BVwG W171 1427979-1

BVwGW171 1427979-110.2.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W171.1427979.1.00

 

Spruch:

W171 1427979-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2012, Zl. 11 13.447-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.11.2014 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF. zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist hinsichtlich Spruchpunkt I.-III. gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer reiste am 08.11.2011 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem der Beschwerdeführer jeweils unter Beiziehung eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen wurde, brachte er bei einer Niederschrift vor dem Bundesasylamt am gleichen Tag vor, er sei in der Provinz XXXX in Afghanistan geboren, gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an und sei sunnitischer Moslem. Er habe vom 2001 bis 2007 die Volksschule, danach bis 2010 die Hauptschule und schließlich im Jahr 2011 die allgemeinbildende höhere Schule besucht. Seine letzte Wohnadresse im Heimatland sei im Dorf XXXX, Distrikt XXXX in der Provinz XXXX gewesen. Bei der am gleichen Tag stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte er im Wesentlichen vor, er habe sein Heimatland vor etwa zwei Monaten verlassen. Dabei habe er die Grenze nach Pakistan alleine überquert und in der Statdt XXXX den von seinem Onkel organisierten Schlepper getroffen. Sein namentlich genannter, 44jähriger Onkel lebe in XXXX. Er habe die iranisch-pakistanische Grenze schlepperunterstützt überquert und sei nach Einquartierung in verschiedenen Unterkünften über die Türkei, Griechenland und unbekannte Länder bis ins österreichische Bundesgebiet verbracht worden. Die Kosten der Reise habe er dadurch finanziert, dass er die Grundstücke seiner Familie den Cousins überschrieben habe, welche das Geld für die Schleppung seinem Onkel mütterlicherseits übergeben hätten. Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, sein Vater sei Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes gewesen. Die Taliban hätten ihn der Spionage beschuldigt, weshalb er vor zweieinhalb Monaten von diesen mitgenommen worden sei. Drei Tage nach dem Verschwinden des Vaters hätten die Taliban dem Beschwerdeführer einen Drohbrief geschickt. Dort sei gestanden, dass sie ihn als nächstes holen würden und sie seinen Vater bereits umgebracht hätten. Bei einer Rückkehr befürchte er, von den Taliban getötet zu werden.

In einer Einvernahme beim Bundesasylamt am 14.06.2012 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei gesund, spreche Dari, habe zehn Klassen lang die Schule besucht und könne lesen und schreiben. Er legte ein Unterstützungsschreiben des XXXX vom 23.08.2011 vor, aus dem im Wesentlichen hervorgeht, dass der Beschwerdeführer sich bei diesem Verein sowohl beim Nachwuchstraining als auch als aktiver Spieler stark engagiert. Er sei zuletzt zwei Monate vor seiner Einreise in Afghanistan gewesen. Er stehe nicht in Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Zuletzt habe er zu diesen unmittelbar vor seiner Ausreise Kontakt gehabt, dabei sei er mit seinem Onkel mütterlicherseits in XXXX gewesen. Gefragt, welche Angehörigen noch in Afghanistan leben würden, gab er an, seine Mutter, sein Onkel mütterlicherseits, dessen Ehefrau sowie zwei Cousins und zwei Cousinen würden sich noch dort aufhalten. Er habe keine Geschwister. Sein Vater habe zwei Brüder. Seine Großeltern seien schon verstorben. Sein Onkel mütterlicherseits und seine Mutter würden im Distrikt XXXX in der Provinz XXXX leben. Seine Onkel väterlicherseits hätten sich in XXXX aufgehalten, er wisse nicht, ob sie noch dort seien. Gefragt, ob seine Mutter beim Onkel mütterlicherseits lebe, meinte der Beschwerdeführer: "Ja, vielleicht.". Da seine Mutter sonst niemanden mehr habe, glaube er dies schon - als er weggegangen sei, sei seine Mutter bei diesem Onkel gewesen. Der Onkel sorge jetzt für seine Mutter. Er wisse nicht, was mit seinem Vater sei. In einem Schreiben sei gestanden, dass die Taliban seinen Vater getötet hätten, er wisse es aber nicht genau. Sein Onkel verdiene seinen Lebensunterhalt dadurch, dass er ein Lebensmittelgeschäft in XXXX habe. Seine Familie habe ein Haus in Afghanistan, die Grundstücke seien zur Finanzierung seiner Reise nach Europa verkauft worden. Er wisse nicht, wer sich jetzt um das Haus kümmere. Er habe sich in Afghanistan nie an die Polizei gewandt und dort auch zu niemand anderem Kontakt. Von der Geburt bis zur Ausreise habe er in seinem Heimatdorf in der Provinz XXXX, Distrikt XXXX, gelebt. Drei Tage vor seiner Ausreise sei von seiner Mutter und dem Onkel mütterlicherseits entschieden worden, dass er Afghanistan verlassen solle. Sein Vater habe für den afghanischen Geheimdienst XXXX gearbeitet. Die Frage, ob er sich jemals in XXXX aufgehalten habe, bejahte der Beschwerdeführer und gab an, er sei mit seinem Vater in XXXX gewesen. Sein Onkel mütterlicherseits wohne in der Provinz XXXX, wo jetzt auch seine Mutter wohne. Er selbst habe nicht gearbeitet, sein Vater habe für ihn gesorgt. Er habe in Afghanistan bei einem Verein XXXX gespielt. Sie hätten in Afghanistan ein gutes Leben gehabt, er habe alles bekommen, was er gewollt habe. Wegen der entstandenen Schwierigkeiten habe er seinen Herkunftsstaat verlassen müssen. Vor allem jene Personen, die für die Regierung arbeiten würden, seien in Afghanistan nicht in Sicherheit. Sein Vater habe für den afghanischen Geheimdienst gearbeitet. Regierungsgegner, so auch die Taliban, hätten diesen als Spion bezeichnet. Die Taliban hätten seinem Vater auch ein Drohschreiben geschickt, ihn aufgefordert, seine Arbeit aufzugeben und sich ihnen anzuschließen. Damals habe er von dem Schreiben nichts gewusst. Eines Tages seien die Taliban zu ihnen nachhause gekommen und hätten seinen Vater mitgenommen. Drei bis vier Tage später sei ein Schreiben der Taliban gekommen, in dem gestanden sei, dass sie seinen Vater getötet hätten; wer wieder so einen Schritt wage, würde das Gleiche passieren. Damit sei gemeint gewesen, dass man mit der Regierung arbeite und nicht auf die Taliban höre, sondern sich weigere, sich ihnen anzuschließen. Die Taliban hätten in dem Schreiben auch verlangt, dass sich der Beschwerdeführer ihnen anschließe. Sein Vater sei in XXXX beschäftigt gewesen. Er sei beim Geheimdienst, glaublich beim Ministerium für Inneres, angestellt gewesen. Er wisse es jedoch nicht so genau, sein Vater habe nicht viel erzählt. Er kenne die Funktion, die sein Vater innegehabt habe, nicht. Der Beschwerdeführer sei nicht daheim gewesen, als sein Vater von den Taliban mitgenommen worden sei. Sie seien bei ihnen zuhause gewesen. Man wisse dort nicht, wer Taliban sei und wer nicht. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass maskierte Männer in ihr Haus gekommen seien und seinen Vater mitgenommen hätten. Davor sei ein Drohbrief gekommen, in dem gestanden sei, dass sein Vater seine Arbeit aufgeben und sich den Taliban anschließen solle. Drei bis vier Tage später sei der zweite Drohbrief der Taliban gekommen, in welchem gestanden sei, dass sie seinen Vater getötet hätten und der Beschwerdeführer sich ihnen anschließen solle. Dieser Brief sei in der Nacht vor ihr Haus geworfen worden. Er glaube, dass sein Onkel nach der Entführung seines Vaters bei der Polizei gewesen sei; außerdem seien noch drei Personen vom Geheimdienst zu ihnen gekommen und hätten mit seinem Onkel gesprochen. Er selbst habe Kontakt zu den Taliban gehabt, als er zur Schule gegangen sei, sowie einmal bei einem XXXXspiel. Dabei hätten diese allgemein Angst verbreitet, indem sie herumgeschossen und gesagt hätten, sie dürften nicht mehr XXXX spielen. Letzteres sei vor eineinhalb Jahren im Distrikt XXXX gewesen. Sie hätten nicht auf Spieler gezielt, doch seien sie aus Angst weggegangen. Danach hätten sie nicht mehr dort, sondern auf anderen Plätzen gespielt. Weitere Vorfälle habe es nicht gegeben. Ein- bis zweimal seien Taliban in die Schule gekommen und hätten gesagt, dass die Schüler zu ihnen kommen und den Koran lernen sollten. Ein anderes Mal hätten sie vor der Schule auf Kinder geschossen. Er sei bei diesem Vorfall nicht dabei gewesen, aber jeder wisse davon. Er selbst sei nur über Drohbriefe bedroht worden. Er wisse nicht, seit wann sein Vater die Probleme gehabt habe. Die Taliban hätten seinen Vater, der seine Arbeit nicht beendet und sich den Taliban nicht angeschlossen habe, entführt, um zu zeigen, dass sie es ernst meinen würden. Er wisse nicht, was die Taliban von seiner Mitarbeit gehabt hätten. Vielleicht hätten diese gedacht, dass der Beschwerdeführer auch einmal wie sein Vater zum Geheimdienst gehe. Nach Erhalt des zweiten Briefes habe es keine Vorfälle mehr gegeben, er sei ja drei bis vier Tage danach geflüchtet. Er habe keine weiteren Probleme im Heimatland gehabt. Bei einer Rückkehr habe er Angst, umgebracht zu werden. Auf Vorhalt, dass er nach XXXX ziehen könne, wo er Arbeit finden könnte und von seinem Onkel, der dort ein Geschäft betreibe, unterstützt werden könnte, meinte der Beschwerdeführer, was die Taliban in XXXX machen würden, könnten sie auch in XXXX machen. Nach Angebot der Übersetzung der Länderfeststellungen zu Afghanistan meinte der Beschwerdeführer, verzichte darauf, er kenne die Situation dort.

Auf dieser Grundlage erließ das Bundesasylamt den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.06.2012, Zl. 11 13.447-BAW, in welchem die Behörde davon ausging, dass dem Beschwerdeführer weder Asyl (Spruchpunkt I.), noch subsidiärer Schutz (Spruchpunkt II.) zu gewähren sei und die Ausweisung in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Spruchpunkt III.) ausgesprochen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen habe können. Er sei deshalb keinesfalls in der Lage gewesen, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem Konventionsgrund glaubhaft zu machen. Aus seinen individuellen Verhältnissen lasse sich auch keine Gefährdung iSd § 8 AsylG ableiten. Zwar sei die Sicherheits- und Versorgungslage in bestimmten Provinzen als nicht zufriedenstellend zu beurteilen, doch verfüge er über finanzielle Mittel (Haus in Familienbesitz, Lebensmittelgeschäft des Onkels in XXXX) und habe seine Familie auch vor seinem Verlassen Afghanistans für seinen Lebensunterhalt gesorgt. Der Beschwerdeführer könne sich in der Provinz XXXX bei seinen Familienangehörigen (Mutter, Onkel) niederlassen. Dieses Gebiet werde durch die Regierung kontrolliert und sei als hinreichend sicher einzustufen, weshalb es ihm zumutbar sei, bei einer Rückkehr mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen und sich allenfalls in XXXX eine Existenz aufzubauen. Aus der Lage in XXXX ergebe sich, dass er als erwachsene, arbeitsfähige, gesunde Person, die über ein soziales Netzwerk verfüge und eine ausgezeichnete Schulausbildung absolviert habe, in der Lage sei, für sein Auslangen zu sorgen. Der im Zuge der Ausweisung mögliche Eingriff in seine durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte sei jedenfalls gerechtfertigt.

1.2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. und führte zusammengefasst aus, er sei aufgrund der Tätigkeit seines Vaters als Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes verschleppt und in der Folge von den Taliban bedroht worden, dass er entführt und umgebracht werde. Die belangte Behörde habe ihr Verfahren mit Mangelhaftigkeit belastet, indem sie es unterlassen habe, sein Vorbringen durch spezifische Fragen zu verifizieren. Seine Angaben bei der belangten Behörde würden sich inhaltlich voll decken und seien in keiner Weise widersprüchlich. Es sei unhaltbar, ihm Unglaubwürdigkeit anzulasten, weil er nicht mehr über die Tätigkeit seines Vaters wisse. Dieser sei beim Geheimdienst der Regierung in der Hauptstadt XXXX tätig gewesen und sei jeden Tag dorthin gefahren. Um sie zu schützen, habe er nie mehr von seiner Tätigkeit erzählt. Im Weiteren wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers gerafft wiederholt. Bei dem Vorfall beim XXXX hätten die Taliban sie alle bedroht, aber natürlich auch den Beschwerdeführer als Individuum. Aus der Begründung der belangten Behörde seien die Entscheidungsgründe nicht erkennbar. Unhaltbar sei die Auffassung, dass es sich bei der ihm drohenden Verfolgungshandlung um keine solche im Sinne der GFK handle. Mangelhaft sei auch die Beurteilung hinsichtlich § 8 AsylG: Soweit von einer innerstaatlichen Fluchtalternative in XXXX ausgegangen werde, müsse dem entgegengehalten werden, dass er in keinem Teil Afghanistans wirklich sicher sei. Darüber hinaus habe er keine Familienangehörigen, die in XXXX leben würden. Entgegen den Bescheidausführungen habe er angegeben, dass sein Onkel in der Provinz XXXX lebe. Daraus zeige sich, dass sich die Behörde mit seinem Fall nicht im Geringsten auseinandergesetzt hat. Er habe keine Familie in XXXX und könne auf kein soziales Netz dort zurückgreifen. Auch in einer anderen Region Afghanistans sei er nicht in der Lage, sich alleine eine Existenz aufzubauen. In seine Heimatprovinz könne er nicht zurückkehren, da die Taliban ihn dort finden könnten. Eine Abschiebung sei nach Art. 3 EMRK unzulässig. Die Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung erschöpfe sich in allgemeinen Ausführungen, bei richtiger Prüfung wäre die belangte Behörde im Ergebnis zu einer Verletzung seines Rechts auf Privat- und Familienlebens gekommen. Er sei seit November 2011 in Österreich und versuche sich bestens sozial, beruflich und sprachlich zu integrieren. Er besuche zweimal wöchentlich einen Deutschkurs, spiele in seiner Freizeit XXXX im XXXX und habe sich einen großen Freundeskreis aufgebaut.

1.3. Mit Schreiben vom 28.10.2013 wurden eine Anmeldebestätigung zu einem Lehrgang hinsichtlich einer Weiter- bzw. Ausbildung im Bereich Medien, Kunst und Kultur sowie die Bestätigung der Teilnahme an einem Grundkurs "Medienmodul I" dem Gericht vorgelegt.

Mit Schreiben vom 06.02.2014 wurden Bestätigungen vom 19.12.2013 (Mithilfe bei Pump- und Aufräumarbeiten nach Hochwasser am 05. und 06.06.2013), vom 25.11.2013 (Absolvierung Medienmodul II), vom 28.01.2014 (Medienmodul IV) sowie vom 28.01.2014 (Medienmodul Grundkurs) übermittelt.

Mit Schreiben vom 23.05.2014 wurde ein Vereinsregisterauszug übermittelt, aus welchen hervorgeht, dass der Beschwerdeführer mit einer weiteren Gründerin per 25.02.2014 einen XXXX gründete.

