BVwG L524 2222241-1

BVwGL524 2222241-12.1.2020

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2222241.1.00

 

Spruch:

(1.) L524 2222241-1/5E

(2.) L524 2222243-1/5E

(3.) L524 2222244-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerden (1.) der XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, (2.) des mj. XXXX , geb. XXXX , StA Türkei und (3.) der mj. XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2019, Zl. (1.) 1203962410-181142495/BMI-BFA_SZB_RD, (2.) 1203962301-181142509/BMI-BFA_SZB_RD und (3.) 1203962203-181142517/BMI-BFA_SZB_RD, betreffend Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer reisten mit einem Visum C in Österreich ein und stellten nach dessen Ablauf am 28.11.2018 Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens") gemäß § 55 AsylG.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.03.2019 wurden die Beschwerdeführer zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert, welcher sie mit Schreiben vom 01.04.2019 nachkamen.

3. Mit Bescheiden des BFA vom 24.06.2019, Zl. (1.) 1203962410-181142495/BMI-BFA_SZB_RD, (2.) 1203962301-181142509/BMI-BFA_SZB_RD und (3.) 1203962203-181142517/BMI-BFA_SZB_RD, wurden die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.

II. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist seit Juli 2016 geschieden und die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer wurden in der Türkei geboren und lebten dort bis zu ihrer Ausreise im September 2018.

Den Beschwerdeführern wurde ein vom 27.08.2018 bis 19.11.2018 gültiges Visum C erteilt. Die Beschwerdeführer reisten am 20.09.2018 in Österreich ein. Am 28.11.2018 stellten die Beschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens") gemäß § 55 AsylG.

Die Erstbeschwerdeführerin hat in der Türkei die Grundschule besucht. Sie spricht Türkisch und Kurdisch. Die Erstbeschwerdeführerin wurde in der Türkei durch ihre in Österreich lebenden Eltern finanziell unterstützt. Diese Unterstützung bestand schon während der aufrechten Ehe der Erstbeschwerdeführerin.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Erstbeschwerdeführerin in der Türkei von ihrem Ex-Ehemann geschlagen wurde und dass wegen eines Streits von den Nachbarn die Polizei gerufen wurde, die den Ex-Ehemann verwarnte.

Die Erstbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht berufstätig. Sie befindet sich auch nicht in einer Ausbildung. Sie hat bisher keinen Deutschkurs besucht und spricht nicht Deutsch. Die Erstbeschwerdeführerin ist in keinem Verein tätig und hat keine Freunde. Sie verbringt ihre Zeit mit ihren beiden Kindern und geht mit diesen auf Spielplätze. Sie ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

Nicht festgestellt werden kann, dass die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer die deutsche Sprache sprechen. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind gesund und strafunmündig.

Die Beschwerdeführer leben in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit den Eltern der Erstbeschwerdeführerin. Der Vater der Erstbeschwerdeführerin verfügt über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU". Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin verfügt über einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus". Der Vater der Erstbeschwerdeführerin kommt für den Unterhalt der Beschwerdeführer auf. Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte Nahebeziehung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihren Eltern besteht.

In Österreich lebt außerdem eine Schwester der Erstbeschwerdeführerin, die über einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" verfügt. Es kann nicht festgestellt werden, dass weitere Verwandte der Erstbeschwerdeführerin in Österreich leben.

Zur Lage in der Türkei:

Die Türkei ist Vertragspartei des Protokolls Nr. 13 der EMRK zur Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen. Die Türkei ist Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Sie hat das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter (Optional Protocol to the Convention Against Torture/ OPCAT) im September 2005 unterzeichnet und 2010 ratifiziert.

Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294 über den Förderungsfonds für Soziale Hilfe und Solidarität und Nr. 5263, Gesetz über Organisation und Aufgaben der Generaldirektion für Soziale Hilfe und Solidarität gewährt. Die Hilfeleistungen werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten vertretenen 973 Einrichtungen der Stiftungen für Soziale Hilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanisma Vakfi) ausgeführt, die den Gouverneuren unterstellt sind. Anspruchsberechtigt sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der sozialen Sicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen, sowie Personen, die gemeinnützig tätig und produktiv werden können. Die Leistungsgewährung wird von Amts wegen geprüft. Leistungen werden gewährt in Form von Unterstützung der Familie (Nahrungsmittel, Heizmaterial, Unterkunft), Bildungshilfen, Krankenhilfe, Behindertenhilfe sowie besondere Hilfeleistungen wie Katastrophenhilfe oder die Volksküchen. Die Leistungen werden in der Regel als zweckgebundene Geldleistungen für neun bis zwölf Monate gewährt. Darüber hinaus existieren weitere soziale Einrichtungen, die ihre eigenen Sozialhilfeprogramme haben.

