VfGH G17/2022

VfGHG17/20221.7.2022

Keine Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des Stmk Landesbediensteten Dienst- und Besoldungsrechts betreffend die beschränkte Anrechnung von Vordienstzeiten mit reinem Inlandsbezug; unterschiedliche Anrechnung von Vordienstzeiten aus Dienstverhältnissen bei Gebietskörperschaften und solchen bei anderen Einrichtungen basiert auf verfassungsrechtlicher Grundlage

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art21 Abs4
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
AEUV Art45
Stmk Landes-Dienst- und Besoldungsrecht §190 Abs5, §280 Abs1
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:G17.2022

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt der Oberste Gerichtshof, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass

"1. §190 Abs5 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 sowie in §280 Abs1 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolge '§256 Vorrückungsstichtag';

2. in eventu, dass

a. §190 Abs5 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 sowie in §280 Abs1 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolge '§256 Vorrückungsstichtag',

b. in §256 Abs1 Z2 litb) Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolge ', soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte', in eventu in §256 Abs1 Z2 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolge 'a) die die Erfordernisse des Abs3 erfüllen,' und die Wortfolge 'b) die die Erfordernisse des Abs3 nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte.',

c. §256 Abs1 Z1, Abs2 und Abs6 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 sowie

d. §193 Abs6 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29, §260 Abs2 Z2 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29, in §260 Abs3 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolgen 'oder bei einer den angeführten Einrichtungen vergleichbaren Einrichtungen nach §256 Abs5' und 'oder dieser vergleichbaren Einrichtung', §280 Abs1 Stmk L-DBR idF LGBl 2014/151 sowie §294 Abs5 und Abs10 idF LGBl 2011/74;

3. in eventu, dass

a. §190 Abs5 Stmk L[-]DBR idF LGBl 2003/29, in §280 Abs1 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolge '§256 Vorrückungsstichtag' und §256 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29,

b. §193 Abs6, §260 Abs2 Z2, in §260 Abs3 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 die Wortfolgen 'oder bei einer den angeführten Einrichtungen vergleichbaren Einrichtungen nach §256 Abs5' und 'oder dieser vergleichbaren Einrichtung', §280 Abs1 Stmk L-DBR idF LGBl 2014/151 sowie §294 Abs5 und Abs10 idF LGBl 2011/74"

verfassungswidrig waren.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk Gesetzes über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L-DBR), LGBl 29/2003, lauten wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Hauptstück II

Besoldungsrechtliche Bestimmungen

§145

Anwendungsbereich

Dieses Hauptstück ist auf Bedienstete anzuwenden, deren Dienstverhältnis nach dem 31. Dezember 2002 begründet wird sowie auf Bedienstete, die gemäß §289 in das Besoldungsschema St. optiert haben.

[…]

§155

Vorrückungsstichtag

(1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass die zwischen dem Tag der Vollendung des 18. Lebensjahres und dem Tag der Anstellung liegenden Zeiten im Ausmaß bis zu höchstens zehn Jahren zu 60 % dem Tag der Anstellung vorangestellt werden.

(2) Der Vorrückungsstichtag des Beamten/der Beamtin ist mit Bescheid festzustellen. Die Feststellung soll möglichst gleichzeitig mit der Ernennung des Beamten/der Beamtin vorgenommen werden.

[…]

Hauptstück III

Dienst- und Besoldungsrechtliche Sonderbestimmungen

I. Teil

Sonderbestimmungen für Vertragsbedienstete im Gesundheitswesen

§190

Anwendungsbereich

(1) Dem Entlohnungsschema SI, SIa oder SII kann nur angehören, wer

1. die Voraussetzungen

a) des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, BGBl I Nr 169/1998 (im Folgenden als 'Ärztegesetz 1998' bezeichnet) oder

b) des Bundesgesetzes betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und der Sanitätshilfsdienste, BGBl Nr 102/1961 (im Folgenden als 'Krankenpflegegesetz' bezeichnet) oder

c) des Bundesgesetzes über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, BGBl I Nr 108/1997 oder

d) des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, BGBl Nr 460/1992 (im Folgenden als 'MTD-Gesetz' bezeichnet) oder

e) des Hebammengesetzes, BGBl Nr 310/1994 für die Ausübung einer in diesen Bundesgesetzen geregelten Tätigkeit erfüllt oder

f) die für den entsprechenden Gesundheitsberuf vorgesehene Ausbildung absolviert hat und

2. die betreffende Tätigkeit tatsächlich in den

a) Steiermärkischen Krankenanstalten

b) Steirischen Landesalten-, Bezirks-, Alten-, Pensionisten- und Pflegeheimen,

c) Gesundheits- und Krankenpflegeschulen einschließlich der Internate oder

d) Akademien und Schulen für den medizinischtechnischen Dienst

ausübt.

(2) Soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt wird, sind

1. das Hauptstück I mit Ausnahme der §§5 bis 8, Abschnitt IV (dienstliche Ausbildung) und Abschnitt VII (Dienstbeurteilung) und

2. das Hauptstück II auf Vertragsbedienstete im Gesundheitswesen anzuwenden.

(3) §11 Abs6 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass durch befristete Fortsetzung eines befristeten Dienstverhältnisses eines/einer in Berufsausbildung stehenden Arztes/Ärztin keine Verlängerung des Dienstverhältnisses auf unbestimmte Zeit eintritt.

(4) §147 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich der Monatsbezug aus Gehalt und allfälligen Zulagen (Dienstalterszulage, Dienstzulage, Verwaltungsdienstzulage, Mehrleistungszulage, Verwendungszulage, Pflegedienstzulage, Pflegedienst-Chargenzulage, Ergänzungszulage, Erzieherzulage, Kinderzulage) zusammensetzt.

(5) Abweichend vom §155 ist bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages §256 anzuwenden.

(6) §164 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Pauschalierung von Nebengebühren gemäß §164 Abs1 Z2, 4, 5, 7 und 8 das Pauschale in einem Eurobetrag festzusetzen ist.

(7) Auf Vertragsbedienstete des Entlohnungsschemas SIa und S Dir. findet §176 keine Anwendung.

(8) §260 Abs1 bis 4 (Jubiläumszuwendung) gilt sinngemäß.

(9) Für die Überstellung in einer höhere Entlohnungsgruppe ist §282 anzuwenden.

[…]

Hauptstück IV

Übergangsbestimmungen für Beamte/Beamtinnen und Vertragsbedienstete

§245

Anwendungsbereich

(1) Dieses Hauptstück gilt für Beamte/Beamtinnen und Vertragsbedienstete, die am 31. Dezember 2002 im Dienststand stehen und nicht in das Besoldungsschema St. optiert haben sowie für Lehrer/Lehrerinnen am Konservatorium Graz, Kindergärtner/Kindergärtnerinnen sowie Erzieher/Erzieherinnen an Horten.

(2) Soweit in Hauptstück IV nicht anderes bestimmt wird, sind Hauptstück I und Hauptstück II des Gesetzes auf Bedienstete gemäß Abs1 anwendbar.

[…]

§256

Vorrückungsstichtag

(1) Der Vorrückungsstichtag ist dadurch zu ermitteln, dass unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs4 bis 8 dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:

1. die im Abs2 angeführten Zeiten zur Gänze,

2. sonstige Zeiten,

a) die die Erfordernisse des Abs3 erfüllen, zur Gänze,

b) die die Erfordernisse des Abs3 nicht erfüllen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte.

