Allgemeines
Wirtschaftliche Notlagen erfordern meist Maßnahmen zur Personalkostensenkung. Hierbei gibt es viele Möglichkeiten für den Arbeitgeber. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ist nur eine davon. Sie führt aber regelmäßig zum Verlust von Know-how. Bevor daher Personal freigesetzt wird, sollte der Arbeitgeber andere Maßnahmen in Erwägung ziehen, die das Know-how sichern, und trotzdem zu einer Entlastung des Budgets führen.
Kann der Arbeitgeber einen Personalabbau nicht mehr vermeiden, ist darauf zu achten, dass uU nach § 45a AMFG das Frühwarnsystem aktiviert werden muss und er in diesem Fall die Arbeitnehmer zur Kündigung beim AMS anmelden muss.
Auch sind die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates zu beachten. Diesem kommen bereits vor Auflösung von Arbeitsverhältnissen verschiedene Informations- und Beratungsrechte zu (§§ 104a ff ArbVG).
Praxistipp
Förderungen: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollten Förderungen ausgenutzt werden. Die Wirtschaftskammer stellt eine umfassende Datenbank zur Verfügung, mittels derer sich Arbeitgeber (auch Nicht-Mitglieder) einen Überblick über verschiedenste Fördermöglichkeiten wirtschaftlicher und steuerlicher Natur verschaffen können. Zur WKO-Förderdatenbank .
Das AMS stellt auf seiner Webseite ebenfalls Informationen über Förderungen für Unternehmen zur Verfügung. Zu den AMS-Förderungen .
Einschränkung von Arbeitnehmeransprüchen
Unverbindlichkeits- und Widerrufsvorbehalte
Krisenzeiten bieten sich an, um etwaige freiwillige bzw vertraglich zugesicherte Leistungen aufzuspüren, die nicht auf Gesetz oder Kollektivvertrag beruhen. Wurden solche Zuwendungen unter dem Vorbehalt der Unverbindlichkeit oder Widerrufbarkeit gewährt, kann sie der Arbeitgeber idR einseitig wieder zurücknehmen, ohne dass der Arbeitnehmer zustimmen muss.
Hinweis
Die Begriffe „Unverbindlichkeitsvorbehalt“ und „Widerrufsvorbehalt“ haben nicht dieselbe Bedeutung. Während der Vorbehalt der Unverbindlichkeit verhindert, dass überhaupt ein Anspruch entsteht, setzt ein Widerrufsvorbehalt voraus, dass ein Anspruch bereits entstanden ist. Der Widerruf eines bereits entstandenen Anspruchs kann nicht willkürlich, sondern nur nach billigem Ermessen vorgenommen werden, während eine unverbindlich zugesagte freiwillige Leistung grundlos gestrichen werden kann.1 Eine Interessenabwägung ist also nur beim Widerrufsvorbehalt erforderlich. 2
Praxistipp
Formulierungsvorschlag Unverbindlichkeitsvorbehalt: „Die Leistung erfolgt unverbindlich und es entsteht auch bei wiederholter und langjähriger Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft.“
Formulierungsvorschlag Widerrufsvorbehalt: „Die Leistung steht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs.“
In der Praxis häufig vorkommende Klauseln, die Unverbindlichkeits- und Widerrufsvorbehalt kombinieren, sind oft nicht eindeutig und werden im Zweifel zum Nachteil desjenigen ausgelegt, der sie verfasst hat.3 Sicherheitshalber sollte hier ein ausdrücklicher Widerruf nach Interessenabwägung erfolgen, bevor eine Leistung eingestellt wird.
Verschlechterungsvereinbarung
Besteht weder ein Unverbindlichkeits- noch ein Widerrufsvorbehalt, ist grundsätzlich eine einvernehmliche Abdingung der Ansprüche mit dem betroffenen Arbeitnehmer erforderlich. Kann mit dem Arbeitnehmer das Einvernehmen erzielt werden, kann dies in Form einer Verschlechterungsvereinbarung erfolgen.
