BVwG L515 2192624-1

BVwGL515 2192624-130.5.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L515.2192624.1.00

 

Spruch:

L515 2192624-1/3E

 

L515 2192628-1/3E

 

L515 2192626-1/3E

 

L515 2192617-1/3E

 

L515 2192620-1/3E

 

L515 2192622-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9, 18

(1) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BESCHLUSS

 

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Armenien, vertreten durch die Eltern XXXX und XXXX, diese vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

 

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrenshergang

 

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP6" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 18.03.2016 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

 

Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und die Eltern der bP3 bis bP6.

 

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP):

 

"...

 

(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Erstbefragung)

 

 

 

[...]

 

Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund):

 

Im Jahr 2012 habe ich im Rahmen der Wahlen als Mitglied der Wahlkommission teilgenommen. Ein Freund von mir hat mich ersucht daran für die Regierung teilzunehmen. Bei diesen Wahlen habe ich sehr viele Wahlmanipulationen wahrgenommen und deswegen habe ich bei den Wahlen im Jahr 2013 u 2014 bei der Opposition teilgenommen. Im Jahr 2015 habe ich an Verfassungswahlen der Partei "Erbe" teilgenommen ich wurde von einem Freund ersucht.

 

Bei einer Sitzung der Wahlkommissionsmitglieder am 05.12.2015 hat ein Vertreter der Armenischen Republikanischen Partei mir Bestechungsgeld angeboten. Ich habe dies abgelehnt. Im Zuge dieser Wahl habe ich einige Wahlbetrügerein aufgedeckt und diese verhindert. Deshalb wurde ich per Mobiltelefon mit Gewaltandrohung bedroht. Ich habe das Handy ausgeschaltet. Nach Abschluss der Wahl stellte sich heraus dass alles ehrlich über die Bühne gelaufen ist. Daraufhin wurde mir wieder Bestechungsgeld angeboten, um die Wahlprotokolle zu fälschen. Ich verweigerte wieder. Am Nachhauseweg wurde ich entführt, bedroht und geschlagen. Sie sagten, dass sie wegen mir bei den Wahlen Geld verloren hätten. Ich sollte binnen 3 Monaten USD 100.000,--, bezahlen, sonst würde meine Familie leiden. Deshalb habe ich diese Leute bei der Polizei angezeigt, wir wurden bedroht ich solle die Anzeige zurückziehen. Dies tat ich auch. Ich weiterhin keine Ruhe und entschloss mich zur Flucht.

 

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

 

Das ich weiterhin von gewissen Gruppierungen bedroht und gefährdet werde.

 

Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen?

 

Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen? Wenn ja, welche?

 

Mir droht von Seiten der Regierung keine Gefahr.

 

[...]"

 

I.1.1. Mit Schreiben vom 31.03.2016 gab die rechtsfreundliche Vertretung ihre Vertretung bekannt.

 

I.1.2. Die beschwerdeführenden Parteien verfügten laut VIS-Abfrage über ein am 23.02.2016 vom italienischen Außenministerium in XXXX, XXXX ausgestelltes und von 29.02.2016 bis 30.03.2016 gültiges Schengen-Visum.

 

I.1.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 28.04.2016 betreffend die Beschwerdeführer ein auf Art. 12 Abs. 2 od. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien. Im Aufnahmeersuchen wurden keinerlei behauptete Familienbeziehungen in Österreich angeführt.

 

Mit Schreiben vom 27.06.2016 stimmte die italienische Dublin-Behörde den Aufnahmegesuchen des Bundesamtes gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

 

I.1.3. Am 10.08.2016 wurden die bP durch ein Organ des Bundesamtes einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen.

 

(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Einvernahme)

 

"[...]

 

LA: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

 

VP: Bei unserer Ankunft in Österreich wurden wir von einem jungen Mann abgeholt, er hätte uns zum Roten Kreuz abholen sollen. Er hatte uns die Reisepässe abgenommen. Er wollte sie uns in drei bis fünf Tagen zurückgeben.

 

LA: Wissen Sie wer das ist?

 

VP: Nein, er heißt XXXX oder XXXX. Nachgefragt habe ich keine Ahnung wo die Reisepässe sind, das betrifft alle aus unserer Familie.

 

[...]

 

Anmerkung: Der VP wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt.

 

LA: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?

 

VP: Ja.

 

LA: Haben Sie Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

 

VP: Ich möchte einen Ausweis vorlegen. 13.11.2015 Ausweis als Mitglied zur Wahlkommission. (Kopie zum Akt).

 

LA: Haben Sie das Beweismittel in Traiskirchen nicht vorgelegt? Haben Sie es danach erst erhalten?

 

VP: Nein, aber ich hatte es immer bei mir.

 

Nach vorliegend Informationen stehen folgende Personen mit ihnen zeitgleich im Asylverfahren/Familienverfahren:

 

XXXX

 

sowie die Kinder

 

XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. XXXX

 

LA: Gibt es weitere Verwandte in Österreich?

 

VP: XXXX, Bruder meiner Gattin, XXXX dessen Gattin, XXXX. Sie sind in XXXX, eine genauere Adresse kann ich nicht nennen. Wir wohnen nicht zusammen. Sie haben alle einen Aufenthaltstitel in Österreich.

 

LA: Gibt es zu diesen Personen ein besonderes Naheverhältnis?

 

VP: Ja.

 

LA: Inwiefern?

 

VP: Es gibt keine finanzielle Unterstützung. Wir haben einen engeren Kontakt.

 

LA: Sie haben eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen die beabsichtigte Vorgehensweise des Bundesamtes mitgeteilt wurde, Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates ITALIEN angenommen wird. Aus diesem Grund hat das Bundesamt ein Konsultationsverfahren mit ITALIEN geführt. ITALIEN erteilte in Ihrem Fall mit Schreiben vom 27.06.2016 gem. Art. 13/1 der Dublin-III-Verordnung die Zustimmung zur Führung Ihres Asylverfahrens. Seitens des Bundesamtes ist daher beabsichtigt, diese Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen und gem. §61 FPG 2005 Ihre Außerlandesbringung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach ITALIEN anzuordnen da Sie ein Visum in Italien hatten.

 

Was möchten Sie dazu angeben?

 

VP: Ich kann mich nicht so genau erinnern. Ich war nie in Italien.

 

LA: Warum hatten Sie ein italienisches Visum?

 

VP: Diejenige, der mir geholfen hat, hat mir zu einem Visum verholfen. Sie hat sich darum gekümmert. Sie hat uns zur italienischen Botschaft in XXXX geschickt.

 

LA: Wer war dieser Bekannter?

 

VP: XXXX ist mein Bekannter; seine Bekannte ist Anna, sie hat uns gesagt, an welchem Tag wir hin gehen sollten, alles organisiert sei.

 

LA: Dem Bundesamt liegt ein schriftliches Länderinformationsblatt zur Lage im ITALIEN vor, insbesondere zur Ausgestaltung des dortigen Asylverfahrens und zur Versorgungslage in diesem Land, einschließlich der medizinischen Versorgung.

 

Dem rechtlichen Vertreter werden die Länderfeststellungen zu Italien ausgehändigt und eine Frist von einer Woche für eine Stellungnahme einberaumt.

 

LA: Möchten Sie zur Lage in ITALIEN eine Stellungnahme abgeben?

 

VP: Nein.

 

[...]"

 

I.1.4. Mit Schreiben vom 16.08.2016 wird unter Verweis auf die familiären Beziehungen der bP zum Bruder von bP2 die bereits begonnene Integration dargelegt und beantragt, das Verfahren hinsichtlich der Zuerkennung des internationalen Schutzes im Bundesgebiet der Republik Österreich zuzulassen und sohin von einer Zurückweisung der entsprechenden Anträge Abstand zu nehmen. Folgende Urkunden wurden vorgelegt: Bestätigung des Vereins XXXX hinsichtlich XXXX vom 10.05.2016; Teilnahmebestätigung des BeGS Begegnungszentrum XXXX vom 10.08.2016; Aufnahme und Beitragsvorschreibung des Kindergartens XXXX hinsichtlich XXXX und XXXX.

 

I.1.5. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden vom 26.08.2016 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

 

I.1.6. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

I.1.7. Mit Beschluss des BVwG vom 19.09.2016 wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

 

I.1.8. Am 12.02.2018 wurde bP1 von Organen des Bundesamtes neuerlich einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen:

 

(Es folgen entscheidungsrelevante Auszüge aus der Einvernahme betreffend bP1)

 

"[...]

 

Sie sind verpflichtet und es liegt in Ihrem Interesse, dass Sie Ihre Anliegen wahrheitsgemäß und vollständig erzählen.

 

• Falsche Angaben schaden Ihrer Glaubwürdigkeit!

 

• Wenn Sie Ihre Mitwirkungspflicht gem. § 15 AsylG 2005 verletzen, kann sich das auf die Beurteilung Ihres Asylantrages negativ auswirken.

 

• Beachten Sie Ihre Mitwirkungs- und Meldepflichten, Sie laufen sonst Gefahr sich strafbar zu machen!

 

• Sollten Sie Österreich verlassen haben Sie Ihren neuen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Wenn Sie sich in Österreich aufhalten, genügt es, wenn Sie Ihrer Meldepflicht nach dem MeldeG nachkommen. Bei einer Übersiedelung haben Sie sich binnen 3 Tagen beim Meldeamt umzumelden. Sollten Sie über keinen Wohnsitz verfügen, so werden Sie auf § 19a MeldeG hingewiesen und darauf, dass daran eine 14-tägige Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Polizeiinspektion nach § 15 Abs. 1 Z. 4 AsylG geknüpft ist.

 

• Sie müssen jegliche Ladungstermine im gesamten Verfahren vor dem BFA befolgen, da Sie sonst riskieren, dass ein Festnahmeauftrag gegen Sie erlassen werden kann.

 

• Etwaige Beweismittel sind vor der Einvernahme vorzulegen bzw. geltend zu machen.

 

LA: Verfügen Sie über Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

 

VP: Geburtsurkunden der Familienmitglieder im Original, Heiratsurkunde,

 

Mitgliedsausweis, Bestätigung Teilnahme bei den Wahlen, Deutschkursbestätigungen, Zeugnis Integrationsprüfung, Empfehlungsschreiben für XXXX, Schulzeugnisse der Kinder, Bestätigung Vereinsmitgliedschaft für XXXX, Empfehlungsschreiben röm. Kath. Seelsorgezentrum XXXX, Deutschkursbestätigung der Ehegattin, Kindergartenbestätigung XXXX, Urkunden XXXX, XXXX, ÖSD Zertifikat XXXX

 

LA: Wie verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher?

 

VP: Gut.

 

LA: Sprechen Sie Deutsch?

 

VP: Ich habe B1 absolviert.

 

LA: Hatten Sie jemals einen Reisepass? Wenn ja, befand sich ein Visum darin?

 

VP: Ich hatte nie einen Reisepass.

 

LA: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht, wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

 

VP: Ja.

 

LA: Welche Staatsbürgerschaft haben Sie, welcher Religion und Volksgruppe gehören Sie an?

