VwGH 2006/09/0240

VwGH2006/09/024015.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. A.B. in X, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 30. Oktober 2006, Zl. 80/8-DOK/06, betreffend Suspendierung nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §112 Abs1 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs3 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs5 idF 1983/137;
BDG 1979 §46 Abs1;
BDG 1979 §46;
BDG 1979 §59 Abs1;
BDG 1979 §59;
GehG 1956 §13;
EMRK Art6;
StGB §304;
VwGG §39 Abs2 Z6;
BDG 1979 §112 Abs1 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs3 idF 1983/137;
BDG 1979 §112 Abs5 idF 1983/137;
BDG 1979 §46 Abs1;
BDG 1979 §46;
BDG 1979 §59 Abs1;
BDG 1979 §59;
GehG 1956 §13;
EMRK Art6;
StGB §304;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1960 geborene Beschwerdeführer steht als General in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war bis zu seiner Suspendierung im Bereich der Bundespolizeidirektion X tätig.

Mit Bescheid des Polizeipräsidenten vom 9. August 2006 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert. Begründet wurde dies damit, dass nach einem Bericht des Bundesministeriums für Inneres/Büro für interne Angelegenheiten Unterlagen sichergestellt worden seien, die den begründeten Tatverdacht ergäben, dass der Beschwerdeführer zumindest seit 1998 wiederholt und regelmäßig geldwerte Leistungen von mehreren tausend Euro (Einzelbeträge nicht unter EUR 2.000,--) als "Geschenk" von Verantwortlichen einer Bank unrechtmäßig entgegen genommen habe. Diese Faktenlage habe u.a. durch Einvernahmen von Zeugen, sonstige Ermittlungen, insbesondere aber durch konkret angeordnete gerichtliche Maßnahmen (Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme von sachdienlichen Unterlagen bei mehreren relevanten Stellen) erhärtet werden können. Der Beschwerdeführer stehe somit im dringenden Verdacht, Verbrechen/Vergehen nach §§ 304, 302 bzw. §§ 12 i.V.m. 153 StGB begangen zu haben. Es bestehe der begründete Verdacht der Begehung von schwer wiegenden Dienstpflichtverletzungen und es bestehe ein besonderer Funktionsbezug, zumal die gerichtlich strafbaren Handlungen, derer der Beschwerdeführer verdächtig sei, im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers begangen worden seien, in Anbetracht seiner derzeitigen Funktion würde seine Belassung im Dienst das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährden.

Mit Bescheid vom 29. August 2006 beschloss die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, den Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 wegen folgenden Verdachtes vom Dienst zu suspendieren (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"1. er habe dem Journalisten des Profil E.B. im Rahmen

eines Gespräches am 07.06.2006 Teile der

Telefonüberwachungsprotokolle mit dem Anschlussteilnehmer

Hofrat Dr. G. aus dem Strafverfahren W.B. von seinem dienstlichen

Laptop vorgespielt,

2. er habe als Beamter und Landespolizeikommandant des

LPK X die Razzia vom 24.03.2006, welche in der FKK Sauna 'G.T.' in

W., K-Gasse 1 stattgefunden hat, bereits im Vorfeld gegenüber

Medienvertretern angekündigt,

3. er habe Aktenteile aus dem Akt, in dem auch R.F.

als Verdächtiger niederschriftlich vernommen wurde, an

Journalisten weitergegeben,

4. er habe ab 1998 unrechtmäßig, wiederholt und

regelmäßig Reisegutscheine im Wert von mehreren tausend Euro, die

ihm von Verantwortlichen der B. offensichtlich geschenkt worden

waren, angenommen und verwertet,

5. er habe seinen dienstlichen Laptop sorgfaltswidrig

im Kofferraum des von ihm lediglich geliehenen PKW der Marke Mercedes SL 600, zugelassen auf die Fa. A. Holding GmbH, in der öffentlichen Tiefgarage Y ungesichert längere Zeit verwahrt und dadurch gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht im Umgang mit dienstlichem Equipment verstoßen,

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG, § 46 Abs. 1, § 59 Abs. 1 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i. d.g.F. begangen, ..."

