VfGH G162/2016

VfGHG162/201628.2.2017

Zurückweisung des Parteiantrags betr Bestimmungen des WohnungsgemeinnützigkeitsG im Anlassfall als zu eng gefasst

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
VfGG §62a Abs1 Z4
WohnungsgemeinnützigkeitsG §14 Abs7a, §20 Abs1 Z3
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
VfGG §62a Abs1 Z4
WohnungsgemeinnützigkeitsG §14 Abs7a, §20 Abs1 Z3

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Gesellschaft, §14 Abs7a Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), BGBl 139/1979 idF BGBl I 147/1999, als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu auszusprechen, dass §14 Abs7a WGG, BGBl 139/1979 idF BGBl I 147/1999, verfassungswidrig war, in eventu näher bezeichnete Wortfolgen in §14 Abs7a WGG, BGBl 139/1979 idF BGBl I 147/1999, als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu auszusprechen, dass diese Wortfolgen verfassungswidrig waren.

II. Rechtslage

1. Der angefochtene §14 Abs7a des Bundesgesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG), BGBl 139/1979 idF BGBl I 147/1999, lautet:

"Nach vollständiger Tilgung von Fremdmitteln einschließlich von Darlehen aus öffentlichen Mitteln darf die Summe der sich aus Abs7 in Verbindung mit Abs1 Z1 bis 3 und 5 ergebenden Entgeltsbestandteile nicht höher sein als der Betrag, der sich aus einer Minderung des mit der Verordnung des Bundesministers für Justiz BGBl Nr 140/1994 festgesetzten Richtwertes um 30 vH und der Wertsicherung dieses Richtwertes gemäß §5 des Richtwertgesetzes in der Fassung des BGBl Nr 800/1993 ergibt, wobei eine Neufestsetzung des Richtwertes (§6 RichtWG) unbeachtlich bleibt. Die Berechnung des Betrages erfolgt unter sinngemäßer Anwendung des zweiten Satzes des §5 RichtWG. Die angemessene Verzinsung von Eigenmitteln der Bauvereinigung, die zur Finanzierung von Grundstückskosten verwendet wurden, kann zusätzlich verrechnet werden."

2. Die weiteren, im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des WGG, BGBl 139/1979 idF BGBl I 157/2015, lauten:

"Gegenstand und Anwendungsbereich des Gesetzes

§1. (1) Bauvereinigungen in den Rechtsformen einer Genossenschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft, die ihren Sitz im Inland haben, sind von der Landesregierung als gemeinnützig anzuerkennen, wenn sie die in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgesehenen Bedingungen erfüllen.

(2) Bauvereinigungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig anerkannt wurden, haben ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen. Auf gemeinnützige Bauvereinigungen finden die Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl Nr 194, keine Anwendung.

(3) Das von gemeinnützigen Bauvereinigungen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung erwirtschaftete Eigenkapital ist im Sinne eines Generationenausgleichs zur Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung bestehender und zukünftiger Nutzer auf Dauer für Zwecke des gemeinnützigen Wohnungswesens gebunden und zu verwenden.

[...]

Berechnung des Entgelts

§14. (1) Das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes ist unter Bedachtnahme auf §13 nach den Verteilungsbestimmungen des §16 zu berechnen. Ändern sich die der Berechnung des Entgeltes zugrunde zu legenden Beträge, so ändert sich das Entgelt entsprechend; die dafür maßgeblichen Grundlagen - insbesondere die Höhe des jeweiligen Zinssatzes und Änderungen auf Grund angemessener vertraglicher Vereinbarungen mit Darlehens- oder Baurechtsgebern - sind bei der nächstfolgenden Entgeltsvorschreibung dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten schriftlich bekanntzugeben. Die vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten vor Abschluß des Vertrages oder zu diesem Anlaß zusätzlich erbrachten Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens sind bei der Berechnung des Entgelts betragsmindernd zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des Entgelts dürfen angerechnet werden:

1. ein Betrag für die Absetzung für Abnützung, deren Ausmaß sich nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung bestimmt; weicht die Tilgung der Fremdmittel einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln von der Absetzung für Abnützung ab, ist diese Tilgung anstelle der Absetzung für Abnützung anzurechnen;

2. die auf Grund des Schuldscheines (der Schuldscheine) vorzunehmende angemessene Verzinsung der Fremdmittel einschließlich der Darlehen aus öffentlichen Mitteln,