1.4. In einer am Bundesverwaltungsgericht am 25.11.2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschwerdeführers, Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, in die bereits im Verfahren vorgelegten Urkunden und durch Einsicht in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts. Der Beschwerdeführer brachte hiebei im Wesentlichen vor, er sei in XXXX, Afghanistan, geboren, ledig, sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Pashtunen an. Er habe keine Berufsausbildung, sei aber zur Schule gegangen und habe die 10. Klasse abgeschlossen. Die

11. Klasse habe er dann begonnen, aber nicht abgeschlossen. Er sei gesund, habe derzeit etwas Husten und nehme deshalb Medikamente ein. Er habe in seiner Zeit in Österreich auch Probleme mit Kopfschmerzen gehabt, momentan nehme er diesbezüglich aber keine Medikamente. Sein Vater sei seinerzeit von den Taliban mitgenommen worden und sei nun unbekannten Aufenthaltes. Es stehe die Vermutung nahe, dass er nicht mehr am Leben sei. Seine Mutter sei gemeinsam mit ihrem Bruder, seinem Onkel mütterlicherseits, und dessen Familie in Pakistan, glaublich in XXXX. Sein Vater habe drei Brüder gehabt, die bereits verstorben seien. Die Kinder dieser Brüder kenne er nicht. Seine Mutter habe nur einen Bruder, den bereits erwähnten Onkel, und vier Schwestern. Eine Schwester wohne in XXXX und die andere in der Provinz XXXX. Wo sich die weiteren beiden Schwestern seiner Mutter aufhielten, könne er nicht sagen. Seine Familie habe ein Haus in XXXX und daneben auch noch ein halbfertiges Haus. Das halbfertige Haus sei nach dem Verschwinden seines Vaters verkauft worden, ob bzw. wer im Elternhaus nun lebe, könne er nicht sagen. Sie hätten in der Gegend ihres Hauses einen Teich, einen Bach und auch ein kleines Feld wo sie Landwirtschaft betrieben hätten. Dieses Feld hätten sie jedoch verkauft um seine Ausreise zu finanzieren. Sein Onkel habe ihm Geld für die Ausreise gegeben und hernach das Grundstück verkauft. Er könne nicht sagen, wie hoch der Erlös des Feldes gewesen sei bzw. wie viel Geld sein Onkel für seine Ausreise ausgegeben habe. Er stehe nur mit seiner Mutter in Kontakt und das ganz wenig, nämlich einmal im Monat per Telefon. Sein Onkel habe ein Handy. Seine Mutter schreibe dem Beschwerdeführer dann kurz ein SMS und er rufe sie dann auf dem Handy des Onkels zurück. Das letzte Mal habe er vor einer Woche telefoniert. Seiner Mutter gehe es gut. Sonst habe er mit niemandem Kontakt. Seine Eltern hätten ein neues Haus gebaut, da sie als Familie in das neue Haus übersiedeln hätten wollen. Was mit dem alten Haus dann passiert wäre, wisse er nicht, glaublich sei es einfach stehengeblieben. Gefragt, weshalb seine Mutter nunmehr in Pakistan sei, meinte der Beschwerdeführer, das Leben und die Mieten in Afghanistan seien teuer (Anm.: "hoch") und deswegen seien sie nach Pakistan gegangen. Seine Mutter sei zu 100% abhängig von seinem Onkel. Dieser habe vier Jahre lang in einem gemieteten Haus in der Provinz XXXX in der Ortschaft XXXX gelebt. Er sei dann für ein paar Monate nach XXXX Stadt, wo er auch die ganze Zeit über sein Geschäft (Lebensmittelgeschäft) gehabt habe, gezogen. Er wisse nicht, wann sein Onkel und seine Mutter dann von XXXX Stadt nach Pakistan gezogen seien. Auf weiteres Nachfragen des vorsitzenden Richters, dass er ja monatlich Kontakt habe und es daher nicht plausibel erscheine, dass er sich nicht erinnern könne, wann diese Nachricht gekommen sei, gab er an, er könne es noch immer nicht genau sagen, er glaube, es sei etwa zweieinhalb Jahre her. Er sei niemals im Lebensmittelgeschäft meines Onkels gewesen, sein Onkel sei sie in XXXX besuchen gekommen. Er könne nicht genau sagen, wann seine Mutter wo gewesen sei, es sei jedoch so, dass seine Mutter seit seiner Ausreise immer dort gewesen sei, wo sich auch sein Onkel befunden habe. Sein Onkel habe, als er nach XXXX Stadt gegangen sei, ein kleines Haus gemietet. Sein Onkel sei seinerzeit von XXXX weggegangen, weil er nicht weiter pendeln habe wollen. Er könne nicht genau sagen, was nun mit dem kleinen Lebensmittelgeschäft sei, vielleicht habe er es verkauft. Auf Vorhalt, dass der Onkel, auch wenn er nur ein kleines Lebensmittelgeschäft gehabt habe, dennoch als Kaufmann durchaus kalkulieren hätte können, dass sich die teure Miete mit dem Erlös aus seinem Geschäft nicht ausgehen werde, und dass es nicht plausibel erscheine, dennoch mit der ganzen Familie nach XXXX zu gehen, obwohl man die Miete nicht aufbringen könne, führte der Beschwerdeführer aus, es sei so gewesen, dass er nach XXXX gegangen sei und gesehen habe, es gehe sich nicht aus. Er habe dann nach Pakistan gemusst. Er glaube zu wissen, dass er dort im Großhandel Früchte kaufe und sie dann weiterverkaufe. Er wisse nicht, ob der Onkel ein Fahrzeug habe. Neuerlich zu den Brüdern seines Vaters befragt, gab der Beschwerdeführer an, die beiden älteren Brüder habe er nie kennengelernt, sie seien bereits verstorben bevor er geboren gewesen sei. Der dritte Bruder habe im Zuge des Krieges eine Beinamputation über sich ergehen lassen, er sei ca. vor vier Jahren verstorben. Auf Vorhalt seiner Angabe beim Bundesasylamt, dass er zwei Onkel väterlicherseits habe, die sich in XXXX aufgehalten hätten, und er nunmehr angegeben habe, drei bereits verstorbene Onkel zu haben, meinte er, möglicherweise habe man ihn falsch verstanden oder es liege ein Übersetzungsfehler vor. Es könne sein, dass seine Cousins (die Kinder seiner verstorbenen Onkel) sich im Bereich XXXX aufhalten könnten. Der Beschwerdeführer gab an, dass er seinerzeit in der Befragung nur von Cousins bzw. Cousinen gesprochen habe, da die Onkel ja verstorben gewesen seien. Es sei ihm damals nach Verfassen der Beschwerdeschrift nicht übersetzt worden, was in dieser stehe. Zur Tätigkeit seines Vaters befragt, gab er an, zur Zeit der Taliban habe dieser nicht gearbeitet. Als dann Karzai an die Macht gekommen sei, habe er für die Regierung gearbeitet. Er vermute, sein Vater habe damals in der Geheimpolizei gearbeitet. Er habe eine kleine Pistole gehabt und keine Uniform getragen. Er habe sehr unregelmäßig gearbeitet und sei dazwischen vielleicht in XXXX geblieben. In XXXX habe er ein Dienstfahrzeug gehabt, nach XXXX sei er nicht mit dem Auto gefahren. Er sei damals von XXXX unterschiedlich nach XXXX gereist, einmal mit dem Taxi oder auch mit dem Privatauto. Sein Vater habe mittelmäßig verdient, für ihre kleine Familie sei es ausreichend gewesen. Sein Vater habe ihm erzählt, dass die Taliban ihn einmal abhalten gewollt hätten, weiter für die Regierung zu arbeiten, seine Mutter habe ihm erzählt, dass es hier auch einen Brief in dieser Hinsicht gegeben habe. Er wisse nicht, wo sich dieser Brief jetzt befinde. Von der Mutter wisse er, dass die Nachbarn versucht hätten auf seinen Vater einzuwirken, seine Tätigkeit für die Regierung einzustellen und sich den Taliban anzuschließen. Eines Tages seien Männer der Taliban maskiert bei ihnen erschienen und hätten seinen Vater mitgenommen. Er sei damals nicht zu Hause gewesen, wahrscheinlich habe er XXXX gespielt. Er sei damals am Abend nach Hause gekommen und sein Vater sei nicht mehr da gewesen. Das sei glaublich im Herbst oder zu Winterbeginn gewesen. Seine Mutter habe die Entführer selbst gesehen. Sein Onkel mütterlicherseits sei dann spät in der Nacht aus dem Geschäft in XXXX zu ihnen gekommen und sei drei oder vier Nächte bei ihnen geblieben. Etwa nach drei oder vier Tagen hätten die Taliban in der Nacht einen Brief vor ihre Tür gelegt. Den Brief habe seine Mutter in der Früh gefunden, sein Onkel habe ihn geöffnet und gelesen. Der Brief sei in Pashtu abgefasst gewesen, er habe ihn auch selbst gelesen. Der Brief befinde sich glaublich bei seiner Mutter. Er habe bisher nicht daran gedacht, diesen Brief vorzulegen, vielleicht habe seine Mutter ihn auch gar nicht behalten, weil es etwas Unangenehmes sei. Zwei Tage nachdem sie diesen Brief erhalten hätten, seien sein Onkel und seine Mutter nach XXXX und der Beschwerdeführer nach Österreich gereist. Er sei dann über XXXX und von dort aus mit einem Schlepper, den sein Onkel organisiert habe, über XXXX dann nach Österreich gekommen. Sein Onkel habe den Schlepper gekannt und mit ihm vereinbart, dass zuerst der Beschwerdeführer außer Landes gebracht werde und sein Onkel dann aus dem Erlös des Verkaufes des Grundstückes den Schlepperlohn bezahlen würde. Auf Vorhalt des Richters, dass es höchst unwahrscheinlich sei, dass ein Schlepper ohne Geld zu erhalten arbeite, meinte er, sein Onkel habe den Schlepper gekannt und sein Wort habe gegolten. In dem Brief, den sie erhalten hätten, sei gestanden, dem Beschwerdeführer würde das gleiche Schicksal wie seinem Vater blühen, wenn er sich nicht den Taliban anschließe. Da er es nicht in Erwägung gezogen habe, sich den Taliban anzuschließen, die doch auch höchstwahrscheinlich seinen Vater ermordet hätten, habe er keine andere Möglichkeit gehabt, außer, das Land zu verlassen. Auf Frage des vorsitzenden Richters nach allfälligen Beweismitteln zur Tätigkeit seines Vaters, meinte der Beschwerdeführer, dass er damals gar nicht daran gedacht habe, dass er so etwas hier brauchen könnte und jetzt schon sehr viel Zeit vergangen sei. Irgendeine Bereitschaft, sich zu bemühen Beweismittel nach Österreich zu bringen, war nicht erkennbar. Gefragt, ob er in XXXX Stadt leben könnte, falls sein Onkel weiter das Geschäft dort betreiben würde, gab er an, es gebe dort keine Sicherheit, dort sei es sehr schwer, es würden dort schon sehr viele Leute leben. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Vorlage von Beweismittel wie etwa Drohbriefe oder Unterlagen über die Geheimdiensttätigkeit gab er an, seine Mutter und er hätten ihr Haus verlassen ohne etwas mitzunehmen, sie hätten auch nicht daran gedacht, dass so etwas wichtig sein könnte. Auf Vorhalt, dass es plausibel klinge, dass er bei seiner Ausreise aus Afghanistan keine wesentlichen Gepäckstücke mitnehmen habe können, dies jedoch nicht für seine Mutter, die lediglich nach XXXX verzogen sei, gelten könne, gab er an, seine Mutter sei Analphabetin, sie habe eben auch nicht gewusst, dass das wichtig sein könnte. Auf Vorhalt, dass auch einer Analphabetin klar sei, dass Urkunden mitunter im Leben wichtig sein könnten, hielt der Beschwerdeführer daran fest, dass seine Mutter das nicht in Betracht gezogen habe. Es sei für ihn in Afghanistan nicht leicht gewesen sei und nun auch in Österreich nicht. Er sei ein sehr professioneller

XXXX und werde ihm hier in Österreich aufgrund seiner Unterbringung in einer näher bezeichneten Ortschaft die Möglichkeit nicht gegeben, auf den Bereich des XXXX weiterzukommen. Er selbst wolle auch wieder einmal mit seiner Mutter Kontakt haben, er akzeptiere aber, dass das momentan nicht möglich sei.

Erörtert wurden die der künftigen Entscheidung zugrunde zu legenden Länderfeststellungen hinsichtlich des Herkunftstaates des Beschwerdeführers, die der Ladung zur Stellungnahme übersandt wurden. Zusätzlich zu diesen Länderfeststellungen wurden das Anfrageergebnis vom 28.08.2014 hinsichtlich der Sicherheitslage und Rückkehrmöglichkeit in die Teilprovinz XXXX, aus denen sich im Wesentlichen ergibt, dass die Sicherheitslage in der Provinz XXXX im Allgemeinen nicht gut ist, obwohl sie in manchen Bezirken als stabil zu bezeichnen sei. Weiters wurden auch die hierzu korrespondierenden Teile auszugsweise aus der aktuellen Länderinformation der Staatendokumentation vom 19.11.2014 zur Provinz XXXX verlesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1 Der Beschwerdeführer besitzt nach eigenen Angaben die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Er stammt aus einer Ortschaft in der Provinz XXXX. Seine Mutter und sein Onkel mütterlicherseits halten sich in der Stadt XXXX auf.

Der Beschwerdeführer ist gesund, im erwerbsfähigen Alter und verfügt über eine langjährige Schulausbildung.

Der Beschwerdeführer war vor seiner Flucht keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt und konnten von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft gemacht werden. Es konnte vom Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft vermittelt werden, dass er im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative zur Verfügung.

Zum Heimatstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein

Laut dem US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) ist Afghanistan eine islamische Republik, die Einwohnerzahl wird auf zwischen 24 und 32 Millionen geschätzt (USDOS, 8. April 2011, Introduction). Das Land ist dem Integrated Regional Information Network (IRIN) zufolge seit drei Jahrzehnten Schauplatz bewaffneter Konflikte, im Zuge derer hunderttausende Menschen getötet wurden und Millionen von AfghanInnen emigrierten (IRIN, 15. Juli 2010).

Quellen:

IRIN - Integrated Regional Information Network: The best way to ensure NGO staff safety?, 15. Juli 2010 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 142680] http://www.ecoi.net/local_link/142680/257459_de.html

USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2010 - Afghanistan, 8. April 2011 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 158210] http://www.ecoi.net/local_link/158210/275144_de.html

Sicherheitslage

Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan

Human Rights Watch (HRW) erwähnt in seinem Jahresbericht vom Jänner 2014, dass die Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahlen im April 2014 von Schwierigkeiten begleitet wurden: ein schleppender Beginn der WählerInnenregistrierung, Verzögerungen bei der Verabschiedung notwendiger Rechtsvorschriften, Uneinigkeit bei der Besetzung der Unabhängigen Wahlkommission und der Wahlbeschwerdekommission, eine geringe Rate von registrierten Wählerinnen sowie Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte, am Wahltag für Sicherheit zu sorgen. (HRW, 21. Jänner 2014) Das Nachrichtennetzwerk Women News Network (WNN) berichtet, dass trotz Einschüchterungen, Drohungen, Gewalt und 39 Selbstmordanschlägen in den 8 Wochen vor den Präsidentschafts- und Provinzratswahlen vom 5. April 2014, die Wahlbeteiligung 60 Prozent erreicht hat. Verschiedenen Nachrichtenquellen zufolge wurden nach den Präsidentschaftswahlen mehr als 3.000 Beschwerden eingebracht (WNN, 8. April 2014).

In einem Artikel vom April 2014 berichtet IRIN, dass die UNO in den drei Monaten, die dem Beginn des Wahlkampfes im Februar 2014 vorausgegangen sind, landesweit mehr als 4.600 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet hat. Dies stellt einen 24-prozentigen Anstieg der Gewalt im Vergleich zum selben Zeitraum ein Jahr zuvor dar (IRIN, 2.4.2014).

Die Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) erwähnt in einem Artikel über die Präsidentschaftswahlen vom 5. April 2014, dass die Taliban angegeben haben, landesweit fast 1.088 Angriffe auf Wahllokale und Fahrzeuge, die Stimmzettel, Wahlmaterialien und Wahlurnen transportierten, verübt zu haben. Das afghanische Innenministerium hat nach eigenen Angaben nur 690 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Wie der Artikel anführt, haben die Wahlen, anders als in den unsicheren ländlichen Gebieten des Landes, in Städten in relativer Sicherheit stattgefunden und die Wahlbeteiligung lag dort höher (IPS, 17.4. 2014). Der UNO-Generalsekretär schreibt in einem Bericht vom Juni 2014, dass die Vereinten Nationen im Zeitraum vom 1. März bis 31. Mai 2014 insgesamt 5.864 Sicherheitsvorfälle mit Relevanz für die Arbeit, Mobilität und Sicherheit ziviler AkteurInnen in Afghanistan verzeichnet haben. Dies stellt einen 22- prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dar. Die große Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle wird vor allem auf Operationen der afghanischen Sicherheitskräfte im Zusammenhang mit den Wahlen und Versuche der Taliban, den Wahlprozess zu stören, zurückgeführt.