 

VP: Ich bin armenischer Staatsbürger, ich bin armenisch apostolisch, Armenier.

 

LA: Haben Sie die Schule besucht? Wenn Ja, in welchem Zeitraum, wo befand sich die Schule bzw. wie hieß die Schule?

 

VP: Ich habe Maturaabschluss.

 

LA: Waren Sie berufstätig?

 

VP: Ich habe als Maler gearbeitet und habe Obst und Gemüse verkauft.

 

LA: Wie lange haben Sie gearbeitet?

 

VP: 1990-2000 habe ich als Maler gearbeitet. Danach habe ich Obst und Gemüse verkauft. Ich führte ein eigenes Geschäft.

 

LA: Sind Sie verheiratet?

 

VP: Ja, seit 2003 oder 2004.

 

LA: Gibt es eine Heiratsurkunde?

 

VP: Ja.

 

LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

 

VP: Gut.

 

LA: Wo haben Sie bis zu Ihrer Flucht in Armenien gelebt?

 

VP: In XXXX.

 

LA: Wann haben Sie Ihren Wohnsitz in Armenien endgültig verlassen?

 

VP: Februar 2016.

 

LA: Wohin sind Sie gegangen?

 

VP: Ich bin aus Armenien ausgereist.

 

LA: Wie haben Sie Ihre Ausreise finanziert?

 

VP: Aus eigenen Ersparnissen. Ich habe mein Auto verkauft.

 

LA: Wann haben Sie Ihr Auto verkauft?

 

VP: Jänner oder Februar.

 

LA: Sind Sie legal oder illegal aus Armenien ausgereist?

 

VP: Legal.

 

LA: Wer hat das Visum besorgt?

 

VP: Eine Frau hat uns geholfen die Unterlagen zu sammeln. Wir sind selber in die Botschaft gegangen und haben die Unterlagen abgegeben.

 

LA: Wo befindet sich der Reisepass jetzt?

 

VP: Die Reisepässe hat derjenige, der uns am Flughafen begleitet hat. Er hat uns mit seinem Auto bis zum Bahnhof nach Graz gebracht. Er hat meinen Schwager angerufen. Ich habe dann mit meinem Schwager gesprochen. Dieser Mann, der uns nach Graz gebracht hat, nahm unsere Reisepässe und hat gesagt wir sollten 3 Tage warten und wird sich melden. Wir haben jedoch nichts mehr gehört.

 

LA: Wie stellten sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse in Armenien dar?

 

VP: War gut. Ich habe mich selber um meine Familie gekümmert.

 

LA: Haben Sie noch Familienangehörige in Armenien? Wenn ja, welche und wo halten sich diese auf?

 

VP: Ja. Mein Bruder (Artasch), meine Schwester (Lusine) und meine Mutter (Rebeka). In Armenien in XXXX.

 

LA: Hatte Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grundstücke, Geschäfte, landwirtschaftliche Nutzflächen, Immobilien etc.?

 

VP: Nein die Wohnung gehörte meiner Mutter. Ich hatte nur mein Auto.

 

LA: Wann haben Sie beschlossen Armenien zu verlassen?

 

VP: Im Jänner 2016.

 

LA: Haben Sie im Herkunftsland Strafrechtsdelikte begangen?

 

VP: Nein.

 

LA: Haben Sie in Ihrem Heimatland Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen?

 

VP: Mit der Polizei selbst hatte ich keine Probleme.

 

LA: Ist gegen Sie in Ihrer Heimat ein Gerichtsverfahren anhängig?

 

VP: Nein.

 

LA: Waren Sie jemals in Haft bzw. wurden Sie jemals festgenommen?

 

VP: Nein.

 

LA: Sind Sie Mitglied einer Partei, parteiähnlichen oder terroristischen Organisation?

 

VP: Mitglied war ich nicht.

 

LA: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. aufgrund Ihrer Religion?

 

VP: Nein.

 

LA: Wurden Sie jemals persönlich von jemand bedroht?

 

VP: Ja.

 

Wenn ich nun aufgefordert werde meine Flucht- und Asylgründe zu schildern, gebe ich an:

 

VP: Einige Male habe ich bei Vorwahlen teilgenommen. Ich habe auch bei den Wahlen teilgenommen. Im Jahre 2015 habe ich bei den Wahlen als Mitglied der Wahlkommission für die Partei XXXX teilgenommen. Es haben mehrere Parteien teilgenommen. Mir wurde Bestechungsgeld angeboten. Dies habe ich abgesagt ich wollte das Geld nicht nehmen. Bei den Wahlen habe ich einige Unrichtigkeiten entdeckt. Dies habe ich dem Wahlvorsitzenden erzählt. Danach habe ich einen Anruf bekommen und hat man zu mir gesagt, dass ich es so machen muss wie es mir gesagt wurde. Dann habe ich das Telefon einfach aufgelegt. Ab 20:00 Uhr hat die Zählung für die Wahl begonnen. Die Opposition hat dann an dieser Stelle im Bezirk, wo die Wahlen teilgenommen haben, gewonnen.

 

In der Nacht um 02:00 oder 03:00 Uhr haben wir mit der Zählung abgeschlossen. Ich fuhr mit meinem Auto nach Hause. Auf dem Weg nach Hause haben 2 Autos, eines vorne und eines hinten, mich gestoppt. Es sind 4 Leute aus den Autos ausgestiegen. Einer hat mit einer Waffe mich bedroht. Er sagte, dass ich in sein Auto steigen soll. Ich wurde mit dem Auto irgendwohin in ein Haus gebracht. Ich wurde dann in den Keller gebracht. Sie haben mich geschlagen, angemault. Danach sind 2 Leute gekommen. Einer war mit Polizeianzug und ein anderer:

Sie haben auch angefangen mich zu schlagen und an zu maulen. Sie sagten, dass ich ein ganz großes Problem für sie bin. Sie haben gesagt, dass sie deswegen viel Geld verloren haben und ich das Geld zurückzahlen muss. Das heißt ich musste 100.000 US Dollar in 3 Monaten zurückzahlen. Um ca. 06:00 Uhr in der Früh haben sie mich zu meinem Auto gebracht. Dann bin ich nach Hause gefahren. Das alles habe ich einem Bekannten erzählt, der mir vorgeschlagen hat bei den Wahlen teilzunehmen. Er hat mir vorgeschlagen zur Polizei zu gehen. Am 8.12. bin ich dann in die Polizeiwachstation "XXXX" gegangen. Dort habe ich die Probleme erzählt. Danach bin ich zur Arbeit gefahren, dort habe ich einen Anruf von meiner Frau bekommen. Weinend hatte sie mir am Telefon gesagt, dass sie jemand angerufen hat und sie bedroht hat. Es wurde ihr gesagt, dass das Leben schwer wird für sie, ihre Kinder und mich. Ihr wurde gesagt, dass ich meine Anzeige bei der Polizei zurückziehen soll. Ich bin gleich nach Hause gefahren und sah meine Frau im Schock. Nachdem ich gesehen habe, wie es meiner Frau ging bin ich zur Polizei gegangen und habe meine Beschwerde zurückgezogen. Seitdem konnten meine Kinder nicht zur Schule gehen. Diese Personen, die mich in den Keller gebracht haben sind einige Male zu mir in die Arbeit gekommen. Sie haben mich immer wieder mit dem schlechten Leben meiner Familie bedroht.

 

Danach habe ich beschlossen mit meiner Frau und meinen Kindern mein Heimatland zu verlassen. Ich habe dann diesen Bekannten, der mir vorgeschlagen hat bei den Wahlen teilzunehmen, getroffen. Dem habe ich erzählt, dass ich Armenien verlassen will weil ich Angst habe. Ich habe ihm gefragt ob er jemanden kennt, der mir helfen kann. Er sagte, dass er eine Frau kennt. Er hat uns mit der Frau in Kontakt gebracht und die hat uns geholfen die Unterlagen für das Visum zu sammeln. Für die Hilfe habe ich der Frau 1000 US Dollar bezahlt. Ein paar Mal, im Jahr 2017 sind diese Leute zu meinem Bruder in die Arbeit gegangen und haben über mich gefragt. Das ist alles.

 

LA: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihr Herkunftsland, Armenien verlassen haben?

 

VP: Nein.

 

LA: Seit wann gibt es die Probleme?

 

VP: Seit den Wahlen am 05. oder 6.12.2015.

 

LA: Seit wann bzw. wie lange waren Sie Mitglied der Wahlkommission?

 

VP: Seit 2012 habe ich mehrere Male an verschiedenen Wahlen teilgenommen. Dafür habe ich gelernt und habe eine Lizensierung bekommen.

 

LA: In welchem Bezirk waren Sie tätig?

 

VP: XXXX.

 

LA: Wie heißt der Freund, der Ihnen vorgeschlagen hat bei den Wahlen teilzunehmen?

 

VP: XXXX.

 

LA: War er politisch tätig?

 

VP: Ja er war Mitglied der Partei XXXX. Ich selber war kein Mitglied von einer Partei. Mit dem Parteipräsidenten von XXXX habe ich mich zwar getroffen.

 

LA: Wer sind die Leute, die Sie bedroht haben?

 

VP: Diese 4 Männer die mich entführt haben, sind für mich nicht bekannt gewesen. Ich habe nur 2 Männer, die später im Keller nachgekommen sind, wiedererkannt. Diesen Mann habe ich oft vor den Wahlen gesehen. Ich habe ihn mit dem Bürgermeister gesehen.

 

LA: Wie heißt der Bürgermeister von Ihrem Bezirk?

 

VP: Damals war XXXX. Seinen Nachnamen kenne ich nicht.

 

LA: Können Sie mir den Tag der Wahl näher schildern?

 

VP: Um 07:00 Uhr mussten wir schon dort sein, damit wir für die Wahlen vorbereiten. Um 08:00 Uhr fingen die Wahlen an. Die Atmosphäre war schon angespannt, da dieser Mann das Schwarzgeld gefordert hat. Am Nachmittag sind einige Unrichtigkeiten bei den Wahlen entdeckt worden. Oft habe ich dann Diskussionen gehabt mit den Präsidenten der Wahlkommission. Beim Auszählen wollten sie auch etwas schwarz und unrichtig machen. Ich habe immer beobachtet, dass die Auszählung legal abgelaufen ist. Die Opposition hat gewonnen. Sie hatte mehr Stimmen.

 

Nachdem die Wahlen aus waren hat es mit den Personen, die mich entführten begonnen. Ich bin vielleicht 1 km gefahren. Ein Auto war der Marke Range Rover. Das Andere war ein Mercedes der S Klasse.

 

LA: Welche Parteien standen zur Wahl?

 

VP: HAK, BHK, HOIDA, es gab noch 2 weitere aber ich kann deren Namen nicht mehr nennen.

 

LA: Warum wurde gewählt?

 

VP: Bei dieser Wahl ging es darum, ob die Regierungsform des Landes sich ändern soll oder nicht. (Verfassungsreferendum)

 

LA: Schildern Sie mir die Situation genauer, als Ihnen das Bestechungsgeld angeboten wurde.