3. die angemessene Verzinsung der Eigenmittel, wobei im Falle der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen, Heimen und Geschäftsräumen die Zinsen grundsätzlich 3,5 vH nicht übersteigen dürfen; dieser Hundertsatz erhöht sich in dem Ausmaß, in dem der um einen Prozentpunkt verminderte Periodenschnitt der Sekundärmarktrendite aller Bundesanleihen des jeweiligen vorangegangenen Kalenderjahres diesen Hundertsatz übersteigt, beträgt jedoch höchstens 5 vH;

4. im Falle der Einräumung eines Baurechtes, der jeweils zu entrichtende Bauzins;

5. ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß §14d;

6. ein im Sinne der Grundsätze des §23 gerechtfertigter Betrag zur Deckung der Verwaltungskosten;

7. ein Betrag zur Deckung der sonstigen Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, der Kosten für den Betrieb gemeinschaftlicher Anlagen sowie zur Deckung der von der Liegenschaft laufend zu entrichtenden öffentlichen Abgaben;

8. Rücklagen im Ausmaß von höchstens 2 vH der Beträge aus Z1 bis 5, und

9. die Umsatzsteuer gemäß dem Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl Nr 663, wobei alle Aufwendungen, die dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten aufge- oder verrechnet werden, um die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge zu entlasten sind.

(1a) [...]

(7) Beträge gemäß Abs1 Z1 und 2, die nicht mehr zur Verzinsung und Tilgung von Fremdmitteln einschließlich von Darlehen aus öffentlichen Mitteln verwendet werden, können unverändert der Berechnung des Entgelts zugrunde gelegt werden. Diese Beträge sind unbeschadet der Bestimmung des Abs6

1. zur verstärkten Tilgung anderer noch aushaftender Fremdmittel, soweit Vertragsbestimmungen dem nicht entgegenstehen,

2. weiters zur verstärkten Tilgung von noch aushaftenden Darlehen aus öffentlichen Mitteln zu verwenden,

3. sodann für fünf Jahre den nicht verbrauchten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen nach Abs1 Z5 und

4. danach den Rücklagen zuzuführen.

(7a) [...]

Anwendung mietrechtlicher Bestimmungen

§20. (1) Für die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages in einer Baulichkeit, die von einer Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden ist oder auf die die Voraussetzungen des §20a zutreffen, wird folgendes bestimmt:

1. [...]

3. Wenn nach der Errichtung der Baulichkeit

a) das Eigentum (Baurecht) an einen Erwerber übergeht, der keine gemeinnützige Bauvereinigung ist oder

b) die Bauvereinigung die Gemeinnützigkeit verliert,

sind die Bestimmungen der §§13 bis 22 und §39 Abs8 bis 13, 18, 19, 21 und 24 bis 27 dieses Bundesgesetzes weiterhin sinngemäß anzuwenden.

4. [...]"

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft ist mit Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 14. April 2016, GZ 8Msch 9/14k‑18 (hiermit verbunden: 8Msch 10/14g, 8Msch 11/14d, 8Msch 12/14a, 8Msch 13/14y, 8Msch 14/14w, 8Msch 15/14t und 8Msch 16/14i), in einem Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Entgelts gemäß §22 Abs1 Z6 WGG zur Rückzahlung von vorgeschriebenen Entgelten im Zeitraum von Oktober 2010 bis inklusive Dezember 2012 verhalten worden. Begründend führt das Bezirksgericht Donaustadt im Wesentlichen aus, dass die antragstellende Gesellschaft (die Antragsgegnerin im Verfahren vor dem Bezirksgericht Donaustadt) entgegen den sich aus §14 Abs7a WGG ergebenden Erfordernissen das gesetzlich zulässige Entgeltausmaß um Beträge in näher bezifferter Höhe überschritten habe.

Dem genannten Sachbeschluss liegt auszugsweise folgender, vom Bezirksgericht Donaustadt festgestellter Sachverhalt zugrunde, den die antragstellende Gesellschaft auch in ihrem Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG zum Teil wiedergibt:

"Die gegenständliche Liegenschaft wurde von dem **************** ************* ************* ********-****************** errichtet. Dies unter Zuhilfenahme eines Landesdarlehens und eines Bankdarlehens. In weiterer Folge erging seitens des Landes Wien ein Angebot einer vorzeitigen Rückzahlung unter Einräumung eines entsprechenden Konversionsvorteiles. Von dieser Möglichkeit machte die damalige Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft auch Gebrauch und wurde für die vorzeitige Rückzahlung des Landesdarlehens sowie des Bankdarlehens ein Konversionsdarlehen aufgenommen, dessen erste Rate am 30.09.1996 zur Rückzahlung fällig war. [...] Die nicht gemeinnützige Antragsgegnerin [Antragstellerin im vorliegenden verfassungsgerichtlichen Verfahren, Anm.] übernahm auf Grund des Einbringungsvertrages vom 28.08.1999 die gegenständliche Baulichkeit und wurde in weiterer Folge grundbücherliche Alleineigentümerin. [...]"