3.917 der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Besonders erwähnenswert ist dem UNO- Generalsekretär zufolge die Zunahme der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Osten Afghanistans, wo neben den Operationen der Taliban und bewaffneter Flügel der Hezb-e-Islami auch regelmäßige Angriffe durch mehrere al-Qaida-Verbündete, darunter die Tehrik-e-Taliban Pakistan, Laschkar e- Taiba, Laschkar-e-Jhangvi und die Islamische Bewegung Usbekistan, auf afghanische Sicherheitskräfte verübt werden (UNGA, 18.6.2014, S. 5-6). Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) führt in ihrem Halbjahresbericht zum Schutz von ZivilistInnen im bewaffneten Konflikt vom Juli 2014 an, dass der bewaffnete Konflikt in Afghanistan im ersten Halbjahr 2014 eine für ZivilistInnen gefährliche Wendung genommen hat. Zum ersten Mal seit 2009, als UNAMA begonnen hat, zivile Opfer systematisch zu dokumentieren, sind mehr ZivilistInnen bei Bodenkämpfen und Kreuzfeuer zwischen regierungsfeindlichen Elementen und afghanischen Sicherheitskräften getötet oder verletzt worden als durch irgendeine andere Taktik. In vorangegangenen Jahren wurden die meisten ZivilistInnen durch unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen getötet oder verletzt. Der Bericht führt weiters an, dass im Zeitraum zwischen 1. Jänner und 30. Juni 2014 insgesamt 4.853 zivile Opfer (1.564 Todesopfer und 3.289 Verletzte) dokumentiert wurden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stellt dies einen 24-prozentigen Anstieg dar. (UNAMA, Juli 2014, S. 1)

Quellen:

HRW - Human Rights Watch: World Report 2014 - Afghanistan, 21. Jänner 2014 verfügbar auf ecoi.net) [ID 267709] http://www.ecoi.net/local_link/267709/395071_de.html

IPS - Inter Press Service: Afghanistan Turns a Political Corner, 17.4.2014,

http://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-turns-political-corner

IRIN - Integrated Regional Information Network: Concern over polling in Afghan schools and clinics, 2.4. 2014, http://www.ecoi.net/local_link/273158/402142_de.html

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan; Mid-Year Report 2014; Protection of Civilians in Armed Conflict, Juli 2014, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1404997194_unama-mid-year.pdf

UNGA - UN General Assembly: The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security [A/68/910-S/2014/420], 18.6. 2014, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1403693685_n1442913.pdf

WNN - Women News Network: Afghan women opt for change through democracy, 8.4.2014,

http://womennewsnetwork.net/2014/04/08/afghan-women-democracy/

Aufständische Gruppen:

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) verwendet in ihren Berichten den Begriff "regierungsfeindliche Elemente" für alle Einzelpersonen und bewaffneten Gruppen, die sich am bewaffneten Konflikt oder bewaffneten Widerstand gegen die afghanische Regierung und/oder die internationalen Truppen beteiligen. Dazu zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani-Netzwerk, Hezb-e-Islami, die Islamische Bewegung Usbekistan, die Islamische Dschihad-Union, Laschkar e-Taiba und Jaish-e Mohammed. (UNAMA, Februar 2014, pp. xi-xii)

Laut dem US-amerikanischen Congressional Research Service (CRS) stellen die Taliban, die zumindest nominell größtenteils Mullah Muhammad Umar, dem Anführer des Taliban Regimes in den Jahren 1996 bis 2001, treu sind, nach wie vor den Kern der Widerstandsbewegung dar. Berichten zufolge operieren Umar und seine wichtigsten Gehilfen von Pakistan aus. (CRS, 17. Jänner 2014, S. 13)

Ein weiterer bedeutender Anführer von Aufständischen ist Gulbuddin Hekmatyar, der die Hezb-e-Islami-Gulbuddin (HIG) anführt. Die HIG ist gegenwärtig ideologisch und politisch mit den Taliban verbündet, auch wenn es gelegentlich zu Konfrontationen mit Mitgliedern der Taliban in den Gebieten, in denen die HIG am aktivsten ist (nördlich und östlich von Kabul gelegene Provinzen), gekommen ist. Dem CRS zufolge hat sich die HIG bislang hauptsächlich auf öffentlichkeitswirksame Angriffe ("high-profile attacks") fokussiert. (CRS, 17. Jänner 2014, S. 15)

Als weitere aufständische Gruppe nennt das CRS das von Jalaludin Haqqani gegründete Haqqani-Netzwerk, bei dem davon ausgegangen wird, dass es al-Qaida näher steht als den Taliban. Das Netzwerk verdient Geld, indem es legale und illegale Geschäfte in Pakistan und in der Region um den Persischen Golf betreibt und Teile der afghanischen Provinz Chost kontrolliert. Wie das CRS weiters berichtet, hat das Haqqani-Netzwerk Angriffe auf mehrere indische Ziele in Afghanistan verübt, von denen sich die meisten außerhalb der im Osten Afghanistans gelegenen Hauptoperationsbasis des Netzwerks befunden haben. (CRS, 17. Jänner 2014, S. 15-16)

Laut CRS schätzen US-amerikanische RegierunsgvertreterInnen die Zahl der al-Qaida-Kämpfer in Afghanistan auf 50 bis 100. Diese operieren mehrheitlich in den Provinzen im Osten Afghanistan, wie z.B. Kunar. Einige dieser Kämpfer gehören zu al-Qaida-Verbündeten, wie der Islamischen Bewegung Usbekistan, die in den Provinzen Faryab und Kundus aktiv ist. (CRS, 17. Jänner 2014, S. 14)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet. (UNGA, 5. März 2013, S. 5)

Das ANSO führt in einem Bericht vom April 2013 an, dass die Anzahl der von bewaffneten Oppositionsgruppen in den ersten 3 Monaten des Jahres 2013 verübten Angriffe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 47 Prozent angestiegen ist. Nach Einschätzung des ANSO ist angesichts der Stabilität der saisonalen Konflikttrends (geringe Konfliktintensität im Winter und starker Anstieg im Sommer) davon auszugehen, dass die erneute Eskalation des Konflikts während der gesamten Saison anhält und die Gewalt im Jahr 2013 das zweithöchste Niveau nach 2010 erreicht. Die Anzahl der Angriffe bestätigt außerdem, dass der Rückgang der Gewalt im vergangenen Jahr kein Anzeichen einer dauerhaft verminderten Kampffähigkeit der bewaffneten Oppositionsgruppen gewesen ist. Vielmehr handelte es sich um eine operationelle Pause, die möglicherweise durch den strengen Winter 2011/12 bedingt war und mittlerweile beendet wurde. Das ANSO berichtet weiters, dass die bewaffneten Oppositionsgruppen weiterhin zunehmend afghanische Ziele angreifen. So haben in den ersten 3 Monaten des Jahres 2013 insgesamt 73 Prozent aller von den bewaffneten Oppositionsgruppen verursachten sicherheitsrelevanten Vorfälle auf die afghanischen Sicherheitskräfte abgezielt. Weitere 10 Prozent zielten auf ZivilistInnen, die mit der Regierung in Verbindung standen bzw. denen eine solche Verbindung vorgeworfen wurde. (ANSO, April 2013, S. 9)

In einem Bericht vom Juni 2013 erwähnt der UNO-Generalsekretär, dass im Zeitraum vom 16. Februar bis 15. Mai 2013 insgesamt 4.267 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. 7o Prozent der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Im Osten des Landes ist es zu einem Zustrom von Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badachschan und einem 18-prozentigen Anstieg der Anzahl der Vorfälle gekommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen und unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen machten weiterhin die Mehrzahl der Vorfälle aus. (UNGA, 13. Juni 2013, S. 5)

Der afghanische Innenminister Umer Daudzai hat laut einem Anfang September 2013 veröffentlichten Artikel von AlertNet bekannt gegeben, dass seit März 2013 insgesamt 1.792 PolizistInnen getötet wurden - die meisten durch am Straßenrand platzierte Bomben. Die gleiche Anzahl an PolizistInnen war in den 12 vorangegangenen Monaten ums Leben gekommen. (AlertNet, 2. September 2013)

In einem im September 2013 erschienenen Bericht des UNO-Generalsekretärs wird erwähnt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die meisten Operationen durchführen und ihre Opferzahl deutlich angestiegen ist. Berichten zufolge wurden im zweiten Quartal des Jahres 2013 mehr als 3.500 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte bei Kampfhandlungen verletzt oder getötet. Am 1. Juli 2013 hat der afghanische Innenminister bekannt gegeben, dass zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2013 insgesamt 299 PolizistInnen getötet wurden. Dabei handelt es sich um einen 22-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. (UNGA, 6. September 2013, S. 5)

Im selben Bericht wird angeführt, dass im Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2013 insgesamt 5.922 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 11-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen 21-prozentigen Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2011 dar. Laut Bericht haben die Aufständischen ihren Schwerpunkt unter anderem auf Angriffe auf Sicherheitskontrollpunkte und Stützpunkte gelegt, die von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden. Generell wirkungsvoller Widerstand durch die afghanischen Sicherheitskräfte hat sich auf den Schutz von wichtigen städtischen Zentren, Verwaltungszentren von Distrikten und strategisch wichtigen Transportrouten fokussiert. Die Mehrheit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (69 Prozent) ereignete sich weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. (UNGA, 6. September 2013, S. 6)

In seinem an den UNO-Sicherheitsrat (UNSC) übermittelten Bericht vom November 2013 schreibt der UNO-Generalsekretär, dass die Zahl der im ersten Halbjahr 2013 durch den bewaffneten Konflikt getöteten oder verletzten ZivilistInnen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich angestiegen ist. Die Zahl der Todesopfer stieg um 14 Prozent (1.319 Todesopfer) und die der Verletzten um 28 Prozent (2.533 Verletzte). Als Gründe führt der Bericht eine vermehrte Nutzung unkonventioneller Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie eine größere Opferzahl durch Bodengefechte an. Die Zahl der im ersten Halbjahr 2013 getöteten oder verletzten Frauen stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 61 Prozent, die der getöteten oder verletzten Kinder um 30 Prozent. (UNSC, 22 November 2013, S. 2)

Dem UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan zufolge hat die UNO in den ersten 11 Monaten des Jahres 2013 insgesamt 2.730 bei Angriffen getötete und 5.169 verletzte ZivilistInnen verzeichnet. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dar. Der Sonderbeauftragte teilte außerdem mit, dass "zunehmende Konflikte" in zuvor ruhigeren Provinzen im Westen und Norden Afghanistans "zu einiger Besorgnis geführt haben". (RFE/RL, 18. Dezember 2013)

Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) schreibt in einem Artikel vom Dezember 2013, dass das Jahr 2013 wahrscheinlich das gewaltreichste seit 2001 gewesen ist. Die Taliban haben zunehmend versucht, Distriktzentren, vor allem in peripheren Gebieten, zu erobern und die Fähigkeiten der afghanischen Sicherheitskräfte zu testen. Offiziellen afghanischen Quellen zufolge befinden sich nur 5 der 416 Distriktzentren unter der permanenten Kontrolle der Taliban, allerdings reicht die Kontrolle der Regierung in vielen weiteren Distriktzentren kaum über die unmittelbaren Grenzen der Zentren hinaus. Im Oktober 2013 berichtete das Wall Street Journal, dass die Kontrolle der Regierung in dem wichtigen Distrikt Maiwand im Süden Afghanistans 2 Kilometer außerhalb des Distriktzentrums endet. Die Situation in anderen wichtigen Distrikten ist ähnlich. So haben die Taliban im Distrikt Chahrdara in der Provinz Kundus nach dem Abzug der zusätzlichen US-Nachschubtruppen ("additional US ‚surge' forces") fast überall die Kontrolle zurückerobert. (Ruttig, 30. Dezember 2013)

Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) schreibt in ihrem Jahresbericht zum Schutz von ZivilistInnen im bewaffneten Konflikt vom Februar 2014, dass sie im Jahr 2013 insgesamt 8.615 zivile Opfer (2.959 Todesopfer und 5.656 Verletzte) dokumentiert hat und dies einen 14-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als die Zahlen zurückgegangen waren, darstellt. Für 74 Prozent der zivilen Opfer waren laut UNAMA regierungsfeindliche Elemente, für 11 Prozent regierungstreue Kräfte und für 10 Prozent Bodenkämpfe zwischen beiden Seiten verantwortlich. Die restlichen 5 Prozent konnten keiner Konfliktpartei zugeordnet werden. Der Hauptgrund für den Anstieg der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2013 war der Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente, insbesondere in von ZivilistInnen bewohnten oder frequentierten Gebieten. Laut UNAMA wurde 2013 die höchste Zahl getöteter und verletzter Frauen und Kinder seit 2009 dokumentiert. (UNAMA, Februar 2014, S. 1-2) Der UNO-Generalsekretär schreibt in seinem Bericht vom März 2014, dass die UNO im Jahr 2013 insgesamt 20.093 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert hat und das Jahr somit das zweitgewaltreichste seit 2001 gewesen ist. 70 Prozent der Vorfälle wurden aus dem Osten, Südosten und vor allem Süden des Landes berichtet. Im Laufe des Jahres 2013 haben sich in den Provinzen im Osten und Süden verstärkte Angriffe verschiedener Gruppen, darunter der afghanischen Taliban, der Tehrik-e-Taliban, der Lashkar-e-Tayyiba und der Lashkar-i-Jhangvi, ereignet. Im Norden Afghanistans hat die Islamische Bewegung Usbekistan weiterhin in entlegenen und bergigen Distrikten operiert. (UNGA, 7. März 2014, S. 4) 2014

In einem Artikel vom April 2014 berichtet IRIN, dass die UNO in den drei Monaten, die dem Beginn des Wahlkampfes im Februar 2014 vorausgegangen sind, landesweit mehr als 4.600 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet hat. Dies stellt einen 24-prozentigen Anstieg der Gewalt im Vergleich zum selben Zeitraum ein Jahr zuvor dar. (IRIN, 2. April 2014)

Die Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) erwähnt in einem Artikel über die Präsidentschaftswahlen vom 5. April 2014, dass die Taliban angegeben haben, landesweit fast 1.088 Angriffe auf Wahllokale und Fahrzeuge, die Stimmzettel, Wahlmaterialien und Wahlurnen transportierten, verübt zu haben. Das afghanische Innenministerium hat nach eigenen Angaben nur 690 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Wie der Artikel anführt, haben die Wahlen, anders als in den unsicheren ländlichen Gebieten des Landes, in Städten in relativer Sicherheit stattgefunden und die Wahlbeteiligung lag dort höher. (IPS, 17. April 2014)

Kämpfer der radikal-islamischen Taliban haben nach Angaben der Regierung der südwestafghanischen Provinz Farah einen Mullah enthauptet. Der Geistliche sei getötet worden, weil er in Diensten der Regierung gestanden habe, sagte Farahs-Vizegouverneur Mohammad Junus Rasuli. Übergriffe der Taliban auf muslimische Geistliche sind kaum bekannt. Die Extremisten bedrohen aber generell alle Afghanen mit dem Leben, die im Staatsdienst stehen. Die meisten Mullahs in Afghanistan werden von der Regierung bezahlt. (APA 26.08.2014). Bei Operationen der afghanischen Sicherheitskräfte gegen die Taliban sind nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100 Extremisten getötet worden. Das Ministerium in Kabul teilte am Sonntag, den 3. August mit, Polizei, Armee und Geheimdienst gingen seit dem Vortag in den Provinzen Kunduz, Josjan, Nangarhar, Helmand, Urusgan und Sabul gegen die Aufständischen vor. Unter den insgesamt mindestens 101 getöteten Taliban-Kämpfern seien mehrere Kommandanten. Nach Angaben des Innen- und des Verteidigungsministeriums verzeichneten die afghanischen Sicherheitskräfte keine Verluste.

