BVwG L523 2148643-1

BVwGL523 2148643-19.5.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:L523.2148643.1.00

 

Spruch:

L523 2148643-1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja Danninger-Simader als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ; StA. Georgien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx – RA Dr. Lennart Binder, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 06.02.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsbürgerin, stellte am 09.12.2015, nachdem sie bereits im Dezember 2005 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Hiezu wurde die Beschwerdeführerin am 12.12.2015 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

 

Die Beschwerdeführerin führte im Wesentlichen aus, dass sie nach Österreich gekommen sei, um ihre Mutter zu besuchen. Sie glaube, dass diese im Bundesgebiet aufhältig sei. Im Falle einer Rückkehr nach Georgien werde sie viele Probleme haben. Welche genau das seien, wisse sie nicht.

 

2. Am 17.01.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich befragt. Dabei führte sie aus, im Zuge ihres ersten Asylverfahrens falsche Angaben zu ihrem Namen getätigt zu haben, weil ihr dies von einem Bekannten geraten worden sei. Sie sei seit 2005 ununterbrochen in Österreich aufhältig. Nach der Abweisung ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz sei sie nie ausgereist. Im Zuge der Erstbefragung habe sie nicht die Wahrheit gesagt, weil sie aufgrund ihres Spitalaufenthaltes noch geschockt gewesen sei. Sie habe die "Stimme" ihrer verstorbenen Mutter gehört. In Georgien habe sie familiäre Probleme, zumal ihre Schwester sie in die Psychiatrie einweisen wolle. Sie sei daher vor ihrer Schwester geflohen. Auch zur Anzahl ihrer Geschwister habe sie nicht die Wahrheit gesagt.

 

3. Der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des BFA vom 06.02.2017 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt und gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass es die behaupteten Fluchtgründe aufgrund des widersprüchlichen, vagen und nicht nachvollziehbaren Vorbringens der Beschwerdeführerin für nicht glaubwürdig befinde. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin auch keine Gefahren drohen, die eine Gewährung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Des Weiteren traf das BFA umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Georgien. Die Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet und würden auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen. Da die Beschwerdeführerin aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme, sei einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

4. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 07.02.2017 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Beschwerdeführerin amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt und ihr gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG die Verpflichtung mitgeteilt, ein Rückkehrberatungsgespräch bis 22.02.2017 in Anspruch zu nehmen.

 

6. Der Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin am 09.02.2017 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 22.02.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

 

Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin eine Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe angeführt habe. Sie sei in ihrer Heimat völlig entwurzelt und habe dort keine Existenzgrundlage. Darüber hinaus habe sie eine Inhaftierung in einer psychiatrischen Anstalt zu befürchten. Das BFA habe hinsichtlich der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes, der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sowie der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen keine nennenswerten Erwägungen getroffen. Die Begründung zur Zumutbarkeit der Rückkehr nach Georgien sei in keiner Weise nachvollziehbar. Es fehle der Begründungswert. Zu den aufgezeigten Widersprüchen im Vergleich mit den Ersteinvernahmen wurde auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (W228 1433746-1 vom 24.09.2014) verwiesen, wonach eine Ersteinvernahme gesetzlich nicht dafür vorgesehen sei, die Fluchtgründe erschöpfend darzustellen. Die Beschwerdeführerin habe zudem glaubwürdige Gründe dargestellt, wie sie zu diesen Angaben gekommen sei. Das Einvernahmeprotokoll des BFA erwecke auch den Eindruck, dass BFA habe kein Interesse daran, den relevanten Sachverhalt aufzuklären. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls konkrete und plausible Angaben getätigt. Die Schlussfolgerungen des BFA würden daher keinen Sinn ergeben. Auch eine innerstaatliche Fluchtalternative liege nicht vor, zumal die Probleme der Beschwerdeführerin das gesamte Staatsgebiet von Georgien betreffen würden. Die Verfolgung sei weiterhin aktuell, was sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin und den Länderberichten ergebe. Im Weiteren wurde noch darauf hingewiesen, dass auch die allgemeine Lage in Georgien eine Rückkehr nicht zulasse. Die Beschwerdeführerin sei völlig entwurzelt, habe keinerlei familiären Rückhalt und sei als alleinstehende, nicht mehr junge Frau, die einen Großteil ihres Lebens in Österreich verbracht habe, intensiv der Gefahr ausgesetzt, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten.

 

Das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin sei nur unzureichend behandelt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich in Österreich bereits integriert (VwGH 2012/22/0151-5 vom 10.12.2013). Sie halte sich seit über elf Jahren im Bundesgebiet auf, könne sich im Alltag auf Deutsch gut verständigen und sei selbsterhaltungsfähig. Die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei daher nicht adäquat beurteilt worden. Die Ausführungen des BFA zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seien ebenfalls nicht nachvollziehbar und habe sich das BFA nicht mit der konkreten Situation der Beschwerdeführerin und der aktuellen Situation in Georgien auseinandergesetzt. Dadurch sei eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen nicht möglich gewesen.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Sachverhalt:

 

1.1. Feststellungen zur Person

 

Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Sie ist Staatsangehörige von Georgien und Angehörige der christlich orthodoxen Glaubensgemeinschaft. Vor ihrer Ausreise war die Beschwerdeführerin in Tiflis aufhältig.