Beruhen die Zuwendungen auf Betriebsvereinbarungen, ist zu unterscheiden, ob es sich um echte oder freie Betriebsvereinbarungen handelt: Freie Betriebsvereinbarungen können Bestandteil der Einzelverträge werden4 und diesfalls nur im Einvernehmen mit dem betroffenen Arbeitnehmer abgeändert oder aufgehoben werden. Echte Betriebsvereinbarungen können im Einvernehmen mit dem Betriebsrat abgeändert oder aufgehoben werden bzw kann sie der Arbeitgeber in den meisten Fällen kündigen (s auch: Beendigung und Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen).
Der Arbeitgeber kann auf diese Weise zB versuchen, bestehende Überzahlungen gegenüber dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt zu reduzieren.
Hinweis
Auch mit einer Verschlechterungsvereinbarung kann das monatliche Entgelt nicht unter die kollektivvertraglichen Mindestansprüche abgesenkt werden.
Praxistipp
Oft kann die Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer solchen Maßnahme einfacher erreicht werden, wenn die Reduktion des monatlichen Entgelts von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart wird.
Änderungskündigung
Zeigt sich der Arbeitnehmer mit der Verschlechterung nicht einverstanden, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen.5 Dabei spricht der Arbeitgeber
- entweder zuerst die Kündigung aus und erklärt, dass er die Kündigung zurücknimmt, wenn der Arbeitnehmer ein Angebot zur Änderung des Arbeitsvertrages annimmt (s dazu das Muster: Änderungskündigung – auflösende Bedingung), oder
- er bietet dem Arbeitnehmer eine Änderung des Arbeitsvertrages an und spricht für den Fall der Nichtannahme des Angebots binnen einer gesetzten Frist die Kündigung aus (s dazu das Muster: Änderungskündigung – aufschiebende Bedingung).6
Bei einer Änderungskündigung ist zu beachten, dass alle Formvorschriften eingehalten werden müssen (Information an den Betriebsrat7, Kündigungsfristen und -termine).
Hinweis
Der betroffene Arbeitnehmer muss die Änderung nicht akzeptieren und kann die Kündigung gegen sich gelten lassen. Mit einer Änderungskündigung geht der Arbeitgeber daher immer das Risiko ein, dass er den Arbeitnehmer verliert!
Abbau von Urlaub und Zeitguthaben
Urlaubsverbrauch
Eine effektive Personalmaßnahme kann die Vereinbarung von Urlaubsverbrauch in Zeiten geringer Arbeitsauslastung sein. Eine einseitige Anordnung von Urlaub ist allerdings ausgeschlossen.
Hinweis
Der Arbeitnehmer darf den Urlaubsverbrauch aber nicht rechtsmissbräuchlich ablehnen. Missbräuchlich ist die Verweigerung dann, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und den beeinträchtigten Interessen des Arbeitgebers vorliegt. Stellt der Arbeitgeber in einer krisenhaften längeren Unterbeschäftigungssituation den Arbeitnehmer vom Dienst frei, kann unter bestimmten Umständen ein Urlaubsverbrauch unterstellt werden.8
Abbau von Über- und Mehrarbeitsstunden
Bei nur reduziert vorhandenem Arbeitsvolumen sollten Vorgesetzte und das Management verstärkt darauf achten, dass keine ungewollten Überstunden anfallen. Bereits entstandene Überstundenguthaben sollten möglichst durch Zeitausgleich abgebaut werden. Selbiges gilt für Mehrarbeit.
Praxistipp
Der Arbeitgeber sollte die Belegschaft darüber informieren, dass Überstunden nicht gewollt sind, somit nicht angeordnet und daher auch nicht bezahlt werden. Ausnahmsweise erforderliche Überstunden sollten von der Geschäftsführung ausdrücklich schriftlich genehmigt werden müssen.
