Normen
BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
LDG 1984 §80 Abs1 impl;
BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §118 Abs1;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
LDG 1984 §80 Abs1 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Universitätsassistentin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Rektors der Universität Wien vom 7. Dezember 2000 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 112 Abs. 1 des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) vorläufig vom Dienst suspendiert. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
"Am 30.10.2000 ist es zu einem Vorfall gekommen, in dessen Verlauf Frau Dr. P in einem Laborraum des Inst.f.A ein von ihrem Vorgesetzten Prof.Dr. F gewünschtes Gespräch verweigerte. Sie versuchte Herrn Prof.Dr. F durch Zuhalten einer Türe den Zugang zu einem Laborraum des Institutes zu verweigern. In weiterer Folge wurde Herrn Prof.Dr. F von Frau Dr. P eine Wasserflasche ins Gesicht geworfen und mehrere Gegenstände unter anderem eine mit einem Methanol/Chloroform-Gemisch gefüllte Glasflasche wurden sogar nach eigener Aussage von Frau Dr. P von ihr 'durch die Gegend' geworfen. Die Chloroformflasche zerbrach, was in einem Laborbereich sehr leicht zu einem Unfall größeren Ausmaßes mit Gefährdung anderer Personen hätte führen können.
Da eine weitere Belassung von Frau Dr. P im Dienst das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährden würde, war spruchgemäß zu entscheiden."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil ihr vor dessen Erlassung überhaupt keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Sie habe kein Verhalten gesetzt, das die rechtliche Schlussfolgerung rechtfertigen würde, dass ihre weitere Belassung im Dienst das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes auf dem Gebiet der Universität Wien gefährden würden. Die belangte Behörde hätte sich ausschließlich auf Grund der Angaben des Prof. Dr. F gestützt. Der Vorfall in einem Laborraum genieße keine wie immer geartete Öffentlichkeitswirkung, sodass schon aus diesem Grund die von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung nicht gerechtfertigt sei. Die belangte Behörde hätte vielmehr das weitere Vorgehen der Disziplinarkommission oder des zuständigen Bezirkspolizeikommissariats abwarten müssen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Eine Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes bei der belangten Behörde und beim Vertreter der Beschwerdeführerin zeigte, dass die angefochtene vorläufige Suspendierung noch dem Rechtsbestand angehört.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des BDG 1979, BGBl. Nr. 333, i.d.F. BGBl. Nr. 137/1983, lauten:
"Suspendierung
§ 112. (1) Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.
(2) Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
..."
Die Suspendierung stellt - ebenso wie die nach denselben inhaltlichen Vorschriften zu verfügende vorläufige Suspendierung - als sichernde, bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zu treffende Maßnahme keine endgültige Lösung dar; sie steht im engen Zusammenhang mit dem Verdacht gegen einen Beamten, eine gravierende Dienstpflichtverletzung begangen zu haben und weist damit auch einen engen Nahebezug zum Disziplinarverfahren auf. Zwar ist im Verfahren betreffend die vorläufige Suspendierung nicht nachzuweisen, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte(n) Dienstpflichtverletzung(en) tatsächlich begangen hat, sondern genügt es, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer gewichtigen Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es hat auch keine (abschließende) Prüfung des Verschuldens oder des Grades des Verschuldens zu erfolgen (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. November 2001, Zl. 2001/09/0111).
Jene Behörde, welche über die (vorläufige) Suspendierung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn/sie vorläufig an der Ausübung seines/ihres weiteren Dienstes zu hindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z. B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0163, und vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0093). Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die in der Regel zur Disziplinarstrafe der Entlassung (§ 70 Abs. 1 Z. 4 LDG 1984) führen. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.
Es ist eine Suspendierung insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0105). Auch bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 112 Abs. 1 BDG 1979 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt (vgl. zum Ganzen das bereits angeführte, zum - mit § 112 Abs. 1 BDG 1979 weitgehend inhaltsgleichen - § 80 Abs. 1 LDG 1984 ergangene hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2001, Zl. 2001/09/0111, m. w.N.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Die Beschwerdeführerin tritt den im angefochtenen Bescheid erfolgten Feststellungen des verfahrensgegenständlichen Vorfalls nicht entgegen. Sie meint aber, er habe keine wie immer geartete Öffentlichkeitswirkung gehabt, weshalb die Voraussetzungen zur Verfügung der vorläufigen Suspendierung nicht gegeben gewesen seien.
Damit zeigt die Beschwerdeführerin jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin war nämlich - indem sie im Laborraum einer Universität eine Glasflasche mit einer gefährlichen Flüssigkeit 'durch die Gegend' warf - ungeachtet der Frage, ob und inwieweit diese Handlung nun tatsächlich in die Öffentlichkeit gedrungen ist - offenkundig geeignet, das Ansehen des Amtes und auch der Universität zu gefährden. Sie war überdies auch dazu geeignet, wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden, weil es den dienstlichen Interessen, insbesondere auch an einem reibungslosen Betriebsklima, offensichtlich entgegenläuft, wenn sich eine wissenschaftliche Beamtin gegenüber anderen Universitätsangehörigen auf die festgestellte Weise - ungeachtet des in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Verhaltens des Vorgesetzten der Beschwerdeführerin - verhält. Hiebei ist nicht von entscheidender Bedeutung, ob ihr Verhalten der Öffentlichkeit tatsächlich bekannt geworden ist oder in dieser allenfalls besonderes Aufsehen erregt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 95/09/0186).
Soweit die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vorwirft, diese habe es unterlassen, ihr vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Parteiengehör einzuräumen, ermangelt dieser Verfahrensrüge die Relevanz, weil die Beschwerdeführerin nicht aufzeigt, auf Grund welcher, bei Einräumung des gewünschten Parteiengehörs getroffener Feststellungen die Erlassung des angefochtenen Bescheides unterblieben wäre.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. Juni 2002
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