(2) Gemäß Abs1 Z1 sind voranzusetzen:

1. die Zeit, die

a) in einem Dienstverhältnis

aa) zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder

bb) bei der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. oder

b) im Lehrberuf

aa) an einer inländischen öffentlichen Schule, Universität oder Hochschule oder

bb) an der Akademie der bildenden Künste oder

cc) an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule

zurückgelegt worden ist;

2. die Zeit der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes nach dem Wehrgesetz 2001, BGBl I Nr 146/2002 und des Zivildienstes nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl Nr 679 sowie die Zeit der Tätigkeit als Fachkraft der Entwicklungshilfe im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl Nr 574/1983;

3. die Zeit, in der der Beamte auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl Nr 27/1964, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 v. H. gehabt hat;

4. die Zeit

a) der Einführung in das praktische Lehramt,

b) der Gerichtspraxis (Rechtspraktikantenzeit),

c) der nach dem Ärztegesetz 1984, BGBl Nr 373, zur ärztlichen Berufsausübung vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit an einer zugelassenen Ausbildungsstätte,

d) einer Tätigkeit oder Ausbildung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, soweit auf sie die arbeitsmarktpolitischen Förderungmaßnahmen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl Nr 31/1969, anzuwenden waren,

e) in einem Dienstverhältnis, das im Rahmen der Rechtsfähigkeit einer inländischen Universität oder Hochschule, der Akademie der bildenden

Künste, der Akademie der Wissenschaften, der Österreichischen Nationalbibliothek oder einer sonstigen wissenschaftlichen Einrichtung gemäß Forschungsorganisationsgesetz, BGBl Nr 341/ 1981, oder eines Bundesmuseums oder des Österreichischen Patentamtes eingegangen worden ist;

5. die Zeit einer Verwendung oder Ausbildung, wenn sie in der Anlage zu diesem Gesetz weiter anzuwendenden Rechtsvorschrift für die Verwendung des Beamten/der Beamtin

a) in einer der im §257 Abs2 Z3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen über das Erfordernis der abgeschlossenen Hochschulbildung hinaus vorgeschrieben ist;

b) in der Verwendungsgruppe B über das Erfordernis der erfolgreichen Ablegung der Reifeprüfung an einer höheren Schule hinaus vorgeschrieben ist; ferner die nach der Erlangung des Reifezeugnisses einer höheren Schule für die Ausbildung zur Ablegung der Befähigungsprüfung für den Fremdsprachenunterricht aufgewendete Zeit, soweit sie ein Jahr nicht übersteigt;

6. bei Beamten/Beamtinnen, die in die Verwendungsgruppen B oder B1, oder in eine der in §257 Abs2 Z2 und 3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen aufgenommen werden, die Zeit des erfolgreichen Studiums

a) an einer höheren Schule oder

b) solange der Beamte/die Beamtin damals noch keine Reifeprüfung erfolgreich abgelegt hat, an einer Akademie für Sozialarbeit

bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Beamte/die Beamtin den Abschluss dieser Ausbildung hätte erreichen können; mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen. Als Zeitpunkt des möglichen Schulabschlusses ist bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember anzunehmen;

7. die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Akademie oder den Akademien verwandten Lehranstalt, das für den Beamten/die Beamtin Ernennungserfordernis gewesen ist, sowie die zurückgelegte Berufspraxis, wenn sie nach den jeweils geltenden Prüfungsvorschriften für die Erlangung der Lehrbefähigung für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe L2a2 vorgeschrieben war, in beiden Fällen bis zum Höchstausmaß von insgesamt zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums;

8. die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Universität (wissenschaftlichen Hochschule), Kunsthochschule oder einer staatlichen Kunstakademie, das für den Beamten/die Beamtin Aufnahmeerfordernis gewesen ist,

a) bei Studien, auf die die Bestimmungen des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl Nr 177/1966, und die nach ihm erlassenen besonderen Studiengesetze anzuwenden sind, bis zu der in den Studiengesetzen und Studienordnungen für die betreffende Studienrichtung oder den betreffenden Studienzweig vorgesehenen Studiendauer; hat der Beamte/die Beamtin an das Diplomstudium, auf das bereits die Bestimmungen des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes anzuwenden waren, das zugehörige Doktoratsstudium angeschlossen und

aa) waren auf dieses Doktoratsstudium die Bestimmungen des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes noch anzuwenden oder

bb) wird die Dauer des Doktoratsstudiums in den neuen Studienvorschriften nicht genau festgelegt, so ist die tatsächliche Dauer des Doktoratsstudiums bis zum Höchstausmaß von einem Jahr für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages zu berücksichtigen;

b) bei Studien, auf die die Bestimmungen des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes und die nach ihm erlassenen besonderen Studiengesetze nicht anzuwenden sind, bis zu dem in der Anlage festgesetzten Höchstausmaß; zum Studium zählt auch die für die Erwerbung eines akademischen Grades erforderliche Vorbereitungszeit.

Als Laufzeit des Sommersemesters ist die Zeit vom 1. Jänner bis zum 30. Juni, als Laufzeit des Wintersemesters ist die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember anzusehen. Wurde das Studium mit einem Trimester begonnen, so ist als Beginn des Studiums, wenn das erste Trimester ein Sommer- oder Herbsttrimester, der 1. Juli, wenn das erste Trimester ein Wintertrimester war, der 1. Jänner des betreffenden Jahres anzusehen.

(3) Die Anrechnung eines Studiums gemäß Abs2 Z8 umfasst bei Studien, auf die das allgemeine Hochschul-Studiengesetz, BGBl Nr 177/1966, und die nach ihm erlassenen besonderen Studiengesetze

1. anzuwenden sind, höchstens die in den Studiengesetzen und Studienordnungen für den betreffenden Studienzweig vorgesehene Studiendauer,

2. nicht anzuwenden sind, höchstens das in der Anlage festgesetzte Höchstausmaß.

(4) Hat der Beamte/die Beamtin nach einem Diplomstudium, auf das das Allgemeine Hochschul-Studiengesetz anzuwenden war, das zugehörige Doktoratsstudium erfolgreich abgeschlossen und

1. war auf dieses Doktoratsstudium das Allgemeine Hochschul-Studiengesetz nicht anzuwenden oder

2. wird die Dauer des Doktoratsstudiums in den neuen Studienvorschriften nicht genau festgelegt,

so ist gemäß Abs2 Z8 die tatsächliche Dauer des Doktoratsstudiums bis zum Höchstausmaß von einem Jahr für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages zu berücksichtigen.

(5) Soweit Abs2 die Berücksichtigung von Dienstzeiten oder Zeiten im Lehrberuf von der Zurücklegung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, einer inländischen Schule oder sonst genannten inländischen Einrichtung abhängig macht, sind diese Zeiten auch dann zur Gänze für den Vorrückungsstichtag zu berücksichtigen, wenn sie

1. nach dem 7. November 1968 bei einer vergleichbaren Einrichtung eines Staates zurückgelegt worden sind, der oder dessen Rechtsnachfolger nunmehr Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, oder

2. nach dem 31. Dezember 1979 bei einer vergleichbaren Einrichtung des Staates zurückgelegt worden sind, mit dem das Assoziierungsabkommen vom 29. 12. 1964, 1229/1964, abgeschlossen worden ist.

(6) Zeiten gemäß Abs1 Z2, in denen der Beamte/die Beamtin eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können insoweit zur Gänze berücksichtigt werden, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten/ der Beamtin von besonderer Bedeutung ist.

(7) Zeiträume, in die die nachstehend angeführten Zeiten fallen, sind von einer Voransetzung nach Abs1 ausgeschlossen:

1. die Zeit, die nach Abs2 Z1 oder 4 litd oder e oder nach Abs5 zu berücksichtigen wäre, wenn der Beamte/die Beamtin auf Grund einer solchen Beschäftigung einen Anspruch auf laufende Pensionsleistungen erworben und diese nicht dem Land abgetreten hat,

2. die Dienstzeit in einem öffentlichen Dienstverhältnis, soweit sie nach den Vorschriften, die für dieses Dienstverhältnis gegolten haben, für die Vorrückung in höhere Bezüge nicht wirksam gewesen ist,

3. die Zeit, die im Zustand der Ämterunfähigkeit zurückgelegt worden ist.

Die Einschränkung der Z2 gilt nicht für Zeiten, die nur deshalb nicht voll für die Vorrückung in höhere Bezüge wirksam waren, weil sie in einem Beschäftigungsausmaß zurückgelegt wurden, das unter der Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgeschriebenen Beschäftigungsausmaßes lag. Waren solche Zeiten aus anderen Gründen für die Vorrückung nicht oder nicht voll wirksam (z. B. wegen eines Karenzurlaubes), ist die Z2 hingegen anzuwenden.

(8) Aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann Nachsicht von den Ausschlussbestimmungen des Abs7 Z2 gewährt werden.

(9) Die im Abs2 Z1 und 4 litd bis f angeführten Zeiten sind in dem Ausmaß voranzusetzen, in dem sie im Falle einer Überstellung aus der entsprechenden

niedrigeren Verwendungsgruppe in die höhere Besoldungs- oder Verwendungsgruppe gemäß §257 für die Vorrückung anrechenbar wären, wenn sie

1. in den Fällen, in denen das gegenwärtige Dienstverhältnis in einer der Verwendungsgruppen L2a2 begonnen hat, vor der Erfüllung des Ernennungserfordernisses der erfolgreichen Absolvierung einer Akademie oder einer den Akademien verwandten Lehranstalt oder eines Ernennungserfordernisses liegen, das dieses Erfordernis ersetzt oder an seine Stelle tritt;

2. in den Fällen, in denen das gegenwärtige Dienstverhältnis in einer der im §257 Abs2 Z3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen begonnen hat, vor der Erfüllung des Ernennungserfordernisses der abgeschlossenen Hochschulbildung oder der Erfüllung eines Ernennungserfordernisses liegen, das das erstgenannte Erfordernis ersetzt oder an seine Stelle tritt;

3. in den Fällen der Z1 und 2 zwar nach der Erfüllung der angeführten Erfordernisse liegen, aber in einer Einstufung zurückgelegt worden sind, die der Besoldungs- oder Verwendungsgruppe, in der das gegenwärtige Dienstverhältnis begonnen hat, nicht mindestens gleichwertig ist.