(APA, Mehr als 100 Taliban-Kämpfer bei Operationen getötet, vom 03.08.2014)

Quellen:

AlertNet: Afghan police deaths double as foreign troops withdraw, 2. September 2013 (veröffentlicht von Reuters) [ID 257212] http://www.trust.org/item/20130902145122-8nymp/?source=hptop

ANSO - Afghanistan NGO Safety Office: ANSO Quarterly Data Report Q.1 2013; Jan 1st - Mar 31st 2013, April 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 245417]

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1366715966_anso-20q1-202013.pdf

APA, Mehr als 100 Taliban-Kämpfer bei Operationen getötet, vom 03.08.2014

APA, Taliban enthaupteten Mullah in West-Afghanistan, vom 26.8.2014

CRS - Congressional Research Service: Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, 17. Jänner 2014 [ID 268940] http://fpc.state.gov/documents/organization/221259.pdf

IPS - Inter Press Service: Afghanistan Turns a Political Corner, 17. April 2014 (veröffentlicht von ReliefWeb) http://reliefweb.int/report/afghanistan/afghanistan-turns-political-corner

IRIN - Integrated Regional Information Network: Concern over polling in Afghan schools and clinics, 2. April 2014 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 273158]

http://www.ecoi.net/local_link/273158/402142_de.html

Ruttig, Thomas: Some Things Got Better - How Much Got Good? A review of 12 years of international intervention in Afghanistan, 30 December 2013 (veröffentlicht von AAN) [ID 266201] http://www.afghanistan-analysts.org/some-things-got-better-how-much-got-good-a-short-review-of-12-years-of-international-intervention-in-afghanistan

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Annual Report 2013; Protection of Civilians in Armed Conflict, 8. Februar 2014 (verfügbar auf ecoi.net)

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1392024345_feb-8-2014-poc-report-2013-full-report-eng.pdf

UNGA - UN General Assembly: The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security; Report of the Secretary-General [A/67/778-S/2013/133], 5. März 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 241695]

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1363187281_afghanistan-ga.pdf

UNGA - UN General Assembly: The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security; Report of the Secretary-General [A/67/889-S/2013/350], 13. Juni 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 250472]

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1371648519_afg2013-6.pdf

UNGA - UN General Assembly: The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security [A/67/981*-S/2013/535*], 6. September 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 259056]

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380117365_ga-afghanistan.pdf

UNGA - UN General Assembly: The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security [A/68/789-S/2014/163], 7. März 2014 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 271751]

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1394798373_n1425215unga-afg.pdf

UNSC - UN Security Council: Report of the Secretary-General on the protection of civilians in armed conflict [S/2013/689], 22. November 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 264263] http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1386167277_n1355660protectcivil.pdf

Sicherheitslage in Kabul

Die dänische Einwanderungsbehörde (Danish Immigration Service, DIS) zitiert in ihrem im Mai 2012 veröffentlichten Bericht zu einer Fact-Finding-Mission nach Kabul (vom 25. Februar bis zum 4. März 2012) verschiedene Quellen bezüglich der Sicherheitslage in der afghanischen Hauptstadt: Dem Internationalen Polizei-Koordinierungsausschuss (International Police Coordination Board, IPCB) zufolge gibt es in Afghanistan Orte, wo die Afghanische Nationalpolizei (ANP) hinsichtlich der Bereitstellung von Sicherheit gut funktioniert. Dies ist vor allem in Kabul und anderen großen Städten der Fall. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) hat sich in Kabul eine Reihe von Selbstmordanschlägen ereignet, die das Leben der Bevölkerung beeinträchtigen. Abgesehen von Selbstmordanschlägen ist Kabul allerdings sicherer und mehr unter Kontrolle als andere Orte in Afghanistan, so die IOM. Die Unabhängige Afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission, AIHRC) gibt an, dass Sicherheit in Kabul aufgrund von Selbstmordanschlägen ein Thema ist. Zu der Unsicherheit trägt auch die steigende Kriminalitätsrate bei. Dennoch wird Kabul als sicherer als andere Orte erachtet, so die AIHRC. Auf die Frage nach den Aktivitäten der Taliban in Kabul und anderen großen Städten erwidert die IOM, dass die Taliban-Zellen mit Sicherheit in Kabul agieren und ihre Netzwerke anscheinend immer stärker werden. Die Taliban werden sich in Kabul allerdings hauptsächlich auf Angriffe gegen wichtige ("high profile") Personen fokussieren. (DIS, 29. Mai 2012, S. 8)

In einem Bericht vom April 2012 erwähnt das Congressional Research Service (CRS), dass BeobachterInnen eine offensichtliche Zunahme großer Angriffe in der afghanischen Hauptstadt, die gemeinhin als sicher erachtet wird, feststellen. (CRS, 4. April 2012, S. 24)

Anlässlich des durch die Taliban verübten koordinierten Angriffs in Kabul am 15. und 16. April 2012 berichtet das Institute for War and Peace Reporting (IWPR), dass die BewohnerInnen der Hauptstadt nur wenig Vertrauen in die Schutzfähigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte haben (IWPR, 17. April 2012).

In einem Artikel vom Jänner 2013 schreibt Fabrizio Foschini vom Afghanistan Analysts Network (AAN), dass die Taliban bislang nicht all ihre Ressourcen für Angriffe in Kabul aufgewendet haben. Abgesehen von sporadischen Raketenangriffen auf die Hauptstadt liegt ihr Fokus auf Angriffen, die möglichst nah am Zentrum der Macht verübt werden sollen. Die Taliban bevorzugen daher sporadische, öffentlichkeitswirksame Angriffe ("high-profile attacks"), durch die ein Gefühl von Unsicherheit hervorgerufen wird. Wie Foschini ausführt, scheinen die Taliban nicht daran interessiert zu sein, relativ machtlose Personen zu verletzten. Vielmehr wollen sie ihre Kämpfer für Angriffe auf öffentlichkeitswirksame Ziele in Kabul aufsparen. (Foschini, 21. Jänner 2013)

In einem Artikel über einen am 24. Mai 2013 verübten Taliban-Angriff in Kabul schreibt Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), dass es in der afghanischen Hauptstadt wiederholt zu Taliban-Angriffen (in Form von koordinierten Selbstmordanschlägen und Feuergefechten) auf wichtige ("high profile") afghanische und internationale Einrichtungen gekommen ist. (RFE/RL, 24. Mai 2013)

Der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) schreibt in einem Artikel vom Juni 2013, dass die Taliban, einschließlich des Haqqani-Netzwerks, weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe in der afghanischen Hauptstadt verüben und zeigen, dass die Aufständischen überall im Land zuschlagen und selbst den "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden können. Dies zielt anscheinend darauf ab, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und möglicher "Geldgeber" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu verbreiten. (Ruttig, 2.6.2013)

Agence France-Presse (AFP) berichtet in einem Artikel über einen am 18. Oktober 2013 verübten Selbstmordanschlag in Kabul und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass die afghanische Hauptstadt in den vergangenen Monaten relativ friedlich gewesen ist, nachdem zuvor eine Reihe von Selbstmordanschlägen und bewaffneten Angriffen stattgefunden hatten. Ziel dieser Anschläge und Angriffe waren ausländische Einrichtungen, der Oberste Gerichtshof, der Flughafen und der Präsidentenpalast. (AFP, 18.10.2013)

Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo schreibt in einem Bericht vom Jänner 2014, dass sich verschiedene Quellen bei Gesprächen in Kabul im Oktober 2013 einig gewesen sind, dass die Regierung, die afghanische Nationalarmee und die afghanische Nationalpolizei die Lage in Kabul relativ gut unter Kontrolle haben. Landinfo führt weiters an, dass es immer noch keine Entwicklungen erkennen kann, auf Basis derer die Situation in Kabul als instabil bezeichnet werden könnte. Die Situation hinsichtlich des Risikos konfliktbezogener, gewalttätiger Vorfälle ist laut Landinfo durch Unvorhersehbarkeit geprägt. (Landinfo, 9. Jänner 2014, S. 6) Wie AFP in einem Artikel vom April 2014 anführt, haben sich in Kabul im Vorfeld der Wahlen eine Reihe öffentlichkeitswirksamer Angriffe ("high-profile attacks") ereignet (AFP, 2. April 2014). Auch IWPR berichtet wenige Tage vor den Wahlen, dass es in Kabul in den vorangegangenen zwei Wochen zu zahlreichen Angriffen sowohl auf zivile Ziele als auch auf für die Wahlen benötigte Infrastruktur gekommen ist (IWPR, 2.4.2014).

In einem im Juli 2014 veröffentlichten Bericht, der auf verschiedenen Quellen basiert, schreibt die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) Folgendes zur Sicherheitslage in Kabul: "Es gibt keine öffentlich zugänglichen, umfassenden Statistiken oder Berichte zur Sicherheitslage in Afghanistan, sondern nur punktuelle Untersuchungen. Auch ein anderer Experte weist auf die vage Informationslage bezüglich der Sicherheitssituation in Kabul hin. Thomas Ruttig meint, die Aussage sei zu generell und kaum haltbar, wonach die Sicherheitslage in Kabul besser als irgendwo sonst im Lande sei. Die Sicherheitslage sei schwer voraussagbar und variiere je nach Zeitpunkt selbst innerhalb von Städten, Provinzen oder Distrikten." (SFH, 22.07.2014, S. 7)

Quellen:

AFP - Agence France-Presse: Suicide bomb attack in Kabul outside foreign compound, 18. Oktober 2013 (veröffentlicht von ReliefWeb) [ID 260812]

http://reliefweb.int/report/afghanistan/suicide-bomb-attack-kabul-outside-foreign-compound-officials

DIS - Danish Immigration Service: Afghanistan; Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Kabul, Afghanistan; 25 February to 4 March 2012, 29. Mai 2012 [ID 218324] http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/3FD55632-770B-48B6-935C-827E83C18AD8/0/FFMrapportenAFGHANISTAN2012Final.pdf

Foschini, Fabrizio: Striking at Kabul, in 2013: the attack on the traffic police HQ, 21. Jänner 2013 (veröffentlicht von AAN) [ID 236491] http://www.afghanistan-analysts.net/index.asp?id=3218

IWPR - Institute for War and Peace Reporting: Tensions Rise in Kabul Ahead of Vote, 2. April 2014 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 273238] http://www.ecoi.net/local_link/273238/402244_de.html

IWPR - Institute for War and Peace Reporting: Afghan Forces Criticised After Kabul Battles, 17. April 2012 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 214277]

http://www.ecoi.net/local_link/214277/334793_de.html

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty: Taliban Storm UN Office In Kabul, 24. Mai 2013 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 248765] http://www.ecoi.net/local_link/248765/372416_de.html

Ruttig, Thomas: After the 'operational pause': How big is the insurgents' 2013 spring offensive?, 2. Juni 2013 (veröffentlicht von AAN) [ID 249175]

http://www.afghanistan-analysts.net/index.asp?id=3432

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe: Sicherheit in Kabul, 22. Juli 2014 (verfügbar auf ecoi.net) [ID 282419] http://www.ecoi.net/file_upload/1002_1406997274_document.pdf

Sicherheitslage in Kabul (Auszug aus Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 19.11.2014 )

Wann immer man von der Sicherheitslage spricht, meint man die größeren Städte sowie das Gebiet in einem Radius von max. 3 km um diese Städte (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Die Provinz Kabul ist die Hauptstadt von Afghanistan und deren Provinzhauptstadt ist Kabul Stadt. Sie grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan)Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die Ringstraße verbunden. Auch ist die Stadt mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z).

Die afghanischen Streitkräfte haben zwar in den meisten Teilen des Landes die Sicherheitsverantwortung übernommen. Aber im Sommer rückten die Kämpfe gefährlich nahe an Kabul heran (Die Welt 5.10.2014).

Zurzeit ist die Lage nach wie vor relativ ruhig für hiesige Verhältnisse. Selbst innerhalb Kabuls gibt es verschiedene Viertel die unterschiedliche Sicherheitslagen haben (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Die Hauptziele der Angriffe sind meist Regierungsgebäude, hochrangige Ziele und internationale Sicherheitskräfte (vgl. Die Zeit 16.9.2014; Al-Arabiya 2.10.2014; NYT 1.10.2014; Reuters 22.3.2014; Tolo 16.7.2014; UNAMA 7.2014).

Der Bereich um den Flugplatz des Kabul International Airport war in der Vergangenheit gelegentlich Ziel von Angriffen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014; vgl. Stars and Stripes 17.7.2014). Auch sind Ministerien bevorzugte Ziele von Raketenbeschuß, Sprengsätzen oder Selbstmordanschlägen. Hier steht die mediale Wirkung im Vordergrund. Die Anstrengungen der Sicherheitskräfte zeigen alledings langsam Wirkung (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Kabul bleibt auch weiterhin eine Festung, die, abgesehen von einem totalen Kollaps der ANSF, sehr wahrscheinlich den Taliban standhält, denen es an finanziellen Mitteln fehlt, um die Hauptstadt einzunehmen (WP 20.10.2014). Die Angriffe werden unter anderem durch Raketenangriffe (Tolo 16.7.2014; vgl. Khaama Press 24.10.2014), Selbstmordattentate (Reuters 2.10.2014), Autobomben, VBIED (Khaama Press 9.10.2014) und unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen - IED durchgeführt (Khaama 20.9.2014; vgl. UNAMA 7.2014).

Laut dem Bericht der dänischen COI-Einheit, haben die afghanische Nationalarmee (ANA) und die afghanische Nationalpolizei (ANP) eine relativ gute Kontrolle über Kabul. Kabul hat sich verändert, speziell im letzten Jahr hat es einen ziemlich umfangreichen Sicherheitsapparat aufgebaut. Der Sicherheitsapparat kontrolliert einen Radius von 20 km um die Stadt herum. Kabul wird dominiert von einer Präsenz nationaler und internationaler Sicherheitskräfte (Landinfo 9.1.2014). Es gibt keine offiziellen Zahlen ziviler Opfer in der Stadt Kabul. Die einzigen Zahlen werden von UN OCHA generiert. Diese geben für den Zeitraum 9.2013 - 8.2014 an, dass in der Provinz Kabul 108 Zivilisten getötet und 275 verletzt wurden (UN OCHA 10.2014). Im Jahresvergleich 2011 und 2013 stieg die Anzahl regierungsfeindlicher Angriffe um 12%. 2013 wurden 130 Vorfälle registriert (Vertrauliche Quelle 1.2014).

Herkömmliche Kriminalität ist noch immer relativ niedrig für eine Stadt dieser Größe und mit diesen wirtschaftlichen und sozialen Problemen, jedoch ist auch diese gestiegen (AAN 21.1.2014). So sind Entführungen für Lösegeld und Verschleppungen durch die Taliban in Afghanistan relativ üblich (The Guardian 15.4.2014; vgl. auch AAN 21.1.2014). Auch kriminelle Gangs zielen in der Hauptstadt auf reiche Afghanen ab, um Lösegeld zu fordern. Es ist unmöglich zu wissen, wie häufig diese Entführungen vorkommen, da die meisten nicht an die Polizei gemeldet werden (The Guardian 15.4.2014).

Quellen:

Allgemeine Lage, Sicherheitslage und Rückkehrmöglichkeiten in der Provinz Logar (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 28.08.2014)

Zusammenfassung

Die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan wurde 2013 vollständig durch die afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) übernommen. In der Provinz Logar hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren verschlechtert.

Einzelquellen:

Der UNHCR berichtete im August 2013:

Die zwölf Provinzen mit den insgesamt meisten Sicherheitsvorfällen im Jahr 2012 (mehr als 640) waren Helmand, Kandahar und Urusgan (südliche Region), Ghazni, Paktika und Chost (südöstliche Region), Nangarhar und Kunar (östliche Region), Herat und Farah (westliche Region) und Kabul und Wardak (Zentralregion). ANSO stellt fest, dass die südliche Region, die südöstliche Region und die östliche Region sich zu einem zunehmend zusammenhängenden Kampfgebiet entwickelten. Ähnlich stellten die Vereinten Nationen fest, dass im Dreimonatszeitraum von August bis Oktober 2012 70 % aller Sicherheitsvorfälle im Süden und Osten des Landes stattfanden. Trotz der im Vergleich zu 2011 insgesamt geringeren Anzahl der Sicherheitsvorfälle im Jahr 2012 kam es in den Provinzen Kandahar, Kunar, Nangarhar, Logar und Wardak zu einem deutlich höheren Grad an Sicherheitsvorfällen als 2011.

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (6. August 2013): UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1386162591_afghanistan-richtlinien2013dt.pdf , Zugriff 28.8.2014

Das Hamburger Abendblatt berichtete im Oktober 2013 über die Ermordung des Gouverneurs von Logar und führt des Weiteren an, dass sich in den vergangenen Jahren die Sicherheitslage in der Provinz verschlechtert habe:

Im Osten Afghanistans ist ein Gouverneur bei einem Bombenanschlag am wichtigsten islamischen Feiertag in einer Moschee getötet worden. Der Sprengstoff sei in einem Mikrofon versteckt gewesen, sagte der Sprecher der Provinzregierung, Din Mohammad Darwisch. Die Bombe sei am Dienstag bei der Ansprache des Gouverneurs von Logar, Arsala Dschamal, ferngezündet worden. Der Politiker sei sofort tot gewesen.