 

VP: Es ist ganz einfach. Sie haben mich ins Zimmer gerufen und haben gesagt: "Nimm das Geld und bleib ruhig. Du weißt dass wir gewinnen".

 

LA: Schildern Sie mir die Entführung genauer.

 

VP: Als ich gefahren bin, haben mich ein Auto von vorne und von hinten gestoppt. Ich habe gar nicht verstanden was passierte. Diese 4 Leute sind ganz schnell aus dem Auto gekommen. Einer hat meine Autotür geöffnet. Der andere hat mich mit der Waffe bedroht. Er hat gesagt, dass ich rauskommen soll und mich in deren Auto setzen soll. Ca. 20 Minuten sind wir gefahren. Der Bezirk in Armenien heißt XXXX. Die haben mich in den Keller gebracht. Sie haben mich am Körper geschlagen. Bin auf den Boden gefallen. Sie haben gemault.

 

LA: Mit was wurden Sie geschlagen?

 

VP: Mit den Händen und Füßen.

 

LA: Was haben die Leute gemault?

 

VP: Alles was es gibt auf Armenisch.

 

LA: Wann waren Sie bei der Polizei?

 

VP: Am 08.12.2015 bin ich zur Polizei gegangen. Dort habe ich gesagt, dass ich eine Anzeige machen will. Ich habe ihnen erzählt, was mit mir passierte. Dann haben sie gesagt, dass ich warten soll und ich darüber informiert werde. Das ist alles. Dann bin ich nach Hause gegangen.

 

LA: Können Sie mir den Keller näher beschreiben?

 

VP: Das Haus war groß. Es war ganz gut renoviert. Es ist wie ein Untergeschoss. Kein Keller. Es war eher ein Trainingszimmer.

 

LA: Nachdem Sie die Anzeige zurückgezogen haben, wie lange waren Sie noch in Armenien?

 

VP: 2 - 2 1/2 Monate.

 

LA: Wie oft wurden Sie von den Personen noch bedroht?

 

VP: 3-4 Mal persönlich.

 

LA: Wurde bis auf Sie noch jemand aus der Wahlkommission bedroht?

 

VP: Ich habe keine Ahnung. Von der Opposition waren auch in der Kommission, aber ob sie bedroht wurden kann ich nicht sagen.

 

LA: Als Sie diese Unstimmigkeiten bei der Wahl beobachtet haben, was hat der Wahlkommissionsvorsitzende dazu gesagt? Wurde versucht etwas dagegen zu unternehmen?

 

VP: Er wollte dies abdecken. Er hat den Menschen gesagt, dass nichts passiert ist. Aber ich habe diesen Menschen gesagt, dass sie sich Beschwerden gehen sollen.

 

LA: Wie heißt der Wahlkommissionsvorsitzende?

 

VP: Familiennamen kenne ich aber den Vorname nicht. Er heißt XXXX. Das müsste auf der Liste stehen. Der Vorname ist XXXX.

 

LA: Haben Sie somit alle Ihre Fluchtgründe genannt?

 

VP: Ja.

 

La: Hat Ihre Ehegattin eigene Fluchtgründe, oder ist Sie aufgrund Ihrer Probleme mit Ihnen aus Armenien gereist?

 

VP: Nein sie hat keine eigenen Gründe.

 

LA: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?

 

VP: Das schlimmste was passieren kann. Meine Kinder und Familie ist in Gefahr.

 

Anm.: Mit dem Asylwerber werden die Länderinformationen zu Armenien erörtert. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden von Behörde von EU-Ländern aber auch Behörden anderer Länder, aber auch Quellen aus Ihrer Heimat wie auch zahlreichen NGOs und auch Botschaftsberichten, die im Einzelnen auch eingesehen werden können.

 

VP: Ich kenne die Lage in meinem Land.

 

LA: Auf die Vertraulichkeit der von Ihnen angegebenen Daten wird nochmals hingewiesen. Sind sie damit einverstanden, dass Erhebungen zum Sachverhalt in Ihrem Heimatland durchgeführt werden? Es werden keine persönlichen Daten an die Behörden Ihres Heimatlandes weitergegeben.

 

VP: Das ist ok.

 

LA: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?

 

VP: Ja der Bruder meiner Frau. Er heißt XXXX. Er lebt in XXXX.

 

LA: Sind Sie arbeitsfähig?

 

VP: Ja ich würde gerne arbeiten aber ich darf nicht.

 

LA: War Österreich Ihr Zielland?

 

VP: Ja weil der Bruder meiner Frau in Österreich lebt. Ich weiß auch, dass Österreich kinderfreundlich ist und Sicherheit bietet.

 

LA: Können Sie irgendwelche sonstige Gründe namhaft machen, die für Ihren Integrationswillen in Österreich sprechen?

 

VP: Ich lerne die deutsche Sprache. Ich versuche mit den Leuten in Kontakt zu treten. In der Kirche gibt es Messen und ich nehme daran teil. Meine Kinder sind auch Ministranten in der Kirche. Für mich ist es wichtig, dass ich mich selber um meine Kinder kümmern kann, wenn ich eine Aufenthaltsgenehmigung habe.

 

LA: Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen bzw. gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?

 

VP: Nein.

 

LA: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her? Gab es Verständigungsprobleme? Haben Sie die Dolmetscherin somit klar verstanden?

 

VP: Ja ich habe alles verstanden.

 

Anm.: Die gesamte Niederschrift wird rückübersetzt.

 

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

 

VP: Ja.

 

LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?

 

VP: Ja.

 

Anm.: Die Verfahrenspartei wird über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt.

 

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung!

 

..."

 

Vorgelegt wurde: Geburtsurkunden sämtlicher bP, Heiratsurkunde vom 19.04.2004

 

bP1: Ausweis vom 13.11.2015, dass bP1 Mitglied der Referendumskommission im Bezirk XXXX war, Bestätigung vom April 2017 und Juni 2017, wonach bP1 einen Deutschkurs B1.2 besucht hat, Bestätigung vom 20. Juli 2017 und 14.12.2017, wonach bP1 einen Deutsch-Intensivkurs B1.2 besucht hat, Teilnahmebestätigung vom 22.12.2016 und vom 06.07.2017, dass bP1 am Deutschkurs A2 teilgenommen hat, Schreiben des Röm. Kath. Seelsorgezentrum XXXX, wonach die bP im Pfarrleben voll integriert seien, Zeugnis vom 16.12.2017, wonach bP1 die Integrationsprüfung zur Sprachkompetenz Niveau B1 bestanden hat sowie ein Zertifikat, wonach bP1 die Prüfung A2 gut bestanden hat.

 

bP2: Vom 16.01.2017 bis 14.04.2017 am Projekt - Begleitende Integration 2017 teilgenommen, Teilnahme am Deutschkurs A1 vom 01.09.2016 bis 22.12.2016, Deutschprüfung A2 am 25.09.2017 gut bestanden.

 

bP3: Schulbesuchsbestätigung Neue Mittelschule XXXX 201/16, Urkunde über 3. Platz beim Sportfest der NMS im Schuljahr 2016/17, Urkunde dass bP3 das Schuljahr 2016/17 mit gutem Erfolg abgeschlossen hat, Referenzschreiben des Klassenvorstandes v. 09.02.2018, Jahreszeugnis der Neuen Mittelschule XXXX 2016/17, Zertifikat, wonach bP3 den Deutschkurs für Kinder A2 mit sehr gut bestanden hat

 

bP4: Teilnahme an schulvorbereitenden Maßnahmen im Rahmen des Projekts XXXX-Willkommen in der Schule vom 15.9.2015 bis 31.12.2016, Teilnahme am 08.02.2017 am Minihandballcup, Seit 21.09.2016 Mitglied im Verein "XXXX", nimmt regelmäßig am Training teil. Schulnachricht 2017/2018 Volksschule XXXX, Jahreszeugnis 2016/2017, Volksschule

XXXX

 

bP5: seit 12.09.2016 Besuch des Pfarrkindergarten XXXX

 

bP6: seit 12.09.2016 Besuch des Pfarrkindergarten XXXX

 

bP2 - bP6 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband.

 

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Armenien gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

 

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

 

"Befragt zum Fluchtgrund gaben Sie an, dass Sie seit 2012 Mitglied der Wahlkommission seien und im Dezember 2015 beim Verfassungsreferendum tätig gewesen seien. Dabei hätten Sie einige Unrichtigkeiten während es Wahlvorganges entdeckt, welche Sie dem Vorsitzenden bekannt gegeben hätten. Ihnen sei Bestechungsgeld angeboten worden, welches Sie jedoch verweigert hätten. Gleich darauf hätten Sie einen unbekannten Anruf erhalten, wobei Ihnen näher gebracht worden sei, der Aufforderung nachzukommen. Als die Zählung abgeschlossen wurde, seien Sie auf dem Heimweg in der darauffolgenden Nacht von zwei Autos gestoppt worden. Sie seien von vier Personen zu einem Ort entführt worden. Sie seien in einen Keller gebracht worden, wo Sie anschließend von den Entführern beleidigt und geschlagen worden seien. Ihnen wurde gesagt, dass Sie für diese Personen einen hohen Schaden angerichtet hätten und diese Summe in Höhe von 100.000 US Dollar in drei Monaten zurückzahlen sollten. Anschließend hätten diese Personen Sie nach ein paar Stunden, genauer gesagt um 06:00 Uhr Früh, zu Ihrem Auto gebracht und Sie gehen lassen. Sie seien zur Polizei gegangen um diesen Vorfall anzuzeigen, wobei Ihre Frau daraufhin telefonisch bedroht worden sei. Sie hätten sich dazu entschlossen Ihre Anzeige wieder zurückzuziehen. Danach seien die Personen, von denen Sie entführt worden seien des Öfteren zu Ihrer Arbeit gekommen und hätten Ihnen einige Male mit dem "schlechten Leben" Ihrer Familie gedroht. Aufgrund dessen hätten Sie sich anschließend dazu entschlossen Armenien zu verlassen.

 

Ein wesentliches Indiz für Ihre persönliche Unglaubwürdigkeit zeigt der Umstand, dass Sie trotz behaupteter Verfolgung in der Lage waren, sich die Zeit zu nehmen um für Ihre Ausreise ein Visum bei der Auslandsbehörde zu beantragen. Sie sind nämlich rechtswidrig mit einem Touristenvisum der Klasse B in das Bundesgebiet eingereist. Offensichtlich ist es jedoch nicht Ihre Absicht, als Tourist im Bundesgebiet zu verbleiben sondern beabsichtigten durch Antragsstellung von Asyl einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich. Wären Sie tatsächlich von einflussreichen Personen in Armenien verfolgt worden, wäre es Ihnen nicht möglich gewesen ein Visum bei der Auslandsbehörde ausstellen zu lassen und anschließend mit dem Reisepass per Flug aus Armenien auszureisen. Sie selbst gaben sogar an, dass Sie selbst zur Auslandsbehörde vorstellig wurden um die erforderlichen Unterlagen für das Visum abzugeben. Zu Ihrer Einreise in das Bundesgebiet ist anzuführen, dass Sie am 29.02.2016 am Flughafen Wien angekommen sind, jedoch erst drei Wochen später also am 18.03.2016 in Graz einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein in Angst versetzter Asylwerber sofort nach Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Die ho. Behörde geht jedoch davon aus, dass Sie den Asylantrag stellten, um Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet nach Ablauf Ihres Touristenvisums zu legalisieren. Hierbei kann man jedoch nicht von einem typischen Verhalten eines tatsächlich im Heimatland verfolgten Asylwerbers sprechen.