 

Die Beschwerdeführerin besuchte zehn Jahre lang die Grundschule, absolvierte danach keine Ausbildung und war von 1990 bis 1997 selbständig tätig. Sie betrieb mit ihrer Schwester einen Lebensmittelhandel. Nach einer mehrjährigen Arbeitslosigkeit nahm sie mit ihrer Schwester die selbstständige Tätigkeit bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2005 wieder auf.

 

Die Beschwerdeführerin ist ledig und hat keine Kinder. Ihre Eltern sind bereits verstorben. Eine Schwester der Beschwerdeführerin ist nach wie vor in Georgien aufhältig.

 

Die Beschwerdeführerin reiste im Jahr 2005 in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.12.2005 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem dieser am 26.01.2006 rechtskräftig zurückgewiesen wurde, reiste die Beschwerdeführerin nicht aus und hielt sich bis zu ihrer nunmehrigen Antragstellung am 09.12.2015 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Die Beschwerdeführerin spricht auf einfachem Niveau die deutsche Sprache, war in Österreich als Verkäuferin der Zeitung "Augustin" tätig und lebt nunmehr von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber. Sie lebt derzeit allein in einer Mietwohnung, war zuvor obdachlos gemeldet und ist in Österreich nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie verfügt eigenen Angaben zufolge über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Verwandte der Beschwerdeführerin sind nicht in Österreich aufhältig.

 

Die Beschwerdeführerin leidet an einem XXXX , an einer XXXX und an einem XXXX Syndrom. Die Inanspruchnahme einer Psychotherapie wurde von Seiten der behandelnden Ärztin empfohlen.

 

Am 20.11.2015 wurde die Beschwerdeführerin als Fußgängerin von einem Auto angefahren und verletzt. Sie erlitt mehrere Frakturen, welche im Zuge eines stationären Aufenthaltes im Krankenhaus von 20.11.2015 bis 07.12.2015 und in weiterer Folge ambulant behandelt wurden. Folgeschäden sind nicht bekannt.

 

Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

1.2. Länderfeststellungen

 

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde an. Diese Länderfeststellungen werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde gelegt.

 

Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien zwischenzeitig um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG handelt.

 

Auszugsweise werden aus den getroffenen Länderfeststellungen folgende explizit angeführt:

 

" Sicherheitslage:

 

Die Lage in Georgien ist – mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt ruhig. Beide genannte Gebiete befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung in Tiflis. In den Gebieten und an ihren Verwaltungsgrenzen sind russische Truppen stationiert.

 

Rechtsschutz/Justizwesen:

 

Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft und 2007 die Abschaffung der Todesstrafe in der Verfassung verankert. In den Jahren seit der "Rosenrevolution" 2003/2004 hat Georgien anerkennenswerte Fortschritte bei der Polizeireform, dem erfolgreichen Kampf gegen die "Kleine Korruption" (Korruption im alltäglichen Umgang), der Reform der Steuergesetzgebung und der Verbesserung der Investitionsbedingungen erzielt. Im Rahmen der Justizreform wurde der Instanzenzug neu geregelt und eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt.

 

Sozialbeihilfen:

 

Das System der sozialen Sicherung in Georgien umfasst das Rentensystem und ein System zur Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Familien und Personen. Die Unterstützung, die in Georgien unter dem Begriff der sozialen Sicherung geleistet wird, umfasst die gesetzliche Rente, Staatsentschädigungen und staatliche akademische Stipendien.

 

In der georgischen Gesetzgebung wird Sozialhilfe als jegliche Art finanzieller und nicht finanzieller Unterstützung definiert, die sich an Personen mit besonderen Pflegebedürfnissen, arme Familien oder Obdachlose richtet.

 

Medizinische Versorgung:

 

Im Rahmen des Entwicklungsprogramms des klinischen Versorgungsnetzwerkes wird das georgische Krankenhaussystem betrieben. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es 100 entweder neu eröffnete oder renovierte funktionierende Krankenhäuser in Tiflis und den umliegenden Regionen. 2011 wurden die medizinischen Einrichtungen, die zu 100% mit staatlichen Mitteln finanziert wurden, auf regionaler Ebene umorganisiert, so dass heute die von diesen medizinischen Einrichtungen angebotenen Leistungen in die neu errichteten medizinischen Einrichtungen integriert worden sind. Bis zu 40 solcher medizinischer Zentren mit integriertem ambulantem Pflegedienst, prästationären Diensten und weiteren klinischen Versorgungen existieren zurzeit in den verschiedenen Regionen des Landes. Laut der Resolution Nr. 92 der georgischen Regierung vom 15. März 2012 bezüglich der "Bewilligung des staatlichen Gesundheitsprogramms 2012", können georgische Staatsbürger Leistungen von folgenden staatlichen Programmen in Anspruch nehmen:

 

- Psychische Verfassung

 

a) ambulante Leistungen:

