geheimnis offenbart hat, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches Interesse zu verletzen, indem er Dr. B mitteilte, dass in dem von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption zu Aktenzeichen 62 St 1 /19x geführten Ermittlungsverfahren gegen DDr. T und weitere Beschuldigte am 25. Juni 2019 eine gerichtlich bewilligte Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten in 1060 Wien, stattfinden werde.In dieser Angelegenheit wurde von der StA Wien gegen den Beschuldigten ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem er wegen § 302 StGB als Beschuldigter geführt wird. Dieses Strafverfahren ist nach wie vor anhängig.

Zu Tatvorwurf 2:Es besteht der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte am 15. und 16.12.2020 in Wien der Redakteurin der Tageszeitung „Kurier" M, die zu diesem Zeitpunkt nicht öffentlich bekannte Information offenbarte, dass mehrere Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA gegen die Redakteurin der Tageszeitung „Die Presse" A wegen ihres Artikels mit dem Titel „Weniger Intimes darf in die Akten" Strafanzeige erstattet hätten, die StA Wien jedoch beabsichtige, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, und M dabei ersuchte, über die weitere Vorgehensweise bei der Veröffentlichung dieser Information noch mit ihm Rücksprache zu halten, weil bei verfrühtem Bekanntwerden offensichtlich gewesen wäre, „wer geleakt hätte". In dieser Angelegenheit wurde von der StA Wien gegen den Beschuldigten ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem er wegen § 310 Abs. 1 StGB als Beschuldigter geführt wird. Dieses Strafverfahren ist nach wie vor anhängig.

Zu Tatvorwurf 3:

Es besteht der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte am 24.02. 2021 in Wien Mag. Mag. N, XXXX im Bundesministerium für Finanzen, über die Mobiltelefon-Applikation „Signal" mit u. a. den Worten „Das ist ein Putsch" und „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft..." geraten habe, Rechtsmittel gegen eine von der WKStA im Verfahren zu 17 St 5/19d vollzogene Hausdurchsuchung im Bundesministerium für Finanzen sowie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Sachbearbeiter zu erheben, ihm rechtliche und prozesstaktische Überlegungen dazu mitgeteilt und sich erkundigt habe, wer „ XXXX " (gemeint: Bundesminister für Finanzen Mag. G, MBA) auf seine Beschuldigtenvernehmung vorbereiten würde, nachdem ihm Mag. N Fotos einer anlässlich einer Hausdurchsuchung an das XXXX gerichtete Sicherstellungsanordnung der WKStA vom 19.02.2021 übermittelt hatte.

In dieser Angelegenheit wurde von der StA Wien gegen Mag. N ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem er wegen § 310 Abs. 1 StGB als Beschuldigter geführt wird. Dieses Strafverfahren ist nach wie vor anhängig.

Zu Tatvorwurf 4:

Es besteht der ausreichend begründete Verdacht, dass es der Beschwerdeführer im Februar 2021 unterlassen hat, die wiederkehrende Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus verschiedenen Verfahren, für deren Bearbeitung er nicht zuständig war - jedenfalls teilweise durch LOStA Mag. F, LL.M. oder allenfalls einen anderen Mitarbeiter der OStA XXXX - zu unterbinden und gemäß § 53 Abs. 1 BDG 1979 eine Meldung an den Leiter der Dienststelle zu erstatten.

In dieser Angelegenheit wurde von der StA Wien gegen LOStA Mag. F ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem er wegen § 310 Abs. 1 StGB als Beschuldigter geführt wird. Dieses Strafverfahren ist nach wie vor anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Zu Tatvorwurf 1:

Die Feststellungen zu diesem Anschuldigungspunkt ergeben sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, dabei insbesondere aus der „ANORDNUNG ZUR SICHERSTELLUNG“ der StA Wien vom 25.02.2021 (ON 3), dem Informationsbericht der StA Wien vom 08.03.2021 (ON 18, S 11 – 17), dem weiteren Informationsbericht der StA Wien vom 11.03.2021 (ON 18, S 115 – 119), dem vorliegenden E-Mailverkehr zwischen dem Beschuldigten und LOStA F vom 25.06.2019 (ON 8, S 11 -12), der Mitteilung der Dr. L an die WKStA vom 24.06.2019 (ON 9, S 5 – 9), dem mit der Stellungnahme vom 27.05.2021 vorgelegten E-Mailverkehr zwischen OStA W und LOStA F vom 25.06.2021 (Beilagen 9 und 10) und den Angaben der Parteien im Zuge der mündlichen Verhandlung.Die StA Wien begründete in der „ANORDNUNG ZUR SICHERSTELLUNG“ vom 25.02.2021 den gegenständlichen Verdacht im Wesentlichen folgenden Umständen:

Als die Kriminalpolizei und die WKStA am 25. Juni 2019 gegen 09:00 Uhr in den Geschäftsräumlichkeiten des Dr. T zur Durchführung einer Hausdurchsuchung eintrafen wurden diese unter anderem von Dr. T und Mag. L empfangen und ihnen von Mag. L mitgeteilt, dass ihr Eintreffen bereits erwartet worden sei, zumal sie seit rund einer Woche Kenntnis von dem genauen Termin der Hausdurchsuchung habe. Bereits am 24. Juni 2019 habe Mag. L in einem Schriftsatz an die WKStA mitgeteilt, dass sie seit einigen Tagen von Journalisten auf eine geplante Hausdurchsuchung bei Dr. T angesprochen werde. Nunmehr habe sie die Information bekommen, dass die geplante Hausdurchsuchung definitiv in dieser Woche stattfinden solle.

Die Auswertung des sichergestellten Mobiltelefons des Dr. B habe mehrere Chatprotokolle zwischen Dr. B und Dr. T hervorgebracht, woraus sich ergibt, dass Dr. B zumindest seit Einleitung des Verfahrens durch die WKStA im Jänner 2019 für Dr. T in dieser Sache beim Beschuldigten intervenierte und dass Dr. B zwischen Jänner 2019 und April 2019 mindestens drei Mal mit dem Beschuldigten, der damals XXXX im Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz war, Gespräche über das Verfahren gegen Dr. T führte.

(„So schrieb Dr. T am 23. Jänner 2019 an Dr. B: „Hast du mit ihm gesprochen?“, woraufhin dieser unter anderem antwortete: „Hatte ein sehr gutes Gespräch mit dem XXXX , der das Email schon gelesen hat. Wir waren uns einig, dass aus rechtsstaatlichen Gründen alles vermieden werden muss, was den Schaden für die Unternehmen weiter vergrößert, und er wird darauf achten! …“.

Am 11. Februar 2019 schrieb Dr. B „Hatte Kontakt mit (dem Beschuldigten), habe ihm gegenüber kräftige Schadenersatzklage angekündigt...'', woraufhin Dr. T fragte: „Gibts ein hd risiko?“ und Dr. B antwortete: „Das kannst Du nicht ausschliessen, aber Gott sei Dank haben die im Ministerium grundvernünftige Ansichten, was beruhigend ist....“.

Am 12. April 2019 schrieb Dr. B „Treffe am Montag den XXXX , Den will ich natürlich schon über die jüngsten und eher kalmierenden Entwicklungen informieren, wenn das ok ist...“, worauf Dr. D antwortete: „Sicher“.)

Aus den Chatprotokollen würden sich darüber hinaus Hinweise ergeben, dass neben den evidenten drei Treffen/Gesprächen zwischen dem Beschuldigten und Dr. B auch Dr. T und der Beschwerdeführer im April 2019 zusammengetroffen sein könnten.

(„So schrieb Dr. T am 4. April 2019 an Dr. B: „ XXXX , kannst du garantieren, dass (der Beschuldigte) kommt? Ich würde eher nur dann fahren, wenn er (der Beschuldigte) auch kommt...“. Dieser antwortete daraufhin: „Der Termin ist am 26.4. Ich checke, ob (der Beschuldigte) kommt.

