BVwG W251 2160758-1

BVwGW251 2160758-11.8.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W251.2160758.1.00

 

Spruch:

W251 2160758-1/22E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bezüglich des am 04.11.2015 gestellten Antrags auf internationalen Schutz zur Zl. 15-1093616900 - 151694844, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

A)

 

I. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen.

 

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen.

 

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist.

 

IV. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias stellte am 04.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

 

2. Am 04.11.2105 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Probleme mit der Familie der Frau gehabt habe. Es sei von ihm verlangt worden sich scheiden zu lassen, damit seine Frau nach Europa reisen kann um die Familie zu versorgen. Nachdem er dem nicht zugestimmt habe, sei er mit dem Tod bedroht worden und habe deswegen das Land verlassen.

 

3. Am 03.03.2017 brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht ein. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

 

4. Am 24.08.2017 wurde der Beschwerdeführer im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichts vor dem Bundesamt niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Der Beschwerdeführer bracht im Wesentlichen vor, dass er Chauffeur gewesen sei. Er habe Mitglieder der Al Shabaab transportiert. An einem Checkpoint der Polizei habe er diese jedoch verraten und seien die Mitglieder der Al Shabaab festgenommen worden. Er sei daraufhin telefonisch von der Al Shabaab bedroht worden. Da er Probleme mit der Al Shabaab gehabt habe, habe sein Schweigervater von ihm verlangt sich scheiden zu lassen. Sein Schwiegervater habe ihn bedroht. Er habe daraufhin das Land verlassen.

 

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.11.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Verhandlung wurde wegen Bedenken an der Aussagefähigkeit des Beschwerdeführers zur Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens auf unbestimmte Zeit vertagt.

 

6. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Psychiatrie und Neurologie vom 29.01.2018 ergab, dass der Beschwerdeführer an keiner krankheitswertigen psychischen Störung leidet. Es liegt keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Der Beschwerdeführer ist wahrnehmungs-, wiedergabe- und einvernahmefähig. Er ist zeitlich und örtlich orientiert und fähig schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen.

 

7. Das Bundesverwaltungsgericht setzte die mündliche Verhandlung am 30.07.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache fort.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er ist somalischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Digil an, bekennt sich zum muslimischen Glauben und spricht Somalisch als Muttersprache (AS 7; AS 49; Verhandlungsprotokoll vom 27.11.2017 = OZ 7, S. 6f).

 

Der Beschwerdeführer wurde in Somalia in Mogadischu geboren und ist dort aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat mit seiner ersten Ehefrau, von der er geschieden ist, 6 Kinder. Er ist seit ca. 5 Jahren mit seiner 2. Ehefrau verheiratet. Mit dieser hat er ein gemeinsames Kind (OZ 7, S. 7, S. 8). Der Beschwerdeführer hat parallel sowohl in Quoreyooley als auch in Mogadischu gelebt. In Mogadischu lebte er zuletzt gemeinsam mit seiner 2. Ehefrau und mit seinem Kind. (OZ 7, S. 8).

 

Zwei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers leben noch in Mogadischu (OZ 7, S. 9). Diese haben 7 Kinder, die teilweise schon erwachsen sind (Verhandlungsprotokoll vom 30.07.2018 = OZ 21, S. 6). Die Ehefrau des Beschwerdeführers sowie sein jüngstes Kind leben ebenfalls in Mogadischu (OZ 7, S. 9). Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie (OZ 7, S. 10). Der Beschwerdeführer unterstützt seine Ehefrau und seine Kinder finanziell nicht (OZ 7, S. 10). Die Familie der Ehefrau lebt ebenfalls in Mogadischu (OZ 7, S. 9).

 

Der Beschwerdeführer hat keine Schule besucht. Er hat den Beruf des Tischlers, den Beruf des Malers und Anstreichers sowie das Verlegen von Eisenstangen und Betonarbeiten gelernt. Der Beschwerdeführer hat in Somalia auch als Fahrer und als Koch gearbeitet (OZ 7, S. 7).