 

a. a) psychiatrische ambulante Leistungen (decken Leistungen für Patienten mit verschiedenen Nosologien, die vom Hausarzt/Bezirksarzt oder einer stationären psychiatrischen Klinik überwiesen wurden, registrierte Patienten oder Patienten, die sich selbst in ambulante Behandlung begeben (nachdem die Diagnose bestätigt wurde), ab)

 

a. b) Psychosoziale Rehabilitation

 

a. c) Psychische Verfassung von Kindern

 

a. d) Psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen

 

b) Stationäre Leistungen:

 

Die Serviceleistungen werden vollständig abgedeckt, ohne eine Zuzahlung seitens des Patienten, außer bei mentalen und Verhaltensstörungen, die durch Alkoholmißbrauch begründet sind. Solche Leistungen werden durch ein staatliches Programm mit 70% gedeckt. Eine Ausnahme stellt die Alkoholvergiftung (F10.0) dar, die vollständig abgedeckt wird.

 

Medikamente: Alle Arten von Medikamenten sind in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge ), PSP (www.psp.ge ), und AVERSI (www.aversi.ge ).

 

Krankenversicherung: Am 28.2.2013 ist das neue allgemeine staatliche Gesundheitsprogramm in Kraft getreten. Das Programm garantiert Krankenversicherung für alle unversicherten Einwohner von Georgien. Mitglieder der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind daher nicht durch das Programm abgedeckt. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte von Georgien sind daher sowohl georgische Staatsbürger, als auch Inhaber neutraler Identifikationsdokumente und –pässe sowie Staatenlose krankenversichert. Das Programm wird von der Sozialversicherungsagentur durchgeführt. Die Krankenversicherungsprogramme, die 2007 und 2012 begonnen haben und insgesamt ca. 2,1 Millionen Menschen abdecken, versichern sozial gefährdete und Menschen im Rentenalter, Kinder bis zum Alter von 5 Jahren, Schüler und Studenten, behinderte Kinder und Erwachsene mit schweren Behinderungen. Private Versicherungsprogramme implementieren die Programme.

 

Die Programmleistungen beinhalten:

 

a) ambulante Behandlungen

 

b) dringende ambulante oder stationäre Behandlung in Notfällen

 

Die Behandlung wird vollständig vom Staat gedeckt und bedarf keiner Zuzahlung durch den Patienten. Die Grenze für einen stationären Notfall liegt bei 15.000 GEL (IOM 06.2014; vgl. IBZ 27.6.2014).

 

Das zwischen 2008-09 seitens der Regierung initiierte Privatisierungsprogramm führte dazu, dass heute 95 Prozent aller Hospitäler privatisiert sind. – 40 Prozent der Krankenhäuser gehören Versicherungsgesellschaften, 50 Prozent besitzen private Unternehmen oder Individuen. Die Tatsache, dass Versicherungen gleichzeitig Eigentümer von Hospitälern sind, verursacht Interessenskonflikte. Es gibt Fälle, bei denen der Arzt zugleich der Vertreter der Versicherung ist, wodurch Versicherungsansprüche von Patienten zurückgewiesen werden.

 

Während es in Tiflis eine große Anzahl von Krankenhäusern mit ausreichend Bettenkapazitäten gibt, finden sich am Lande nur kleine Hospitäler mit einer begrenzten Anzahl an Diensten, die mitunter überbelegt sind (IBZ 27.6.2014)

 

"

 

1.3. Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Georgien vor ihrer Ausreise einer individuellen Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder sie im Falle einer Rückkehr nach Georgien einer solchen ausgesetzt wäre. Somit konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Georgien aus wohlbegründeter asylrelevanter Furcht vor Verfolgung verlassen hat.

 

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass sonstige rechtlich relevante Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

 

2. Beweiswürdigung

 

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin vor dem BFA, den bekämpften Bescheid sowie den Beschwerdeschriftsatz.

 

2.1. Zum Verfahrensgang

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.

 

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

 

Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Angaben, an denen auf Grund ihrer Sprachkenntnisse, der örtlichen Kenntnisse und Gegebenheiten auch nicht zu zweifeln war sowie aus der vorgelegten Personenstandsurkunde.

 

Die Feststellungen zur Religionszugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen der Beschwerdeführerin gründen sich insbesondere auf deren Angaben im Asylverfahren. Unterstützungsschreiben sowie Nachweise über ehrenamtliches bzw. gemeinnütziges Engagement brachte die Beschwerdeführerin nicht in Vorlage. Ebenso legte sie keine Nachweise über allfällig erworbene Deutschkenntnisse vor, ihren eigenen Angaben zufolge spricht sie "ein bisschen Deutsch", die behördlichen Einvernahmen wurden mit Dolmetschern geführt.

 

Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergibt sich aus den im Akt befindlichen medizinischen Unterlagen. Es wird darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Punkt eine erhöhte Mitwirkungspflicht durch die Partei besteht (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601), weshalb sich das erkennende Gericht nicht veranlasst sieht, diesbezüglich weitere Ermittlungen zu tätigen.

 

Die strafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin in Österreich geht aus der Einsicht ins Strafregister des Bundesministeriums für Inneres hervor.

 

2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin

 

Das BFA hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das BVwG schließt sich im entscheidungswesentlichen Umfang diesen Ausführungen mit den nachstehenden Erwägungen an.