Am 14. Juni 2019, dem Tag, an dem die Verteidigerin von Dr. T, Mag. L (um 09:29 Uhr) per E-Mail eine Medienanfrage bezüglich einer möglichen Hausdurchsuchung erhielt, schrieb Dr. B um 11:16 Uhr an Dr. T: „Melde mich sobald möglich“. Dr. T antwortete daraufhin „(der Beschuldigte) wäre wichtig“.)

Am 24. Juni 2019, dem Tag vor der Hausdurchsuchung, habe es zunächst zwischen 8:19 Uhr und 15:20 Uhr drei Anrufe zwischen Dr. B und Dr. T gegeben, wobei derzeit nicht feststehe, ob tatsächlich Gespräche stattfanden oder es sich um Anrufversuche handelte. Fest stehe jedoch, dass Dr. B um 15:37 Uhr erfolglos versuchte, Dr. T anzurufen und ihm daraufhin um 15:40 Uhr schrieb: „Bin gerade im BMJ melde mich sobald möglich“. Rund fünfzehn Minuten später rief Dr. T Dr. B zurück. Am 25. Juni 2019, um 07:37 Uhr und somit rund 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung habe Dr. B in einer längeren Nachricht an Dr. T unter anderem geschrieben: „Wenn die heute kommen: ganz ruhig bleiben…. Rechtsmittel gegen diese HD machen absolut Sinn. …“

Die Chatprotokolle würden somit belegen, dass Dr. B, der in den Jahren 2013 bis 2017 XXXX war und in dieser Zeit eng mit dem Beschuldigten, dem damaligen XXXX , zusammenarbeitete, seine guten Kontakte zu Letztgenanntem nutzte, um in mindestens drei Treffen/Gesprächen für Dr. T im Zusammenhang mit dem von der WKStA gegen diesen geführten Verfahren zu intervenieren. Darüber hinaus liege der begründete Verdacht vor, dass Dr. B am 24. Juni 2019 den Beschuldigten im Justizministerium aufsuchte, um von ihm - aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt kursierenden Gerüchte - zu erfahren, ob bzw. wann Hausdurchsuchungen in dem von der WKStA geführten Ermittlungsverfahren gegen DDr. T stattfinden und dabei von (dem Beschuldigte) erfuhr, dass dies am 25. Juni 2019 der Fall sein wird.

Der Informationsbericht, mit dem die WKStA der Oberstaatsanwaltschaft XXXX über diese Anordnungen der Durchsuchung und deren geplanten Vollzug am 25. Juni 2019 berichtete, wurde am 18. Juni 2019 abgefertigt. Dass auch der Beschuldigte bereits im Vorfeld über die Hausdurchsuchungen informiert gewesen sei, ergebe sich aus dem Umstand, dass die WKStA bereits am 18. Juni 2019 über die Durchsuchungen und deren geplanten Vollzug an die Oberstaatsanwaltschaft XXXX berichtete, die wiederum zeitgerecht an die XXXX zu berichten habe.

Der Beschuldigte bestreitet diesen Vorwurf und bringt dagegen zusammengefasst vor, dass der gegenständliche Verdacht lediglich auf Vermutungen und nicht auf entsprechende Tatsachen gestützt sei, um eine Suspendierung zu rechtfertigen. Dem ist insofern zu folgen, als bei Betrachtung aller vorliegenden Beweismittel eine tragende Säule der Begründung des gegenständlichen Verdachts nicht mehr aufrecht zu halten ist. Denn wie sich aus den oben angeführten E-Mailverkehr zwischen OStA W und LOStA F ergibt, ist der Informationsbericht, mit dem die WKStA der Oberstaatsanwaltschaft XXXX über die Anordnungen der Durchsuchung und deren geplanten Vollzug am 25. Juni 2019 berichtete, erst am 21.06.2019 per Boten bei der OStA XXXX eingelangt. OStA W hat diese Anordnung als zuständige Bearbeiterin nachweislich erst am 25.06.2019 um 13:19 Uhr per E-Mail an LOStA F übermittelt und dieser leitete dieses E-Mail schließlich am 25.06.2019 um 14:58 an den Beschuldigten weiter.

Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass dem Beschuldigten der Informationsbericht der WKStA betreffend Anordnung und Vollzug der Hausdurchsuchung bei Dr. T entgegen der Annahme der StA Wien erst am 25.06.2019 nach Beginn des Vollzugs übermittelt wurde. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte bereits vorher auf anderem Wege Kenntnis von der geplanten Hausdurchsuchung erlangt hatte, konkrete Anhaltpunkte dafür liegen jedoch nicht vor.

Darüber hinaus haben die weiteren Erhebungen der Dienstbehörde im Auftrag der Bundesdisziplinarbehörde ergeben, dass Dr. B am 24.06.2019 um 16:00 Uhr einen Termin beim damaligen Bundesminister für Justiz hatte, was seinen Aufenthalt im BMJ grundsätzlich erklärt. Es kann zwar auch hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass er zuvor oder danach mit dem Beschuldigten im BMJ zusammengetroffen ist, jedoch fehlen auch dafür konkrete Anhaltspunkte.

Und schließlich spricht auch der Bericht der Mag. L an die WKStA vom 24.06.2019 gegen die Annahme, dass der Beschuldigte die Information betreffend die geplante Hausdurchsuchung am Nachmittag des 24.06.2019 an Dr. B weitergegeben hat, weil Mag. L bereits in diesem Bericht, der nachweislich schon am 24.06.2019 um 09:04 Uhr an die WKStA per ERV übermittelt wurde, ausdrücklich ausführt, dass sie nunmehr die Information bekommen hätten, dass die Ausdurchsuchung definitiv diese Woche stattfinden werde.

Die verbleibenden greifbaren Anhaltspunkte, die für den gegenständlichen Verdacht sprechen, sind die lediglich die gesicherten Chatverläufe zwischen Dr. B und Dr. T, aus welchen sich ergibt, dass Dr. B zuvor bereits mehrmals beim Beschuldigten in der Strafsache gegen Dr. T interveniert hat. Für die Annahme, dass der Beschuldigte schon vor dem 25.06.2019 Kenntnis von der geplanten Hausdurchsuchung und ihren konkreten Termin hatte und diese Informationen am Nachmittag des 24.06.2019 an Dr. B im BMJ weitergegeben hat, liegen auf Grundlage der aktuell vorliegenden Beweismittel jedoch keine ausreichend greifbaren Anhaltspunkte vor, um insgesamt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung, welche eine Suspendierung des Beschuldigten rechtfertigen würde, entsprechend zu begründen.

Zur Klarstellung sei hier ausdrücklich angemerkt, dass es dem Bundesverwaltungsgericht nicht zusteht zu beurteilen, ob eine Verdachtslage für die Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens ausreichend ist. Dies ist ausschließlich von der zuständigen Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten zu entscheiden.

Zu Tatvorwurf 2:

Die Feststellungen zu diesem Anschuldigungspunkt ergeben sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, dabei insbesondere aus dem Informationsbericht Nr. 2 der StA WIEN vom 11.03.2021 und dem diesem beigelegten Chatverlauf zwischen dem Beschuldigten und der M vom 15. und 16.12.2020 (ON 18, S 115 -124), sowie aus den Angaben der Parteien im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Aus dem Chatverlauf ergibt sich, dass der Beschuldigte die Journalistin der Tageszeitung „Kurier“ zunächst am 15.12.2021 persönlich getroffen und ihr dabei offenbar von der zu diesem Zeitpunkt nicht öffentlich bekannten Strafanzeige mehrerer Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA gegen die Journalistin A erzählt hat und ihr am darauffolgenden Tag per Chatnachricht ergänzend mitteilte, dass die Staatsanwaltschaft Wien beabsichtige, in dieser Sache von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen.

