BVwG L518 1410615-4

BVwGL518 1410615-413.7.2015

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:L518.1410615.4.00

 

Spruch:

L518 1410613-4/5E

L518 1410614-4/5E

L518 1415627-4/5E

L518 1410615-4/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Dr. ENTHOFER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2015, Zl. 791141008-1201179, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Dr. ENTHOFER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2015, Zl. 791141106-1201187, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Dr. ENTHOFER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2015, Zl. 800749204-1290996, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch RA Mag. Dr. ENTHOFER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.05.2015, Zl. 791141204-1201195, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gem. §§ 55, 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005

idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 - bP4 bezeichnet), sind Staatsangehörige Armeniens und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 18.09.2009 (bP 1, 2, und 4) bzw. 19.08.2010 (bP3) bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP 1 und bP 2 sind die Eltern der bP 3 und mj. bP 4.

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde vom 14.12.2009 (bP 1, 2, und 4) bzw. 17.09.2010 (bP3) gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

I.3. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerden behob der Asylgerichtshof mit Erkenntnissen vom 21.12.2010 die bekämpften Bescheide und verwies die Angelegenheiten gemäß § 66 Abs. 2 AVG (iVm § 34 AsylG) zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

I.4. In der Folge wurde die bP 1 am 02.03.2011 beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen und legte im Zuge der Einvernahme mehrere Befunde vor. Weiters wurden Schulbestätigungen hinsichtlich der bP 4 vorgelegt.

I.5. Das Bundesasylamt veranlasste eine medizinische Begutachtung der bP 1 durch einen gerichtlich beeideten Gutachter für Allgemeinmedizin (Gutachten vom XXXX ) und holte bei der zuständigen Krankenversicherung eine Liste aller in Apotheken bezogenen Medikamente des Beschwerdeführers ein. Weiters wurden Erhebungen über den Gutachter und im Wege der Staatendokumentation zur Verfügbarkeit von Medikamenten durchgeführt und wurden Ermittlungen zur Behandlung von Niereninsuffizienz in Armenien getätigt.

Die bP 1 wurde zu den Ermittlungsergebnissen am XXXX 2011 erneut beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen.

I.6. Das Bundesasylamt, Außenstelle Linz, wies mit Bescheiden vom 01.04.2011 die Anträge auf internationalen Schutz der bP in Spruchpunkt I bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 und in Spruchpunkt II bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Mit Spruchpunkt III wies das Bundesasylamt die bP gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Armenien aus.

I.7. Gegen diese Bescheide des Bundesasylamtes wurde fristgerechte Beschwerde am 18.04.2011 erhoben.

I.8.Mit Schreiben vom 12.12.2011 sowie 18.07.2011 wurden Unterlagen zur Integration vorgelegt (Schulzeugnis, Deutschkurszeugnisse).

I.9. Nachdem der Erledigungsentwurf der vorsitzenden Richterin des zur Entscheidung berufenen Senats des Asylgerichts nicht die Zustimmung des beisitzenden Richters gefunden hatte, wurde das gegenständliche Verfahren mit 08.06.2011 gemäß § 11 Abs. 4 AsylGHG an den zuständigen Kammersenat herangetragen.

Mit Schreiben des AsylGH vom 17.06.2011 wurde den bP die Befassung des Kammersenats mit ihren Rechtssachen zur Kenntnis gebracht und hierzu die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, welche jedoch im Weiteren unterblieb.

Mit Verfahrensanordnung vom 02.11.2011 wurde den bP antragsgemäß ein Rechtsberater bzw. eine Rechtsberaterin gemäß § 75 Abs. 16 AsylG 2005 zur Seite gestellt.

Der Asylgerichtshof hat mit Entscheidungen vom 15.11.2011 durch die Richterin Drin. FAHRNER als Kammervorsitzende in Erledigung der Beschwerden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Hinsichtlich der Begründung wurde auf mangelnde Ermittlungen zum Gesundheitszustand der bP 1 sowie die Leistbarkeit der Behandlung verwiesen.

Hinsichtlich dieser Punkte wurde auf das vorangegangene Erkenntnis des Asylgerichthofes vom 21.12.2010 gemäß § 66 Abs. 2 AVG verwiesen, welches dem Rechtsbestand angehört und an dessen tragende Rechtsansicht auch die nunmehrige Entscheidung gebunden gewesen sei.

I.10. Die bP 1, 2 und 3 wurden daraufhin mehrfach niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen.

I.11. Zusammengefasst brachte die bP 1 zu den Fluchtgründen befragt zunächst vor, sie habe Armenien verlassen, da sie am 01.03.2008 im Zuge einer Demonstrationsteilnahme von der Polizei mit einem Gummiknüppel geschlagen worden sei. Seither würden ihre Nieren nicht mehr arbeiten und sie bedürfe regelmäßiger Dialyse. Sie habe Anzeige gegen die Polizei erhoben, weshalb die Polizei oft zu ihrem Haus gekommen sei und verlangt habe, dass sie die Anzeige zurückziehe. Sie werde von der Polizei belästigt und bedroht; im Falle einer Rückkehr würden die Schikanen weitergehen.

Im Zuge des fortgesetzten Verfahrens gab die bP 1 an, dass ihre Nierenprobleme nicht von den Schlägen kommen würden. Sie vermute eher, dass die Funkwellen während ihrer Arbeit den Gesundheitszustand derart beeinträchtigt hätten.

Zuletzt habe die bP1 in Armenien am Flughafen als XXXX gearbeitet und dabei gut verdient. Sein Dienstgeber habe vorgehabt, sie in Pension zu schicken wobei diese im besten Falle AMD 10.000 bis 12.000 (ca. EUR 25 - 30) betragen würde. Eine gegebenenfalls zu beantragende Behindertenrente würde ca. EUR 20 betragen. In Österreich lebe sie mit der Frau und den beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt. Sie hoffe, hier eine Nierentransplantation zu erhalten, da dies in Armenien gesetzlich nicht möglich sei.

Zum Gesundheitszustand gab die bP 1 an, eine chronische Niereninsuffizienz zu haben und seit März 2008 regelmäßiger Dialyse zu bedürfen. Ihre Krankheit betreffend sei sie in Armenien nicht richtig behandelt worden, was man auch am linken Unterarm erkennen würde, da die Venen ruiniert seien. Mit der Dialyse in Armenien sei sie unzufrieden, da niemals Einwegfilter verwendet worden seien. Die Behandlung sei zwar kostenlos, Medikamente müsse sie jedoch selber kaufen, und ebenso müsse man den Krankenschwestern Geld geben. Als armenischer Dialysepatient würde man nicht lange überleben. Zusätzlich sei sie im Oktober 2010 in Österreich an der Lunge wegen eines bösartigen Tumors operiert worden.

I.12. Es wurden nochmals Erhebungen durch die belangte Behörde über die Staatendokumentation veranlasst und Anfragebeantwortungen über den Vertrauensanwalt zu Dialysemöglichkeiten, deren Kosten und Qualität in Armenien eingeholt. Diese langten am 24.02.2012 bzw. 31.05.2012 ein.

Am 22.05.2012 wurde eine weitere schriftliche Ergänzung zum Gutachten betreffend die bP 1 von XXXX erstellt.

Diese Ermittlungsergebnisse wurden mit der bP 1 im Rahmen einer weiteren Einvernahme erörtert.

I.13. Die Anträge der bP1 bis bP4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde vom 21.09.2012 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status von Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien verfügt (Spruchpunkt III.).

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP zu den Fluchtgründen als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant.

Das Bundesasylamt stellte weiters fest, dass die bP 1 an einer chronischen Niereninsuffizienz leide und eine regelmäßige Dialyse samt entsprechender Medikation benötige.

Die bP 1 könne eine Invaliditätspension beziehen und würde alle Medikamente kostenlos bekommen. Die Dialyse würde in Armenien kostenlos durchgeführt werden und die Medikamente wären verfügbar. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, sei der Beschwerdeführer in der Lage die Behandlungskosten selber zu übernehmen bzw. mit Hilfe der Familie zu tragen, weshalb eine Rückkehr nach Armenien auch zumutbar sei. Es erfolgte eine konkrete Aufzählung der in Armenien in finanziell gesicherten Verhältnissen lebenden Familienmitglieder. Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten schlechter und gegebenenfalls auch kostenintensiver seien, sei nicht relevant, da die notwendigen Behandlungsmöglichkeiten gegeben und diese auch ausreichend seien.

Ein Familienleben bestünde laut eigenen Aussagen in Österreich nicht.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde ausführliche Feststellungen.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben der bP1 bis bP4 dar.

I.14. Gegen die Bescheide vom 21.09.2012 wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Ausgeführt wurde, dass die bP 1 im Oktober eine Nierentransplantation erhalten werde und sie an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leide. Sie müsse regelmäßig zur Dialyse und sei in Armenien nicht richtig behandelt worden. Die bP 3 sei wegen Brustkrebs behandelt worden. Die gesamte Familie leide unter dem gesundheitlichen Schicksal des Vaters und der Tochter. Die Folgen der Operationen seien im erstinstanzlichen Bescheid noch nicht behandelt worden, da diese damals noch nicht absehbar waren.

Das Bundesasylamt sei den Aufforderungen des Asylgerichtshofes nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen. Das Familieneinkommen sei nur vage ermittelt worden und könne sich die Familie keine Behandlung der bP 1 sowie der bP 3 leisten.

Die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen seien hinsichtlich der Kosten für Behandlungen widersprüchlich. Die Anfragebeantwortungen wurden daher in Zweifel gezogen und wurde beantragt, ein neues, unabhängiges Gutachten über das Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten einzuholen. Im Bescheid sei als Ergebnis des Vertrauensanwaltes von einer ganzheitlich kostenlosen Behandlung ausgegangen worden. Demgegenüber fände sich auf Seite 58 des Bescheides, dass die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze für Dialysebehandlung beschränkt sei. Jeder könne aber selbst zahlen und auch Inhaber kostenloser Plätze müssten Zuzahlungen leisten. Damit seien die Behandlungsplätze beschränkt und nur "im Prinzip" kostenlos. Der AA Bericht würde die Angaben der bP 1 bestätigen.

Ein Behandlungsplatz für die bP 1 sei damit nicht gewährleistet. Sie weise ein komplexes Krankheitsbild auf und würde eine Abschiebung zu einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen. Eine Behandlung könne sich die Familie nicht leisten. Die bP 1 würde max. 50 $ Pension erhalten, und würde die Miete für 2-Zimmer in XXXX 200-400$ betragen. Soweit die bP 1 angab, dass ihre zahlreichen Verwandten in Armenien "gut" verdienen, hätte sie damit gemeint, dass sie ihre Familien versorgen könnten. Keinesfalls könnten diese für die bP 1 und bP 3 die Behandlungskosten übernehmen.

Zusätzlich habe die bP 1 aufgrund armenischer Gesetzeslage keine Möglichkeit, in Armenien eine Nierentransplantation zu erhalten. In Österreich würde die bP 1 eine erhalten und bedürfe eine derartige Operation spezieller Nachbehandlung, welche in Armenien nicht gewährleistet sei.

Auf die Erkrankung der bP 3 bzw. deren psychische Probleme im Zuge der Brustoperation sei nicht entsprechend eingegangen worden. Diese hätte bereits eine OP gehabt, eine weitere würde folgen. Sie sei an Krebs erkrankt und benötige eine ständige und durchgehende Behandlung und medikamentöse Versorgung.

Die Familie sei inzwischen integriert.

I.15. Am 23.10.2012 langte eine Urkundenvorlage samt ergänzendem Vorbringen ein. Ausgeführt wurde nochmals, dass eine hier in Österreich mögliche Nierentransplantation in Armenien nicht möglich sei und die bP 1 nunmehr zusätzlich Suizidgefährdet sei. Aus den medizinischen Befunden gehe hervor, dass die bP 1 psychisch beeinträchtigt sei.

I.16. Mit Mail vom 22.05.2013 wurde mitgeteilt, dass die bP 2 von einer Nachbarin angezeigt wurde, da sie diese im Rahmen eines Streites in den Finger gebissen habe und ihr gefährlich gedroht hätte. Die bP 2 negierte dieses Verhalten und gab ihrerseits vor der Polizei an, von der Nachbarin verletzt worden zu sein.

I.17. Den bP wurde mit Verständigung über die Beweisaufnahme vom 14.03.2014 aktuelle Länderfeststellungen zur Stellungnahme übermittelt (AA vom 25.01.2013; Staatendokumentation vom Juli 2013). Unter einem wurden sie mit Schreiben vom selben Tag aufgefordert, im Beschwerdeverfahren mitzuwirken und alle geeigneten, vorhandenen Unterlagen und Bescheinigungsmittel vorzulegen. Es erfolgte eine ausführliche Belehrung über die Mitwirkungspflichten im Verfahren sowie ein Verweis auf die Vertretung, welche die bP bei der Beschaffung entsprechender Beweismittel unterstützten könnte. Unter Anführung des § 15 AsylG wurde festgehalten, dass die bP verpflichtet sind, soweit Beweismittel erst während des Verfahrens hervorkommen, diese unverzüglich vorzulegen.

I.18. Am 31.03.2014 fand im Beisein der rechtsfreundlichen Vertretung der bP vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die bP 1 - 3 wurden einvernommen und eine von der rechtsfreundlichen Vertretung namhaft gemachte Zeugin wurde befragt.

Die Zeugin lernte die bP 3 in der Flüchtlingsunterkunft kennen. Sie gab an, als Journalistin für einen staatlichen Sender in Armenien tätig gewesen zu sein. Sie führte aus, zwar nichts über die bP und deren Situation selbst aussagen zu können, jedoch Angaben zur medizinischen Versorgung und Korruption in Armenien machen zu können. Den Bericht der NGO Verein Menschenrechte, an welchem sie mitgewirkt habe, konnte sie nicht vorlegen. Sie hätte im Rahmen der Recherchen Patienten befragt und das Ergebnis der Befragung den armenischen Behörden übermittelt. Diese hätten die erhobenen Fakten

Vom rechtsfreundlichen Vertreter wurden im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung nachstehende Anträge eingebracht bzw. Ausführungen getätigt:

RV: Ich stelle einen Vertagungsantrag. Die Ladung zur Verhandlung wurde dem RV am 19.03.2014 zugestellt. Zieht man den Tag der Zustellung und den Tag der Verhandlung ab, verbleibt eine Vorbereitungszeit von 10 Tagen, die durch zwei Wochenenden durchbrochen ist. Ein Zeitraum von sechs Tagen reicht zur Vorbereitung bei einer derart komplexen Beschwerdesache (siehe Akteninhalt) keinesfalls aus, zumal, seit der Beschwerdeeinreichung von eineinhalb Jahren verstrichen ist. Die Dialysebehandlung der P1 wurde fortgesetzt, es hat sich ein neuer Medikamentenplan ergeben, die letzte stationäre Durchuntersuchung wurde erst im Jänner 2014 durchgeführt und sich insbesondere eine Reihe von schwierigen medizinischen Fragen stellt, die durch den bisherigen Akteninhalt nicht beantwortet werden. Die medizinischen Gutachten des XXXX , auf welche sich die Erstbehörde sich gestützt hat, sind veraltet. All dies hätte mit einer schriftlichen Stellungnahme, die entsprechend auszuarbeiten ist, in zweckentsprechender Form vorgetragen werden können, dazu die Zeit jedoch schlicht nicht ausgereicht hat, zumal eine Besprechung trotz äußerster zeitlicher Bemühung erst am vergangenen Donnerstag durchführbar war (Problem der Beischaffung und Organisierung eines Dolmetschers aus Linz). Dies alles muss vor dem Hintergrund der geradezu dramatischen Tragweite einer allfälligen negativen Entscheidung auf die gesundheitliche Lage der P1 gesehen werden.

VR fordert den RV auf, das Vorbringen "insbesondere eine Reihe von schwierigen medizinischen Fragen" zu konkretisieren.

"RV: Erstens benötigt der BF1 eine Ersatzniere, wurde unterdessen nach Ausheilen einer Lungenerkrankung und Feststellung seiner grundsätzlichen Transplantationseignung auf die Liste jener Patienten gesetzt, denen eine Niere zu transplantieren ist ( XXXX Linz). Eine Transplantation ist in Armenien nicht möglich. Zu klären ist durch einen Facharzt aus dem Fachgebiet der inneren Medizin, ob dem BF1 zugemutet werden kann, unter Verzicht auf eine derartige Transplantation als lebenslänglicher Dialysepatient nach Armenien zurückkehren zu müssen. Zweitens, die Risiken einer nicht lege artis durchgeführten Dialysebehandlung in Armenien sind aus fachmedizinsicher Sicht unter Bedachtaufnahme auf den konkreten Gesundheitszustand des BF1 durch ein entsprechendes Internistisches Gutachten abzuklären. Drittens, die landeskundlichen Ermittlungen zur Qualität der den BF1 in Armenien erwartenden Dialysebehandlungen sind durch Nichtärzte durchgeführt worden und überdies überaus oberflächlich. Viertens, Die medizinischen Nebenwirkungen einer Dialyse bei chronischer Niereninsufisienz sind vielfältig und können gleichfalls nur durch einen Internisten aufgezeigt und beurteilt werden. Bereits die lange Liste von Medikamenten, die der BF1 deshalb hier in Österreich gemäß ärztlicher Verordnung einnehmen muss, zeigt dies auf. ES reicht bei weitem nicht aus, sich auf die Frage zurückzuziehen, ob gewisse Medikamente in Armenien erhältlich sind oder durch andere Medikamente substituiert werden können. Es bedarf vielmehr einer fachmedizinischen Gesamtbeurteilung der Risiken, die eine nichtfachgerechte Behandlung der Erkrankung für den BF1, auch unter dem Gesichtspunkt der Nebenwirkungen haben kann.

...

Weitere Beweisanträge: Einholung eines Gutachtens auf dem Fachgebiet der inneren Medizin zum Beweis dafür, dass der BF1 dringend eine Fremdniere benötigt, weil er ansonsten eine deutliche reduzierte Lebenserwartung hätte, der BF1 an einer chronischen Niereninsuffizienz leidet, er somit lebenslänglich Dialysepatient bleiben würde eine derartige Behandlung, wenn sie nicht fachgerecht ausgeführt wird, gefährliche Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen haben kann, die zu einem qualvollen Leidenszustand und letztendlich zum Tod des Patienten führen könnten, es sich bei der Dialyse um ein hochkomplexes medizinisches Thema handelt, in der Tat dem sogenannten Filter, bei dem es sich in Wahrheit um eine semipermeablen Membran handelt, größte Bedeutung zukommt, hygienische Fehler sich dabei fatal auswirken können. Derartige Patienten der permanenten Gefahr einer Infektion ausgesetzt sind und selbst bei optimaler medizinischer Versorgung dennoch zahlreiche Nebenwirkungen, welche die Lebenserwartung senken, auftreten, sodass eine intensive kontinuierliche medizinische Nebenbetreuung notwendig ist, in Form einer Therapie durch eine Serie von Medikamenten sowie zum Beweis dafür, dass sich durch die bisher eingeholten Gutachten und Länderberichte keinerlei Gewissheit gewinnen lässt, wie es dem BF1 in Armenien im Falle einer Abschiebung gesundheitlich ergehen würde, aber auch zum Beweis für den aktuellen Gesundheitszustand, die aktuell benötigen Medikamente, die nicht identisch sind mit jenen, zu denen eine Auskunft der Staatendokumentation und des Vertrauensanwalts eingeholt worden sind sowie zur Erhellung, welche Tatsachen überhaupt bekannt sein müssen und aus medizinischer Sicht beurteilen zu können, mit welchen Risiken die Abschiebung des BF1 nach Armenien konkret aufgrund seines heutiges Gesundheitszustandes verbunden sein kann. In Bezug auf die BF2 wird auf die Einholung eins medizinischen Gutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie und der Psychiatrie zum Beweis dafür beantragt, dass die BF2 an Panikattacken leidet, die durch eine Abschiebungssituation aggraviert werden würden und aktuell die Gefahr eines neuerlichen Gehirnödems oder Gehirninfarkts besteht, insbesondere wenn der nervliche Druck auf die BF2 gesteigert wird.