 

Das BFA verneinte die Glaubwürdigkeit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Ausreisegründe und verwies zu Recht auf widersprüchliche, vage und oberflächliche Aussagen zu diesem Sachverhalt.

 

Diesbezüglich ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes übereinstimmend festzustellen, dass nicht nur die Angaben im Vergleich mit dem ersten Asylverfahren, sondern auch die Angaben im gegenständlichen Verfahren in sich widersprüchlich sind.

 

So wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz unter Angabe einer falschen Identität stellte und als Fluchtgrund die Verfolgung durch unbekannte Personen, welche sie mit dem Umbringen bedroht hätten, anführte.

 

Im Zuge der Erstbefragung im gegenständlichen Verfahren vermeinte die Beschwerdeführerin jedoch, in Österreich zu sein, weil sie ihre Mutter besuchen hat wollen. Sie sei sich zwar nicht sicher gewesen, habe aber vermutet, dass diese in Österreich aufhältig sei.

 

In der Einvernahme vor dem BFA am 17.01.2017 führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, dass ihre Mutter bereits verstorben sei, als die Beschwerdeführerin achtzehn Jahre alt gewesen sei. Als Grund für ihre Ausreise nannte sie ihre Schwester, welche sie in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einweisen wolle.

 

Zusammengefasst variierte die Beschwerdeführerin ihre Ausreisegründe mehrmals und verstrickte sich zudem in Widersprüche, was den Aufenthalt ihrer Mutter angeht bzw. sogar ob diese noch am Leben ist oder nicht.

 

Dem maßgeblich entgegenzutreten vermochte die Beschwerdeführerin auch nicht mit der Anmerkung in der Beschwerde, wonach die Erstbefragung unmittelbar nach ihrem Unfall stattgefunden habe und die Erstbefragung gesetzlich nicht dazu gedacht sei, die Fluchtgründe erschöpfend darzustellen, zumal zwar grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der oder den Einvernahme(n) im Hinblick auf ein gesteigertes Vorbringen nicht zielführend ist, da die Erstbefragung lediglich einer ersten Orientierung dienen soll und sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Im gegenständlichen Fall stellt das Vorbringen in der Einvernahme jedoch kein im Verhältnis zur Erstbefragung detaillierteres Vorbringen, sondern ein in einem wesentlichen und den unmittelbar fluchtauslösenden Vorfall betreffenden Teilbereich völlig anderes Geschehen dar, als in der Erstbefragung (Besuch der Mutter bzw. Einweisung durch die Schwester).

 

Insofern erweckten die divergierenden Angaben der Beschwerdeführerin maßgebliche Zweifel am behaupteten Bedrohungsszenario.

 

Dem BFA ist auch nicht entgegenzutreten, wenn es auf die Wiedersprüche hinsichtlich des Namens der Mutter bzw. der Anzahl ihrer Geschwister hinweist und die nicht nachvollziehbaren Angaben dazu aufzeigt, welche Intention die Schwester der Beschwerdeführerin habe, diese in eine psychiatrische Anstalt einliefern zu lassen, hat doch die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt, dass ihre Schwester schwer krank sei bzw. dass offensichtlich ein gutes Verhältnis bestanden habe, ansonsten sie nicht über Jahre hinweg gemeinsam ein Lebensmittelgeschäft geführt hätten.

 

In Übereinstimmung mit dem BFA kann daher davon ausgegangen werden, dass sich die Beschwerdeführerin eines konstruierten Vorbringens bedient hat.

 

Abgesehen davon ist selbst bei Wahrunterstellung der Absicht ihrer Schwester, die Beschwerdeführerin in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einliefern zu lassen, anzumerken, dass die grundlegende Voraussetzung der Gewährung von Asyl die Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, nämlich die (direkte oder indirekte) staatliche Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften des Asylwerbers (seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung wegen) ist. Die behauptete Bedrohung durch die Schwester vermag diese Voraussetzungen im konkreten Fall nicht zu erfüllen (siehe hierzu die Ausführungen unter Punkt 3.3. dieses Erkenntnisses).

 

In der Gegenüberstellung der auf das erstinstanzliche Vorbringen gestützten und insofern in sich schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde mit dem insoweit nicht stichhaltigen Beschwerdevorbringen gelangte das erkennende Gericht somit zu keinem von den Feststellungen der Behörde abweichenden Ergebnis.

 

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

 

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

 

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Insofern kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau auch die erforderliche Aktualität zu.

 

Neuere Quellen ( wie etwa der Bericht des dt. Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien; http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Georgien_node.html [Stand: April 2017] bestätigen das von der belangten Behörde beschriebene Bild, weshalb sich das Gericht den behördlich getroffenen Feststellungen zur Lage in Georgien zweifelsfrei anschließt.

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht auch kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Die Beschwerdeführerin ist auch in ihrer Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

 

Das ho. Gericht geht davon aus, dass der maßgebliche Sachverhalt, vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat handelt, in ausreichendem Maße ermittelt wurde. Ebenso stellt sich die darauf aufbauende Beweiswürdigung als tragfähig dar.