Der Verdacht, dass sich der Beschuldigte am 15.12.2020 mit M getroffen hat und ihr dabei von der nicht öffentlich bekannten Strafanzeige erzählt hat, ergibt aus der Sprachnachricht des Beschuldigten an M vom 15.12.2020 um 20:16, worin er dieser schrieb „...hoffe, Sie sind auch bald zu Hause; habe mich gefreut, Sie zu sehen.“, worauf diese antwortete „Bin schon zu Hause. Aber das mit der A ist schlimm - irgendwie stasi Methode“, worauf der Beschuldigte antwortete, „Absolut, Kritik zu kriminalisieren geht gar nicht, bin noch am überlegen, was ich mit diesem Wissen mache.".

Am nächsten Tag übermittelt M dem Beschuldigten per Chatnachricht ein Bild des von der A verfassten Zeitungsartikels dem Titel „Weniger Intimes darf in die Akten" und fragte ihn: „Um den Artikel geht es oder?", worauf dieser unter anderem antwortete „...ja, das ist der Artikel; zur weiteren Vorgehensweise möchte ich noch mit Ihnen sprechen, weil es schon möglich, dass das gar nicht öffentlich wird, weil die StA Wien kein Verfahren einleiten will, in welchem Fall A gar nicht verständigt wird“.

Diese Nachfrage der M und die darauf erfolgte Antwort des Beschuldigten spricht jedenfalls dafür, dass der Beschuldigte im Zuge des Treffens am 15.12.2020 die Information an M weitergegeben hat, und gegen die Verantwortung des Beschuldigten, wonach er von M im Zuge einer Recherche auf diese Information angesprochen worden wäre. Zudem legt es den Schluss nahe, dass dem Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt bewusst war, dass es sich dabei um eine nicht öffentlich bekannte Information handelte, für deren Geheimhaltung zumindest ein berechtigtes privates Interesse vorlag.

Als die M in der Folge fragte „Das heißt die STA Wien ist anderer Meinung als die WKS-TA“, antwortete der Beschuldigte: „Ja, das Ganze liegt bei der OStA, so wäre klar, wer geleakt hätte“. Daraufhin schrieb M „Verstehe. Ich mache eh nichts“, worauf der Beschuldigte antwortete „Habe ich auch nicht angenommen, wollte das nur erklären; vielleicht geht das auf anderem Weg (pari. Anfrage); dann wäre ich froh, wenn Sie was machen...“.

Daraus ergibt sich zu einen der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte der M auch mitteilte, dass die StA zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte, kein Verfahren gegen A durchzuführen, und zum anderen, dass er unter bestimmten Umständen durchaus ein Interesse an der medialen Verwertung dieser Information hätte.

Zu Tatvorwurf 3:

Die Feststellungen zu diesem Anschuldigungspunkt ergeben sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, dabei insbesondere aus dem Informationsbericht der StA Wien vom 08.03.2021 (ON 18, S 11 – 17), dem diesen beigelegten Bericht über die Sicherung der Kommunikationsverläufe der Applikation Signal vom Mobilgerät des Beschuldigten (besser lesbare neuerliche Vorlage ON 23, S 17 - 41) sowie dem Bericht Nr. 2 der StA WIEN vom 11.03.2021 (ON 18, S 115 -119), und aus den Angaben der Parteien im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Das dem Beschuldigten hier zum Vorwurf gemachte Verhalten ergibt sich zweifelsfrei aus derAuswertung des Mobiltelefons des Beschwerdeführers, wobei ein Signal-Chatverlauf zwischen Mag. M und dem Beschuldigten vom 24.02.2021 sichergestellt wurde (für diese Nachrichten war die Funktion „verschwindende Nachrichten“ nach einem Tag aktiviert). Aus diesem ergibt sich, dass zunächst Mag. N dem Beschuldigten eine Sicherstellungsanordnung der der WKStA vom 19.02.2021 übermittelte, worin die Sicherstellung von konkret genannten Daten des Finanzministeriums im Zuge eines gegen mehrere Personen (darunter auch der Bundesminister für Finanzen) geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens angeordnet wurde.

Darauf reagierte der Beschuldigte mit der Nachricht: „Das ist ein Putsch!!, lauter Mutmaßungen, es muss Beschwerde gegen HD eingelegt werden, wer vorbereitet XXXX auf seine Vernehmung?“ Wenig später schrieb der Beschuldigte: „Was da steht ist ein schlichter Skandal; rate dringend zur Dienstaufsichtsbeschwerde an VK XXXX “. In der Folge schrieb der Beschuldigte „Meine bisherige Einschätzung zu Verdacht und Verhältnismäßigkeit bleibt aufrecht …“ Es folgen kurze rechtliche Kommentare zum Inhalt des Sicherstellungsbeschlusses. Die Nächste Nachricht des Beschuldigten lautet: „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft …“, worauf Mag. N reagiert mit: „Ja du hast völlig recht“. Es folgen noch vier weitere Nachrichten des Beschuldigten mit folgendem Text: „Meine Empfehlung wäre. Das BMF sucht aufgrund der Ao das dazu Passende heraus. Wenn das der StA nicht genügt, muss sie sehen, wie sie zu mehr kommt …“ „Zusammengefasst: In Wahrheit ist man auf die Kooperation mit dem BMF angewiesen; mit Zwangsgewalt werden die angestrebten Beweismittel von Externen kaum zu finden sein …“ „Einspruch wäre dennoch anzuraten …“ „Vernünftig und der einzige Weg, aus der Misere herauszukommen; man darf ja nicht übersehe(n), dass Weisung des Beschuldigten, nicht auszufolgen, strafgesetzwidrig und daher nicht zu befolgen wäre …. Einspruch würde ich dennoch empfehlen.“

Der vorliegende Chatverlauf wird vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt. Vielmehr bringt er dazu vor, dass es sich dabei lediglich um einen beratenden Dialog zwischen ihm und einem langjährigen Freund gehandelt habe, weshalb dieser keinen Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen könne. Darüber hinaushabe er lediglich dazu geraten, gesetzlich vorgesehene Rechtsmittel zu ergreifen, worin ebenfalls keine Pflichtwidrigkeit zu erkennen sei. Darauf wird im Zuge der rechtlichen Würdigung einzugehen sein.

Zu Tatvorwurf 4:

Die Feststellungen zu diesem Anschuldigungspunkt ergeben sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, dabei insbesondere aus dem Informationsbericht der StA Wien vom 08.03.2021 (ON 18, S 11 – 17), dem Bericht über die Sicherung der Kommunikationsverläufe der Applikation Signal vom Mobilgerät des Beschuldigten (besser lesbare neuerliche Vorlage ON 23, S 42 - 47) und den Bericht über Funde von Daten aus dem Verschlussakt der WKStA 17 St 5/19d auf dem Mobilgerät des Beschuldigten (besser lesbare neuerliche Vorlage ON 23, S 55 - 95) sowie dem Bericht Nr. 2 der StA WIEN vom 11.03.2021 (ON 18, S 115 -119) und den Angaben der Parteien im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Die StA führ dazu in ihrem Bericht vom 08.03.2021 folgendes aus (im Original, anonymisiert):

„… Allerdings wurde Im Zuge der Sicherung des am 25. Februar 2021 sichergestellten Mobiltelefons von (dem Beschuldigten) ein Chatverlauf mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt der OStA XXXX , Mag. F festgestellt, der darauf hindeutet, dass dieser (dem Beschuldigten) auf inoffiziellem Weg vorab über bedeutende Verfahrensschritte in dem Verfahren der WKStA gegen DDr. T informiert haben könnte. Aus dem Chatverlauf geht nämlich hervor, dass Mag. F am 25. Februar 2021 um 08:33 Uhr (somit nur wenige Minuten vor der Sicherstellung des Mobiltelefons) einen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 19, Februar 2021 betreffend das Verfahren der WKStA gegen DDr. T an Mag. (den Beschuldigten) über die App „Signal" übermittelte. Dies ist insofern erstaunlich, als (der Beschuldigte) seit der Neuorganisation der XXXX im BMJ, die am 1. September 2020 wirksam wurde, nicht mehr mit der Fachaufsicht für XXXX betraut ist. Insofern ist es naheliegend, dass Mag. F Mag. (den Beschuldigten) auch im Juni 2019 vorab über die geplanten Hausdurchsuchungen (die für den Gang der Ermittlungen von größerer Bedeutung sind als eine Rechtsmittelentscheidung über eine Beschwerde) informierte, zumal (der Beschuldigte) damals noch die Fachaufsicht für die WKStA und deren Verfahren gegen DDr. T ausübte.