 

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest 04.11.2015 durchgehend in Österreich auf.

 

Der Beschwerdeführer spricht nicht Deutsch (OZ 7, S. 11).

 

Der Beschwerdeführer leistet Hilfstätigkeiten im Rahmen der organisierten Unterkünfte (AS 41; Beilage ./C). Der Beschwerdeführer hat seit 12.05.2016 Putzdienste, 3 bzw. 4 Stunden täglich an fünf Werktagen in der Woche übernommen (Beilage ./A, Beilage ./B). Der Beschwerdeführer hat an einem Work-Shop des Roten-Kreuzes teilgenommen (AS 43).

 

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist nicht selbsterhaltungsfähig (Beilage ./I). Eine Schwester und Nichten und Neffen des Beschwerdeführers leben in Österreich. Der Beschwerdeführer lebt nicht bei diesen. Er trifft sich manchmal mit ihnen (OZ 7, S. 12). Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich.

 

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 7, S. 13).

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

 

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

 

1.2.1 Der Beschwerdeführer hatte keinen Kontakt zur Al Shabaab und wurde von diesen auch nicht bedroht oder angerufen oder zuhause aufgesucht. Er hat keine Mitglieder der Al Shabaab oder andere Personen an die Polizei bzw. die Regierung verraten.

 

Der Beschwerdeführer wurde weder von den Familienangehörigen seiner Ehefrau noch von sonstigen Personen mit der Ausübung und physischer oder psychischer Gewalt bedroht.

 

Der Beschwerdeführer hat Somalia nicht aus Angst vor Eingriffen in seine körperliche Integrität oder wegen Lebensgefahr verlassen.

 

1.2.2. Bei einer Rückkehr nach Somalia droht dem Beschwerdeführer weder von der Al Shabaab, noch von Familienangehörigen der Ehefrau noch von sonstigen Personen die Ausübung psychischer oder physischer Gewalt.

 

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mogadischu angespannt.

 

Bei einer Rückkehr nach Somalia und einer Ansiedelung in der Stadt Mogadischu kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen. Er kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen sowie auf familiäre Unterstützung durch seine in Mogadischu lebenden Verwandten zurückgreifen und zumindest vorübergehend bei diesen wohnen.

 

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mogadischu Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

 

1.4. Zum gegenständlichen Verfahrensablauf:

 

Der Beschwerdeführer stellte am 04.11.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 03.03.2017 erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht.

 

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

 

Das Gebiet von Somalia ist in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt. Somaliland, Puntland sowie Süd-/Zentralsomalia. Im Jahr 1988 brach in Somalia Bürgerkrieg aus. Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 03.05.2018 - LIB 03.05.2018 - S. 11-12).

 

Mogadischu:

 

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verhältnismäßig präsent und aktiv. Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung geführt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der Al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zurückgegangen. Andererseits scheint sich die Al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskräfte zunehmend auf Sprengstoffanschläge zu verlegen, welche unter der Zivilbevölkerung ein höheres Maß an Schaden verursachen (LIB 03.05.2018 - S. 35). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB 03.05.2018 - S. 35).

 

Insgesamt verlegt sich Al Shabaab bei der Durchführung von Attentaten von Quantität auf Qualität. Dabei sucht die Al Shabaab ihre Ziele vor allem im Bereich der Regierung. Für die Zivilbevölkerung ist das größte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko eines Eingriffs in die körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt wäre (LIB 03.05.2018, S. 36).

 

Die Dürresituation hat sich aufgrund der aktuellen Regenfälle entspannt. Für Mogadischu selbst gilt die IPC-Stufe 1, für IDP Lager die IPC-Stufe 3. Das Risiko einer Hungersnot ist durch den Regen reduziert worden. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben begonnen sich auf Normalwerte einzupendeln (Beilage ./VIII, S. 11). In Mogadischu gilt dies insbesondere für Mais. Bei Reis hingegen hat es auch während der Dürre keine großen Preisschwankungen gegeben (Beilage ./VIII, S. 16).