Bei bestehenden Überstundenpauschalen ist zu prüfen, ob die Gewährung eingestellt werden kann. Wurde ein ausdrückliches Widerrufsrecht vereinbart, kann der Arbeitgeber auf Einzelverrechnung der Überstunden übergehen. Sonst kann die Gewährung der Überstundenpauschale nur im Einvernehmen eingestellt werden.9
Abbau von Zeitguthaben bei Arbeitszeitdurchrechnung
Durchrechnungs- und Gleitzeitmodelle bieten die Möglichkeit, die Normalarbeitszeit über einen längeren Durchrechnungszeitraum hinweg ungleichmäßig zu verteilen. Dadurch bietet sich auch hier die Gelegenheit, betriebliche Krisen durch ein geringeres Arbeitspensum abzufedern und dabei Zeitguthaben abzubauen bzw Zeitschulden aufzubauen, die später kostenneutral eingearbeitet werden können.
Viele Kollektivverträge ermöglichen eine lange Durchrechnung der Normalarbeitszeit von bis zu einem Jahr, vereinzelt noch länger. Für eine auftragsschwache Zeit kann dann eine geringere Normalarbeitszeit fixiert werden, die durch eine erhöhte Normalarbeitszeit im verbleibenden Durchrechnungszeitraum ausgeglichen wird.
Auch das Gleitzeitmodell erlaubt äußerst lange Durchrechnungszeiträume (= Gleitzeitperiode). Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit legen hier jedoch die Arbeitnehmer selbst fest (§ 4b Abs 1 AZG).
Sowohl im Durchrechnungs- als auch im Gleitzeitmodell kann zudem die Übertragung von Zeitguthaben und Zeitschulden in die folgenden Durchrechnungszeiträume zugelassen werden (§ 4 Abs 7 und § 4b Abs 3 Z 3 AZG). Dh, es können die während der Krise entstandenen Minusstunden unter Umständen auf mehrere Jahre verteilt eingearbeitet werden.
Praxistipp
Gibt es im Unternehmen ein Gleitzeitmodell, sollte der Arbeitgeber prüfen, ob in Krisenzeiten weitere Optimierungen, wie zB eine (vorübergehende) Verlängerung der Gleitzeitperiode und/oder eine Erhöhung der zulässigen Minusstunden, Sinn macht.
Hinweis
Risiken bestehen bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wenn zum Ende des Durchrechnungszeitraums ein größerer Saldo (Guthaben bzw Minusstunden) verbleibt, der nach dem Kollektivvertrag nicht übertragen werden kann.
Reduktion der Arbeitszeit
Teilzeit
Um Personalkosten zu senken, kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Reduktion der wöchentlichen Normalarbeitszeit gegen Entfall des darauf entfallenden Entgelts vereinbaren.
Praxistipp
Das Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer kann eventuell leichter hergestellt werden, wenn die Teilzeitbeschäftigung befristet abgeschlossen wird. Dabei ist zu beachten, dass bei vorübergehender Reduktion der Normalarbeitszeit eine allfällige Abfertigung Alt auf Basis der Arbeitszeit vor der Herabsetzung ausschlaggebend ist.10 Auch das kann ein Anreiz für den Arbeitnehmer sein, einer vorübergehenden Herabsetzung der Arbeitszeit zuzustimmen.
Neben der „normalen“ Teilzeitbeschäftigung können auch „besondere“ Formen der Teilzeitbeschäftigung (wie insb Bildungsteilzeit, Altersteilzeit, Teilzeit nach § 14 AVRAG etc) für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer attraktiv sein.
Kurzarbeit
Kurzarbeit unterscheidet sich von der Teilzeitarbeit dadurch, dass sie nur vorübergehender Natur ist.11 Dieses Modell ist deshalb attraktiv, weil die Möglichkeit auf eine Förderung durch das AMS in Form der Kurzarbeits- bzw Qualifizierungsunterstützung besteht (§§ 37b und 37c AMSG). Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einen Teil des Entgeltausfalles in Form einer Kurzarbeits- bzw. Qualifizierungsunterstützung ersetzt bekommen. Förderbare Kurzarbeit kann zudem nur im Einvernehmen mit den Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers vereinbart werden.