Der im PDF-Format übermittelte Beschluss des Oberlandesgerichts Wien dürfte im Übrigen aus der VJ stammen. Laut VJ-Zugriffsprotokoll nahm Mag. F nämlich am 25. Februar 2021 um 8:15 Uhr (somit 18 Minuten bevor er den Beschluss an (den Beschuldigten) übermittelte) mit der Begründung „Fachaufsicht OStA XXXX “ Einsicht in den Akt des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ 333 HR 151/19d, in dem der Beschluss als Anhang im PDF- Format gespeichert ist.

Weitere Chatnachrichten zwischen (dem Beschuldigten) und Mag. F konnten auf dem Mobiltelefon nicht gesichert werden, weil die Nachrichten in dem Chat zwischen den beiden Genannten von der App „Signal" nach zwölf Stunden automatisch gelöscht werden. Allerdings wurden im Zuge der Datensicherung zahlreiche Aktenteile - zumeist aus dem Verschlussakt der WKStA zu AZ 17 St 5/19d („CASAG-Verfahren“) - gefunden, die (dem Beschuldigten) vermutlich durch mittlerweile gelöschte Nachrichten per „Signal“ übermittelt wurden. Darunter befinden sich auch ein Informationsbericht der WKStA aus dem genannten Verfahren, auf dem ein Eingangsstempel der OStA XXXX vom 18. Februar 2021 zu sehen ist und andere Dokumente, die (dem Beschuldigten) offensichtlich von jemandem aus der OStA XXXX übermittelt wurden. Auffällig ist weiters, dass mehrere dieser Dokumente auf einem hellbrauen Tisch abfotografiert wurden, der öfters am Bildrand zu sehen ist. Auf dem Alten Diensthandy von (dem Beschwerdeführer), das der Staatsanwaltschaft Wien aufgrund eines Amtshilfeersuchens am 2. März 2021 übergeben wurde, finden sich wiederum mehrere Fotos von ausgedruckten E-Mails, auf denen ebenfalls am Bildrand ein hellbrauner Tisch zu sehen ist. Aus der letzten Zeile der Dokumente ist ersichtlich, dass sie von dem User mit der Justizkennung „XXX“ (Mag. F) ausgedruckt wurden. Darüber hinaus konnte, soweit bis dato überblickbar, abgesehen von dem Chatverlauf mit Mag. F keine Kommunikation mit Bediensteten der Oberstaatsanwaltschaft XXXX auf dem Mobiltelefon des (Beschuldigten) festgestellt werden.

Abschließend ist daher festzuhalten, dass (dem Beschuldigten) – offensichtlich auch lange nachdem er nicht mehr die Fachaufsicht für XXXX innehatte – zahlreiche Dokumente aus Strafakten übermittelt wurden. Ob Mag. F in diesem Zusammenhang ein strafbares Verhalten setzte, wird zu überprüfen sein. …

Die von der StA Wien dargestellte Verdachtslage stützt sich auf die beiliegende Auswertung der sichergestellten Dateien, darunter der von LOStA Mag. F am 25. Februar 2021 an den Beschuldigten übermittelte ungeschwärzte Beschluss des Oberlandesgerichts Wien zu 21 Bs 28/20a vom 19. Februar 2021, LL.M., mit dem Kommentar „Ein bissl schaut das olg eh auch noch auf Präzision der Aoen (Anordnungen, Anm.), was der Beschuldigte mit „Immerhin ..." beantwortete, sowie eine von Vielzahl rekonstruierten Vorschaubildern von Dokumenten (Fotos, PDF -Dateien u.ä.), die aus dem Verschlussakt 17 St 5/19d der WKStA stammen oder mit diesem zumindest in Zusammenhang stehen.

Dass der Beschuldigte seit der mit 01.09.2020 vollzogenen Organisationsänderung im Bundesministerium für Justiz (Teilung der Zuständigkeiten für XXXX und XXXX auf zwei Sektionen) keine unmittelbaren Zuständigkeiten mehr in konkrete XXXX hat, wird von ihm nicht bestritten. Allerdings bringt er zu seiner Verteidigung vor, dass ein dienstliches Interesse am Erhalt dieser Dokumente insofern bestehen würde, als er als XXXX auch für die Erlässe betreffend die Anwendung der StPO zuständig sei. Aus einer ihm von LOStA F übermittelten Nachricht gehe seiner Ansicht nach ausdrücklich hervor, dass dieser ihm ein Dokument zur Qualitätssicherung übermittelt habe. Damit vermag er jedoch aus zwei Gründen nicht zu überzeugen. Denn zum einen wäre dem Beschuldigten in einem solchen Zusammenhang auch mit der Übermittlung von geschwärzten Ausfertigungen gedient und zum anderen erscheint eine sinnvolle weitere Bearbeitung bzw. Berücksichtigung der übermittelten Dokumente in legistischer Hinsicht durch den Beschuldigten oder Mitarbeiter XXXX nur schwer vorstellbar, wenn diese per selbstlöschender Signalnachricht übermittelt werden und allenfalls nur mehr Vorschaufotos wiederhergestellt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der gegebenen Verdachtslage steht aufgrund der Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A)

1. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 153/2020 (BDG 1979) maßgeblich:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren.

Amtsverschwiegenheit

§ 46. (1) Der Beamte ist über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

(2) Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses.

Meldepflichten

§ 53. (1) Wird dem Beamten in Ausübung seines Dienstes der begründete Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung bekannt, die den Wirkungsbereich der Dienststelle betrifft, der er angehört, so hat er dies unverzüglich dem Leiter der Dienststelle zu melden.

(1a) Keine Pflicht zur Meldung nach Abs. 1 besteht, wenn die Meldung eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf.

Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,1. wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder2. wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder3. wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Im Falle eines Strafverfahrens gegen eine Beamtin oder einen Beamten hat das Strafgericht die zuständige Dienstbehörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Verhängung der Untersuchungshaft oder vom Vorliegen einer rechtskräftigen Anklage zu verständigen.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde, gemäß Abs. 2 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Für die Dauer der vorläufigen Suspendierung erfolgt eine Auszahlung ohne Kürzung. Nach Verfügung der Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde nach Abs. 2 oder durch das Bundesverwaltungsgericht nach Abs. 3 ist der über die gekürzten Bezüge hinausgehend ausbezahlte Betrag unter sinngemäßer Anwendung des § 13a Abs. 2 bis 4 GehG hereinzubringen. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(5) Nimmt die Beamtin oder der Beamte während der Suspendierung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auf oder weitet eine solche aus oder übt sie oder er während der Suspendierung eine unzulässige Nebenbeschäftigung aus, erhöht sich die Kürzung des Monatsbezugs gemäß Abs. 4 um jenen Teil, um den ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel ihres oder seines Monatsbezugs übersteigen. Zu diesem Zweck hat die Beamtin oder der Beamte unverzüglich ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung bekannt zu geben. Kommt sie oder er dieser Pflicht nicht nach, so gilt der ihrer oder seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung.