 

In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Beilage ./VIII, S. 19). Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Beilage ./VIII, S. 21). Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Beilage ./VIII, S. 22).

 

Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Beilage ./VIII, S. 23-24).

 

Mogadischu ist über einen internationalen Flughafen sicher erreichbar (LIB 03.05.2018, S. 142). Mogadischu verfügt über einige Gesundheitseinrichtungen, Spitäler und Kliniken. Die medizinische Versorgung in Somalia ist mangelhaft, diese ist in Somaliland und Mogadischu am besten (LIB 03.05.2018, S. 136).

 

Al-Shabaab:

 

Ziel der Al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt Al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an. Je höher der militärische Druck auf al Shabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Dabei ist auch die Al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen (LIB 03.05.2018 - S. 47).

 

Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates:

 

Staatlicher Schutz ist in den Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (LIB 03.05.2018, S. 48). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein, jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (LIB 03.05.2018, S. 63).

 

Clanstruktur:

 

Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalier. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt. Darum kennen Somalier üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem. Allerdings gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine andere Person angehört (LIB 03.05.2018 - S. 92).

 

Dabei gelten als "noble" Clanfamilien die traditionell nomadischen Hawiye, Darod, Dir und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Es ist nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die "noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen mit nichtsomalischer ethnischer Abstammung; Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben (LIB 03.05.2018 - S. 93).

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Digil in Somalia allein aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

 

Rückkehrer:

 

Viele Angehörige der somalischen Diaspora wagen in diesen Tagen die Rückkehr. In der Hauptstadt lässt sich die Aufbruch-Stimmung an unzähligen Baustellen und an neuen Straßen, Cafés und Geschäften ablesen. Ausländische Diplomaten, Berater und Helfer strömen ins Land. Botschaften werden gebaut. Doch die meisten Ausländer verschanzen sich hinter hohen Sprengschutzmauern auf dem geschützten Flughafengelände. Alleine aus der Region zählte der UNHCR im Zeitraum 2014-2017 in Somalia 109.317 freiwillige Rückkehrer (LIB 03.05.2018 - S. 132).

 

Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration hängt in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person ab. Rückkehrer ohne Clan- oder Familienverbindungen am konkreten Ort der Rückkehr finden sich ohne Schutz in einer Umgebung wieder, in der sie oftmals als Fremde angesehen werden, vor allem wenn sie aus dem Westen zurückkehren. Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Remissen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Rückkehrer (v.a. aus dem Westen) haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (LIB 03.05.2018, S. 134).

 

Allein die Tatsache, dass eine Person nach Somalia zurückkehrt, macht diese nicht zum Ziel - auch nicht für die Al Shabaab. Rückkehrern in Gebiete der Al Shabaab könnte vorgeworfen werden, als Spione zu dienen. Ob ein Rückkehrer zum Ziel der Al Shabaab wird, hängt maßgeblich von seinem eigenen Verhalten ab. Alleine die Tatsache, dass eine Person aus dem Westen zurückgekehrt ist, spielt bei einer Rückkehr in das Gebiet der Al Shabaab keine Rolle. Viel wichtiger sind die Zugehörigkeit zu Familie und Clan und die Beziehungen dieser beiden Entitäten zur Al Shabaab (LIB 03.05.2018 - S. 141).

 

Von humanitären Organisationen werden Programme für Rückkehrer angeboten. Es werden Rückkehrer-Packages angeboten und zudem eine finanzielle Rückkehrhilfe für sechs Monate gewährt. Es gibt für Rückkehrer organisierte Berufsausbildungskurse, wirtschaftliche Starthilfe oder Berufsberatungen. Rückkehrer haben in Mogadischu einen guten Zugang zu Geld und sonstigen Hilfsgütern (Beilage VIII, S. 2).