2. Aus Anlass eines Rekurses gegen diesen Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien stellt die Gesellschaft beim Verfassungsgerichtshof den vorliegenden Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG:

2.1. Zur Zulässigkeit des Antrags führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass sie nicht verkenne, dass ein Parteiantrag auf Normenkontrolle gemäß §62a Abs1 Z4 VfGG in einem Verfahren gemäß §22 Abs1 Z6 WGG unzulässig sei. Sie gehe aber – unter Verweis unter anderem auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 2015, G346/2015-15 – davon aus, dass die in §62a Abs1 Z4 VfGG normierte Unzulässigkeit eines Parteiantrages in Verfahren gemäß §22 Abs1 WGG verfassungswidrig sei. Die angefochtene Bestimmung sei präjudiziell; das Bezirksgericht Donaustadt habe die angefochtene Bestimmung anzuwenden gehabt und sie auch angewendet. Mit der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung würde die gesetzliche Grundlage für den Rückzahlungsanspruch der Antragsteller im Verfahren vor dem Bezirksgericht Donaustadt wegfallen.

2.2. In der Sache behauptet die antragstellende Gesellschaft im Wesentlichen, dass §14 Abs7a WGG gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B‑VG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) sowie gegen das Bestimmtheitsgebot (Art18 B‑VG) verstoße.

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie unter anderem vorbringt, dass der Antrag in einem Verfahren nach §22 Abs1 Z6 WGG gestellt worden sei. Gemäß §62a Abs1 Z4 VfGG sei ein Parteiantrag auf Normenkontrolle in Verfahren gemäß §22 Abs1 WGG aber unzulässig. In der Sache tritt die Bundesregierung den im Antrag vorgebrachten Bedenken mit näherer Begründung entgegen.

4. Die Antragsteller im Ausgangsverfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des Entgelts gemäß §22 Abs1 Z6 WGG vor dem Bezirksgericht Donaustadt erstatteten als beteiligte Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens eine Äußerung. In dieser beantragen sie zunächst, den Antrag wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen. Der Antrag sei – abgesehen von dem Prozesshindernis des §62a Abs1 Z4 VfGG iVm §22 Abs1 WGG – auch deshalb unzulässig, weil er "zu eng gefasst bzw. verfehlt abgrenzt ist". Die angefochtene Bestimmung stelle eine zum Kernbestand der Entgeltbestimmungen der gemeinnützigen Bauvereinigungen gehörige Norm dar. Die nichtgemeinnützige antragstellende Gesellschaft habe diese nur infolge der Verweisungsnorm in §20 Abs1 Z3 WGG anzuwenden. Gemäß dieser Bestimmung werde die Anwendbarkeit von §14 Abs7a WGG auf Fälle erstreckt, in denen eine ehemals gemeinnützige Liegenschaft an eine nichtgemeinnützige Unternehmung veräußert werde. §14 Abs7a WGG und §20 Abs1 Z3 WGG würden insoweit eine untrennbare Einheit bilden. Eine bloße Aufhebung des §14 Abs7a WGG würde dazu führen, dass nur die verwiesene Norm aus dem Rechtsbestand beseitigt würde, aber die verweisende Norm unverändert bestehen bliebe.

In der Sache treten die beteiligten Parteien den im Antrag vorgebrachten Bedenken mit näherer Begründung entgegen.

5. Das Bezirksgericht Donaustadt hat die Akten vorgelegt.

6. Bei Behandlung des Antrages sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §62a Abs1 Z4 VfGG, BGBl 85/1953 idF BGBl I 59/2016, entstanden. Mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 leitete der Verfassungsgerichtshof daher von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung ein.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2016, G370/2016, wurde §62a Abs1 Z4 VfGG, BGBl 85/1953 idF BGBl I 59/2016, wegen Verstoßes gegen Art140 Abs1a erster Satz B‑VG als verfassungswidrig aufgehoben.

IV. Erwägungen

Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Ausweislich der Aktenlage hat das Rekursgericht, das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, mit Beschluss vom 29. November 2016 entschieden, dass der Rekurs gemäß §80a Abs1 AußStrG iVm §528b ZPO rechtzeitig und zulässig ist. Der Parteiantrag wurde am selben Tag wie der Rekurs gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt und damit rechtzeitig eingebracht.