Ich behalte mir vor diesen Beweisantrag nach Studium der Gutachten des XXXX , der nach dem Wissen des RV ein Allgemeinmediziner und kein Fachmediziner ist, durch weitere Beweisanträge noch zu ergänzen.

Es wird beantragt das Beweisverfahren nicht zu schließen, weil der RV bei den behandelnden Ärzten des BF1 nachfragen wird, um deren Meinung bezüglich der Risken einer Abschiebung in Erfahrung zu bringen.

Der BFV kündigt an, eine Themenspezifische medizinische Auslandsrecherche - einzelfallbezogen auf die konkrete Erkrankung des BF1 bzw. die Ergänzung der vorliegenden Recherchen - im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme zu beantragen."

I.19. Am 15.04.2014 nahm die rechtsfreundliche Vertretung der bP Akteneinsicht und erhielt Kopien der medizinischen Unterlagen betreffen die bP 1.

I.20. Über entsprechende Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts legte die bP 1 mit Schreiben vom 19.05.2014 einen Auszug der "Eurotransplant-Liste" vor. Auf dieser Warteliste schien die bP 1 als für eine Nierentransplantation angemeldete Person auf. Ausgeführt wurde in der Stellungnahme, dass diese Liste in Zusammenhang mit der internistischen Stellungnahme von XXXX vom 16.04.2014 gesehen werden müsste. In der internistischen Stellungnahme sei festgehalten worden, dass die bP sei Jänner auf der Eurotransplant Liste aufscheine.

I.21. Das Erhebungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend Nierentransplantationen in Armenien vom 06.05.2014 wurde mit Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 19.05.2014 beantwortet.

I.22. Der bP 1 wurde diese Anfragebeantwortung vom 19.05.2014 mit Schreiben vom 09.07.2014 zur Stellungnahme übermittelt.

I.23. In der Stellungnahme vom 18.07.2014 wurde ausgeführt, dass die nunmehr eingeholte Anfragebeantwortung im Widerspruch zur Anfragebeantwortung vom 12.08.2010 stünde, da damals festgehalten worden sei, dass Nierentransplantationen in Armenien nicht durchgeführt werden könnten. Dieser Widerspruch sei durch eine neuerliche ergänzende Anfrage aufzuklären.

Die bP 1 stünde auf der Eurotransplant-Liste, und ginge aus einer Stellungnahme von XXXX vom 16.04.2014 hervor, dass die bP 1 bald eine neue Niere erhalte. Demgegenüber ginge aus der letzten Anfragebeantwortung hervor, dass in einem Zeitraum von 23 Jahren nur 150 Nierentransplantationen durchgeführt worden wären. Eine Behandlung der bP 1 sei de lege artis nur mit Nierentransplantation durchzuführen, welche in Armenien wohl nicht erlangt werden könnte. Die Einholung eines medizinischen Gutachtens sei indiziert, um den aktuellen Gesundheitszustand sowie die unbedingt benötigen medizinischen Behandlungen und Therapien der bP 1 aktuell wegen der Niereninsuffizienz zu erheben. In der internistischen Stellungnahme vom 16.04.2014 werde ausgeführt, dass es für die Lebensqualität und Lebenserwartung eines Dialysepatienten ausschlaggebend sei, ob er eine Dialyse auf höchstem technischem Niveau erhalten könne, was in Armenien angezweifelt werde. Eine nunmehrige Abschiebung würde zur Unzeit erfolgen, da die bP 1 bald in Österreich eine Nierentransplantation erhalten könne und sei der bP 1 eine Dialysebehandlung in Armenien nicht zumutbar.

Es fehle auch an konkreten Ermittlungen zu den in der Stellungnahme vom 16.04.2014 aufgezeigten therapeutischen Erfordernissen. Die bP 1 benötige demnach eine Dialysebehandlung auf höchstem technischen Niveau und habe es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, zu den dortigen Ausführungen betreffend der in Armenien eingesetzten, nicht dem Standard entsprechenden Dialysegeräten landeskundliche Ermittlungen anzustellen. In Punkt 2 der Stellungnahme würde angeführt, welche Therapien die bP 1 aufgrund der mit der Nierenerkrankung verbundenen Folgeerscheinungen benötige und hätte die bP 1 in Armenien keinen Zugang zur dringend benötigten, kostenintensiven Medikation, welcher der Hintanhaltung einer lebensgefährlichen Aggravierung seiner Nierenerkrankung dienen würde. In der letzten Anfragebeantwortung sei ausdrücklich angeführt worden, dass spezielle Behandlungen von Dialysen in den Spitälern nicht kostenlos wären und hätten frühere Anfragen an IOM ergeben, dass die Kosten für die Behandlung, welche vom Patienten selbst zu tragen wären, fünf mal höher wären, als das örtliche Mindesteinkommen.

Der VwGH verlange in ständiger Rechtsprechung, dass - bevor eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Abschiebung eines Fremden unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMKR getroffen wird - durch geeignete Beweisaufnahmen geklärt werde, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr (real risk) mit einer Abschiebung verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Insgesamt sei vom Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände auszugehen, die im Sinne der vom EGMR entwickelten Rechtsgrundsätze zur Folge hätten, dass eine Abschiebung der bP 1 zum jetzigen Zeitpunkt ohne die Möglichkeit einer Nierentransplantation den bP in seinen durch Art. 3 EMRK gewährleisteten, absolut wirkenden Rechten verletzen würde.

I.24. Mit Schreiben vom 23.07.2014 teilte die rechtsfreundliche Vertretung der bP mit, dass der bP 1 inzwischen eine Fremdniere implantiert worden ist. Daraus resultiere eine vollkommen geänderte Situation und bedürfe die bP 1 engmaschiger, internistisch-medizinischer Kontrollen auf höchstem medizinischem Niveau. Sie sei keinesfalls abschiebungsfähig. Es wurde beantragt, zunächst den Heilungsverlauf abzuwarten und dann das bereits mehrfach beantragte medizinische Gutachten einzuholen oder eine neuerliche mündliche Verhandlung durchzuführen oder neuerlich Parteiengehör einzuräumen. Gerade die beiden Kinder seien derart gut integriert, dass eine Ausweisung unzulässig sei.

I.25. Mit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2014 wurden die Beschwerden der bP 1-4 gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 144/2013 als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wurden die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die Revisionen wurden für nicht zulässig erklärt.

I.25.1. Im Verfahren wurden diverse Schulbesuchsbestätigungen, Jahreszeugnisse, Kursteilnahmebestätigungen, Deutschzeugnisse, die Geburtsurkunde der bP 1 bis 4, Integrationsnachweise für bP2 und 3, diverse medizinische Nachweise bP 3, diverse medizinische Nachweise der bP 1, Kursbestätigung der bP 2, Heiratsurkunde der bP 1 und 2, Ausbildungsbestätigungen der bP 1, 2 und 3 in Armenien, Kopie der ersten Seite des Reisepasses der bP 2 vom XXXX 1999, medizinische Unterlagen hinsichtlich bP 2, Patientenverfügung der bP 2, Militärausweis der bP 1, Dienstausweis der bP1 sowie Bestätigungen über einzelne psychologische Beratungsgespräche im Krankenhaus und Behindertenpass der bP 1 vorgelegt.

I.25.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien wurden ausführliche und aktuelle Feststellungen getroffen.

Insbesondere wurden nachstehende Feststellungen der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Anforderungen für eine Registrierung von NGOs sind mühsam und zeitaufwändig, trotzdem sind etwa 3.000 NGOs beim Justizministerium registriert, auch wenn nicht alle davon aktiv sind. Armeniens Zivilgesellschaft ist dennoch lebhaft und die Anzahl der registrierten NGOs steigt weiter. Der Fokus von NGOs liegt immer mehr auf Menschenrechten und Machtmissbrauch (FH 1.2013, FH 18.6.2013)

Die Hilfeleistungen aller NGOs werden durch unterschiedlichste Projekte, aber auch direkte humanitäre Hilfe erbracht. Als Beispiele hierfür seien die Verteilung von Kleidung, Schuhen, Nahrungsmitteln, etc. angeführt. Weiter sind Fortbildungsmaßnahmen zu nennen, wie zum Beispiel Fremdsprachen- oder Computerkurse. Um die Nachhaltigkeit der Hilfe zu sichern gibt es auch spezielle Existenzaufbauprogramme, die den Menschen Möglichkeiten zur Einkommensgenerierung bieten und somit die Selbstständigkeit und das Selbstbewusstsein der Betroffenen wieder heben (siehe Kapitel 22 Grundversorgung/Wirtschaft) (BAA-Analysen 26.8.2010).

Das soziale Sicherungssystem Armeniens umfasst derzeit die folgenden Elemente:

* Staatliche soziale Unterstützungsprogramme wie etwa Familienbeihilfe, Berufsunfähigkeitsrente, Altersrente und andere soziale Beihilfen, einmalige Kindesprämien und Kindergeld (bis zum Alter von 2 Jahren).

* Soziale Unterstützungsprogramme für behinderte Mitbürger, Veteranen und Kinder; insbesondere medizinische und soziale Rehabilitationsprogramme, häusliche Alten- und Behindertenpflege, Heime, Waisenhäuser und Internate.

* Staatliche Sozialversicherungsprogramme, bestehend aus Alters- und Berufsunfähigkeitsrente sowie Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit und Schwangerschaft.

* Beschäftigungsprogramme einschließlich Arbeitslosenunterstützung, berufliche Weiterbildung für Arbeitslose und öffentliche (oder vergleichbare) Arbeiten.

* Ein System mit Privilegien für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die 1999 unter besonders problematischen Lebensbedingungen zu leiden hatten. Dieses System umfasst derzeit einige Privilegien; vornehmlich für Veteranen des 2. Weltkriegs (und vergleichbare Gruppen) im Rahmen der (internationalen) GUS-Abkommen. In der Mehrzahl kommen Dienstleister in den Genuss dieser Privilegien. Für den Zeitraum von 2006 bis 2015 sind keine weiteren Privilegien geplant (IOM 8.2012).

Verfahren zur Existenzgründung

Heute realisieren zahlreiche internationale Organisationen und Wohlfahrtsverbände Projekte zur Förderung der Existenzgründung von Flüchtlingen und Heimkehrern.

Sozialbehilfen

Familienbeihilfen

Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.

Einmalige Beihilfen

Können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate von dem Amt geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).

Senioren und behinderte Mitbürger

Folgendes wird derzeit vom Staat finanziert:

a) Die Bereitstellung kostenloser prothetischer und orthopädischer Hilfsmittel für behinderte Mitbürger und Reparatur dieser Mittel. Bei der medizinisch-technischen Kommission - "Medical-rehabilitation Center" in Eriwan, Kanaker, Tsarav-Akhpiuri str. 55.

b) Ein Programm für den Betrieb von Heimen und häuslichen sozialen Diensten für alleinlebende oder ältere behinderte Mitbürger. Die häusliche Pflege für diese beiden Gruppen wird von dem "National Centre for in-house services" übernommen.

Bereits personalisierte Pensionäre können einen Preisnachlass von den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (einschließlich Preisnachlässe für Gas und Strom) fordern. Alleinstehende Pensionäre über 70 Jahre und alleinstehende behinderte Erwachsene können Pflegeleistungen beim "In-house Social Service Center for lonely old and disabled persons" (South-Western B-1 Quarter, Tel. 74-04-02) beantragen (IOM 8.2012).

Renten

Personen, die 63 Jahre (bei Frauen beginnt der Grundrentenanspruch mit 59) und älter sind und mindestens 5 Jahre gearbeitet haben, erhalten Anspruch auf eine Altersrente. Darüber hinaus besteht für Frauen eine Alterstabelle, nach der sich das Alter bis zur Anspruchsberechtigung pro Jahr um 6 Monate erhöht, bis das 63. Lebensjahr erreicht wurde. Frauen haben daher im Jahr 2006 mit 59,5 Jahren, im Jahr 2007 mit 60 Jahren und im Jahr 2008 mit 60,5 Jahren einen Rentenanspruch.

Personen im Alter von 55 Jahre, die 25 Jahre gearbeitet und hiervon 15 Jahre besonders schwere Arbeit geleistet haben, können eine Vorzugsrente beanspruchen. Die armenische Regierung hat eine Liste der betreffenden Positionen und Tätigkeiten veröffentlicht. Bis zum Erreichen des Rentenalters besteht eine Alterstabelle. So hatten Männer beispielsweise im Jahr 2004 mit 54,5 Jahren, im Jahr 2005 mit 55 Jahren und Frauen im Jahr 2004 mit 49,5 Jahren, im Jahr 2005 mit 50 Jahren und im Jahr 2006 mit 50,5 Jahren einen Rentenanspruch.

Personen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben und aufgrund einer Initiative des Arbeitgebers gekündigt wurden (mit Ausnahme bei Austritten aufgrund von Verstößen gegen Arbeitsvorschriften) und innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei dem zuständigen Arbeitsamt einen Antrag gestellt haben, erfüllen die Voraussetzungen um eine Rente zu erhalten.

Im Fall einer Berufsunfähigkeitsrente für die Altersgruppe ab 30 Jahre muss die betreffende Person mindestens 5 Arbeitsjahre vorweisen können.

Das staatliche Rentenversicherungssystem umfasst:

1) Altersrenten

2) Renten bei langer Dienstzeit

3) Berufsunfähigkeitsrente

4) Versicherungsrente für Familien, die den Haushaltsvorstand verloren haben

Diese Renten basieren auf den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen und stellen das Arbeits-, Versicherungs- und Rentensystem dar.

Arbeitslosenunterstützung

Als arbeitssuchend gelten alle Personen ab 16 Jahren, die sich ungeachtet ihrer Beschäftigung bei den staatlichen Arbeitsämtern arbeitssuchend melden. Der Status des Arbeitssuchenden wird allen arbeitslosen Jobsuchern zuerkannt, die das arbeitsfähige Alter erreicht haben und keine gesetzlichen Leistungen beziehen, sofern sie mindestens 1 Jahr gearbeitet haben und sich bei dem Arbeitsamt anmelden.

Gemäß den von der armenischen Regierung vorgegebenen Verfahren kann Arbeitslosen, deren Zahlungsanspruchsfrist abgelaufen ist, sowie Arbeitssuchenden, die nicht als arbeitslos gelten und daher gemäß diesem Gesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, finanzielle Hilfe gewährt werden. Bezüglich der Anspruchsberechtigung und der Höhe der Arbeitslosenunterstützung:

* Die armenische Regierung bestimmt den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung.

* Auf Initiative des Arbeitgebers und mit Ausnahme in Fällen, in denen der Mitarbeiter aufgrund von unentschuldigtem Fehlen oder Verstoß gegen die Arbeitsvorschriften entlassen wurde, erhalten Personen, die sich beim Arbeitsamt innerhalb von 30 Tagen arbeitssuchend melden, den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung.

* Mitarbeiter, die selber gekündigt haben oder die die Anforderungen des Gesetzes nicht erfüllen, erhalten 80% des Grundbetrags der Arbeitslosenunterstützung.

* Personen, die aufgrund eines Verstoßes gegen die Arbeitsvorschriften entlassen werden, erhalten 60% des Grundbetrags der Arbeitslosenunterstützung (IOM 8.2012).

Quellen

Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos (AA 25.1.2013).

Mit dem Regierungserlass 643-N vom 29.04.2010 wurden neue Mechanismen zur Bereitstellung kostenloser medizinischer Versorgung im Rahmen des staatlichen Programms entwickelt, die eine flexiblere finanzielle Unterstützung der Gesundheitseinrichtungen in den ländlichen und abgelegenen Regionen der Republik ermöglichen sollen.

Ein neues Entlohnungssystem für medizinisches Personal in Krankenhäusern wurde entworfen und 2011 eingeführt.

Die Sanierung der primären Gesundheitsversorgung war 2010 eine der gesetzten Prioritäten. Auf dem Gebiet der spezialisierten Gesundheitsversorgung wurden neue qualitative und technische Standards entwickelt und 2010 für 4 Fachbereiche eingeführt:

Kardiologie, Neurologie, abdominale Chirurgie und Gastroenterologie. Dies stellt qualifiziertere Serviceleistungen für den Patienten sicher.

Für die Weiterentwicklung der dem Gesundheitssystem angehörenden Fachleute wurden im Jahr 2010 insgesamt 110 Ärzte aus Nagorno Karabach und 200 Ärzte aus den Regionen im Rahmen eines staatlichen Programmes kostenlos geschult.

Das Volumen der Medikamente, die im Rahmen des staatlichen Programmes an die medizinischen Einrichtungen ausgeliefert wurden, wurde 2010 erhöht. Die Regierung stellte für Medikamente 2,6 Mrd. Dram aus dem Staatsbudget bereit (IOM 8.2012).

Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden. Importierte Medikamente (z.B. von Bayer, Gedeon Richter oder Solvay) sind überall erhältlich und ebenfalls erheblich billiger; für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich. Die Medikamentenpreise steigen weiter an, die Preise variieren hierbei von Apotheke zu Apotheke (AA 25.1.2013).

Das rechtliche Rahmenwerk des Gesundheitssystems wurde 2010 ebenfalls verbessert. Neue Zusätze zum Gesetz über die mentale Gesundheitsversorgung ("RA Law on Mental Health Care") wurden 2010 aufgenommen.

Die Abläufe und Anforderungen für die Lizenzierung von Ärzten und Krankenschwestern sind überarbeitet und die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen entsprechend geändert worden.

25 sanitär-hygienische Normen und Standards wurden entwickelt und staatlich anerkannt.

Im Rahmen inter-institutioneller und zwischenstaatlicher Abkommen kooperierte das armenische Gesundheitsministerium aktiv mit der Russischen Föderation, den USA, der Schweiz, OXFAM, Save the Children, World Vision, der Weltbank und dem Global Fund zur Verbesserung der medizinischen Dienstleistungen in Armenien und zur Entwicklung und Sanierung des Gesundheitssystems in den Regionen und ländlichen Gebieten (IOM 8.2012).

Die primäre medizinische Versorgung ist größtenteils noch immer wie zu Sowjet-Zeiten organisiert. Diese Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldsher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt ein Arzt pro 1 200 bis 2 000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder.

Es gibt 500 Behandlungszentren oder Feldsher-Stationen - eine in jeder Stadt. Die Dienstleistungen werden üblicherweise von Krankenschwestern geleitet und umfassen: Grundversorgung für Kinder und Erwachsene, Schwangerschaftsversorgung, Entwicklungsuntersuchungen bei Kindern, Verschreibung von Medikamenten, Erste Hilfe, 24-Stunden-Notfalldienst, Hausbesuche und Präventivdienste wie etwa Impfungen und einfache Gesundheitsaufklärung.

Alle Fälle, die die Kapazitäten des ländlichen Gesundheitsnetzwerks übersteigen, werden an die regionalen Polikliniken oder direkt an ein Krankenhaus überwiesen.

Des Weiteren stehen 37 autonome Polikliniken zur Verfügung. Viele dieser Polikliniken beschäftigen Primärmediziner einschließlich Kinderärzte, praktische Ärzte und Geburtshelfer/Gynäkologen sowie Krankenschwestern und Hebammen.

Die Kliniken bieten üblicherweise ambulante Pflege für Erwachsene und ältere Menschen. Zu den weiteren Leistungen zählen Wochenbett-, Geburts-und Vorgeburtspflege, Pädiatrie, grundlegende Untersuchungen und Verschreibung aller Medikamente sowie kleinere chirurgische Eingriffe. Die Kliniken bieten im Allgemeinen auch Atteste bei Erkrankungen, Rehabilitation, 24-Stunden-Notdienste, Hausbesuche, Impfungen und Gesundheitsaufklärung. Präventivmaßnahmen werden auf verschiedene Weise angeboten. Impfprogramme werden seit langem erfolgreich in Klinken der medizinischen Grundversorgung angeboten und von dem epidemiologischen Gesundheitsnetzwerk überwacht.

Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Eriwan vorbehalten ist.

Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Eriwan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist.

Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Reformen haben den Patienten bereits die freie Wahl des Arztes garantiert. Das Recht der freien Arztwahl sollte auch die Qualität der Behandlung verbessern, da das Einkommen des Arztes jetzt die Anzahl der von ihm behandelten Patienten reflektiert. Das Ergebnis dieser Änderungen sollte auch das organisatorische Klima verändern. Für die Ärzte besteht jetzt ein höherer Anreiz, die Patienten zufriedenzustellen.

Angesichts der heutigen Situation des Landes sind die physischen Bedingungen der Polikliniken oftmals unzureichend. Die Ausstattung der Polikliniken und andere Sachanlagen sind beschädigt oder verschlissen. Es sind nicht genügend Finanzmittel vorhanden, um neue und moderne Technologien anzuschaffen oder die alten Geräte wieder instand zu setzen. Für das Personal besteht wenig Anreiz, die Patienten mit Respekt zu behandeln. Die Gehälter sind sehr niedrig und das Personal wird nur selten pünktlich bezahlt. Die Haupteinnahme der Gesundheitseinrichtungen stammt immer noch aus den Patientengebühren und inoffiziellen Zahlungen.

Es wird geschätzt, dass 25% der gesamten jährlichen Kosten des Gesundheitswesens vom Staat, 15% von humanitären Hilfsorganisationen und 60% von den Patienten getragen werden. Anstatt für ein Mitversicherungs-oder Selbstbeteiligungssystem hat sich das Gesundheitsministerium für die Einführung eines Systems entschieden, bei dem die Patienten die vollständigen Behandlungskosten selber direkt an die medizinische Einrichtung zahlen. Dieses System war zudem aufgrund der Einschnitte im staatlichen Haushalt für das Gesundheitssystem erforderlich.

Die Krankenhäuser haben Preise für alle Interventionen festgelegt und eine Kostenliste veröffentlicht, die vom Gesundheitsministerium überwacht wird. Patienten haben jetzt die Möglichkeit, die medizinische Einrichtung nach eigenem Ermessen und finanziellen Möglichkeiten auszuwählen. Es wird erwartet, dass Krankenhäuser Tagessätze für die Unterbringung und Verpflegung berechnen (Bett, Bettenpflege, Wasser, Dusche, Toilette etc. einschließlich Verpflegung, die die Patienten normalerweise selber mitbringen müssen) und Pauschalbeträge erheben, die ein Mindestpaket an Untersuchungen, Röntgenaufnahmen und Medikamenten enthalten. Zusätzliche Leistungen werden je nach Aufwand berechnet und Patienten zahlen für die meisten Leistungen mit Ausnahme der Standardleistungen selber.

Ambulante Dienste werden pro Arztbesuch berechnet. Zusätzliche Untersuchungen oder Prozeduren werden zusätzlich in Rechnung gestellt. Alle Medikamente werden von den Patienten selber bezahlt. Medizinische Hilfen und Prothesen werden von den Patienten bezahlt, sofern diese nicht in eine der bezuschussten Kategorien (Behinderte, Senioren etc) fallen (IOM 8.2012).

Quellen

Behandlungsmöglichkeiten von bestimmten Krankheiten

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos:

Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. US$ 50 pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Eriwan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet (AA 25.1.2013).

Hämodialyse [=Dialyseverfahren] ist für alle Patienten, die an Niereninsuffizienz leiden ungeachtet ihrer sozialen Situation kostenlos. Die Regierung transferiert die nötigen Gelder an die Krankenhäuser die Abteilungen für Hämodialyse und die Krankenhäuser bieten die Behandlung kostenlos. Hämodialyse ist in Armenien in XXXX und den Regionen erhältlich. Es gibt in XXXX und den Regionen jeweils 5 Zentren (IOM Armenien 24.2.2012).

An Diabetes erkrankte Patienten werden von Seiten der Regierung unterstützt. Sie können sich in einer Poliklinik registrieren lassen und die entsprechenden Medikamente (nur nach Verfügbarkeit) und Bluttests kostenlos erhalten. Blutzuckerteststreifen und Spritzennadeln müssen selbst gezahlt werden (BAMF 15.4.2011).

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos, einschließlich der Vergabe von Medikamenten (AA 25.1.2013, BAMF 27.6.2011, vgl. auch BAMF 28.2.2012).

In Bezug auf Verfügbarkeit von Einrichtungen der psychischen Gesundheit im Allgemeinen veröffentlichte die WHO im Zuge des aktuellsten "Mental Health Atlas 2011" folgende Zahlen:

Es gibt 27 ambulante Einrichtungen, 4 Tageszentren, 45 psychiatrische Betten in Allgemeinen Krankenhäusern, 10 psychiatrische Krankenhäuser und 1433 Betten in psychiatrischen Krankenhäusern (WHO 2011).

Gemäß der Verordnung N 144 - A vom 31.01.2012 des Gesundheitsministers der Republik Armenien, steht die Behandlung von bösartigen Tumoren auf der Liste der Krankheiten, deren Behandlung vom Staat gefördert wird. Demzufolge sind die Behandlung und die Ausgabe der notwendigen Medikamente (inklusive Antikrebsmedikamente, Schmerzmittel und Narkotika) in Armenien kostenlos. Chemotherapie ist für armenische Staatsbürger, die an verschiedenen Arten von Krebs leiden, ebenfalls kostenlos (BAMF 29.5.2012).

(Geistige) Behinderungen

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk.

Es gibt 7 regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

Medizinisch-soziale Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales:

Behandlung nach Rückkehr

Aufgrund fehlender finanzieller Mittel gibt es zurzeit kein staatliches Programm zur Vorbereitung auf die Unterbringung von Heimkehrern in Armenien. Eine vorübergehende Unterkunft (maximal 2 Monate) kann den Flüchtlingen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, von der Migrationsbehörde der Republik Armenien zur Verfügung gestellt werden. Jeder Fall wird jedoch ausführlich geprüft und die endgültige Entscheidung über die Bereitstellung der Unterkunft erfolgt nach dem Kollegialprinzip (IOM 8.2012).

Rückkehrer werden nach Ankunft in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

Es gibt keine Berichte darüber, dass Personen, die im Ausland politisch aktiv waren, nach ihrer Rückkehr nach Armenien Repressionen erfahren haben. (AA 25.1.2013).

Anfragebeantwortung vom 19.05.2014

Zusammenfassung:

Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass die Kosten für eine Nierentransplantation nicht vom Staat getragen werden, wohl aber die postoperativen Rehabilitationskosten.

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass im "Arabkir" Medizinzentrum Nierentransplantationen möglich sind.

IOM berichtet, dass die medizinische Grundversorgung und der Krankenwagen für alle Bürger in Armenien kostenlos sind. Der Patient muss sich in der Poliklinik seines Bezirkes wo er/sie lebt registrieren, um von der Kostenlosen Behandlung zu profitieren. Gemäß der Order 1155-A des Gesundheitsministers, erhalten Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden (einschließlich Nierentransplantation oder Dialyse), kostenfrei Medikamente in Spitälern oder Polikliniken. Die spezielle Behandlung in Spitälern ist nicht kostenfrei.

IOM berichtet, falls der Patient nicht der staatlichen Unterstützung unterliegt und kein Einkommen hat, können seine Angehörigen ihn unterstützen und die Kosten übernehmen. In diesem Zusammenhang ist keine NGO-Unterstützung verfügbar. Das durchschnittliche Einkommen in Armenien beträgt zirka 200 Euro und die Behandlung ist 75 mal teurer als das durchschnittliche Einkommen.

1) In welchen Krankenhäusern bzw. in welchen Institutionen in Armenien, sind Nierentransplantationen und notwendige Nachbehandlungen möglich?

2) Gibt es spezielle Behandlungszentren (Krankenhäuser, Spezialkliniken usw.)?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass es in Armenien 10 medizinische Zentren (5 in XXXX und 5 in den Regionen) mit Dialyse-Abteilungen und die Kosten für die Dialyse vom Staat übernommen werden. Nierentransplantationen werden im "Arabkir" Medizinzentrum durchgeführt und die Kosten werden nicht vom Staat getragen. Die Kosten betragen ungefähr 15.000 Euro. Das sind die Kosten der medizinischen Behandlung. Gemäß der armenischen Gesetzgebung kann die Niere selbst nicht verkauft werden, sie kann aber kostenfrei durch einen Spender (in der Regel Angehörige) gespendet werden. Die nachoperativen Rehabilitationskosten inklusive der Medikation werden durch den Staat getragen. Die Medikamente die für die Behandlung notwendig sind, sind in den Spitälern und Polikliniken erhältlich.

Zusätzlich stützt sich die gegenständliche Entscheidung auf die den bP vorwiegend bereits erstinstanzlich zur Kenntnis gebrachten Unterlagen:

? Bericht BAA, Thema RF MEV Dialyse, vom 24.02.2012

? Schriftliche Ergänzung zur Medizinischen Begutachtung von XXXX vom 28.03.2011

? Schriftliche Ergänzung zur Medizinischen Begutachtung von XXXX vom 22.02.2012

? Bericht BAA, Thema RD MEV Nachsorge nach Nierentransplantation, vom 10.08.2010

Bitte überprüfen Sie die Behandlungsmöglichkeiten, nach Nierentransplantationen in Armenien.

Anfragebeantwortung von IOM in Yerevan per E-Mail vom 9.8.2010

Ja, Nachsorgebbehandlung ist in Armenien erhältlich und die notwendigen Medikamente für die Verhinderung der Abstoßung und die Vorbeugung gegen Pilze und andere Infektionen sind ebenfalls erhältlich. Der Patient kann sich periodisch verschiedenen Laboruntersuchungen in Krankenhäusern und /oder Polikliniken unterziehen.

...

The patient can apply to the following hospitals:

Institute of Surgery after Professor Mikaelyan

9 Hasratyan Street, Yerevan

Director: Arthur Tamazyan

"Erebuni" Medical Center

14 Titogradyan Street, Yerevan

Director: Arthur Rostomyan

"NAIRI medical Center" CJSC

40, st. Dzorapi, Yerevan

Director: Harutiun Qushkyan

"Clynical Hospital #3" CJSC

40, st. Dzorapi, Yerevan

Director: Samvel Harutyunyan

"Malatia" CJSC

28a, st. D. Varuzhan

Director: Mihran Qenderyan

Die Kosten hängen vom Zustand des Patienten und der Art und Menge der verschriebenen Medikamente ab und können fünfmal höher als das örtliche Mindesteinkommen sein.

Die Kosten der Therapie und der nötigen Medikamente können vom Staat gedeckt werden, wenn der Patient eine sozialschwache Person ist (beispielsweise von der staatlichen Sozialhilfe profitiert) oder eine Behindertenrate hat.

Hat sich die Qualität der Behandlung verbessert?

Anfragebeantwortung von IOM in Yerevan per E-Mail vom 9.8.2010

Generell sind in Armenien Nachsorgebehandlungen von guter Qualität erhältlich. Doch um Behandlung in guter Qualität in spezialisierten Krankenhäusern zu erhalten, muss der Patient nach XXXX gehen.

Kommentar:

Obwohl die Behandlung von Patienten mit Behinderungsrate kostenlos ist, kann es sein, dass der Patient für Medikamente und Behandlung bezahlen muss, wenn er/sie nicht registriert ist um eine Behindertenpension zu erhalten und nicht in das staatliche Programm für kostenlose Behandlung inkludiert ist. Die Ausgaben für Krankenschwester und Therapeutenbesuche können nicht vom staatlichen Programm gedeckt werden.

Die Behindertenpension liegt unter dem Mindesteinkommen und wenn der Patient keine Unterstützung von Verwandten erhält oder vom staatlichen Programm profitiert, können finanzielle Hindernisse auftauchen.

Es kann etwa zwei Monate dauern, bis der Patient die Behindertenrate erhalten kann.

? Bericht BAA, Thema RF MEV Niereninsuffienz Dialyse, vom 12.08.2010

Gibt es in Armenien Dialysebehandlungen bei terminaler Niereninsuffizienz?

Anfragebeantwortung von IOM Yerevan per E-Mail vom 12.8.2010

Ja, der Antragsteller kann in folgenden Krankenhäusern Dialyse erhalten:

....

Sind diese Medikamente oder ähnliche mit der gleichen Wirkungsweise in Armenien zu bekommen?

Anfragebeantwortung von IOM Yerevan per E-Mail vom 12.8.2010

Ja, die erwähnten Medikamente, außer Fragim, sind in Armenien erhältlich.

Yes, above mentioned drugs except Fragim are available in Armenia.

Candio-Hermal (active ingredient: Nystatin) - 1500 dram for 20 tablets

Lasix 500 mg (active ingredient: Furosemid) - 100 dram for 10 tablets

Dreisacarb (active ingredient: Calcuimcarbonat) - 5000 dram for 100 tablets

Cosaar (active ingredient: Losartan-Kalium) - 50mg, 5000 dram for 28 tablets

Thrombo Ass (active ingredient: acetylsalicylic acid) - 100 dram for 10 tablets

Dilatrend 25mg (active ingredient: Carvedilol) - 5000 dram for 28 tablets (available under the label TALITON)

Amlodipin 10mg - 3500 dram for 30 tablets

Pantoloc 40mg (active ingredient: Pantoprazol) - available in Armenia under the label Penta 40mg or Controloc - 7000 dram for 20 tablets

Novalgin (active ingredient: Metamizol) - 100 dram for 10 tablets

Cefrom (active ingredient: Cefpirom) - 6000 dram

Vancomycin - 7000 dram for 1 vial

Welche Kosten sind von vom ASt. selbst zu tragen?

Anfragebeantwortung von IOM Yerevan per E-Mail vom 12.8.2010

Die Kosten für die Behandlung und die Medikamente sind fünfmal höher als das örtliche Mindesteinkommen.

Kann eine solche Behandlung bei geringem Einkommen finanziert werden?

Anfragebeantwortung von IOM Yerevan per E-Mail vom 12.8.2010

Ja, die Kosten können vom Staat gedeckt werden. Der Antragsteller soll beim Gesundheitsministerium ansuchen um für kostenlose Behandlung an ein relevantes Krankenhaus überwiesen zu werden.

? Bericht BAA, Thema RF MEV Medikamente, vom 28.03.2011

Sind die folgenden Medikamente oder Generika in Armenien erhältlich?

Norvasc (Amlodipin), Renitec (Enalapril), Seloken ret. (Metoprololsuccinat), Lasix (Furosemid), Erypo (Epoetin), Atacand (Candesartan), Ulcogant (Sucralfat), Renagel (Sevelamer), Pantoloc (Pantoprazol), Novalgin (Metamizol)

In Armenien ist der Wirkstoff Metamizol (Novalgin gtt) nicht auf der Liste, es sind aber alternative Analgetika, wie Diclofenac und Ibuprofen erhältlich.

Amlodipin (Norvasc) und Enalapril (Renitec) sind in Armenien erhältlich.

Furosemid (Lasix) ist ebenfalls erhältlich.

Essential Drug List of the Republic of Armenia

[...]

2. Pain-killers/antalgesic, anti-pyretics, non-steroid anti-inflamative, antirheumatic (arthralgic), modifiers used in rheumatic complications

2.1. Non-opid pain-killers, anti-pyretics, non-steroid anti-inflamative Acetylsalicylic acid

tabl., 100mg-500mg

supp. 50mg-150mg

Diclofenac (sodium)

tabl., 25mg

Ibuprofen

tabl., 200mg, 400mg

Paracetamol

tabl., 100mg-500mg

supp., 100mg

syrup, 125 mg / 5ml

[...]

10.3. Anti-hypertensive drugs

[...]

Amlodipine

tabl., 5mg

Enalapril

tabl., 2.5mg

[...]

13. Diuretics

[...]

Furosemide

tabl., 40mg

[...]

Sucralfat (Ulcogant) ist nicht auf der Liste, es gibt aber alternative Medikamente wie

Ranitidin und Famotidin.

14. Gastro-intestinal drugs

14.1. Antacids, other anti-ulcerous medication

Aluminium Hydroxide + Magnesium Hydroxide

tabl., 400mg + 400mg

suspension (per os), (436mg+150mg) / 10ml

Ranitidine

tabl., 150mg

Famotidine

tabl., 20mg, 40mg

Omeprazole

tabl., 20mg

[...]

In general, medication is not available only if it is not registered in the

country (equivalents may be available).

After registration in the country medication will be available in 2 ways:

1. If a medication is included in National Essential Drug List its supply will

be widely guaranteed on a free (or reduced charge) and guaranteed/regular

basis in primary health care facilities for people belonging to socially

vulnerable groups - disabled person, low income family, etc (according to Basic Benefit Package established by government for each year). There is

no any delay of medication for persons of these groups in PHC facilities.

2. If a medication is not included in National Essential Drug List it will be

available in drug stores regularly by medical prescriptions and with

payment. Such medications availability is restricted in PHC facilities even

for persons with disability (only after approval of special medical

commission).

Medication which is not included in NEDL, is also available in a good and

guaranteed supply if are provided within programs of Basic Benefit

Package (e.g. psychiatry-mental health, epilepsy, diabetes, chronic renal

insufficiency, familial Mediterranean fever, malaria, tuberculosis, oncology,

some haematological diseases, etc). In other cases drugs are available but

not on free basis.

MD (via MedCOI): AM 1824, 19.07.2010

Pantozol (Pantoprazol) ist nicht registriert, aber die folgende Form ist erhältlich:

Penta (Pantoprazol Sodium).

Renagel ist nicht registriert, aber als Äquivalent ist Kalziumkarbonat erhältlich.

Selokeen (Metoprolol) ist in den angegebenen Formen erhältlich.

Pantozol (Pantoprazol) - is not registered in the country.

The following form is available:

Existing equivalents - "proton pump inhibitors" - are also available:

Pharmaceutica N.V.; Belgium].

Renagel (sevlameer) - for exessive serum phosphates remove; is not

registered in the country.

As an equivalent Calcium carbonate*- is available as a component in

complex medication - CalciumD3

Nycomed** - (1250mg/500mg calcii carbonate + 200IU vitamine D3) -

Nycomed Pharma AC, Norway.

Selokeen (metoprolol)

The following form is available:

Existing equivalents are:

MD (via MedCOI): AM 1931, 26.01.2011

Eprex (Epoetin alfa) ist erhältlich.

Medicines for symptomatic treatment of anemia are also available (are

provided under special program by Ministry of Health on free basis):

[...]

Co.KG.

MD (via MedCOI): AM 1958, 21.02.2011

Metoprolol ist erhältlich.

Cabdesartan ist nicht erhältlich, aber alternative Antihypertensiva, der selben chemischen

Gruppe: Losartan, Valsartan und Irbesartan.

Metoprolol

The following forms are available:

Metoprolol* - - in tab. 50mg.

Metoprolol* (Lek metoprolol succinate) - 47.5mg, 95mg, 190mg.

Atenolol

The following forms are available:

Atenolol* - in tab. 25mg, 50mg, 100mg.

Propranolol - is not registered in Armenia.

Foe alternatives - see "Metoprolol", " Atenolol"..

Losartan

The following form is available:

Cozaar** (Losartan) - in tab. 50mg.

Valsartan

The following forms are available:

Diovan** (Valsartan) - in tab. 80mg, 160mg.

Co-Diovan** - is a combination form [valsartan/hydrochlorothiazide =

160mg/12.5mg;

160mg/25mg; 80mg/12.5mg].

Irbesartan

The following forms are available:

Aprovel** (Irbesartan) - in tab. in 150mg, 300mg.

I.25.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat vom BVwG in seiner Entscheidung vom 25.08.2014 herangezogen wurden, wurde unter anderem angeführt:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Aufgrund den Ausführungen in der Beschwerde und den tatsächlich teilweise nicht in Einklang zu bringenden Anfragebeantwortungen und Länderberichten wurden neuerlich Recherchen veranlasst und auch die entsprechende Anfragebeantwortung vom 19.05.2014 dieser Entscheidung zugrunde gelegt (vgl. Länderfeststellungen oben). Trotz Ankündigung in der Verhandlung langte zu den Länderfeststellungen keine substantiierte Stellungnahme ein und wurde den Länderfeststellungen auch von den bP nicht fundiert entgegengetreten. Zu den Anfragebeantwortungen vgl. Ausführungen zum Gesundheitszustand der bP 1.

I.25.4. Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt das Bundesverwaltungsgericht fest:

"II.2.5. Im Einzelnen wird dazu seitens des erkennenden Gerichts Folgendes erwogen:

II.2.5.1. Das Bundesverwaltungsgericht vertritt die Ansicht, dass die bP 1 und 2 ihre angeblichen Fluchtgründe bzw. die Verfolgung der bP 1 lediglich vage und nicht konkret geschildert haben. Hätten sie tatsächlich asylrelevante Verfolgung in Armenien erlebt, wären sie mit Sicherheit in der Lage gewesen, von Beginn des Verfahrens an detaillierte, konkrete und übereinstimmende Angaben zu machen. Stattdessen konkretisierten die bP ihre Fluchtgründe erst im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung und steigerten diese auch im Rahmen der Verhandlung. Sie vermochten die Geschehnisse in Armenien nicht nachvollziehbar darzustellen. Nachweise für das gesamte Vorbringen wurden im Übrigen auch bis dato nicht erbracht, sodass auch das Bundesverwaltungsgericht von einer völligen Unglaubwürdigkeit ausgeht.

II.2.5.2. Hinsichtlich der bP 3 wird vorweg festgehalten, dass sie im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung angegeben hat, keine eigenen Fluchtgründe zu haben. Betreffend die im Rahmen der Verhandlung einvernommene Zeugin wird festgehalten, dass diese die Familie in Armenien nicht kannte und lediglich ihre eigenen Erfahrungen mit Dialysebehandlungen sowie Korruption in Armenien im Allgemeinen schilderte. Dies aufgrund ihrer Erfahrungen als Journalistin, wobei die aufgedeckten Missstände von den Behörden nicht bestritten worden wären und Besserung versprochen worden sei. Die Angaben der Zeugin konnten damit das Vorbringen der bP nicht fundiert stützen und war daher nicht näher darauf einzugehen.

II.2.5.3. Zusammengefasst brachte die bP 1 vor, dass sie im Rahmen einer Demonstrationsteilnahme von Polizisten derart geschlagen worden sei, dass sie eine Nierenverletzung erlitten habe. In weiterer Folge sei sie von den Polizisten bedroht worden, da sie die Anzeige wegen der Verletzung zurückziehen hätte sollen.

Glaubwürdig ist für das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang lediglich, dass die bP1 an Demonstrationen teilgenommen hat. Selbst wenn sie bei einer derartigen Demonstration zufällig tatsächlich von einem Polizisten geschlagen worden wäre, so kann dies keinesfalls als konkrete Verfolgungshandlung gegen ihre Person gesehen werden. Dass die bP gezielt aus asylrelevanten Gründen im Zuge dieser Demonstration von den Polizisten ausgesucht worden wäre und diese sie aus individuellen Gründen verfolgt hätten, kann schon dem Vorbringen der bP 1 nicht entnommen werden.

Weiters hat die bP 1 lediglich in einer einzigen Einvernahme am 05.10.2009 erwähnt, dass sie Anzeige bei der Polizei wegen der Schläge bei der Demonstration erstattet hätte und seither von der Polizei bedroht werde. Dies scheint vor allem vor dem Hintergrund, dass die bP 1 in allen ergänzenden Einvernahmen in den Jahren 2010 und 2011 trotz entsprechender Nachfragen diesen Umstand nicht mehr erwähnte, nicht glaubhaft. Auch in den weiteren Schriftsätzen stützt sich die bP 1 nicht mehr vorrangig auf dieses Vorbringen, sondern trifft Ausführungen zu ihrem schlechten gesundheitlichen Zustand. Selbst in der aktuell zu behandelnden Beschwerde fehlen jegliche Ausführungen zu der behaupteten Verfolgung durch die Polizei.

Das Vorbringen in den ergänzenden Einvernahmen der bP 1 besteht hauptsächlich aus Ausführungen zu ihrem Gesundheitszustand, den damit verbundenen Kosten in Armenien und Ausführungen zur schlechten medizinischen Behandlungsqualität in Armenien.

Erst im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung erstattete die bP 1 plötzlich erstmalig, nunmehr anwaltlich vertreten, ein etwas konkretisiertes Vorbringen zu dem bisher (über 5 Jahre hinweg) lediglich einmal vage mit wenigen Sätzen in den Raum gestellten Vorbringen betreffend der Schläge durch die Polizisten.

Nicht nur, dass dieses späte, konkretisierte Vorbringen an sich schon aufgrund des Verhaltens der bP 1 bzw. dem Nichtvorbringen derart relevanter Umstände über einen so langen Zeitraum unglaubwürdig erscheint.

Auch konnte die bP 1 über Vorhalt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht erklären, warum es ihr über einen derart langen Zeitraum nicht möglich war, Unterlagen zur Dialyse in Armenien vorzulegen. Vor dem Hintergrund des sonstigen Vorbringens der bP erscheint dies lediglich deshalb nicht passiert zu sein, da sich wohl die Behandlungsdaten nicht mit den angeblichen Verletzungsdatum mit 01.03.2008 in Einklang bringen ließen. Im Verlauf des Verfahrens in der Einvernahme am 02.03.2011 hat die bP 1 nämlich selbst vorerst angegeben, dass sie vermute, dass die Funkwellen vom Flughafen ursächlich für das Nierenleiden gewesen wären. Explizit gab sie in weiterer Folge noch an: "Dass die Nierenprobleme von den Schlägen kommen, stimmt nicht, ich wurde wahrscheinlich bei der Erstbefragung falsch verstanden".

Anlässlich des Vorhaltes dieses Widerspruches im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte die bP 1 diesen nicht aufklären und gab sie zusätzlich lediglich vage an, schon zu glauben, dass die Probleme nach dem Vorfall angefangen hätten.

Auch im Rahmen der Untersuchung zwecks Gutachtenerstellung führte die bP 1 aus, dass die Erkrankung auf eine erhöhte Strahlenbelastung zurückzuführen sei. Weiters wurde im Gutachten vom 15.03.2011 von XXXX festgehalten, dass es kaum vorstellbar ist, dass ein Schlagtrauma Auslöser für das Nierenversagen ist, zumal davon beide Nieren betroffen sein müssten, was bei der bP 1 nicht der Fall ist. Zudem bestünden beiderseits Schrumpfnieren, was eventuell Folge einer Glomerulonephritis oder einer langjährigen Hypertension sein könnte.

Letztlich gaben sowohl die bP 1 als auch die bP 2 im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung entgegen ihrer bisherigen Ausführungen an, in Armenien nie eine Anzeige gegen die Polizisten erstattet zu haben. Die bP 1 führte sogar nachgefragt dazu aus, dass auch des Krankenhaus nicht verpflichtet sei, eine derartige Anzeige zu erstatten.

Zu den Problemen im Falle der Rückkehr gab die bP 1 in der Verhandlung dann an, dass sie wegen der unqualifizierten Dialysebehandlung dort sterben werde und traf wiederum nur Ausführungen zu ihren Gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Selbst im Rahmen der Verhandlung gab die bP 1 immer wieder befragt zu den Fluchtgründen zuerst ihre gesundheitlichen Probleme an.

II.2.5.4. Auch die bP 2 konnte das Vorbringen ihres Ehegatten nicht stützen.

Die bP 2 führte in ihrer Erstbefragung zu den Fluchtgründen zuerst an, dass ihr Ehegatte eine Nierenkrankheit habe und regelmäßig zur Blutwäsche müsste. Erst dann traf sie Ausführungen dazu, dass diese Erkrankung von Schlägen eines Polizisten im Rahmen einer Demonstrationsteilnahme der bP 1 stamme. Zwar erwähnte die bP 2 im Rahmen der Befragung am 05.10.2009 noch kurz den behaupteten Übergriff auf ihren Gatten. In der Einvernahme vor der belangten Behörde am 14.12.2009 jedoch führte die bP 2 mit keinem einzigen Wort mehr die Demonstrationsteilnahme der bP 1 oder Schläge durch Polizisten an. Vielmehr beantwortete sie die gestellten Fragen wie nachfolgend dargestellt:

F.: Wann haben Sie zum ersten Mal daran gedacht, dass Sie Ihren Herkunftsstaat Armenien verlassen.

A.: Mein Mann fasste aufgrund seiner Erkrankung den Entschluss nach Österreich zu reisen.

....

F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A.: Mein Mann ist 2008 Dialysepatient, die Behandlung in Armenien war für ihn nicht zufriedestellend und deswegen kamen wir nach Österreich.

Ich selbst habe keine eigenen Fluchtgründe, ich bin mit meinem Mann gereist. Ich wollte meinen Mann aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme nicht alleine.

F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.

A.: Ich möchte aufgrund der gesundheitlichen Probleme meines Mannes in Linz wohnen.

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

A.: Ja.

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

A.: Mein Mann müsste die Dialyse wieder in Armenien in Anspruch nehmen.

Im Rahmen der Einvernahme am 02.03.2011 führte die bP 2 aus:

F.: Zu ihren Fluchtgründen haben sie angegeben, aufgrund der gesundheitlichen Probleme des Mannes in nach Österreich gekommen zu sein. Hat sich an ihren Fluchtgründen etwas geändert.

A.: Nein.

F.: Haben sie sämtliche Gründe, warum sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

A.: Ja.

Auch im Zuge der letzten Einvernahme der bP 2 am 14.02.2012 vor der belangten Behörde führte diese lediglich aus, dass sie keine eigenen Fluchtgründe habe und bei ihrem Ehegatten bleiben wolle.

Vor dem Hintergrund derart oft getätigter und der bP 2 offenbar immer als erstes einfallenden gesundheitlichen Probleme ihres Mannes scheinen auch die plötzlichen Ausführungen der bP 2 im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Verletzung und Verfolgung durch die Polizei ein bloßer Versuch zu sein, nunmehr doch ein asylrelevantes Vorbringen zu erstatten.

Das Vorbringen der bP, dass nunmehr sie nach einer Anzeige durch die bP 1 von der Polizei verfolgt werden würden, erachtet das Bundesverwaltungsgericht wie dargestellt als gänzlich unglaubwürdig und bestritten wie bereits dargelegt sowohl die bP 1 als auch die bP 2 im rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung, jemals eine Anzeige erstattet zu haben.

II.2.5.5. Im Verfahren nach dem Asylgesetz ist es unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu den Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte im Zuge der Einvernahme vorbringt, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, glaubhaften Emotionen etc. zu substantiieren bzw. "mit Leben zu erfüllen".

Da in einem Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle für die Entscheidung darstellt, reicht es keinesfalls aus, dass der Asylwerber lediglich nicht zu widerlegende Behauptungen aufstellt, welche - oftmals aufgrund zu geringer "Öffentlichkeitswirksamkeit" oder " Drittwirkung" - einer Verifizierung nicht zugänglich sind.

Vielmehr sind die Aussagen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg daran zu messen, wie eine durchschnittliche "Maßfigur" über tatsächlich persönlich erlebte Sachverhalte berichten würde.

Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten.

Weiter ist die Darlegung von persönlich erlebten Umständen dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Die bP wurden eingangs der Einvernahmen zu den Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb sie Heimatland verlassen haben und weshalb sie in Österreich einen Asylantrag gestellt haben.

Allein diese Aufforderung an einen Antragsteller erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

Im konkreten Fall vermochten die bP jedoch diesen Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen ist die von Ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

II.2.5.6. Zur nunmehr von der bP 2 im Rahmen der Einvernahme am 14.02.2012 erstmalig vorgebrachten Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas bzw. Anschluss bei diesen seit Ende 2010 ist auszuführen:

Im Hinblick auf die getroffenen Länderfeststellungen ist festzuhalten, dass aus den vorliegenden Länderberichten hervorgeht, dass missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas auch in Armenien tätig sind und staatlich nicht behindert werden. Eine Problematik lässt sich den Länderfeststellungen lediglich in Bezug auf Zeugen Jehovas und Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen entnehmen. Die bP2 selbst unterliegt als Frau nicht der Wehrpflicht in Armenien und daher war diese Problematik im konkreten Fall nicht weiter zu verfolgen. Eine systematische Verfolgung aller Zeugen Jehovas in Armenien kann nicht angenommen werden und geht daher auch dieses Vorbringen der bP 2 ins Leere. Zwar könnte sich die Ableistung des Militärdienstes in ferner Zukunft durch die bP 4 auswirken, es wurde hierzu jedoch keinerlei konkretes Vorbringen erstattet und ist diese auch noch nicht zu diesem Glauben übergetreten. Aus den Feststellungen und dem Vorbringen der bP hierzu ist keine relevante Verfolgungsgefahr ableitbar.

Auch die erstmals im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung von der bP 2 erwähnte eigene Demonstrationsteilnahme wurde weder konkretisiert, noch kann diesen Angaben aufgrund der Steigerung des Vorbringens gefolgt werden, da sie dies eben bislang in zahlreichen Einvernahmen noch nie erwähnt hat.

Auch der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann, zumal ein Asylwerber keine sich bietende Gelegenheit ungenützt vorübergehen lassen würde, ein zentrales entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten (vgl. VwGH, 07.06.2000, 2000/01/0250).

II.2.5.7. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt schließlich wie bereits die belangte Behörde zu Ansicht, dass die bP Armenien verlassen haben, da sie sich eine bessere medizinische Behandlung für die bP 1 erwarteten und war das Vorbringen betreffend der angeblichen Verfolgung der bP 1 sowie der bP 2 als unglaubwürdig bzw. wie dargestellt nicht asylrelevant zu beurteilen.

Dies unter anderem deshalb, da die bP 2 im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung angegeben hat, dass eine Krankenschwester ihnen mitgeteilt habe, dass sie nach Möglichkeit das Land verlassen sollten, da der Ehegatte sonst sterben werde.

Gegen eine behördliche Verfolgung spricht letztlich auch der Umstand, dass die bP legal unter Vorweisung ihrer Reisepässe ausgereist sind.

II.2.5.8. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2014 gab die bP 1 selbst an, an keiner über das Nierenleiden hinausgehenden Erkrankung zu leiden. Zusätzlich führte sie lediglich aus, dass sie wegen psychischer Probleme Artrax nehme, wobei dieses Medikament sowie eine aktuelle psychische Behandlung im Arztbrief vom 20.01.2014 zur Überprüfung der Tauglichkeit der bP für die Transplantationsliste nicht aufscheinen (vgl. hierzu die Ausführungen unten zur rechtlichen Relevanz von psychischen Erkrankungen und die Erörterung dort).

In der Anfragebeantwortung vom 12.08.2010 wurde festgehalten, dass bis auf ein Medikament alle von der bP 1 benötigten Medikamente in Armenien erhältlich sind. In der Anfragebeantwortung vom 28.03.2011 wurde festgehalten, dass grundsätzlich alle Medikamente bzw. Medikamente mit der gleichen Wirkungsweise in Armenien erhältlich sind. Festgehalten wurde in diesem, über einen entgegen den Behauptungen des rechtsfreundlichen Vertreters dazu qualifizierten Mediziner eingeholten Auskunft, welche auf der öffentlich zugänglichen Liste der in Armenien verfügbaren Medikamente (www.pharm.arm ) sowie einer Kontaktaufnahme mit einer fachlich fundiert qualifizierten Wissenschaftlerin und Mitarbeiterin im Öffentlichen Dienst in Armenien basiert, dass selbst wenn ein benötigter Wirkstoff nicht auf der Liste stünde, über das Ministerium der entsprechende Wirkstoff angefordert werden könne.

Zwar mag es tatsächlich so sein, dass wie in der Anfragebeantwortung von IOM vom 12.8.2010 festgehalten, die Kosten für die Behandlung und die Medikamente generell im Zusammenhang mit Dialysepatienten fünfmal höher als das örtliche Mindesteinkommen zum damaligen Zeitpunkt waren. Jedoch wurde schon damals festgehalten, dass die Kosten vom Staat gedeckt werden können, wenn entsprechende Anträge beim Gesundheitsministerium gestellt werden, um zwecks kostenloser Behandlung an ein relevantes Krankenhaus überwiesen zu werden.

Weiters wurde bereits im Bericht der Staatendokumentation vom 10.08.2010 festgehalten, dass in Armenien eine Nachsorgebehandlung nach Nierentransplantation erhältlich ist und in Armenien die notwendigen Medikamente für die Verhinderung der Abstoßung und die Vorbeugung gegen Pilze und andere Infektionen ebenfalls erhältlich sind. Der Patient kann sich auch periodisch verschiedenen Laboruntersuchungen in Krankenhäusern und /oder Polikliniken unterziehen, welche konkret angeführt sind. Alle die genannten Krankenhäuser befinden sich in XXXX und damit der Heimatstadt der bP, wo auch noch die Mutter der bP 1 in ihrem Haus lebt, in welchem die Familie bereits vor ihrer Ausreise gelebt hat.

Die Kosten hingen gemäß dieser Anfrage aus dem Jahr 2010 vom Zustand des Patienten und der Art und Menge der verschriebenen Medikamente ab und können eben fünfmal höher als das örtliche Mindesteinkommen sein. Wiederum wurde festgehalten, dass die Kosten der Therapie und der nötigen Medikamente vom Staat gedeckt werden können, wenn der Patient eine sozialschwache Person ist (beispielsweise von der staatlichen Sozialhilfe profitiert) oder eine Behindertenrate hat.

Generell waren demnach bereits 2010 in Armenien Nachsorgebehandlungen von guter Qualität in XXXX erhältlich.

Festgehalten wurde darüber hinaus, dass obwohl die Behandlung von Patienten mit Behinderungsrate kostenlos ist, es sein kann, dass der Patient für Medikamente und Behandlung bezahlen muss, wenn er/sie nicht registriert ist um eine Behindertenpension zu erhalten und nicht in das staatliche Programm für kostenlose Behandlung inkludiert ist. Die Ausgaben für Krankenschwester und Therapeutenbesuche konnten nicht vom staatlichen Programm gedeckt werden.

Die Behindertenpension lag unter dem Mindesteinkommen und wenn der Patient keine Unterstützung von Verwandten erhielt oder vom staatlichen Programm profitierte, hätten finanzielle Probleme auftauchen können. Die bP 1 hatte aber offenbar eine derartige Registrierung, da sie gemäß eigenen Angaben selbst die Dialysebehandlung kostenlos erhielt und darüber hinaus eine Behindertenrente bezog. Dass die bP 1 im Falle der Rückkehr nunmehr nicht auf diese Umstände zurückgreifen könnte, wurde weder vorgebracht, noch erschließt sich dies aus den zahlreichen Feststellungen.

In der nunmehr aktuell eingeholten Anfragebeantwortung vom 19.05.2014 ist wiederum festgehalten, dass zwar nicht die Kosten für eine Nierentransplantation vom Staat getragen werden, wohl aber die postoperativen Rehabilitationskosten.

IOM berichtet, dass die medizinische Grundversorgung und der Krankenwagen für alle Bürger in Armenien kostenlos sind. Der Patient muss sich in der Poliklinik seines Bezirkes wo er/sie lebt registrieren, um von der kostenlosen Behandlung zu profitieren. Gemäß der Order 1155-A des Gesundheitsministers, erhalten Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden (einschließlich Nierentransplantation oder Dialyse), kostenfrei Medikamente in Spitälern oder Polikliniken. Die spezielle Behandlung in Spitälern ist nicht kostenfrei.