(10) Die in Abs1 Z2 litb, Abs2 Z7 und 8 und Abs6 angeführten Zeiträume sind in dem Ausmaß voranzusetzen, in dem sie im Falle einer Überstellung aus der entsprechenden niedrigeren Verwendungsgruppe in die höhere Besoldungs- oder Verwendungsgruppe gemäß §257 für die Vorrückung anrechenbar wären, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs9 Z1 oder 2 zutreffen.

(11) Die mehrfache Berücksichtigung ein und desselben Zeitraumes ist unzulässig. Nicht zu berücksichtigen sind ferner die in Abs2 Z2 und 3 angeführten Zeiten, soweit sie in einen gemäß Abs2 Z7 oder 8 angeführten Zeitraum fallen.

(12) Der Vorrückungsstichtag ist mit Bescheid festzustellen. Die Feststellung soll möglichst gleichzeitig mit der Ernennung des Beamten/der Beamtin vorgenommen werden.

(13) Wird ein Beamter/eine Beamtin in eine der im Abs2 Z6 angeführten Verwendungsgruppen überstellt, so ist sein Vorrückungsstichtag mit Wirkung vom Tag der Überstellung insoweit zu verbessern, als sich aus der Anwendung des Abs2 Z5 bis 8 eine Verbesserung für seine/ihre neue Verwendungsgruppe ergibt. Soweit sie in Betracht kommen, sind hiebei die Abs7, 8, 10 und 11 anzuwenden.

[…]

II. Teil

Vertragsbedienstete des Entlohnungsschemas I und II

§280

Sinngemäße Anwendung von besoldungsrechtlichen Bestimmungen der Beamten/Beamtinnen

(1) Soweit in diesem Teil nicht anderes bestimmt ist, gelten die Bestimmungen der

§255 Monatsbezug

§256 Vorrückungsstichtag

§259 Nebengebühren

§268 Mehrleistungszulage

§271 Pflegdienst-Chargenzulage

§273 Erzieherdienstzulage

für Vertragsbedienstete sinngemäß.

(2) §260 Abs1 bis 4 (Jubiläumszuwendung) gilt sinngemäß. Die Jubiläumszuwendung für den teilbeschäftigten Vertragsbediensteten/die teilbeschäftigte Vertragsbedienstete ist nach jenem Teil des seiner/ihrer Einstufung entsprechenden Monatsentgeltes (und der Kinderzulage) zu bemessen, der seinem/ihrem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß entspricht."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin im Anlassverfahren ist seit 2. April 2007 als Diplomkrankenschwester und Vertragsbedienstete nach dem Stmk L-DBR bei der Beklagten im Anlassverfahren beschäftigt. Der Klägerin wurden zu Beginn ihres Dienstverhältnisses bestimmte Vordienstzeiten angerechnet. Auf Grund der Novellierung des Stmk L-DBR durch LGBl 74/2011 stellte die Klägerin keinen Antrag auf Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages. Erst auf Grund der Novelle LGBl 17/2018 führte die Beklagte auf Antrag der Klägerin eine neue Vordienstzeitenberechnung durch, nach der sich der Vorrückungsstichtag der Klägerin verbesserte. Die Klägerin machte daraufhin die Gehaltsdifferenz geltend, die sie von Juni 2011 bis Mai 2019 erhalten hätte, wenn ihr bereits bei Dienstantritt sämtliche Vordienstzeiten und ihre dreijährige Ausbildungszeit angerechnet worden wären und ihr Vorrückungsstichtag dementsprechend festgesetzt worden wäre.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit € 31.536,93 statt und wies das Mehrbegehren von € 313,50 ab.

Das Berufungsgericht gab der gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung erhobenen Berufung der Beklagten Folge, wies das Klagebegehren zur Gänze ab und ließ die ordentliche Revision zu.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Revision an den Obersten Gerichtshof. Darin beantragte sie die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgabe, stellte hilfsweise einen Aufhebungsantrag und regte ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union sowie die Unterbrechung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Verfahrens zur Zahl 9 Ob 64/19f an.

2. Der Oberste Gerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"2. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen:

2.1. Gesetze wirken nach §5 ABGB im Allgemeinen auf abgeschlossene Sachverhalte oder auf vergangene Zeitabschnitte bei Dauerrechtsverhältnissen nicht zurück (9 ObA 64/19f Pkt 3.1. mwN). Sofern es sich aber um Dauertatbestände handelt, ist der in den Zeitraum der Herrschaft der neuen Rechtsnorm herüberreichende Abschnitt des Dauertatbestands nach den Vorschriften des neuen Gesetzes zu beurteilen, falls nicht Übergangsbestimmungen etwas anderes anordnen (RS0008747; RS0008715 [T7, T19]). Vor allem bei einem Dauerrechtsverhältnis, das vor dem Beginn seines zeitlichen Geltungsbereichs begonnen hat und während seines zeitlichen Geltungsbereichs andauert, ist das neue Gesetz hinsichtlich jener Zeitabschnitte anzuwenden, die auf den Zeitraum nach dem Beginn des zeitlichen Geltungsbereichs entfallen (9 ObA 8/16s). Die Rückwirkung eines Gesetzes bezieht sich nur auf jene Tatbestände, für die die Rückwirkung ausdrücklich ausgesprochen wird (RS0008694), sodass Rechtsänderungen auf abschließend verwirklichte Sachverhalte nicht zurückwirken, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich Gegenteiliges anordnet (RS0008694 [T8]) oder der besondere Charakter einer zwingenden Norm nicht deren rückwirkende Anordnung verlangt (RS0008694 [T4]).

Die hier strittigen Monatsbezüge der Klägerin beruhen auf solchen abschließend verwirklichten Sachverhalten, weil die jeweilige Leistung der Klägerin, für die der jeweilige Monatsbezug gebührt, bereits erbracht wurde. Nach den dargestellten Grundsätzen ist daher die im klagsgegenständlichen Zeitraum jeweils anwendbare Rechtslage für die Bemessung des einzelnen Monatsbezugs heranzuziehen.

2.2. Im vorliegenden Verfahren geht es zum einen um die Überprüfung von Monatsbezügen, die nach 'Altrecht' zu bemessen waren (§256 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 und LGBl 2011/74) und zum anderen um jene, die auf Basis des §256a Stmk L-DBR gebühren. Letztere werden jedoch nicht an den VfGH zur Überprüfung herangetragen.

Von der gegenständlichen Anrufung des VfGH sind ausschließlich jene Vordienstzeiten betroffen, die […] die Beklagte […] zu Beginn des Dienstverhältnisses nicht zur Gänze, sondern lediglich im Ausmaß von eineinhalb Jahren nach §256 Abs1 Z2 litb Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 für die Berechnung des Vorrückungsstichtags und die Einstufung angerechnet hat. Durch eine weitere Anrechnung von 1.916 Tagen von diesen Vordienstzeiten hätte die Klägerin aufgrund des dadurch besseren Vorrückungsstichtags und der dadurch höheren Einstufung einen höheren Entlohnungsanspruch gegenüber der Beklagten, der von ihr – neben weiteren Ansprüchen – in diesem Verfahren geltend gemacht wird.

[…]

4. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

4.1. […]

4.2. Unionsrechtliche Vorfrage

4.2.1. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Regelung, wonach bei österreichischen Gebietskörperschaften zurückgelegte Vordienstzeiten zur Gänze angerechnet werden, aber eine Anrechnung von bei anderen Arbeitgebern zurückgelegten einschlägigen Vordienstzeiten ausgeschlossen ist, geeignet, Wanderarbeitnehmer, die bei anderen Arbeitgebern eine einschlägige Berufserfahrung erworben haben oder gerade erwerben, davon abzuhalten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen (EuGH 5. 12. 2013 Rs C-514/12 , Salzburger Landeskliniken, Rz 28, 35; 8. 5. 2019 C-24/17 , Österreichischer Gewerkschaftsbund, Rz 82, 92).