3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 16.989/2003 mwN, 19.684/2012; VfGH 26.11.2015, G197/2015 mwN; 13.10.2016, G640/2015 ua.).

4. Gemeinnützige Bauvereinigungen – das sind Bauvereinigungen in den Rechtsformen einer Genossenschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft, die von der Landesregierung als gemeinnützig anerkannt wurden – haben ihre Tätigkeit unmittelbar auf die Erfüllung dem Gemeinwohl dienender Aufgaben des Wohnungs- und Siedlungswesens zu richten, ihr Vermögen der Erfüllung solcher Aufgaben zu widmen und ihren Geschäftsbetrieb regelmäßig prüfen und überwachen zu lassen (§1 Abs2 WGG). Die Anerkennung als gemeinnützige Bauvereinigung erfolgt auf Antrag durch die zuständige Landesregierung (§31 WGG).

Die antragstellende Gesellschaft ist – wie sie selbst in ihrem Antrag ausführt – nicht gemeinnützig im Sinne des WGG. Dass die angefochtene Bestimmung des §14 Abs7a WGG im Ausgangsverfahren dennoch anzuwenden war, folgt aus §20 Abs1 Z3 WGG. Gemäß dieser Bestimmung sind, wenn nach Errichtung der Baulichkeit durch eine gemeinnützige Bauvereinigung das Eigentum an einen Erwerber übergeht, der keine gemeinnützige Bauvereinigung ist, die Bestimmungen der §§13 bis 22 WGG und §39 Abs8 bis 13, 18, 19, 21 und 24 bis 27 WGG weiterhin sinngemäß anzuwenden. Erst aus der Verweisung in §20 Abs1 Z3 WGG ergibt sich daher, dass einzelne Bestimmungen des WGG, darunter der angefochtene §14 Abs7a WGG, nicht nur für anerkannte gemeinnützige Bauvereinigungen gelten, sondern – wie im vorliegenden Fall, in dem eine gemeinnützige Bauvereinigung die Baulichkeit errichtet hat, aber zu einem späteren Zeitpunkt das Eigentum auf die antragstellende Gesellschaft, die keine gemeinnützig Bauvereinigung ist, übergegangen ist – auch für nichtgemeinnützige Unternehmungen anzuwenden sind.

4.1. In Fällen wie der hier vorliegenden Art, in denen sich verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Verweisung, sondern gegen die verwiesene Norm richten, muss geprüft werden, ob den Bedenken – sofern sie zutreffen – durch Aufhebung der verweisenden oder der verwiesenen Norm Rechnung zu tragen ist. Im Allgemeinen wird dabei mit Aufhebung der verweisenden Norm vorzugehen sein, weil damit die Bedeutung der verwiesenen Norm in ihrem "eigenen" Rechtsgebiet oder in anderem Sachzusammenhang unangetastet bleibt (siehe VfSlg 18.033/2006).

Es ist dabei Sache des Verfassungsgerichtshofes zu entscheiden, wie der Aufhebungsumfang im konkreten Fall abzugrenzen ist. Es sind daher all jene Bestimmungen mitanzufechten, die in diese Abwägung bei der Abgrenzung des Aufhebungsumfanges miteinzubeziehen sind, um nicht durch Anfechtung nur eines Teils dieser Bestimmungen das Ergebnis der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vorwegzunehmen (vgl. VfGH 10.3.2015, G201/2014; 7.10.2015, G315/2015 ua.; 13.10.2016, G640/2015 ua.).

4.2. Vor dem Hintergrund ihrer Bedenken gegen §14 Abs7a WGG idF BGBl I 147/1999 hätte die antragstellende Gesellschaft daher jedenfalls auch §20 Abs1 Z3 WGG (und nicht nur §14 Abs7a WGG idF BGBl I 147/1999) anfechten müssen: Die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft könnten, so sie zutreffen, im Hinblick auf den Grundsatz, dass der Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen ist, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt (vgl. VfGH 7.10.2015, G315/2015 ua. mwN), möglicherweise auch dadurch beseitigt werden, dass die Verweisung in §20 Abs1 Z3 WGG aufgehoben wird (vgl. VfSlg 15.964/2000, 15.967/2000; VfGH 13.10.2016, G640/2015 ua., zum Aufhebungsumfang bei einer Verweisung vgl. auch VfSlg 12.869/1991, 17.503/2005).

5. Weil es die antragstellende Gesellschaft aber unterlässt, auch §20 Abs1 Z3 WGG anzufechten, erweist sich der Antrag somit als zu eng gefasst.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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