Demnach wäre zwar eine Nierentransplantation mit erheblichen Kosten verbunden gewesen, nicht aber die nunmehr zu erfolgende Nachbehandlung nach Nierentransplantation in Österreich.

Definitiv ist in dieser Anfragebeantwortung festgehalten, dass die nachoperativen Rehabilitationskosten inklusive der Medikation durch den Staat getragen werden. Die Medikamente die für die Behandlung notwendig sind, sind demnach auch in den Spitälern und Polikliniken erhältlich. Schon bisherige, mehrmalige Überprüfungen ergaben jeweils, dass die von der bP 1 benötigten Medikamente verfügbar sind und ist nunmehr nach Transplantation auch davon auszugehen, dass sie eben keine speziellen Medikamente im Zusammenhang mit einer Dialyse mehr benötigt, sondern lediglich Medikamente zur Nachversorgung, welche jedenfalls in Armenien kostenfrei zugänglich sind. Die Medikamente betreffend den Bluthochdruck sind jedenfalls - wie bereits mehrfach überprüft - vorhanden. Zusätzlich gab die bP 1 im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, wegen des Bluthochdrucks Medikamente bereits in Armenien erhalten zu haben und deshalb in Behandlung gewesen zu sein.

Am Rande sei angemerkt, dass die bP 1 im Rahmen der Verhandlung selbst angegeben hat, dass die Dialysebehandlung kostenlos war, nur dafür, dass man immer einen neuen Filter wolle und keinen Mehrwegfilter, hätte sie bezahlen müssen. Sie habe auch zwei Medikamente wegen der Dialysebehandlung kostenlos erhalten, während sie sich weitere zwei zeitweilig selbst gegen Bezahlung beschafft hätte. Demgegenüber behauptete die bP 2 zwar dazu widersprüchlich, dass sie für die Behandlung selbst aufkommen hätten müssen bzw. sie für die Medikamente arbeiten gehen hätte müssen, es ist jedoch in diesem Zusammenhang wohl dem Patienten selbst zu folgen.

Nach erfolgter Nierentransplantation ergaben sich damit keinerlei Gründe mehr, warum der bP 1 Subsidiärer Schutz zu gewähren sei.

II.2.5.9. Nach den Daten der unabhängigen Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung in Deutschland kommt es bei 82,3 % aller isoliert nierentransplantierten Patienten zu keiner behandlungsbedürftigen Abstoßungsreaktion. Typischerweise geht der stationäre Aufenthalt nach einer Nierentransplantation über 2-3 Wochen, da in dieser Zeit die Immunsuppression sehr engmaschig überprüft werden muss. Danach wird die Behandlung ambulant weitergeführt. Eine Reisefähigkeit ist ca. ein halbes bis ein Jahr nach Operation gegeben.

Der bP 1 wurde bereits am 10.07.2014 eine Fremdniere implantiert. Zwischenzeitlich wurden keine medizinischen Unterlagen - weder zur Transplantation, noch zur Nachversorgung - vorgelegt, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die Operation problemlos verlaufen ist. Im Internet sind eine Vielzahl von öffentlich zugänglichen Seiten zu Nierentransplantationen vorhanden, in welche jederzeit Einsicht genommen werden kann und in welchen die obigen Ausführungen zu Nachbehandlungen, Reisefähigkeit und Abstoßungsreaktionen erörtert werden (vgl. hierzu beispielsweise http://transplantation-cbf.charite.de/patienten/transplantation/ ). Darüber hinaus könnte auch eine etwaige Abstoßungsreaktion gemäß Anfragebeantwortung wie im vorigen Punkt erörtert in Armenien behandelt werden.

Soweit in der Stellungnahme vom 18.07.2014 unter Zitierung der Judikatur des VwGH ausgeführt wird, dieser verlange in ständiger Rechtsprechung, dass - bevor eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Abschiebung eines Fremden unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMKR getroffen wird - durch geeignete Beweisaufnahmen zu klären ist, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr (real risk) mit einer Abschiebung verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137), bzw. in der mündlichen Verhandlung die neuerliche Erstellung eines medizinischen Gutachtens beantragt wird, da das erstellte von XXXX veraltet sei bzw. in der Bekanntgabe vom 23.07.2014 das Abwarten des Heilungsverlaufes und eine anschließende Gutachtenerstellung beantragt ist, ist festzuhalten:

Die Anträge auf Einholung eines neuerlichen medizinischen bzw. länderkundlichen Gutachtens wurden darauf gestützt, dass Abzuklären sei, wie notwendig eine Nierentransplantation für die bP 1 sei und dass dies in Armenien nicht möglich sei.

Weiters wurde auf die Risiken einer nicht lege artis durchgeführten Dialysebehandlung oder Nierentransplantation in Armenien hingewiesen, welche durch eine Stellungnahme von XXXX vom 16.04.2014 belegt sei. Die Einholung eines medizinischen Gutachtens sei indiziert, um den aktuellen Gesundheitszustand sowie die unbedingt benötigen medizinischen Behandlungen und Therapien der bP 1 aktuell wegen der Niereninsuffizienz zu erheben. In der internistischen Stellungnahme vom 16.04.2014 werde ausgeführt, dass es für die Lebensqualität und Lebenserwartung eines Dialysepatienten ausschlaggebend sei, ob er eine Dialyse auf höchstem technischem Niveau erhalten könne, was in Armenien angezweifelt werde. Eine nunmehrige Abschiebung würde zur Unzeit erfolgen, da die bP 1 bald in Österreich eine Nierentransplantation erhalten könne und sei der bP 1 eine Dialysebehandlung in Armenien nicht zumutbar.

Insofern fehlt es nunmehr nicht an konkreten Ermittlungen zu den in der Stellungnahme vom 16.04.2014 aufgezeigten therapeutischen Erfordernissen, da die bP 1 nunmehr eine Nierentransplantation erhalten hat.

Bezüglich der Nachversorgung ergibt sich auch kein Widerspruch zwischen den Anfragebeantwortungen aus dem Jahr 2010 und 2014, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme vom 18.07.2014 nicht näher einzugehen war.

Den bP wurde mit Verständigung über die Beweisaufnahme vom 14.03.2014 aktuelle Länderfeststellungen zur Stellungnahme übermittelt (AA vom 25.01.2013; Staatendokumentation vom Juli 2013). Weder zu diesen noch zu den im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörterten Anfragebeantwortungen noch zur nach der Verhandlung eingeholten, aktuellen medizinischen Anfragebeantwortung wurde eine fundierte Stellungnahme, insbesondere betreffend einer Nachbehandlung in Armenien übermittelt.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die bP mit Schreiben vom 14.03.2014 aufgefordert wurden, im Beschwerdeverfahren mitzuwirken und alle geeigneten, vorhandenen Unterlagen und Bescheinigungsmittel vorzulegen. Es erfolgte eine ausführliche Belehrung über die Mitwirkungspflichten im Verfahren sowie ein Verweis auf die Vertretung, welche die bP bei der Beschaffung entsprechender Beweismittel unterstützten könnte. Unter Anführung des § 15 AsylG wurde festgehalten, dass die bP verpflichtet sind, soweit Beweismittel erst während des Verfahrens hervorkommen, diese unverzüglich vorzulegen. Dennoch wurde es von den bP bisher Unterlassen, die mehrfach angesprochene Stellungnahme vom 16.04.2014 dem Gericht vorzulegen. Dieses Unterlassen ist einerseits der rechtsfreundlichen Vertretung bzw. den bP unter Berücksichtigung ihrer Mitwirkungspflicht anzulasten, andererseits wurden aus dieser Stellungnahme nur Umstände zitiert, welche im Zusammenhang mit einer Dialysebehandlung stehen bzw. der Unmöglichkeit, in Armenien eine de lege artis Nierentransplantation zu erhalten. Aufgrund dieser Umstände ist auch auf diese Stellungnahme nunmehr nicht näher einzugehen, da die Nierentransplantation bereits erfolgt ist und die bP 1 nunmehr keine Dialysebehandlung mehr benötigt.

Soweit die rechtsfreundliche Vertretung der bP im Schreiben vom 23.07.2014 weiterhin auf der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beharrt, ist dazu auszuführen, dass die in diesem Zusammenhang angeführte Unmöglichkeit einer Abschiebung im aktuellen Zeitpunkt nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist und es keine Veranlassung zur Einholung eines neuerlichen medizinischen Gutachtens durch das Bundesverwaltungsgericht mangels ungeklärtem Sachverhalt in diesem Zusammenhang ergibt.

In der von der rechtsfreundlichen Vertretung zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137 wurde vom Verwaltungsgerichtshof ein im Instanzenzug ergangener Bescheid behoben, mit welchem

die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, festgestellt hatte, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass ein HIV-positiver Nigerianer in Nigeria gemäß § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

Im nunmehr bekämpften Bescheid der belangten Behörde wurde Asyl bzw. ein Subsidiärer Schutz nicht zuerkannt und unter einem eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG in der alten Fassung ausgesprochen.

Aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht zu prüfen hat, ob eine Ausweisung auf Dauer unzulässig ist, und hat das Gericht, falls dem nicht so ist, gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Zwar verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass unmittelbar nach einer Nierentransplantation eine tatsächliche Abschiebung aus medizinischen Gründen zumindest für eine Zeit lang nicht möglich sein wird. Dennoch ergibt sich aus vorangegangenen Ausführungen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Subsidiären Schutz aufgrund der guten Nachversorgungsmöglichkeiten nach Transplantation nicht vorliegen und sind derartige Umstände erst von der belangten Behörde bzw. der Fremdenpolizei bei tatsächlicher Abschiebung zu prüfen.

II.2.5.9. In der Stellungnahme vom 18.07.2014 wurde in Bezug auf die bP 2 die Einholung eines medizinischen Gutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie und der Psychiatrie zum Beweis dafür beantragt, dass die bP 2 an Panikattacken leidet, die durch eine Abschiebungssituation aggraviert werden würden und aktuell die Gefahr eines neuerlichen Gehirnödems oder Gehirninfarkts bestünde, insbesondere wenn der nervliche Druck auf die bP 2 gesteigert wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht nunmehr von diesen Panikattacken bzw. einer psychologischen Behandlung seit März 2014 seit dem Schlaganfall aus. Die Gefahr eines neuerlichen Infarktes geht aus den medizinischen Unterlagen der bP 2 nicht hervor bzw. kann ein solcher jedermann ereilen, weshalb sich die Einholung eines diesbezüglichen Gutachtens erübrigt (Zur mangelnden Relevanz von psychischen Erkrankungen vgl. rechtliche Beurteilung bzw. Subsumtion unten).

I.25.5. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere festgehalten:

Sofern die bP wirtschaftliche Gründe für das Verlassen Armeniens bzw. die Erkrankung der bP 1 ins Treffen führen, ist darauf hinzuweisen, dass alleine in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine Verfolgung gesehen werden kann (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 unter Bezugnahme auf VwGH 24.10.1996, Zl. 95/20/0321, 0322) und eine den bP diesbezüglich aus Gründen der GFK drohende Verfolgung nicht ersichtlich ist.

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in den Personen der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen.

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem qualifiziert vulnerablen Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. So war es den bP auch vor dem Verlassen ihres Herkunftsstaates möglich, dort ihr Leben zu meistern und für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

Auch steht es den bP1 bis 3 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre dort lebenden Familienangehörigen erwarten. Die bP gaben einhellig an, auch noch Kontakt zu ihren zahlreichen, in gesicherten finanziellen Verhältnissen lebenden Verwandten zu haben. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die bP nicht wie schon vor der Ausreise wieder im Haus der Mutter der bP 1 in XXXX Unterkunft finden könnten.

Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

In Bezug auf die minderjährige bP ist sicherzustellen, dass die Pflege und Obsorge durch bP1 und bP2 im Zuge der Außerlandesbringung nicht vereitelt wird.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.

Soweit die bP ihren Gesundheitszustand thematisieren wird Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armenien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngere diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab:

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Gerade zur von den bP vorgebrachten psychischen Zustand bzw. die Behandlung der bP 1 und bP 2 wegen psychischer Probleme in Österreich wird Folgendes erwogen:

Wie bereits erwähnt, geht der EGMR weiters davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet und kann nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall")}. Im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers nahm der EGMR außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände im "St. Kitts-Fall" an. Im Mai 1997 hatte der EGMR die Abschiebung eines HIV-infizierten Drogenhändlers, welcher laut medizinischen Erkenntnissen auch in Großbritannien bei entsprechender Behandlung nur mehr ca. 8 - 14 Monate zu leben gehabt hätte und sich somit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befand, aus Großbritannien auf seine Heimatinsel St. Kitts/kleine Antillen (Karibik) als "unmenschliche Behandlung" im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention angesehen. Die im zitierten Erkenntnis beschriebene außergewöhnliche, exzeptionale Notlage ( er hätte dort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Betreuung, nicht einmal zu einem Pflegebett gehabt hätte und wäre so qualvollst, einsam und in extremer Armut gestorben) die ihn dort erwarte, würde seine Lebenserwartung deutlich reduzieren und ihn psychischem und physischem Leiden aussetzen. Diese Abschiebung war daher in diesem Einzelfall unzulässig (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964).

Ähnlich entschied die Europäische Kommission für Menschenrechte 1998 im Falle eines AIDS-Kranken aus der Demokratischen Republik Kongo (B.B. gegen Frankreich, 9.3.1998, Nr. 30930/96). Auch die Kommission stellte auf die fortgeschrittene Erkrankung, die fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Heimat mit der großen Gefahr opportunistischer Erkrankungen, fehlende familiäre Bindungen und die Übernahme der (medizinischen) Verantwortung Frankreichs durch die Behandlung ab und bejahte ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK.

In der Entscheidung vom 15.2.2000 (S.C.C. gegen Schweden, Nr. 46553 /99) kam der EGMR zu einer entgegen gesetzten Auffassung. Die Antragstellerin stammte aus Sambia. Sie machte geltend, es sei im Jahr 1995 eine HIV-Infektion bei ihr festgestellt worden, mit einer Therapie habe man im Jahr 1999 begonnen. Der EGMR verneinte eine Verletzung von Art. 3 EMRK unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass erst kürzlich mit einer Therapie begonnen worden sei, dass Verwandte in Sambia lebten und dass nach Vortrag der schwedischen Botschaft die Behandlung von AIDS in Sambia möglich sei.

Auch in seiner sonstigen, dem in die Literatur unter der "St. Kitts-Fall" bekannten Fall nachfolgenden Rechtsprechung hat der EGMR (unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen konkreten Umstände) in keinem Fall eine derart außergewöhnliche - und damit vergleichbare - Situation angenommen (vgl. z.B. EGMR 10.11.2005, Paramsothy gegen die Niederlande [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom], EGMR 10.11.2005, Ramadan gegen die Niederlande, Nr. 35989/03 [Erkrankung an Depression, teils mit psychotischer Charakteristik], EGMR 27.09.2005, Hukic gegen Schweden, Nr. 17416/05 [Erkrankung am Down-Syndrom], EGMR 22.09.2005, Kaldik gegen Deutschland, Nr. 28526 [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom mit Selbstmordgefahr], EGMR 31.05.2005, Ovdienko gegen Finnland, Nr. 1383/04 [Erkrankung an schwerer Depression mit Selbstmordgefahr], EGMR 25.11.2004, Amegnigan gegen die Niederlande, Nr. 25629/04 [HIV-Infektion], EGMR 29.06.2004, Salkic gegen Schweden, Nr. 7702/04 [psychische Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen], EGMR 22.06.2004, Ndangoya gegen Schweden, Nr. 17868/03 [HIV-Infektion], EGMR 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich [Erkrankung an Schizophrenie]).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier aus der Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden zitiert, wo es um die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina ging, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig erheblich unterliegt:

"Das Gericht ist sich bewusst, dass die Versorgung bei psychischen Problemen in Bosnien-Herzegowina selbstverständlich nicht den gleichen Standard hat wie in Schweden, dass es aber dennoch Gesundheitszentren gibt, die Einheiten für geistige Gesundheit einschließen und dass offensichtlich mehrere derartige Projekte am Laufen sind, um die Situation zu verbessern. Auf jeden Fall kann die Tatsache, dass die Lebensumstände der Antragsteller in Bosnien-Herzegowina weniger günstig sind als jene, die sie während ihres Aufenthaltes in Schweden genossen haben, vom Standpunkt des Art. 3 [EMRK] aus nicht als entscheidend betrachtet werden (siehe, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich Urteil, oben angeführt, Art. 38).

...

Abschließend akzeptiert das Gericht die Schwere des psychischen Gesundheitszustandes der Antragsteller, insbesondere den der beiden Kinder. Dennoch mit Hinblick auf die hohe Schwelle, die von Art. 3 [EMRK] gesetzt wurde, besonders dort, wo der Fall nicht die direkte Verantwortlichkeit des Vertragsstaates für die Zufügung von Schaden betrifft, findet das Gericht nicht, dass die Ausweisung der Antragsteller nach Bosnien-Herzegowina im Widerspruch zu den Standards von Art. 3 der Konvention stand. Nach Ansicht des Gerichtes zeigt der vorliegende Fall nicht die in seinem Fallrecht festgelegten außergewöhnlichen Umstände auf (siehe, unter anderem, D. gegen Vereinigtes Königreich, oben angeführt, Art. 54). Dieser Teil des Antrages ist daher offenkundig unbegründet."

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter wären als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Bild kann nicht dargestellt werden

Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Die bP 3 und 4 sind aktuell gesund und befinden sich in keiner medizinischen Behandlung, wobei die bP 3 einen Kontrolltermin wegen einer Auffälligkeit im Zusammenhang mit ihrer vorangegangenen Tumorentfernung in der Brust hat bzw. wahrgenommen hat. Hätte dieser einen Befund ergeben, wäre davon auszugehen, dass sie diesen inzwischen binnen der mittlerweile vergangenen vier Monate vorgelegt hätte und waren seit ihrer Brust-OP 2011 keinerlei Auffälligkeiten mehr festzustellen.

Die bP 2 befindet sich seit März 2014 in psychologischer Behandlung, da sie nach einem Hirninfarkt im Jänner Angstzustände hat. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sie sich offenbar erst zwei Monate nach dem Vorfall in psychologische Behandlung begeben hat und diese über den Verein Migrante. Wegen der körperlichen Erkrankung nimmt sie Medikamente ein. Sowohl die bP 3 als auch die bP 2 sind gemäß Angaben im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung arbeitsfähig und arbeitswillig und unterstützt die bP 2 Nachbarn und Bekannte im Flüchtlingsheim durch dolmetschen bei Behördengängen und Aufpassen auf deren Kinder, sodass schon allein dadurch nicht von einer schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigung ausgegangen werden kann.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der bP 1 wird auf obige Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen und festgehalten, dass dies eine Nierentransplantation erhalten hat, wobei die Nachversorgung dieser Operation in Armenien unter gutem Standard kostenlos erhältlich ist. Im Zweifel wird zugunsten der bP 1 angenommen, dass sie sich tatsächlich wie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung angegeben, in ärztlicher Behandlung wegen ihrer psychischen Probleme befindet, welche letztmalig im ärztlichen Konsilium im Jahr 2012, "Verdacht auf organische depressive Störung (intermittierend aggressive Verhaltensstörung)" im Zusammenhang mit einer Angst vor der Abschiebung diagnostiziert wurden und sie deswegen das Medikament Antrax einnimmt.

Diesbezüglich wird auf die einschlägige Judikatur hingewiesen, wonach gerade psychische Erkrankungen bzw. der Gesundheitszustand der bP 2 (Herzfehler, Blutgerinnungsbehandlung mit Markomar, erhöhtes Cholesterin) ebenso wie der Gesundheitszustand der bP 1 gemäß Feststellungen nicht einen derart exzeptionellen, lebendbedrohenden Umstand darstellen würde, der eine Überstellung iSd Judikatur des EGMR unzulässig machen würde.