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass sich der Verdacht der Begehung schwer wiegender Dienstpflichtverletzungen gegen den Beschwerdeführer aus der Disziplinaranzeige der Sicherheitsdirektion für das Bundesland X vom 21. August 2006 ergebe. Demnach habe das Bundesministerium für Inneres, Büro für interne Angelegenheiten, dem Polizeipräsidenten in X am 1. Juli 2006 das Zwischenergebnis von Ermittlungen gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Abs. 1 StGB und der Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäß § 310 Abs. 1 StGB übermittelt. Diesem Zwischenbericht seien mehrere Unterlagen angeschlossen gewesen, eine Niederschrift mit dem Beschwerdeführer vom 30. Juni 2006, eine Niederschrift mit einem ihm ständig zugeteilten Kraftfahrer, zwei weitere Berichte des Büros für interne Angelegenheiten, eine Gesprächsnotiz betreffend ein Telefonat von Beamten des Büros für interne Angelegenheiten mit dem Zeugen F. vom 1. Juli 2006 sowie die Kopie eines Berichts einer Wochenzeitschrift vom 12. Juni 2006 mit dem Titel "Der Kampf der Häuptlinge". Demnach werde der Beschwerdeführer von einem Journalisten beschuldigt, diesem im Rahmen eines Gespräches Teile von Telefonüberwachungsprotokollen aus einem Strafverfahren von seinem dienstlichen Laptop vorgespielt zu haben. Dieser Laptop habe sich ohne weitere Sicherung in einem in einer öffentlichen Tiefgarage abgestellten Pkw, welcher dem Beschwerdeführer leihweise für eine Woche zur privaten Nutzung von einem Freund überlassen worden sei, befunden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, er hätte die CD von F. ausgehändigt bekommen, letzterer habe diese Aussage bestätigt. Der Beschwerdeführer habe angegeben, mit dem angeführten Journalisten mehrmals gesprochen zu haben, der Beschwerdeführer habe aber bestritten, dem Journalisten Gespräche vorgespielt zu haben, auch die übrigen Vorwürfe habe der Beschwerdeführer bestritten. Zum Verdachtspunkt 4. liege noch keine Rechtfertigung des Beschwerdeführers vor. Der Verdacht, polizeiliche bzw. polizeiinterne Informationen - welcher Art auch immer - an Medienvertreter weitergegeben sowie Reisegutscheine rechtswidrig im Wert von mehreren tausend Euro entgegen genommen zu haben, sei geeignet, achtungs- und ansehensmindernd sowie auch innerdienstlich vertrauensmindernd zu wirken und eine Suspendierung zu rechtfertigen, stehe doch der Beschwerdeführer damit im Verdacht, gerade jene Rechtsgüter (Wahrung des Amtsgeheimnisses) verletzt zu haben, zu deren Schutz er als Exekutivbeamter - und Leiter des LPK - berufen sei. Ein Exekutivbeamter, der ein solches Verhalten setze, wäre auf Grund der schweren Belastung des Vertrauensverhältnisses untragbar. Aus dem bisher bekannten Sachverhalt und dem ermittelten Beweisergebnis ergebe sich der Verdacht schwer wiegender Dienstpflichtverletzungen. Die spezifische Art der zur Last gelegten gerichtlichen Delikte bzw. der schweren Dienstpflichtverletzungen würde bei Belassung des Beschwerdeführers im Dienst das Ansehen des Amtes und auch wesentliche Interessen des Dienstes schwerstens gefährden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass aus dem Akt zu den einzelnen Vorwürfen - mit Ausnahme des Punktes 5. - keinerlei Tatsachen ersichtlich seien. Es seien nur Behauptungen über das Vorliegen von Tatsachen, nicht aber Tatsachen selbst aus dem Akt ersichtlich. Zeitungsartikel könnten keine solchen Tatsachen darstellen. Im Akt befände sich kein Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer Reisegutscheine im Zusammenhang mit der pflichtwidrigen oder pflichtgemäßen Vornahme von Amtsgeschäften entgegen genommen habe. Die Behörde erster Instanz habe die Disziplinaranzeige ohne weitere Prüfung zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen und sie habe eigene Ermittlungen und eine kritische Auseinandersetzung mit den Vorwürfen unterlassen. Die Vorwürfe des Journalisten seien offensichtlich als Racheakt zu werten. Die Bekanntgabe der Razzia sei durch die Pressestelle der BPD X genehmigt gewesen, dies habe die Behörde erster Instanz überhaupt nicht berücksichtigt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2006 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 105 BDG 1979 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung allein in dem funktionalen Bedürfnis liege, noch vor Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung und der abschließenden Entscheidung über eine angemessene Disziplinarstrafe eine möglichst rasche, den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu setzen. Im Hinblick auf die "vorübergehende" Funktion der Suspendierung könne an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides, was die Vollständigkeit der die Maßnahme rechtfertigenden Feststellungen anlange, nicht der gleich strenge Maßstab angelegt werden, der für das Disziplinarerkenntnis selbst zu gelten habe, es könne also im Hinblick auf die Sicherungsfunktion der Suspendierung, über die im Bedarfsfall rasch zu entscheiden sei, an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung gewertet werde, müsse nur in groben Umrissen beschrieben werden, ferner seien die Verdachtsmomente darzulegen. Zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe einem Journalisten Telefonüberwachungsprotokolle von seinem dienstlichen Laptop vorgespielt, führte die belangte Behörde aus, dass der nicht unglaubwürdige Belastungszeuge, nämlich der Journalist, eine Aussage dahin gemacht habe, auch hätten sich unbestritten auf einer im Laptop des Beschwerdeführers befindlichen CD-Rom Tondateien betreffend diese Telefonüberwachung befunden. Der die Suspendierung tragende schwer wiegende Verdacht, dass der Beschwerdeführer seine Geheimhaltungspflicht verletzt habe, sei daher ausreichend plausibel und substanziiert.

Zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe als Beamter und Landespolizeikommandant eine Razzia bereits im Vorfeld gegenüber Medienvertretern angekündigt, führte die belangte Behörde aus, aus einem Schreiben des F. dürfte hervorgehen, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Genehmigung der Bekanntgabe der besagten Razzia durch die Pressestelle bestritten werde und daher nicht gegeben gewesen sei. Der Verdacht einer diesbezüglichen Dienstpflichtverletzung sei daher begründet.

Zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe Aktenteile aus einem Akt, in dem auch R.F. als Verdächtiger niederschriftlich vernommen worden sei, an Journalisten weitergegeben, führte die belangte Behörde aus, dass dieses Verdachtsmoment allein in der Tat nicht ausreichend sei, eine Suspendierung zu tragen, woraus sich jedoch angesichts der vorliegenden übrigen drei schwer wiegenden Verdachtsmomente für den Beschwerdeführer nichts gewinnen lasse.

Zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe ab 1998 unrechtmäßig, wiederholt und regelmäßig Reisegutscheine im Wert von mehreren tausend Euro, die ihm vom Verantwortlichen der B. offensichtlich geschenkt worden seien, angenommen und verwertet, führte die belangte Behörde aus, dass vom zuständigen Büro für interne Angelegenheiten Unterlagen sichergestellt worden seien, die den diesbezüglichen begründeten Tatverdacht ergeben hätten. Zwar sei dem Beschwerdeführer durchaus zuzubilligen, dass er derzeit nicht im Verdacht stehe, für die Geschenke pflichtwidrig amtsgehandelt zu haben. Jedoch sei auch der Verdacht der bloßen Geschenkannahme, die gemäß § 304 StGB durchaus strafrechtlich relevant sein könne, geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit und somit auch das Ansehen des Dienstes schwer zu schädigen und zu gefährden, da auch der bloße Anschein von Korruption vermieden werden solle. Die vom Beschwerdeführer beigelegte Stellungnahme sei nicht geeignet, den Verdacht auszuräumen.

Zum Verdacht, der Beschwerdeführer habe seinen dienstlichen Laptop sorgfaltswidrig im Kofferraum eines von ihm lediglich geliehenen Pkw in einer öffentlichen Tiefgarage ungesichert längere Zeit verwahrt, führte die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer sei dahingehend Recht zu geben, dass dieser Verdacht jedenfalls nicht ausreiche, eine Suspendierung zu tragen, woraus sich im vorliegenden Fall angesichts der übrigen Verdachtsmomente jedoch für den Beschwerdeführer nichts gewinnen lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte Kopien von Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 112 BDG 1979 (Abs. 1 bis 3 und 5 in der Fassung BGBl. Nr. 137/1983, Abs. 4 Satz 1 in der Fassung BGBl. Nr. 237/1987 und des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, Ersetzung des Wortes "Haushaltszulage" durch "Kinderzulage") und Abs. 6 in der Fassung der BDG-Novelle 1989, BGBl. Nr. 346) lautet auszugsweise:

"Suspendierung

§ 112. (1) Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.

(2) Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.

(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(4) Jede durch Beschluss der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung hat die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluss der Kinderzulage -

auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. ...

(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission), bei der das Disziplinarverfahren anhängig ist, unverzüglich aufzuheben.

(6) Die Berufung gegen die Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung. Über die Berufung hat die Disziplinaroberkommission ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen zwei Monaten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden."

Die §§ 46 und 59 BDG 1979 lauten:

"Amtsverschwiegenheit

§ 46. (1) Der Beamte ist über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

(2) Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses.