 

2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./IX (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Somalia vom 25.04.2016 mit Aktualisierung vom 27.06.2017, Beilage ./II; FFM Report, Sicherheitslage in Somalia, August 2017, Beilage ./III; Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, Beilage ./IV; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Somalia, Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu, 07.06.2017, Beilage ./V; OCHA, Humanitarian Bulletin, Somalia, September 2017, Beilage ./VI; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Somalia vom 12.01.2018 mit Aktualisierung vom 03.05.2018, Beilage ./VII; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Humanitäre Hilfe, Arbeitsmarkt, Versorgungslage in Mogadischu, Beilage ./VIII; Karte über Somalia, Beilage ./IX) und Beilage ./A bis ./C (Bestätigung gemeinnützige

Tätigkeit vom 13.11.217, Beilage ./A; Bestätigung gemeinnützige

Tätigkeit vom 23.01.2018, Beilage ./B; Bestätigung gemeinnützige Tätigkeit vom 25.07.2018, Beilage ./C) sowie durch Einsichtnahme in das beauftragte Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Psychiatrie und Neurologie.

 

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Somalia, seine fehlende Schulbildung, seine Berufsausbildungen und seine umfassende Berufserfahrung) gründen sich auf seine diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

 

Dass der Beschwerdeführer noch über Verwandte in Mogadischu verfügt zu denen er auch Kontakt hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung (OZ 7, S. 9f).

 

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

 

Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer über keine engen sozialen Kontakte - abgesehen von seiner Schwester, Nichten, Neffen - verfügt. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung vom 27.11.2017 an, dass er keine Freunde in Österreich habe. Die vagen Angaben in der Verhandlung vom 30.07.2018, wonach er Leute kennengelernt habe und sich mit diesen unterhalte, legen für das Gericht keine soziale Verfestigung oder enge soziale Kontakte dar (OZ 7, S. 12; OZ 21, S. 6).

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung (AS 48-49; OZ 7, S. 13) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

 

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I).

 

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

 

Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch Al Shabaab, weil er diese an die Polizei verraten habe bzw. durch die Familie seiner Frau, da er von der Al Shabaab bedroht werde, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

 

2.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Angaben beim Bundesamt lediglich vage und unkonkret hielt und diese selbst auf Nachfragen kaum weiter konkretisierte (AS 54). Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht präsentierte der Beschwerdeführer - trotz wiederholter Aufforderung, sein Vorbringen von sich aus und möglichst detailliert zu schildern (OZ 21, S. 5, 7) - bloß eine grobe und allgemein gehaltene Rahmengeschichte, die er erst auf Nachfragen näher darlegte. Selbst auf Nachfragen blieben die Angaben des Beschwerdeführers weitgehend vage und ausweichend. Auch dabei konnte dieser keine konkreten und lebensnahen Details nennen. Die Schilderungen machen nicht den Eindruck, dass es sich um tatsächlich erlebte Ereignisse handeln würde.

 

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung lediglich pauschal an: "Ich habe mein Heimatland wegen der Al-Shaabab verlassen. Ich war ein Chauffeur. Ich hatte ein Auto und die Al-Shaabab ist mit mir mitgefahren. Sie waren drei Männer. Als wir die Kontrolle erreicht haben, habe ich sie verraten. Die Polizei haben die Al-Shaabab festgenommen. Ich bin nach Hause gegangen und in der Früh habe ich einen Anruf bekommen. Sie haben mich mit dem Tod bedroht und gesagt, "entweder erschießen wir dich oder schlachten dich ab." Ich habe mein Auto verkauft und habe mein Heimatland verlassen, aber es gibt etwas anderes. Mein Schwiegervater hat zu mir gesagt, ich soll mich von seiner Tochter scheiden lassen, weil die Al-Shaabab mich bedroht. Ich habe große Angst bekommen und habe entschieden, dass ich meine Heimat verlasse." (OZ 21, S. 7)

 

Die Schilderungen sind trotz Aufforderung die Fluchtgründe detailliert und umfassend darzulegen vage und ausweichend und machen nicht den Eindruck, dass es sich um tatsächlich erlebte Ereignisse handeln würde.