4.2.2. Nach den im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmungen sind die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder bei der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH zurückgelegten Vordienstzeiten zur Gänze anrechenbar (§256 Abs2 Z1 lita) sublitaa) und bb) iVm Abs1 Z1 Stmk L‑DBR idF LGBl 2003/29). Soweit §256 Abs2 leg cit die Berücksichtigung von Dienstzeiten oder Zeiten im Lehrberuf von der Zurücklegung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, einer inländischen Schule oder sonst genannten inländischen Einrichtung abhängig macht, sind diese Zeiten auch dann zur Gänze für den Vorrückungsstichtag zu berücksichtigen, wenn sie 1. nach dem 7. 11. 1968 bei einer vergleichbaren Einrichtung eines Staats zurückgelegt worden sind, der oder dessen Rechtsnachfolger nunmehr Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder 2. nach dem 31. 12. 1979 bei einer vergleichbaren Einrichtung des Staats zurückgelegt worden sind, mit dem das Assoziierungsabkommen vom 29. 12. 1964, 1229/1964, abgeschlossen worden ist (§256 Abs5 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29). Sonstige Zeiten, die die Erfordernisse des Abs3 nicht erfüllen – das sind die vom Anfechtungsumfang betroffenen Vordienstzeiten – sind hingegen, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, nur zur Hälfte anrechenbar. Zeiten gemäß §256 Abs2 Z1 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29, in denen der Beamte eine Tätigkeit ausgeübt oder ein Studium betrieben hat, können zwar zur Gänze berücksichtigt werden, aber nur insoweit, als die Tätigkeit oder das Studium für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung ist (§256 Abs6 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29). Auf diese Bestimmung stützt die Klägerin die begehrte Anrechnung ihrer Vordienstzeiten nicht.

4.2.3. Diese Beschränkungen gelten auch dann, wenn die Arbeitnehmer – wie hier unstrittig die Klägerin […] – gleichartige oder identische (und nicht bloß 'schlicht nützliche') Vordienstzeiten aufzuweisen haben. Sie können Wanderarbeitnehmer daher davon abhalten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Da dafür auch keine sachliche Rechtfertigung vorliegt (und die Beklagte auch keine Rechtfertigungsgründe vorgebracht hat) verstoßen sie gegen Art45 AEUV und Art7 Abs1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (vgl EuGH 5. 12. 2013 C-514/12 , Salk; EuGH 10. 10. 2019 C-703/17 , Adelheid Krah/Universität Wien; EuGH 8. 5. 2019 C-24/17 , Österreichischer Gewerkschaftsbund; vgl auch 9 ObA 40/20b Pkt 3, 4).

4.2.4. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts sind diese Beschränkungen daher nicht anzuwenden, sodass Wanderarbeitnehmern im Ergebnis gleichartige oder identische Vordienstzeiten jedenfalls zur Gänze anzurechnen sind, unabhängig davon, bei welchen Arbeitgebern diese Vordienstzeiten zurückgelegt wurden.

4.3. Anwendungsbereich des Unionsrechts:

Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts setzt jedoch voraus, dass sich der betroffene Arbeitnehmer auf das Unionsrecht berufen kann. Mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts ist der Anwendungsbereich des Unionsrechts dann nicht eröffnet, wenn es um die Anrechnung von in Österreich zurückgelegten Vordienstzeiten inländischer Arbeitnehmer geht (9 ObA 64/19f Pkt 5.3. vom 17. 12. 2019 unter Bezugnahme auf 8 ObA 34/17h Pkt 4.2.; 8 ObA 8/17k Pkt 4.; VwGH 27. 5. 2019 Ra 2017/12/0047 Pkt 17). Solche Arbeitnehmer – wie hier die Klägerin – können sich auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts daher nicht berufen.

4.4. Inländerdiskriminierung:

4.4.1. Der Umstand, dass sich ein Inländer nicht unmittelbar auf Art45 AEUV berufen kann, schließt allerdings nicht aus, dass der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall als Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs-)Recht zu beurteilende Frage zu prüfen ist, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden darf als ein EU-Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen kann (4 Ob 145/14y Pkt 4.1. ff; vgl 4 Ob 200/14m Pkt 4.4.; 9 ObA 64/19f Pkt 5.4.1. vom 17. 12. 2019; 9 ObA 65/19b Pkt 5.4.1. vom 17. 12. 2019).

4.4.2. Im vorliegenden Fall führt der Anwendungsvorrang des Unionsrechts dazu, dass in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug (Wander-)Arbeitnehmern sämtliche einschlägige Vordienstzeiten zur Gänze und ohne quantitative (§256 Abs1 Z2 litb Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29) oder formale (§256 Abs6 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29) Einschränkungen anzurechnen waren; inländischen Arbeitnehmern wurden demgegenüber die genannten Einschränkungen aufgebürdet. Aus diesem Grund scheint §256 Abs1 Z2 litb Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 Sachverhalte ohne Unionsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug zu diskriminieren.

4.4.3. Nach österreichischem Verfassungsrecht kann der Gesetzgeber zwar zwischen Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, einerseits und sonstigen Zeiten andererseits unterscheiden (VfGH 18. 6. 2010 B1427/08 Pkt 3.2., VfSlg 19.110). Davon zu trennen ist allerdings die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn bestimmten Arbeitnehmern aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts solche sonstigen Zeiten unterschiedslos anzurechnen sind. Eine solche Inländerdiskriminierung wird nach ständiger Rechtsprechung des VfGH am Gleichheitssatz gemessen und bedarf daher einer sachlichen Rechtfertigung, und zwar selbst dann, wenn – wie hier – erst der Anwendungsvorrang des Unionsrechts die Differenzierung zwischen Binnen- und Unionssachverhalten erkennen lässt (VfGH 1. 3. 2004 G110/03 Pkt II.2.1. ff, VfSlg 17.150).

4.4.4. Im österreichischen Recht widerspricht es im Regelfall dem Gleichheitsgrundsatz, österreichische Staatsbürger gegenüber Ausländern ohne sachliche Rechtfertigung zu benachteiligen (VfGH 7. 10. 1997 V76/97 und V92/97, Pkt II.3.c) bb), VfSlg 14.963). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte gegenüber Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (VfGH 1. 3. 2004 G110/03 Pkt II.2.1., VfSlg 17.150). Darüber hinaus werden auch österreichische Staatsbürger untereinander ungleich behandelt, nämlich Wanderarbeitnehmer mit österreichischer Staatsbürgerschaft (die etwa im Ausland Vordienstzeiten erworben haben, die sie nach Unionsrecht angerechnet erhalten) im Vergleich zu sonstigen österreichischen Arbeitnehmern, bei denen kein Auslandsbezug vorliegt.

4.5. Sachliche Rechtfertigung:

Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ist nicht zu erkennen. Dies gilt sowohl für die quantitative Begrenzung der Anrechnung (§256 Abs1 Z2 litb Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29) als auch für die im Ermessen der Beklagten stehende Anrechnung von Vordienstzeiten unter der im Vergleich zur Anrechnung von Zeiten nach §256 Abs2 Z1 lita) sublitaa) und bb) Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29 strengeren Voraussetzung, dass diese Tätigkeit für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung sein muss (§256 Abs6 Stmk L-DBR idF LGBl 2003/29) (vgl EuGH 30. 11. 2000, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft öffentlicher Dienst, C-195/98 , Rn 44).

4.6. Aus den dargelegten Gründen hegt der Senat Bedenken gegen die Anwendung der Bestimmung des §256 Abs1 Z2 leg cit wegen Verstoßes gegen Art7 B‑VG und Art2 StGG." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Die Steiermärkische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"II. Zur Zulässigkeit:

1. Zum Anfechtungsumfang:

[…] Die Zulässigkeit des Hauptantrages […] wird […] in Zweifel gezogen. Bei diesen […] Bestimmungen handelt es sich um verweisende Normen.

[…]

In Fällen, in denen sich verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Verweisung, sondern gegen die verwiesene Norm richten, muss geprüft werden, ob den Bedenken – sofern sie zutreffen – durch Aufhebung der verweisenden oder der verwiesenen Norm Rechnung zu tragen ist. Im Allgemeinen wird dabei mit der Aufhebung der verweisenden Norm vorzugehen sein, weil damit die Bedeutung der verwiesenen Norm in ihrem 'eigenen' Rechtsgebiet oder in anderem Sachzusammenhang unangetastet bleibt (VfSlg 18.033/2006; VfGH 13.10.2016, G640/2015 ua; 25.11.2016, G252/2016; 28.2.2017, G162/2016; 28.2.2020, G276/2019).