Mindestens 18 weitere Menschen, darunter auch Geistliche, seien verletzt worden. Der Anschlag ereignete sich in der Provinzhauptstadt Pul-e-Alam nach dem Festtagsgebet zum Opferfest, als Dschamal sich gerade mit einer Rede an die Gläubigen wenden wollte.

Er war erst seit April im Amt und galt als enger Vertrauter von Präsident Hamid Karsai, für den er 2009 als Wahlkampfmanager gearbeitet hatte. Karsai ist ein Hauptgegner der radikalislamischen Taliban im Land und ernennt alle 34 Provinzgouverneure persönlich.

Ohne den Mordfall anzusprechen, rief Karsai die Taliban in seiner Erklärung anlässlich des Feiertags auf, ihre Angriffe einzustellen und die Entwicklung des Landes nicht länger zu behindern.

Zu dem Anschlag bekannte sich nach Behördenangaben zunächst niemand. Allerdings hatte der flüchtige Taliban-Anführer Mullah Omar vor dem Opferfest seine Kämpfer zu vermehrter Gewalt aufgerufen. "Mein Rat an alle Mudschahedin ist, gegen den Feind noch massiver als zuvor zu kämpfen", erklärte er in einer per E-Mail verbreiteten Botschaft.

Strategisch wichtige Provinz

Zudem warnte er davor, das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen, das die Präsenz von US-Truppen in Afghanistan nach 2014 regeln soll.

Logar grenzt an Kabul an und ist eine von 34 afghanischen Provinzen. Sie gilt als strategisch besonders wichtig. Die Sicherheitslage dort hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Darwisch ist der erste Provinzgouverneur seit drei Jahren, der einem Attentat zum Opfer fiel.

Hamburger Abendblatt (15.10.13): Afghanischer Gouverneur mit Mikrofonbombe getötet,

http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article120917544/Afghanischer-Gouverneur-mit-Mikrofonbombe-getoetet.html , Zugriff 28.8.2014

Das Auswärtige Amt berichtete Ende März 2014:

Die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan wurde 2013 vollständig durch die afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) übernommen. Die Bewertung der Sicherheitslage stützt sich auf eine Reihe von quantitativen und qualitativen Indikatoren, darunter die Anzahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle (SRZ). Dieser Indikator sank 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht. Die Erfassung der SRZ erfolgt mittlerweile jedoch im Wesentlichen durch die ANSF und kann kaum auf Verlässlichkeit überprüft werden. In den Wintermonaten 2013 und dem Beginn 2014 war keine wetterbedingte Abschwächung der Kampfhandlungen zu beobachten. Die Insurgenz hat auch 2013 gezeigt, dass sie in der Lage ist, hochwertige zivile und militärische Ziele anzugreifen. Dabei erzielt sie jedoch keine taktischen oder strategischen Erfolge, sondern erreicht über hohe Opferzahlen Medienaufmerksamkeit. Der UNAMA Halbjahresbericht 2013 über den Schutz von Zivilisten verzeichnet einen Anstieg von zivilen Opfern um 23 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Grund dafür ist der verstärkte Einsatz von improvisierten Sprengsätzen (IEDs) durch die Insurgenz und zivile Opfer bei Kampfhandlungen zwischen Insurgenz und ANSF.

AA - Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand Februar 2014)

Am 19.08.2014 gab es in der zentralafghanischen Provinz Logar (Distrikt Charkh) schwere Gefechte, als rund 700 Taliban-Kämpfer die Sicherheitskräfte angriffen. RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (19.8.2014): Hundreds of Taliban involved in Battle South of Kabul, http://www.ecoi.net/local_link/284330/414841_de.html , Zugriff 28.8.2014 Wien, 28. August 2014

Von Reuters, eine der weltweit größten internationalen Nachrichtenagenturen, wurde am 19.8.2014 ebenfalls umfangreich zu den bereits oberhalb erwähnten Gefechten berichtet: Mehr als 700 schwer bewaffnete Taliban-Rebellen kämpfen gegen afghanische Sicherheitskräfte in Logar, einer zentralen Provinz nahe der Hauptstadt Kabul. Im Artikel ist weiters erwähnt, dass die Taliban über die Provinz Logar den Zugang nach Kabul finden, um dort Anschläge zu verüben. Die wichtigsten Straßen in der Hauptstadt werden alle streng kontrolliert, aber die Militanten sind dennoch in der Lage, die Checkpoints zu durchbrechen und in Dutzenden Angriffen Zivilisten und Soldaten in der Stadt zu töten. Die Anzahl der Angriffe der islamistischen Rebellen ist im Jahr 2013 um 15-20 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen, der Erfolg der Aufständischen war jedoch beschränkt. Lokale Beamte sprachen von einem Test bezüglich der Stärke der afghanischen Armee.

Reuters (19.8.2014) Hundreds of Taliban fighters battle Afghan forces near Kabul: officials,

http://www.reuters.com/article/2014/08/19/us-afghanistan-taliban-offensive-idUSKBN0GJ0SV20140819 , Zugriff 28.8.2014

In der Anfragebeantwortung zur Machtverteilung bzw. Kontrolle (Regierung, Aufständische) in der Provinz Logar, führt ACCORD, mittels Zitierung verschiedener Quellen, an:

Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) zählt die Provinz Logar in einem Bericht vom August 2014 zu den Gebieten mit einer starken Taliban-Präsenz. Bei diesen Gebieten handle es sich tendenziell um Orte, an denen militärische Operationen am intensivsten ausfallen und ZivilistInnen am ehesten getötet oder verletzt würden:

"Areas with a heavy Taliban presence, like Helmand, Logar, Nuristan and Kunar Provinces, tend to be where military operations are most intense, and where civilians are most likely to be killed or injured." (AI, 11. August 2014, S. 14)

In einem im Juni 2014 veröffentlichten monatlichen Update zu freiwilliger Rückkehr nach Afghanistan bezeichnet das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) Logar als unsichere Provinz (UNHCR, Juni 2014, S. 3).

Die US-amerikanische Tageszeitung The New York Times (NYT) bemerkt in einem im Juli 2014 veröffentlichten Artikel über militärische Zugewinne für die Taliban, dass die Polizei während des vergangenen Monats in weiten Teilen der Provinzen Logar und Wardak häufig zum Ziel von Angriffen geworden sei. (NYT, 26. Juli 2014)

Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News (PAN) schreibt in einem Artikel vom Juli 2014, dass laut Angaben des Provinz-Polizeichefs der Anteil der getöteten oder verletzten Polizisten in Logar während der gegen Aufständische gerichteten Operationen, die in den vergangenen vier Monaten stattgefunden hätten, deutlich gesunken sei. Dem Polizeichef zufolge seien Kontrollposten in abgelegenen Gebieten errichtet worden, was dabei geholfen habe, die Sicherheit in großem Ausmaß zu stärken. Den Angaben eines Kommandeurs der Lokalpolizei in Logar zufolge sei die Einsatzstärke der Polizei im Jahr 2014 angewachsen, außerdem sei mit der ausgedehnten Hilfe von lokalen BewohnernInnen die öffentliche Ordnung verbessert worden (PAN, 9. Juli 2014)

Dieselbe Quelle führt in einem im April 2014 veröffentlichten Artikel über die Taliban in Logar an, dass die Aufständischen ihre Präsenz erhöht hätten und Teile der Distrikte Azra und Kharwar kontrollieren würden. Die Aufständischen hätten Zufluchtsorte in mehreren Dörfern im Distrikt Kharwar, von wo aus sie Angriffe auf Sicherheitskräfte verüben und die Bewegungsfreiheit von Regierungsangestellten einschränken würden. Der Verwaltungschef des Distrikts Azra habe bestätigt, dass die Aktivitäten von Aufständischen mit dem Beginn der Sommermonate sprunghaft zugenommen hätten ("had escalated"). Auch der Sprecher des Provinzgouverneurs habe die zunehmende Präsenz von Aufständischen, die Regierungsbeamte vor Probleme stelle, eingeräumt, jedoch hinzugefügt, dass die Sicherheitskräfte mit der Unterstützung von sich gegen die Aufständischen auflehnenden Gruppen viele Gebiete von den Rebellen befreit hätten (PAN, 30. April 2014).

Die afghanische Tageszeitung Afghanistan Times schreibt in einem Artikel vom April 2014, dass Logar zu den unbeständigen ("volatile") Provinzen in Ostafghanistan gehöre, wo bewaffnete Aufständische in zahlreichen Distrikten operieren und häufig Angriffe verüben würden (Afghanistan Times, 21. April 2014).

Al Jazeera America, ein englischsprachiger Nachrichtensender mit Hauptsitz in New York, berichtet im März 2014, dass Grund zur Annahme bestehe, dass die Regierung, die behaupte, 93 Prozent des afghanischen Territoriums zu kontrollieren, bezüglich ihres Einflusses in bestimmten Gebieten übertreibe. So habe es, als die von Al Jazeera America produzierte Dokumentationsserie Fault Lines Anfang 2014 in der Provinz Logar zu Besuch gewesen sei, den Anschein gehabt, dass ein großer Teil des Distrikts Charkh, von dem die Regierung behaupte, ihn unter Kontrolle zu haben, von den Taliban beherrscht werde. (Al Jazeera America, 21. März 2014)

Die in New York herausgegebene Tageszeitung The Wall Street Journal (WSJ) bemerkt in einem Artikel vom März 2014, dass die Provinz Logar in den vergangenen Jahren zu einer der wichtigsten Hochburgen der Taliban geworden sei. Wichtige Distrikte würden de facto von den Aufständischen kontrolliert (WSJ, 6. März 2014).

Die afghanische Online-Zeitung Khaama Press (KP) schreibt in einem Artikel vom Februar 2014, dass rund 300 Bewohner der Provinz Logar eine Gruppe gebildet hätten, um gegen die Taliban in der Provinz zu kämpfen. Dem Medienbüro der Provinzregierung zufolge werde die Gruppe vom Stammesältesten Haji Khalil angeführt und habe zum Ziel, die Taliban-Kämpfer aus den Dörfern im Distrikt Baraki Barak zu vertreiben. Seit Formierung der Gruppe sei es gelungen, die Taliban vollständig aus dem strategisch wichtigen Gebiet Cheltan zu vertreiben. Taliban-Kämpfer hätten in Cheltan häufig terroristische Aktivitäten durchgeführt, um das Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen (KP, 11. Februar 2014).

BBC News erwähnt in einem Artikel vom Oktober 2013, dass die Taliban in zunehmendem Maße weite Teile der ländlichen Gebiete in der Provinz Logar kontrollieren würden. Logar und die benachbarte Provinz Wardak seien in den vergangenen Jahren zunehmend gesetzlos geworden. Die schlechte Sicherheitslage bedrohe das südliche Randgebiet Kabuls und tausende Menschen seien als Reaktion in die Hauptstadt geflohen. Wie der Artikel weiters anführt, sei Logar, auch als "Tor nach Kabul" bekannt, von strategischer Bedeutung. Wenn die Taliban weite Teile der Provinz kontrollieren würden, sei es für sie einfacher, Angriffe in der Hauptstadt zu verüben (BBC News, 15. Oktober 2013).

Das Medium RP-online berichtete am 2. Februar 2014:

Bei einem Bombenanschlag sind im Osten Afghanistans mindestens fünf Zivilisten getötet worden. Ein mit Sprengstoff präpariertes Motorrad sei im Distrikt Baraki Barak in der Provinz Logar in einer Menschenansammlung explodiert, teilten die Provinzbehörden am Donnerstag mit. Demnach wurden auch 17 weitere Menschen verletzt. Es sei nicht klar, wem der Anschlag galt. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat.

RP-online - Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH (2.1.2014): Fünf Zivilisten bei Bombenanschlag getötet, http://www.rp-online.de/politik/ausland/fuenf-zivilisten-bei-bombenanschlag-getoetet-aid-1.3919563 , Zugriff 29.8.2014

Das Medium "Pajhwok Afghan News" ist nach eigenen Angaben die größte unabhängige Nachrichtenagentur Afghanistans und hat ihren Sitz in Kabul. Gemäß dem nachfolgenden Artikel von Pajhwok Afghan News wurden bei diesem Bombenanschlag im Distrikt Baraki Barak zwei Frauen, ein Kind und drei Männer getötet.

Pajhwok Afghan News (2.1.2014): Women among 6 dead in Logar explosion,

http://www.pajhwok.com/en/2014/01/02/women-among-6-dead-logar-explosion , Zugriff 29.8.2014

Pajhwok Afghan News berichtete im Februar 2014, dass - wie bereits oberhalb auch schon von einer anderen Quelle angeführt - Bewohner des Bezirks Barak-i-Barak eine Gruppe gebildet haben, um gegen die Taliban zu kämpfen. Die Gruppe ersuchte die Regierung um Waffen und Munition im Kampf gegen die Aufständischen.

Pajhwok Afghan News (12.2.2014): Logar residents seek support against Taliban,

http://www.pajhwok.com/en/2014/02/12/logar-residents-seek-support-against-taliban , Zugriff 29.8.2014

ToloNews gehört zu der sich in Privatbesitz befindliche Moby-Gruppe, dem größten Medienunternehmen in Afghanistan. Im nachfolgenden Artikel vom 20. Februar 2014 berichtet ToloNews über 1.000 bewaffnete Einwohner im Distrikt Baraki Barak, welche gegen die Aufständischen kämpfen.

TOLOnews.com (20.2.2014): Logar Residents Resist Against Taliban:

Officials,

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/13793-logar-residents-resist-against-taliban-officials , Zugriff 29.8.2014

Gemäß dem nachfolgenden Artikel von Pajhwok Afghan News vom 23.6.2014 haben sich bereits Einwohner von 25 Dörfern im Distrikt Baraki Barak dem Kampf gegen die Aufständischen angeschlossen. Der Polizeichef sagte den Einwohnern Unterstützung zu.

Pajhwok Afghan News (23.6.2014): Baraki Barak residents rise against rebels,

http://www.pajhwok.com/en/2014/06/23/baraki-barak-residents-rise-against-rebels , Zugriff 29.8.2014

Gemäß dem nachfolgenden Artikel von Pajhwok Afghan News vom 30.4.2014 haben die Taliban ihre Präsenz verstärkt und kontrollieren Gebiete in den Distrikten Azra und Kharwar in der Zentralprovinz Logar.

Pajhwok Afghan News (30.4.2014): Taliban again flexing muscles in Logar,

http://www.pajhwok.com/en/2014/04/30/taliban-again-flexing-muscles-logar , Zugriff 29.8.2014

Gemäß dem nachfolgenden Artikel von Pajhwok Afghan News vom 9.7.2014 erklärte der Polizeichef der Provinz Logar, Brigadegeneral General Abdul Hakim Ishaqzai, dass in den vergangenen vier Monaten 500 Operationen in der Provinz stattgefunden haben. Mindestens 150 Rebellen und zehn Polizisten wurden getötet und 20 weitere Polizeibeamte wurden verletzt, 100 Aufständische wurden festgenommen. Die Anzahl der Opfer unter den Polizisten ist in diesem Jahr gesunken. Im vergangenen Jahr wurden in mehr als 50 Operationen in der Provinz rund 60 Polizisten getötet und Dutzende weitere verletzt.

Pajhwok Afghan News (9.7.2014): Casualties among Logar police down, http://www.pajhwok.com/en/2014/07/09/casualties-among-logar-police-down , Zugriff 29.8.2014

Im nachfolgenden Artikel vom 3. August 2014 berichtet ToloNews über eine gemeinsame Operation von Afghan National Security Force (ANSF) und International Security Assistance Force (ISAF), welche u.a. auch in Baraki Barak stattfand und bei welcher 10 Taliban, inklusive deren Kommandant, sowie auch drei afghanische Soldaten getötet wurden.

TOLOnews.com (3.8.2014): Ten Taliban Insurgents Killed in Logar Offensive,

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/15807-ten-taliban-insurgents-killed-in-logar-offensive , Zugriff 29.8.2014

ToloNews berichtete im August 2013, dass die Taliban innerhalb eines Monats mehr als 10 Brücken entlang des Kabul-Logar und des Logar-Paktia Highways zerstört haben. Dabei wurden auch viele Zivilisten getötet.