Aufgrund der hier vorliegenden psychischen und physischen Beeinträchtigungen der bP (vgl. Feststellungen und Beweiswürdigung oben) mag es zwar sein, dass eine Überstellung nach Armenien zu eine Beeinträchtigung des psychischen Zustandes der bP bzw. anderen Behandlungsmöglichkeiten betreffend die bP führen kann, bzw. eine Wiederherstellung der Gesundheit erschwert bzw. verzögert werden kann, womit jedoch noch nicht gesagt ist, dass dies zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führt.

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts festgestellt werden. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich. Weder die bP 1 noch die bP 2 befanden sich in psychiatrischen Einrichtungen. Die bP erhalten überdies offenbar keine ständige psychologische Betreuung bzw. erfolgt die Behandlung erst seit kurzer Zeit und ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass in Armenien derartige Erkrankungen behandelbar sind.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko

v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange.

Im gegenständlichen Fall sei auch auf das Erk. des AsylGH GZ E10 258.448-3/2009-9E (die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde an den VfGH wurde mit Beschluss vom 3.9.2009, U1302/09-10 mit Verweisen auf seine bisherige Judikatur abgelehnt) und die dort getroffenen Aussagen zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von psychischen Erkrankungen vor dem Hintergrund der in Armenien bestehenden Behandlungsmöglichkeiten verwiesen.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

I.25.6. Mit diesen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2014 wurden - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in welcher die bP auch ausführlich zum Privat- und Familienleben bzw. zur Integration in Österreich befragt wurden - die Anträge der bP auf internationalen Schutz inzwischen rechtskräftig abgewiesen.

In diesen Erkenntnissen wurde rechtskräftig festgestellt, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat keiner Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung ausgesetzt wären.

Ebenso wurde rechtskräftig festgestellt, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Bezug auf den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würden oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würden.

Letztlich wurde festgehalten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen mit keinem unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben verbunden sind. Aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 19 und 20 AsylG wurde das Verfahren daher zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

I.26. Die belangte Behörde führte ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch und führte insbesondere ergänzende Einvernahmen der bP 1-4 am 13.05.2015 durch.

I.26.1. Die bP 1 führte an, dass die Ehegattin eine Medikamentenliste mit habe, welche sie regelmäßig einnehmen müsste. Darüber hinaus müsste sie monatlich zu Kontrollen. Vorgelegt wurde ein Arztbrief der Transplantambulanz vom 12.03.2015 und der Behindertenpass des Bundessozialamtes.

In allen Zeitungen stünde, dass alle Leute aus Armenien flüchten würden, weil die Zustände unerträglich wären. Es seien nur die geblieben, die "kein Geld zum Flüchten" hätten. Sie habe Angst um ihren Gesundheitszustand im Falle einer Rückkehr. Seit der letzten Entscheidung des BVwG habe sich im Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt geändert, dass die Tochter die Hauptschule besuche, beim Roten Kreuz mitarbeite und die Deutschprüfung B 1 abgelegt habe. Die bP 1 selbst habe eine Nierentransplantation erhalten und sei Österreich sehr dankbar. Sie habe nur vor 4 Jahren einen Deutschkurs besucht, da sie sich sehr schwer konzentrieren könne. Selbststudiumkurse am Computer mache sie jedoch und sei sie in der Lage, mit dem Arzt ihre Angelegenheiten selbstständig zu klären. Sie gehe spazieren und rede mit Nachbarn und Leuten, konkret einer Frau Anita und ihrem Sohn. Es gäbe auch eine ältere Dame, mit welcher sie rede, wenn diese ihren Hund spazieren führe.

I.26.2. Die bP 2 legte Teilnahmebestätigungen vom 22.04.2015 (B1/2) und vom 25.02.2015 hinsichtlich der Teilnahme an einem Deutschkurs, B 1/1 - Deutsch als Fremdsprache (12.01.2015 bis 04.03.2015) sowie weitere Deutschkursbestätigungen, eine Bestätigung über die abgelegte Prüfung A2 vom 29.09.2014, eine Unterstützungserkärung von Fr. XXXX vom 19.09.2014, eine von der Nachbarin XXXX vom 22.09.2014, eine von der Nachbarin XXXX vom 21.09.2014, eine von XXXX vom 19.09.2014, eine von XXXX vom 21.09.2014, eine der Familie XXXX , sowie Einstellungszusagen der Fa. XXXX vom 15.09.2014 als Reinigungskraft für 3h wöchentlich, der Fa. XXXX als Reinigungskraft für 10h wöchentlich, sowie eine undatierte und nicht spezifizierte des XXXX und einen Mietvertrag vor.

Zu ihrem Gesundheitszustand gab die bP 2 an, dass sie immer wieder zur Kontrolle ins Krankenhaus aufgrund eines erlittenen Schlaganfalles müsse. Ansonsten fühle sie sich psychisch und physisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen. Die bP habe im Falle der Rückkehr "vor allem Angst" und müsste zB ihr Sohn bei Ableistung des Militärdienstes gegen Aserbaidschan kämpfen. Die bP 2 habe "so viele" Arbeitszusagen, wolle arbeiten, brauche jedoch Dokumente. Einstellungszusagen wurden vorgelegt. Auf die Frage, wovon die Familie lebe und ob sie jemals um eine Beschäftigungsbewilligung angesucht habe, gab die bP 2 an, dass sie 930 Eur bekommen würden, die Miete betrage 420 Eur. Sie besuche laufend Deutschkurse und legte eine Bestätigung hierzu vor. Sie müsse im Juli eine Prüfung ablegen. Weiters nehme sie an Kulturstammtischen in Lokalen am Hauptplatz teil. Mit dem Sohn spreche sie nur Deutsch, dieser spreche nicht armenisch. Sie habe eine technische Berufsschule in Armenien absolviert und privat Köchin gelernt bzw. einen Imbissstand in XXXX betrieben. Sie habe in Österreich viele Freunde und legte diverse Unterstützungserklärungen vor. Sie nehme an einem Frauenprojekt der Volkshilfe teil, bei dem sie in den Kursen mitarbeite. Sie wolle in Österreich lernen, arbeiten und vielleicht später eine Firma gründen. Ein Interesse an einer freiwilligen Rückkehr bestünde nicht. Die bP 2 legte einen Arztbrief für die bP 1 sowie einen Behindertenausweis für die bP 1 vor.

Die Einvernahme wurde großteils auf Deutsch durchgeführt und wurde festgehalten, dass die bP sich gut auf Deutsch verständigen könne.

Es hätte sich hinsichtlich der Länderfeststellungen, welche im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts festgehalten wären, insoweit eine Änderung ergeben, dass die medizinische und politische Situation in Armenien momentan ganz schlecht sei.

I.26.3. Die bP 3 gab ihm Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 13.05.2015 an, psychisch und physisch in der Lage zu sein, die Einvernahme durchzuführen. Weiters stünde sie in keinerlei ärztlichen Behandlung oder Therapie und nehme auch aktuell keine Medikamente ein. In Armenien würden eine Tante, die Großmutter sowie eine Schwester leben. Sie habe manchmal Kontakt zur Tante und Schwester über Facebook. Befragt zur Rückkehr gab sie an, in Armenien nichts zu befürchten, jedoch nicht zurückkehren zu wollen.

Sie arbeite aktuell im SOMA Leonding als Verkäuferin ehrenamtlich, jeden Dienstag von 7-12 und Donnerstag von 11.30 - 18.00 Uhr. Am Abend besuche sie die Schule (Wissensturm). Befragt dazu, ob sie eine Beschäftigungsbewilligung besitze, gab sie an, dass sie einige Jobangebote habe, allerdings hierfür Dokumente benötige. Sie lebe mit der Familie von der Sozialhilfe und legte die Prüfungsbestätigung über die Deutschprüfung B 1 vor. Festgehalten wurde, dass ein Dolmetscher nahezu für die Einvernahme nicht nötig war, da die bP ausreichend Deutsch verstand. Sie habe eine Ausbildung als Dekorateurin absolviert und mit Diplom abgeschlossen. In Österreich besuche sie die Hauptschule, welche sie im Juni 2016 abschließen wolle. In der Freizeit treffe sie sich mit Schulfreunden, ginge spazieren und ins Kino. Sie sei in keinem Verein oder einer Organisation tätig, arbeite aber wie dargelegt beim Roten Kreuz. Manchmal besuche sie ein Fitnessstudio. In Österreich wolle sie eine Ausbildung zur Krankenschwester absolvieren. Sie habe kein Interesse an einer freiwililgen Rückkehr, wolle nicht zurück nach Armenien und in Österreich eine Ausbildung machen und arbeiten.

Vorgelegt wurde neben einem Deutschzertifikat, B1, wonach sie die Prüfung am 27.01.2015 mit befriedigend bestanden hat, eine Bescheinigung über die Absolvierung eines Erste Hilfe Grundkurses beim Roten Kreuz vom 14.12.2014, eine Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit beim Roten Kreuz seit 04.08.2014 sowie eine Kursbesuchsbestätigung eines Lehrganges zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses (Beginn Februar 2015, Ende Juli 2016).

I.26.4. Die bP 4 gab in der Einvernahme am 13.05.2015 im Beisein der Mutter an, dass im Heimatland die Großeltern mütterlicherseits und eine Schwester leben. Er habe Kontakt mit der Oma via Skype. Die bP 4 könne die armenische Sprache nicht mehr, lesen und schreiben könne sie gar nicht mehr. Sie habe Angst vor dem Militärdienst wegen dem Konflikt mit Aserbaidschan. Sie spiele seit Mai 2015 Floorhockey im Verein XXXX , U 16. Sie lebe mit der Familie von Sozialhilfe. Sie habe die Volksschule in Armenien bis zur 2. Klasse besucht, jetzt besuche sie die NMS XXXX . Eine Bestätigung hierzu sowie zu Besuchen des Kurses Fit for Life wurden vorgelegt.

Sie spiele am Wochenende Fußball mit Freunden und gehe jeden Mittwoch ins Floorhockeytraining beim Verein, dessen Mitglied sie auch sei. Sie wolle in Österreich eine Elektrikerlehre beginnen und habe kein Interesse an einer Rückkehr nach Armenien.

Die Einvernahme konnte ausschließlich in Deutsch geführt werden, eine Übersetzung war nicht notwendig.

1.26.5. Die bP gaben übereinstimmend an, in Österreich über die im Spruch genannte Kernfamilie hinaus keine Verwandten zu haben. In Armenien würden die Mutter der bP 1, die Eltern der bP 2 (in einem Haus, das ihnen gehöre), eine Tochter der bP 1 und 2, welche mit einem Farbenhändler verheiratet sei und in der Nähe der alten Adresse der bP leben würde sowie eine Schwester leben. Der Vater der bP 1 würde eine Pension beziehen. Darüber hinaus würden noch zahlreiche Onkel und Tanten der bP 1 und 2 in Armenien leben.

I.27. Mit im Spruch genannten Bescheiden wurden den bP Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 AsylG nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG, 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 FPG wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 - 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

I.28. Gegen diese im Spruch angeführten Bescheide wurden mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerden erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die den Bescheiden zugrunde liegenden Verfahren mangelhaft wären, wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden wären, den Bescheiden mangelhafte Feststellungen zugrunde gelegt worden wären und zudem das Ermittlungsverfahren mangelhaft sei. Die nachweislich gelungene Integration sei keiner entsprechenden Würdigung unterzogen worden bzw. seien nicht einmal die Integrationsfortschritte der bP festgehalten worden. Weiters erfolgten Ausführungen zur Integration der einzelnen bP, auf welche in der Beweiswürdigung konkret eingegangen wird.

Vorgelegt wurden von den bP mit der Beschwerde:

? Deutschkursbestätigung Stufe 1 der bP 1 über den Besuch von 08.08.2011 bis 03.10.2011

? Arztbrief der XXXX vom 22.09.2014

? Arztbrief der Transplantambulanz der XXXX vom 29.05.2015

? Begleitschreiben der Abteilung für Psychiatrie XXXX vom 01.06.2015

? Mietvertrag abgeschlossen zwischen XXXX und der bP 2 vom 22.11.2014

? eine Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit beim Roten Kreuz ab 04.08.2014 vom 04.08.2014

? Kursbesuchsbestätigung der bP 3 eines Lehrganges zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses vom 08.05.2015 (Wissensturm, Beginn Februar 2015, Ende Juli 2016)

? Bescheinigung des Roten Kreuzes dass die bP 3 seit August 2014 freiwillige Mitarbeiterin im Sozialmarkt ist

? Teilnahmebestätigung über Kursteilnahme "Wir sind das Rote Kreuz" vom 24.10.2014 durch die bP 3

? Schreiben der Betreuerin von der bP 3 betreffend der Anmeldung zur Altenbetreuungsschule und über die Unterbringung in einem Wohnprojekt der Volkshilfe vom 24.03.2014

? Schreiben des AMS vom 18.05.2015 hinsichtlich einer Einladung zu einem persönlichen Gespräch wegen eines Interesses der bP 3 an der Jobbörse teilzunehmen

? Bestätigung über die Teilnahme von der bP 4 am 2x wöchentlich stattfindenden Floorball - U 15 - Training des XXXX vom 03.06.2015

? Bestätigung vom 17.12.2014 über den Besuch der dritten Klasse der XXXX der bP 4 (bP 4 sei gut in die Klassengemeinschaft integriert, spreche fließend Deutsch, übe seine Klassensprechertätigkeit gewissenhaft aus, die Leistungen lägen im Mittelfeld, eine Rückführung sei ein Rückschlag und könne er bei Erteilung eines Aufenthaltstitels die Schule besuchen bzw. sich einen Ausbildungsplatz suchen)

? 2 Zertifikate, dass bP 4 an Lehrgängen "Fit your Life" 2012 bzw. 2013 absolviert hat

? Schulnachricht der bP 4, 7. Schulstufe über das Schuljahr 2014/2015 mit Beurteilung des Verhaltens in der Schule: Wenig zufriedenstellend

? Melderegisterauszüge der bP

? Unterstützungsschreiben vom 28.05.2015 von XXXX , wonach sie die Familie seit mehreren Jahren kenne und diese versucht habe, sich in Österreich zu integrieren bzw. wäre es unmenschlich, die Familie aus ihrem Umfeld zu reißen und ihnen die Möglichkeit einer dauerhaften Integration zu nehmen

I.29. Aufgrund von Unzuständigkeitseinreden gemäß § 17 der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts wurden die Rechtssachen der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung L518 zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welche aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen. Die bP sprechen Armenisch und Russisch.

Die bP 1, 3 und 4 gehören dem armenisch-gregorianisch-apostolischem Glauben an.

Die bP 2 hat nach der Grundschule eine Ausbildung als Technikerin absolviert, jedoch als Köchin gearbeitet. Die bP 1 hat nach der Grundschule ein Studium abgeschlossen und arbeitete als Techniker am Flughafen. Die bP 1 hätte in Armenien einen Anspruch auf eine Pension iHv ca. 25 Euro monatlich sowie zusätzlich ca. 20 Euro Behindertenrente (Feststellung noch als Dialysepatient).

Die Eltern und ein Bruder der bP 2 leben mit ihren Familien noch in Armenien. Weiters lebt eine Tochter der bP 1 und der bP 2 in XXXX und eine weitere Tochter in Russland. Diese Töchter sind verheiratet und sorgen deren Ehegatten für ihren Unterhalt. Die Eltern der bP 2 beziehen eine Pension, der Vater geht noch nebenbei Arbeiten.

Die Mutter der bP 1 lebt nunmehr allein in einem ihr gehörenden Haus mit Wohnzimmer, zwei Schlafzimmern, Küche und Bad in XXXX . Die bP 1-4 haben vor ihrer Ausreise dort gelebt. Die Mutter der bP 1 besitzt überdies eine 2-Zimmer Wohnung in XXXX , in welcher zwei Nichten der bP 1 leben. Sie erhielt bis zum Tod ihres Ehegatten mit diesem gemeinsam eine monatliche Pension iHv 20.000 Dram (ca. 35 Eur). Eine Schwester der bP 1 lebt in XXXX .

Darüber hinaus leben zahlreiche weitere Verwandte der bP 1 und bP 2 mit ihren Familien in Armenien. Die bP stehen zumindest mit einem Teil ihrer Verwandten in regelmäßigem Kontakt.

Eine Schwester der bP 1 kam ebenfalls wegen einer Erkrankung nach Österreich und ist im Jahr 2014 verstorben. Die mit ihr mitgereiste Tochter ist nach Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz wieder nach XXXX zurückgekehrt und betreibt dort ein Nagelstudio.

Die bP 1-3 haben an Deutschkursen teilgenommen, die bP 4 nimmt im Rahmen der Schulausbildung an einer zusätzlichen Deutschausbildung teil und spricht gut Deutsch. Die bP 2 (Prüfung A2 abgelegt) und 3 (Prüfung B1 abgelegt) sprechen verständliches Deutsch, bei der bP 1 sind kaum Deutschkenntnisse vorhanden und hat sie lediglich im Jahr 2011 an einem Grundkurs teilgenommen.

Die bP 3 möchte Krankenschwester werden und hat sich für eine entsprechende Ausbildung angemeldet. Sie besucht seit einem Jahr einen Vorbereitungskurs für den Hauptschulabschluss. In Armenien hat sie eine Ausbildung als Innendesignerin abgeschlossen. Sie arbeitet seit August 2014 ehrenamtlich beim Roten Kreuz mit.

Der bP 3 wurde im Mai 2011 ein gutartiger Tumor in der rechten Brust entfernt. Die Kontrolltermine blieben ohne Befund. Sie nimmt keine Medikamente ein und befindet sich aktuell in keiner Behandlung.

Die bP 4 besucht die Mittelschule. Sie besuchte einen Boxverein und ist nun Mitglied in einem Floorhockeyverein. Sie hat zwei Lehrgänge "Fit your Life" (Kommunikation, Körpersprache, Emotionen) absolviert.

Die bP 1 leidet an Cardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung), Art. Hypertonus (Bluthochdruck) und chronischer Gastritis (Magenschleimhautentzündung). Weiters litt sie an einem Zustand nach hypertensiver Entgleisung im November 2010 sowie einem Zustand nach chronischem Nikotinabusus und einmal an Polysinusitis (akute Nasennebenhöhlenentzündung). Darüber hinaus wurde sie 2010 im Krankenhaus wegen Schwindel und Atemlosigkeit sowie 2013 wegen dem Erbrechen von Blut behandelt, wobei hierzu festgehalten wurde, dass das Erbrechen wahrscheinlich auf das Verschlucken von Blut zurückzuführen sei und keine Blutungsquelle festgestellt werden konnte. Die bP 1 befand sich wegen ihrer Erkrankungen immer wieder stationär für einige Tage in Krankenhäusern, im August 2013 wegen einer bilateralen Bronchopneumonie (Sonderform der Lungenentzündung) sowie einer rezenten Fraktur der rechten 7+8 Rippe.

Am 15.10.2010 wurde die bP 1 wegen zwei Karzinomen in der Lunge (nicht metastasierendes Lungenkarzinom) operiert. Es erfolgten Verlaufskontrollen und hatte die bP 1 in weiterer Folge keine Probleme mehr mit der Lunge und konnten keine Tumore mehr festgestellt werden.

Von den von der bP 1 im Jahr 2012 benötigten Wirkstoffen waren 8 von 10 entweder ident oder als Ersatz in Armenien verfügbar.

Die bP 1 wurde bereits in Armenien von 2008 bis zur Ausreise 2009 dreimal wöchentlich in XXXX einer kostenlosen Dialyse unterzogen. Sie erhielt kostenlos zwei Medikamente wegen der Dialyse und Medikamente gegen Bluthochdruck. Zwei weitere Medikamente kaufte die bP sich gelegentlich. Die bP 1 litt seit 2008 an einer terminalen Niereninsuffizienz mit Schrumpfnieren beidseitig bei unklarer Genese mit dreimal wöchentlicher Hämodialyse.