Auf Initiative des Ministeriums für Familie und Sozialpolitik gibt es verschiedene Programme für mittellose Familien, wie z.B. Sachspenden (Nahrungsmittel, Schulbücher, Heizmaterialien, etc.), Kindergeld (10-20 EUR pro Kind/pro Monat, nach Alter und Geschlecht gestaffelt, Mädchen bekommen etwas mehr), finanzielle Unterstützung für Schwangere (ca. 50 EUR pro Schwangerschaft), Wohnprogramme, Einkommen für Behinderte und Altersschwache (50-130 EUR/Monat nach Alter und Grad der Behinderung gestaffelt). Des Weiteren beziehen Witwen die sogenannte "Witwenunterstützung", die sich nach dem Monatseinkommen des verstorbenen Ehepartners richtet (ca. 70% des Bruttomonatsgehalts des verstorbenen Ehepartners, jedoch Max. 250 EUR/Monat).

Das Sozialversicherungssystem besteht aus zwei Hauptzweigen, nämlich der langfristigen Versicherung (Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversicherung) und der kurzfristigen Versicherung (Berufsunfälle, berufsbedingte und andere Krankheiten, Mutterschaftsurlaub). Das türkische Sozialversicherungssystem finanziert sich nach der Allokationsmethode durch Prämien und Beiträge, die von den Arbeitgebern, den Arbeitnehmern und dem Staat geleistet werden.

Alle Arbeitnehmer, einschließlich derer, die in der Landwirtschaft, im Forstwesen und im Bereich Dienstleistung tätig sind, sind unterstützungsberechtigt, wenn sie zuvor ein geregeltes Einkommen im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung erhalten haben. Selbständige sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Arbeitslosenhilfe ist auf den Betrag des Mindestlohnes begrenzt. Benötigte Dokumente sind: ein entsprechender Antrag an das Direktorat des Türkischen Beschäftigungsbüros (ISKUR) innerhalb von 30 Tagen nach Verlust des Arbeitsplatzes, einschließlich schriftlicher Bestätigung vom Arbeitnehmer und der Personalausweis. Der Arbeitnehmer muss die letzten 120 Tage vor dem Leistungsbezug ununterbrochen in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben. Für die Dauer des Leistungsbezugs übernimmt die Arbeitslosenversicherung die Beiträge zur Kranken- und Mutterschutzversicherung.

Unterstützungsleistungen: 600 Tage Beitragszahlung ergeben 180 Tage Arbeitslosenhilfe; 900 Tage Beitragszahlung ergeben 240 Tage Arbeitslosenhilfe; 1.080 Tage Beitragszahlung ergeben 300 Tage Arbeitslosenhilfe. Das zentrale Arbeitsamt nimmt Bewerbungen entgegen und bietet türkischen Staatsbürgern Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche an. Die Behörde verfügt über Filialen im ganzen Land.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin. Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin in der Türkei von ihren in Österreich lebenden Eltern finanziell unterstützt wurde und diese Unterstützung bereits während der aufrechten Ehe der Erstbeschwerdeführerin bestand, ergibt sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde.

Die Feststellungen zur Erteilung von Visa C ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin und Auszügen aus dem IZR. Die Feststellungen zur Integration in Österreich ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin.

Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Eltern und der Schwester ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin und Auszügen aus dem IZR. Hinsichtlich ihrer Eltern legte die Erstbeschwerdeführerin auch Kopien der Aufenthaltstitel vor. Nicht festgestellt werden konnte, dass eine ausgeprägte Nahebeziehung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihren Eltern besteht. Die Erstbeschwerdeführerin hat dieses Vorbringen nämlich nicht konkretisiert. Der gesamten Beschwerde kann nicht entnommen werden, wodurch sich diese bloß behauptete ausgeprägte Nahebeziehung manifestiert.

Nicht festgestellt werden konnte, dass weitere Verwandte der Erstbeschwerdeführerin in Österreich leben. Diesbezüglich wurden nämlich keinerlei Nachweise, etwa Kopien der Aufenthaltstitel, vorgelegt und Abfragen im Melderegister verliefen negativ. Außerdem wurde nicht einmal behauptet, dass zu diesen Verwandten eine besondere Beziehung, die über die üblichen Bindungen hinausgeht, besteht.