TOLOnews.com (6.8.2013): Taliban Destroying Bridges in Logar Province: Officials,

http://www.tolonews.com/en/afghanistan/11470-taliban-destroying-bridges-in-logar-province-officials , Zugriff 29.8.2013

Gemäß Pajhwok Afghan News war der Kabul-Gardez Highway im Februar 2014 auf Grund heftiger Schneefälle stundenlang gesperrt:

Pajhwok Afghan News (2.2.2014): Busy Kabul-Gardez highway shut, http://www.pajhwok.com/en/2014/02/02/busy-kabul-gardez-highway-shut , Zugriff 28.8.2014

Das Auswärtige Amt berichtete Ende März 2014 zur Situation für Rückkehrer, Grundversorgung und zu den allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen:

Auch durch erhebliche und anhaltende Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft hat sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index (HDI) kontinuierlich verbessert. Dennoch belegt das Land laut UNDP weiterhin einen sehr niedrigen Rang (175 von 187 Ländern) im Index. Afghanistan hat sich hier in fast allen Bereichen positiv entwickelt, der Entwicklungsbedarf ist allerdings weiterhin beträchtlich: Rund 36% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze und die Analphabetenrate liegt bei 70%. Ca. 90% der Frauen und 70% der Männer haben keinen Schulabschluss. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser. Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere besondere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar. Aktuell wächst die Bevölkerung mit rund 2,8% pro Jahr, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkommt. Die Möglichkeiten des afghanischen Staates, die Grundbedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu befriedigen und ein Mindestmaß an sozialen Dienstleistungen, etwa im Bildungsbereich, zur Verfügung zu stellen, geraten dadurch zusätzlich unter Druck. Die afghanische Wirtschaft ist - nach einer Dekade starken Wachstums - im letzten Jahr um vergleichsweise schwache 3 % gewachsen. Aufgrund der politischen Unsicherheit werden derzeit weitgehend Investitionen zurückgehalten, afghanische Unternehmer bringen ihr Kapital im Ausland in Sicherheit. Daher ist auch im Transitions- und Wahljahr 2014 nicht mit größeren Impulsen für die Wirtschaft zu rechnen. Danach ergibt sich allerdings ein gemischteres Bild: Eine Normalisierung des - durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähte - Preis- und Lohnniveau und eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnten zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte, gerade in den traditionell exportstarken Bereichen der afghanischen Wirtschaft (Obst, Nüsse, Teppiche, Halbedelsteine) führen. Zurückgehaltene Investitionen könnten bei einer stabilen neuen Regierung nachgeholt werden. Negativ würde sich demgegenüber eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes und seiner Institutionen auswirken. Auch bei einer stabilen Entwicklung der afghanischen Wirtschaft bleibt die Schaffung von Arbeitsplätzen eine zentrale Herausforderung für das Land. Bei einem stabil hohen Bevölkerungswachstum und einer sehr jungen Gesamtbevölkerung werden jährlich 400.000 Afghanen auf den Arbeitsmarkt strömen. Hoffnung liegt hier in den Sektoren Landwirtschaft und Bergbau. Für größere Impulse mangelt es bisher in beiden Bereichen an Infrastruktur und förderlichen wirtschafspolitischen Rahmenbedingungen. Es fehlt ferner an einer umfassenden politischen Strategie zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Ein weiteres Problem ist laut ILO die hohe Anzahl derjenigen, die ohne Gehalt im Familienbetrieb aushelfen (sogenanntes "vulnerable employment"). Dies sind zu 95% Frauen, insgesamt etwa 6 Millionen Menschen und damit rund drei Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse. Da das Wachstum der Privatwirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht nur wichtig für die Armutsreduzierung im Land ist, sondern durch die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität im Land beiträgt, ist die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Seit 2002 sind laut UNHCR 4,7 Millionen afghanische Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgekehrt. Somit hat fast 1/6 der afghanischen Bevölkerung einen Flüchtlingshintergrund. Während Unterstützungsleistungen für die erste Zeit nach Rückkehr durch UNHCR geleistet werden, entsteht im Anschluss das Problem der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, so dass Hilfe nicht immer dort ankommt, wo Rückkehrer sich niedergelassen haben.

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Für Rückkehrer gilt dies naturgemäß verstärkt. Eine hohe Arbeitslosigkeit wird verstärkt durch vielfältige Naturkatastrophen. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" des Landes - ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben dazu geführt, dass ca. 1 Mio. oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gelten.

Die medizinische Versorgung leidet trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärzten und Ärztinnen, sowie gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 standen 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine Person qualifizierten medizinischen Personals gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen.

Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand Februar 2014)

(...)

Das australische Außen- und Handelsministerium (Department of Foreign Affairs and Trade, DFAT) führte in einem im Juli 2013 veröffentlichten Länderbericht zu Afghanistan an, dass es die Auffassung vertritt, dass unfreiwillige RückkehrerInnen nach Kabul ihren Lebensunterhalt bestreiten können und nicht notwendigerweise aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder Religion diskriminiert oder zur Zielscheibe würden. Allerdings sind hinsichtlich der Fähigkeit, eine langfristige Unterkunft und Beschäftigung zu finden, familiäre oder sonstige Verbindungen entscheidend. DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade Australia (31.7.2013): Country Information Report Afghanistan, http://www.immi.gov.au/media/publications/pdf/cgn-afghanistan.pdf , Zugriff 29.8.2014

Die dänische Einwanderungsbehörde (Danish Immigration Service, DIS) zitierte in ihrem im Mai 2012 veröffentlichten Bericht zu einer Fact-Finding-Mission nach Kabul verschiedene Quellen bezüglich einer möglichen internen Fluchtalternative in Afghanistan: Einer unabhängigen Forschungsorganisation in Kabul zufolge werde die Möglichkeit, dass sich ein Binnenvertriebener in Kabul niederlassen könne, von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter seine Ressourcen, sein Netzwerk in der Stadt sowie seine Arbeitsmöglichkeiten. Eine internationale Organisation habe angegeben, dass es im Allgemeinen sehr schwierig sei, sich in Kabul niederzulassen, wenn man dort keine Familie und Verwandten habe, die einen unterstützen würden. UNHCR zufolge sei es in Afghanistan üblich, dass man versuche, Schutz innerhalb der eigenen ethnischen Gemeinschaft zu finden. UNHCR habe betont, dass Unterstützungsmechanismen wie soziale Netzwerke, ethnische Gemeinschaften und erweiterte familiäre Verbindungen für die Integration und Sicherheit in Orten außerhalb des Herkunftsorts ausschlaggebend seien. Außerdem habe UNHCR angegeben, dass die Situation für alleinstehende Frauen oder von Frauen geführte Haushalte sehr schwierig sei. Im Allgemeinen hätten junge alleinstehende Männer verglichen mit alleinstehenden Frauen bessere Chancen, sich in Kabul und anderen großen Städten niederzulassen. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge hätten Unterstützungsmechanismen wie soziale Netzwerke, Verwandte und ethnische Gruppen überall in Afghanistan einen großen Einfluss. Außerdem hätten sie einen Einfluss auf den Zugang zum Arbeitsmarkt und auf die Ernährungssicherheit. Da die Einwohnerzahl Kabuls von 500.000 auf 5 Millionen angewachsen sei, sei es für alleinstehende Personen schwierig, sich eigene, neue Netzwerke zu schaffen. Trotzdem hätten alle ethnischen Gruppen ihre eigenen Gemeinschaften in Kabul, und junge Männer würden in der Regel ihre eigene ethnische Gemeinschaft finden, wenn sie in die Stadt kämen. Die ethnische Gemeinschaft neige dazu, Neuankömmlinge in ihre Gruppe zu integrieren und ihnen Schutz zu bieten. Im Hinblick auf die Existenz von sozialen Netzwerken in den informellen Siedlungen in Kabul habe die dänische humanitäre NGO Danish Refugee Council (DRC) erklärt, dass Binnenvertriebene ihre eigenen, neuen sozialen Netzwerke in den Siedlungen schaffen und sich mittels dieser Netzwerke gegenseitig helfen würden Weiters zitiert die dänische Einwanderungsbehörde das afghanische Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (Ministry of Refugees and Repatriation, MoRR), das betont habe, dass Kabul keine Kapazitäten für die Aufnahme neu Hinzuziehender mehr habe und dass keine grundlegenden Dienstleistungen in Kabul zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghan Independent Human Rights Commission, AIHRC) zufolge habe die Stadt, die mittlerweile mehr als fünf Millionen EinwohnerInnen habe, ihre Grenzen erreicht. Gegenwärtig gebe es in Kabul keinen Platz mehr für neu Hinzuziehende, die Menschen könnten keinen angemessenen Lebensunterhalt verdienen und Häuser sowie öffentliche Dienstleistungen wie die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung seien nicht verfügbar. Wie der DRC mitgeteilt habe, würden alleinstehende Personen im Normalfall bei Freunden wohnen und gemeinsam mit Anderen eine Wohnung mieten. Deshalb sei es schwierig, einzuschätzen, wieviel eine alleinstehende Person an Miete zahle. Laut IOM würden Personen normalerweise zu Familienangehörigen ziehen und mit ihren Verwandten in Kabul leben. Das würden viele der RückkehrerInnen, die am Programm für begleitete freiwillige Rückkehr teilnehmen würden, auch tun. Auf die Frage, ob es für junge Männer möglich sei, in Kabul alleine zurechtzukommen, habe IOM geantwortet, dass es keine solchen Beispiele aus dem Programm für freiwillige Rückkehr gebe, da die Rückkehrer normalerweise Familienangehörige hätten, bei denen sie leben könnten. Dem afghanischen Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung zufolge sei die Beschäftigung für Personen, die aus den Provinzen kämen oder aus dem Ausland zurückkehrten, das größte Problem in Kabul. Laut dem DRC hätten alleinstehende junge Männer (selbst solche ohne Bildung) verglichen mit alleinstehenden Frauen oder Familien eine höhere Chance, in Kabul Jobs zu finden und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Witwen und alleinstehende Frauen befänden sich in einer extrem prekären ("extremely vulnerable") Lage. IOM habe angegeben, dass Beschäftigung im Allgemeinen in Afghanistan ein großes Problem sei. Der Arbeitsmarkt in Kabul sei aufgrund des beträchtlichen Wachstums der Stadt innerhalb der letzten zehn Jahre stark unter Druck geraten. Junge Männer hätten verglichen mit anderen Gruppen die größten Chancen, einen Job zu finden, und viele junge Leute würden sich wegen der Beschäftigungsmöglichkeiten dazu entscheiden, nach Kabul zu kommen.

DIS - Danish Immigration Service (29.5.2012): Afghanistan; Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Kabul, Afghanistan; 25 February to 4 March 2012, http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/3FD55632-770B-48B6-935C - 827E83C18AD8/0/FFMrapportenAFGHANISTAN2012Final.pdf, Zugriff 29.8.2014

In den im August 2013 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Asylsuchenden aus Afghanistan des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UN High Commissioner for Refugees, UNHCR) ist angeführt:

[...] Vor diesem Hintergrund ist UNHCR der Auffassung, dass die interne Schutzalternative nur dann eine angemessene Alternative darstellt, wenn die Person erwarten kann, dass sie sinnvolle Unterstützung durch ihre (erweiterte) Familie, durch die Gemeinschaft oder ihren Stamm im Gebiet der künftigen Neuansiedlung erhält. Die einzige Ausnahme von dieser Anforderung in Hinblick auf externe Unterstützung sind alleinstehende gesunde Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellte Schutzbedürftigkeit, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung durch Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben können, die unter wirksamer staatlicher Kontrolle stehen und die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten.

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (6.8.2013): UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1386162591_afghanistan-richtlinien2013dt.pdf , Zugriff 29.8.2014

Das Forced Migration Review wird von der University of Oxford in Englisch, Arabisch, Spanisch und Französisch herausgegeben. Die University of Oxford (England) ist eine der ältesten und renommiertesten Universitäten der Welt.

Im Bericht vom Mai 2014 wird angeführt, dass junge Vertriebene kurzfristig in Kabul Möglichkeiten finden - durch unsichere Arbeitsplätze vor Ort, oder durch temporäre, zyklische und saisonale Jobs in Iran und Pakistan. Sie bleiben wirtschaftlich und sozial gefährdet und isoliert. Aber anstatt nach Übersee migrieren, scheinen sie jedoch abzuwarten um zu sehen, was in Afghanistan in den nächsten ein, zwei Jahren geschieht. Dies beschert Organisationen einige Zeit, um auf die Ausbildung, Fähigkeiten und Arbeitsmarkt-Integration dieser jungen Menschen einwirken zu können und, speziell, um vertriebenen jungen Frauen Optionen anzubieten.

FMR - Forced Migration Review (5.2014): Afghanistan's displaced people: 2014 and beyond, Urban displaced youth in Kabul, http://www.fmreview.org/en/afghanistan.pdf , Zugriff 29.8.2014

Gemäß dem folgenden Bericht der ILO - internationale Organisation für Arbeit - kommen jährlich mehr als 400.000 junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Afghanistan hat ein steigendes Bedürfnis mehr Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen.

ILO - International Labour Organization (9.2013): Youth Employment Policy Brief: Afghanistan,

http://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&frm=1&source=web&cd=3&cad=rja&uact=8&ved=0CCoQFjAC&url=http://apyouthnet.ilo.org/stats/youth-employment-statistics-in-afghanistan/at_download/file4&ei=vZ3PU9q-OKXmywOJkIK4Cw&usg=AFQjCNHWA4x5Bw1Wvx3rC36FLtvvegazxQ&bvm=bv.71667212 ,d.bGQ, Zugriff 29.8.2014

Die Weltbank genehmigte einen US $ 55 Millionen Zuschuss für die International Development Association (IDA), um afghanische Jugendliche bei der Ausweitung ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen zu unterstützen, während das Land versucht, dessen Erwerbsbevölkerung zu vergrößern.

Das afghanische Second Skills Development Project (ASDP II) - welches durch das afghanische Bildungsministerium (MOE) implementiert wurde - spezialisiert sich auf den System- und Institutionsaufbau im formellen Sektor, welcher technische und berufliche Fähigkeiten in verschiedenen Jobarten vermittelt. Dies folgt einem früheren Projekt, welches von der Weltbank finanziert wurde und welches formale und nicht formale Vermittlungen seit 2008 unterstützt.

WB - Weltbank (19.3.2013): Afghanistan Youth to Receive Skills Boost for Better Jobs,

http://www.worldbank.org/en/news/press-release/2013/03/19/afghanistan-youth-receive-skills-boost-better-jobs , Zugriff 29.8.2014

Innerstaatliche Ausweichmöglichkeiten

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften. (AA 04.06.2013)

Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus. (UNHCR August 2013)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, S. 72 bis 78

Sicherheitsbehörden

Die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte Afghan National Security Forces (ANSF) bestehen aus: der Afghan National Army (ANA), der nationalen afghanischen Polizei (ANP, Afghan National Police) und den nationalen afghanischen Luftstreitkräften Afghan Air Force (AAF) (NATO 6.2013). Die ANP und die ALP tragen die Verantwortung für die interne Ordnung, waren aber auch am Kampf gegen die Rebellen beteiligt (USIP 2.2013).

Nach offiziellen Aussagen der Afghanischen Nationalarmee zufolge konnten die Afghan National Security Forces (ANSF) in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013 selbstständig 90 Prozent aller militärischen Operationen leiten. Die afghanische Regierung hat bis jetzt noch keine konkreten Maßnahmen gesetzt, um zivile Todesfälle am Boden zu vermeiden und sicherzustellen, dass die afghanischen Kräfte die notwendigen Maßnahmen setzen, um die Zivilisten und Gemeinden, die von dem bewaffneten Konflikt betroffen sind, zu schützen. Der Anstieg der zivilen Todesfälle in Operationen der ANSF von 1 auf 14 fällt zusammen mit einem Anstieg der eigenständigen Operationen der ANSF, welche die Notwendigkeit für ANSF-Richtlinien und Eingreifregelungen zum Schutz der Zivilisten bekräftigen (UNAMA 7.2013).

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

Die ANP besteht aus vier Polizeistreitkräften und zwei Hilfstruppen, die unter der Leitung des Innenministeriums (MOI) stehen. Die Hauptkomponenten der ANP sind die Afghan Uniform Police (AUP), die Afghan National Civil Order Police (ANCOP), die Afghan Border Police (ABP), und die Afghan Anti-Crime Police (ACCP). Die Afghan Local Police (ALP) wurde durch ein Dekret des Präsidenten und mit Unterstützung der USA errichtet. Die 19,000 Mitglieder, wurden von Dorfältesten und lokalen Machthabern ausgewählt, um die Gemeinden gegen Angriffe der Taliban zu schützen. Diese werden von Teams der U.S. Spezialkräfte ausgebildet, die, durch Finanzierung unterstützt, sie mit Waffen, Kommunikationsausrüstung und Verstärkung versorgen. Dorfverteidigungseinheiten ("village defense units") bewachen Gebäude und führen lokale Operationen gegen die Rebellen durch (USIP 2.2013).

Nationalarmee (ANA)

Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist verantwortlich für die externe Sicherheit (USDOS 19.4.2013).

National Directorate of Security (NDS)

Das National Directorate of Security (NDS) ist verantwortlich für die Ermittlung in Fällen die nationale Sicherheit betreffend und hat auch die Funktion eines Geheimdienstes(USDOS 19.4.2013).

Quellen:

NATO - North Atlantic Treaty Organization (6.2013): Afghan National Security Forces (ANSF),

http://www.nato.int/nato_static/assets/pdf/pdf_2013_06/20130604_130604-mb-ansf.pdf , Zugriff 7.8.2013

UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan (7.2013): Afghanistan; Mid-Year Report 2013; Protection of Civilians in Armed Conflict, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1375368030_linkclick.pdf , Zugriff 14.1.2014

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/ #wrapper, Zugriff 16.1.2014

USIP - United States Institute of Peace (2.2013): Police Transition in Afghanistan,

http://www.usip.org/sites/default/files/resources/SR322.pdf , Zugriff 16.1.2014

Grundversorgung/Wirtschaft

Afghanistan teilt die üblichen Herausforderungen, die viele Niedriglohn- und Entwicklungswirtschaften haben: hohen Entwicklungsbedarf und beschränkte Ressourcen. Afghanistan ist zusätzlich mit dem Problem konfrontiert, eine große Sicherheitsinfrastruktur zu pflegen, wodurch die bereits begrenzten Geldmittel von wichtigeren Kapitalausgaben weggeleitet werden (IMF 5.2013). Die letzten zehn Jahre haben zu keiner wesentlichen Veränderung der Arbeitslosenrate der afghanischen Bevölkerung beigetragen. Das Land leidet unter einem hohen Grad an Arbeitslosigkeit und den Mangel an Strategien im Bereich von Manufaktur (AF 14.6.2012).

36 Prozent der Bevölkerung leben unter der nationalen Armutsgrenze (WB 17.3.2013). Der Prozentsatz der Bevölkerung in Afghanistan, der Zugang zu Elektrizität hat, ist mit ca. 30 Prozent der niedrigste weltweit. (WB 2013). Die Analphabetenrate beträgt bei Frauen 88 Prozent und bei Männer 61 Prozent (IOM 2.12.2012). Rund 90 Prozent der Frauen und 70 Prozent der Männer haben keinen Schulabschluss. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es an vielen Orten an grundlegender Infrastruktur für Transport, Energie und Trinkwasser. Das rapide Bevölkerungswachstum stellt eine weitere besondere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (AA 4.6.2013).

Das reale Wachstum des Bruttoinlandsproduktes konnte seit 2011 aufgrund von günstigen Wetterbedingung und einer außergewöhnlichen Ernte im Jahr 2012 gesteigert werden. Der Bergbausektor verzeichnete dynamische Entwicklungen 2012 und positive Entwicklungen im Dienstleistungssektor konnten ein Wachstum im selben Jahr verzeichnen. Eine sich verschlechternde Sicherheitssituation und die erhöhte Wahrnehmung von Unsicherheit wirkt sich auf neue Investitionen aus. Die Opiumproduktion 2012 konnte im Gegensatz zum Vorjahr mit 36 Prozent gesenkt werden, ist jedoch höher als die Produktionsrate 2010 (WB 2.5.2013).

Die lokale Wirtschaft basiert auf dem informellen Sektor (miteingerechnet sind illegale Aktivitäten), welcher etwa 80-90 Prozent der wirtschaftlichen Aktivität ausmacht. Der Arbeitsmarkt in Afghanistan wird dominiert von dem landwirtschaftlichen Sektor und dem Dienstleistungssektor. Der Landwirtschaftssektor kann nur schwach die Menschen mit Arbeit und Einkommen versorgen. Der Dienstleistungssektor, der Hauptträger des starken afghanischen Wachstums, wird am meisten unter der progressiven Reduktion des internationalen Geldflusses leiden (ILO 31.5.2012).

Die Arbeitslosenrate beträgt 38 Prozent, während die Grundlinie der Arbeitslosenrate der zwischen 15- und 24-jährigen bei 26 Prozent liegt (IOM 2.12.2012). Afghanistan ist jährlich mit 400,000 neuen arbeitslosen Jugendlichen konfrontiert. Es bedarf der Generierung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten für jene, die in den Arbeitsmarkt neu eintreten, aber auch für diejenigen, die arbeitslos und unterbeschäftig sind (IOM 31.5.2012). Die Rückkehrer üben Druck auf lokale Bewältigungskapazitäten aus. Im Durchschnitt, überleben die Familien mit weniger als einen Dollar pro Tag und ein Drittel der Arbeitskraft fällt unter die Kategorie der unstabilen und ungelernten Arbeit (saisonale Tagesarbeit im landwirtschaftlichen Sektor oder im Baugewerbe) (ILO 31.5.2012).

Ein weiteres Problem ist laut ILO die hohe Anzahl derjenigen, die z. B. ohne Gehalt im Familienbetrieb aushelfen (sogenanntes "vulnerable employment"). Dies sind zu 95% Frauen, insgesamt etwa 6,18 Millionen Menschen und damit rund ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Da das Wachstum der Privatwirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht nur wichtig für die Armutsreduzierung im Land ist, sondern durch die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität im Land beiträgt, ist die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit (AA 4.6.2013).

Die Landwirtschaft ist besonders relevant für das Wachstum von Arbeitsplätzen und Einkommen. ArbeiterInnen dieses Sektors repräsentieren 60 Prozent aller Beschäftigten. Die Arbeit im Landwirtschaftssektor ist charakterisiert von kleinen Familienbetrieben, die oftmals genügend für den Eigenbedarf produzieren und selten genügend Ressourcen haben, um für die Familien das ganze Jahr über zu sorgen (WB 2.5.2013).

Die Schlüsselfaktoren für Nahrungsmittelunsicherheit in Afghanistan:

steigender bewaffneter Konflikt, Unsicherheit und Binnenvertreibung, sowie immer wiederkehrende Zyklen von Naturkatastrophen wie Dürre und Überflutungen (IOM 2.12.2012).

Laut internationalen Finanzinstitutionen und Gebern, werden jahrzehntelang Milliarden an Hilfsgeldern notwendig sein, soll das Land seine eigene Sicherheit verantworten, seine Kinder ausbilden und die Wirtschaft modernisieren. Der IWF gab an, dass sich die finanzielle Eigenständigkeit Afghanistan bis weit nach 2032 verzögern wird (FT 20.5.2013). Afghanistan muss radikal seine Methoden, wie Hilfsgelder verwendet werden, ändern (CSIS 23.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.6.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

AF - Asia Foundation (14.6.2012): The prospects for economic development in Afghanistan,

http://asiafoundation.org/resources/pdfs/ProspectsofEconomicDevelopmentinAfghanistanOccasionalPaperfinal.pdf , Zugriff 9.8.2013

CSIS - Center for Srategic & International Studies (23.1.2013):

Afghanistan: Meeting The Real World Challenges Of Transition, http://csis.org/files/publication/130123_Afghan_Meeting_Challenges_Transition.pdf , Zugriff 9.8.2013

FT- Financial Times (20.5.2013): Afghanistan's forgotten crisis: its economy,

http://www.ft.com/intl/cms/s/0/59d9a5ae-b21e-11e2-a388-00144feabdc0.html #axzz2bT1Wn3iL, Zugriff 9.8.2013

IOM - International Organization of Migration (2.12.2012):

Afghanistan 2012- Consolidated Appeal, http://www.iom.int/jahia/webdav/shared/shared/mainsite/activities/countries/docs/afghanistan/IOM-Afghanistan-CAP-2012.pdf , Zugriff 17.9.2013

WB - Worldbank (17.3.2013): Afghanistan at a glance, http://devdata.worldbank.org/AAG/afg_aag.pdf , Zugriff 9.8.2013

WB - Worldbank (2.5.2013): Afghanistan Economic Update, http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2013/05/02/000333037_20130502161223/Rendered/PDF/770830REVISED0box377289B00PUBLIC00.pdf , Zugriff 9.8.2013

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Nationalität, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit Beschwerdeführers stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende Angaben.

2.2. Die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung zum Aufenthaltsort seiner Mutter und seines Onkels mütterlicherseits, wonach diese sich mittlerweile in Pakistan aufhielten, sind nicht glaubwürdig. Zum Aufenthaltsort der beiden machte der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens verschiedene Angaben. So brachte er bei der Erstbefragung am 08.11.2011 vor, sein Onkel würde in XXXX leben (Akt Seite 19). Bei der Befragung am 14.06.2012 gab der Beschwerdeführer an, sein Onkel mütterlicherseits und seine Mutter würden im XXXX in der Provinz XXXX leben (Akt Seite 63), sein Onkel habe ein Lebensmittelgeschäft in XXXX (Akt Seite 65). In den Beschwerdeausführungen (05.07.2012) wurde darauf hingewiesen, dass sein Onkel in der Provinz XXXX leben würde und der Beschwerdeführer keinen familiären Anschluss in der Stadt XXXX hätte (Akt Seite 197). In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht brachte er schließlich vor, seine Mutter wäre mit ihrem Bruder, dem Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits, und dessen Familie in Pakistan (Protokoll der mV Seite 3). Sein Onkel hätte vier Jahre lang in der Provinz XXXX gelebt und wäre dann für ein paar Monate nach XXXX Stadt gezogen, wo er die ganze Zeit über ein Lebensmittelgeschäft gehabt hätte. Das Vorbringen, dass sein Onkel nicht mehr vom Distrikt SUROBI in der Provinz XXXX nach XXXX Stadt pendeln hätte wollen und deshalb ein Haus in XXXX Stadt angemietet hätte, konnte der Beschwerdeführer noch lebensnah und schlüssig darlegen. Dass der Onkel des Beschwerdeführers mit dessen Familie und der Mutter des Beschwerdeführers an den Standort seines Geschäfts, sohin nach XXXX Stadt übersiedelte, erscheint durchaus nachvollziehbar. Die weitergehenden Ausführungen, sein Onkel mütterlicherseits wäre nach XXXX (Anm.: Stadt) gegangen und hätte dann gemerkt, dass sich die teure Miete mit dem Erlös aus dem Geschäft nicht ausgehen würde, dann hätte er nach Pakistan gemusst (Protokoll der mV Seite 4), erscheinen jedoch nicht glaubhaft: Es ist nicht plausibel, dass sein Onkel, welcher bereits mehrere Jahre lang ein Lebensmittelgeschäft betrieben hätte und folglich kaufmännische Fähigkeiten haben müsste, nicht in der Lage wäre, bereits im Vorfeld eines beabsichtigten Umzugs die Lebenserhaltungskosten in der Stadt XXXX zu kalkulieren, um abschätzen zu können, ob dies mit seinem Einkommen leistbar wäre. Der Beschwerdeführer konnte diese Ungereimtheiten auch auf Vorhalt nicht aufklären. Seiner Behauptung, seine Mutter und sein Onkel wären aus finanziellen Gründen, nämlich aufgrund der zu hohen Mieten, nach nur ein paar Monaten Aufenthalt in XXXX Stadt nach Pakistan gegangen, erscheint auch insofern nicht glaubwürdig, als der Onkel sein Geschäft in XXXX schon davor mehrere Jahre betrieben hat und folglich über das Höhe seines Einkommens und die Mietkosten in XXXX Stadt Bescheid gewusst haben musste. Gerade aufgrund der so erlangten Erfahrungswerte ist schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar, dass es durch den Umzug zu einer im Vorfeld nicht abschätzbaren finanziellen Überforderung gekommen wäre. Hinzu kommt, dass der Onkel des Beschwerdeführers in Pakistan über keine Erwerbsquelle verfügt hätte, wo sich doch sein Geschäft in XXXX Stadt befand, und auch aus diesem Grund ein finanziell motivierter Umzug der Familie von XXXX Stadt nach Pakistan in Zweifel zu ziehen ist. Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen und dem vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht gewonnenen persönlichen Eindruck ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Mutter und sein Onkel würden sich mittlerweile in Pakistan aufhalten, nicht glaubwürdig. Das erkennende Gericht geht vielmehr davon aus, dass sich diese beiden (und somit die Kernfamilie des Beschwerdeführers) nach wie vor in XXXX Stadt befinden.

In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer zu der Anzahl seiner Verwandten verschiedentlich äußerte. Vor dem Bundesasylamt gab er an, sein Vater hätte zwei Brüder (Akt Seite 63), äußerte sich jedoch nicht dahingehend, dass diese schon verstorben wären. In der Beschwerdeverhandlung sprach er hingegen von drei Brüdern seines Vaters, die alle bereits verstorben wären (Protokoll der mV Seite 3). Damit begab sich der Beschwerdeführer nicht nur in unauflösbare Widersprüche, sondern wird daraus in Zusammenhalt mit dem in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck auch das Bestreben ersichtlich, die tatsächlich vorhandenen familiären Anknüpfungspunkte in seinem Herkunftsstaat zu verschleiern.

2.3. Den Ausführungen des Beschwerdeführers zum Fluchtvorbringen war insgesamt kein Glaube zu schenken, da sich wesentliche Punkte seiner Aussage als vage und unplausibel erwiesen.

Die Aussagen des Asylwerbers stellen, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, im Asylverfahren häufig die zentrale Erkenntnisquelle dar, die auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen ist. So ist das Vorbringen eines Asylwerbers dann als glaubhaft anzusehen, wenn es nachstehende vier Grunderfordernisse erfüllt:

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Beschwerdeführer konnte im Laufe mehrerer Einvernahmen und schließlich in der Beschwerdeverhandlung nicht glaubhaft darlegen, dass sein Vater aufgrund einer Tätigkeit beim Geheimdienst von Taliban entführt (und getötet) und dem Beschwerdeführer in weiterer Folge eine Rekrutierung durch die Taliban angedroht worden wäre. Zwar schilderte der Beschwerdeführer den Geschehensablauf von der Tätigkeit des Vaters über dessen Entführung bis hin zum Drohbrief gegen den Beschwerdeführer selbst im Wesentlichen gleichbleibend, jedoch auch in einer sehr oberflächlichen Weise. Bezeichnend dafür ist, dass der Beschwerdeführer keinerlei konkrete Angaben zur Tätigkeit seines Vaters machen konnte und sich diesbezüglich auf Ausführungen allgemeiner Art beschränkte, woraus keine Substanz für ein glaubhaftes Vorbringen gewonnen werden kann. So gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahme vor der belangten Behörde am 14.06.2012 an, er wisse nicht, welchen Dienstrang sein Vater gehabt hätte, seit wann sein Vater Probleme gehabt hätte und könne nichts darüber sagen, welche Probleme dieser gehabt hätte (Akt Seiten 73, 75). In der Beschwerdeverhandlung hielt der Beschwerdeführer auch auf umfangreiche Nachfragen hin seine Schilderungen allgemein. Daraus, dass er angab, er vermute, dass sein Vater bei der Geheimpolizei gearbeitet hätte (Protokoll der mV Seite 5), ergibt sich, dass er sich schon dieses Grundelement seines Vorbringens nicht sicher ist. Seine übrigen Angaben (Vater hätte keine Uniform, aber kleine Pistole getragen und hätte unregelmäßig gearbeitet) sind pauschal gehalten und lassen keine Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens zu. Das Beschwerdevorbringen, der Vater hätte nie mehr von seiner Tätigkeit erzählt, um seine Familie zu schützen, ist insofern nicht plausibel, als nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sogar die Nachbarn versucht hätten, auf ihn einzuwirken, seine Tätigkeit für die Regierung aufzugeben und sich den Taliban anzuschließen (Protokoll der mV Seite 5). In Hinblick darauf, dass die (behauptete) Tätigkeit seines Vaters auch über den engsten Familienverband hinaus bekannt gewesen wäre, ist es jedoch nicht nachvollziehbar, dass die Familie selbst nicht mehr Informationen über die Tätigkeit gehabt hätte. Der Beschwerdeführer schilderte auch die Entführung seines Vaters äußerst vage (eines Tages wären maskierte Taliban gekommen und hätten seinen Vater mitgenommen; Akt Seite 69 und Protokoll der mV 5). Auch unter dem Aspekt, dass der Beschwerdeführer bei der behaupteten Entführung nicht anwesend gewesen wäre und sohin keine eigenen Wahrnehmungen dazu hätte, scheint es nicht glaubwürdig, dass er von seiner bei diesem Vorfall anwesenden Mutter keinerlei nähere Informationen über den Hergang dieses Geschehens bekommen hätte. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich über einen derart einschneidenden Vorfall nicht näher erkundigt hätte bzw. seine Mutter ihm nicht mehr darüber erzählt hätte. Aus diesem Grund sind die Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, wonach seine Mutter ihm nur erzählt hätte, dass maskierte Männer in ihr Haus gekommen wären und seinen Vater mitgenommen hätten, nachdem zuvor ein Drohbrief gekommen wäre (Akt Seite 69, im Wesentlichen wiederholend Protokoll der mV Seite 5), nicht glaubhaft. Hinsichtlich allfälliger Beweismittel fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht vorerst noch angab, der (zweite) Drohbrief würde sich bei seiner Mutter befinden. Hinsichtlich einer (im Raum stehenden) Vorlage des Drohbriefes relativierte er diese Angabe umgehend und gab an, vielleicht hätte seine Mutter diesen auch gar nicht behalten, weil es etwas Unangenehmes wäre. Später gab er an, seine Mutter und er hätten ihr Haus verlassen ohne etwas mitzunehmen und auch nicht daran gedacht, dass so etwas wichtig sein könnte (Protokoll der mV Seite 6). Es wird ersichtlich, dass der Beschwerdeführer sein Antwortverhalten stark änderte und sich so von der Aussage, seine Mutter hätte den Drohbrief vielleicht noch, weit entfernte, indem er schlussendlich angab, dass sie beim Verlassen ihres Hauses nichts mitgenommen hätten. Daraus ergeben sich zwei einander unvereinbar gegenüberstehende Aussagen: Dass sie tatsächlich nichts mitgenommen hätten, schließt nämlich schon die (erste) Angabe des Beschwerdeführers, "vielleicht" würde der Drohbrief sich bei seiner Mutter befinden, aus. Nicht plausibel erscheint auch die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, seiner Mutter wäre aufgrund ihres Analphabetismus die Wichtigkeit von Dokumenten nicht bewusst. Das wechselnde Aussageverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtigt seine persönliche Glaubwürdigkeit, da daraus offenbar wird, dass er keine Bestrebung zur Vorlage von Beweismitteln zeigt und deren Vorhandensein erst unter Hinweis auf eine allfällige Vorlage negierte. Auch sonst zog sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der ihn konkret treffenden Bedrohung durch die Taliban mittels eines Drohbriefs auf vage Angaben zurück, woraus in Zusammenhalt mit der mangelnden Bemühung zur Vorlage von Beweismitteln zu schließen ist, dass es sich dabei um kein den Tatsachen entsprechendes Vorbringen handelt. Soweit der Beschwerdeführer zwei Vorfälle mit Taliban (Schule/XXXX) ins Treffen führte, die bereits eineinhalb Jahre vor seiner Ausreise stattgefunden hätten (Akt Seite 71 und 73), hat er weder dargetan, dass es sich dabei um Umstände gehandelt hätte, die Grund für seine Ausreise gewesen wären, noch bestünde zwischen diesen Vorfällen und der Ausreise des Beschwerdeführers ein hinreichender zeitlicher Zusammenhang, weshalb dieses Vorbringen nicht zur Erfüllung der Voraussetzung wohlbegründeter Furcht gereichen kann (vgl. VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/19/0459; 19.10.2000, Zl. 98/20/0430)

Insgesamt hat der Beschwerdeführer somit in Bezug auf seine behaupteten Fluchtgründe keinen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

2.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegten und anlässlich der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung dargetanen Länderdokumente. Da die aktuellen Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der schlüssigen Situationsdarstellungen im Herkunftsstaat zu zweifeln. Hinzu kommt, dass den Auskünften in der Regel Recherchen von vor Ort tätigen Personen oder Organisationen zu Grunde liegen, welche wohl auf Grund der Ortsanwesenheit am besten zur Einschätzung der Lage fähig sind.

Auch seitens der Verfahrensparteien wurden hinsichtlich der herangezogenen Quellen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht keine Einwände erhoben. Vielmehr stimmte der Beschwerdeführer im Rahmen der der Stellungnahme den ihm vorgelegten Länderberichten zu und gab an, er sei sicher, das die Sicherheitssituation nicht gut sei.

2.4. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Art. 130 Abs. 1 B-VG zufolge erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesasylamtes respektive des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 des Bundesgesetzes über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr.100 (Z 4).

§ 3 Abs. 8 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz zufolge können mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängige Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt werden, wenn die Rechtssache in diesem Zeitpunkt

zur Zuständigkeit eines Senates des Asylgerichtshofes gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Senates oder des Einzelrichters des Bundesverwaltungsgerichtes gehört und alle Mitglieder dieses Senates bzw. der Einzelrichter dem Senat des Asylgerichtshofes angehört haben bzw. hat;

zur Zuständigkeit eines einzelnen Mitglieds des Asylgerichtshofes gehört hat, danach zur Zuständigkeit des Einzelrichters des Bundesverwaltungsgerichtes gehört und es sich um denselben Organwalter handelt.

3.2. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 i.d.g.F.) in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz unter Beachtung der Bestimmungen der §§ 73 und 75 AsylG 2005 i. d.g.F. anzuwenden.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 idF 144/2013 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 75 Abs. 20 leg. cit. in den Fällen des § 75 Abs. 18 und 19 leg. cit. in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 AsylG folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,

den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 AsylG aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegen.

3.3. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 i. d. g. F. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 als der die Asylgewährung regelnden Bestimmung wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

3.4. Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in ihrem Herkunftsstaat glaubwürdig darzutun, war der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gem. § 3 AsylG 2005 abzuweisen.

Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.) und wurde Derartiges seitens des Beschwerdeführers auch nicht behauptet.

Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

3.5. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 i.d.g.F.):

3.6. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht.

Im Vergleich zu § 8 Abs. 1 AsylG 1997, der auf § 57 FrG verwies, bezieht sicht § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr direkt auf die EMRK. Die Verbote des § 57 Abs. 1 FrG (nunmehr § 50 FPG 2005) orientierten sich aber gleichfalls an Art 3 EMRK (Vgl. auch VwGH vom 21.09.2000, 98/20/0557) und erweitern ihn um die Todesstrafe, die per se noch keine unmenschliche oder erniedrigende Strafe i.S.d. EMRK darstellt. Angesichts des somit im Wesentlichen identen Regelungsinhalts des bis 31.12.2005 in Kraft stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 1997 im Verhältnis zum nunmehr in Geltung stehenden § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - abgesehen vom im letzten Halbsatz des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nunmehr enthaltenen zusätzlichen Verweis auf eine eventuelle ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes als weitere mögliche Bedingung für eine Gewährung subsidiären Schutzes - lässt sich die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum § 8 AsylG 1997 i.V.m § 57 Abs. 1 auch auf die neue Rechtslage anwenden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren und in den Schutzbereich des Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention fallenden Bedrohung glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 02.08.2000, 98/21/0461, zu § 57 FrG 1997; auch VwGH vom 25.01.2001, 2001/20/0011).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, 2002/20/0582; VwGH vom 31.05.2005, 2005/20/0095).

3.7. Im Fall des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Feststellungen zur seiner persönlichen Situation vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen auch keine konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat Afghanistan.

Hinsichtlich der Bezugspunkte bei der Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 13.09.2013, U370/2012 folgendes ausgeführt:

"Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013, U1674/12; 12.06.2013, U2087/2012)."

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass sich aus den zugrunde gelegten Länderfeststellung und den in das Verfahren einfließenden sonstigen Informationen für das erkennende Gericht ergibt, dass aufgrund der Häufung und Schwere der in dieser Herkunftsregion des Beschwerdeführers, nämlich der Provinz XXXX, verübten Anschläge und herrschenden Kriegshandlungen sowie der Verstärkung der Aktivitäten der Aufständischen eine allfällige Rückführung des Beschwerdeführers in diese Region für diesen mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden wäre, weshalb ihm eine Rückkehr dorthin nicht zugemutet werden kann.

Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer aufgrund der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden kann:

Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, verfügt der Beschwerdeführer durch seinen Onkel mütterlicherseits und seine Mutter über familiären Anschluss in der Stadt XXXX.

Nach den Ergebnissen des Verfahrens vor dem Bundesasylamt und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht muss - wie oben bereits dargestellt - davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer weder aus "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" aus einem der in der GFK angeführten Asylgründe sein Land verlassen hat, noch dass er im Falle seiner Rückkehr einer "realen Gefahr" iSd Art 2 oder Art 3 EMRK ausgesetzt wäre, die subsidiären Schutz notwendig machen würde.

Denn auch unabhängig vom individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers sind keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die ihm im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm. § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage (z.B. Hungersnöte), eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v. United Kingdom und Henao v. The Netherlands, Unzulässigkeitsentscheidung vom 24.06.2003, Beschwerde Nr. 133699/03).

Auch nach Ansicht des EGMR ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht dergestalt, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. EGMR Urteil Husseini v. Sweden vom 13.10.2011, Beschwerdenummer 10611/09, Ziffer 84). Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage erscheint damit eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional - sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedlichen - Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der individuellen Situation des Beschwerdeführers ist diesem die Rückkehr aus folgenden Gründen auch zumutbar:

Wie oben festgestellt, ist der Beschwerdeführer gesund, im erwerbsfähigen Alter und verfügt über eine langjährige Schulausbildung. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer in XXXX über familiäre Bindungen, dort lebt nämlich noch zumindest sein Onkel mütterlicherseits sowie seine Mutter.

Der Beschwerdeführer verfügt damit in seiner Heimat nach wie vor über das für Rückkehrer notwendige soziale Netzwerk, und dies darüber hinaus in der für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sicheren und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbaren Stadt XXXX. Denn in XXXX ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es auch dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt XXXX verzeichneten Anschlägen hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGO¿s ereignen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt XXXX als ausreichend sicher zu bewerten ist.

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es auch nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Solche Umstände konnte der Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht glaubhaft machen. Er verfügt über eine fundierte Schulbildung, spricht eine der dortigen Landessprachen, ist gesund und arbeitsfähig. Da er zudem über familiären Rückhalt in der Stadt KABUL verfügt und eine dem Familienverband entsprechende Unterstützung anzunehmen ist, kann davon ausgegangen werden, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Heimat in der Lage sein wird, sich seinen Lebensunterhalt zu sichern. Da der Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers seinem Vorbringen nach seit bereits einigen Jahren die Mutter des Beschwerdeführers versorgt, ist davon auszugehen, dass er über entsprechende wirtschaftliche Mittel verfügt dem Beschwerdeführer zumindest unmittelbar nach seiner Rückkehr Unterhalt leisten könnte. Deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wieder wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte.

Die Prüfung nach den vom VfGH festgelegten Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass es dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in die Stadt KABUL jedenfalls möglich und auch zumutbar wäre.

Ausgehend davon ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

3.9. Zur Entscheidung über die dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung (§ 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF):

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht bei einem mit Ablauf des 31.12.2013 noch beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, so hat es aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100 idF 144/2013, darüber zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG BGBl I. Nr. 87/2012 idgF zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 9 Abs. 4 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß § 9 Abs. 6 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr. 60/1974 gilt.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH vom 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen neben den zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienleben bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Als Kriterien hiefür kommen in einer Gesamtbetrachtung etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens bzw. die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sich bei der Prüfung allein auf das Kriterium der Abhängigkeit zu beschränken, greift jedenfalls zu kurz (vgl. VwGH vom 26.1.2006, Zl. 2002/20/0423).

Der Beschwerdeführer reiste im November 2011 illegal in Österreich ein, stellte einen Asylantrag und hält sich seit diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen nicht auf das Asylgesetz gestützten Aufenthaltstitel, welcher einer Ausweisung entgegenstehen könnte. Da sein Asylantrag sowohl im Hinblick auf internationalen Schutz als auch im Hinblick auf subsidiären Schutz nunmehr abgewiesen wurde, besteht im gegenständlichen Fall grundsätzlich ein rechtliches sowie ein gewichtiges öffentliches Interesse auf Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen und damit auf Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen oder Verwandten. Da er im Bundesgebiet bisher auch keine Beziehung bzw. Lebensgemeinschaft eingegangen ist, wäre mit seiner Ausweisung jedenfalls kein Eingriff in sein durch Art 8 EMRK geschütztes Recht auf Familienleben verbunden.

Eine besonders fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers während seines nur auf das Asylgesetz gestützten Aufenthaltes im Bundesgebiet kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes derzeit nicht erkannt werden:

Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, feststellt, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall des Beschwerdeführers, der sich seit November 2011 (sohin gut drei Jahre) in Österreich aufgehalten hat, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet nicht nur zu kurz ist, um seinem Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet ein relevantes Gewicht zu verleihen, sondern auch zu kurz ist, als dass ein Eingriff in das genannte Recht anzunehmen wäre.

Sollte aber - entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts - davon auszugehen sein, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer in sein Recht auf Privat- oder Familienleben eingreifen würde, wäre ein solcher Eingriff jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt:

Der Beschwerdeführer hält sich erst seit November 2011 sohin seit etwas über drei Jahre, im Bundesgebiet auf. Er verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens. Er ist illegal nach Österreich eingereist (vgl. dazu VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Die Dauer des vorliegenden Asylverfahrens übersteigt mit drei Jahren nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthalts im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 4.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z 85 f.).

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers wird weiter dadurch relativiert, dass dieser auf einem Antrag auf internationalen Schutz beruht, der sich als nicht berechtigt erwiesen hat. Dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein.

Dem Beschwerdeführer ist zugute zu halten, dass er Deutschkurse besucht und darüber hinaus auch Bildungsmaßnahmen (Absolvierung mehrerer Medienmodule) in Anspruch genommen hat. Er ist jedoch nicht selbsterhaltungsfähig und war in Österreich noch nie legal erwerbstätig. Aus dem im Akt einliegenden Bestätigungsschreiben (Mithilfe bei Aufräumarbeiten nach Hochwasser) zeigt sich ein soziales Engagement, aus einem Unterstützungsschreiben ist weiters ersichtlich, dass der Beschwerdeführer sich bei einem österreichischen XXXX stark engagiert und sich dort bereits einen Bekannten- bzw. Freundeskreis aufgebaut hat. Auch diese bereits geknüpften erste Kontakte sind jedoch nicht geeignet, die Integration maßgeblich zu verstärken. Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung dieser privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein musste: Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur auf Grund seines Antrags auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21.878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Weitere zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechende integrative Schritte sind nicht erkennbar.

Insbesondere vor dem Hintergrund der als kurz zu bewertenden Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Rahmen der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes unterstützt wurde, kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben.

Hingegen hat der 21-jährige Beschwerdeführer den Großteil seines bisherigen Lebens in Afghanistan verbracht, ist dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat dort seine Sozialisation erfahren. In Afghanistan leben seine Familienangehörigen, zu seiner Mutter hat er auch regelmäßig Kontakt. Der Beschwerdeführer beherrscht auch eine Sprache des Herkunftsstaates als Muttersprache. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte. Daher ist derzeit im Vergleich von einer deutlich stärkeren Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat auszugehen.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich strafgerichtlich unbescholten geblieben ist, vermag insofern keine relevante Verstärkung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführer an seinem Verbleib in Österreich zu bewirken, als mangelnde Straffälligkeit die Regel sein sollte; vielmehr stellt die Begehung von Straftaten einen eigenen Grund für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen dar (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Der Beschwerdeführer vermochte zum Entscheidungszeitpunkt daher keine entscheidungserheblichen integrativen Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet darzutun, welche zu einem Überwiegen der privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat führen könnten.

Selbst wenn man vom Vorliegen einer geschützten Rechtssphäre ausginge, wäre der Eingriff, wie dargelegt, jedenfalls verhältnismäßig und die Erlassung der Rückkehrentscheidung zur Erreichung der Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten.

3.10. Da sohin auch keine Gründe erkennbar sind, die den Ausspruch einer dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung nahelegen würden, war das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt zurückzuverweisen.

III. Zur Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, sondern ausschließlich das Resultat einer eingehenden Glaubwürdigkeitsauseinandersetzung, basierend auf den konkret im Verfahren präsentierten Angaben der beschwerdeführenden Partei darstellt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In vorliegendem Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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