Bei der bP 1 wurde am 28.04.2011 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert und eine Behandlung mit Treleen eingeleitet. Am 02.10.2012 wurde ein Verdacht auf organische depressive Störung (intermittierend aggressive Verhaltensstörung) diagnostiziert und die Suizidankündigung für den Fall der Abschiebung im psychiatrischen Konsilium festgehalten. Aktuell erhält sie in diesem Zusammenhang keine Behandlung.

Die bP 1 stand seit Jänner 2014 auf der österreichischen Transplantationswarteliste. Ihr wurde am 10.07.2014 eine Fremdniere implantiert.

Die bP 1 benötigte mit Stand 29.05.2015 (Festgehalten im Arztbrief der Transplantambulanz) folgende Medikamente wegen ihrer körperlichen Erkrankungen:

Prograf Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten (Macrolid‑)Immunsuppressiva

Cellcept tbl Immunsuppressiva

Aprednislon tbl Hormonersatzbehandlung

Pantoprazol 1A Behandlung Refluxkrankheit

Seloken Als Langzeittherapie bei leichten bis mittelschweren Formen der Hypertonie

Alna ret Kps Zur Behandlung der Symptome einer gutartigen Vergrößerung der Prostata

Trajenta Mittel zur Behandlung des Diabetes

Amlodipin bei Bluthochdruck

Tramadolor Schmerzmittel

Der bP 1 wurde am 07.03.2013 ein Behindertenpass mit Grad der Behinderung von 90% ausgestellt. Sie hilft im Flüchtlingsheim bei handwerklichen Gelegenheitsarbeiten.

Die bP 2 hat am 11.01.2014 einen Hirninfarkt (embolischer linshirniger Infarkt im Mediastromgebiet links) erlitten und wurde deshalb im Krankenhaus von 11.01.2014 bis 18.01.2014 behandelt. Es wurde weiters ein Herzfehler (ASD, Vorhofseptumaneurysmas) sowie erhöhtes Cholesterin diagnostiziert. Die bP 2 wurde am 31.01.2014 wegen passageren Gefühlsstörungen der linken Körperhälfte im Rahmen einer Panikattacke bei Zustand nach Infarkt im Krankenhaus vorstellig. Das erstellte MRT zeigte keine Diffusionsstörung. Es wurde vielmehr eine Angststörung nach dem Infarkt diagnostiziert. Die Angststörung gründet darauf, dass die bP 2 sich davor fürchtet, wieder in einem öffentlichen Transportmittel einen Schlaganfall zu erleiden sowie die Angst vor einer Abschiebung.

Die bP 2 war im März 2014 in psychologischer Behandlung beim Verein Migrante, da sie nach ihrem Schlaganfall im Jänner 2014 an psychischen Problemen litt. Aktuell befindet sie sich in keiner Behandlung und nimmt lediglich Kontrollen im Krankenhaus wegen ihres Schlaganfalles wahr. Sie unterstützt andere Familien im Wohnprojekt indem sie zB auf Kinder aufpasst. Sie hat sich bei der Altenbetreuerfachschule für eine Ausbildung als Heimhelferin angemeldet.

Die bP leben in Österreich von der Grundversorgung und in einem gemeinsamen Haushalt.

Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Die Identität der bP steht fest.

Die bP sind Drittstaatsangehörige.

Die Pflege und Obsorge von bP4 ist durch bP1 und bP2 gesichert.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre. In Bezug auf die individuelle Lage der bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem letztmalig über den Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entscheiden wurde, maßgeblich geänderte Situation festgestellt werden.

Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in gegenständliche Verfahrensakte des BFA, die Vorakten des Asylgerichtshofes bzw. des Bundesverwaltungsgerichts, das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, durch die Einholung einer aktuellen Strafregisterauskunft und durch eine aktuelle ZMR-Anfrage die bP betreffend.

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Person der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel.

II.2.3. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen der bP in Österreich sowie im Herkunftsstaat stützen sich auf die Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, die Ausführungen der bP im Rahmen der persönlichen Einvernahmen, die vorgelegten Unterlagen sowie das Vorbringen in der Beschwerde.

II.2.4. Die Feststellung, dass in Bezug auf die bP bzw. die Lage im Herkunftsstaat der bP seit der abschließenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2014 keine Änderung eintrat, ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass die bP diesbezüglich im gegenständlichen Verfahren kein substantiiertes Vorbringen erstattet haben. Darüber hinaus konnten die Feststellungen zur Lage in Armenien im inhaltlichen Verfahren (vgl. Auszüge oben) nach wie vor als aktuell angesehen werden und hat sich die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren damit zu Recht darauf gestützt.

II.2.5. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, dass mit der Entscheidung des BVwG vom 25.08.2014 der damals gegenständlichen Beschwerde hinsichtlich §§ 55, 57 AsylG insofern stattgegeben wurde, als die Prüfung diesbezüglich aufgrund einer mangelhaften erstinstanzlichen Entscheidung wiederum an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde, ist festzuhalten, dass im Rahmen der letzten Gesetzesänderung bzw. § 75 Abs. 20 AsylG nur in dieser Form über "alte" Ausweisungen gemäß § 10 AsylG idaF entschieden werden konnte.

Konkret wurde vom Bundesverwaltungsgericht darüber hinaus in der Entscheidung festgehalten, dass vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Standes nicht festgestellt werden konnte, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und daher das Verfahren betreffend die bP 1-4 gem. § 75 Abs. 20 AsylG zur (weiteren) Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen war.

II.2.6. Wenn in der Beschwerde weiters festgehalten wird, dass die Bescheide an Feststellungs- und Ermittlungsmängeln leiden würden und diese inhaltlich aufgrund der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften rechtswidrig wären, ist hierzu festzuhalten, dass nicht konkret aufgezeigt wurde, welche Feststellungs- und insbesondere Ermittlungsmängel vorliegen würden. Die belangte Behörde hat die bP 1 bis 4 nochmals niederschriftlich einvernommen und die vorgelegten Beweismittel berücksichtigt.

Dass die belangte Behörde - wie in jedem ihrer Bescheide - mehrseitig die rechtlichen Grundlagen abstrakt darstellt, kann keinen Verfahrensmangel begründen. Es wurde auch entgegen der Ausführung in der Beschwerde eine Interessensabwägung durchgeführt und nicht wie angeführt die Integration der bP lediglich in zwei bis drei Sätzen dargestellt und Integrationserrungenschaften unterschlagen. Vielmehr wurden die Beweismittel sowie die Einvernahmeprotokolle konkret angeführt und wesentliche Feststellungen zu den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere zum Familienleben und zur Integration getroffen, auch wenn eine Ausformulierung der Umstände der "sozialen Kontakte" sowie "Aspekte einer schützenswerten Integration" wünschenswert gewesen wäre. Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde dann beispielsweise ausgeführt, dass die bP Kontakte mit der örtlichen Bevölkerung im ortsüblichen Ausmaß pflegen, dass sich zumindest die bP 2-4 sehr um das Erlernen der deutschen Sprache bemühen, dass es aus mehrfachen Gründen gänzlich unglaubwürdig ist, dass die bP 4 die armenische Sprache nicht mehr spricht, dass die Unterstützungserklärungen und Einstellungszusagen allesamt im September 2014 ausgestellt wurden, dass die bP 4 sich mit Freunden, Mitspielern im Sportverein und Schulkollegen trifft, sowie dass noch Anknüpfungspunkte in Armenien vorhanden sind bzw die Reintegration aufgrund der Sprachkenntnisse und Kenntnis der dortigen Gesellschaft möglich sein wird.

Diese Interessen der bP bzw. deren gesetzte Integrationsschritte wurden letztlich auch im Rahmen der Interessensabwägung unter dem Punkt "Rechtliche Beurteilung" den öffentlichen Interessen gegenübergestellt und letztere als höher bewertet.

Es wurden die einzelnen bP auch nicht "isoliert" als Einzelpersonen betrachten, sondern die Familie letztlich als Einheit behandelt, welche gemeinsam lebt und gemeinsam zurückkehren kann.

II.2.7. Vorweg wird zu den Vorbringen der einzelnen bP im Rahmen der Beschwerde festgehalten, dass grundsätzlich der Umstand, dass sie noch nicht straffällig geworden sind, keine besonderen integrativen Aspekte aufweist, da dies von einem Fremden in Österreich erwartet wird. Auch wurden die guten Deutschkenntnisse der bP 2-4 entsprechend festgestellt und werden diese im Rahmen der Interessensabwägung berücksichtigt.

Nicht geglaubt wird in diesem Zusammenhang den Angaben der bP 4, gar nicht mehr armenisch zu können bzw. der Angabe der bP 2, dass mit der bP 4 nur mehr in Deutsch gesprochen werden könne. Dies erhellt sich schon vor dem Hintergrund nicht, dass die Deutschkenntnisse der bP 1 als gering einzustufen sind, und daher davon ausgegangen werden muss, dass der Vater mit seinem Sohn in armenischer Sprache kommuniziert. In Anbetracht des Gesamtverhaltens der bP im Laufe des Verfahrens, der laufenden Steigerung des Vorbringens sowie des mehrfachen Versuches, mit ihnen relevant erscheinenden Umständen einen Anknüpfungspunkt an die GFK zu finden, kann dies nur als weitere unglaubwürdige Angabe gesehen werden.

II.2.8. Genauso wenig nachvollziehbar war die nunmehr behauptete Angst der bP 2 bzw. bP 4, dass die bP 4 zum Militärdienst eingezogen werden würde. Einerseits fanden sich im gesamten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zu §§ 3, 8 AsylG keinerlei Anhaltspunkte oder Angaben der bP in diese Richtung. Erst in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Wehrpflicht im Zusammenhang mit dem Vorbringen der bP 2 erörtert, da diese angegeben hat, nunmehr Zeugin Jehovas zu sein. Doch schon vom BVwG wurde in der rechtskräftigen Entscheidung auch hinsichtlich der bP 4 festgestellt, dass betreffend ihrer Person auch von keiner relevanten Gefährdung in diesem Zusammenhang ausgegangen werden könnte. Dass die bP 4 nunmehr Zeuge Jehova wäre wurde auch nicht vorgebracht und kann damit aktuell auch keinerlei Problemstellung im Zusammenhang mit § 50 FPG erkannt werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die bP 4 selbst lediglich angegeben hat, dass sie "Angst vor dem Militärdienst wegen dem Konflikt mit Aserbaidschan" habe. Auch die bP 2 als gesetzliche Vertreterin der bP 4 traf keine darüber hinausgehenden Ausführungen. Dass sie den Wehrdienst aus religiösen Gründen bzw. aus Gewissensgründen nicht ableisten könnte, wurde nicht behauptet. Darüber hinaus stünde der bP 4 auch die Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes offen und ist die Ableistung des Wehrdienstes eine jeden Armenier treffende Verpflichtung. Diese kann aus sozialen Gründen wie etwa bei pflegebedürftigen Eltern auch zurückgestellt werden. Die bP 4 hat auch das 16. Lebensjahr noch nicht erreicht, weshalb von keinerlei Problematik im Zusammenhang mit einer etwaig verspäteten Musterung ausgegangen werden kann. Die bP sind rechtsfreundlich von einem in Asylangelegenheiten versierten Anwalt vertreten und können die allgemeinen Feststellungen, wie sie beispielsweise öffentlich im Internet zugänglich in der Entscheidung des BVwG vom 27.02.2015, Zl. L518 1435954-2 festgehalten sind, als allgemein bekannt vorausgesetzt werden.

II.2.9. Ein Aufenthalt von 6 bzw. 5 Jahren stellt zwar eine grundsätzlich beachtliche Zeitspanne, in Ermangelung von fundierten Integrationsleistungen aber noch keinen solch langen Zeitraum dar, dass allein schon wegen der reinen Aufenthaltsdauer auf die Unzulässigkeit der Ausweisung zu erkennen wäre. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang letztlich auch, dass die lange Aufenthaltsdauer lediglich aus der unbegründeten Asylantragstellung resultiert und haben die bP durch Steigerung ihres Vorbringens im Verfahren bzw. dem Vortrag nicht glaubwürdiger Gründe das Verfahren verzögert (vgl. auch die näheren Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unten).

Zu den zugegebenermaßen grundsätzlich auf eine gewisse Integration hindeutenden Umständen ist vorweg festzuhalten, dass bei genauerer Betrachtung die von den bP gesetzten Integrationsschritte im Rahmen der Interessensabwägung stark in ihrer Gewichtung gemindert sind. Dies insbesondere auch dadurch, dass sie mehrheitlich erst nach Erhalt des negativen Bescheides der belangten Behörde vom September 2012 gesetzt wurden, und den bP letztlich schon seit der Abweisung der Anträge 2009 bewusst sein musste, dass der Aufenthalt zumindest unsicher ist. Viele der Integrationsschritte (Tätigkeit der bP 3 beim Roten Kreuz, Mitgliedschaft der bP 4 beim Sportverein, Einstellungszusagen) wurden überhaupt erst nach Abhaltung der mündlichen Verhandlung am 31.03.2014 gesetzt.

II.2.10. Soweit betreffend die bP 1 in der Beschwerde ausgeführt wird, dass sie aufgrund einer Nierentransplantation und der jahrelangen, erforderlichen Nachbehandlungen an einer schweren Krankheit, welche nur in Österreich entsprechend versorgt werden könne sowie mittlerweile aufgrund des Verfahrens an schweren Depressionen leide, ist festzuhalten:

Das BVwG hat diese Erkrankungen sowie die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien - wie im Verfahrensgang wiedergegeben - bereits im Rahmen der Entscheidung gemäß § 8 AsylG ausführlich erörtert. Der Gesundheitszustand der bP 1 hat sich gemäß vorgelegten medizinischen Unterlagen auch seitdem nicht verschlechtert. Vielmehr wurde der bP 1 eben erfolgreich am 10.07.2014 eine Niere transplantiert und ergab sich seither kein Hinweis auf eine Abstoßung. Bezüglich der Transplantnierenfunktion zeigte sich eine Stabilität, empfohlen wurde eine strikte Einhaltung des immunsuppressiven Therapieregimes und regelmäßige Kontrollen.

Soweit im Arztbrief der Transplantambulanz vom 29.05.2015 angeführt ist, dass die optimalen Umstände und immunsupressive Therapeutika in anderen Ländern häufig nicht gegeben bzw. erhältlich wären, wozu wahrscheinlich auch das Heimatland der bP 1 zähle, bzw. im Begleitschreiben der Psychiatrie 2 vom 01.06.2015 ausgeführt wurde, dass die bP 1 wegen eines Zustandes N. bronchi Kontrollen notwendig sind und die lebensnotwendigen Kontrollen und Therapien wegen der Transplantation in Armenien nicht gewährleistet wären, ist festzuhalten, dass entgegen dieser Vermutung österreichischer Ärzte gemäß den im Erkenntnis des BVwG vom 25.08.2014 festgehaltenen Länderfeststellungen eine Nachbehandlung nach Nierentransplantation in Armenien gewährleistet werden kann. Auch die Kontrollen hinsichtlich des Zustandes N. bronchi sowie etwa notwendige Behandlungen wegen der psychischen Belastung (vgl. Arztbrief vom 01.06.2015) sind in Armenien wie alle notwendigen medizinischen Versorgungsleistungen erhältlich. Gemäß der Anfragebeantwortung vom 19.05.2014 werden die postoperativen Kosten einer Nierentransplantation vom Staat finanziert und hat die bP 1 wir ebenfalls bereits festgestellt in Armenien auch über einen Ausweis verfügt, welcher ihn zur Inanspruchnahme von Leistungen berechtigte. Die nachoperativen Rehabilitationskosten inklusive der Medikation werden in Armenien durch den Staat getragen. Die Medikamente die für die Behandlung notwendig sind, sind in den Spitälern und Polikliniken erhältlich. Dies wurde bereits in der Anfragebeantwortung vom 10.08.2010 festgehalten, in welcher weiters konkret ausgeführt ist, dass in Armenien die notwendigen Medikamente für die Verhinderung der Abstoßung und die Vorbeugung gegen Pilze und andere Infektionen ebenfalls erhältlich sind. Der Patient kann sich auch periodisch verschiedenen Laboruntersuchungen in Krankenhäusern und /oder Polikliniken unterziehen, welche konkret angeführt sind. Alle die genannten Krankenhäuser befinden sich in XXXX und damit der Heimatstadt der bP, wo auch noch die Mutter der bP 1 in ihrem Haus lebt, in welchem die Familie bereits vor ihrer Ausreise gelebt hat (vgl. die Ausführungen hierzu in der Entscheidung vom 25.08.2014).

Nach erfolgter Nierentransplantation ergaben sich damit keinerlei Gründe mehr, warum der bP 1 Subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen wäre und ist hinsichtlich des Gesundheitszustandes der bP 1 seit dieser rechtskräftigen Entscheidung festzustellen, dass sich dieser nicht verschlechtert, sondern vielmehr verbessert hat. Auch die vorerst engmaschige Überprüfung der Immunsuppression kann nunmehr ambulant geführt werden und liegt aufgrund des seit der Operation verstrichenen Zeitraums nunmehr auch eine Reisefähigkeit der bP 1 vor.

Auch die psychischen Probleme der bP, insbesondere der bP 1 wurden im Erkenntnis vom 25.08.2014 abschließend erörtert. Hierzu wurden im nunmehrigen Verfahren hinsichtlich der Rückkehrentscheidung keine aktuellen Befunde vorgelegt bzw. Therapien behauptet. Die bP 2 gab an, lediglich wegen des Schlaganfalles zu Kontrollen zu gehen, die bP 3 gab an, gesund zu sein und weisen die Befunde der bP 1 keine konkrete Behandlung wegen der psychischen Beeinträchtigung auf, auch wenn es sich bei einem Schreiben um ein "Begleitschreiben" der Psychiatrie handelt. Gemäß vorgelegten Befunden nimmt die bP 1 auch keine Medikamente in diesem Zusammenhang ein.

Dass eine Überstellung nach Armenien zu eine Beeinträchtigung des psychischen Zustandes der bP bzw. anderen Behandlungsmöglichkeiten betreffend die bP 1 führen kann, bzw. eine Wiederherstellung der Gesundheit erschwert bzw. verzögert werden kann, wurde bereits in der Entscheidung des BVwG festgehalten. Auch nunmehr kann jedoch aufgrund der aktuellen Situation der bP, insbesondere der bP 1 nicht davon ausgegangen werden, dass eine Rückkehr zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führt und kann damit kein Abschiebungshindernis iSv § 50 FPG erkannt werden.

II.2.11. Hinsichtlich der bP 2 wurde in der Beschwerde ausgeführt, diese würde für die Kinder sorgen, den schwerkranken Ehegatten pflegen und sei mangels Berechtigung zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit Hausfrau. Darüber hinaus könne sie eine vollständige gelungene sprachliche Integration vorweisen und stünde kurz vor Ablegung der B1 Deutschprüfung. Sie hätte drei Zusagen einer sofort aufnehmbaren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und führe ein tadelloses, vorbildhaftes Leben mit ihren Kindern, was sich auch am "Erziehungsgrad" der Kinder zeige.

Die bP 2 gab im Rahmen ihrer ergänzenden Einvernahme unter anderem an, sie habe "so viele" Arbeitszusagen, wolle arbeiten, brauche jedoch Dokumente. Einstellungszusagen wurden vorgelegt. Auf die Frage, wovon die Familie lebe und ob sie jemals um eine Beschäftigungsbewilligung angesucht habe, gab die bP 2 an, dass sie 930 Eur bekommen würden, die Miete betrage 420 Eur. Weiters nehme sie an Kulturstammtischen in Lokalen am Hauptplatz teil. Mit dem Sohn spreche sie nur Deutsch, dieser spreche nicht armenisch. Sie habe eine technische Berufsschule in Armenien absolviert und privat Köchin gelernt bzw. einen Imbissstand in XXXX betrieben. Sie habe in Österreich viele Freunde und legte diverse Unterstützungserklärungen vor Sie nehme an einem Frauenprojekt der Volkshilfe teil, bei dem sie in den Kursen mitarbeite. Sie wolle in Österreich lernen, arbeiten und vielleicht später eine Firma gründen. Ein Interesse an einer freiwilligen Rückkehr bestünde nicht.