(6) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Bundesdisziplinarbehörde unverzüglich aufzuheben.

(7) Die Beschwerde gegen eine (vorläufige) Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(8) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

(3) Die Dienstbehörde ist von der Einstellung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu verständigen.

2. Allgemeine Voraussetzung für eine (vorläufige) Suspendierung im Sinne des BDG 1979 ist, dass schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Es genügt im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ein entsprechend konkreter Verdacht („begründeter Verdacht“ iSd § 109 Abs. 1 BDG); die Dienstpflichtverletzung muss zum Zeitpunkt der Suspendierung auch noch nicht nachgewiesen sein (VwGH 20.11.2001, 2000/09/0133; 29.11.2002, 95/09/0039; 4.9.2003, 2000/09/0202). Bei einem konkreten Verdacht handelt es sich um „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte“, aus denen nach der Lebenserfahrung mit Wahrscheinlichkeit auf ein Vergehen geschlossen werden kann (VwGH 27.6.2002, 2001/09/0012; 29.4.2004, 2001/09/0086; 16.9.2009, 2009/09/0121).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei schwerer Belastung des Betriebsklimas. Für eine Suspendierung sind greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung von ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite erforderlich (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 21. 4. 2015, Ro 2015/09/0004, mit umfangreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur).

Eine Suspendierung ist aber dann unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen oder lediglich bloße Gerüchte und vage Vermutungen vorliegen. Es müssen vielmehr greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen (vgl. dazu VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0035, mwN).

Verschulden bzw. die Strafbemessung sind - anders als im nachfolgenden Disziplinarverfahren - im Suspendierungsverfahren nicht zu beurteilen (VwGH 30.06.2004, 2001/09/0133).

3. Nach dem hier einschlägigen § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 war im Gegenstand daher zu prüfen, ob eine begründete Verdachtslage hinsichtlich der Begehung von Dienstpflichtverletzungen vorliegt und diese wegen ihrer Art das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung des Beschwerdeführers im Dienst gefährden. Wie oben festgestellt liegt hinsichtlich dem Tatvorwurf 1 keine ausreichend begründete Verdachtslage für den Ausspruch einer Suspendierung vor.

Zu Tatvorwurf 2:Im Zuge der rechtlichen Würdigung ist die Bundesdisziplinarbehörde zunächst zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschuldigte im Verdacht steht, mit der ihm hier zum Vorwurf gemachten Tathandlung gegen die Dienstpflicht der Amtsverschwiegenheit nach § 46 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen zu haben.

Unter die Verschwiegenheitspflicht des § 46 Abs. 1 BDG 1979 fallen alle einem Beamten ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, an deren Geheimhaltung ein gesetzliches Interesse besteht. Liegen diese Voraussetzungen vor ist der Beamte gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Erste Voraussetzung für eine Verschwiegenheitspflicht ist zunächst das Vorliegen einer Tatsache, welche nur einem beschränkten Personenkreis bekannt ist. Davon ist hier jedenfalls auszugehen, weil zum Tatzeitpunkt nur eine beschränkte Anzahl von Personen von dem Umstand Kenntnis hatte, dass mehrere Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der WKStA Strafanzeige gegen eine Redakteurin der Tageszeitung „Die Presse“ eingebracht hatten, die StA Wien jedoch beabsichtigte von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen und bereits einen entsprechenden Bericht an die OStA XXXX übermittelt hatte. Auch liegt der Verdacht nahe, dass dem Beschuldigten diese Tatsache im Zuge seiner amtlichen Tätigkeit bekannt geworden ist. Und wie oben in der Beweiswürdigung ausgeführt, besteht auch der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte diese geheime Tatsache am 15. und 16.12.2020 der Redakteurin M, der jedenfalls keine amtliche Mitteilung darüber zu machen war, offenbart hat.

In weiterer Folge hat sich die Bundesdisziplinarbehörde auch mit der Frage auseinandergesetzt, welche gesetzlichen Interessen des § 46 Abs. 1 BDG 1979 im gegenständlichen Fall an einer Geheimhaltung bestehen können und ausgeführt, dass hier grundsätzlich sowohl ein öffentliches Interesse zur Vorbereitung einer Entscheidung als auch das ein überwiegendes Interesse einer Partei in Frage kommen.

Das öffentliche Interesse zur Vorbereitung einer Entscheidung gelte nach der RV dann als verletzt, wenn durch eine Information „eine rechtmäßige bzw zweckmäßige Entscheidung einer Behörde unmöglich oder wesentlich erschwert würde." (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4 S. 270). Da die StA Wien im gegenständlichen Fall der OStA XXXX bereits über ihr Vorhaben, von einer Einleitung des Ermittlungsverfahrens absehen zu wollen, berichtet habe und mit der Offenbarung dieses Geheimnisses offenbar auch kein Druck auf diese Entscheidung ausgeübt werden sollte, könne eine Beeinträchtigung dieses Interesses hier nicht ohne weiteres angenommen werden.

Dem ist jedoch zu entgegnen, dass der Zweck der Berichtspflicht der StA an die jeweilige OStA bei Strafsachen, an denen öffentliches Interesse wegen der Bedeutung der Straftat oder wegen der tatverdächtigen Person besteht oder zu denen noch erhebliche, bisher ungeklärte Rechtsfragen zu beurteilen sind, darin liegt, es der OStA zu ermöglichen, nach Prüfung dieser Berichte allenfalls notwendig erscheinende Weisungen zu erteilen. Daraus ergibt sich aber, dass im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Weitergabe der Information an die Redakteurin M die Entscheidung der StA noch nicht endgültig war, weil die OStA XXXX im Zuge der Prüfung des Berichts zu einem anderen Ergebnis kommen und eine entsprechende Weisung an die StA erteilen hätte können. Entgegen der Ansicht der Bundesdisziplinarbehörde gibt es daher auch Grund zur Annahme, dass zum Tatzeitpunkt nach wie vor ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Geheimhaltung dieser Tatsache zur Vorbereitung einer Entscheidung vorlag. Die Frage, ob mit der Weitergabe des Geheimnisses (offenbar von Seiten des Beschuldigten) Druck auf die Entscheidung ausgeübt werden sollte oder nicht, erscheint für diese Beurteilung irrelevant.In weiterer Folge hat die Bundesdisziplinarbehörde zu Recht ausgeführt, dass im gegenständliche Fall auch ein berechtigtes privates Interesse der Anzeiger an der Geheimhaltung in Frage kommt, insbesondere solange von der StA Wien ein Strafverfahren nicht eingeleitet wurde. Darüber hinaus kann auch ein berechtigtes rechtliches Interesse der Angezeigten nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es ist hier jedenfalls im Verdachtsbereich vom Vorliegen entsprechender gesetzlicher Interessen an einer Geheimhaltung der gegenständlichen Tatsachen auszugehen. Die endgültige Klärung der Frage, ob die Geheimhaltung in einem (oder mehreren) der oben angeführten Interessen im Hinblick auf die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit (Art 13 StGG, Art 10 EMRK), auch „geboten" war, wird durch eine umfassende Interessensabwägung im Disziplinarverfahren zu erfolgen haben. Zusammengefasst besteht somit der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte mit der ihm hier zum Vorwurf gemachte Handlung in objektiver Hinsicht gegen die Dienstpflicht des § 46 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen hat. Und wie im Zuge der Beweiswürdigung ausgeführt, ist zudem – ebenfalls im Verdachtsbereich - von vorsätzlichem Handeln des Beschuldigten auszugehen. Es liegt daher ein ausreichend begründete Verdacht für die schuldhafte Begehung einer Dienstpflichtverletzung nach § 46 Abs. 1 BDG 1979 vor. Darüber hinaus ist gegen den Beschuldigten in dieser Angelegenheit auch ein gerichtliches Strafverfahren anhängig, weil der vorliegende Sachverhalt auch den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 310 Abs. 1 StGB (Verrat eines Amtsgeheimnisses) begründet. Dieser Tatbestand sieht als Strafdrohung eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen der Bundesdisziplinarbehörde, dass gegenständlich die in § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 geregelten Dienstpflichten hier nicht in Betracht kommen, weil diese als allgemeine Dienstpflichten subsidiär zu den konkreten Dienstpflichten zu sehen seien, zu relativieren. Denn falls es zu einer Verurteilung nach § 310 StGB kommen sollte, wäre das Vorliegen eines disziplinären Überhangs nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu prüfen.

Bei Berücksichtigung aller hier vorliegen Umstände kann die abschließende Würdigung der Bundesdisziplinarbehörde, dass hier nicht vom Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung ausgegangen werden könne, nicht geteilt werden. Vielmehr wäre ein vorsätzlich begangener Verstoß gegen die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit in objektiver und subjektiver Hinsicht als grundsätzlich schwerwiegende Dienstpflichtverletzung zu qualifizieren. Eine abschließende Würdigung bleibt auch in dieser Hinsicht dem allenfalls noch folgenden Disziplinarverfahren vorbehalten, weil es sich gegenständlich um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt.Dem Einwand des Beschuldigten, dass sich der Vorwurf auf einen Kommunikationsverlauf mit einer Journalistin stütze und aufgrund des auch im Disziplinarverfahren zu schützenden Redaktionsgeheimnisses (§ 31 Abs 2 MedienG) unberücksichtigt zu bleiben habe, hat bereits die Bundesdisziplinarbehörde zu Recht entgegen gehalten, dass das Redaktionsgeheimnis lediglich Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitsnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes schützt (§ 31 Abs 1 MedienG), nicht aber Beamte.

Zu Tatvorwurf 3:

Die Bundesdisziplinarbehörde hat betreffend diesen Tatvorwurf zunächst auf Grundlage der maßgeblichen Judikatur (VwGH 23.4.2013, 2012/09/0045) zu Recht ausgeführt, dass aufgrund eines fehlenden Zusammenhangs mit den konkreten Aufgaben des Beschuldigten hier eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 nicht in Betracht kommt, sondern zu prüfen ist, ob der Beschuldigte mit dieser Handlung allenfalls ein Verhalten gesetzt hat, dass geeignet ist, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, und damit gegen § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist eine Rückwirkung des Verhaltens eines Beamten auf den Dienst (Dienstbezug) ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das außerdienstliche Verhalten des Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist oder nicht, spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle (VwGH 15.12.1999, 97/09/0381, mit Verweis auf Stammrechtssatz VwSlg 14221 A/1995).

Bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten des Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ist ein strengerer Maßstab (nicht bloßes geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen als bei dienstlichem Fehlverhalten. (VwSlg 15468 A/2000)

Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, § 43 Abs. 2 BDG 1979 wolle in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur "in besonders krassen Fällen" eingreifen. Der damit gewählte Bezugspunkt führt dazu, dass etwa an das Verhalten von Kriminalbeamten insoweit besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, als diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz von Verletzungen des gesamten StGB (also auch der §§ 81 und 88 StGB, deren Tatbestände in beträchtlichem Maß durch Vorfälle beim (alkoholbeeinträchtigten) Lenken von Kraftfahrzeugen erfüllt werden) berufen sind und von ihnen zu erwarten ist, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Aber auch Ermittlungstätigkeiten im Dienste der StVO 1960 zählen zu den Aufgaben eines Kriminalbeamten. Ein Kriminalbeamter, der dennoch schuldhaft in alkoholbeeinträchtigtem Zustand ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr lenkt und in diesem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht, vereitelt schon im Hinblick auf diesen Teilaspekt des Schuldspruches die vom Gesetzgeber zur Herabminderung der Verkehrsunfälle verfolgten Ziele. Hinzu kommt, dass ein Verhalten außer Dienst aufgrund der besonderen Aufgaben des Beamten die Bedingungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 erfüllen kann, wenn diese Umstände in ihrer Art, Ausgestaltung und Gewichtung einem besonderen Funktionsbezug vergleichbar sind. Eine solche Konstellation, die einem besonderen Funktionsbezug gleichkommt, wird vor allem dann gegeben sein, wenn aufgrund von Auswirkungen des außerdienstlichen Verhaltens der Beamte in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist. (VwGH 26.01.2012, 2011/09/0181)

Ein besonderer Funktionsbezug kann dort dahinstehen, wo durch das Verhalten des Beamten das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 gefährdet erscheint. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Schutzobjekt der Norm des § 43 Abs. 2 BDG 1979 im weitesten Sinn die Funktionsfähigkeit der Verwaltung ist (Hinweis auf Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, Seite 124, unter Verweis auf die EB, 11 Blg NR, 15. GP, 85). (VwGH 26.06.2006, 2005/09/0041)

Ein allgemeiner Funktionsbezug liegt vor, wenn Verhaltensweisen unabhängig von der Stellung des jeweiligen Beamten eine unsachliche Amtsführung befürchten lassen, was etwa auch bei unsachlicher öffentlicher Kritik anzunehmen wäre (vgl Kucsko-Stadlmayer, aaO S. 178, 182 ff). Im konkreten Fall ist jedoch zu bedenken, dass der Beschuldigte in privaten Nachrichten Kritik am Vorgehen der StA geübt sowie rechtliche und prozesstaktische Überlegungen zur Erhebung von Rechtsmitteln mitgeteilt hat. Von einer unsachlichen öffentlichen Kritik kann daher nicht ausgegangen werden.

Die Bundesdisziplinarbehörde führt in diesem Zusammenhang nun weiter aus, dass der Beschuldigte seit der Organisationsänderung nicht mehr für XXXX , sondern ausschließlich für XXXX zuständig ist, weshalb ein besonderer Funktionsbezug im Zusammenhang mit diesem Vorwurf somit nicht angenommen werden könne, zumal die Organisationsänderung genau den Zweck verfolgt hat, den Anschein einer Befangenheit in XXXX zu vermeiden. Ein allgemeiner Funktionsbezug liege vor, wenn Verhaltensweisen unabhängig von der Stellung des jeweiligen Beamten eine unsachliche Amtsführung befürchten lassen, was etwa auch bei unsachlicher öffentlicher Kritik anzunehmen wäre (vgl Kucsko-Stadlmayer, aaO S. 178, 182 ff). Im konkreten Fall sei jedoch zu bedenken, dass der Beschuldigte in privaten Nachrichten Kritik am Vorgehen der StA geübt sowie rechtliche und prozesstaktische Überlegungen zur Erhebung von Rechtsmitteln mitgeteilt hat. Von einer unsachlichen öffentlichen Kritik könne daher nicht ausgegangen werden. Ob ein außerdienstliches Verhalten eines Beamten an die Öffentlichkeit gedrungen ist, spiele zwar grundsätzlich keine rechtserhebliche Rolle. Beim Austausch privater Nachrichten seien jedoch zwangsläufig auch Grundrechte betroffen, die eine grundrechtskonforme Interpretation dienstrechtlicher Vorschriften erfordern. So habe es der VfGH als mit Art 13 StGG unvereinbar gehalten, Äußerungen in Gesprächen mit Freunden, von denen angenommen werden kann, dass sie über den Kreis der Gesprächspartner nicht hinausgehen werden, als Dienstvergehen zu verfolgen (VfSIg 6166). Die Ansicht des BMJ, ein XXXX müsse eine neutrale Haltung gegenüber dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft in XXXX einnehmen, würde im Ergebnis auch sachliche Kritik verbieten, was mit Art 10 EMRK unvereinbar wäre. Ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung liege somit nicht vor, weshalb eine Suspendierung aus diesem Grund nicht in Betracht komme.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Zum einen beschränkt sich der gegenständliche Tatvorwurf nicht auf die Äußerung unsachlicher Kritik. Dem Beschuldigten wird darüber hinaus zum Vorwurf gemacht, er habe Mag. N, dem XXXX im Bundesministerium für Finanzen, über die Mobiltelefon-Applikation „Signal" mit u. a. den Worten „Das ist ein Putsch" und „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft..." geraten, Rechtsmittel gegen eine von der WKStA im Bundesministerium für Finanzen vollzogene Hausdurchsuchung sowie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Sachbearbeiter zu erheben, ihm rechtliche und prozesstaktische Überlegungen dazu mitgeteilt und sich erkundigt habe, wer „ XXXX " (gemeint: XXXX Mag. G, MBA) auf seine Beschuldigtenvernehmung vorbereiten würde, nachdem ihm Mag. N Fotos einer anlässlich einer Hausdurchsuchung an das Bundesministerium für Finanzen gerichtete Sicherstellungsanordnung der WKStA vom 19.02.2021 übermittelt hatte.