(3) Hat der Beamte vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde auszusagen und lässt sich aus der Ladung erkennen, dass der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte, so hat er dies seiner Dienstbehörde zu melden. Die Dienstbehörde hat zu entscheiden, ob der Beamte von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu entbinden ist. Sie hat dabei das Interesse an der Geheimhaltung gegen das Interesse an der Aussage abzuwägen, wobei der Zweck des Verfahrens sowie der dem Beamten allenfalls drohende Schaden zu berücksichtigen sind. Die Dienstbehörde kann die Entbindung unter der Voraussetzung aussprechen, dass die Öffentlichkeit von dem Teil der Aussage, der den Gegenstand der Entbindung bildet, ausgeschlossen wird.

(4) Lässt sich hingegen aus der Ladung nicht erkennen, dass der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte, und stellt sich dies erst bei der Aussage des Beamten heraus, so hat der Beamte die Beantwortung weiterer Fragen zu verweigern. Hält die vernehmende Behörde die Aussage für erforderlich, so hat sie die Entbindung des Beamten von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu beantragen. Die Dienstbehörde hat gemäß Abs. 3 zweiter bis vierter Satz vorzugehen.

(5) Im Disziplinarverfahren ist weder der Beschuldigte noch die Disziplinarbehörde oder der Disziplinaranwalt zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

...

Geschenkannahme

§ 59. (1) Dem Beamten ist es untersagt, im Hinblick auf seine amtliche Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder einen sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen.

(2) Orts- oder landesübliche Aufmerksamkeiten von geringem Wert gelten nicht als Geschenke im Sinne des Abs. 1.

(3) Ehrengeschenke darf der Beamte entgegennehmen. Er hat seine Dienstbehörde hievon in Kenntnis zu setzen. Untersagt die Dienstbehörde innerhalb eines Monates die Annahme, so ist das Ehrengeschenk zurückzugeben."

Die Suspendierung ist ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.

Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. zum Ganzen mit ausführlichen Verweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 29. November 2002, Zl. 95/09/0039).

Auf Grund dieser Funktion der Suspendierung und ihres Zusammenhanges mit dem Disziplinarverfahren ist etwa eine Suspendierung unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0105). Auch reichen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bloße Gerüchte und vage Vermutungen für eine Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung von ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 16. Oktober 2001, Zl. 2001/09/0111, und vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0086, mit ausführlichen weiteren Nachweisen).

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil hinsichtlich jener drei Verdachtsmomente, wegen welcher die belangte Behörde letztlich die Suspendierung des Beschwerdeführers als gerechtfertigt erachte, keine ausreichenden Verdachtsmomente vorlägen.

Hinsichtlich des Verdachtes, der Beschwerdeführer habe einem Journalisten am 7. Juni 2006 Telefonüberwachungsprotokolle von seinem dienstlichen Laptop vorgespielt, hält der Beschwerdeführer deswegen keinen ausreichenden Verdacht einer Dienstpflichtverletzung für gegeben, weil bereits in der Ausgabe der Zeitschrift N. vom 6. April 2006 ein Artikel erschienen sei, in welchem auf Telefonüberwachungsprotokolle Bezug genommen und der Inhalt von eben jenen Gesprächen wiedergegeben worden sei, die in einem späteren Artikel einer anderen Wochenzeitschrift unter dem Titel "Der Kampf der Häuptlinge" wiedergegeben worden seien. Daraus gehe hervor, dass der Beschwerdeführer durch das Vorspielen von überwachten Telefongesprächen kein Amtsgeheimnis mitgeteilt habe, weil der Inhalt der Gespräche bereits der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, diesbezügliche Ermittlungen vorzunehmen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer deswegen keine Rechtswidrigkeit hinsichtlich des Verdachtsmomentes 1. des angefochtenen Bescheides auf, weil aus dem Umstand, dass in einer Zeitschrift Auszüge aus Telefongesprächen wiedergegeben sind, nicht der Schluss gezogen werden kann, dass der vom Beschwerdeführer dem Journalisten vorgespielte Inhalt der Gespräche und die Originaltonaufnahme der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 BDG 1979 nicht mehr unterlag. Im Übrigen wird das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Inhalt der von ihm einem Journalisten vorgespielten Telefongespräche sei bereits auszugsweise vorher in einer Wochenzeitschrift wiedergegeben worden, erstmals in der Beschwerde erhoben und unterliegt daher dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot; der belangten Behörde kann insoferne kein Vorwurf gemacht werden, sie hätte dieses Vorbringen bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht beachtet. Es ist daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Faktum 1. das Vorliegen eines ausreichend substanziierten Verdachtsmomentes als gegeben erachtet hat.