Im vorliegenden Fall würde die Aufhebung der Verweisung allerdings einen erheblich über die zur Beseitigung der Bedenken erforderliche Bereinigung hinausgehenden Eingriff in das Rechtsgefüge mit sich bringen (VfSlg 18.033/2006), da bei Entfall des §190 Abs5 die Ermittlung des Vorrückungsstichtages für jene Vertragsbedienstete im Gesundheitswesen, bei denen dies nach dem zeitlichen Anwendungsbereich in Betracht kommt, nach §155 Stmk L-DBR, LGBl Nr 29/2003 (Stammfassung), zu erfolgen hätte. […]

Schon der Umfang der verglichenen Bestimmungen zeigt die völlig unterschiedliche Systematik der Anrechnung von Vordienstzeiten. Der Gesetzgeber hat von seinem in dienstrechtlichen Angelegenheiten weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum (VfSlg 19.110/2010) dahingehend Gebrauch gemacht, dass er zwei Berechnungsmodelle implementiert hat, die auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sind. Durch die Aufhebung des §190 Stmk L-DBR, LGBl Nr 29/2003, würde der dem Gesetzgeber eingeräumte rechtspolitische Gestaltungsspielraum konterkariert und die Vordienstzeitenanrechnung hinsichtlich der von der Änderung betroffenen Dienstverhältnisse eine umfassende Änderung erfahren.

[…]

3. Zu den Voraussetzungen der Prüfung einer Inländerdiskriminierung:

Was die unionsrechtliche Vorfrage betrifft, vertritt die Steiermärkische Landesregierung die Auffassung, dass ein allfälliger Anwendungsvorrang des Unionsrecht[s] voraussetzt, dass sich der betroffene Arbeitnehmer auf das Unionsrecht berufen kann und dass der Anwendungsbereich des Unionsrechts mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts dann nicht eröffnet ist, wenn es um die Anrechnung von in Österreich zurückgelegten Vordienstzeiten geht.

Die im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof klagende Partei stammt aus Serbien und hat ihre Ausbildung in Serbien absolviert; diese wurde in Österreich nach Vorweis von vertiefenden Praktika, Prüfungen und der erfolgreichen Ablegung von kommissionellen Ergänzungsprüfungen anerkannt. Sie begehrt die Anrechnung von Vordienstzeiten, die sie in Österreich erbracht hat. Da im Anlassfall somit kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, ist der Anwendungsbereich von Art45 AEUV nicht eröffnet.

Der 9. Senat des Obersten Gerichtshofs, der den gegenständlichen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof beschlossen hat, geht offenkundig davon aus, dass trotz des Fehlens eines grenzüberschreitenden Sachverhalts eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof wegen Inländerdiskriminierung in Betracht kommt. Er führt begründend an, dass der Umstand, dass sich ein Inländer nicht unmittelbar auf Art45 AEUV berufen kann, nicht ausschließe, dass der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall als Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs‑)Recht zu beurteilende Frage zu prüfen sei, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden dürfe als ein EU‑Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen kann; als Beleg werden OGH-Entscheidungen des 4. und des 9. Senates angeführt.

Diesbezüglich ist auf die Judikaturdivergenz innerhalb des Obersten Gerichtshofs hinzuweisen: Der 8. Senat teilt diesen Standpunkt nicht (OGH 28.09.2017, 8 Ob A34/17h) und begründet dies damit, dass diese Vorgangsweise die Vorabklärung einer hypothetischen unionsrechtlichen Fragestellung erfordere, zumal der Anwendungsbereich des Unionsrechts nicht eröffnet sei. Es handle sich also um eine Art 'Mischsystem', für das im Unionsrecht keine Grundlage bestehe (vgl den Hinweis zu 4 Ob 218/14h, EvBl 2015/133 [Brenn]). Mit dem Unionsrecht stehe es viel eher im Einklang, dass sich im Zusammenhang mit der Beurteilung einer allenfalls unzulässigen Inländerdiskriminierung das dafür zuständige Gericht auch mit der unionsrechtlichen Vorfrage auseinandersetzt, wobei freilich Art267 AEUV zu beachten sei.

Die Steiermärkische Landesregierung schließt sich der vom 8. Senat vertretenen Auffassung an und schließt daraus die Unzulässigkeit eines Normprüfungsantrags gem. Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG.

III. In der Sache:

Nur für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof entgegen den obigen Ausführungen zum Ergebnis kommen sollte, dass im vorliegenden Fall eine Inländerdiskriminierung zu prüfen sei, wird Folgendes ausgeführt:

§256 Abs1 Z1 iVm Abs2 Z1 lita sublitaa und bb Stmk L-DBR idF LGBl Nr 29/2003 normiert, dass Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder bei der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. zurückgelegt wurden, zur Gänze als Vordienstzeiten anrechenbar sind. Bei der Berücksichtigung von Dienstzeiten oder Zeiten im Lehrberuf sind diese gem. §256 Abs5 auch dann zur Gänze zu berücksichtigen, wenn die Zeiten nach dem 7. November 1968 bei einer vergleichbaren Einrichtung des Staates zurückgelegt worden sind, der oder dessen Rechtsnachfolger nunmehr Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, oder nach dem 31. Dezember 1979 bei einer vergleichbaren Einrichtung des Staates zurückgelegt worden sind, mit dem das Assoziierungsabkommen vom 29. Dezember 1964, 1229/1964 abgeschlossen worden ist. Sonstige Zeiten, die die Erfordernisse des Abs3 nicht erfüllen und daher alle restlichen Zeiten, sind, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, zur Hälfte anrechenbar.

Der Oberste Gerichtshof führt in seinem Antrag aus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH eine Regelung, wonach bei österreichischen Gebietskörperschaften zurückgelegte Vordienstzeiten zur Gänze angerechnet werden, aber eine Anrechnung von bei anderen Arbeitgebern zurückgelegten einschlägigen Vordienstzeiten ausgeschlossen ist, geeignet sei, Wanderarbeitnehmer, die bei anderen Arbeitgebern eine einschlägige Berufserfahrung erworben haben oder gerade erwerben, davon abzuhalten, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten zwei verschiedene Systeme gibt, nämlich einerseits jenes, das auf eine dienstgeberbezogene und 'branchenabhängige' und anderseits jenes, das auf die dienstnehmerbezogene und 'für die Ausübung relevante' einschlägige Berufserfahrung abstellt. Dies ist auch bei der Interpretation der EuGH‑Judikatur zu berücksichtigen. In der Anrechnungssystematik des §256 Abs1 Z1 iVm Abs2 Z1 lita sublitaa und bb wird offenkundig auf eine Anrechnung von dienstgeberbezogenen Zeiten abgestellt, in welcher einschlägige Vordienstzeiten, wie im Anlassfall deutlich erkennbar, weder gefordert noch für eine Anrechnung erforderlich sind.

Die im Antrag angeführten Urteile des EuGH beziehen sich zwar auf die Anrechnung der Vordienstzeiten, jedoch mit wesentlichen Unterschieden auf der Sachverhaltsebene. Zwar trifft es zu, dass der EuGH in der Entscheidung Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gegen Republik Österreich, Rs C-24/17 , ausgesprochen hat, dass Art45 AEUV und Art7 Abs1 der Verordnung (EU) Nr 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach für die Bestimmung des Besoldungsdienstalters eines Vertragsbediensteten die Vordienstzeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft oder zu einem Gemeindeverband eines Mitgliedstaats des Europäischen Wirtschaftsraums, der Türkischen Republik oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, zu einer Einrichtung der Europäischen Union, zu einer zwischenstaatlichen Einrichtung, der Österreich angehört, oder zu ähnlichen Stellen zurückgelegt wurden, zur Gänze angerechnet werden, während alle anderen Vordienstzeiten nur im Ausmaß von bis zu zehn Jahren angerechnet werden und nur sofern sie einschlägig sind.

Das für eine differenzierte Sichtweise entscheidende Merkmal in dem soeben zitierten EuGH-Urteil, aber auch in anderen (vgl EuGH 10.10.2019, Rs C- 703/17, Krah/Universität Wien) ist, dass in den vorgelegten Normen immer auch die einschlägige Berufserfahrung bei den Vordienstzeiten eine Rolle spielen, welche aber im gegenständlichen Sachverhalt gerade nicht gefordert werden.