 

Der Beschwerdeführer wurde daher mehrfach aufgefordert, die Situation mit der Al Shabaab am Kontrollposten genauer und mit Details darzulegen. Der Beschwerdeführer präsentierte trotz dieser Aufforderungen eine vage Rahmengeschichte ohne lebensnahe Details:

 

"R: Beschreiben Sie bitte die Situation am Kontrollposten genauer.

 

BF (unter Tränen): Als wir dort angekommen sind, habe ich zur Polizei gesagt, dass die drei Männer den Al-Shaabab zugehören. Die Polizei ist gekommen und hat die Männer festgenommen. Die Al-Shaabab Männer hatten einen Koffer und es waren Bomben und so für einen Anschlag drinnen. Es waren auch Pistolen im Koffer drinnen.

 

R: Können Sie die Situation, als Sie zum Kontrollpunkt kommen, bis die Al-Shaabab Männer verhaftet werden, im Detail beschreiben?

 

BF: Ich kannte die Männer schon. Sie hatten schon eine andere Kontrolle. Was soll ich anderes sagen?" (OZ 21, S. 7f)

 

Die Angaben des Beschwerdeführers zum Vorfall mit der Al Shabaab am Kontrollposten sind nicht glaubhaft.

 

2.2.2. Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung standen zudem im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers beim Bundesamt, sodass seine Angaben zu den Fluchtgründen gänzlich unglaubhaft sind.

 

Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung zum Vorfall beim Kontrollposten beschränkten sich darauf, dass er die Al Shabaab verraten habe und die Al Shabaab Mitglieder festgenommen worden seien. Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass die Polizei das Feuer eröffnet habe und die Al Shabaab gestoppt habe. Eine habe eine Pistole gezogen und versucht zu kämpfen und habe sich dabei verletzt. Alle drei haben eine Pistole getragen und einen Koffer mit einer Granate. Es ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung den Schusswechsel zwischen der Al Shabaab und der Polizei überhaupt nicht erwähnt hat. Ein derartiger Schusswechsel ist jedoch ein besonders einprägsames Ereignis, das jedenfalls in Erinnerung bleiben sollte. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer dies nicht in der Verhandlung angegeben hat - hätte sich dieser Vorfall tatsächlich ereignet.

 

Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass die 3 Mitglieder der Al Shabaab im Ortsgebiet Nr. 50 in seinen Bus eingestiegen wären (AS 54). Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die Al Shabaab in XXXX bei ihm eingestiegen sei, an dem Tag mit dem Vorfall mit der Al Shabaab habe er nur dort angehalten (OZ 21, S. 10-11). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer einmal angibt, die Al Shabaab sei im Ortsgebiet Nr. 50 zugestiegen und er einmal angibt die Al Shabaab sei bei der Station XXXX zugestiegen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

 

Beim Bundesamt wurde der Beschwerdeführer gefragt, woher die Al Shabaab seine Telefonnummer herhabe. Der Beschwerdeführer gab an, dass er nicht wisse woher, sie finden die Telefonnummer sicher, vielleicht hat ein anderer Busfahrer seine Telefonnummer der Al Shabaab gegeben (AS 55). Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er wisse, dass andere Fahrer der Al Shabaab die Telefonnummer weitergegeben haben (OZ 21, S. 10). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angibt nicht zu wissen, wer seine Telefonnummer weitergegeben habe, während er in der mündlichen Verhandlung dezidiert angab, dass andere Busfahrer dies gemacht haben. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

 

2.2.3. Der Beschwerdeführer machte beim Bundesamt nachstehende Angaben:

 

"F: Ist Ihrer Frau und der Tochter etwas passiert oder Ihren Kindern die dann nach Mogadischu gezogen sind?

 

A: Meine Kinder aus Quoryooley waren schon weg, als die Al Shabaab in das Haus ging." (AS 55)

 

Der Beschwerdeführer machte in der mündlichen Verhandlung nachstehende Angaben:

 

"R: Ist damals Ihrer Frau oder Ihren Kindern etwas passiert?

 

BF: Die anderen Al-Shaabab Männer sind zu meinem Zuhause gegangen und haben nach mir gefragt. Meine Frau hat große Angst bekommen und sie konnte nicht mehr dort bleiben." (OZ 21, S. 11).

 

Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in den freien Erzählungen nicht aangegeben hat, dass die Al Shabaab bei ihm zuhause gewesen wäre um nach ihm zu suchen. Es ist auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt nicht angegeben hat, dass seine Ex-Frau noch zuhause war, als die Al Shabaab vorbeikam. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar.

 

Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer an, dass er von seinem Bruder erfahren habe, dass die Al Shabaab bei ihm zuhause gewesen sei, da dieser es von einem Nachbarn erfahren habe (AS 55). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder dies von seiner Ex-Frau wisse, da diese den Bruder angerufen habe (OZ 21, S. 11). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft.

 

Aufgrund der insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers geht das Gericht davon aus, dass es keine Bedrohung durch die Al Shabaab gegeben hat und, dass der Beschwerdeführer die Al Shabaab auch nicht an die Polizei verraten hat. Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass die Familie seiner Ehefrau vom Beschwerdeführer die Scheidung verlangen sollte, da keine Bedrohung durch die Al Shabaab stattgefunden hat.

 

Das Gericht geht daher auch davon aus, dass der Beschwerdeführer Somalia nicht wegen der behaupteten Bedrohungen durch die A Shabaab oder durch andere Personen und auch nicht wegen Lebensgefahr, sondern aus anderen Gründen verlassen hat.

 

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen der Staatendokumentation. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

 

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Mogadischu ergeben sich aus den o.a. Länderberichten und aus den Angaben des Beschwerdeführers.

 

In der Hauptstadt Mogadischu finden überwiegend Angriffe in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite, statt. Dabei kam es immer wieder zu zivilen Opfern. Die Regierung ist jedoch in der Lage hier die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es in der Stadt Mogadischu zu Anschlägen kommt, jedoch nicht in allen Stadtteilen.

 

Dass die Wohnraum- und Versorgungslage angespannt ist, ergibt sich aus den Länderberichten.

 

Der Beschwerdeführer ist jedoch in Mogadischu aufgewachsen. Der Beschwerdeführer ist dort mit seinen Eltern und Geschwister aufgewachsen, sodass der Beschwerdeführer entsprechend der somalischen Kultur und den somalischen Gepflogenheiten sozialisiert ist. Der Beschwerdeführer besitzt Ortskenntnisse über Mogadischu und hat dort den Großteil seines Lebens verbracht. Der Beschwerdeführer verfügt in Mogadischu über viele Familienangehörige zu denen er (teilweise) auch Kontakt hat. Er kann daher zumindest vorübergehend von diesen, z.B. durch die Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit, unterstützt werden.

 

Der Beschwerdeführer hat zwar keine Schule besucht, er hat jedoch mehrere Berufsausbildungen. Der Beschwerdeführer verfügt über sehr viel Berufserfahrung.

 

Der Beschwerdeführer ist zudem im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat bisher, als er in Österreich war, seine Familie in Somalia nicht finanziell unterstützt.

 

Der Beschwerdeführer verneinte in der Verhandlung ausdrücklich - abgesehen von den behaupteten Problemen mit der Al Shabaab - andere Gründe zu haben, die ihn an einer Rückkehr hindern könnten (OZ 21, S. 7).

 

Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mogadischu niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Säumnis der Behörde

 

Die Behörden sind gemäß § 73 Abs 1 AVG iVm § 17 VwGVG iVm § 22 AsylG verpflichtet über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch binnen 15 Monaten nach deren Einlangen, den Bescheid zu erlassen. Gemäß § 8 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungsfrist erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist erhoben werden. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Der Beschwerdeführer erhob betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 04.11.2015 am 03.03.217 eine Säumnisbeschwerde gemäß § 8 VwGVG. Zwischen der Antragstellung und dem Erheben der Säumnisbeschwerde liegt ein Zeitraum von über 15 Monaten. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach diese Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei.

 

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht war daher berechtigt.

 

In Folge der zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde ist die Zuständigkeit, über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.11.2015 zu entscheiden, auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen (VwGH vom 27.05.2015, Ra 2015/19/0075).

 

3.2 Spruchpunkt I. - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074). Die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung muss zudem in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen (VwGH vom 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0010)

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0171).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 19.03.1997, 95/01/0466).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

3.2.2. Es konnte jedoch keine Verfolgung durch die Al Shabaab, die Familienangehörigen der Ehefrau oder durch andere Personen festgestellt werden. Es konnte auch keine begründete Furcht festgestellt werden. Es ist daher keine Verfolgung des Beschwerdeführers und auch keine Verfolgungsgefahr aus einem Konventionsgrund erkennbar.

 

Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.

 

Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

 

3.2.3. Ebenso konnte keine Verfolgungsgefahr auf Grund der Lebenseinstellung oder eines Aufenthaltes in einem europäischen Land beim Beschwerdeführer festgestellt werden.

 

3.2.4. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

3.3 Spruchpunkt II. - Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

 

3.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

 

Unter realer Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus (VwGH vom 26.04.2017, Ra 2017/19/0016).

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich scheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation eines Asylwerbers begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137; VwGH vom 25.04.2017 Ra 2017/01/0016).

 

Es obliegt grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Es reicht für den Asylwerber nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu berufen (VwGH vom 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; VwGH vom 25.04.2017, Ra 2016/01/0307; VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134).

 

Für die zur Prüfung der Notwendigkeit von subsidiärem Schutz erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Asylwerbers bei seiner Rückkehr abzustellen. Dies ist in der Regel seine Herkunftsregion, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. EuGH 17.02.2009, C-465/07 , Elgafaji; VfGH 13.09.2013, U370/2012; VwGH 12.11.2014, Ra 2014/20/0029).

 

3.3.2. Für den vorliegenden Fall ist daher Folgendes festzuhalten:

 

Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mogadischu nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die somalische Regierung die Kontrolle über Mogadischu hat. Darüber hinaus ist Mogadischu eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.

 

Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Mogadischu nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die in Mogadischu verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Mogadischu nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.

 

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der somalischen Bevölkerung in Mogadischu dennoch zumindest grundlegend gesichert.

 

Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer gesund sowie im erwerbsfähigen Alter. Er verfügt zudem über eine jahrelange Berufserfahrung und mehrere Berufsausbildungen. Zudem spricht der Beschwerdeführer die Landessprachen auf muttersprachlichem Niveau. Er hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Somalia verbracht, wodurch er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Des Weiteren verfügt der Beschwerdeführer nach wie vor über seine Geschwister sowie seine Frau, Kinder, Neffen und Nichten, sowie seine Schweigerfamilie in Mogadischu. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Ehefrau auch in regelmäßigem Kontakt. Der Beschwerdeführer hat auch bereits jahrelang in der Stadt Mogadischu gelebt und verfügt dort über sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte sowie über Ortskenntnisse. Der Beschwerdeführer kann zumindest vorrübergehend, allenfalls durch die Zurverfügungstellung von Wohnraum, von seiner Familie unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann auch auf Rückkehrhilfe zurückgreifen. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde. Da betreffend die Familienangehörigen, insbesondere der Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers, seit der Ausreise des Beschwerdeführers aus Somalia keine existenziellen Schwierigkeiten geltend gemacht wurden und der Beschwerdeführer seine Familie auch in den letzten Jahren nicht unterstützte oder unterstützen musste, liegt keine solche Situation vor, in der der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr auch für die Existenz seiner Familie sorgen müsste, so dass diesbezüglich keine wirtschaftliche Erschwernis für ihn bei einer Rückkehr gegeben ist. Dem Beschwerdeführer ist es daher aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich in Mogadischu - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten, wobei ihm seine jahrelange Berufserfahrung zu Gute kommt - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

 

Der Beschwerdeführer hat auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).

 

Tatsächlich gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung an, dass er - abgesehen von der Al Shabaab - keine Gründe habe, aus denen er nicht mehr nach Somalia zurückkehren könne (OZ 21, S. 7). Es wurde vom Beschwerdeführer auch nicht substantiiert vorgebracht, dass er bei einer Rückkehr nach Mogadischu von den Auswirkungen der Dürre betroffen wäre. Zudem hat sich die Situation durch die Dürre entspannt und gilt in Mogadischu selbst die IPC-Stufe 1. Es kann daher auch unter diesem Blickwinkel kein den Beschwerdeführer treffender exzeptioneller Grund erkannt werden.

 

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Somalia und einer Ansiedlung in der Stadt Mogadischu in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Mogadischu entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Ansiedlung in der Stadt Mogadischu möglich und auch zumutbar ist.

 

3.3.3. Der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten war daher abzuweisen.

 

3.4. Spruchpunkt III. - Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

 

3.4.1. Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 Abs. 1 AsylG

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen,

(...)

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

 

3.4.2. Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

3.4.2.1. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

3.4.2.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzefalls ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH vom 25.01.2018 Ra 2017/21/0218).

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

3.4.2.3. Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982,

311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

 

Da der Beschwerdeführer über keine nahen Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügt, ist ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK auszuschließen. Der Beschwerdeführer hat zu seiner in Österreich lebenden Schwester, Nichten bzw. Neffen kein Abhängigkeitsverhältnis, er wohnt nicht bei diesen, sondern besucht diese gelegentlich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

 

3.4.2.3.1. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

 

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

3.4.2.3.2. Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen und somit illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung im November 2015, somit seit weniger als drei Jahren, im Bundesgebiet auf. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist ausschließlich auf seinen Antrag auf internationalen Schutz gestützt, wodurch er nie über ein Aufenthaltsrecht abgesehen des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund seines Antrags auf internationalen Schutz, verfügt hat. Die Dauer des Verfahrens übersteigt mit weniger als drei Jahren auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" scheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09).

 

Der Beschwerdeführer verfügt nicht über Deutschkenntnisse. Er übt zwar gemeinnützige Arbeit aus, lebt jedoch von der staatlichen Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat nur geringe soziale Kontakte in Österreich.

 

Es ist auch nach wie vor von einer engen Bindung des Beschwerdeführers nach Somalia auszugehen, zumal er dort den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat. Er wurde in Somalia sozialisiert und bestritt dort seinen Lebensunterhalt. Er spricht auch die Landessprache von Somalia und hat den weit überwiegenden Teil seines Lebens in Somalia verbracht. Hinzu kommt, dass er nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte (seine Frau, Geschwister, Kinder, Nichten, Neffen) in Somalia hat. Aufgrund der relativ kurzen Ortsabwesenheit von weniger als drei Jahren kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre, sodass sich der Beschwerdeführer in Somalia problemlos wieder eingliedern wird können.

 

Darüber hinaus ist der Zeitraum des Aufenthalts des Beschwerdeführers mit weniger als drei Jahren im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH) und der oben getroffenen Ausführungen als relativ kurz zu werten.

 

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

 

Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Kontakte ist dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste:

Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

 

3.4.2.3.3. Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

 

3.4.2.3.4. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

 

3.4.2.4. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist ebenfalls nicht geboten.

 

3.4.2.5. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG liegen vor. Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Der Beschwerdeführer hat weder behauptet über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen noch ist ein solches im Ermittlungsverfahren hervorgekommen.

 

3.4.2.6. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.4.3. Zulässigkeit der Abschiebung

 

3.4.3.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

3.4.3.2. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines entsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint.

 

3.4.3.3. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint.

 

3.4.3.4. Die Abschiebung ist nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Somalia nicht.

 

3.4.3.5. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia ist daher zulässig. Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich Spruchpunkt III. als unbegründet abzuweisen.

 

3.5. Spruchpunkt IV. - Ausreisefrist

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß § 55 Abs. 3 FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

 

Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht worden, weshalb die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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