Hinsichtlich des Verdachtes, der Beschwerdeführer habe eine bestimmte Razzia bereits im Vorfeld gegenüber Medienvertretern angekündigt, hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die Teilnahme von Medienvertretern bei der Razzia durch die Pressestelle der Bundespolizeidirektion X offiziell genehmigt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach der Aktenlage wurde vom Beschwerdeführer zum einen nämlich zunächst bestritten, den Termin der Razzia Medienvertretern bekannt gegeben zu haben, zum anderen ist im Verfahren kein Hinweis darauf ersichtlich, die Pressestelle der BPD X hätte die Teilnahme von Medienvertretern bei der gegenständlichen Razzia tatsächlich genehmigt, der Beschwerdeführer hat sein diesbezügliches Vorbringen nicht substanziiert. Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde daher ohne Rechtsirrtum vom Vorliegen des von ihr bezeichneten Verdachtes - und in diesem Stadium des Verfahrens ging es nur um einen Verdacht - ausgehen.

Letztlich hält der Beschwerdeführer auch den gegen ihn erhobenen Verdacht, er habe ab 1998 unrechtmäßig, wiederholt und regelmäßig Reisegutscheine im Wert von mehreren tausend Euro die ihm von Verantwortlichen der Bank geschenkt worden wären, angenommen und verwertet.

Hier führt der Beschwerdeführer aus, es fänden sich keinerlei Hinweise dafür, er habe den Tatbestand des § 304 StGB verwirklicht. Damit zeigt der Beschwerdeführer deswegen keine Rechtswidrigkeit auf, weil sich der Tatbestand des § 304 StGB in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung vom Tatbestand des § 59 BDG 1979, wonach es dem Beamten untersagt ist, im Hinblick auf seine amtliche Stellung für sich oder einen Dritten ein Geschenk, einen anderen Vermögensvorteil oder sonstigen Vorteil zu fordern, anzunehmen oder sich versprechen zu lassen, und davon nach dem Abs. 2 der angeführten Gesetzesstelle nur orts- und landesübliche Aufmerksamkeiten von geringem Wert ausgenommen sind, unterscheidet. Nach § 59 BDG 1979 ist eine Geschenkannahme auch dann verboten, wenn kein Zusammenhang mit der Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes besteht. Auch hinsichtlich dieses Verdachtsmomentes durfte die belangte Behörde daher ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, dass ein ausreichend substanziierter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung gegen den Beschwerdeführer bestand.

Die belangte Behörde durfte vor dem Hintergrund der Aktenlage im vorliegenden Fall vielmehr durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass die dem Beschwerdeführer im Verdachtsbereich zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen die Maßnahme der Suspendierung erforderten, diese Dienstpflichtverletzungen umfassten nämlich die gravierenden Vorwürfe der Entgegennahme von Geldleistungen sowie der Verletzung des Amtsgeheimnisses. Eine derartige Vorgangsweise eines Sicherheitswachebeamten war offenkundig geeignet, das Ansehen des Amtes und darüber hinaus auch der Sicherheitsbehörden insgesamt zu gefährden, wobei im vorliegenden Fall noch hinzukommt, dass der Beschwerdeführer in leitender Funktion tätig war. Die Belassung im Dienst angesichts derartiger Verdachtsmomente wäre daher geeignet gewesen, wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden, sodass die Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 BDG 1979 zulässig war.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durfte im vorliegenden Fall gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben. Art. 6 EMRK steht dem angesichts der Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in den Rechtssachen Pellegrin v. France (GK), Nr. 28541/95, ECHR 1999-VIII, vom 19. April 2007, Eskelinen and Others v. Finland (GK), Nr. 63235/00, und dem Beschluss vom 9. Februar 2006, Helmut Rabus v. Germany, Nr. 43371/02, nicht entgegen. Auch ist im Übrigen zu bedenken, dass es sich bei der Suspendierung um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende, bloß vorläufige, auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme handelt, mit der nicht abschließend über das Bestehen des Dienstverhältnisses entschieden wird (vgl. § 112 Abs. 5 BDG 1979, wonach Suspendierung spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens endet, und § 13 des Gehaltsgesetzes, wonach die infolge der Suspendierung einbehaltenen Bezüge nachzuzahlen sind, wenn über den Beamten keine Geldstrafe oder Entlassung ausgesprochen wurde, vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2007/09/0108, zur Wiener Dienstordnung).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 15. Mai 2008

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte