BVwG L507 1433114-1

BVwGL507 1433114-19.8.2016

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:L507.1433114.1.00

 

Spruch:

L507 1433114-1/35E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.02.2013, Zl. 1210.078-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.05.2014 und 13.01.2016 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG wird das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer gab an, ein Staatsangehöriger des Irak, kurdischer Abstammung und schiitischen Glaubens zu sein. Er reiste am 04.08.2012 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der am 04.08.2012 durchgeführten Erstbefragung brachte er vor, dass er mit seiner Schwester neun Jahre lang einen Frisörsalon für Damen betrieben habe. Im Mai 2012 seien islamische Extremisten gekommen und hätten ihm gedroht den Salon zu zerstören, sollte er diesen weiter betreiben. Der Beschwerdeführer habe weiter gemacht und einige Tage danach seien die islamischen Extremisten gekommen und hätten den Frisörsalon zerstört. Zudem sei eine Todesnachricht für ihn hinterlassen worden. Er habe dies auch der Polizei gemeldet, jedoch die Täter nicht nennen können, weshalb diese nichts tun hätte können. Aus Angst diese Personen könnten erneut kommen, habe er dann den Irak verlassen.

3. Am 29.11.2012 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er zusammengefasst vor, dass er ab dem Jahr 2002 einen Frisörsalon betrieben habe, welcher am 14.08.2007 aufgrund einer Explosion eines LKW in der Nähe zerstört worden sei. Anfang 2008 habe er erneut einen Frisörsalon eröffnet, welchen er bis Juli 2012 auch betrieben habe. Am 04.05.2012 seien zwei Männer zu ihm gekommen und hätten ihn gedrängt, sein Geschäft zu schließen, zumal er zu westlich eingestellt sei. Der Beschwerdeführer habe seinen Frisörsalon aber nicht geschlossen und am 20.05.2012 beim Aufsperren des Geschäftes gemerkt, dass die Glasfront zerstört und die Inneneinrichtung komplett demoliert gewesen sei. Am Eingang sei ein an ihn gerichtetes Schreiben gehängt worden, worin ihm der Tod angedroht worden sei, sollte er als Jezide dieses Geschäft weiter betreiben, welches in der Gegend nicht erlaubt sei. Da ihm die Polizei keine Sicherheit habe garantieren können, habe er Angst gehabt und schließlich den Irak verlassen.

4. Mit Bescheid vom 06.02.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Irak ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Die Erstbehörde traf darin aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben zur allgemeinen Lage im Irak.

In seiner Beweiswürdigung führte das Bundesasylamt aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen selbst bei Wahrunterstellung nicht zu der Feststellung führen würden, dass die Demolierung des Frisörsalons aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Ansichten oder aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgt sei, sondern allein deshalb, weil er den Frisörsalon nach westlichem Vorbild geführt habe. Dieser Führungsstil weise keine GFK-Relevanz auf.

Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer keine konkrete, individuelle gegen ihn selbst gerichtete Verfolgung aus einem in der GFK angeführten Grund befürchten müsse, weshalb kein Asyl gewährt werden könnte.

Es bestünden auch keine Abschiebungshindernisse und sei daher kein subsidiärer Schutz zu gewähren.

Hinsichtlich der Ausweisung führte das Bundesasylamt aus, dass kein Familienbezug des Beschwerdeführers in Österreich vorliege. Zum Privatleben kam das Bundesasylamt zum Ergebnis, dass ein solches hierorts noch nicht entstanden sei.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 06.02.2013 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren gemäß § 66 Abs. 1 AsylG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

6. Gegen den Bescheid vom 06.02.2013 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.02.2013 fristgerecht Beschwerde.

Darin bringt der Beschwerdeführer im Einzelnen vor, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sei, weil er im Herkunftsland aufgrund seines jezidischen Glaubens verfolgt werde. Der Beschwerdeführer habe bereits im Rahmen der Einvernahme vor dem BAA angegeben, dass er aufgrund seines jezidischen Glaubens mit dem Umbringen bedroht sowie sein Frisörsalon demoliert worden sei. Nachdem er dies bei der Polizei angezeigt habe, sei ihm mitgeteilt worden, dass diese nicht gewillt sei ihn vor weiteren Übergriffen zu schützen. Dem Beschwerdeführer sei es gerade aufgrund seines jezidischen Glaubens möglich gewesen, einen westlich orientierten Frisörsalon zu führen. Im Weiteren wurden auszugsweise Länderberichte zitiert, aus denen sich ergebe, dass Jeziden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt werden würden und kein Schutz von Sicherheitsbehörden erwartet werden könne. Außerdem sei die Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr völlig falsch beurteilt worden. Im Irak sei nicht nur die politische Lage äußerst instabil, sondern auch die Versorgungslage sowie die allgemeine Sicherheitslage nach wie vor sehr schlecht. Diesbezüglich sowie zur Menschenrechtslage im Irak wurden Passagen aus dem bekämpften Bescheid zitiert.

7. Am 18.11.2013 erfolgte seitens des Asylgerichtshofes eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme. Dem Beschwerdeführer wurde der Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 17.01.2013 sowie die Stellungnahme des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien über Jeziden im Irak vom 17.02.2010 übermittelt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahem innerhalb von zwei Wochen eingeräumt.

8. Mit Schriftsatz vom 06.12.2013 erstattete der Beschwerdeführer zum Ergebnis der Beweisaufnahme eine Stellungnahme. Der Beschwerdeführer stimme den Ausführungen zu, wonach besonders gefährdete gesellschaftliche Gruppen (u. a. auch Frisöre) immer wieder Ziel von Anschlägen seien. Jeziden würden im Irak nach wie vor auch systematisch diskriminiert und bedroht werden. Diesbezüglich wurde auszugsweise ein Bericht von Said Shehata verwiesen. Durch den Zustrom von syrischen Flüchtlingen in den Irak hätte sich die Lage für Jeziden sogar verschlechtert. Schließlich wurde noch ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer bemühe, sich in Österreich zu integrieren. Er besuche derzeit einen Deutschkurs.

9. Mit Einrichtung des Bundesverwaltungsgerichtes am 01.01.2014 wurde gegenständlicher Akt letztlich der Gerichtsabteilung L507 zugeteilt.

10. Am 20.05.2014 und 13.01.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand vorliegender Länderdokumentationsunterlagen erörtert.

11. Mit Schriftsatz vom 10.02.2016 erstattete die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers eine Stellungnahme zu den in der mündlichen Verhandlung am 13.01.2016 ausgehändigten länderkundlichen Informationen. Darin wurde zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative Bezug genommen und angemerkt, dass dieser aus humanitären Gründen entschieden entgegengetreten werde. Die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderfeststellungen seien inhaltlich nicht geeignet, die Position von UNHCR zur Rückkehr in den Irak vom Oktober 2014 zu entkräften und eine gegenteilige Annahme zuzulassen. Es würden entsprechend der UNHCR-Position vom Oktober 2014 prekäre humanitäre Bedingungen in den Provinzen der kurdischen Autonomieregion herrschen. Aus den übermittelten länderkundlichen Feststellungen sei nicht ersichtlich, weshalb das Bundesverwaltungsgericht zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat Irak komme und wurde dazu im Weiteren auf die einzelnen Berichte eingegangen, welche eine schlechte humanitäre Lage in der kurdischen Autonomieregion ausführlich darlegen würden. Eine Rückkehr dorthin sei aus humanitären Gesichtspunkten daher nicht zumutbar. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer über keinen familiären oder ethnischen und sozialen Rückhalt in der kurdischen Autonomieregion verfüge. Seine noch am Leben gebliebenen Familienangehörigen würden in einem Flüchtlingslager in den Bergen leben. Ein Bruder und eine Schwester seien nach wie vor vermisst. Die noch verbliebenen Familienangehörigen im Irak hätten jedenfalls nicht die Möglichkeit gehabt, die innerstaatliche Fluchtalternative Kurdistan zu nutzen.

12. Mit Schriftsatz vom 02.08.2016 brachte die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers einen Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 21.07.2016 mit dem Titel "Kurdenregion im Nordirak ächzt unter der Last der Binnenflüchtlinge" in Vorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer trägt die im Spruch angeführten Personalien, er ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Jezide.

Er stammt aus dem Dorf XXXX , im Distrikt XXXX in der Provinz Ninawa, wo er vier Jahre lang die Grundschule besuchte. Der Beschwerdeführer lebte bis zu seiner Ausreise im Elternhaus und war als Frisör tätig.

Seine Eltern und ein Bruder des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Irak. Der Aufenthalt eines Bruders und einer Schwester ist unbekannt. In Österreich sind keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers aufhältig. Er hat freundschaftlichen Kontakt zu zwei Österreichern.

In Österreich lebt der Beschwerdeführer von Leistungen der Grundversorgung für Asylwerber. Er besuchte bisher keinen Deutschkurs und spricht bis auf einzelne Wörter die deutsche Sprache nicht.

Der Beschwerdeführer hat sich weder im Irak noch in Österreich politisch engagiert.

1.2. Zur Lage im Irak wird festgestellt:

1.2.1. Die Sicherheitslage im Irak hat sich Mitte 2014 dramatisch verschlechtert. Schwerpunkte terroristischer Aktivitäten blieben Bagdad sowie die Provinzen Anbar, Ninawa, Salah al-Din und Diyala im Norden und Westen des Landes. Weite Teile dieser Provinzen sind nicht unter Kontrolle der Zentralregierung und 17 Millionen Menschen (53 Prozent der Bevölkerung) sind von Gewalt betroffen. Diese geht überwiegend von der terroristischen Organisation "Islamischer Staat" (IS) sowie von ba'athistischen Elementen aus. Als Reaktion auf den Vorstoß der extremistischen sunnitischen Kräfte wurden auch schiitische Milizen im Irak wieder mobilisiert, Gewalttaten gegen Zivilisten gehen nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen und der Vereinten Nationen zunehmend auch von schiitischen Milizen aus.

Gemäß Art. 121 der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peshmerga und die Sicherheitspolizei Asayish) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaymaniya und Dohuk aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Niniveh (Mosul). Sie unterstehen der kurdischen Regionalregierung und sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert. Die Region Kurdistan-Irak wird von einer Regionalregierung verwaltet, die von den beiden großen kurdischen Parteien KDP und PUK getragen wird.

Innerirakische Migration in die Region Kurdistan-Irak ist möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss zur Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks gehen und sich anmelden. Durch den Zustrom von Binnenvertriebenen ist die Region Kurdistan-Irak an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt. Mehr als 850.000 Binnenflüchtlinge sind allein seit Anfang des Jahres 2014 nach Kurdistan-Irak geflohen. Hinzu kommen mehr als 200.000 syrische Flüchtlinge.

Es gibt regelmäßige Linienflüge wichtiger Luftfahrtgesellschaften, u. a. aus Europa und Staaten des Nahen Ostens, nach Bagdad (Royal Jordanian, Middle East Airlines, Turkish Airlines) sowie nach Erbil (Lufthansa, Austrian Airlines, Turkish Airlines, Air Berlin) und Sulaymaniya (Air Berlin). Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Während Rückführungen in die Region Kurdistan auch von Deutschland aus regelmäßig stattfinden, werden Abschiebungen nach Zentralirak aus Deutschland gar nicht und von anderen Staaten sehr verhalten durchgeführt.

(Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 23.12.2014)

Die 'Kurdische Autonome Region' (KAR) erstreckt sich über das Gebiet, das de jure unter der Verwaltung des Kurdistan Regional Government (KRG) steht, nämlich die Provinzen Dohuk, Sulaimaniya und Erbil.

Die kurdischen Sicherheitsorganisationen hatten die Sicherheitslage in der KAR im Allgemeinen unter Kontrolle. Im September 2014 hat die KRG angesichts möglicher Angriffe von ISIS die Sicherheitsmaßnahmen in der KAR verschärft. Es werden beispielsweise über die ganze KAR mehr Mitglieder von Sicherheitsorganisationen eingesetzt. Auch werden zusätzlich mobile Kontrollposten organisiert und Identitätsdokumente werden strenger kontrolliert. Vor allem sunnitischen arabischen Vertriebenen wird bei den Kontrollposten in Richtung KAR regelmäßig, aber anscheinend noch nicht systematisch, der Zutritt verweigert.

Die Sicherheitslage in der KAR wurde unter anderem durch vermehrte ISIS-Angriffe entlang der Grenzen von unter kurdische Kontrolle stehenden Gebieten bedroht, vor allem östlich von Ninewa, entlang der Grenzen der Provinz Erbil. Nur 50 Kilometer von der Hauptstadt Erbil, in der Provinz Ninewa, liegen Gwer und Makhmour, wo im Berichtzeitraum heftige Gefechte stattgefunden haben. Beide Orte stehen seit August 2014 de facto, aber nicht de jure unter kurdischer Verwaltung, nachdem die Peschmerga die Städte von ISIS befreit hatten. Im Berichtzeitraum wurden beide Städte wiederholt von ISIS angegriffen - insbesondere im Jänner 2015 (Gwer) und im Feber 2015 (Makhmour) - aber ohne Erfolg. In der KAR haben im gegenständlichen Berichtzeitraum keine Kämpfe stattgefunden.

Erbil wurde am 19. November 2014 von einem Selbstmordattentat mit einer Autobombe in der Stadt aufgeschreckt. Bei diesem Anschlag kamen 4 Menschen ums Leben und 29 Menschen wurden verwundet. Es war der schwerste Anschlag in Erbil, seit Ende September 2013, als das Hauptquartier des Asayish, des kurdischen Sicherheitsdienstes, von einem Selbstmordanschlag getroffen wurde. Am 15. März 2015 wurde ein Außenbezirk von West-Erbil, in der Nähe des Flughafens, von einigen Mörsergranaten getroffen. Es ist nicht bekannt, wer die Täter oder was die Motive dieser Anschläge waren. Es wird angenommen, dass ISIS(-Sympathisanten) hinter den Anschlägen stecken.

Am 14. Feber 2015 fanden in Sulaimaniya-Stadt zwei Angriffe mit Handgranaten statt. Die Angriffe richteten sich gegen zwei Verlagshäuser, die denselben Eigentümer haben. Es ist nicht bekannt, wer die Täter oder was die Motive dieser Anschläge waren.

Die kurdischen Behörden und kurdische Bürger halten ein wachsames Auge auf Kurden mit Sympathien für ISIS. Die KRG geht von ungefähr 200 Kurden aus, die sich ISIS angeschlossen haben sollen. Nichtsdestotrotz haben sich in der KAR bis jetzt nur wenig signifikante Anschläge ereignet. Das Interesse potentieller Radikalen, sich ISIS anzuschließen, würde zurückgehen. Diesbezüglich ist aber anzumerken, dass es schwieriger geworden ist, Sympathie für ISIS zu äußern, weil dies möglicherweise von Mitbürgern direkt den Behörden gemeldet wird. Über Rückkehrer von Kampfgebieten außerhalb der KAR ist nichts bekannt.

Anfang März 2015 wurden in Sulaimaniya binnen vier Tagen 30 Personen verhaftet, die des Terrorismus verdächtigt werden: Am 4. März verhaftete der Asayish fünfzehn Personen und vier Tage später wurden ebenfalls fünfzehn Personen in Haft genommen, die zu einer Terrorzelle gehören würden. In der Provinz scheint der Argwohn der kurdischen Sicherheitsbehörden vor allem sunnitischen arabischen Einwohnern und Vertriebenen gegenüber zuzunehmen.

Die Kurden werden in ihrem Kampf gegen die sunnitischen Aufständischen außerhalb der KAR, unter anderem in Tikrit und XXXX , von irakischen Streitkräften unterstützt. Auch PMUs haben mit den Kurden zusammengearbeitet, ebenso die internationale Koalition, die Luftangriffe auf ISIS-Ziele durchführt, aber die Kurden auch unterstützt, in dem sie von ihr trainiert und ausgerüstet.

Seit dem Ende des vorangegangenen Berichtzeitraums führt ISIS regelmäßig Offensiven durch gegen die Kurden in umkämpften Gebieten, die unter faktischer Kontrolle der Peschmerga stehen. Der Großteil der umkämpften Gebiete sowie einige Gebiete, die vormals unter der Kontrolle irakischer Sicherheitstruppen standen, würden am Ende des gegenständlichen Berichtzeitraums unter Kontrolle der kurdischen Peschmerga stehen. Diese umkämpfte Gebiete fallen de facto (aber nicht de jure) unter Erbil, auch weil die KRG Gebiete, die durch die Peschmerga befreit wurden, als Gebiete betrachtet, die unter die Verantwortlichkeit der KRG fallen.

(Quelle: Offizieller Bericht zur Sicherheitslage im Irak des niederländischen Ministeriums f. Ausländerangelegenheiten, April 2015, u. die dort zitierten Quellen)

Nach der Rückeroberung der Stadt XXXX am 12.11.2015 kontrollieren kurdische Peshmerga insgesamt bereits 95% jenes Gebietes, das sie unter ihrer Kontrolle sehen wollten, entlang eines nunmehrigen Grenzverlaufs von ca. 1.600 km stehen derzeit über 160.000 kurdische Kämpfer den Milizen des IS gegenüber.

(Quelle: Jamestown Foundation: The Kurdish Periphery, Terrorism Monitor Vol. 13, 17.12.2015)

Die Irak-Mission der UN-Organisation IOM (International Organisation for Migration), registrierte, auf der Grundlage von Informationen lokaler Behörden sowie eigener Mitarbeiter, bis Ende September 2015 insgesamt ca. 3,2 Millionen sogen. Intern Vertriebene Personen (IDP) innerhalb des Iraks.

In der Provinz Suleimanyiah, die eine sonstige Gesamtbevölkerung von ca. 1,9 Millionen aufweist, hielten sich im Mai 2015 insgesamt ca. 180.000 IDP, daneben noch ca. 30.000 Flüchtlinge aus Syrien auf, etwa die Hälfte davon wiederum innerhalb des Bezirks der Hauptstadt. Während ca. 80% aller IDP in dieser Provinz in angemieteten Unterkünften und nur 1,5% in informellen Unterkünften wohnen, lag die Beschäftigungsrate unter den IDP bei ca. 30%.

In der Provinz Erbil, die eine sonstige Gesamtbevölkerung von ca. 1,5 Millionen aufweist, hielten sich im Mai 2015 insgesamt ca. 250.000 IDP, daneben noch ca. 110.000 Flüchtlinge aus Syrien auf, etwa 65% wiederum innerhalb des Bezirks der Hauptstadt. Ca. 15% der IDP in den ländlichen Bezirken, insbesondere im Bezirk Makhmur, benötigten direkte Unterstützung in Fragen der Unterkunft und medizinischen Versorgung.

In der Provinz Dohuk, die eine sonstige Gesamtbevölkerung von ca. 500.000 aufweist, hielten sich im April 2015 insgesamt ca. 450.000 IDP, daneben noch ca. 100.000 Flüchtlinge aus Syrien auf, von den IDP hielten sich ca. 17% im Bezirk der Hauptstadt, 32% im nördlich gelegenen Bezirk Zakho, 45% im südlich gelegenen Bezirk Sumel und 6% im östlich gelegenen Bezirk Amedi auf. Die Mehrheit der IDP in dieser Provinz gehört der Minderheit der Jeziden an. Eine Verbesserung der Sicherheitslage in den ursprünglichen Herkunftsregionen der IDP führte seit Beginn des Jahres 2015 zur Rückkehr von ca. 5.000 Familien in Teile der Provinz Ninava. Jeweils zwischen 10 und 20% der IDP in der Provinz Dohuk benötigten direkte Unterstützung hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Waren des täglichen Bedarfs und medizinischer Versorgung.

Die Sicherheitslage in den drei genannten Provinzen wird als stabil angesehen, die durch die Flüchtlinge bewirkte Bevölkerungszunahme setzt jedoch die lokale Wirtschaft und Infrastruktur erheblichem Druck aus und hat etwa zu Preiserhöhungen bei Mieten, Strom und Benzin geführt.

In der Provinz Kirkuk, die eine sonstige Gesamtbevölkerung von ca. 900.000 aufweist, hielten sich im Mai 2015 insgesamt ca. 370.000 IDP auf, diese wiederum zum Teil aus anderen Provinzen des Iraks, zum Teil innerhalb der Provinz selbst vertrieben. Die Sicherheitslage blieb angespannt insbesondere angesichts von anhaltenden Kampfhandlungen zwischen bewaffneten Gruppierungen (IS) und staatlichen Sicherheitskräften in den westlichen Bezirken Dabes und Al Hawiqa, die weiter (noch) nicht unter staatlicher, sondern unter Kontrolle von bewaffneten Gruppierungen (IS) stehen. 57% aller IDP bewohnten gemietete Unterkünfte innerhalb des Bezirks der Hauptstadt, 15% aller IDP in der Provinz wohnen unter schwierigen Verhältnissen.

Die Provinz Ninava wies eine ehemalige Gesamtbevölkerung von ca. 2,9 Millionen Einwohnern auf. Die Ereignisse seit Juni 2014, ausgelöst durch die Invasion der Provinz und die Einnahme der Hauptstadt Mosul durch bewaffnete Gruppierungen (IS), vertrieben über 1 Million Personen, d.h. 36% aller IDP des Iraks, aus der Provinz, während ca. 30.000 in die Provinz zuzogen. Jeziden und Kurden flohen mehrheitlich aus der Provinz in die kurdische Autonomieregion (KRG), Araber in den Zentralraum des Iraks, Turkmenen in den Süden des Landes. 40% der aus der Provinz Vertriebenen flohen in die Provinz Dohuk, von denen 80% Zuflucht in informellen Unterkünften suchten. Zwischenzeitig kehrten wiederum ca. 30.000 IDP aus der Provinz Dohuk zurück. Die nördlichen bzw. nordöstlichen Bezirke Akre, Al XXXX und Teile der Bezirke Teilkaif, Telafar und XXXX befanden sich aktuell wieder unter Kontrolle staatlicher bzw. kurdischer Sicherheitskräfte.

(Quelle: IOM Iraq, Governorate Profils, April/May 2015)

Den jüngsten Erhebungen zufolge halten sich innerhalb der Provinz Dohuk 427.000, der Provinz Erbil ca. 284.000, der Provinz Suleymaniah ca. 160.000, der Provinz Kirkuk (Al Tamim) ca. 400.000 und der Provinz Ninava ca. 200.000 IDP auf, in der Provinz Anbar ca. 580.000 sowie in Bagdad ebenso ca. 580.000. Die autonome kurdische Region im Nordirak (KRG) beherbergt insgesamt einen Anteil von ca. 27% bzw. 873.000 IDP, der Zentral- und Nordirak ca. 68% bzw. 2,16 Millionen IDP; der Südirak ca. 5% bzw. 180.000 IDP.

Von den insgesamt 3,2 Millionen IDP im Irak halten sich 69% in privaten Unterkünften (davon 40% in angemieteten Unterkünften, 26% bei Gastfamilien und 1% in Hotels), 8% in Flüchtlingslagern und 21% in informellen Unterkünften (9% in unfertigen Gebäuden, 4% in religiösen Einrichtungen, 1% Schulen und 5% in sonstigen informellen Unterkünften) auf, die Unterkunftsform von 2% ist ungeklärt. Der Anteil an in privaten Unterkünften wohnenden IDP stagniert aktuell, jener in Lagern ist leicht ansteigend, insbesondere im Raum Bagdad, ebenso wie jener in informellen Unterkünften im Raum Kirkuk.

In Bagdad finden sich aktuell 11 Flüchtlingslager, ein weiteres befindet sich im Aufbau; in der Provinz Dohuk 10 bzw. 1; in der Provinz Anbar 7; in der Provinz Ninava 5 bzw. 1; in der Provinz Diyala 4 bzw. 1; in der Provinz Suleimaniya 3 bzw. 1; in der Provinz Erbil 3 bzw. 1; in der Provinz Kirkuk 2 bzw. 1; in den Provinzen Salah al-Din, Wassit, Najaf, Kerbala, Missan und Babel (Babylon) jeweils 1. Insgesamt wurden bis dato 82% der gesamten geplanten Aufnahmekapazität in Lagern beansprucht, weitere ca. 7% stehen aktuell zur Verfügung.

38 sogenannte kollektive Verteilungszentren finden sich in 11 verschiedenen Provinzen des Iraks, darunter 2 in Suleimaniya und 1 in Erbil.

Den 3,2 Millionen IDP standen bis dato ca. 400.000 aus den Fluchtgebieten in ihre Herkunftsgebiete zurückgekehrte Personen gegenüber, darunter über 60.000 in die Bezirke Telafar und Telkaif in der Provinz Ninava.

(Quelle: www.iomiraq.net , IOM - Iraq IDP Population & Settlement Situation, Displacement Tracking Matrix sowie CCCM Cluster vom 06.10.2015; Zugriff vom 20.10.2015)

Die Gesamtzahl von ca. 3.2 Mio. IDP im Irak, davon ca. 900.000 in der kurdischen Autonomieregion, blieb laut IOM bis Dezember 2015 konstant. In Bagdad fanden sich bis dahin insgesamt fünf Lager für IDP, in Diyala vier, in Missan eines, in Basra eines, in Babylon zwei und in Kerbala eines. Innerhalb der kurdischen Autonomieregion fanden sich in der Provinz Dohuk insgesamt zehn Lager (im Einzelnen eines im Bezirk Amedi, sechs im Bezirk Sumel,drei im Bezirk Zacho), in Erbil fünf (davon vier in der Stadt Erbil und eines im Bezirk Makhmur), in Kirkuk drei (jeweils im Bezirk Daquq), in Ninava fünf (zwei im Bezirk Akre, zwei im Bezirk XXXX , eines im Bezirk XXXX ), in Suleimaniya drei (zwei in der Stadt Suleimanyia, eines im Bezirk Kalar).

(Quelle: IOM - Iraq IDP Population & Settlement Situation, CCCM Cluster vom 30.12.2015)

IOM-Iraq unterstützt mit ihren Partnerorganisationen (z.B. United Iraqi Medical Society, Medecins du Monde, Medecins sans Frontieres, Aide Medicale Internationale, International Medical Corps, World Vision International, Kurdistan Save the Children, SOS, etc.) die Intern Vertriebenen vor Ort vor allem mit Hilfestellung in den Bereichen Unterkunft, Gesundheitsversorgung und Erziehung sowie mit Waren- und Geldleistungen. IOM und UNICEF sind u.a. in allen Bezirken der Provinzen Erbil, Dohuk und Suleimaniya aktiv.

(IOM-Iraq: IDP Populations & Settlements Situation und Health Cluster Operational Presence, 15.08.2015)

1.2.2. Schätzungen gehen davon aus, dass heute noch etwa 400.000 Christen im Irak leben (zum Vergleich 2003: 1,5 Mio.). Nach dem Vorstoß von ISIS im Sommer 2014, der auch das christliche Kernland im Irak traf, sind zehntausende Christen in die Region Kurdistan-Irak geflohen. Viele Christen sehen für sich keine Zukunft im Irak. In den vergangenen Jahren sind daher hunderttausende irakische Christen ins Ausland geflohen.

In der Region Kurdistan-Irak wie in angrenzenden Gebieten, die von der kurdischen Regionalregierung kontrolliert werden, haben seit 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Die Kurdische Regionalregierung fördert den Kirchenbau wie auch die Kirche als Institution mit staatlichen Ressourcen. Die umfangreichen Enteignungen von christlichem Besitz unter dem alten Regime sind jedoch nicht rückgängig gemacht worden.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, 23.12.2014)

Aus dem Zentralirak vertriebene Jeziden, Christen und andere Minderheitenangehörige sind in der de jure kurdisch verwalteten Region grundsätzlich sicher. Sie sind von Seiten der Bevölkerung keinen gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt. Im Zentralirak hingegen gibt es für diese Gruppe keine inländische Fluchtalternative.

Ein großer Teil der Flüchtlinge und IDP, von denen wiederum um die fünfzig Prozent Kinder sind, lebt in Flüchtlingslagern, die in der Regel von der UN gemeinsam mit der Kurdischen Regionalregierung unterhalten werden. Sie erhalten Unterkunft (oftmals in Zelten), Strom (wenn auch nur wenige Stunden am Tag) und Wasser sowie Nahrungsmittelrationen. Dabei handelt es sich zum Teil um die Grundnahrungsmittel, die bis heute an jeden registrierten Iraker verteilt werden, zum Teil um durch die UN zur Verfügung gestellte Rationen, zum Teil um Hilfsleistungen kleinerer Organisationen. Darüber hinaus gibt es in den Lagern in der Regel eine Gesundheitsstation, in der einfache Krankheiten kostenlos behandelt werden. Sofern Flüchtlinge jedoch eine besondere Behandlung (etwa Operationen) oder besondere Medikamente benötigen, müssen sie sich entweder in staatliche Krankenhäuser oder aber in Privatpraxen begeben. Während in Privatpraxen und Krankenhäusern die gesamt Behandlung selbst zu zahlen ist, trifft dies nur auf einen Teil der Behandlungskosten in öffentlichen Krankenhäusern zu. Problematisch ist zudem in einem Teil der Lager die sanitäre Situation.

Die Lager sind zum Teil ethnisch gemischt, zum Teil jedoch auch homogen. Im Lager Beradabsch bei Erbil halten sich z.B. um die 8000 Angehörige der Schabak auf. Ihren Angaben zufolge wurden um die 15 000 Schabak vom Islamischen Staat getötet und über fünfzig ihrer Dörfer zerstört. Bisher sollen um die fünfzehn der Dörfer von Peschmergaeinheiten befreit worden sein. Ihren Angaben zufolge ist die Mehrheit der Schabak nach Irakisch-Kurdistan geflohen, eine geringere Zahl in den Süden des Irak, Richtung Kerbala und Nadschaf. Eine Rückkehr in die Dörfer, die zu Tel Kaef, Scheichan und Mosul gehören, findet aufgrund der nach wie vor bestehenden Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS) nicht statt.

Weiterhin bestehen separate Lager für kurdische Flüchtlinge aus Syrien. Diese sind als Syrer grundsätzlich vom Bezug irakischer Nahrungsmittelrationen ausgenommen. Bevor ein syrischer Flüchtling Zugang zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung, dem Bildungsbereich und dem Arbeitsmarkt erhält, muss er sich - ebenso wie irakische Binnenflüchtlinge - beim Residency Department registrieren lassen. Dort erhält er eine Einwohnermeldekarte, die für ein Jahr ausgestellt wird. Voraussetzung für die Ausstellung einer solchen Karte ist die Überprüfung durch den Asayisch, den Geheimdienst der KRG.

Aus dem Zentralirak geflohene Christen leben vergleichsweise seltener in Flüchtlingslagern, viele von ihnen sind entweder bei Verwandten oder aber mit Hilfe kirchlicher Einrichtungen, vor allem im Bezirk Ainkawa in Erbil, provisorisch untergekommen.

Trotz der Tatsache, dass regelmäßig neue Lager eröffnet werden, sind Flüchtlinge aufgrund der Platzknappheit bis heute zusätzlich in vielen öffentlichen Gebäuden, etwa Schulen, untergebracht. Zudem lebt eine nicht unerhebliche Zahl von Flüchtlingen unterschiedlichster Identität unter prekären Bedingungen in verlassenen Gebäuden, Ruinen und Rohbauten. Am anderen Ende der Skala finden sich diejenigen Flüchtlinge, insbesondere auch solche arabischer Herkunft, die über ausreichend Kapital verfügen, um in den kurdischen Gebieten entweder Eigentum zu erwerben oder aber Wohnraum anzumieten.

Jezidische Flüchtlinge unterscheiden sich insofern von anderen Flüchtlingsgruppen, als sie neben Unterkunft, Strom und Wasser sowie Nahrungsmittelrationen auch finanzielle Leistungen erhalten sollen. Vorgesehen ist die einmalige Zahlung von einer Million Irakischer Dinar (circa 900 USD) im ersten Monat, sowie in allen kommenden Monaten 400 000 irakische Dinar (knapp 400 USD) pro Familie. Verantwortlich für die Zahlungen ist die irakische Regierung. Ende Juni 2015 hatten zahlreiche Familien noch keine monatlichen Zahlungen erhalten, sondern lediglich die Eingangszahlung von 900 USD. Darüber hinaus sollen bis zu 60 000 Familien noch gar kein Geld erhalten haben. Ein Problem bei der Auszahlung von Geldern besteht darin, dass viele Jeziden bei der Flucht keine Personaldokumente mitnehmen konnten und sich folglich nicht ausweisen bzw. ihren Anspruch auf Auszahlung der genannten Gelder nicht nachweisen können.

Die vergleichsweise positive Aufnahme der jezidischen Bevölkerung in den kurdisch verwalteten Gebieten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die KRG kaum Ressourcen besitzt, die besonderen Bedürfnisse traumatisierter Flüchtlinge zu berücksichtigen. Psychologische Hilfe, etwa für von IS entführte und später entkommene jezidische Frauen, die in aller Regel schweren Misshandlungen bis hin zu Massenvergewaltigungen ausgesetzt waren, wird nahezu nicht geleistet.

Neben Minderheitenangehörigen sind in den letzten Jahren auch arabische Sunniten in die kurdisch verwaltete Region geflohen. Einerseits ist die Kurdische Regionalregierung (KRG) bemüht, ihre Anzahl möglichst gering zu halten. Gleichzeitig wurden in den vergangenen, durch einen Bauboom gekennzeichneten Jahren, gezielt Immobilien an arabische Iraker verkauft. Darüber hinaus wurden im Rahmen von Abkommen mit der irakischen Zentralregierung auch Kontingente arabischer Flüchtlinge aufgenommen. So trafen im Mai 2015 14 000 vorwiegend arabische IDP aus der Provinz Anbar in Irakisch-Kurdistan ein. Letztere leben nicht in Lagern, sondern wurden in Mietshäusern untergebracht und scheinen keinerlei Dienstleistungen zu erhalten, von Seiten der KRG wird dies mit den Budgetkürzungen der Zentralregierung in Bagdad begründet.

Hinsichtlich der spezifischen Situation von Mandäern liegen keine Informationen vor. Ein Großteil der Mandäer ist vermutlich inzwischen aus dem Irak nach Europa und in die USA geflohen.

Viele der vor dem IS geflohenen Turkmenen wiederum leben im kurdisch kontrollierten Kirkuk, das zu den traditionellen Siedlungsgebieten von Turkmenen im Irak gehört. Aufgrund der Tatsache, dass Kirkuk von den Peschmerga kontrolliert wird, ist es dort vergleichsweise sicher, allerdings berichten dort ansässige Turkmenen von Diskriminierungen durch die kurdischen Autoritäten.

Angesichts der sicherheitspolitischen Lage in denjenigen Gebieten, aus denen die irakischen Flüchtlinge stammen, ist nicht damit zu rechnen, dass viele der Flüchtlinge in absehbarer Zeit die de jure kurdisch verwaltete Region verlassen werden. Dies wird etwa deutlich, wenn man die aktuelle Lage in den bis Sommer 2014 von Yeziden bewohnten Gebieten ansieht:

Im Juni wurde die Region um die Städte Baschika (vor dem Einmarsch des IS etwa 18 000 Yeziden) und Bahzani (vor dem Einmarsch des IS etwa 16.500 Yeziden) sowie al-Hamdaniya eingenommen. Dabei wurden die Städte Baschika und Bahzani vollständig zerstört.

Ebenfalls vom IS eingenommen wurden die christlich bewohnte Stadt Tel Kaef sowie die christlich-arabische Stadt Bartala. Der IS beherrscht diese bis heute.

Die Städte Scheikhan und Al-Qosh wurden nicht eingenommen vom IS und folglich auch nicht zerstört; Kämpfer des IS drangen jedoch bis in die unmittelbare Umgebung vor. Während es keine nennenswerte Fluchtbewegung aus Scheikhan gab, kam es zur Massenflucht aus al-Qosch.

Ebenfalls vom IS eingenommen wurde der überwiegend yezidische Sindjar. Aktuell, das heißt Ende Juli 2015, ist Sindjar-Stadt zweigeteilt: Der Süden der Stadt inklusive die Straße Richtung Mosul ist unter Kontrolle des IS, der Norden der Stadt unter Kontrolle der Peschmerga.

Was die yezidischen Zentraldörfer im Distrikt Sindjar anbelangt, so stehen die folgenden, im Subdistrikt Sinun (arab. al-Sinun) gelegenen Dörfer aktuell nicht mehr unter islamistischer Kontrolle:

Khan Sor (arab. al-Tamin) mit ehemals 31 967 Yeziden, Dugere (arab. Huttin) mit ehemals 26 336 Yeziden, Borik (arab. al-Irmuk) mit ehemals 19 544 Yeziden, Guhbel (arab. al-Nidasi) mit ehemals 13 529 Yeziden und Zor Ava (arab. al-Arub) mit ehemals 8 746 Yeziden. Obgleich der IS die genannten Dörfer geräumt hat, sind bislang pro Dorf bestenfalls um die zehn Familien zurückgekehrt. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass ein Teil der Dörfer vollständig zerstört worden ist - in Borik, das von Oktober bis Dezember 2014 unter Kontrolle des IS stand, wurden beispielsweise sämtliche Häuser niedergebrannt. Bis heute gibt es zudem in keinem der genannten Dörfer eine Versorgung mit Wasser und Elektrizität; zudem hat der IS die Dörfer weiträumig vermint. Darüber hinaus finden nach wie vor Kämpfe im Sindjar statt, der IS versucht bis heute, yezidische Dörfer (zurück) zu erobern.

Die folgenden yezidischen Zentraldörfer stehen noch immer unter Kontrolle des Islamischen Staates: Tal Benat (arab. al-Wahid), mit ehemals 16,600 Yeziden sowie Tall Khasib (arab. al-Baath), mit ehemals 21,643 Yeziden, beide im Distrikt Sindjar, Subdistrikt al-Baaj (arab. al-Qiruan) gelegen. Dasselbe gilt für Siber Scheich Khidir (arab. al-Jazirah), mit ehemals 24 733 Yeziden und Gir Zerk (arab. al-Adnaniya), mit ehemals 12 677 Yeziden. Die letzten beiden Zentraldörfer liegen im Subdistrikt Gir Azir (arab. al-Khataniya), der administrativ nicht zum Distrikt Sindjar, sondern zum Distrikt al-Badsch gehört. (Da er früher zum Sindjar gehörte und erst unter der Baathherrschaft von diesem getrennt wurde, wird er vielfach noch dem Sindjar zugerechnet).

Mit einer Rückkehr der Flüchtlinge in die genannten Gebiete kann erst dann gerechnet werden, wenn a) die Infrastruktur in den Städten und Dörfern wieder hergestellt wurde (Strom- und Wasserversorgung, Krankenversorgung), und b) die vom IS verlegten Minen geräumt sind. Allerdings liegt der Wiederaufbau der Dörfer in der Provinz Mosul/Ninawa im Verantwortungsbereich der irakischen Zentralregierung. Weder die betroffenen Flüchtlinge noch Vertreter der KRG gehen davon aus, dass diese dort tatsächlich aktiv wird. Eine dritte Vorbedingung für die Rückkehr der Bevölkerung wäre zudem dass c) die Stadt Mosul vom IS befreit wird. Ein Teil der oben genannten Orte liegt in Schussweite Mosuls, weshalb die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge die Befreiung der Stadt als Vorbedingung für eine Rückkehr betrachtet.

Während kurdische Flüchtlinge keinen Bürgen benötigen, um aus dem Zentralirak in die KRG-verwaltete Region einzureisen, ist dies für arabische (wie auch turkmenische) Flüchtlinge vorgeschrieben. Auch Flüchtlinge christlichen Glaubens sind von dieser Regelung nicht grundsätzlich ausgenommen. Allerdings gibt es insbesondere in Erbil eine große christliche Community und aktive Gemeinden, so dass es vielen christlichen Flüchtlingen möglich sein dürfte, derartige Bürgen zu bekommen. Von Einschränkungen bei der Einreise aus dem (europäischen) Ausland ist nichts bekannt.

Der staatliche Sektor des Arbeitsmarktes ist Flüchtlingen und IDP weitgehend verschlossen. Möglichkeiten bieten sich für Personen ohne besondere Ausbildung oder Qualifikationen allenfalls in den Bereichen Gastronomie, Tourismus und Baugewerbe. Aufgrund der hohen Anzahl von Flüchtlingen im Land ist allerdings die Chance, in diesen Bereichen Arbeit zu finden, für Neuankömmlinge sehr gering. Dies gilt insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass aufgrund des Fernbleibens arabischer Touristen die Tourismusbranche sowie aufgrund der Budgetschwierigkeiten mit Bagdad der Bausektor stagnieren bzw. schrumpfen. Hinzu kommt, dass viele der Lager am Rand größerer Städte angesiedelt sind. Angesichts eines nur in Ansätzen existierenden öffentlichen Nahverkehrs ist es dort lebenden Flüchtlingen nahezu unmöglich, von dort einer geregelten Arbeit nachzugehen. Letztlich haben somit nur Personen, die über genügend Kapital verfügen, beispielsweise eine Firma zu gründen oder ein Restaurant zu eröffnen, oder aber Personen mit höherer Ausbildung (etwa im Bereich Medizin), die Chance sich in den kurdischen Gebieten eine sichere Existenz aufzubauen.

(Quelle: Europäisches Zentrum für kurdische Studien, gutachterliche Stellungnahme an das BVwG vom 10.09.2015)

Sowohl die irakischen und die kurdischen Behörden als auch die internationalen Hilfsorganisationen hatten im Berichtszeitraum mit finanziellen Engpässen zu kämpfen, wodurch humanitäre Hilfe für Vertriebene unter Druck geraten ist, auch in der KAR.

Im Berichtzeitraum gab es in zunehmendem Ausmaß auferlegte Bewegungseinschränkungen und Zutrittseinschränkungen an Provinzgrenzen, wodurch sich die Zahl der Vertriebenen innerhalb der eigenen Provinzen erhöht hat. Grund für die Einschränkungen sind vor allem Sicherheitsüberlegungen und/oder fehlende Aufnahmekapazität. Die verschlechterten Zugangs- und Niederlassungsmöglichkeiten für Vertriebene gelten nicht nur für die KAR, sondern auch für andere Teile des Landes, Bagdad inbegriffen. Die Kriterien, die über ganz Irak gehandhabt werden, hängen vor allem mit dem religiösen und ethnischen Hintergrund, dem Herkunftsort und der Familienzusammensetzung der Vertriebenen zusammen. Daneben kann Zutritt davon abhängen, ob man einen Bürgen hat, was unter anderem für die KAR, aber auch für Provinzen in Zentral- und Süd-Irak, wie Bagdad und Quadissya, gilt. Die Kriterien für den Zutritt sind nicht immer klar und die Implementierung davon bei den Kontrollposten ist außerdem nicht konsistent.

Vertriebene begegnen zudem zunehmend Schwierigkeiten bei der Verlängerung oder Beantragung von Identitätsdokumenten wie Reisepässe, Lebensmittelkarten oder Nationalitätszertifikate. In der Regel müssen sie hierfür zu ihrem ursprünglichen Wohnort zurückkehren, was wegen der Sicherheitssituation oft nicht möglich ist. Vertriebene, die keine gültigen Dokumente haben, laufen Gefahr, sich nicht bei den örtlichen Behörden eintragen lassen zu können, wodurch der Aufenthalt nicht legalisiert werden kann und sie nur beschränkten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen haben. Vertriebene können außerdem bei Kontrollposten Schwierigkeiten bekommen, wenn sie keine Identitätspapiere vorlegen können. Es gibt Berichte über die Konfiszierung von Identitätsdokumenten von Vertriebenen durch die Behörden um die Bewegungs-freiheit der Vertriebenen kontrollieren zu können.

Mitglieder von Minderheitengruppen werden für gewöhnlich zur KAR zugelassen. Minderheiten aus Zentral- und Süd-Irak, die in der KAR ein neues Leben aufzubauen versuchen, können mit verschiedenen Hürden wie Sprachbarrieren, Diskriminierung, politische Ausgrenzung, Probleme bei der Arbeitssuche und beim Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen konfrontiert werden. Es ist aber so, dass beispielsweise Christen es in der KAR leichter haben als zum Beispiel Jesiden. Unter anderem weil christliche Vertriebene in der KAR viel Unterstützung von Kirchen bekommen, ist es für sie in der Regel nicht schwierig, ein Auslangen zu finden, obwohl auch Christen wegen der Sprache und dem Bildungssystem in der KAR Probleme haben. Viele Christen aus Ninewa sind in die KAR geflohen, aber auch nach Bagdad. In Bagdad können Christen ein relativ normales Leben führen. Für christliche Vertriebene in Bagdad - oft aus konservativen, geschlossenen Gemeinschaften im Osten von Ninewa stammend - gilt in der Regel aber, dass sie in Armut leben, weil sie sich dem neuen Lebensumfeld nur schwer anpassen können.

Die kurdischen Behörden würden Arabern sowie Turkmenen sowohl zur KAR als auch zu den Gebieten, die de facto unter kurdischer Kontrolle stehen, den Zutritt verweigern, außer es kann ein kurdischer Bürge angegeben werden. Laut Berichten wäre das Erfordernis eines Bürgen für Zutritt zu KAR jedoch für Vertriebene abgeschafft worden, angeblich weil bei Kontrollposten mit Bürgschaften gehandelt wurde. An Stelle hiervon würden Vertriebene sich zur nächstgelegenen Asayish-Dienststelle begeben müssen für ein Screening und Genehmigung. Die Zugangspolitik zu den kurdischen Gebieten ist für gewöhnlich aber nicht vorhersagbar und hängt oft vom Leiter des betreffenden Kontrollpostens ab. Laut den KRG-Behörden gelten für alle dieselben Verfahren, aber in der Praxis sollen Zugangskriterien oft vom ethnischen und/oder konfessionellen Hintergrund abhängig sein.

Kleine Gruppen von Vertriebenen seien nach Wiedereroberung des betreffenden Gebiets durch irakische und/oder kurdische Truppen in ihre ursprünglichen Wohnorte zurückgekehrt. Die Rückkehr wird generell durch die andauernde Unsicherheit, aber auch durch fehlende Grundversorgung und Infrastruktur in diesen Gebieten größtenteils verhindert. Hinzu kommt, dass ISIS Minen und Sprengfallen in den zurückgelassenen Gebieten versteckt hat um die Rückkehr der ursprünglichen Bewohner zu erschweren.

Der Konflikt hat dafür gesorgt, dass ethnische und konfessionelle Spannungen in Irak stark zugenommen haben. Sunnitische Araber in den von ISIS eroberten Gebieten werden beschuldigt, mit ISIS zusammengearbeitet zu haben. Dies hat unter anderem dazu geführt, dass die kurdischen Peschmerga und der Asayish die ursprünglich sunnitisch-arabischen Bewohner der wiedereroberten gemischten Teile der umkämpften Gebiete monatelang nicht haben zurückkehren lassen, während Kurden schon zugelassen wurden. Daneben gibt es Berichte darüber, dass kurdische Sicherheitskräfte und Bewohner dieser Gebiete Häuser von sunnitischen Arabern zerstört hätten oder dort selbst eingezogen wären, um eine Rückkehr zu verhindern. Anfang 2015 sollen die kurdischen Behörden die Einschränkungen für zurückkehrende Araber einigermaßen gelockert haben, aber viele hätten Angst zurückzukehren, weil sie Gefahr laufen würden, wegen ihrer vermeintlichen Hilfe an ISIS Opfer von Racheakten von sowohl kurdischen Bewohnern als auch von Sicherheitskräften zu werden.

Außerdem hätten kurdische Truppen tausende Araber bis Anfang 2015 'gefangen' gehalten in sogenannten 'Sicherheitszonen', indem sie verschiedene Dörfer in den Bezirken XXXX , Tilkaif, Zumar (Ninewa) und Makhmour (Erbil) - in Teilen der umkämpften Gebiete, die man von ISIS zurückerobert hatte - abgeriegelt hätten und den Arabern, die sich hier noch aufhielten, die Ein-und Ausreise verboten hätten, während dies Kurden schon erlaubt worden sei.

Auch schiitische Milizen würden die Rückkehr von sunnitischen Arabern in ihre ursprünglichen Wohnorte verhindern, unter anderem in Sulaiman Beg (Salaheddin) und Muqdadiya (Diyala).

ISIS erlegt Personen, die sich in den von ihr kontrollierten Gebieten befinden, auf jeden Fall in Mosul, Ausreisebeschränkungen auf. Falls jemand das ISIS-Gebiet verlassen will, muss derjenige einen 'Bürgen' angeben, der für seine Rückkehr bürgt.

Seit dem Vormarsch von ISIS und der damit einhergehenden verschlechterten Sicherheitslage in Irak im Jahre 2014 haben sich die konfessionellen und ethnischen Spannungen in ganz Irak erhöht und hat die Homogenisierung zugenommen, auch in Bagdad. Vor allem für Sunniten und Schiiten ist es sehr wichtig, dass sie sich in einem Gebiet/Viertel ihrer eigenen religiösen Strömung niederlassen. In der Regel fliehen Vertriebene nicht in ein willkürliches Gebiet, sondern sie wählen einen Ort aus, wo sie eine tribale, religiöse, ethnische oder politische Verbindung haben. In Irak, inklusive der KAR, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Vertriebene von staatlicher Hilfe oder humanitärer Hilfe abhängig werden, wenn sie keine Verbindungen in dem Gebiet haben.

(Quelle: Offizieller Bericht zur Sicherheitslage im Irak des niederländischen Ministeriums f. Ausländerangelegenheiten, April 2015, u. die dort zitierten Quellen)

Die irakische Verfassung garantiert in ihrem Art. 44 die innerstaatliche Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit jedes Staatsbürgers. Es stehen vor diesem Hintergrund Einzelbestimmungen für die Regulierung dieser Grundfreiheiten in Anwendung, so hinsichtlich der Vorlage bestimmter Identitätsdokumente sowie der persönlichen Aussage vor den jeweiligen örtlichen Behörden. Als die beiden wichtigsten Dokumente für den Verkehr mit den Behörden, neben der Registrierung etwa für die Zuteilung von Lebensmittelrationen oder die Ausstellung anderer Dokumente, dienen der Staatsbürgerschaftsnachweis sowie der Personalausweis (Identity Card), weitere maßgebliche Dokumente sind Wohnsitzbestätigungen (Meldenachweis), Lebensmittelrationskarten, Geburts- und Sterbeurkunden. Laut UNHCR werden die vier erstgenannten Dokumente in der Regel von örtlichen Niederlassungsbehörden im Parteienverkehr verlangt. In den drei autonomen kurdischen Provinzen des Nordiraks werden in Ermangelung dieser Dokumente auch Ersatzpapiere (sogen. Information Card) für den einmaligen Gebrauch verwendet. In Ermangelung der Vorlage entsprechender Identitätsdokumente kommt es zu Schwierigkeiten beim Passieren von Checkpoints und/oder der Registrierung durch die zuständigen Behörden sowie der Erlaubnis zur Niederlassung, was in der Folge zur Einschränkung des Bezugs staatlicher Leistungen führen kann. Die örtlichen Büros von IOM und deren Partnern setzen demgegenüber ausdrücklich nicht die Vorlage solcher Dokumente für die Gewährung ihrer Unterstützungsleistungen an IDP voraus. Erhebungen von IOM aus 2014 zufolge gaben nur ca. 10% aller IDP den Verlust solcher Dokumente verursacht durch die Umstände der internen Vertreibung an. Demgegenüber sind über 90% aller IDP von den jeweiligen örtlichen Behörden registriert worden.

Alle wesentlichen persönlichen Daten werden von den örtlichen Standesämtern in Personenstandsregistern festgehalten bzw. ergänzt. Diese sind grundsätzlich auch für die Neuausstellung verloren gegangener Personalausweise zuständig. Sofern der Zugang zu einem Personenstandsamt nicht möglich oder zu gefährlich ist, kann die Übertragung der entsprechenden Daten auf Antrag bei der örtlichen Niederlassung des Ministeriums für Vertriebene und Migranten, in der KRG beim örtlichen Büro der Behörde für Vertriebene und Migranten, zur jeweiligen Behörde des Aufenthaltsorts veranlasst werden, dies ist auch bei irakischen Botschaften möglich. Darüber hinaus bietet UNHCR Unterstützung bei der Erlangung neuer Identitäts- und andere Dokumente durch seine sogen. Protection and Reintegration Centers vor Ort an, so auch in Dohuk, Erbil und Suleymaniah. In Ermangelung der Möglichkeit persönlichen Erscheinens beim Personenstandsamt seiner Herkunftsregion ist es einer IDP auch möglich, die Neuausstellung von Identitätsdokumenten durch dort anwesende Verwandte oder andere Dritte unter Vorlage einer beglaubigten Vollmacht zu veranlassen. Als Mindestvoraussetzungen für die Neuausstellung solcher Dokumente genügen allfällige Kopien von elterlichen Dokumenten, Meldenachweise oder die Angabe der Nummer des "Familienbuches" am örtlichen Standesamt. Zuletzt existiert in Bagdad auch ein zentraler Mikrofilm-Speicher aller bisherigen Personenstandsdaten, sollte ein bestimmtes Personenstandsregister zerstört worden sein. Das Gesagte gilt sinngemäß auch für die Erlangung eines Staatsbürgerschaftsnachweises, der von der nationalen Staatsbürgerschaftsbehörde in Bagdad ausgestellt wird bzw. bei den örtlichen Zweigstellen in den jeweiligen Provinzen beantragt werden kann.

Für die Einreise in die autonomen kurdischen Provinzen des Nordiraks (KRG) wird an den jeweiligen Checkpoints nach der Vorlage eines Identitätsnachweises, sofern dieser nicht ohnehin bereits in den Datenbanken der KRG erfasst wurde, eine sogen. Zutrittskarte (entry card) in Form einer Tourist Card, einer Work Card oder einer Information Card/Residency Card ausgestellt. In späterer Folge wird Niederlassungswilligen vom örtlichen Büro der Asayish eine unbefristete Information Card ausgestellt, bei dieser Behörde ist auch jedwede Änderung der persönliche Lebensumstände bekannt zu geben. Auf Inlandsflügen in die KRG genügt für die Einreise gewöhnlich die Vorlage eines Identitätsnachweises, zumal bereits am Abflughafen strenge Sicherheitskontrollen erfolgen. Personen, die nicht aus der Region stammen, können beim Büro der Asayish eine kurzfristig gültige, jedoch verlängerbare Aufenthaltserlaubnis erhalten.

Der Zugang zur KRG via Checkpoints unterlag seit dem Juni 2014 oftmals variierenden Beschränkungen aufgrund von Sicherheitserwägungen. Erhebungen unter den in die KRG eingereisten IDP im Herbst 2014 ergaben, dass etwa die Hälfte keinen Bürgen für die Erlaubnis zur Einreise oder zur Niederlassung benötigte. Andererseits bestätigten fast alle Befragten, dass sie einen Bürgen namhaft gemacht hätten. UNHCR gab im Oktober 2014 bekannt, dass Personen, welche nicht aus der Region stammen, nach erfolgter Einreise binnen 15 Tagen beim Büro der Asyaish ein Niederlassungsbewilligungsverfahren durchlaufen, das neben einer Sicherheitsüberprüfung und Gesundheitschecks auch die Benennung eines Bürgen beinhaltet. Seit Dezember 2014 ist das Erfordernis eines Bürgen obsolet, demgegenüber müssen sich zur Einreise Zugelassene in weiterer Folge unmittelbar beim Büro der Asyaish einem genauen Überprüfungsverfahren unterziehen, im Anschluß an welches eine Aufenthaltserlaubnis für die gesamte Region erteilt wird. Nur eingeschränkt Erlaubnis zur Einreise erhalten IDP arabischer Volksgruppenzugehörigkeit, sofern sie keinen in der Autonomieregion ansässigen kurdischen Bürgen namhaft machen können, sowie solcher der turkmenischen Volksgruppe.

(Quelle: British Home Office, COI on Internal relocation in Iraq, 24.12.2014)

Eine freiwillige Rückkehr in den Irak aus dem österr. Bundesgebiet ist auch über Vermittlung entsprechender Rückkehrberatungseinrichtungen und nach erteilter Zustimmung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Unterstützung von IOM-Österreich möglich. IOM stellt im Gefolge der administrativen Abwicklung Flugtickets zur Verfügung und gewährt in Einzelfällen besonderer Hilfsbedürftigkeit auch finanzielle Überbrückungshilfe. Aktuell erfolgt eine solche Rückkehr in den Irak über die Flughäfen in Bagdad, Erbil, Basra und Najaf. Bis dato haben im Jahr 2015 ca. 150 Rückkehrer in den Irak diese Unterstützung in Anspruch genommen.

Das Rückkehrprojekt Magnet, das zwischen Jänner 2012 und Juni 2013 u. a. eine Kooperation von IOM-Österreich mit dem Büro für Migration und Vertriebene sowie dem Ministerium für Arbeit und Soziales der kurdischen Autonomieregierung beinhaltete, unterstützte freiwillige Rückkehrer aus Österreich, wie auch aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden, bei der Re-Integration in den Arbeitsmarkt der kurdischen Autonomieregion. Das Nachfolgeprojekt Magnet II, welches im Juni 2014 gestartet wurde und seither in Kooperation zwischen der kurdischen Regionalregierung und den jeweiligen belgischen, finnischen, niederländischen, französischen und britischen Behörden umgesetzt wird, kann von Rückkehrern aus Österreich aktuell nicht in Anspruch genommen werden.

(Quelle: www.iomvienna.at ; telefonische Auskünfte von IOM-Österreich an das BVwG Außenstelle Linz am 22.10.2015)

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesasylamtes, beinhaltend unter anderem die Niederschriften der Erstbefragung und der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt sowie den Beschwerdeschriftsatz.