Hierzu ist auszuführen, dass die bP - und zwar weder die bP 2 noch die bP 3, eine Interessensbekundung und ein Termin der bP 3 beim AMS stellt keinen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung dar - keinerlei Unterlagen dazu vorlegen konnte, dass sie sich bisher tatsächlich ernsthaft beim AMS um eine Beschäftigungsbewilligung bemüht hätten.

Die Einstellungszusagen der bP 2 betreffen lediglich Arbeitstätigkeiten für ein paar Stunden bzw. fehlt bei einer überhaupt eine konkrete Anführung der Art und Dauer der Beschäftigung, sodass damit nicht von einer ordnungsgemäßen Einstellungszusage ausgegangen werden kann. Wie bereits von der Erstinstanz festgehalten, stammen diese Einstellungszusagen zudem aus einem Zeitraum (September 2014), in welchem die bP unmittelbar von einer Rückkehrentscheidung bedroht und bereits jahrelang aufhältig waren, sodass diesen wenig Gewicht beizumessen war. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde mit 21.09.2012 konnten die bP trotz damaligen dreijährigen Aufenthalts keinerlei Bescheinigungsmittel für eine Integration vorlegen. Am Rande sei erwähnt, dass die bP ihren Wunsch, sich selbstständig zu machen, bei tatsächlichem Interesse an der Aufnahme einer Tätigkeit wohl schon in Österreich verwirklicht hätte.

Generell kann der Umstand, dass die bP nun über Einstellungszusagen verfügen, in der vorliegenden Fallkonstellation nicht entscheidungswesentlich zu ihren Gunsten ausschlagen (vgl. dazu etwa auch das Erkenntnis des VwGH 14.12.2010, 2010/22/0186, in welchem der Ansicht zugestimmt wird, dass im Fall eines im Jahr 2003 illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereisten, unbescholtenen Beschwerdeführers, der über eine Einstellungszusage verfügte und zudem in den Jahren 2006 bis 2008 als Straßenarbeiter tätig gewesen sei, nicht von einer solchen beruflichen Integration gesprochen werden könne, die die Erlassung einer Ausweisung unzulässig machen würde) und das Vorliegen einer aktuellen Selbsterhaltungsfähigkeit dartun, vielmehr ist eine solche Einstellungszusage an die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung geknüpft. Aus der vorgelegten bedingten Einstellungszusage ist nicht ein bereits erreichter Grad an Integration in wirtschaftlicher Hinsicht ableitbar, sondern bloß die noch ungewisse Möglichkeit deren künftigen Eintretens. Vorgelegte Einstellungszusagen bilden keinen Beleg für eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit, sondern allenfalls bloß ein Indiz dafür, dass die Person, sofern sie sich am entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich bewährt, künftig in die Situation kommen könnte, seinen Lebensunterhalt aus eigenem zu bestreiten.

Diesbezüglich ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Aus den Unterstützungsschreiben geht hervor, dass diese Personen im Wesentlichen die Nachbarn bzw. die Unterkunftgeber der bP sind. Worauf sich deren Kenntnisse über die angeblich gute Integration der gesamten Familie stützen, ist nicht ersichtlich und kann vorausgesetzt werden, dass die bP einen höflichen Umgang mit Nachbarn und Vermietern pflegen. Auch kann es als selbstverständlich angesehen werden, dass sich die bP 2 um ihre Kinder und den kranken Mann kümmert.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang darauf, dass in der mündlichen Verhandlung die bP 1 und 2 zwar angaben, zumindest mit zwei österreichischen Familien soziale Kontakte zu pflegen, sie konnten jedoch lediglich zwei weibliche Vornamen nennen. Auch im Rahmen der nunmehrigen letzten Befragungen vor der belangten Behörde fehlten hinsichtlich der bP 1 und bP 2 konkrete und nachvollziehbare Angaben zu einem österreichischen Freundes- und Bekanntenkreis.

Die bP 2 ist auch in keinerlei Verein oder sonstiger Einrichtung tätig, der unbelegt behauptete Besuch von "Kulturstammtischen" sowie eine Mitwirkung in einem Frauenprojekt der Diakonie sind Maßnahmen für Fremde, belegen aber nicht ein besonderes Engagement der bP 2, sich selbst zu betätigen und etwas ehrenamtlich zur österreichischen Gesellschaft beizutragen. Ihr Interesse an der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas bzw. dass sie diese besuche, brachte sie nunmehr im Rahmen der letzten Einvernahme zu ihrer Integration nicht mehr vor, weshalb davon auszugehen ist, dass dieses "Interesse" zwischenzeitlich abgeklungen ist bzw. kann keine Verfestigung in dieser Glaubensgemeinschaft angenommen werden. Einen Beleg hierfür legte die bP 2 ebenso nicht vor.

Die bP 4 gab in der Einvernahme am 13.05.2015 im Beisein der Mutter an, dass sie seit Mai 2015 Floorhockey im Verein spiele. Sie habe die Volksschule in Armenien bis zur 2. Klasse besucht, jetzt besuche sie die NMS. Eine Bestätigung hierzu sowie zu Besuchen des Kurses Fit for Life wurden vorgelegt. Sie spiele am Wochenende Fußball mit Freunden und gehe jeden Mittwoch ins Floorhockeytraining beim Verein, dessen Mitglied sie auch sei. Sie wolle in Österreich eine Elektrikerlehre beginnen und habe kein Interesse an einer Rückkehr nach Armenien.

Zum Schulbesuch der bP 4 ist festzuhalten, dass dies die Inanspruchnahme einer großteils staatlichen Leistung bzw. staatliche Verpflichtung ist, welcher im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Judikatur nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

Zur bP 4 ist weiters festzuhalten, dass sie im Rahmen der Halbjahresbenotung jedenfalls ein Nicht genügend in Geographie und Wirtschaftskunde aufweist sowie Deutsch, Englisch und Mathematik demgemäß nur im Rahmen einer grundlegenden Allgemeinbildung absolviert wurden. Auch ergibt sich aus dem vorgelegten Zeugnis der

3. Klasse, dass das Verhalten der bP 4 mit wenig zufriedenstellend beurteilt wurde. Die Leistungen wurden im vorgelegten Schreiben der Lehrkräfte als im Mittelfeld liegend beurteilt. Dies relativiert einerseits den hinsichtlich der bP 2 behaupteten "Erziehungsgrad" ihrer Kinder und andererseits eine besondere schulische Integration der bP 4.

Zwar sind gerade hinsichtlich der bP 4 soziale Anbindungen an den Sportverein sowie sein schulisches Umfeld (auch Klassensprecher) erkennbar, eine außerodentliche, besondere Anbindung an Österreich, welche es der bP 4 unmöglich machen würde, sich wieder in Armenien einzugliedern, und welche die öffentlichen Interessen überwiegen würde, konnte jedoch nicht erkannt werden. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die bP 4 zwar an zwei Sozialprojekten teilgenommen hat, jedoch erst seit kurzem beim Floorhockey Verein spielt. Ein darüber hinausgehendes, insbesondere längerfristiges Engagement der bP 4 ist damit selbst in sportlicher Hinsicht nicht erkennbar, weitere Vereinsmitgliedschaften oder dergleichen wurden insbesondere in der letzten Einvernahme nicht vorgebracht. Demgegenüber wurde noch keinerlei sportliches Engagement im Hinblick auf Floorhockey in der Verhandlung vom 31.03.2014 behauptet, sondern ausgeführt, dass die bP 4 an Wettbewerben im Boxen teilnahm und einen Schwimmverein besuchte. Es kann damit eben kein längerfristiges Vereinsleben in sportlicher Hinsicht angenommen werden. Auch wurde nicht vorgebracht, dass die bP 4 noch immer Interesse an den Zeugen Jehovas habe. Dass sie tatsächlich dieser Glaubensgemeinschaft angehöre, wurde nicht einmal behauptet.

Dass sie wie in der Beschwerde behauptet keinerlei Erinnerungen mehr an Armenien hat, kann schon in Anbetracht des Alters der bP 4 im Zeitpunkt der Ausreise (9 Jahre) nicht angenommen werden, wurde sie in Armenien doch sozialisiert und besuchte dort auch für zwei Jahre die Schule.

Was die Integrationsschreiben bP 3 betrifft, so ist dazu auszuführen, dass daraus nicht hervorgeht, wodurch im konkreten Fall die besondere Integration gegeben sein soll. Sie beabsichtigt zwar demnach, eine Altenpflegeschule zu besuchen bzw. Krankenschwester zu werden bzw. versucht sie, den Hauptschulabschluss nachzumachen, was durchaus Interessen ihrer Person darstellen, jedoch gleichzeitig die Inanspruchnahme staatlicher Leistungen darstellt bzw. ist eine weitere Ausbildung mangels Voraussetzungen hierzu noch in keiner Weise gesichert. Dadurch zeigt sie zwar ein gewisses Engagement, dennoch hat sie sich bisher beruflich nicht in Österreich eingegliedert und auch erst nach der mündlichen Verhandlung am 31.03.2014 ehrenamtlich engagiert. Damals gab sie insbesondere auch an, noch viele Freunde in Armenien zu haben und mit diesen in regem Kontakt über das Internet zu stehen. Sie habe zwar auch gemäß Angaben in der Verhandlung österreichische und nichtösterreichische Freunde, jedoch vermochten diese Angaben im Zusammenschau mit dem erst kurzfristigen, und letztlich nach Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz erfolgten Engagement für das Rote Kreuz (Soma Markt seit 04.08.2014) keine derartige Integration zu begründen, welche die Interessen an einer Rückkehrentscheidung überwiegen würden. Gerade hinsichtlich der inzwischen volljährigen bP 3 ist auch festzuhalten, dass sie erst ein Jahr später ohne eigenen Asylgründe im Alter von 17 Jahren zu ihren Eltern nach Österreich gereist ist, während eine weitere Schwester sowie diverse Verwandte nach wie vor in Armenien leben. Der bP 3 wird es aufgrund ihrer abgeschlossenen Ausbildung in Armenien als Innendekorateurin auch leicht fallen, sich dort mithilfe ihres noch bestehenden Freundeskreises wieder in die Gesellschaft zu integrieren und handelt es sich bei ihrer Person um eine arbeitsfähige und nunmehr auch gesunde Frau. Dass sie wie in der Beschwerde beschrieben alleine nicht wirtschaftlich überlebensfähig sei, kann nicht festgestellt werden und ist vielmehr davon auszugehen, dass sie und ihre Familie sich in Armenien - wie auch die weiteren Verwandten - gegenseitig unterstützen.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A)

II.3.2. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.2.1. Gesetzliche Grundlagen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer

Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich

eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

§ 46 FPG, Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

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1.-die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.-sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.-auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.-sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt.

(2a) Das Bundesamt ist berechtigt, Personen, für die das Bundesamt ein Ersatzreisedokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen hat, vorzuladen. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

§ 50 FPG Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig,

wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

II.3.2.2. Die Einreise der bP in das Gebiet der europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz vom 18.09.2009 (bP 1, 2, und 4) bzw. 19.08.2010 (bP3) wurden mit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen. Der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet stützte sich für die Dauer dieses Verfahrens alleine auf das Asylgesetz und war in weiterer Folge nach Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz durch die nicht erfolgte Ausreise unrechtmäßig. Ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet. Die bP fallen damit nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

II.3.2.3. Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts Substantiiertes dargetan.

II.3.2.4. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG idgF iVm § 10 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 AsylG 2005 war die belangte Behörde daher für die Rückkehrentscheidungen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zuständig. Die belangte Behörde war sohin angehalten, in Anwendung des § 52 FPG gegen die bP Rückkehrentscheidungen zu erlassen.

II.3.2.5. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. Bild kann nicht dargestellt werden

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ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. Bild kann nicht dargestellt werden

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besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. Bild kann nicht dargestellt werden

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setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, Bild kann nicht dargestellt werden

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; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

II.3.2.6. Die bP haben in Österreich über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit sechs (bP 1, 2, 4) bzw. 5 (die bP 3) Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben Deutschkurse besucht. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Die Rückkehrentscheidung betreffend der bP stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben.

Folgt man Chvosta, welcher, soweit ersichtlich im Schrifttum bisher unwidersprochen ausführte und dem sich auch das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall anschließt, dass [Anmerkung: bei damaligen Ausweisungen von Asylwerbern nach § 10 AsylG; hier wohl sinngemäß anwendbar] ab einer Verfahrensdauer von 6 Monaten jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben anzunehmen sein wird, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach sich zieht (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74), so geht das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall davon aus, dass ein sich auf die Verweildauer im Bundesgebiet begründetes Privatleben ergibt.

II.3.2.7. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

II.3.2.8. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

Die bP 1, 2, 4 sind seit sechs Jahren und die bP 3 seit fünf Jahren in Österreich aufhältig. Die bP 1-4 reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die bP verfügen über keine familiären und die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des mittlerweile rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es ihnen frei, sich nach ihrer Ausreise - wie jeder andere Fremde auch - um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten) verwiesen. In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend gemacht werden kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

Auch ist zu bedenken, dass es aus dem fremdenpolizeilichen Blickwinkel nicht primär auf die subjektive Vorwerfbarkeit, sondern auf die objektive Zurechenbarkeit des beschriebenen Verhaltens ankommt.

Die beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig. Die bP 1 weist nach wie vor lediglich rudimentäre Deutschkenntnisse auf, die bP 2 und 3 können sich aufgrund der Deutschkurse und abgelegten Prüfungen im Alltag schon gut verständigen und hat die bP 4 aufgrund des Unterrichts sehr gute Deutschkenntnisse.

Aus dem Akteninhalt geht nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären .bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten (vgl oben).

Hinsichtlich der voraussichtlichen Tätigkeiten ist festzuhalten, dass diesen in einem Verfahren betreffend Ausweisung mangels Aufenthaltsberechtigung und Arbeitserlaubnis der Fremden keine wesentliche Bedeutung zukommen kann (VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523;

29.6.2010, 2010/18/0195;17.12.2010, 2010/18/0385;

22.02.2011,2010/18/0323).

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist gerade Kindern, welche noch im jungen Alter sind und die mit ihren Eltern gemeinsam ausreisen, die (Re‑)Integration im Herkunftsstaat der Eltern zumutbar. So nahm der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.08.2011, Zl. 2009/21/0015 an, dass bei einem 6 Jahre und 3 Monate dauernden Aufenthalt in Österreich erwartet werden kann, die Kinder werden sich im Rahmen des gewohnten familiären Umfeldes an die neuen Begebenheiten im Herkunftsstaat der Eltern anpassen können (vgl. auch VwGH vom 19. Mai 2011, Zlen. 2009/21/0115, 116, mwN). Selbst Schwierigkeiten bei der (Re )Integration sind in derartigen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH vom 5. Juli 2011, Zl. 2008/21/0282).

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die bP 1 - 3 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP 1-4 im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Zu der minderjährigen bP 4 ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat jedoch einzufließen, dass die minderjährige bP 4 dennoch im Herkunftsstaat geboren wurde, sich dort eine zeitlang aufhielt, zwei Jahre die Schule besuchte und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch in Österreich vermittelt bekam. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befindet sich die minderjährige bP 4 in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und hat diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihr unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, spiegelbildlich betrachtet, sich ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Die bP 1-4 reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Soweit die minderjährige bP keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertretung im Zusammenhang mit der Einreise hatte, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen in Bezug auf die Zurechenbarkeit des Verhaltens der gesetzlichen Vertretung auf die Kinder verwiesen.

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den genannten bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

Ebenso stellt die seinerzeitige rechtswidrige Einreise mit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens gem. § 120 Abs. 7 FPG nunmehr eine Verwaltungsübertretung dar ("Eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 oder 1a liegt nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.").

In Bezug auf die minderjährige bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

Im gegenständlichen Fall hätte das Verfahren zwar unter Umständen schneller abgeschlossen werden können, die bP haben aber auch nicht zu einem schnellen Verfahrensabschluss beigetragen, da sie gerade zu ihren Asylgründen kein richtiges Vorbringen erstatteten bzw. immer wieder behördliche bzw. gerichtliche Schritte gesetzt wurden, um das Verfahren ordnungsgemäß auch in Anbetracht der Erkrankung der bP 1 abzuschließen.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung betreffend des Fremden bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.2.9. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Es liegen zwar Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt berücksichtigungswürdige Integration der bP 2-4 in sprachlicher sowie der bP 3-4 in gesellschaftlicher Sicht vor, eine berufliche Integration ist nicht erkennbar. Die bP halten sich erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, sind auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar, zumal diese auch hinsichtlich der bP 2-4 als nicht besonders ausgeprägt einzustufen waren (vgl. Beweiswürdigung).

Verwandte der bP leben noch im Herkunftsstaat und ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen familiären und privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zum Herkunftsstaat die Integration in Österreich bei weitem überwiegen bzw. die öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich der bP überwiegen.

Es sind keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären wäre.

Die Verhältnismäßigkeit der Verhängung der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.2.10. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände der bP zu Recht davon ausgegangen, dass den bP ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Es liegt im gegenständlichen Fall schon die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG (Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK) nicht vor, weshalb sich eine weitere Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 55 AsylG erübrigte.

II.3.2.11. Schließlich sind im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht dargelegt.

Im Verfahren über die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurde über das von den bP erstattete Vorbringen zu ihren Fluchtgründen insbesondere auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK bereits rechtskräftig abgesprochen. Aus dem diesbezüglichen Vorbringen in den Einvernahmen der bP bzw. zum Gesundheitszustand der bP 1 in der Beschwerde war für die bP nichts zu gewinnen, zumal sich aus diesem Vorbringen keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts im Vergleich zum Verfahren über die Anträge der bP auf internationalen Schutz ergeben hat. Dies vor allem auch im Hinblick auf die bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.08.2014 getroffenen Ausführungen zur psychischen Erkrankung der bP, Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat und der Judikatur des EGMR in diesem Zusammenhang.

II.3.2.12. Umstände, welche das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung begründen würden, kamen nicht hervor. Ebenso ergibt sich aus den obigen Ausführungen sowie den in den bereits genannten Asylverfahren in Rechtkraft erwachsenen Erörterungen, welchen noch ausreichende Aktualität zukommt und die den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht wurden, dass keine Umstände vorliegen, welche eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Armenien unzulässig erscheinen lassen würden.

II.3.2.13. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

Dass besondere Umstände, die die bP bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei substantiierte Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

II.3.3. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

II.3.4. Über den Antrag, auszusprechen, dass den bP zu handen des Beschwerdeführervertreters Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen sei, war durch das erkennende Gericht nicht meritorisch abzusprechen. Dies da das VwGVG ebenso wie das subsidiär anzuwendende AVG hierfür keine Rechtsgrundlage bietet bzw. auch das Institut eines "Verfahrenshelfers" bzw. der Verfahrenshilfe in Form der unentgeltlichen Beistellung eines rechtskundigen oder berufsmäßigen Parteivertreters nicht kennt, ausgenommen in den Fällen des § 40 VwGVG. Es kann nicht erkannt werden, worauf sich dieser Kostenersatz stützen sollte, darüber hinaus wurden die Beschwerden vollinhaltlich abgewiesen und war daher folgerichtig dieser Antrag mangels Rechtsgrundlage als unzulässig zurückzuweisen.

II.3.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben oder der Judikatur zur Verpflichtung, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, abgeht.

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