Arbeitsfreistellung
Karenz, Sabbatical
So der Arbeitnehmer einverstanden ist, kann auch eine völlige Freistellung gegen Entfall der Bezüge vereinbart werden (= Karenzierung). Landläufig spricht man hierbei auch von unbezahltem Urlaub.
Auch sog Sabbaticals sind häufig solchen Karenzierungen zuzuordnen.12
Hinweis
In Zeiten der Karenz gebührt kein Arbeitslosengeld!13
Praxistipp
Als Alternative zu einer Freistellung gegen einen gänzlichen Entfall der Bezüge kann der Arbeitgeber auch die Wirtschaftlichkeit eines Modells überlegen, bei dem der Arbeitnehmer freigestellt wird, aber einen Teil seiner Bezüge weiterhin bezieht. Dies hat für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass er nicht nur einen Teil seines Entgelts bezieht, sondern auch eine aufrechte Pflichtversicherung während der Freistellung besteht.
Bildungskarenz
Eine besondere Form der Arbeitsfreistellung gegen Entfall des Entgelts ist die Bildungskarenz nach § 11 AVRAG. Dabei kann der Arbeitnehmer, sofern er eine Weiterbildungsmaßnahme besucht, unter bestimmten Voraussetzungen vom AMS ein Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes beziehen (§ 26 AlVG).
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Beendigung mit Wiedereinstellungszusage
Gibt es keine andere Möglichkeit, als Arbeitsverhältnisse zu beenden (Kündigung oder einvernehmliche Auflösung), kann der Arbeitgeber eine Wiedereinstellungszusage abgeben. Damit verpflichtet er sich einseitig, den Arbeitnehmer zu einem bestimmten Termin wieder aufzunehmen.
Der Arbeitnehmer kann in der Zeit zwischen der Beendigung und Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld beziehen.
Hinweis
Dafür sollte der Arbeitnehmer endabgerechnet (ein allfälliger Anspruch auf Abfertigung alt kann gestundet und ins nächste Arbeitsverhältnis mitgenommen werden) und von der Sozialversicherung abgemeldet werden.14
Gibt der Arbeitgeber eine einseitige Wiedereinstellungszusage ab, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Arbeit tatsächlich wieder zum vereinbarten Termin anzutreten. Das ist nur bei einer beidseitig verbindlichen Wiedereinstellungsvereinbarung so.15 Selbst bei einer Verletzung dieser Pflicht kann der Arbeitgeber aber keinen Schadenersatz fordern, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitig ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist.16
Hinweis
Hat der Mitarbeiter zwischenzeitig eine neue Stelle gefunden, geht das Know-how für das Unternehmen verloren und ein allfälliger Anspruch auf Abfertigung alt wird fällig.
Sozialplan
Ist der Arbeitgeber gezwungen, seinen Betrieb so umzugestalten, dass damit Nachteile für alle Arbeitnehmer oder einen großen Teil der Belegschaft verbunden sind, kann der Betriebsrat gem § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG den Abschluss einer Betriebsvereinbarung erzwingen, in der Maßnahmen vereinbart werden, die die nachteiligen Folgen der Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer abfedern sollen (= Sozialplan).
Arbeitsstiftung
Ziel einer Arbeitsstiftung17 ist es, betroffene Mitarbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes zu unterstützen. Dies passiert in erster Linie durch Qualifizierungsmaßnahmen, aber auch durch sonstige Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Stelle bzw beim Wunsch, sich selbstständig zu machen. Die Errichtung einer Arbeitsstiftung basiert typischerweise auf einem Sozialplan.18
Arbeitnehmer, die im Rahmen einer Stiftung bei der Wiedererlangung eines neuen Arbeitsplatzes unterstützt werden, erhalten nach Maßgabe des § 18 Abs 5 iVm 6 AlVG für die Dauer der Teilnahme an der Stiftung Arbeitslosengeld (je nach Fall maximal für die Dauer von drei bis vier Jahren).