Hier ist insbesondere auf die Entscheidung EuGH 14.3.2018, Rs C-482, Stollwitzer/ÖBB Personenverkehr AG, hinzuweisen, die auf europäischer Ebene eine Anrechnung der bei Unternehmen, die im selben Wirtschaftssektor tätig sind, erworbenen Erfahrung als zulässig und nicht diskriminierend erachtet. Ob eine, wie im vorliegenden Fall zusätzlich limitierte Anrechnung von 'sonstigen Zeiten', die die Anrechnung von jeglichen Zeiten, ohne Anforderungen an diese zu stellen, vorsieht, die darüber hinaus lediglich dem Arbeitnehmer zugutekommt, Art45 AEUV entgegensteht, ist eine Entscheidung, die auf europäischer Ebene getroffen werden muss.

Das vorlegende Höchstgericht kommt in dem konstruierten und hypothetischen, auf den vorliegenden Sachverhalt de facto nicht anwendbaren 'unionsrechtlichen Sachverhalt' zum Ergebnis, dass Wanderarbeitnehmern gleichartige oder identische Vordienstzeiten jedenfalls zur Gänze anzurechnen seien, unabhängig davon, bei welchen Arbeitgebern diese Vordienstzeiten zurückgelegt wurden.

Dieser Ansicht ist daher in Bezug auf die vorliegende Norm zum einen entgegenzuhalten, dass die zuvor gezogenen Schlussfolgerungen nicht dem Sachverhalt entsprechen und daher das europarechtlich 'vermischte' Ergebnis nicht auf diesen Sachverhalt anwendbar ist, sowie zum anderen und vor allem, dass der Antragsteller dem europäischen Höchstgericht eine Entscheidung in einer noch nicht zur Gänze ausjudizierten unionsrechtlichen Sache vorwegnimmt, ohne hierzu die Kompetenz zu haben.

Aufgrund der zuvor dargelegten Argumente kann zur von der Antragstellerin vorgebrachten Inländerdiskriminierung und der hierzu geforderten sachlichen Rechtfertigung, ausgeführt werden, dass Wanderarbeitnehmern gleichartige oder identische Vordienstzeiten, unabhängig davon, bei welchen Arbeitgebern diese Vordienstzeiten zurückgelegt wurden, nicht zur Gänze anzurechnen sind, sondern in gleicher Weise wie jene von Inländerinnen und Inländern angerechnet werden.

Ergänzend wird ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof selbst in seiner Entscheidung vom 18.06.2010 (VfGH B1427/08, VfSlg 19.110) eine Rechtsprechung erarbeitet hat, die in einer Unterscheidung einerseits von in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegten und andererseits sonstigen Zeiten, keine Verletzung im Gleichheitsrecht sieht.

Eine Inländerdiskriminierung liegt daher aus Sicht des Landes Steiermark nicht vor." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

4. Die Klägerin im Anlassverfahren hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Obersten Gerichtshofes anschließt und im Wesentlichen Folgendes ausführt:

"Die [angefochtenen] Bestimmungen des Stmk L-DBR widersprechen dem Gleichheitssatz gemäß Art7 B‑VG, da sie zu einer unzulässigen Inländerdiskriminierung führen. (siehe dazu auch die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes ergangen zu. VfGH 1. 3. 2004 G110/03 Pkt II.2.1. ff, VfSlg 17.150)

Auf Grund der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (zB EuGH 08.05.2020, C‑24/17 , EuGH 5.12.2013, C-514/12 ) müssen Dienstnehmern und Dienstnehmerinnen Dienstzeiten im EU-Raum auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes (insbesondere auf Basis von Art45 AEUV) angerechnet werden.

Verneint man die Anwendbarkeit des Art45 AEUV auf reine innerstaatliche Fälle müssten vergleichbare inländische Vordienstzeiten – insbesondere im Bereich der Privatwirtschaft – nicht angerechnet werden und würden diese daher nicht bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt werden.

Damit liegt eine Diskriminierung von Dienstnehmern vor, die vorwiegend im Inland Tätigkeiten ausgeübt haben, da facheinschlägige Tätigkeiten bei einem inländischen privaten Dienstgeber (also zB einem privaten Pflegeheim) – anders als Tätigkeiten bei einem privaten Arbeitgeber in einem anderen EU-Staat (also zB einem Pflegeheim in Deutschland) nicht in vollem Ausmaß bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages angerechnet werden.

Sinn der Anrechnung von Vordienstzeiten bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages ist jedenfalls die Berücksichtigung der facheinschlägigen Berufserfahrung von Dienstnehmern und Dienstnehmerinnen bei der Entgeltfestsetzung, da die diesbezügliche einschlägige Berufserfahrung zu einer verbesserten Arbeitsleistung der Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen führt.

Diese verbesserte Gegenleistung des Dienstnehmers oder der Dienstnehmerin erhält der Dienstgeber aber unabhängig davon, ob der vorherige Dienstgeber bei dem die Vordienstzeiten erworben worden sind, ein öffentlich-rechtlicher oder ein privatrechtlicher war oder ob die Vordienstzeiten bei einem Dienstgeber im Inland oder im übrigen EU-Raum erworben worden sind. Entscheidend ist vielmehr, ob durch die Vordienstzeiten bei anderen Dienstgebern sich das Wissen und die Qualifikation des jeweiligen Dienstnehmers oder der jeweiligen Dienstnehmerin verbessert. Daraus folgt, dass allein die in vorherigen Dienstverhältnissen vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten ein sachgerechtes Differenzierungskriterium für eine Unterscheidung bei der Berücksichtigung von Vordienstzeiten sein können und nicht - wie in den nunmehr angefochtenen Bestimmungen des Stmk L‑DBR - die Frage, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstgeber gehandelt hat oder ob die örtliche Lage des ehemaligen Dienstgebers im Inland oder im übrigen EU-Raum gelegen ist. Es werden somit an gleiche Sachverhalte in den angefochtenen Bestimmungen des Stmk L-DBR nicht die gleichen Rechtsfolgen geknüpft, weshalb ein Verstoß gegen Art7-B‑VG vorliegt.

Aus demselben Grund ist auch eine Deckelung der Anrechnung von Vordienstzeiten unsachlich, da sie eine Diskriminierung inländischer Tätigkeiten bei privaten Dienstgebern gegenüber vergleichbaren Tätigkeiten bei privaten Dienstgebern im EU-Ausland bewirkt, da bei Letzteren auf Grund der vorher zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sämtliche Vordienstzeiten im vollen Ausmaß anzurechnen sind und damit eine Deckelung der Vordienstzeitenanrechnung im Gegensatz zu den zuerst genannten Dienstzeiten unzulässig ist. (EuGH, 08.05.2020, C‑24/17 , EuGH 5.12.2013, C‑514/12 )

Es liegt daher ein Verstoß gegen Art7[ B‑VG] auf Grund einer Inländerdiskriminierung vor.

Es ist nämlich grundsätzlich unsachlich und dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot widersprechend, wenn Beschäftigungszeiten bei inländischen Dienstgebern, die überwiegend von österreichischen Staatsbürgern erworben werden, im Vergleich zu Beschäftigungszeiten bei ausländischen Dienstgebern, die vorwiegend nicht von inländischen Dienstnehmern erworben werden, bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages in einem geringeren Ausmaß berücksichtigt werden ohne dass es irgendeinen sachlichen Grund für eine derartige Differenzierung gibt.

Es müsste also der steiermärkische Landesgesetzgeber unter Beweis stellen, dass insbesondere facheinschlägige vorher bei privaten Dienstgebern in Österreich verrichtete Tätigkeiten einen geringeren Wert für das Land Steiermark als entsprechende Tätigkeiten bei privaten Dienstgebern in anderen EU-Staaten darstellen. Die Erbringung eines derartigen Beweises ist jedoch nicht möglich und wurde daher ein derartiger Beweis auch nicht erbracht.

Es ist vielmehr indiziert, dass inländische rechtliche Bestimmungen zumindest ein gleichwertiges Ausmaß bei der Berechnung der Vordienstzeiten zwischen Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern sicherstellen müssen, zumal letzten Endes sämtliche Legislativorgane dem Staatsvolk (somit Inländern) gegenüber politisch verantwortlich sind und ihre Gesetzgebungskompetenz im Sinne des Staatsvolkes auszuüben haben.

Dies gilt umso mehr als Personen mit inländischen Dienstverhältnissen (somit vorwiegend Inländer) in Österreich den absolut überwiegenden Teil der Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und anderer Abgaben entrichten, die letzten Endes auch den Staat inklusive der dazugehörenden Legislativorgane finanzieren.