 

Ebenso behaupteten Sie, dass gegen Sie bis zu Ihrer Ausreise kein Gerichtsverfahren anhängig gewesen ist. Dies würde den Schluss zulassen, dass die staatlichen Stellen Ihres Heimatlandes Sie nicht als politisch gefährlich eingestuft haben.

 

Würde man davon ausgehen, dass Sie tatsächlich einer Verfolgung durch diese unbekannten Personen ausgesetzt sind ist anzuführen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, was daraus schließen lässt, dass in diesem Staat eine staatliche Verfolgung nicht stattfindet, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen gewährt wird. Sie selbst gaben sogar an, bei der Polizei eine Anzeige erstattet zu haben, wobei die Polizei Ihre Anzeige aufgenommen hätte und dieser in weiterer Folge nachgegangen wäre. Da die Verfolgung nicht seitens des Herkunftsstaates ausginge, sondern seitens Dritter wäre Ihr Vorbringen ohnehin keiner Verfolgung im Sinne der in der GFK genannten Gründe gleichzusetzen.

 

Seitens der ho. Behörde waren Sie nicht in der Lage eine Verfolgung glaubhaft darzulegen. Sie konnten keine genauen Angaben zu den Verfolgern machen. Sie waren nicht in der Lage diese Personen genauer zu beschreiben, noch deren Parteizugehörigkeit anzugeben. Zur Entführung selbst ist anzuführen, dass Sie weder detailliert auf die Fragen zur Entführung selbst, noch auf die Fragen zum Keller eingegangen sind. Auf die Frage, was die Entführer genau mit Ihnen gesprochen haben bzw. wie die Personen Sie beleidigt haben, machten Sie keine nennenswerten Angaben. Sie gaben lediglich an, dass sie alles Mögliche auf Armenisch gesagt hätten. Sie waren nicht in der Lage die Situation so zu schildern, dass man als Außenstehender davon ausgehen würde, dass Sie diese Situation tatsächlich erlebt hätten. Ebenso konnten Sie die Situation, in der Ihnen Bestechungsgeld angeboten wurde genauer schildern. Hätten die Personen tatsächlich die Motivation dazu Ihnen etwas anzutun, dann hätten diese Entführer Sie nicht einfach aus der Anhaltung gehen lassen. Ebenso waren Sie in der Lage, weiterhin 2 1/2 Monate (Ihren Angaben zu Folge) in Armenien zu verbleiben und wie bereits erwähnt, sich ein Visum zu besorgen.

 

Sie persönlich waren kein Mitglied einer Partei, Ihnen wurde lediglich von einem Freund Namens XXXX, welcher Mitglied der Partei XXXX sei, vorgeschlagen, für die Partei XXXX bei den Wahlen teilzunehmen. Sie machten keine Angaben darüber, dass Ihr Freund einer Verfolgung ausgesetzt ist, wobei hier jedoch anzuführen ist, dass Ihr Freund als Mitglied einer Partei eher gefährdet wäre als Sie. Sie konnten generell keine Angaben darüber zu machen, dass überhaupt irgendjemand, der bei der Wahl beteiligt war verfolgt wurde. Es ist somit der ho. Behörde nicht glaubhaft, dass gerade Sie verfolgt werden würden.

 

Zu Ihrer vorgelegten Liste zu den Referendumskommissionen (322 Seiten, auch auf http://www.elections.am/referendum/election-26015 abrufbar) wobei Sie ebenso angeführt seien ist anzumerken, dass Sie damit lediglich beweisen wollten, Mitglied der Kommission gewesen zu sein und nicht, dass Sie einer Verfolgung ausgesetzt sind. Es ist ebenso fragwürdig, dass Sie sich, trotz Beteiligung an der Wahl im Dezember 2015, nicht an den Namen des Wahlvorsitzenden erinnern können. Erst nach Nachschau auf Ihrer vorgelegten Liste konnten Sie sich wieder an den Namen erinnern.

 

Zusammenfassend kommt die ho. auf den Entschluss, dass weder Sie noch Ihre Ehegattin eine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft machen konnte, zudem gab Ihre Frau keine eigenen Gründe an sondern bezieht sich auf Ihr Vorbringen."

 

In Bezug auf die weiteren bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

 

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien bzw. der Herkunftsregion der bP von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat grundsätzlich gewillt und befähigt ist, sich auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich diese zwar in manchen Bereichen als problematisch darstellen, sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt, zumal die bP von diesen Problempunkten nicht betroffen ist. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

 

Zum konkreten Vorbringen der bP stellte die bB folgendes fest (gestichene Passagen nicht gekennzeichnet):

 

"Politische Lage

 

Armenien (arm.: Hayastan) umfasst knapp 29.800 km² und hat etwas über 3 Millionen Einwohner (2016). Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier, 1,2% Jesiden, 0,4% Russen und Angehörige kleinerer Minderheiten wie Assyrer, Kurden oder Griechen (NSS-RA 2013, vgl. CIA 12.1.2017).

 

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik. Das Ein-Kammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Die Verfassung von 2005 wurde zuletzt durch das Referendum vom 06.12.2015 weitreichend geändert. Die neue Verfassung sieht die Umwandlung des bisherigen semi-präsidialen Regierungssystems in ein parlamentarisches System vor. Das Amt des Staatspräsidenten wird im Wesentlichen auf repräsentative Aufgaben reduziert (AA 3 .2017a).

 

Die Opposition warf dem amtierenden Präsidenten Sarksyan, dessen letzte Amtszeit 2018 ausläuft, vor, das Amt des Regierungschefs anzustreben (Standard 7.12.2015). Laut zentraler Wahlkommission stimmten bei einer Beteiligung von 50,5 Prozent 63,5 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderungen. Die Oppositionspartei Armenischer Nationalkongress warf der Regierung Wahlbetrug vor. Hunderte Demonstranten protestierten gegen den Ausgang (RFE/RL 7.12.2015). NGOs, wie das Anti-Korruptions-Zentrum von Transparency International, berichteten von massiven Unregelmäßigkeiten, darunter über 900 Verletzungen der Wahlordnung sowie Fälle von Einschüchterung (Caucasian Knot 9.12.2015, vgl. EN 7.12.2015).

 

Die regierende Republikanische Partei Armeniens gewann bei den Parlamentswahlen vom 2.4.2017 über 49% und die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament. Das Mitte-Rechts-Bündnis des russlandfreundlichen Oligarchen Gagik Tsarukyan erreichte 27%. Daneben schaffte das Bündnis Yelq und die nationalistische Armenische Revolutionäre Föderation den Einzug ins Parlament (EN 3.4.2017; vgl. PA 4.4.2017). Insbesondere die künftige Orientierung des Landes vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zwischen einer EU-Annäherung einerseits und einem starken Bündnis mit Russland infolge des militärischen Konflikts mit Aserbaidschan andererseits, dominierten thematisch den Wahlkampf (RFL/RL 3.4.2017).

 

Trotz der Einhaltung der Grundfreiheiten und der guten Administrierung der Parlamentswahlen unter Einführung neuer Technologien, wurden die Wahlen durch glaubwürdige Berichte über Stimmenkauf und Druckausübung auf WählerInnen, Beamte sowie Angestellte von Privatunternehmen überschattet (OSCE/ODIHR 3.4.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Es gibt immer wieder glaubhafte Berichte von Anwälten über die Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze durch Gerichte: die Unschuldsvermutung werde nicht eingehalten, rechtliches Gehör nicht gewährt, Verweigerungsrechte von Zeugen nicht beachtet und Verteidiger oft ohne Rechtsgrundlage abgelehnt. Die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter wird weiterhin durch Nepotismus, finanzielle Abhängigkeiten und weit verbreitete Korruption konterkariert, auch wenn durch Gesetzesänderungen im Rahmen der "Judicial Reforms Strategy 2012-2016" gewisse Fortschritte, insbesondere bei der richterlichen Unabhängigkeit, zu verzeichnen sind. Die neue Verfassung hat die bisher weitreichenden Kompetenzen des Staatspräsidenten bei der Ernennung von Richtern reduziert. Es ist bekannt, dass einige Beamte in leitenden Funktionen der Justiz keine juristische Ausbildung haben. Verfahrensgrundrechte wie rechtliches Gehör, faires Gerichtsverfahren und Rechtshilfe werden laut Verfassung gewährt. Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren - soll in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet sein. In Bezug auf den Zugang zur Justiz gab es hingegen insoweit Fortschritte, als die Zahl der Pflichtverteidiger erhöht wurde und einer breiteren Bevölkerung als bisher kostenlose Rechtshilfe zuteil wird (AA 22.3.2016).

 

Die Gerichte hören weiterhin zu den Institutionen, denen seitens der Bevölkerung ein geringes Vertrauen entgegengebracht wird. Die Verfassungsreform sieht die Schaffung des Obersten Justizrates vor, um die Unabhängigkeit der Gerichte und Richter zu gewährleisten. 2016 gab es jedoch keine Entwürfe oder Konzepte im Justizbereich, die mit der Öffentlichkeit geteilt oder diskutiert wurden. Positiv war 2016 die Reform des Bewährungssystems, das einen alternativen Strafvollzug vorsah, was angesichts der oft inadäquaten Verhältnisse in den Haftanstalten wichtig ist (FH 29.3.2017).

 

Die Gerichtsbarkeit zeigt keine umfassende Unabhängigkeit. Die Verwaltungsgerichte sind hingegen verglichen zu den anderen Gerichten unabhängiger. Berichten zufolge nimmt das Kassationsgericht eine dominante Stellung ein. Es diktiert den Ausgang aller wichtigen Fälle der niederen Gerichtsbarkeit. Diese Kontrolle seitens des Kassationsgerichts bleibt das dominante Problem, das die Unabhängigkeit der Justiz beeinflusst. Selbst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt in einem Urteil vom 27.10.2016 fest, dass es dem Vorsitzenden des Kassationsgerichts an der notwendigen Distanz gemäß des richterlichen Neutralitätsgebotes mangelte (USDOS 3.3.2017).

 

Richter unterliegen weiterhin des politischen Drucks von allen Ebenen der Exekutive, speziell seitens der Rechtsvollzugsorgane sowie der Hierarchie innerhalb der Justiz. Richter haben keine lebenslange Amtszeit, wodurch sie der Kündigung ausgesetzt sind und keine wirksamen Rechtsmittel besitzen, falls die Exekutive, die Legislative oder hochrangige Vertreter der Gerichtsbarkeit entscheiden, sie zu bestrafen. Vormalige Entlassungen von Richtern wegen ihrer unabhängigen Entscheidungen haben immer noch eine einschüchternde Wirkung auf die Justiz als Ganzes (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 22.3.2016).

 

Straffreiheit ist ein Problem und es gibt keine unabhängige Institution, die ausschließlich Polizeiübergriffe untersucht. Laut NGOs sehen sich die Gesetzesvollzugsorgane eher als Verteidiger der Autorität denn als Diener des Gesetzes und der Öffentlichkeit. Der Verteidigungsminister bemüht sich, die Disziplin auch durch den Einsatz von Lehroffizieren für Menschenrechte zu verbessern, wozu auch die Bereitstellung sozialer, psychologischer und Rechtskurse im Rahmen des Wehrdienstes dienen sollen. Im November 2015 wurde seitens des Verteidigungsministeriums das Zentrum für Menschenrechte und Integritätsbildung errichtet, mit dem Mandat, u.a. die Menschenrechte zu schützen, Ethik zu fördern und eine Anti-Korruptions-Politik einzuführen (USDOS 3.3.2017).

 

Obwohl das Gesetz von den Gesetzesvollzugsorganen die Erlangung eines Haftbefehls verlangt oder zumindest das Vorliegen eines begründeten Verdachts für die Festnahme, nahmen die Behörden gelegentlich Verdächtige fest oder sperrten diese ein, ohne dass ein Haftbefehl oder ein begründeter Verdacht vorlag. Nach 72 muss die Freilassung oder ein richterlicher Haftbefehl erwirkt werden. Richter verweigern der Polizei ebenso selten einen Haftbefehl, wie sie kaum das Verhalten der Polizei während der Arrestzeit überprüfen (USDOS 3.3.2017).

 

Am 17.7.2016 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der bewaffneten Gruppe "Sasna Tsrer", die eine Polizeistation besetzte, und Sicherheitsorganen. In jenen Tagen kam es zu Versammlungen von Demonstranten am Freiheitsplatz in Jerewan, welche laut der "Foundation Against the Violation of Law" (FAVL) unrechtmäßig verhaftet wurden. Zahlreiche Berichte zeigten, dass die Protestierenden Schlägen, Erniedrigungen und grausamen Behandlungen in Gewahrsam der Polizei ausgesetzt waren. Den Rechtsanwälten wurde der Zugang zu den verhafteten Demonstranten für mehrere Stunden verwehrt. Demonstranten wurden bis zu 32 Stunden statt der vorgesehenen maximal drei Stunden festgehalten und zwar ohne Wasser und Nahrung (FAVL 7.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Korruption

 

Zu den gravierenden Demokratiedefiziten kommt die grassierende Korruption, vor allem im staatlichen Gesundheitswesen, der öffentlichen Verwaltung und der Gerichtsbarkeit. Die Korruption wird, neben dem Oligarchentum, als größtes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung und den Aufbau einer Zivilgesellschaft Armeniens gesehen. Armenien hat trotz von Regierungsseite seit Jahren angekündigten Verbesserungen und verabschiedeten Antikorruptionsstrategien in den letzten Jahren nur geringe Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht (AA 22.3.2016).

 

Der Kampf gegen Korruption ist seit Jahren an der Spitze der politischen Agenda in Armenien, evident durch mehrere Rechtsreformen in Bezug auf Korruption, Integrität und Stärkung der Justiz. Nichtsdestotrotz sind sich Beobachter weitgehend einig, dass Korruption weiterhin ein wichtiges Problem für die armenische Gesellschaft darstellt. Die Justiz wird als besonders der Korruption zugeneigt angesehen (CoE-GRECO 25.6.2016).

 

Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für Korruptionsdelikte von Beamten vor, doch setzt die Regierung das Gesetz nicht effektiv um, sodass viele Beamte, die sich korrupter Praktiken bedienen, straffrei gehen. Es bestehen zahlreiche Anschuldigungen hinsichtlich Korruption in Regierungskreisen. Obwohl es die Verfassung verbietet, dass Geschäftsleute gleichzeitig öffentliche Positionen einnehmen, besetzen Oligarchen und Firmenleiter Sitze in der Nationalversammlung. Auch benützen zahlreiche Regierungsmitarbeiter ihre Ämter, um ihre privaten Geschäftsinteressen voranzutreiben. Oligarchen, die in Verbindung zur Regierung stehen oder selbst Regierungsposten einnehmen, monopolisieren die Wirtschaft. Überdies ignorieren die Behörden Medienberichte, aus denen hervorgeht, dass Regierungsvertreter in korrupte Machenschaften verstrickt sind (USDOS 3.3.2017).

 

Das GAN Business Anti-Corruption Portal sah 2016 ein hohes Korruptionsrisiko bei der Führung oder Investitionsplanung von Geschäften. Zwar wurde ein gewisser Fortschritt im Kampf gegen die allgegenwärtige Korruption verzeichnet, doch gab das enge Verhältnis zwischen Oligarchen, Politik- und Wirtschaftskreisen Anlass zur Sorge über Vetternwirtschaft und Einflussnahme. Im Justizwesen werden Schmier- und Bestechungsgelder oft bezahlt, um günstige Gerichtsurteile zu erlangen. Auch die Polizei stellt für Geschäftsaktivitäten ein hohes Korruptionsrisiko dar. In der öffentlichen Verwaltung besteht für Geschäftstätigkeiten ein moderates Korruptionsrisiko. Allerdings besteht im Umgang mit der Zoll- oder Steueradministration sowie mit dem öffentlichen Beschaffungswesen ein hohes derartiges Risiko (GAN 7.2016).

 

Laut einer von Transparency International in Auftrag gegebenen Umfrage unter 1.527 ArmernierInnen waren 2016 lediglich 14% der Meinung, dass die Regierung den Kampf gegen Korruption ziemlich oder sehr gut führt, um 7% weniger als 2013. Fast Zwei-Drittel betrachteten die Regierungspolitik als sehr schlecht oder schlecht. Hierbei sahen die Befragten die Vertreter von Regierungsinstitutionen als am meisten in Korruption verwickelt. 77% der ArmenierInnen gaben an, dass die Anzeige von Korruption gesellschaftlich nicht akzeptiert ist (der höchste Wert unter den 42 Ländern der Region) (TI 2017). Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2016 belegte Armenien Platz 113 (2014: 94) von insgesamt 176 untersuchten Staaten (TI 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Verfassung enthält einen ausführlichen Grundrechtsteil modernen Zuschnitts, der auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit einschließt. Durch Verfassungsänderungen im Jahr 2015 wurde der Grundrechtekatalog noch einmal erheblich ausgebaut. Ein Teil der Grundrechte können im Ausnahmezustand oder im Kriegsrecht zeitweise ausgesetzt oder mit Restriktionen belegt werden. Gemäß Verfassung ist der Kern der Bestimmungen über Grundrechte und -freiheiten unantastbar. Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 22.3.2016).

 

Das US Department of State sah die signifikantesten Menschenrechtsprobleme in der Straffreiheit der Gesetzesvollzugsorgane. Andere Probleme waren unerklärliche Todesfälle in der Armee ohne Kampfeinwirkung, Misshandlungen von Rekruten durch Offiziere, Vorwürfe von Polizeiübergriffen während des Verhörs und des Arrestes, der Mangel an Transparenz hinsichtlich der Gründe für die Festnahmen und unklare Kriterien für die Freilassung. Gerichtsprozesse waren oft langwierig und die Gerichte waren nicht fähig, die Gesetze im Sinne der Gewährung eines fairen Verfahrens anzuwenden. Die Polizei hatte Journalisten im Visier. Im Bereich der Medien waren der Mangel an Diversität und die Selbstzensur ein Problem. Die Achtung der Versammlungsfreiheit verschlechterte sich, und die Autoritäten schränkten die Freiheit zur Teilhabe am politischen Prozess sowie den politischen Pluralismus ein. Mitgliedern religiöser Minderheiten widerfuhr gesellschaftliche Stigmatisierung und LGBTI-Personen sahen sich mit Diskriminierung von offizieller Seite sowie gesellschaftlicher Gewalt konfrontiert. Die Regierung schränkte ArbeitnehmerInnenrechte ein und setzte Bestimmungen des Arbeitsrechtes kaum um (USDOS 3.3.2017).

 

Laut Human Rights Watch wandten die Autoritäten exzessive und unverhältnismäßige Gewalt gegen friedliche Demonstranten an, attackierten Journalisten und erwirkten ungerechtfertigte Strafanzeigen gegen Demonstrationsanführer und -teilnehmer. Misshandlungen während der Haft blieb ein stetes Problem und Untersuchungen hierzu blieben ineffektiv (HRW 12.1.2017).

 

Auch Amnesty International sah vor allem das Agieren der Polizei als problematisch. Neben der exzessiven Polizeigewalt gegen Demonstranten, den willkürlichen Verhaftungen, nahmen Vorwürfe wegen Folter und Misshandlungen in Polizeigewahrsam den Großteil des Berichtes 2016/17 ein (AI 22.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Opposition

 

Sowohl die Oppositionsparteien als auch die außerparlamentarische Opposition können sich frei äußern. Es gibt aber immer wieder belastbare Berichte in der Presse und von NGOs über Behinderungen und Ungleichbehandlungen der Oppositionsparteien durch die Behörden, z. B. bei Demonstrationen oder Wahlen. In der Vergangenheit kam es bei Demonstrationen der Opposition gelegentlich zu Gewaltanwendung durch Dritte, gegen die die Polizei im Einzelfall nicht bzw. nicht effektiv einschritt. Die im Dezember 2015 durch Referendum gebilligten weitreichenden Verfassungsänderungen sehen nebst einer Ausweitung des Grundrechtekatalogs auch die Stärkung der Rechte der Opposition vor (AA 22.3.2016).

 

Es gibt Beschwerden, wonach die Regierung Verwaltungs- und Rechtsmittel verwendet, um finanzielle Zuwendungen an Oppositionsparteien zu unterminieren. Dazu gehören etwa selektive Steuerprüfungen (USDOS 3.3.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Grundversorgung

 

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Armenien hat zu wenig für die Bekämpfung der Armut und gegen die sich ausweitenden Wohlstands- und Einkommensgefälle unternommen. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen. Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2016).

 

Rücküberweisungen, Direktinvestitionen und private Kapitalzuflüsse sind ein bedeutender Faktor für die Wirtschaft: Die armenische Diaspora in Russland umfasst etwa 2 Millionen Menschen, darunter viele Arbeitsmigranten, die Geld an ihre Familien in Armenien überweisen. Nach Angaben der Zentralbank gingen die Geldtransfers der armenischen Diaspora im Jahr 2016 weiter auf 1,5 Mrd. USD zurück (2015: ca. 1,6 Mrd. USD). Die Arbeitslosenquote lag im Jahr 2015 offiziell bei 18,5%. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit ist jedoch erheblich höher. Sehr viele Menschen sind im informellen Sektor tätig. Einkommen werden oft nicht versteuert (AA 3 .2017c).

 

Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2014 zufolge leben 32,3 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2008: 29,2 %). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt: 2015 wurde laut armenischer Zentralbank ein Betrag von etwa 1,209 Mrd. USD nach Armenien überwiesen, ein Rückgang von 30,1 % zum Vorjahr und das zweite Jahr in Folge. Davon flossen etwa 76 % aus der Russischen Föderation nach Armenien. Der starke Rückgang ist der wirtschaftlichen Lage, insbesondere der starken Abwertung des russischen Rubels geschuldet. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien ca. 60.000 armenische Dram (derzeit ca. 116 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 55.000 AMD (ca. 105 Euro). Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten und darüber hinaus privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten nach. Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben, wie sich aus den Zu- und Ausreisestatistiken ergibt, 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen. Die wenigsten davon dürften nicht-armenische Ausländer sein. Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 22.3.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sozialbeihilfen

 

Das Sozialsystem in Armenien umfasst derzeit: das staatliche Sozialhilfe-Programm, wie Unterstützung von Familien, einmaliger Geburtenzuschuss und Kindergeld bis zum Alter von zwei Jahren; das Sozialhilfeprogramme für Personen mit Handicap, Veteranen, Kinder, insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationshilfe, Altersheime, Waisenhäuser, Internate sowie das staatliches Sozialversicherungsprogramm, bestehend aus Alters- und Behindertenrente, sowie Zuschüssen bei vorübergehender Behinderung und Schwangerschaft (IOM 8.2015).

 

Familienbeihilfen

 

Die monatliche Familienbeihilfe beträgt 17.000 Dram (Basiswert) plus

5.500 Dram bis 8.000 Dram monatlich für jedes Kind unter 18, abhängig von der Familiensituation, dem Familieneinkommen sowie der örtlichen Lage. Am ersten Schultag gibt es eine Einmalzahlung von 25.000 Dram (SSA 2016).

 

Einmalige Beihilfen

 

Diese können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft (IOM 8.2014).

 

2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (SSA 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Rückkehrer werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 22.3.2016).

 

Das offizielle Internet-Informationsportal "Tundarc" bietet potentiellen armenischen Rückkehrern, auch Doppelstaatsbürgern, wichtigen Informationen zu den zu beachtenden Formalitäten bei einer Rückkehr sowie den wichtigsten Themenbereichen, wie Gesundheitsfürsorge, Pension, Bildung oder Militärdienst an. Überdies findet sich eine Orientierung zu bestehenden Hilfsprogrammen (Tundarc o.D.).

 

Die Europäische Union startete am 31.1.2017 ein neues Projekt zur Unterstützung der Reintegration von armenischen Rückkehrern. Im Rahmen des Projekts sollen auch die Kapazitäten der Regierung und der NGOs im Bereich der Wiedereingliederung gestärkt werden. Das Projekt mit einem Budget von 493.000 Euro wird vollständig aus der Europäischen Union im Mobilität Partnership Facility-Programm finanziert, das vom Internationale Center for Migration Policy Development (ICMPD) implementiert wird (AN 31.1.2017).

 

Die Armenische Caritas implementiert das Projekt: "Migration and Development III", das bis Ende Februar 2019 läuft. Eine der Zielgruppen sind RückkehrerInnen aus der EU, der Schweiz und Liechtenstein. Jährlich soll zwischen 70 und 80 RückkehrerInnen bei ihrer Reintegration durch die Bereitstellung von Unterkunft, Beratung und Bildungsmaßnahmen sowie durch die Schaffung eines Unterstützungssystems bei Gründung eines Betriebes geholfen werden (AC 2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

 

Im Wesentlichen wurde Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie eine mangelhafte Beweiswürdigung moniert und sodann den Sachverhalt wiederholt. Dass die bP in Armenien sozial verfestigt gewesen seien, sei ein Indiz für die Glaubwürdigkeit des Vorbringens. Die als von Privatpersonen qualifizierte Verfolgungshandlung stelle sich als quasi-staatliche Verfolgungshandlung dar, zumal die Behörden auf Grund der Korruption nicht in der Lage sind, entsprechende Übergriffe hintanzustellen. Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft und sei dem BFA daher eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass alleine die Asylantragstellung in Österreich ausreicht, um die bP bei zwangsweiser Rückkehr in sein Heimatland umgehend am Flughafen festzunehmen und zu inhaftieren. Den bP würden außerdem ihn Armenien jegliche existentielle Grundlage fehlen. Der Aufenthalt der bP in Österreich sei finanziell abgesichert; die bP würden mit dessen Schwager und seiner Familie würden einen engen Kontakt pflegen. Auf Grund der bereits getätigten Integrationsmaßnahmen wie Deutschkurse, Schulvorbereitende Maßnahmen etc. würde eine Ausweisung der bP einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP darstellen. Im Übrigen habe die belangte Behörde diesbezüglich keine Interessenabwägung vorgenommen. Beantragt wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

II. 4. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen (Sachverhalt)

 

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

 

Bei den bP handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen.

 

Die bP1 und bP2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreichgesicherten Existenzgrundlage.

 

bP1 hat Maler gelernt und zuletzt in seinem eigenen Geschäft Obst und Gemüse verkauft. bP2 hat einen Abschluss als Juristin, war aber nie berufstätig.

 

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP ist durch deren Eltern gesichert.

 

Familienangehörige leben nach wie vor in Armenien.

 

In Österreich ist der Bruder von bP2 mit seiner Gattin und einem Kind seit 2007 Jahren legal, ausgestattet mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte, gültig bis 02.07.2020, aufhältig. Es kann jedoch kein besonders intensives Abhängigkeitsverhältnis festgestellt werden. Die bP leben mit keiner ihnen nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit ihrer Einreise und anschließenden Antragstellung im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung. bP1 bis bP3 haben Deutschkurse besucht und darüber auch Prüfungen abgelegt. bP3 besucht die Neue Mittelschule; bP4 besucht die Volksschule. bP5 und 6 besuchen seit 2016 den Kindergarten. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Identität der bP steht fest.

 

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Armenien

 

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an, soweit sich nicht aus der zwischenzeitlich stattgefundenen "Samtenen Revolution" Änderungen ergaben. Nunmehr ist davon auszugehen, dass der bisherige Oppositionspolitiker Nikol Pashinjan vom Parlament zum Premierminister gewählt wurde und dieser eine Minderheitsregierung bildete.

 

Ebenso wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt.

 

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

 

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Armenien zulässig und möglich ist.

 

2. Beweiswürdigung

 

II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich -vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und dem seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel in Form einer Geburtsurkunde.

 

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

 

Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).

 

Soweit es zwischenzeitig in Armenien die sogenannte "Samtene Revolution" stattfand, der bisherige Oppositionspolitiker Nikol Pashinjan vom Parlament zum Premierminister gewählt wurde und dieser eine Minderheitsregierung bildete ist festzuhalten, dass diese Umstände sowohl für die bB als auch für die bP als notorisch bekannt angesehen werden.

 

II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.

 

Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

 

Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit (vgl. insbes. § 15 AsylG) zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätten, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere auch für die privaten, familiären, gesundheitlichen der wirtschaftlichen Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen hat (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.

 

Nachvollziehbar sah die belangte Behörde in dem Umstand, dass die bP trotz der behaupteten Verfolgung noch 2 1/2 Monate in Armenien verblieben sind und sich die Zeit nahmen ein Touristenvisum zu beantragen, ein wesentliches Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens. Dass die bP selbst bei der Auslandsbehörde die erforderlichen Unterlagen für ein Visum einreichten und nach Ausstellung des Visums mit dem Reisepass per Flugzeug aus Armenien ausreisten, unterstützt die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens. Die bP sind am 29.02.2016 am Flughafen Wien angekommen und haben erst drei Wochen später also am 18.03.2016 in XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein in Angst versetzter Asylwerber sofort nach Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Das Bundesamt ging diesbezüglich zu Recht davon aus, dass die bP den Asylantrag stellten, um Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet nach Ablauf Ihres Touristenvisums zu legalisieren, was einem typischen Verhalten eines tatsächlich im Heimatland verfolgten Asylwerbers widerspricht.

 

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass dem Vorbringen der bP dahingehend zu folgen war, dass sie mit den armenischen Behörden, Sicherheitsbehörden oder den Gerichten keinerlei Schwierigkeiten/Probleme hatten, zumal sie ja selbst bei der Polizei eine Anzeige erstatteten, die Polizei diese aufgenommen und dieser in weiterer Folge - hätte die bP die Anzeige nicht zurückgezogen - nachgegangen wäre, woraus wiederum der Schluss zu ziehen ist, dass die Sicherheitsbehörden Schutz vor privater Verfolgung gewähren, wovon offensichtlich auch die bP ausgingen. Da die angebliche Verfolgung nicht vom Herkunftsstaat ausging, es sich bei Armenien um einen sicheren Drittstaat handelt, wäre das Vorbringen der bP von Dritten verfolgt zu werden, ohnehin keiner Verfolgung im Sinne der in der GFK genannten Gründe gleichzusetzen.

 

Sofern die vagen Angaben der bP zu den Verfolgern bzw. zum Hergang der Entführung für die belangte Behörde ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens war, ist dem nicht entgegen zu treten. So war die bP nicht in der Lage, die Situation so zu schildern, dass man als Außenstehender davon ausgehen würde, dass sie diese Situation tatsächlich erlebt hätte. Ebenso konnte sie die Situation, in der ihr Bestechungsgeld angeboten wurde, nicht detailliert schildern. Sie vermochte weder eine genaue Personenbeschreibung zu liefern, noch deren Parteizugehörigkeit anzugeben. Auch die detaillierte Fragestellung hinsichtlich der Entführung vermochte die bP nicht zu beantworten und wurde darüber hinaus auch die Fragen nach dem Keller nicht ausreichend beantwortet. Hinsichtlich der Frage, was die Entführer genau mit ihr gesprochen haben bzw. wie die Personen sie beleidigt haben, vermochte die bP keine nennenswerten Angaben zu machen. Hätten die Personen tatsächlich die Motivation der bP etwas anzutun gehabt, dann hätten die Entführer die bP nicht einfach aus der Anhaltung gehen lassen. Wie schon erwähnt, waren die bP in der Lage, weiterhin 2 1/2 Monate (ihren Angaben zu Folge) in Armenien zu verbleiben und sich ein Visum zu besorgen.

 

Ebenso war es für das Bundesamt nicht plausibel, dass der Freund von bP1, welcher ihn als Mitglied für die Wahlkommission vorgeschlagen hat und selbst Parteimitglied war, keiner Verfolgung ausgesetzt war, obwohl dieser eher gefährdet wäre als die bP, welcher kein Parteimitglied war. Die bP konnte generell keine Angaben darüber zu machen, dass überhaupt irgendjemand, der bei der Wahl beteiligt war, verfolgt wurde, weshalb es für die belangte Behörde zu Recht nicht glaubhaft war, dass gerade die bP verfolgt wurde.

 

Nachvollziehbar hielt die belangte Behörde auch fest, dass die vorgelegte Liste zu der Referendumskommission zwar die Mitgliedschaft bei der Kommission beweise, aber keine Aussagen über die vorgebrachte Verfolgung trifft. Für das Bundesamt war es fragwürdig, dass sich die bP, trotz Beteiligung an der Wahl im Dezember 2015, nicht an den Namen des Wahlvorsitzenden erinnern konnte. Erst nach Nachschau auf der vor ihr selbst vorgelegten Liste war er in der Lage, sich wieder an den Namen erinnern.

 

Sohin war dem zutreffenden Resümee der belangten Behörde, wonach weder bP1 noch ihre Gattin eine Verfolgung im Sinne der GFK glaubhaft machen konnte sowie dass bP2 keine eigenen Gründe angab, sondern sich auf das Vorbringen der bP1 bezog, seitens des BVwG nicht entgegen zu treten.

 

Obwohl die Ausführungen der belangten Behörde für sich alleine als tragfähig anzusehen sind, ist nur der Vollständigkeithalber seitens des BVwG noch auf Folgendes hinzuweisen: Die bP brachte vor, dass sie (gemeint: die Wahlbeisitzenden) "beim Auszählen etwas schwarz und unrichtig machen", andererseits "habe ich immer beobachtet, dass die Auszählung legal abgelaufen ist", was ein weiterer Widerspruch in sich ist.

 

Die bP hat vorgebracht, dass die Personen, welche ihn in den Keller gebracht haben, einige Male zu ihm in die Arbeit gekommen sind und ihn immer wieder mit dem schlechten Leben seiner Familie bedroht haben. Diesbezüglich ist anzumerken, dass weitere Drohungen nach den Wahlen jeglichen Sinn entbehren, zumal sich am Wahlergebnis nichts mehr ändert. Gleich verhält es sich mit dem Vorbringen, dass diese Männer öfters seinen Bruder nach der Ausreise von bP1 nach dessen Aufenthalt befragt hätten.

 

Unplausibel ist auch die Aufforderung, binnen 3 Monaten 100.000 $ zu bezahlen, ist doch davon auszugehen, dass die den bP verfolgenden Personen in Kenntnis über dessen finanziellen Hintergrund sind und ihnen somit auch klar sein muss, dass ihre Forderung niemals erfüllt werden kann.

 

Der Einwand in der Beschwerde, dass die bP keinen staatlichen Schutz in Anspruch nehmen hätte können, ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen, wonach bP1 bei der Polizei eine Anzeige erstattet hat, aktenwidrig. Auch der weitere Einwand, dass das Leben der bP wegen der herrschenden Korruption in Armenien auf das Gröbste gefährdet ist, ist aktenwidrig, zumal die bP in der Erstbefragung explizit angegeben hat, "Mir droht von Seiten der Regierung keine Gefahr" und sich, indem er eine Anzeige erstattet hat, selbst unter dem Schutz der Polizei gestellt hat.

 

Wenn die Beschwerde zum Beweis der Glaubwürdigkeit des Vorbringens auf die soziale Verfestigung der bP in deren Heimatland verweist, vermag sie damit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht den Boden zu entziehen. Vor diesem Hintergrund geht auch der Einwand, wonach die staatlichen Behörden korrupt unterwandert und nicht in der Lage sind, entsprechende Übergriffe hintanzustellen, ins Leere.

 

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die gegenüber dem BF dargebrachte Verfolgungshandlung von Privatpersonen initiiert wurde und sich eine diesbezügliche Verfolgung jedenfalls als quasi-Verfolgung darstellt, welcher Asylrelevanz zukommt, übersieht sie dabei, dass das Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert wurde. Darüber hinaus ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich bei Armenien um einen sicheren Drittstaat handelt wovon auch die bP ausging, indem er eine Anzeige erstattete.

 

Zu den behauptetermaßen mangelhaften Ermittlungen im Lichte des § 18 Abs. 1 AsylG weist das ho. Gericht darauf hin, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Antragstellers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden. Ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtung der Asylbehörde bzw. des Asylgerichtshofes, im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren geltenden Prinzipien der materiellen Wahrheit und des Grundsatzes der Offizialmaxime, den maßgeblichen Sachverhalt amtswegig (§ 39 Abs 2 AVG, § 18 AsylG 2005) festzustellen, obliegt es in erster Linie dem Asylwerber auf Nachfrage alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung darzulegen (vgl VwGH 16. 12 1987, 87/01/0299; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 19. 9. 1990, 90/01/0133; 7. 11. 1990, 90/01/0171; 24. 1. 1990, 89/01/0446; 30. 1. 1991, 90/01/0196; 30. 1. 1991, 90/01/0197; vgl zB auch VwGH 16. 12. 1987, 87/01/0299; 2. 3. 1988, 86/01/0187; 13. 4. 1988, 87/01/0332; 17. 2. 1994, 94/19/0774) und glaubhaft zu machen (VwGH 23.2.1994, 92/01/0888; 19.3.1997, 95/01/0525). Es ist in erster Linie Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

 

Das asylrechtliche Ermittlungsverfahren zum Inhalt habende § 18 Asylgesetz 2005 sieht keine Beweis- bzw. Bescheinigungslastumkehr zugunsten des Beschwerdeführers vor, sondern leuchtet aus den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung hervor, dass in dieser Bestimmung lediglich explizit darauf hingewiesen wird, dass das Asylverfahren den fundamentalen Prinzipen des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere dem Prinzip der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Offizialmaxime nach § 39 Absatz 2 AVG, folgt. Eine über §§ 37 und 39 Absatz 2 AVG hinausgehende Ermittlungspflicht normiert § 18 Asylgesetz nicht (vgl. schon die Judikatur zu § 28 AsylG 1997, VwGH 14.12.2000, Zahl 2000/20/0494).

 

Mit der amtswegigen Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Offizialmaxime befreit die Parteien nicht davon, durch substanziiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhaltes beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf; eine solche Mitwirkungspflicht ist dann anzunehmen, wenn der behördlichen Ermittlung faktische Grenzen gesetzt sind und die Behörde von sich aus nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (siehe die Nachweise bei Hengstschläger-Leeb, AVG § 39 Rz. 9 f; Erk. d. VwGH vom 24.4.2007, 2004/05/0285).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH hat die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche unterlässt (Erk. d. VwGH vom 12.9.2006, 2003/03/2006).

 

Auch auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist Bedacht zu nehmen (§ 15 AsylG 2005) und im Rahmen der Beweiswürdigung - und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Bei entsprechender Weigerung kann die Mitwirkung nicht erzwungen werden, es steht den Asylbehörden jedoch frei, diese Verweigerung der freien Beweiswürdigung zu unterziehen, hieraus entsprechende Schlüsse abzuleiten und die verweigerte Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung -idR zum Nachteil der Partei- zu berücksichtigen (VwGH 26.2.2002, 2001/11/0220; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 172; Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).

 

Im gegenständlichen Falle ist festzuhalten, dass sich das Vorbrinen der bP, insbesondere der bP1 in der unbescheinigten Behauptung eines -zumindest teilweise- bescheinigbaren Sachverhalt erschöpft. Aus der im Rahmen der Obliegenheit zur Mitwirkung unterlassenen Bescheinigung wird der Schluss gezogen, dass der behauptete Sachverhalt nicht in der vorgetragenen Weise stattfand.

 

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass zu berücksichtigen ist, dass allein die Asylantragstellung in Österreich ausreicht, um den BF bei zwangsweiser Rückkehr in sein Heimatland umgehend am Flughafen festzunehmen und zu inhaftieren, zumal für den Fall dessen, dass die armenischen Behörden zum Schluss kommen, dass durch den gegenständlichen Asylantrag der armenische Staat in Misskredit gebracht wurde, der BF und seine Familienmitglieder mit drakonischen Strafen gegen ihre Personen rechnen müssten, so unterliegt - ungeachtet der Prüfung der Glaubhaftigkeit - diese neue behauptete Tatsache dem Neuerungsverbot gemäß § 20 BFA-VG. Aus dieser Behauptung und dem sonstigen Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, "nach" der Entscheidung belangten Behörde entscheidungsrelevant geändert hat (Z1); das Verfahren vor der belangten Behörde wurde in den hierfür möglichen kausalen Punkten ordnungsgemäß durchgeführt und ist nicht zu beanstanden (Z 2); ungeachtet der Glaubwürdigkeit dieses nunmehrigen Vorbringens wäre diese Tatsache bis zum Zeitpunkt der Entscheidung belangten Behörde der bP zugänglich gewesen (Z 3); es ergaben sich auch keine Hinweise das die bP nicht in der Lage war diese Tatsache schon im Verfahren vor der belangten Behörde vorzubringen, zumal sie in der stattgefundenen Einvernahme, welcher die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt, dazu Gelegenheit hatte (Z 4). So wurde die bP wiederholt manuduziert, und auch im Rahmen der ausgefolgten Merkblätter (siehe dazu genau später) über ihre Rechte und Pflichten im Asylverfahren aufgeklärt und fand auch eine Rechtsberatung statt. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Einvernahme vor der bB nachgefragt, ob die bP noch etwa vorbringen wolle bzw. ihr die Möglichkeit eingeräumt, ihre Angaben zu ergänzen und hatte.

 

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur ist dem Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen vorzubeugen, auch dadurch Rechnung getragen, dass die Ausnahmen vom Neuerungsverbot "auf jene Fälle beschränkt" werden, in denen der Asylwerber "aus Gründen, die nicht als mangelnde Mitwirkung" am Verfahren zu werten sind, "nicht in der Lage war", Tatsachen und Beweismittel bereits in erster Instanz vorzubringen. Somit bleibt vom Neuerungsverbot ein Vorbringen erfasst, mit dem ein Asylwerber das Verfahren missbräuchlich zu verlängern versucht (VfGH 15. 10. 2004, G 237/03 ua).

 

Aus dieser Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist demnach abzuleiten, dass nicht jede Mangelhaftigkeit des administrativen Verfahrens zu einer Durchbrechung des Neuerungsverbotes führt, sondern nur jene, welche "kausal" dafür ist, dass der Asylwerber "nicht in der Lage war" die erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen, weshalb im gegenständlichen Fall festzustellen ist, dass im gegenständlichen Fall kein Verfahrensfehler erkennbar ist, welcher der Annahme des Neuerungsverbots entgegenstünde.

 

Ebenso fand die letzte Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.02.2018 statt und der angefochtene Bescheid wurde erst am 12.03.2018 erlassen. Wäre es der beschwerdeführenden Partei tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zu ihrem Ausreisegrund zu äußern, wäre ihr dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides möglich gewesen. Von einem durchschnittlich sorgfältigen Asylwerber mit dem Wissen und Fähigkeiten der beschwerdeführenden Partei wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen, etwa durch die unverzügliche Einbringung eines Schriftsatzes bei der belangten Behörde, allenfalls unter Beiziehung einer in Asylfragen versierter Person.

 

Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, der beschwerdeführenden Partei mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht das ho. Gericht davon aus, dass sie durch diese Beschwerdeangaben lediglich ihren -durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten- Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich selbst dann, wenn man das Neuerungsverbot nicht annehmen würde, sich am Ergebnis nichts ändern würde, weil in diesem Fall das Vorbringen, eine nicht glaubhafte Steigerung des Vorbingens handelt würde, welche den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt werden kann. Darüber hinaus widerspricht dieses Vorbringen der Berichtslage, aus welcher hervorgeht, dass Rückkehrer -auch solche die einen Antrag auf internationalen Schutz stellten- anlässlich der -freiwilligen oder unfreiwilligen- Rückkehr mit keinen Repressalien rechnen haben und in die armenische Gesellschaft integriert werden.

 

Sofern die Beschwerde auf die finanzielle Absicherung der bP hinweist, ist dies aktenwidrig, hat doch bP1 anlässlich der Einvernahme am 10.08.2016 jegliche finanzielle Unterstützung verneint. Wie aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 18.04.2018 hervorgeht, befinden sich die bP seit ihrer Asylantragstellung nach wie vor in der Grundversorgung und widerspricht dieser Umstand der vorgebrachten "finanziellen Absicherung".

 

Letztlich wird auch auf die getroffenen Feststellungen zur "Samtenen Revolution" in Armenien hingewiesen. Hieraus ergibt sich Bezug auf die bP kein in irgendwelcher Weise nachteiliger Sachverhalt.

 

Hinsichtlich des Einwandes in der Beschwerde, dass gegenständliche Entscheidung einen vehementen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP darstellt, ist auf die rechtliche Beurteilung zu verweisen.

 

II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 13 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Armenien als sicherer Herkunftsstaat.

 

II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen

 

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

 

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

 

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

 

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

 

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

 

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

 

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

 

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

 

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

 

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

 

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

 

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

 

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

 

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

 

Aus dem Grundsatz, wonach, wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat gelten kann, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

 

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts aufgrund der in diesem Punkt im Wesentlichen unveränderten materiellen Rechtslage nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

 

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichten entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

 

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der bP ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist, von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abzuweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

 

II.3.1.5.2. Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Armenien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

 

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Armeniens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB erfüllt.

 

Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.

 

II.3.1.5.3. Es steht außer Zweifel, dass das ho. Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das ho. Gericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollte die bP die Auffassung vertreten, dass die Republik Armenien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihr frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof zu beschreiten.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

 

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

 

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) ...

 

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

..."

 

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

 

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

 

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

 

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

 

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

 

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2.-...

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

..."

 

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

 

Art. 2 EMRK lautet:

 

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

 

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

 

...

 

Art. 3 EMRK lautet:

 

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

 

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

 

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

 

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

 

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova &Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

 

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen in Bezug auf die Republik Armenien nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet (dies kann auch in Bezug auf den Konflikt um die Kontrolle der Region Berg Karabach angenommen werden), kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese in Armenien über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei den volljährigen bP handelt es sich um mobile, junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen. Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern. Bei bP1 handelt es sich um einen gelernten Maler, welcher zuletzt in seinem eigenen Geschäft Obst und Gemüse verkauft hat und ist ihm zuzumuten, diese auch wieder - wenn auch als Angestellter - auszuüben. bP2 ist Juristin.

 

Auch steht es den bP frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

 

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird erwarten (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und kann die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten. Auch der Bruder von bP2, welcher sich samt Familie in Österreich aufhält, kann ihnen mittels Banküberweisung finanzielle Hilfe zukommen lassen. Vor diesem Hintergrund ist dem Einwand der fehlenden existentiellen Grundlage in Armenien der Boden entzogen. Warum sich die bP in Armenien keine Existenz aufbauen können, ist angesichts der obigen Ausführungen nicht nachvollziehbar.

 

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

 

Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.

 

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführenden Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

 

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

 

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

 

"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. ...

 

2. ...

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. - 5. ...

 

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

(3) ..."

 

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) -(4) ...

 

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) - (6) ..."

 

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

 

"§ 52. (1) ...

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. ...

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. - 4. ...

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3)- (11)..."

 

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55. (1)...

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) - (5).

 

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

 

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

 

II.3.4.2. Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz war abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

 

Es liegen im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

 

II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben, wenngleich dieser schon alleine durch den erst -bezogen auf das Lebensalter der bP - kurzen Aufenthalt und den niedrigen Integrationsgrad in Österreich, welcher darüber hinaus nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden konnte, relativiert wird.

 

II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl bei der bB als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

 

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes:

 

 

Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

 

Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass eine Aufenthaltsdauer von gut zwei Jahren viel zu kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können (ho. Erk. 30.4.2014, L515 2006140-1; Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029; vgl. aber auch zur Unbeachtlichkeit selbst hoher Integration nach dreijährigem Aufenthalt nach rechtswidriger Einreise und negativ entschiedenem Asylverfahren VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP1 und bP2 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

 

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

 

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten). In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend machen kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter, nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw.

v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

 

 

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte. Die beschriebenen Bindungen der bP zum Bruder der bP2 samt dessen Familie (Gattin und Kind) werden aufgrund der Volljährigkeit der bP2 und deren Bruders, sowie des Umstandes, dass zwischen den beiden Geschwistern kein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis besteht, sie in Österreich keinen gemeinsamen Wohnsitz haben und darüber hinaus sich der Bruder von bP2 schon seit 2007 in Österreich aufhält, als privater Natur angenommen. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass sich am Ergebnis nichts ändern würde, wenn dieses als Familienleben betrachtet würde, weil es sich bei beiden Tatbestandsmerkmalen um in Art. 8 gleichwertige Alternativen nennt und in beiden Fällen eine Interessensabwägung vorzunehmen ist. Eine qualifizierte Beziehungsintensität ist jedenfalls nicht erkennbar.

 

 

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es den bP -so wie jedem anderen Fremden auch- frei, sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

 

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.

 

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

 

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

 

 

Die volljährigen beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist.

 

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die volljährigen bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Eltern der minderjährigen bP aus eigener Finanzkraft für den Unterhalt der minderjährigen bP aufkommen können.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben, Teilnahmebestätigungen, Vereinsmitgliedschaft sowie die Teilnahme am Pfarrleben, dokumentieren, dass sich die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes eine gewisse soziale Vernetzung in ihrem unmittelbaren Lebensbereich aufbauten, eine außergewöhnliche Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.

 

Zum Schulbesuch von bP3 und bP4 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährigen bP dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine länger aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband zumindest noch teilweise zumindest mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

 

Es wird im gegenständlichen Fall auch darauf hingewiesen, dass es nunmehr an den Eltern der minderjährigen bP liegen wird, ihrer Verpflichtung zum Bundesgebiet nachzukommen und nicht in weiterer Folge rechtswidrig in diesem zu verharren, zumal sie durch ein solche Verhalten die Eingliederung ihrer Kinder verzögern bzw. erschweren und ihnen somit schaden würden.

 

 

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

 

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP sowie durch den erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt der bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

 

Die bP reisten unter widerrechtlichen Verwendung eines gültigen Touristenvisums für den Schengenraum rechtswidrig (der Reisezweck der bP zum Zwecke der dauerhaften Niederlassung ist hiervon nicht erfasst, weshalb sie rechtswidrig einreisten; zur Rechtswidrigkeit der Einreise mittels eines erschlichenen Visums vgl. ho. Erk. vom 11.1.2018, L515 2164182-1/35E) in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzten, die bP hierdurch das hoch einzuschätzende Öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht.

 

Soweit die minderjährigen bP hierbei keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer Eltern hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen hinsichtlich der objektiven Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern hingewiesen, welche hier sinngemäß gelten.

 

Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.

 

 

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise den Umstand, dass der bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

 

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

 

 

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.

 

-Auswirkung der allgemeinen Lage in Armenien auf die bP

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK -anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

 

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der der Republik Armenien ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.

 

 

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

 

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

 

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

 

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

 

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

 

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

 

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

 

Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

 

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. GHIBAN gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; DRAGAN gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde.

 

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

 

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

 

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.

 

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser es als nicht erforderlich erachtete, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

 

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

 

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

 

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

 

II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in den Beschwerden nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP nicht verunmöglicht wird, es sei denn, diese entziehen sich der Abschiebung.

 

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt und wurden hierzu bereits zu den Ausführungen zu den Spruchpunkten I und II des gegenständlichen Erkenntnisses entsprechende Ausführungen getätigt, welche auch die in § 50 Abs. 1 und 2 erforderlichen Subsumtionen vorwegnehmen. Eine im § 50 Abs. 3 genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

 

II.3.4.9. Die bB erteilte der bP zurecht kein Aufenthaltsrecht gem. § 57 AsylG, zumal der Aufenthalt der bP nicht gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, dies nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erforderlich ist und die bP auch nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und die bP auch nicht glaubhaft machte, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

II.3.4.10. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

II.3.4.11. Eine Frist zu freiwilligen Ausreise besteht gem. § 55 Abs. 1a FPG nicht.

 

II.3.4.12. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, ist die Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV und VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

 

II.4. Gem. § 18 Abs. 1 Z 1 kann die belangte Behörde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt. Da -wie bereits wiederholt festgestellt wurde- es sich bei der Republik Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, erkannte die belangte Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu Recht ab. Seitens des ho. Gerichts war diese mangels der Vorlage entsprechender rechtlicher Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen (siehe entsprechenden Punkt im Verfahrensgang, ebenso die zu diesem Punkt relevanten Teile der Punkte II.3.3. und II.3.4. des gegenständlichen Erkenntnisses).

 

II.5. Familienverfahren.

 

Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung ergingen, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.

 

II.6. Einreiseverbot

 

Da von der bB kein Einreiseverbot erlassen wurde (vgl. jedoch Art. 11 der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008: "... Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt

 

wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen", welcher im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation des § 53 FPG zur berücksichtigen wäre und der lediglich demonstrativen Aufzählung der Tatbestände des Abs. 2 leg. cit.) ist hierüber seitens des ho. Gerichts mangels Vorliegens eines Beschwerdegegenstandes nicht zu entscheiden.

 

II.7. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung

 

§ 24 VwGVG lautet:

 

"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

 

----------

 

1.-der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

 

2.-die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

 

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

 

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn

 

 

oder

 

 

Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

 

Es sie an dieser Stelle nachmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und aufgrund der normativen Vergewisserung der Sicherheit dieses Staates diesbezügliche Fragen jedenfalls als geklärt anzusehen sind und keiner weiteren Verhandlung bedürfen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):

 

 

 

 

 

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).

 

Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).

 

Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.

 

Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen - inzwischen schon bei der bB stattgefundenen persönlichen Anhörung (das hierbei erstattete Vorbringen, sowie der Verlauf der Einvernahme wurde in einer entsprechenden Niederschrift, der die Beweiskraft des § 15 AVG unwiderlegt zukommt, festgehalten) konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fallunterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung. Ebenso erstattete die bP kein Vorbringen, welche die normative Vergewisserung der Sicherheit Armeniens in Zweifel gezogen hätte.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des sicheren Herkunftsstaates orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.

 

Aus dem Umstand, dass das ho. Gericht und die belangte Behörde mit 1.1.2014 ins Leben gerufen wurden, bzw. sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderte, und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung erfuhr kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 18 BFA-VG auf § 38 AsylG aF).

 

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

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