Und zum anderen ist anzuzweifeln, dass der Beschuldigte vor dem Hintergrund der konkreten Umstände tatsächlich davon ausgehen konnte, dass es sich dabei lediglich um eine Kommunikation mit einem Freund handelte, von der er annehmen konnte, dass sie über den Kreis der Kommunikationspartner nicht hinausgehen werde, handelte es sich dabei doch um eine Kommunikation mit einem XXXX eines anderen Ministeriums, wobei er Ratschläge im Zusammenhang mit einem Verfahren der WKStA erteilte, das nicht gegen Mag. N sondern (unter anderen auch) gegen den Bundesminister für Finanzen geführt wurde.

Es stellt sich vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 und der dazu dargestellten Judikatur daher die Frage, ob es das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Erfüllung der allgemeinen Dienstpflichten im Sinne des § 43 Abs. 1 BDG 1979 gefährdet, wenn bekannt wird, dass ein für allgemeine Strafrechtsangelegen zuständiger XXXX des Justizministeriums dem XXXX eines anderen Ministeriums in der dargestellten Art und Weise Ratschläge erteilt, wie in einem laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren am besten gegen konkrete Maßnahmen der WKStA, aber auch gegen handelnde Justizorgane vorgegangen werden kann. Wenn der Beschuldigte dazu vorbringt, er habe lediglich zu Rechtsmittel geraten, wie sie in der StPO vorgesehen sind, so ist ihm zu entgegen, dass er ausdrücklich auch dazu aufgefordert hat, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den zuständigen Sachbearbeiter einzubringen.

Diese Frage ist nun aus folgenden Gründen zu bejahen:Für eine funktionierende Verwaltung ist nicht nur die Beachtung der geltenden Rechtsordnung Grundvoraussetzung, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit, dass die handelnden Organe in ihrem Amt rechtmäßig und unparteilich agieren. Dies gilt im besonderen Maße für den Justizbereich, weil die Handlungen und Entscheidungen ihrer Organe mitunter weitreichende Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten von Normadressaten haben. Dabei müssen sich auch Organe der Justizverwaltung ihrer Verantwortung für die Aufrechterhaltung eines solchen Vertrauens bewusst sein, insbesondere wenn sie eine hochrangige Position bekleiden, weil deren Handeln in der Öffentlichkeit auch oft zu Rückschlüssen auf das gesamte Justizsystem führt. Die dem Beschuldigten hier vorgeworfenen Handlungen erscheinen insofern geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, als sie in der Öffentlichkeit den Schluss zulassen, dass der Beschuldigte auch bei Erfüllung seiner unmittelbaren Aufgaben andere Interessen über jene seines Dienstes stellen könnte und damit generell nicht treu und unparteilich agiert. Gerade in einem derart brisanten Strafverfahren mit entsprechenden Medieninteresse, wie dem hier betroffenen, würde sich die Öffentlichkeit von einem unparteiischen hohen Funktionsträger der Justizverwaltung erwarten, dass er sich zumindest jeder aktiven, gegen Organe der eigenen Behörden gerichteten Einmischung enthält. In einer solchen Anforderung kann jedenfalls auch noch kein mit Art 10 EMRK unvereinbares Verbot, sachliche Kritik gegen das Vorgehen der WKStA zu üben, erblickt werden.

Zusammengefasst besteht damit der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte mit den ihm hier zum Vorwurf gemachten Tathandlungen zumindest fahrlässig ein Verhalten gesetzt hat, das durchaus geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung seiner Dienstlichen Aufgaben in nicht unmaßgeblichen Maße zu erschüttern, und er damit schuldhaft gegen seine Dienstpflicht nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen hat. Eine endgültige Klärung dem allenfalls noch zu führenden Disziplinarverfahren vorbehalten.

Zu Tatvorwurf 4:

Zu diesem Tatvorwurf hat die Bundesdisziplinarbehörde zunächst richtig erkannt, dass in der Unterlassung, die wiederkehrende Zusendung von ungeschwärzten Aktenbestandteilen aus verschiedenen Verfahren, für deren Bearbeitung er nicht zuständig war, zu unterbinden, keine Verletzung der Treuepflicht nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 zu erkennen ist, weil dem Beschuldigten zu diesem Zeitpunkt keine Dienstaufsicht über die OStA mehr zukam und damit ein direkter Zusammenhang mit seinen dienstlichen Aufgaben nicht gegeben war. Eine Handlungspflicht im Sinne einer Zurückweisung solcher Aktenübermittlungen lässt sich daher tatsächlich nicht aus der Treuepflicht ableiten.

In weiterer Folge hat es weiter richtig erkannt, die Untätigkeit des Beschuldigten eine Verletzung der Meldepflicht gemäß § 53 Abs 1 BDG 1979 darstellen kann, wonach jeder Beamte, dem in Ausübung seines Dienstes der begründete Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung bekannt wird, die den Wirkungsbereich seiner Dienststelle betrifft, dies unverzüglich dem Leiter/der Leiterin der Dienststelle zu melden hat.

Ein solcher Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung liegt im gegenständlichen Fall vor, weshalb die StA Wien gegen LOStA Mag. F auch ein strafgerichtliches Ermittlungsverfahren wegen § 310 Abs. 1 StGB eingeleitet hat. Wie im Zuge der Beweiswürdigung dargestellt, fanden sich auf dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers ein ungeschwärzter Beschluss des Oberlandesgerichts Wien zu 21 Bs 28/20a sowie eine Vielzahl von Vorschaubildern von Dokumenten, die aus dem Verschlussakt 17 St 5/ 19d stammen. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei um nicht allgemein bekannte Dokumente handelte. Ebenso ist grundsätzlich auch vom Vorliegen von berechtigten öffentlichen und/oder rechtlichen Interesses an der Geheimhaltung auszugehen. Dem Beschuldigten musste zum Übermittlungszeitpunkt auch klar sein, dass er in konkreten XXXX keine Zuständigkeiten mehr hatte, die eine Übermittlung solcher Dokumente an ihn gerechtfertigt hätte.