* Mündliche Verhandlung am 20.05.2014 und 13.01.2016

* Einsicht in die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 23.12.2014; Offizieller Bericht zur Sicherheitslage im Irak des niederländischen Miniseriums für Ausländeranelegenheiten April 2015;

IOM Iraq Governorate Profils April/May 2015; www.iomiraq.net , IOM - Iraq IDP Population & Settlement Situaiton, Displacement Tracking Matrix sowie CCCM Cluster vom 06.10.2015, Zugriff 20.10.2015;

IOM-Iraq: IDP Population & Settlements Situation und Health Cluster Operational Presence, 15.08.2015; Europäisches Zentrum für kurdische Studien, gutachterliche Stellungnahme an das BVwG vom 10.09.2015;

British Home Office, COI on Internal relocation in Iraq, 24.12.2014;

www.iomvienna.at ; telefonische Auskünfte von IOM-Österreich an das BVwG Außenstelle Linz am 22.10.2015).

* Einsicht in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen

XXXX

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und des Datums seiner Asylantragstellung in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt und den vorgelegten Identitätsdokumenten.

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren.

Die festgestellten mangelnden Deutschkenntnisse gründen sich auf die Wahrnehmungen in der Beschwerdeverhandlung.

2.3. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

2.3.1. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Ausreisegründe in Form einer individuellen Verfolgung durch unbekannte Islamisten wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Frisör in seinem eigenen Geschäft wurde bereits vor dem BAA als nicht glaubhaft bewertet und gelang es dem Beschwerdeführer auch aus Sicht des BVwG bis zuletzt nicht, diesbezüglich ein nachvollziehbares glaubwürdiges Geschehen darzustellen.

So finden sich in den Angaben des Beschwerdeführers und den von ihm vorgelegten Beweismitteln mehrere Ungereimtheiten zum vermeintlichen Auslöser seiner Verfolgung - das Führen eines westlich orientierten Frisörsalons.

So vermeinte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung, dass er in XXXX seit neun Jahren, somit seit ca. August 2003, einen Frisörsalon betrieben habe. In der Einvernahme vor dem BAA am 29.11.2012 führte der Beschwerdeführer jedoch aus, dass er ab dem Jahr 2002 einen Frisörsalon in seinem Heimatdorf XXXX geführt habe. Aus dem in Vorlage gebrachten Protokoll einer Aussage seines Vaters vor dem irakischen Bundesberufungsgericht XXXX vom 26.12.2013 geht hervor, dass der Beschwerdeführer in XXXX einen Frisörsalon geführt habe. Zusammenfassend ergeben sich sohin drei verschiedene Standorte seines Frisörladens und divergiert auch der Zeitpunkt, ab wann der ein Frisörgeschäft betrieben habe, um ein Jahr bzw. um zwei Jahre, zumal er in der mündlichen Verhandlung am 20.05.2014 vorbrachte, seinen Salon von 2004 bis 2012 betrieben zu haben.

Auch mit der Vorlage des Gewerbescheines ist nicht nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer bereits seit dem Jahr 2002 oder 2003 einen Frisörsalon betrieben hat, zumal daraus nur hervorgeht, dass er ab dem Jahr 2012 für ein Jahr dazu berechtigt gewesen sei.

Zu den Bedrohern an sich vermeinte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung, dass er von islamistischen Extremisten bedroht worden sei. In der Einvernahme vor dem BAA führte er aus, dass er die Personen nicht gekannt habe und er nur angeben könne, dass es Araber gewesen seien. In der mündlichen Verhandlung gab er an, von arabischen Jihadisten bedroht worden zu sein und dies wisse, weil er von diesen angerufen worden sei und sie ihm das gesagt hätten. Der Beschwerdeführer hat sohin unterschiedlichste Vermutungen hinsichtlich jener Personen aufgestellt, welche sein Geschäft beschädigt hätten. Angesichts dessen, dass die vermeintlichen Bedroher dem Beschwerdeführer auch einen Drohbrief im Frisörsalon hinterlassen hätten, ist es jedoch nicht nachvollziehbar, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich war, ausführlichere Informationen zu den Bedrohern anzugeben, zumal einem Drohbrief in der Regel zu entnehmen ist, wer konkret hinter den Drohungen steht. Der Beschwerdeführer war aber nicht in der Lage genauere Angaben über die Leute, von denen er bedroht worden sei, anzugeben. Er konnte sohin lediglich vermuten, dass es sich um "islamische Extremisten" handeln würde, nähere Ausführungen dazu blieb er schuldig.

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer sich dahingehend widersprach, wo er den Übergriff auf seinen Frisörladen angezeigt habe. In der Einvernahme vor dem BAA und in der mündlichen Verhandlung am 20.05.2014 brachte der Beschwerdeführer diesbezüglich vor, dass er bei der einzigen Polizeistation in XXXX eine Anzeige erstattet habe. Dem widersprechend wurde in der Beschwerde angemerkt, dass der Beschwerdeführer gezwungen gewesen sei, den Vorfall bei muslimisch arabischen Polizisten anzuzeigen, zumal es in seinem jezidischen Dorf keine Polizei gebe. Der Beschwerdeführer hätte auch keine Möglichkeit gehabt, eine ihm wohlgesinnte Polizeiwache aufzusuchen, zumal sein Heimatdorf mit muslimischer Bevölkerung umringt sei.

Zu den Bedrohungen an sich brachte der Beschwerdeführer in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem BAA grundsätzlich vor, dass islamistische Extremisten zu ihm gekommen seien und ihm gedroht hätten, den Frisörsalon zu zerstören, sollte er diesen weiterhin betreiben. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch nicht daran gehalten, weshalb einige Tag später sein Salon zerstört worden sei. Zudem sei eine Todesnachricht bzw. sein Schreiben für ihn hinterlassen worden. In der mündlichen Verhandlung am 20.05.2014 vermeinte der Beschwerdeführer hingegen, dass er am 04.05.2012 einmal angerufen worden sei und er aufgefordert worden sei, seine Arbeit zu verlassen bzw. sein Geschäft zuzusperren. Diese Drohung habe er jedoch nicht ernst genommen, weshalb sein Geschäft zerstört worden sei.

Zusammengefasst verstrickte sich der Beschwerdeführer sohin zur Dauer seiner Tätigkeit als Frisörladenbetreiber, zum Standort seines Frisörgeschäftes sowie zur Anzeige bei der Polizei bis hin zu den Übergriffen an sich und blieb in seinen Angaben zu den Angreifern äußerst vage, was den Schluss zulässt, dass es sich bei den geschilderten Übergriffen um ein konstruiertes Vorbringen handelt.

Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel vermögen dieses Ergebnis nicht zu ändern. Alleine aus den vorliegenden Fotos, welche zerstörte Häuser, Zelte, den Bruder des Beschwerdeführers sowie den Beschwerdeführer beim Haareschneiden zeigen, ist nicht feststellbar, ob tatsächlich die vom Beschwerdeführer geschilderten Übergriffe stattgefunden haben, weshalb die vorgelegten Fotos in Anbetracht der klaren Beweisergebnisse nicht geeignet sind, den unglaubwürdigen Gesamteindruck des Vorbringens des Beschwerdeführers zu ändern.

Gleiches gilt für die in Vorlage gebrachten Einvernahmen und Anzeigen vor bzw. bei der Polizei und bei Gericht im Irak. Diesbezüglich ist auf die Länderfeststellungen hinzuweisen, aus denen sich ergibt, dass bei Dokumenten aus dem Irak häufig Zweifel angebracht sind. Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfälle im Mai 2012 passierte sein sollen, die Anzeigen und Zeugenaussagen jedoch aus dem Jahr 2013 stammen Der Vater des Beschwerdeführers sowie die in den Urkunden genannten Zeugen tätigten ihre Aussagen bzw. Anzeigen somit zu einem Zeitpunkt, an dem der Beschwerdeführer sich nicht mehr im Irak aufgehalten hat und spiegeln diese - wie oben bereits dargelegt - nicht gänzlich die Aussagen des Beschwerdeführers wider. Beweismittel dafür, dass es infolge der Anzeigen und Zeugenaussagen zu einer Verurteilung gekommen sei, wurden vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht in Vorlage gebracht.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes vermocht der Beschwerdeführer daher nicht, eine Bedrohung oder eine Verfolgung glaubhaft zu machen.

Wenn in der Beschwerde und in den Stellungnahmen mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass die Verfolgung des Beschwerdeführers auf seine Religionszugehörigkeit zurückzuführen sei, so sei angemerkt, dass der Beschwerdeführer die von ihm geschilderten Bedrohungshandlungen nicht glaubhaft darlegen hat können, weshalb darauf nicht näher einzugehen war. Zur allgemeinen Situation von Jeziden im Irak siehe unter Punkt 2.3.2.

Vor diesem Hintergrund war daher dem Bundesasylamt im Ergebnis zu folgen und eine asylrelevante Verfolgung auszuschließen.

2.3.2. Zur Rückverbringung des Beschwerdeführers sei noch ausgeführt, dass angesichts der nunmehrigen Situation in seiner engeren Heimat die Frage zu klären ist, ob für ihn ein Gefährdungsrisiko im Zusammenhang mit seiner Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Jeziden besteht.

Der Beschwerdeführer würde aktuell bei einer Rückkehr in das Dorf XXXX (in der Nähe von XXXX ) in der Provinz Ninava der Gefahr einer Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Jeziden ausgesetzt sein.

Zu dieser Ansicht gelangte das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm herangezogenen länderkundlichen Informationen.

Diesen zufolge ist aktuell die Lage in den seit Mitte 2014 vom IS kontrollierten Teilen des Zentralirak, insbesondere in der Provinz Ninava, so einzuschätzen, dass Angehörige nicht-muslimischer Religionszugehörigkeit dort seither einer religiös bedingten Verfolgungsgefahr aufgrund der rigorosen Durchsetzung einer streng-orthodoxen Version des Islam durch die Terroristen des IS ausgesetzt sind.

Aus den Quellen geht auch hervor, dass die Expansion der Terrororganisation IS im Nordirak Ende 2014 zum Stillstand gekommen ist und seither die Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung mit Unterstützung alliierter Streitkräfte nicht nur die Grenzen der kurdischen Autonomieregion abgesichert, sondern auch maßgebliche Teile der nördlichen Region der Provinz Ninava, die im Grenzgebiet zur Autonomieregion liegen und seit jeher kurdisch besiedelt waren, zurückerobert haben. Dies trifft auch auf die nördlich der Stadt XXXX gelegene Region, auf große Teile des Bezirks XXXX einschließlich der Stadt XXXX und zuletzt auf die östliche Region des XXXX zu (vgl. oben).

Vor diesem Hintergrund hat sich auch eine Rückkehrbewegung unter den ursprünglich aus diesen Gebieten in die Autonomieregion Geflohenen entwickelt. Dennoch muss die aktuelle Lage dort angesichts von kriegsbedingten Zerstörungen, von Kriegsrelikten ausgehenden Gefahren und einer wohl insgesamt noch sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage als nicht hinreichend sicher und eine Rückkehr dorthin (noch) nicht als zumutbar angesehen werden.

Eine Rückkehr dorthin bzw. ein Aufenthalt dort stellt sich daher auch für den Beschwerdeführer aktuell als nicht zumutbar dar.

2.3.3. Für den Beschwerdeführer besteht jedoch die Möglichkeit einer zumutbaren Rückkehr in die von der kurdischen Regionalregierung (KRG) kontrollierte Autonomieregion im Nordirak, insbesondere in die Provinz Dohuk. Dies ergibt sich aus den der Entscheidung zugrunde gelegten detaillierten länderkundlichen Informationen und auch aus dem von der rechtsfreundlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 02.08.2016 in Vorlage gebrachten Artikel der Tiroler Tageszeitung.

Diesen war zum einen zuverlässig zu entnehmen, dass die Region auf direktem Wege erreichbar wäre, ohne dabei die vom IS kontrollierten Gebiete im Zentralirak zu berühren. Auf Grundlage der Länderinformationen ist generell von einer legalen Niederlassungsmöglichkeit in der Autonomieregion für Minderheitenangehörige, insbesondere auch für Jeziden, die sich wie der Beschwerdeführer selbst zur kurdischen Volksgruppe zählen, auszugehen. Dieser Einschätzung widersprechende Aussagen hat der Beschwerdeführer bis zuletzt auch nicht getätigt.

Die herangezogenen Informationen zur Sicherheitslage in den drei genannten Provinzen ergaben ein übereinstimmendes Bild dahingehend, dass diese dort bereits über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg als insgesamt stabil anzusehen ist. Es existieren auch keine konkreten Berichte über allfällige systematische Diskriminierungen von Angehörigen der jezidischen Religionsgemeinschaft, vielmehr gehört etwa die Mehrheit der in der Provinz Dohuk aufhältigen Binnenvertriebenen der Religionsgemeinschaft der Jeziden an und wurden diese den og. Berichten zufolge sowohl von den Behörden als auch von der örtlichen Bevölkerung insgesamt freundlich aufgenommen.

Dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 10.02.2016, wonach Jeziden im Irak generell keine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe, konnte das erkennende Gericht nicht folgen. Die UNHCR-Position vom Oktober 2014 bestätigt zwar unbestritten die kritische Situation im Irak selbst, ist aber nach hg. Auffassung nicht geeignet, den generellen Ausschluss einer Innerstaatlichen Fluchtalternative zu begründen, zumal bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung aller vorliegenden Beweismittel (sämtliche aktuelle Lageberichte, insbesondere jener des Deutschen Auswärtigen Amtes, der seinerseits auf einer Vielzahl von objektiven Quellen aufbaut), nicht erkannt werden konnte, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehen würde. Der Beschwerdeführer konnte keine Berichte vorlegen oder namhaft machen, die dieser grundsätzlichen Lageeinschätzung entgegenstehen würden.

Die durch die Fluchtbewegung aus den südlich gelegenen Landesteilen in die Autonomieregion bewirkte dortige Bevölkerungszunahme "setzt zwar die lokale Wirtschaft und Infrastruktur erheblichem Druck aus" (vgl. oben). Auch benötigten zwischen 10 und 20% der Binnenvertriebenen in der Provinz Dohuk den Informationen des Gerichtes vom Oktober 2015 zufolge noch direkte Unterstützung hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Waren des täglichen Bedarfs und medizinischer Versorgung. Dass die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers dort angesichts der verfügbaren Unterstützung der zuständigen Organe der Regionalregierung und der vor Ort tätigen Hilfsorganisationen nicht mit maßgeblicher Gewissheit gesichert wären, wurde in den Stellungnahmen jedoch ebenso nicht substantiiert dargelegt. Die jüngsten Informationen von UNHCR vom Dezember 2015 zur Lage der Binnenvertriebenen zeigen vielmehr, dass sich die Bemühungen der örtlichen Hilfskräfte zugunsten der Betroffenen nicht mehr nur auf deren existentielle Bedürfnisse, sondern bereits auch auf deren Fortkommen auf dem Bildungssektor und dem Arbeitsmarkt richten. Dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Provinz Dohuk in eine menschenunwürdige Situation geraten würde, steht im Widerspruch zu allen vom Gericht bis dato eingesehenen Lageberichten von UNHCR und IOM.

Dieser insgesamt entscheidungswesentlichen Einschätzung trat der Beschwerdeführer sohin bis zuletzt auch im Rahmen des dazu gewährten Parteigehörs nicht in der Weise entgegen, dass deshalb die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zur Erörterung der aktualisierten länderkundlichen Informationen geboten war (vgl. VwGH 02.09.2014, Ra 2014/18/0020; VwGH 26.11.2014, Ra 2014/19/0106).

Zu den rechtlichen Kriterien für das Bestehen einer solchen innerstaatlichen Fluchtalternative und deren Anwendung auf den gegenständlichen Fall wird auf die Ausführungen dazu weiter unten verwiesen.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus in das Verfahren eingebrachten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete individuelle Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor dem Bundesasylamt noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft behauptet.

3.2.3. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß

§ 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gegeben sind:

Es kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage - im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 - fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse kann aus den Feststellungen als gesichert angenommen werden. Als junger Erwachsener kann auch die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer den Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Irak nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der Beschwerdeführer durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise maßgeblich gewesen sind, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall daher ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

3.3.3. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK) oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt II. (Zurückverweisung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das BFA):

3.4.1. Die relevanten Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 19, 20 und 23 AsylG 2005 lauten wie folgt:

"§ 75. (...)

(19) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren sind ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

(20) Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

(...)

(23) Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012."

3.4.2. Mit der vorliegenden Entscheidung wird der abweisende Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt.

Im gegenständlichen Fall ergab sich im Ermittlungsverfahren, dass sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich aufhalten.

Im Hinblick auf die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet in den Irak war festzustellen, dass seine Eltern sowie ein Bruder Schwestern nach wie vor im Heimatland leben. Darüber hinaus war der Beschwerdeführer als Asylwerber seit der Einreise in das Bundesgebiet im August 2012 nur vorübergehend in Österreich aufenthaltsberechtigt. Er gab auch an, über keine familiären Bindungen in Österreich zu verfügen, weshalb seine Ausweisung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben gem. Artikel 8 Absatz 1 EMRK darstellt. Dem festgestellten Sachverhalt war auch keine sonstige maßgebliche Integration des Beschwerdeführers zu entnehmen und war auch nicht auf eine außergewöhnliche Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet angesichts der Einreise im August 2012 abzustellen. Aus dem bloßen Aufenthalt in Österreich hat sich auch noch keine Integration des Beschwerdeführers in einem Ausmaß entwickelt, dass er aufgrund neu entstandener sozialer, ökonomischer oder anderer Bindungen einen begründeten Anspruch auf ein durch Art. 8 EMRK zu schützendes Privatleben in Österreich erheben könnte, zumal dieser noch geringen Integration hierorts eine zeitlebens bis zur Ausreise im Juli 2012 bestehende soziale, ökonomische und sprachliche Verbindung des Beschwerdeführers zu seiner Heimat gegenüber steht, die sich auch noch in dort ansässigen Verwandten äußert. Umfassende Deutschkenntnisse, sonstige Kursbesuche oder eine Tätigkeit in einem Verein haben sich bezüglich des Beschwerdeführers im Verfahren jedenfalls nicht ergeben. Vom Bundesverwaltungsgericht wird auch nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer soziale Kontakte zu Österreichern pflegt. Diesbezüglich ist jedoch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Dem Interesse am Weiterverbleib des Beschwerdeführers in Österreich steht das öffentliche Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung, der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Der Beschwerdeführer vermochte sich bisher nicht durch eine eigene Arbeitsleistung zu versorgen und ist er auf staatliche finanzielle Unterstützung angewiesen. Im Rahmen einer Gesamtabwägung all dieser Umstände iSd Art 8 Abs. 2 EMRK gelangt man daher gegenständlich zu dem Ergebnis, dass die dargestellten individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie die oben genannten öffentlichen Interessen überwiegen.

Auch wenn man von einer berücksichtigungswürdigen Integration ausgeht, so ist in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2010, U 614/10, zu verweisen, wo der Verfassungsgerichtshof ausführt, dass, auch wenn man von einem hohen Maß an Integration ausgeht, der alleine durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkte Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Vor diesem Hintergrund ist die Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK nicht als unzulässiger Eingriff in ihr Privat- und Familienleben anzusehen. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi v. the United Kingdom, 21878/06). Es liegt somit zusammengefasst kein unzulässiger Eingriff in ein zu schützendes Privat- und Familienleben vor. Die Ausweisung des Beschwerdeführers in den Irak ist daher zulässig.

Die in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides angeordnete Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gilt gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Geltung als Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG.

Da sich im gegenständlichen Fall nicht ergeben hat, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre, ist gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht weiters hervor, dass das erkennende Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe und zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben, abgeht. Darüber hinaus wird zu diesem Thema keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem auf der Frage der Beweiswürdigung.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte