Normen
DO Wr 1994 §94 Abs2;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;
DO Wr 1994 §94 Abs2;
DO Wr 1994 §94 Abs8;
DO Wr 1994 §94 Abs9;
EMRK Art6;
VwGG §39 Abs2 Z6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. April 2007 wurde die Beschwerdeführerin, welche bis dahin als Krankenschwester in der chirurgischen Abteilung eines Wiener Gemeindekrankenhauses Dienst versehen hat, gemäß § 94 Abs. 2 der Dienstordnung 1994 (DO), LGBl. für Wien Nr. 56, vom Dienst suspendiert. Sie stehe im Verdacht, mehreren Patienten zu verschiedenen, näher bezeichneten Zeiten ohne ärztliche Verschreibung Medikamente verabreicht zu haben, eine dieser Verabreichungen vorgenommen zu haben, "damit der Nachtdienst etwas zu 'hackeln' hätte", weiters Kolleginnen ein Medikament in deren Kaffee gegeben zu haben, sodass diese massive Magen- und Darmbeschwerden bekommen hätten, sowie vor anderen Krankenschwestern gegen Kollegen gerichtete Handlungen angekündigt zu haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dienstordnung 1994, LGBl. Nr. 56/1994 (DO 1994) in der Fassung LGBl. Nr. 42/06, lauten:
"§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.
§ 94. (1) Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung(en) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, hat der Magistrat die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unter Anschluss einer Sachverhaltsdarstellung unverzüglich der Disziplinarkommission im Wege des Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dem Disziplinaranwalt schriftlich mitzuteilen. Bis zur Entscheidung der Disziplinarkommission kann der Magistrat die vorläufige Suspendierung wegen Wegfalls der Umstände, durch die sie veranlasst worden ist, aufheben. Gegen diese Aufhebung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wurde die vorläufige Suspendierung nicht bereits vom Magistrat aufgehoben, hat die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob sie aufzuheben oder ob die Suspendierung zu verfügen ist. Die Senatszuständigkeit richtet sich nach den Bestimmungen der §§ 83 und 100 Abs. 1a und 1b. Mit der Suspendierung endet die vorläufige Suspendierung.
(3) Ist bereits ein Disziplinarverfahren wegen eines Sachverhaltes, der auch einer nach Abs. 1 zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung zu Grunde liegt, bei der Disziplinarkommission (beim Dienstrechtssenat) anhängig, hat diese (dieser) bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
(4) Während der Dauer einer Suspendierung verkürzt sich der Monatsbezug des Beamten - unter Ausschluss der Kinderzulage - um ein Drittel. Der Magistrat kann auf Antrag des Beamten die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, oder zur Vermeidung eines nicht wiedergutzumachenden Schadens erforderlich ist. Die Verfügung der Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung wird mit dem ersten Tag der Suspendierung wirksam, wenn der Antrag binnen zwei Wochen ab Erlassung des Suspendierungsbescheides gestellt wird, sonst mit dem Tag der Antragstellung. Gegen die Entscheidung des Magistrats ist kein Rechtsmittel zulässig.
(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss (der Einstellung) des Disziplinarverfahrens. Wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 95 Abs. 3a teilweise fortgeführt, gilt das Disziplinarverfahren erst in dem Zeitpunkt als rechtskräftig abgeschlossen (eingestellt), in dem auch hinsichtlich der vorerst noch nicht erledigten Anschuldigungspunkte eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt (die Einstellung verfügt worden ist). Fallen die Umstände, durch die die Suspendierung des Beamten veranlasst worden ist, vorher weg, ist die Suspendierung von der Disziplinarbehörde, die sie verfügt hat, wenn aber ein Disziplinarverfahren wegen eines Sachverhaltes, der auch der Suspendierung zu Grunde liegt, beim Dienstrechtssenat anhängig ist, von diesem, unverzüglich aufzuheben.
(6) Über eine Berufung gegen die Aufhebung der vorläufigen Suspendierung durch die Disziplinarkommission hat der Dienstrechtssenat ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen einem Monat ab Einlangen der Berufung, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Dabei hat er entweder die Aufhebung der vorläufigen Suspendierung zu bestätigen oder die Suspendierung zu verfügen.
(7) Über eine Berufung gegen die Suspendierung und die Entscheidung über die Aufhebung der Suspendierung durch die Disziplinarkommission hat der Dienstrechtssenat ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen einem Monat ab Einlangen der Berufung, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Die Berufung gegen die Suspendierung hat keine aufschiebende Wirkung.
(8) Ist der Beamte suspendiert und wurde sein Monatsbezug aus
diesem Anlass gekürzt, wird die Kürzung endgültig, wenn
1. der Beamte wegen eines Sachverhaltes, der der zur
Last gelegten und mit einer Disziplinarstrafe geahndeten
Dienstpflichtverletzung zu Grunde liegt, strafgerichtlich
verurteilt wird oder
2. über ihn im Disziplinarverfahren eine Geldbuße oder
eine Geldstrafe im Ausmaß von jeweils mehr als einem halben Monatsbezug oder die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt oder an deren Stelle die Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen wird oder
3. er während des strafgerichtlichen Verfahrens oder des Disziplinarverfahrens austritt.
Trifft keine dieser Voraussetzungen zu, sind dem Beamten die infolge der Kürzung einbehaltenen Beträge einschließlich der gesetzlichen Verzugszinsen nachzuzahlen.
(9) Wurde das Disziplinarverfahren zur Gänze aus den Gründen des § 97 Abs. 1 eingestellt, gilt es gemäß § 97a Z 1 als zur Gänze eingestellt oder wird der Beamte von allen Anschuldigungspunkten freigesprochen, sind dem Beamten neben den infolge der Kürzung einbehaltenen Beträgen auch die gemäß § 2 Abs. 1 des Ruhe- und Versorgungsgenusszulagegesetzes 1995 für die Ruhegenusszulage anrechenbar erklärten Nebengebühren einschließlich der gesetzlichen Verzugszinsen nachzuzahlen, auf die er Anspruch gehabt hätte, wenn er nicht suspendiert worden wäre."
Die belangte Behörde hat zutreffend dargelegt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme ist, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt. Es trifft daher auch zu, dass nicht nachgewiesen zu werden braucht, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung auch tatsächlich begangen hat, da diese Aufgabe erst den Disziplinarbehörden in Disziplinarverfahren zukommt. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein - allerdings konkret zu bezeichnender - Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des im Allgemeinen einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren oder zu verhindern. Kommt nach der Lage des Einzelfalles die Möglichkeit der Verfügung einer Suspendierung in Betracht, gebieten die Rechtsgüter, zu deren Sicherung die Suspendierung vorgesehen ist, eine rasche Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für ihre Verhängung gegeben sind oder nicht. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, muss nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. aus vielen das schon im Verfahren sowohl von der belangten Behörde als auch der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0006, mwN).
Im Beschwerdefall wurden von der belangten Behörde mehrere, von verschiedenen Personen stammende, näher bezeichnete Gedächtnisprotokolle und Aussagen als hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Dienstpflichtverletzungen angesehen. Die belangte Behörde ist auch auf (im Wesentlichen die Taten in Abrede stellende, in kleinem Umfang aber nicht bestreitende) Angaben der Beschwerdeführerin eingegangen. Zudem hat sie auf Einwendungen der Beschwerdeführerin betreffend die Anwesenheit der Krankenschwester R repliziert.
Die Beschwerdeausführungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, die belangte Behörde habe sich auf unzureichende Beweisergebnisse gestützt und weitere Erhebungen und Ermittlungen unterlassen. Zudem habe sie kein Parteiengehör gewährt.
Mit diesen Ausführungen wird keine relevante Mangelhaftigkeit des Suspendierungsverfahrens aufgezeigt. Die in der Beschwerde geforderten Erhebungen sind nicht Gegenstand des Suspendierungsverfahrens (welches ausschließlich nach den oben ausgeführten Gesichtspunkten zu führen ist) und werden im Disziplinarverfahren durchzuführen sein. Es war demnach aber nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf möglicherweise zielführende (in der Berufung vorgebrachte und erneut in der Beschwerde wiederholte) Ausführungen im Sinne der dargelegten ständigen Rechtsprechung nicht näher eingegangen ist, weil die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Dienstpflichtverletzungen, hinsichtlich derer im gegenwärtigen Stadium ein begründeter Verdacht besteht, tatsächlich begangen hat, im Disziplinarverfahren zu klären ist. Der Vorwurf mangelnden Parteiengehörs verfängt schon deshalb nicht, weil (abgesehen von einer niederschriftlichen Einvernahme vom 28. November 2007) spätestens mit dem Bescheid der Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin hinreichend Gelegenheit geboten wurde, auf die Vorwürfe zu antworten, was sie in der Berufung auch getan hat. Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens ist für den Verwaltungsgerichtshof zudem auch nicht zu erkennen, inwieweit die behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften überhaupt geeignet gewesen wären, die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid (im Suspendierungsverfahren) zu führen (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Geht man davon aus, dass somit ein begründeter Verdacht der Begehung der der Beschwerdeführerin im Einzelnen konkret vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen vorgelegen ist, dann war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde daraus gemäß § 94 Abs. 1 DO 1994 die Konsequenz der Bestätigung der von der Behörde erster Instanz verfügten Suspendierung der Beschwerdeführerin gezogen hat. Denn dass bei einem Belassen der Beschwerdeführerin im Dienst (während des laufenden Disziplinarverfahrens) angesichts der gegen sie erhobenen Vorwürfe das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden, ist im gegebenen Zusammenhang offenkundig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 EMRK steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Suspendierung nur um eine einen Teil des Disziplinarverfahrens darstellende, bloß vorläufige, auf die Dauer des Disziplinarverfahrens beschränkte Maßnahme handelt, mit der nicht abschließend über eine "Streitigkeit" über ein Recht entschieden wird; ob die Suspendierung dauernde Rechtsfolgen nach sich zieht, hängt vom Ausgang der Disziplinarsache ab (vgl. § 94 Abs. 8 und 9 DO 1994). Demnach kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK im Verfahren über die Suspendierung nicht zur Anwendung.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. September 2007
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