Der Einwand des Beschuldigten, dass ein dienstliches Interesse am Erhalt dieser Dokumente insofern bestehen würde, als er als XXXX auch für die Erlässe betreffend die Anwendung der StPO zuständig sei und aus der ihm von LOStA F übermittelten Nachricht seiner Ansicht nach ausdrücklich hervorgehe, dass dieser ihm ein Dokument zur Qualitätssicherung übermittelt habe, vermag – wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt - aus zwei Gründen nicht zu überzeugen. Zu einen wäre dem Beschuldigten in einem solchen Zusammenhang auch mit der Übermittlung von geschwärzten Ausfertigungen solcher Dokumente gedient und zum anderen erscheint eine sinnvolle weitere Bearbeitung bzw. Berücksichtigung der übermittelten Dokumente in legistischer Hinsicht durch den Beschuldigten oder Mitarbeiter XXXX nur schwer vorstellbar, wenn diese per selbstlöschender Signalnachricht übermittelt werden und allenfalls nur mehr ein Vorschaufoto wiederhergestellt werden kann.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschuldigte aufgrund seines langjährigen Dienstes ein ausgewiesener Experte des XXXX ist, ist davon auszugehen, dass auch er die strafrechtliche Relevanz dieser Aktenübermittlungen erkennen musste. Es besteht daher der ein ausreichend begründeter Verdacht, dass es der Beschuldigte nach Erhalt der oben angeführten Dokumente pflichtwidrig unterließ, dem Leiter der Dienststelle eine entsprechende Meldung gemäß § 53 Abs. 1 BDG 1979 zu erstatten.

Zusammengefasst besteht der ausreichend begründete Verdacht, dass der Beschuldigte mit dem ihm zum Vorwurf gemachten Tathandlungen in drei Fällen seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat. Dabei handelt es sich insbesondere bei Tatvorwurf 2 jedenfalls um den Verdacht einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung, die zudem auch den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung begründet. Der Verdacht ist insofern ausreichend begründet, weil sich aus den im Akt aufliegenden umfangreichen Beweismittel hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, aus welchen mit entsprechender Wahrscheinlichkeit auf die ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen geschlossen werden kann. Ein endgültiger Nachweis der Dienstpflichtverletzungen ist für die Frage der Suspendierung nicht erforderlich; ob ein solcher erbracht werden kann, ist im noch zu führenden Disziplinarverfahren durch die Disziplinarbehörde zu klären.

Eine Suspendierung wäre aber allenfalls dann unzulässig, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens (§ 118 Abs. 1 BDG 1979) vorliegen würden. Das gegenständliche Verfahren hat jedoch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher offenkundiger Einstellungsgründe ergeben.Bleibt noch zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Suspendierung nach § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 vorliegen. Wie bereits ausgeführt, setzt die Verfügung der Suspendierung den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen voraus, die wegen "ihrer Art" bei einer Weiterbelassung des Beschuldigten im Dienst das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährden. Es können daher nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei schwerer Belastung des Betriebsklimas.

Im gegenständlichen Fall ist dem Disziplinaranwalt zuzustimmen, wenn er vorbringt, dass die vorliegenden Beweismittel den Verdacht von insgesamt schwerwiegenden Pflichtverletzungen begründen, sodass bei einer Weiterbelassung des Beschuldigten im Dienst bis zu endgültigen Klärung der strafrechtlichen und insgesamt schwerwiegenden disziplinarrechtlichen Vorwürfe mit einer weiteren Gefährdung des Ansehens des Amtes zu rechnen wäre. Tatsächlich muss hier auch eine weitere Schädigung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Justiz befürchtet werden, wenn ein derart hoher Funktionsträger der Justizverwaltung im Verdacht steht, eine gerichtlich strafbare Handlung und mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, und bis zur abschließenden Klärung der Angelegenheit seinen Dienst als XXXX und Vorgesetzter im Justizministerium versehen weiter würde. Bereits darin ist im gegenständlichen Fall ein ausreichend gerechtfertigtes dienstliches Interesse im Sinne des § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 zu erkennen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 liegen somit insgesamt vor.

Zu Spruch 1)

Abweisung der Beschwerde des Beschuldigten gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Justiz vom 25.02.2021:Wie oben ausgeführt hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung des Beschuldigten ausschließlich auf den Tatvorwurf 1 gestützt. Der Beschuldigte hat in der dagegen eingebrachten Beschwerde zunächst vorgebracht, dass insofern ein Verfahrensmangel vorliege, weil es die Dienstbehörde verabsäumt habe, ihm vor Erlassung des bekämpften Bescheides entsprechend §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG Parteiengehör einzuräumen. Der Verfahrensmangel sei im vorliegenden Fall wesentlich, weil der er im Zuge des Parteiengehörs in der Lage gewesen wäre, den der vorläufigen Suspendierung zu Grunde gelegten Tatvorwurf durch Vorlage entsprechender Beweismittel zu entkräften. Diesbezüglich ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben. Gemäß § 105 BDG 1979 sind die Bestimmungen der §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG betreffend das Recht auf Parteiengehör auch im Suspendierungsverfahren anzuwenden. Die Dienstbehörde wäre daher verpflichtet gewesen, dem Beschuldigten vor Erlassung des Bescheides Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Dem steht auch die Bestimmung des § 109 Abs. 1 BDG 1979 nicht entgegen, wonach sich der Dienstvorgesetzte jeder weiteren Erhebung zu enthalten hat, wenn der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung begründet, weil die Einräumung von Parteiengehör nicht mit solchen Erhebungen gleichzusetzen ist.Wenn der Beschuldigte in diesem Zusammenhang nun weiter vorbringt, dass bereits dieser Verfahrensmangel zur Aufhebung des Bescheides führen müsste, so ist ihm entgegenzuhalten, dass entsprechend er ständigen Rechtsprechung des VwGH Verfahrensfehler der Behörde, wie die Verletzung des Rechts auf Parteiengehör durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht geheilt sind (siehe schon VwGH 13.12.1979, 3175/79, zuletzt VwGH 28.03.2012, 2009/08/0084). Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Angelegenheit eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gegeben, zu den vorliegenden Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen. Der gerügte Verfahrensmangel der belangten Behörde ist damit geheilt.Wie sich nun im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herausgestellt hat, ist der Beschuldigte auch mit seinem Vorbringen im Recht, dass hinsichtlich des der vorläufigen Suspendierung zugrundeliegenden Tatvorwurfs 1 kein ausreichend begründeter Verdacht besteht, um eine vorläufige Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 zu rechtfertigen. Die weiteren Anschuldigungspunkte (Tatvorwürfe 2- 4) wurden dem Beschuldigten erst mit Nachtragsdisziplinaranzeige vom 14.03.2021 zum Vorwurf gemacht und waren noch nicht Gegenstand der vorläufigen Suspendierung. Aber vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des VwGH zu § 28 VwGVG kann dieser Umstand nicht automatisch zu einer ersatzlosen Behebung des Bescheides führen. Denn das Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache zu entscheiden (vgl. nur etwa VwGH 28.1.2020, Ra 2019/03/0076); es hat dabei seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. nur etwa VwGH 22.1.2021, Ra 2019/03/0081).

Und wie oben ausführlich dargestellt, hat das gegenständliche Verfahren auf Grundlage der aktuell vorliegen Sach- und Rechtslage ergeben, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Suspendierung nach § 112 Abs. Z 3 BDG 1979 des Beschuldigten insgesamt vorliegen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruch 2.

Stattgabe der Beschwerde des Disziplinaranwalts und Suspendierung des Beschuldigten gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979:Wie das oben ausführlich dargestellte Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben hat, war die Beschwerde des Disziplinaranwalts insofern berechtigt, als im gegenständlichen Fall entgegen der Ansicht der Bundesdisziplinarbehörde die gesetzlichen Voraussetzungen des § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 für eine Suspendierung des Beschuldigten vorliegen. Der beschwerdegegenständliche Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde war daher zu beheben und der Beschuldigte gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständlichen Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

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