Eine gegenteilige Rechtsansicht liegt daher auch keinesfalls im öffentlichen Interesse und ist diese auch geeignet das Vertrauen der Staatsbürger bzw sämtlicher in Österreich lebender und arbeitender Personen in ein funktionierendes Staatswesen nachhaltig zu erschüttern.

Wenn also auf Grund der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes Dienstnehmern Dienstzeiten im Ausland auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes angerechnet werden müssen, vergleichbare inländische Vordienstzeiten – insbesondere im Bereich der Privatwirtschaft – bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages jedoch nicht berücksichtigt werden, ist genau ein derartiger Diskriminierungstatbestand von Staatsbürgern bzw Personen, die Tätigkeiten im Inland verrichten, verwirklicht.

Die angefochtenen Bestimmungen des Stmk L-DBR sind daher als gleichheitswidrig zu qualifizieren und aufzuheben.

[…]

Zu beachten ist jedenfalls aber auch, dass die gegenständliche Regelung des Stmk L-DBR auch den aktuellen politischen Bemühungen entgegensteht ein möglichst nachhaltiges – einem Krisenfall standhaltende[s] – Pflegesystem mit einer ausreichenden Anzahl an Pflegerinnen und Pflegern (wie der Klägerin) zu gewährleisten.

Genau diese Bemühungen konterkarieren die angefochtenen Bestimmungen des Stmk L-DBR aber in erheblichem Ausmaß.

Geht man nämlich von den angefochtenen Regelungen des Stmk L-DBR aus, wäre es für jeden Dienstnehmer finanziell günstiger Tätigkeiten im Pflegebereich im EU-Raum (zB in Deutschland, Schweden oder den Niederlanden) zu verrichten als bei privaten Rechtsträgern in Österreich.

Würde ein Dienstnehmer nämlich zunächst bei einem privaten Pflegeheim in Deutschland arbeiten, müssten diesem auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die dort verrichteten Vordienstzeiten zur Gänze angerechnet werden, wenn er danach eine Tätigkeit im Pflegebereich des Landes Steiermark aufnimmt. Hätte dieselbe Person hingegen ihre Vordienstzeiten in einem privat geführten Pflegeheim in der Steiermark verbracht, müsste diese Person mit einer Anrechnung von Vordienstzeiten im geringeren Ausmaß auf Grund der nunmehr angefochtenen Gesetzesbestimmungen des Stmk L-DBR rechnen.

Aus diesem Grund sind die angefochtenen Bestimmungen des Stmk L-DBR geeignet[,] den in der öffentlichen Diskussion immer wieder thematisierten Pflegenotstand zu verstärken, was wohl – selbst in Zeiten in denen es keine Pandemie gibt - nicht im öffentlichen Interesse liegt.

[…]

Es kann daher keinesfalls vom rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasst sein, Regelungen zu erlassen, die die Aufrechterhaltung der intensivmedizinischen Kapazitäten konterkarieren, weil sie zB qualifizierte Pflegekräfte zur Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland bewegen." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011, 20.082/2016; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies – wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen – im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.3. Mit seinem Hauptantrag begehrt der Oberste Gerichtshof den Ausspruch, dass §190 Abs5 sowie die Wortfolge "§256 Vorrückungsstichtag" in §280 Abs1 Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 verfassungswidrig waren.

1.3.1. Die Bedenken des Obersten Gerichtshofes richten sich gegen die beschränkte Anrechnung von Vordienstzeiten gemäß §256 Abs1 Z2 litb Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 für Vertragsbedienstete mit reinem Inlandsbezug. Diese Bestimmung ist (in der angegebenen Fassung; siehe VfGH 25.6.2021, G100/2021) im Anlassverfahren auf Grund des Verweises in §190 Abs5 leg cit anzuwenden, weshalb §190 Abs5 leg cit präjudiziell ist. §280 Abs1 leg cit steht mit dieser Bestimmung in einem Regelungszusammenhang.

1.3.2. In Fällen wie der hier vorliegenden Art, in denen sich verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Verweisung, sondern gegen die verwiesene Norm richten, muss geprüft werden, ob den Bedenken – sofern sie zutreffen – durch Aufhebung der verweisenden oder der verwiesenen Norm Rechnung zu tragen ist. Im Allgemeinen wird dabei mit der Aufhebung der verweisenden Norm vorzugehen sein, weil damit die Bedeutung der verwiesenen Norm in ihrem "eigenen" Rechtsgebiet oder in anderem Sachzusammenhang unangetastet bleibt (vgl VfSlg 18.033/2006; VfGH 13.10.2016, G640/2015 ua; 25.11.2016, G252/2016; 28.2.2017, G162/2016; 28.2.2020, G276/2019).

Vor diesem Hintergrund erweist es sich im vorliegenden Fall als ausreichend, dass der Oberste Gerichtshof lediglich die verweisende Bestimmung des §190 Abs5 Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 anficht, weil es sich dabei um eine Sonderbestimmung für Vertragsbedienstete im Gesundheitswesen handelt, die eine Anwendung des §256 leg cit anordnet. Die verwiesene Bestimmung des §256 leg cit hat demgegenüber den wesentlich weiteren Anwendungsbereich (siehe §245 leg cit).

1.4. Der Hauptantrag ist somit zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Oberste Gerichtshof begründet seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen – auf das Wesentliche zusammengefasst – damit, dass die im Anlassverfahren maßgebliche beschränkte Anrechnung von Vordienstzeiten in "quantitativer" (nur zur Hälfte und soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen; §256 Abs1 Z2 litb Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003) und "formaler" Hinsicht (Anrechnung zur Gänze nur, wenn die Vordienstzeiten für die erfolgreiche Verwendung von besonderer Bedeutung sind; §256 Abs6 leg cit) zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Inländerdiskriminierung führe und damit gegen Art7 B‑VG und Art2 StGG verstoße. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechtes habe nämlich zur Folge, dass in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug sämtliche "gleichartigen" oder "identischen" Vordienstzeiten zur Gänze anzurechnen seien, unabhängig davon, bei welchen Arbeitgebern sie zurückgelegt worden seien. Im Gegensatz dazu werde nur mehr bei reinen Inlandssachverhalten zwischen Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden seien, und Zeiten, die bei einem anderen Arbeitgeber zurückgelegt worden seien und für die die genannten Beschränkungen daher weiterhin bestünden, unterschieden. Einerseits seien dadurch inländische Staatsbürger gegenüber (EU‑)Ausländern benachteiligt. Andererseits würden auch österreichische Staatsbürger untereinander ungleich behandelt, nämlich jene, die im Ausland Vordienstzeiten erworben hätten und diese nach dem Unionsrecht angerechnet bekämen, und jene ohne Auslandsbezug.

2.3. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar: Gemäß §256 Abs1 Z1 iVm Abs2 Z1 lita (iVm §190 Abs5) Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 sind unter anderem (Vordienst‑)Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind, zur Gänze anzurechnen. Dies gilt gemäß §256 Abs5 leg cit unter anderem auch für entsprechende Dienstzeiten, die nach dem 7. November 1968 bei einer vergleichbaren Einrichtung eines Staates zurückgelegt worden sind, der oder dessen Rechtsnachfolger nunmehr Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist. Bei anderen Arbeitgebern zurückgelegte Zeiten, die – wie im Anlassverfahren – "die Erfordernisse des Abs3" leg cit (gemeint wohl: Abs6 leg cit) nicht erfüllen, werden hingegen gemäß §256 Abs1 Z2 litb leg cit, soweit sie insgesamt drei Jahre nicht übersteigen, nur zur Hälfte angerechnet. Nur Zeiten, in denen eine Tätigkeit ausgeübt wurde, die für die erfolgreiche Verwendung im Dienstverhältnis "von besonderer Bedeutung" ist, können gemäß §256 Abs6 leg cit insoweit zur Gänze angerechnet werden.

2.4. Der Oberste Gerichtshof leitet aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 8. Mai 2019, Rs C-24/17 , Österreichischer Gewerkschaftsbund, und aus weiteren Entscheidungen (vgl EuGH 5.12.2013, Rs C‑514/12 , SALK; 10.10.2019, Rs C‑703/17 , Krah/Universität Wien) ab, dass Bestimmungen des nationalen Rechts, die eine Anrechnung von in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft erworbenen Vordienstzeiten zur Gänze und aller anderen Vordienstzeiten nur in beschränktem Ausmaß vorsehen, Art45 AEUV und Art7 Abs1 der VO (EU) 492/2011 widersprächen. Auf Grund des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes seien diese Beschränkungen nicht anzuwenden, sodass im Anwendungsbereich des Unionsrechtes im Ergebnis gleichartige oder identische Vordienstzeiten jedenfalls zur Gänze anzurechnen seien, unabhängig davon, bei welchen Arbeitgebern diese zurückgelegt worden seien.