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin von ihrem Ex-Ehemann, von dem sie seit Juli 2016 geschieden sei, geschlagen worden sei. Einmal sei von den Nachbarn die Polizei gerufen worden, die den Ex-Ehemann verwarnt habe. Weitere Konsequenzen habe es nicht gegeben. Würde der Ex-Ehemann erfahren, dass die Beschwerdeführer wieder in der Türkei seien, würde er versuchen, sie zu finden. Diese Behauptungen wurden durch keinerlei Nachweise, insbesondere nicht durch Polizeiberichte, die die behauptete Verwarnung belegen würden oder Arztberichte, die die behaupteten Misshandlungen belegen würden, untermauert. Auch wurde nicht vorgebracht, wann sich dies alles ereignet hätte. Dieses Vorbringen konnte daher nicht festgestellt werden. Es ist in diesem Vorbringen keine, hinsichtlich einer nach Rückkehr in den Herkunftsstaat drohende Verfolgung zu erblicken, weshalb eine Erörterung, ob darin ein Antrag auf internationalen Schutz zu sehen sei, nicht geboten war.

Die Feststellungen zur Lage in der Türkei stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, welches auch im angefochtenen Bescheid herangezogen wurde.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Verbindung mit der Beschwerde immer noch entsprechend aktuell und vollständig. In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet, der nicht gegen das Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

2. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG stellt nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058; VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 unter Hinweis auf VwGH 21.01.2016, Ra 2015/22/0119; 10.05.2016, Ra 2015/22/0158; 15.03.2016, Ra 2016/19/0031).

Die Beschwerdeführer hielten sich von 20.09.2018 bis 19.11.2018 auf Grund eines Visums C legal in Österreich auf. Am 28.11.2018 stellten sie die gegenständlichen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG. Ein solcher Antrag begründet jedoch gemäß § 58 Abs. 13 AsylG kein Aufenthaltsrecht, steht der Erlassung und Durchführung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht entgegen und entfaltete auch keine aufschiebende Wirkung. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer seit Ablauf des Visums C mit 19.11.2018 ist somit nicht rechtmäßig.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Die Erstbeschwerdeführerin ist nicht verheiratet und führt keine Lebensgemeinschaft in Österreich. Die Beschwerdeführer leben in Österreich mit den Eltern der Erstbeschwerdeführerin in einem gemeinsamen Haushalt. Mit der Schwester der Erstbeschwerdeführerin besteht kein gemeinsamer Haushalt.

Der Begriff der Familie iSd Art. 8 EMRK umfasst grundsätzlich auch Beziehungen zumindest zwischen nahen Verwandten, zB die Beziehung von Erwachsenen zu ihren Eltern oder den Geschwistern, Beziehungen zwischen Großeltern und Enkeln oder Onkeln und Neffen. Hier kann es allerdings erforderlich sein, die tatsächlich bestehenden Bindungen daraufhin zu untersuchen, ob sie hinreichend intensiv für die Annahme einer familiären Beziehung iSv Art. 8 EMRK sind. So verlangt der EGMR diesbezüglich das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht. In seinem Urteil vom 18. Oktober 2006, Üner gg. Niederlande, hielt der EGMR darüber hinaus fest, dass nicht alle Einwanderer ein Familienleben genießen würden, jedoch muss anerkannt werden, dass die Gesamtheit der sozialen Bindungen zwischen niedergelassenen Fremden und der Gemeinschaft in der sie leben, Teil des Konzepts des Privatlebens iSv Art. 8 EMRK sind (vgl. VwGH 18.06.2009, 2008/22/0135).

Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/14/0260 unter Hinweis auf VwGH 02.08.2016, Ra 2016/18/0049).

Zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, sind jedoch nicht hervorgekommen (vgl. VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 17.11.2009, 2007/20/0955). Die Beschwerdeführer leben erst seit September 2018 mit den Eltern der Erstbeschwerdeführerin in einem gemeinsamen Haushalt. Soweit die Erstbeschwerdeführerin darauf verweist, dass sie von ihren Eltern emotional unterstützt werde und eine ausgeprägte Nahebeziehung bestehe, bleibt dieses Vorbringen gänzlich unsubstantiiert. Es wird nicht dargelegt, wie die emotionale Unterstützung erfolgt und worin sich die ausgeprägte Nahebeziehung manifestiert. Das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht, wurde nicht einmal ansatzweise dargestellt. Hinsichtlich der finanziellen Unterstützung durch den Vater der Erstbeschwerdeführerin ist festzuhalten, dass dieser keine für die Beschwerdeführer sprechende Bedeutung zukommt, da diese finanzielle Unterstützung sich daraus ergibt, dass sich die Beschwerdeführer rechtswidrig in Österreich aufhalten und es somit der Erstbeschwerdeführerin verwehrt ist, selbst für ihren Unterhalt aufzukommen. Zur in Österreich lebenden Schwester wurde keinerlei Vorbringen hinsichtlich etwaiger Bindungen erstattet. Dies gilt auch für die übrigen Verwandten, hinsichtlich derer aber nicht einmal festgestellt werden konnte, dass diese überhaupt in Österreich leben. Dem vorgebrachten Familienleben fehlt es daher insgesamt betrachtet an einer hinreichenden Intensität.

Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig erwartet, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. VwGH 20.11.2019, Ra 2019/20/0269 unter Hinweis auf VwGH 10.04.2019 Ra 2019/18/0049, mwN).

Es sind keine besonderen zu Gunsten der Beschwerdeführer sprechenden integrativen Schritte erkennbar. Die Erstbeschwerdeführerin ist nicht erwerbstätig. Sie spricht nicht Deutsch und hat bisher keinen Deutschkurs besucht. Sie ist nicht Mitglied in einem Verein und hat keine Freunde in Österreich. Es besteht dadurch keine derartige Verdichtung ihrer persönlichen Interessen, dass bereits von "außergewöhnlichen Umständen" gesprochen werden.

Unter der Schwelle des § 50 FPG kommt den Verhältnissen im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens Bedeutung zu, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 unter Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Bei der Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101) auch ein Vorbringen zu berücksichtigen, es werde eine durch die Rückkehr in den Heimatstaat wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Fremden, insbesondere die deutliche Verschlimmerung psychischer Probleme, eintreten (vgl. VwGH 11.10.2005, 2002/21/0132; 28.03.2006, 2004/21/0191; zur gebotenen Bedachtnahme auf die durch eine Trennung von Familienangehörigen bewirkten gesundheitlichen Folgen VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Bei dieser Interessenabwägung ist unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG (Bindungen zum Heimatstaat) auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006).

Die Bindungen zum Heimatstaat der Erstbeschwerdeführerin sind deutlich stärker ausgeprägt. Die Erstbeschwerdeführerin verbrachte die ersten 27 Jahre ihres Lebens, und damit sehr prägende Jahre, in ihrem Heimatland (vgl. VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058). Sie hat dort ihre Ausbildung absolviert und ihre Sozialisation erfahren. Sie spricht Türkisch und Kurdisch. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich die Erstbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung zur Türkei auszugehen.

Es ist auch davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage im Falle einer Rückkehr hat. Bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um eine arbeitsfähige junge Frau, die zumindest die Grundschule besucht hat. Es kann daher die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden. Aus welchen Gründen die Erstbeschwerdeführerin als gesunde und arbeitsfähige Frau bei einer Rückkehr in die Türkei nicht in der Lage sein sollte, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, ist nicht ersichtlich, zumal sie auch über den kulturellen Hintergrund und die erforderlichen Sprachkenntnisse für die Türkei verfügt. Zudem ist zu beachten, dass die Erstbeschwerdeführerin während ihrer letzten Jahre in der Türkei und schon während der noch aufrechten Ehe von ihren in Österreich lebenden Eltern finanziell unterstützt wurde. Bei einer Rückkehr in die Türkei kann daher davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin neuerlich mit einer finanziellen Unterstützung ihrer Eltern rechnen kann. In der Beschwerde wird zwar behauptet, dass eine finanzielle Unterstützung durch die Eltern auf Dauer nicht möglich wäre, doch wird nicht vorgebracht, weshalb dies nicht möglich sein sollte. Schließlich ist zu beachten, dass die Erstbeschwerdeführerin nach ihrer Scheidung im Juli 2016 und bis zur Ausreise aus der Türkei im September 2018 für sich und ihre Kinder sorgen konnte, weshalb auch aus diesem Grund davon auszugehen ist, dass sie bei einer Rückkehr in die Türkei dazu wieder in der Lage sein wird. Weshalb dem nun nicht mehr der Fall sein sollte, kann nicht erkannt werden und es werden in der Beschwerde diesbezüglich auch keine konkreten Gründe, die über bloße Behauptungen hinausgehen, angeführt. Darüber hinaus gibt es in der Türkei verschiedene Programme für mittellose Familien, wie z.B. Sachspenden (Nahrungsmittel, Schulbücher, Heizmaterialien, etc.), Kindergeld (10-20 EUR pro Kind/pro Monat, nach Alter und Geschlecht gestaffelt, Mädchen bekommen etwas mehr), finanzielle Unterstützung für Schwangere (ca. 50 EUR pro Schwangerschaft), Wohnprogramme, Einkommen für Behinderte und Altersschwache (50-130 EUR/Monat nach Alter und Grad der Behinderung gestaffelt). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin in der Lage sein wird, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274 unter Hinweis auf VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072, mwN zur diesbezüglichen Rechtsprechung des EGMR).

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer vollendet im März 2020 das zehnte Lebensjahr. Er wurde in der Türkei geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise im September 2018. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurde in der Türkei geboren und ist fünf Jahre alt. Sie lebte in der Türkei bis zur Ausreise im September 2018. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind im Familienverband mit den Eltern und zuletzt mit der Mutter aufgewachsen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie mit den kulturellen Gegebenheiten ihres Heimatlandes und ihrer Muttersprache vertraut gemacht wurden.

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer hat die Türkei im Alter von ca. achteinhalb Jahren verlassen, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass er in der Türkei die Schule besucht hat und Freunde in der Türkei hat. Er befindet sich im anpassungsfähigen Alter, das in der Rechtsprechung der Höchstgerichte zwischen sieben und elf Jahren angenommen wird (vgl. VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 ua., sowie VwGH 19.09.2012, 2012/22/0143 ua.), so dass ihm die Anpassung an jene Lebensverhältnisse, in denen er vor seiner Ausreise achteinhalb Jahre gelebt hat, bei einer Rückkehr mit seiner Mutter zumutbar ist.

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin hat ihre Sozialisation in Österreich erst begonnen, weshalb diese nicht als dermaßen fortgeschritten angesehen werden kann, dass sie nicht auch in ihrem Herkunftsstaat fortgesetzt werden könnte. Sie wird im Heimatland weiter in Obsorge ihrer Mutter sein und deren Begleitung wird ihr die Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtern (zur Sozialisation von Kindern etwa nach Vollendung des dritten Lebensjahres vgl. VwSlg. 14972 A/1998 und VwGH 19.01.2006, 2005/21/0297).

Aus dem Blickwinkel des Kindeswohls spricht daher mehr für die Rückkehr in den Herkunftsstaat als für den Verbleib im Bundesgebiet.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit der Erstbeschwerdeführerin vermag weder das persönliche Interesse der Erstbeschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (vgl. VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253 unter Hinweis auf VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070, mwN). Die minderjährigen Beschwerdeführer sind strafunmündig.

Das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich ist zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, da die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG kein Aufenthaltsrecht begründen. Da sich die Beschwerdeführer dennoch in Österreichaufenthalten, verstoßen sie mit ihrem Aufenthalt auch gegen die öffentliche Ordnung.

Eine Gesamtabwägung ergibt daher, dass eine Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten ist.

3. Rückkehrentscheidung:

Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abgewiesen, so ist gemäß § 10 Abs. 3 AsylG diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.

Aus der Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ergibt sich, dass es durch die Rückkehrentscheidung nicht zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens kommt.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 52 Abs. 3 FPG ist daher zulässig.

Mit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

Es ist daher zu prüfen, ob die Rückkehr der Beschwerdeführer in die Türkei zu einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK führen würde oder die Rückkehr für sie als Zivilpersonen mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Die Beschwerdeführer sind nicht durch die Todesstrafe und auch nicht durch willkürliche Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts bedroht.

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden ist (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137). Unter Darstellung der maßgebenden persönlichen Verhältnisse des Fremden (insbesondere zu seinen finanziellen Möglichkeiten und zum familiären und sonstigen sozialen Umfeld) ist allenfalls weiter zu prüfen, ob ihm der Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung nicht nur grundsätzlich, sondern auch tatsächlich angesichts deren konkreter Kosten und der Erreichbarkeit ärztlicher Hilfsorganisationen möglich wäre (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137 unter Hinweis auf VwGH 17.12.2003, 2000/20/0208).

Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht auch kein Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr der Beschwerdeführer in die Türkei unzulässig machen könnten. Die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Türkei ist daher gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig.

Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ergibt sich zwingend aus § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Die eingeräumte Frist ist angemessen und es wurde diesbezüglich auch kein Vorbringen erstattet.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes übereinstimmt.

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