 

Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, es wären weitere Ermittlungen im vom ihr beschriebenen Umfang durchzuführen gewesen, kann sich das ho. Gericht dem nicht anschließen und weist das ho. Gericht darauf hin, dass sowohl Recherchen vor Ort als auch die Beziehung eines Ländersachverständigen unterbleiben können, wenn der maßgebliche Sachverhalt auch anderweitig festgestellt werden kann, was hier zweifelsfrei der Fall war. Ein weitergehendes Ermittlungsverfahren würde letztlich in einem unzulässigen Erkundungsbeweis münden. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen, sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nichts anderes beabsichtigt die Beschwerdeführerin jedoch mit dem Beweisantrag auf Beiziehung eines länderkundigen Sachverständigen. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren – und somit auch im asylgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist die Behörde [das ho. Gericht] einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger – Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

3. rechtliche Beurteilung

 

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

 

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 ? DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

3.2. Republik Georgien - sicherer Herkunftsstaat:

 

Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren.

 

Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

 

Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen.

 

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

 

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

 

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

 

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

 

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

 

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

 

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

 

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

 

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

 

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

 

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

 

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

 

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

 

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

 

Aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der richtlinienkonformen Umsetzung und Interpretation innerstaatlicher Rechtsnormen, welche der höchstgerichtlichen Judikatur folgend geboten erscheint, wonach wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ sich bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat zu gelten hat, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

 

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

 

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichte entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

 

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

 

Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

 

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die belangte Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens des Beschwerdeführers ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der belangten Behörde bzw. dem im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher noch zu berücksichtigen wäre.

 

Es steht außer Zweifel, dass das entscheidende Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das Bundesverwaltungsgericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollte der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, dass die Republik Georgien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihm frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof bzw. zu europäischen Instanzen zu beschreiten.

 

Zu A)

 

3.3. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

 

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

 

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

 

Eine gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht. In diesem Zusammenhang verweist das Gericht auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. dieses Erkenntnisses.

 

Selbst bei Wahrunterstellung der Absicht der Schwester der Beschwerdeführerin, diese in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einliefern zu lassen, ist anzumerken, dass die grundlegende Voraussetzung der Gewährung von Asyl die Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, nämlich die (direkte oder indirekte) staatliche Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften des Asylwerbers (seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung wegen) ist.

 

Im vorliegenden Fall stützt die Beschwerdeführerin die Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz auf eine Bedrohung durch ihre Schwester.

 

In diesen Ausführungen vermag das Bundesverwaltungsgericht aber keine aktuelle und individuelle GFK relevante Verfolgung zu erkennen. Die Beschwerdeführerin behauptete eine Gefährdung oder Bedrohung durch eine private Dritte, wobei der Grund für diese Gefährdung oder Bedrohung keine Deckung in der GFK findet, zumal sie ihre Ausreise darauf gründeten, dass sie allein aus rein "privaten" Gründen (die Beschwerdeführerin hatte Probleme nach dem Tod der Mutter, AS 73) von ihrer Schwester zum Aufenthalt in einer Psychiatrie gedrängt worden sei.

 

Wie oben dargelegt, ist die grundlegende Voraussetzung der Gewährung von Asyl aber die Glaubhaftmachung einer Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, nämlich die (direkte oder indirekte) staatliche Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften des Asylwerbers (seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung wegen). Im konkreten Vorbringen kann aber kein Konnex zu einem asylrelevanten Ereignis hergestellt werden, weshalb die von der Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen geschilderten Verfolgungshandlungen unter keinen der oben genannten Konventionsgründe subsumierbar sind.

 

Fehlt es hinsichtlich der in Rede stehenden Verfolgungshandlung(en) an einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe, so kann grundsätzlich auch dahingestellt bleiben, ob der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in der Lage oder Willens wäre, ihnen Schutz zu gewähren.

 

Im Ergebnis wäre also dem von der Beschwerdeführerin geschilderten Sachverhalt - auch unter Wahrunterstellung - keine Asylrelevanz beizumessen gewesen.

 

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgungsgefahr nicht existiert.

 

In diesem Zusammenhang wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Georgien nunmehr als sicherer Herkunftsstaat definiert wird.

 

Folglich war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß

 

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3.4. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

 

3.4.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

 

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

 

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

 

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

 

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

 

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

 

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

 

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Antragstellers zu berücksichtigen, wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragsstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex:

"Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

 

Der EGMR geht weiter allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann diesbezüglich die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

 

Gemäß der Judikatur des EGMR muss der Antragsteller die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt so weit als möglich Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

 

Im Übrigen wird noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Georgien inzwischen als sicherer Herkunftsstaat angesehen wird.

 

3.4.2. Bezogen auf die Beschwerdeführerin:

 

Dass die Beschwerdeführerin im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

 

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich darüber hinaus um eine arbeitsfähige Frau, bei welcher die Teilnahme am Erwerbsleben grundsätzlich vorausgesetzt werden kann. Sie verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und war mehrere Jahre selbstständig als Lebensmittelhändlerin tätig. Es ist aber auch nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin nicht durch Hilfsarbeiten oder Gelegenheitsjobs ihren Lebensunterhalt sichern kann. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sie ihre in Georgien lebende Schwester bei der Reintegration nicht unterstützen könnte. Darüber hinaus besteht in Georgien für bedürftige Personen, die unter der Armutsgrenze leben, die Möglichkeit, um Sozialhilfe anzusuchen.

 

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt somit nicht vor.

 

Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin:

 

Die Beschwerdeführerin leidet an einem XXXX , an einer XXXX und an einem XXXX Syndrom. Die Inanspruchnahme einer Psychotherapie wurde von Seiten der behandelnden Ärztin empfohlen.

 

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Georgien dann nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 06.03.2008, B 2400/07-9, zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält.

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

 

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet es daher für entscheidend, welche Haltung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zur Frage von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen und einer ausreichenden medizinischen Versorgung in den Zielstaaten unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3 EMRK im Rahmen seiner authentischen Interpretation dieser Konventionsbestimmung einnimmt. Zu diesem Zweck ist auf die jüngere einschlägige Rechtsprechung des EGMR in den folgenden Judikaten abzustellen:

 

GONCHAROVA & ALEKSEYTSEV gg. Schweden, 03.05.2007, Rs 31246/06

 

AYEGH gg. Schweden, 07.11.2006, Rs 4701/05

 

PARAMASOTHY gg. NIEDERLANDE, 10.11.2005, Rs 14492/03

 

RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 35989/03

 

HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05

 

OVDIENKO gg. Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04

 

AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04

 

NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03

 

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

 

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

 

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

 

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

 

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl. PARAMSOTHY gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht denselben Standard haben sollten wie in den Niederlanden).[...]

 

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

 

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

 

Die beiden letztgenannten Entscheidungen beinhalten somit, dass bei körperlichen Erkrankungen im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht zB für AIDS in Tansania sowie Togo und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant sind.

 

In Bezug auf psychische Erkrankungen, wie zB schweren Depressionen und PTBS mit suizidaler Einengung, haben auch nachfolgende, sich ebenfalls aus der Rechtsprechung des EGMR ergebende, Überlegungen (vgl. auch VfGH v. 6. März 2008, B 2400/07 sowie Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren" mwN auf die Judikatur des EGMR) für eine Art 3-EMRK-konforme Entscheidung mit einzufließen:

 

Schwere psychische Erkrankungen erreichen solange nicht die erforderliche Gravität, als es nicht zumindest einmal zu einer Zwangseinweisung in eine geschlossene Psychiatrie gekommen ist. Sollte diese allerdings schon länger als ein Jahr zurückliegen und in der Zwischenzeit nichts Nennenswertes passiert sein, dürfte von keiner akuten Gefährdung mehr auszugehen sein. Die lediglich fallweise oder auch regelmäßige Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen einschließlich freiwilliger Aufenthalte in offenen Bereichen psychiatrischer Kliniken indizieren eine fehlende Gravität der Erkrankung.

 

Im Falle einer diagnostizierten PTBS, die auf traumatische Erlebnisse im Herkunftsstaat zurückzuführen ist, wird diese umso unbeachtlicher respektive unglaubwürdiger, je später im Verfahren die dieser Erkrankung behauptetermaßen zugrunde liegenden Erlebnisse vorgebracht werden. Nach Ansicht des EGMR kann zwar die Erkrankung erst nach Jahren ausbrechen bzw. erkannt werden, vom Asylwerber kann aber erwartet werden, dass er den traumakausalen Sachverhalt bereits in einem frühen Verfahrensstadium erstmals erwähnt.

 

Mentaler Stress, der durch eine Abschiebungsentscheidung hervorgerufen wird, rechtfertigt nicht die Abstandnahme von der Effektuierung dieser Entscheidung.

 

Auch wenn eine akute Suizidalität besteht, ist ein Vertragsstaat nicht dazu verpflichtet, von der Durchführung der Abschiebung Abstand zu nehmen, wenn konkrete risikominimierende Maßnahmen getroffen werden, um einen Selbstmord zu verhindern. Die Zusicherung von Garantien, welche von der die Abschiebung durchführenden Polizei zu beachten sind (zB die Charterung eines eigenen, mit einem ärztlichen Team ausgestatteten Flugzeuges), reiche hierzu aus. Dies gilt auch für den Fall bereits mehrerer vorangegangener Suizidversuche.

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

In Georgien ist eine medizinische Grundversorgung gewährleistet. Dass die diesbezüglichen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland allenfalls schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist gemäß der EGMR-Judikatur nicht ausschlaggebend.

 

Inwieweit sich der gesundheitliche Zustand der Beschwerdeführerin im Falle eines Aufenthaltes in Österreich bzw. einer Behandlung in Österreich verbessern sollte, wurde nicht vorgebracht, ist nicht erkennbar und kann aber auch nicht festgestellt werden, dass sich dieser bei einer Überstellung nach Georgien und dortiger medizinischer Betreuung verschlechtern würde.

 

Eine akute lebensbedrohende Krankheit der Beschwerdeführerin, welche eine Überstellung nach Georgien gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, liegt im konkreten Fall jedenfalls nicht vor. Auch konnte nicht konkret dargelegt werden, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin im Falle einer Überstellung nach Georgien verschlechtern würde.

 

Durch eine Abschiebung der Beschwerdeführerin wird Art. 3 EMRK nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was in Georgien jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung in Georgien den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant.

 

Nach den herangezogenen Feststellungen können nahezu alle Erkrankungen in Georgien behandelt werden. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt.

 

Selbst wenn die Beschwerdeführerin in Georgien mit erheblichen finanziellen Belastungen zu rechnen hätte, kann unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK kein wesentlicher Aspekt erblickt werden, zumal davon ausgegangen werden kann, dass die Beschwerdeführerin familiäre Unterstützung durch ihre Schwester im Herkunftsstaat findet. Sie ist daher weder von Obdachlosigkeit noch extremer Armut und daraus resultierendem gänzlich fehlenden Zugang zu medizinischen Leistungen bedroht.

 

Im gegenständlichen Fall mag es somit zwar sein, dass die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat hinter denen in Österreich zurückbleiben, aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ist jedoch bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen festzustellen, dass hierdurch im gegenständlichen Fall die vom EGMR verlangten außerordentlichen Umstände nicht gegeben sind (vgl. hierzu insbesondere auch weiters Urteil des EGMR vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599, Case of Bensaid v. The United Kingdom oder auch VwGH v. 7.10.2003, 2002/01/0379).

 

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die Beschwerdeführerin somit nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden.

 

Vor diesem Hintergrund erweist sich letztlich die Annahme des BFA, es lägen im gegenständlichen Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme des realen Risikos einer Gefährdung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z.1 AsylG vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend, und geht auch das Bundesverwaltungsgericht in der Folge von der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat aus.

 

Insoweit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

3.5. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

 

3.5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Beschwerdeführerin befindet sich seit Dezember 2005 im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt von der rechtskräftigen Zurückweisung ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz (26.01.2006) bis zur nunmehrigen Antragstellung am 09.12.2015 unrechtmäßig war. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Die Beschwerdeführerin ist als Staatsangehörige von Georgien keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

3.5.2. Eingriff in das Privat- oder Familienleben

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

Die Beschwerdeführerin gab an, über keine familiären Bindungen in Österreich zu verfügen. Es wurden diesbezüglich auch keine anderen Ausführungen in der Beschwerde getroffen.

 

Da somit im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin zu verneinen ist, bleibt zu prüfen, ob mit der Ausweisung ein Eingriff in deren Privatleben einhergeht.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008,

 

Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Die nicht unerhebliche Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet seit ihrer illegalen Einreise im Dezember 2005 wird dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber bis 26.01.2006 rechtmäßig war. Danach war die Beschwerdeführerin bis zu ihrer nunmehrigen Antragstellung illegal im Bundesgebiet aufhältig. Dies musste der Beschwerdeführerin auch bewusst gewesen sein.

 

Die Interessen der Beschwerdeführerin werden ferner auch dadurch erheblich gemindert, dass ihr Aufenthalt zudem auf - wie sich im Verfahren zeigte - unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers nämlich wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

 

Wie der EGMR bereits mehrmals aussprach, gibt es selbst für langjährig niedergelassene Fremde bzw. auch Fremde, die im Gastland geboren wurden, keinen absoluten Ausweisungsschutz nach Art. 8 EMRK (EGMR 18. 10. 2006, ÜNER gg. die Niederlande, Appl. 46.410/99; 28. 6. 2007, KAYA gg. Deutschland, Appl. 31.753/02; 23. 6. 2008, Maslov gg. Österreich, Appl. 1.638/03; 25. 3. 2010, Mutlag gg. Deutschland, Appl. 40.601/05), da auch bei solchen Personen die Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK anwendbar ist (Falk Fritzsch, "Die Auswirkungen des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens auf Ausweisungen und andere Rückführungsentscheidungen", ZAR 9/2011, S. 301 f.)

 

Zudem stellt das beharrliche unrechtmäßige Verbleiben eines Fremden im Bundesgebiet bzw. ein länger dauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens dar (vgl. VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Die Beschwerdeführerin hielt sich jedenfalls in der Zeit von 26.1.2006 – dem Zeitpunkt der Zurückweisung des ersten Asylantrages – bis zur gegenständlichen Asylantragstellung am 9.12.2015 unrechtmäßig in Österreich auf.

 

Die Beschwerdeführerin übt aktuell in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Sie konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und war einige Zeit obdachlos gemeldet. Der familiäre Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin liegt in Georgien. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der Beschwerdeführerin in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar. Dies ergibt sich vorrangig aus der Tatsache, dass sie aus Mitteln der Grundversorgung erhalten wird und sie auch weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation Mitglied ist und sie in der Folge auch kein ehrenamtliches bzw. gemeinnütziges Engagement in Vorlage brachte.

 

Soweit die Beschwerdeführerin allenfalls über sonstige gewöhnliche soziale Kontakte im Bekannten- und Freundeskreis verfügt, ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass derartige Kontakte zwar durch eine Rückkehr nach Georgien gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführerin hierdurch gezwungen wird, den Kontakt gänzlich abzubrechen. Vielmehr steht es ihr frei, die Kontakte anderweitig (etwa telefonisch, elektronisch, brieflich) aufrecht zu erhalten.

 

Aufgrund der langjährigen Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin kann davon ausgegangen werden, dass diese sich zumindest grundlegende Deutschkenntnisse angeeignet hat. Nach eigenen Angaben spricht sie "ein bisschen Deutsch". Dies allein vermag jedoch nicht den Voraussetzungen einer sozialen Integration zu genügen.

 

Im gegenständlichen Fall ist daher davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin trotz ihres elfjährigen Aufenthaltes in Österreich weder beruflich noch nennenswert sozial integriert hat.

 

Die Beschwerdeführerin verbrachte weiters den deutlich überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat, wurde dort sozialisiert und spricht die Mehrheitssprache ihrer Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso war festzustellen, dass sie dort über Bezugspersonen in Form ihrer Schwester – mit der sie nach wie vor gelegentlich in Kontakt steht – und deren Familie verfügt. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

 

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

 

Angesichts der - somit in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.5.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

3.6. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Frist für freiwillige Ausreise):

 

§ 55 FPG lautet:

 

(1) [...]

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) bis (5) [...]

 

Die Nichtgewährung einer Frist für eine freiwillige Ausreise entspricht § 55 Abs. 1a FPG und war daher nicht zu beanstanden.

 

3.7. Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung):

 

§ 18 Abs 1 BFA-VG lautet auszugsweise:

 

"§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

 

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, [

]

 

Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG vor, zumal Georgien gemäß § 1 Z 12 Herkunftssaatenverordnung (HStV), BGBl. II 177/2009 idgF als sicherer Herkunftsstaat gilt.

 

Aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und auch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergab sich zudem kein Hinweis, dass Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides rechtswidrig erlassen worden wäre oder dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorliegen würden.

 

3.8. Entfall einer mündlichen Verhandlung

 

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt.

 

Die in § 24 Abs. 4 VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des § 67d Abs. 4 AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält § 24 Abs. 4 VwGVG nicht (mehr).

 

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:

trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

 

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

 

 

 

 

 

 

Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

 

Das Absehen von der mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Fall entspricht auch der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur des VwGH vom 28.11.2014, Ra 2014/01/0003-10 (unter Verweis auf das VwGH Erkenntnis vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018), worin sich der VwGH erneut mit der Abstandnahme von der Durchführung einer Verhandlung regelnden Voraussetzungen des § 21 Abs 7 erster Fall BFA-VG auseinandergesetzt hat.

 

In dem dem jüngsten obzitierten VwGH Judikat zugrundeliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes hat dieses § 21 Abs 7 erster Fall leg. cit. folgend, die Ansicht vertreten, der Sachverhalt sei aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie der Beweisaufnahme, welche den Verfahrensparteien schriftlich zur Kenntnis gebracht worden sei, als geklärt anzusehen, zumal im Beschwerdeverfahren keine Tatsachen zu finden seien, die zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnten. Im gegenständlichen Fall schloss sich das BVwG den tragenden beweiswürdigenden Überlegungen der Verwaltungsbehörde, die auf nicht ausgeräumte Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers und seine inhaltsleeren und oberflächlichen Schilderungen angeblich erlebter Ereignisse gründeten, an; das BVwG durfte auch vom Vorliegen eines unsubstantiierten Bestreitens der behördlichen Feststellungen ausgehen. Der Revisionswerber hat in der Beschwerde lediglich behauptet, die Behörde hätte den Sachverhalt nicht richtig beurteilt; die beweiswürdigenden Überlegungen, welche auch das BVwG teilte, hat der Revisionswerber jedoch nicht bestritten, sondern hat im wesentlichen seine Angaben ergänzt bzw. korrigiert. Der Revisionswerber behauptete, der Sachverhalt sei nicht geklärt, da dessen behauptete Mitgliedschaft in einer Studentenorganisation nicht geklärt sei; da diese Behauptung jedoch an einen Sachverhalt anknüpft, der als unglaubwürdig festgestellt wurde, führt diese als nicht entscheidungsrelevanter Sachverhalt nicht dazu, dass die dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. dem ersten Tatbestand des § 21 Abs 7 BFA-VG nicht erfüllt gewesen wären.

 

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung des Beschwerdeführers über seine Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Sachverhalt wurde daher nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt.

 

Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in seiner Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung.

 

Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weist die Entscheidung des BFA immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.

 

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesem kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger im gegenständlichen Verfahren relevanter Gründe. Auch tritt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde den seitens der belangten Behörde getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen. Der Vorwurf der mangelnden Auseinandersetzung des BFA mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin steht im Widerspruch zum Einvernahmeprotokoll. Aus diesem geht zweifelsfrei hervor, dass die Beschwerdeführerin ausführlich befragt worden ist und sie dem auch nicht substantiiert entgegengetreten ist.

 

Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

Zu B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Insbesondere war die gegenständliche Entscheidung von bloßen Tatsachenfeststellungen abhängig, die anhand von Glaubwürdigkeitserwägungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffen wurden.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht weiters klar hervor, dass das Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des Begriffs des internationalen Schutzes, des subsidiären Schutzes sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Rechtes auf ein Privat- und Familienleben abgeht.

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