Ein Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union, das ausspricht, dass unmittelbar anwendbares Unionsrecht einer innerstaatlichen Norm entgegensteht, hat die Wirkung, dass die betreffenden Teile der nationalen Rechtsordnung wegen Verstoßes gegen unionsrechtliche Bestimmungen künftig unangewendet zu bleiben haben. Eine nach innerstaatlichen Maßstäben an sich verfassungskonforme Rechtslage ist daher auf Grund eines solchen Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union nur mehr auf Sachverhalte anzuwenden, die nicht vom Anwendungsvorrang des Unionsrechtes betroffen sind. Daraus kann sich eine sogenannte "Inländerdiskriminierung" ergeben.

2.5. Es kann dahingestellt bleiben, ob – insbesondere im Hinblick auf §256 Abs6 Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 – die Annahme des Obersten Gerichtshofes, dass die angefochtenen Bestimmungen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union unionsrechtswidrig seien, zutrifft, weil sich die im vorliegenden Antrag geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken unabhängig davon als unbegründet erweisen:

2.5.1. Unter der Annahme des Obersten Gerichtshofes, nach der die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union so zu verstehen sei, dass nicht nur die quantitative Beschränkung nach §256 Abs1 Z2 litb Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003, sondern auch die Beschränkung nach Abs6 leg cit – jeweils iVm Abs5 leg cit – im Widerspruch zu Art45 AEUV und Art7 Abs1 VO (EU) 492/2011 stehe, wären die genannten nationalen Bestimmungen in Fällen mit Unionsrechtsbezug auf Grund des Anwendungsvorranges des Unionsrechtes verdrängt (vgl etwa VfSlg 17.150/2004).

Diese sich aus dem Widerspruch zum Unionsrecht ergebende Nichtanwendung der genannten nationalen Bestimmungen beträfe – wie bereits ausgeführt und auch vom Obersten Gerichtshof dargelegt – nur jene Sachverhalte, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechtes fallen, nicht jedoch rein innerstaatliche Sachverhalte, also solche, in denen ein österreichischer Staatsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. In Fällen ohne Unionsrechtsbezug wäre die nationale Bestimmung somit jedenfalls in ihrer Gesamtheit anzuwenden.

Folglich ergäbe sich in der hier zugrunde liegenden Konstellation eine differenzierte Behandlung von Vertragsbediensteten im Gesundheitswesen aus dem Umstand, dass die angefochtenen Bestimmungen des Stmk L‑DBR idF LGBl 29/2003 in ihrer Auslegung durch den Obersten Gerichtshof eine unterschiedliche Anrechnung von bei Gebietskörperschaften erworbenen Vordienstzeiten im Vergleich zu anderen Vordienstzeiten vorsehen und daher im Anwendungsbereich des Unionsrechtes nicht, im Hinblick auf davon nicht erfasste Sachverhalte jedoch in vollem Umfang anzuwenden wären. Damit läge eine Rechtslage vor, nach der rein inländische Sachverhalte im Ergebnis schlechter behandelt würden als Sachverhalte im Anwendungsbereich des Unionsrechtes.

2.5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber (EU-)Ausländern am Gleichheitssatz zu messen und bedarf daher einer besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl VfSlg 13.084/1992, 14.863/1997, 14.963/1997, 17.150/2004, 18.226/2007, 20.335/2019; VfGH 2.12.2021, G123/2021). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte im Verhältnis zu Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (vgl VfSlg 17.150/2004 mwN).

Der Gleichheitssatz lässt es daher im Allgemeinen nicht zu, den Umstand, dass eine bestimmte Regelung unionsrechtlich geboten ist, als alleinige sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Inländern und Unionsbürgern durch eine nationale Bestimmung heranzuziehen. Dies gilt entsprechend für die Differenzierung zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und – jeweils bezogen auf Mitgliedstaaten der EU bzw des EWR – grenzüberschreitenden Sachverhalten bzw Sachverhalten mit Bezügen zum Unionsrecht (vgl VfSlg 19.529/2011, 20.335/2019; VfGH 2.12.2021, G123/2021).

2.5.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg 19.110/2010 zu §14 Wr. Dienstordnung 1994, LGBl 56/1994, idF LGBl 42/2006 festgehalten hat, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Regelung, nach der alle Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind, anders als Zeiten bei einem Privatrechtsträger zur Gänze anzurechnen sind. Dem Gesetzgeber ist im Hinblick auf Art21 Abs4 erster und zweiter Satz B‑VG und aus der Sicht des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes – vor dem Hintergrund des ihm hiedurch bei der Regelung des Dienst‑, Besoldungs- und Pensionsrechtes der Beamten eingeräumten, verhältnismäßig weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes (vgl dazu etwa VfSlg 16.176/2001 mwN) – nicht entgegenzutreten, wenn er bei der Anrechnung von Vordienstzeiten zwischen Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden, einerseits und sonstigen Zeiten andererseits unterscheidet. Bedenken hinsichtlich der Ungleichbehandlung von Vordienstzeiten aus einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft und sonstigen Vordienstzeiten haben sich in diesem Fall aus verfassungsrechtlicher Sicht als unbegründet erwiesen (VfSlg 19.110/2010; vgl überdies zum Verbot einer Differenzierung bei der Anrechnung von Vordienstzeiten von unterschiedlichen Gebietskörperschaften VfSlg 18.636/2008).

Diese Rechtsprechung basiert auf der der österreichischen Rechtsordnung insgesamt zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen Dienstverhältnissen zu einer (inländischen) Gebietskörperschaft und sonstigen Dienstverhältnissen sowie dem in Art21 Abs4 erster Satz B‑VG zum Ausdruck kommenden Ziel, dass die Möglichkeit des Wechsels bzw der Mobilität zwischen dem Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und bei den Gemeindeverbänden jederzeit gewahrt bleibt bzw erhöht wird. Mit Art21 Abs4 B‑VG wurde demnach eine besondere verfassungsrechtliche Grundlage (und insofern eine lex specialis zu Art7 B‑VG bzw Art2 StGG) für eine Bevorzugung von Dienstzeiten bei Gebietskörperschaften gegenüber Dienstzeiten bei anderen Einrichtungen geschaffen. Das nach dieser Bestimmung (nur) im Hinblick auf Dienstzeiten bei Gebietskörperschaften bestehende Gebot, diese Dienstzeiten bei einer Anrechnung unbeschränkt zu berücksichtigen, wenn die anrechnende Gebietskörperschaft auch die bei ihr zurückgelegten Dienstzeiten unbeschränkt anrechnet, bildet den Ausgangspunkt für die Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Diskriminierung durch eine demgegenüber beschränkte Anrechnung von Dienstzeiten bei anderen Einrichtungen (siehe EuGH 30.11.2000, Rs C‑195/98 , Österreichischer Gewerkschaftsbund, Rz 46, sowie die unter Punkt 2.4. zitierte Rechtsprechung). Diese unionsrechtliche Entwicklung hat im innerstaatlichen Bereich jedoch keine Änderung des Regelungsgehaltes des Art21 Abs4 B‑VG und insbesondere der Spezialität dieser Bestimmung gegenüber Art7 B‑VG bzw Art2 StGG bewirkt. Die unterschiedliche Gewichtung von Dienstzeiten bei Gebietskörperschaften und solchen bei anderen Einrichtungen ist daher hinsichtlich innerstaatlicher Sachverhalte und damit unabhängig davon, ob im Anwendungsbereich des Unionsrechtes eine vollständige Gleichbehandlung dieser Zeiten geboten wäre, nach wie vor in Art21 Abs4 B‑VG angelegt (vgl zu einer bereits in der Verfassung angelegten Ungleichbehandlung zB VfSlg 20.335/2019). Ein Vergleich innerstaatlicher Sachverhalte mit unionsrechtlichen Sachverhalten unter dem Gesichtspunkt des Art7 B‑VG bzw Art2 StGG kommt in diesem Fall also nicht in Betracht.

Der Verfassungsgerichtshof kann daher selbst unter der Annahme des Obersten Gerichtshofes, dass die durch die angefochtenen Bestimmungen beschränkte Anrechnung von Dienstzeiten bei Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug nicht zur Anwendung kommt und damit nur Inlandssachverhalte betrifft, den im vorliegenden Antrag behaupteten Verstoß der angefochtenen Bestimmungen gegen Art7 B‑VG bzw Art2 StGG nicht erkennen. Der Antrag erweist sich damit als unbegründet.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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